DE4209160A1 - Vernetzte Polysaccharide, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung - Google Patents
Vernetzte Polysaccharide, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre VerwendungInfo
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Description
Die Erfindung betrifft mit bifunktionellen Vernetzungsmit
teln vernetzte Polysaccharide, ein Verfahren zu ihrer Her
stellung, ihre Verwendung zur Beschichtung und Einbettung
von Arzneimitteln und mit ihnen beschichtete und eingebette
te Arzneimittel.
Die orale Darreichungsform ist eine bevorzugte Verabreichung
von Arzneimitteln. Arzneimittel, die erst im Dickdarm wir
ken, z. B. solche, die bei chronischen Dickdarmentzündungen
oder Morbus Crohn eingesetzt werden, und Arzneimittel, die
normalerweise unter den physiologischen Verhältnissen im
Magen oder im Dünndarm abgebaut oder verdaut werden, müssen
geschützt werden, damit sie unverändert in den Dickdarm ge
langen. Zu Arzneistoffen, die im Dünndarm abgebaut oder ver
daut werden, zählen beispielsweise die Peptidarzneistoffe.
Es besteht daher Bedarf für einen Filmüberzug und ein Ein
bettungsmaterial, durch die bei peroraler Applikation der
applizierte Wirkstoff beim Transport durch den Körper bis in
den Dickdarm geschützt und dann dort freigesetzt wird. Pep
tidarzneistoffe könnten so bei oraler Anwendung vor der Zer
setzung durch den Magensaft, wie auch vor Zersetzung durch
Peptidasen geschützt werden. Da die Peptidasenaktivität im
Dickdarm nur sehr geringfügig ist, die Resorption von Pepti
den aber im Dickdarm stattfindet, wäre dies ein akzeptabler
Weg für die Applikation von Peptidarzneistoffen.
Durch die natürlichen physiologischen pH-Gefälle zwischen
Speichel und Magen einerseits, sowie Magen und Dünndarm an
dererseits ist es heute ohne besondere Schwierigkeiten mög
lich, Arzneiformen zu entwickeln, die ihre Wirkstoffe ge
zielt im Magen oder im Dünndarm freisetzen. Dies wird durch
Einbetten oder Umhüllung von Arzneimitteln mit Hilfsstoffen
erreicht, die bei den entsprechenden pH-Werten löslich bzw.
resistent sind.
Da jedoch beim Übergang vom Dünndarm in den Dickdarm die pH-
Werte nur wenig differieren, ist es erforderlich, für das
Dickdarm-Targeting nach anderen brauchbaren physiologischen
Unterschieden zu suchen, die sich für die Erzielung einer
Dünndarmresistenz und einer Dickdarmabbaubarkeit heranziehen
lassen. Mit der erfolgreichen Entwicklung neuer, dünndarmre
sistenter, aber dickdarmabbaubarer Hilfsstoffe könnten bis
her nicht zu verwirklichende Möglichkeiten für das Dickdarm-
Targeting eröffnet werden.
In der DE 40 06 521 A1 (und der ihr entsprechenden europäi
schen Patentanmeldung 450 176 A1) werden zuckerhaltige Poly
mere zur Umhüllung und Einbettung von Arzneistoffen be
schrieben. Diese zuckerhaltigen Polymere werden zur Umhül
lung und/oder Einbettung von oral applizierbaren pharmazeu
tischen Wirkstoffen verwendet und bewirken, daß die Wirk
stoffe, die in den Polymeren enthalten sind, erst im Dick
darm freigesetzt werden. Die in dieser Druckschrift be
schriebenen Polymere besitzen den Nachteil, daß sie kompli
ziert hergestellt werden müssen und mit Polyisocyanaten ver
netzt sind.
In letzter Zeit wurde in zahlreichen Übersichtsarbeiten auf
die Resorptionsmöglichkeiten im Dickdarm hingewiesen (M.L.G.
Gardner (1988): Gastrointestinal absorption of intact
proteins, Ann. Rev. Nutr. 8, 329-350; P. Gruber, M.A.
Longer and J.R. Robinson (1987): Some Biological issues in
oral controlled drug delivery, Adv. Drug Deliv. Rev. 1, 1-18;
T.T. Karrarly (1989): Gastrointestinal absorption of
drugs, Crit. Rev. 6 (1), 39-86).
Es wurden auch Studien über Arzneistoffapplikationen in den
Dickdarm publiziert, die darauf hindeuten, daß sich dieser
Bereich nicht nur als Zielorgan für topisch wirksame Arznei
stoffe anbietet, sondern durchaus auch als Resorptionsort.
So beschreibt P.R. Bieck (1987, Arzneistoffresorptionen aus
dem menschlichen Dickdarm - neue Erkenntnisse, Acta Pharm.
Technol. 33 (3), 109-114), daß mehrere über Sonden oder
mittels freigabesteuernder HF-Kapseln in den Dickdarm einge
brachte Arzneistoffe, darunter die β-Rezeptorenblocker Ox
prenolol und Metoprolol sowie Isosorbid-5-mononitrat, prak
tisch ebenso gut wie aus dem Dünndarm resorbiert werden.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ver
netzte Polysaccharide, Verfahren zu ihrer Herstellung, ihre
Verwendung und Arzneimittel zur Verfügung zu stellen, mit
denen ein geschützter Arzneistofftransport durch den Magen
und Dünndarm mit anschließender gezielter Freisetzung des
Arzneistoffs im Dickdarm möglich ist. Erfindungsgemäß soll
die lokale Applikation von Arzneistoffen in den Dickdarm,
z. B. im Falle von chronischen Dickdarmentzündungen oder Mor
bus Crohn, und von Wirkstoffen, die normalerweise unter den
physiologischen Verhältnissen im Magen oder Dünndarm abge
baut oder verdaut werden, möglich werden. Durch die vorlie
gende Erfindung soll die Entwicklung neuer dünndarmresisten
ter, aber dickdarmabbaubarer Hilfsstoffe für das Dickdarm-
Targeting eröffnet werden.
Der Anmelder hat gefunden, daß die geringe mikrobielle Be
siedelung der distalen Dünndarmabschnitte im Vergleich zur
gut ausgebildeten Mikroflora im Caecum besonders geeignet
ist, um Stoffe zu entwickeln, durch die die genannte Aufgabe
gelöst werden kann.
Der Anmelder hat gefunden, daß bestimmte vernetzte Poly
saccharide aufgrund ihrer enzymatischen Abbaubarkeit durch
die Mikroflora des Dickdarms für den Einsatz als Filmbildner
für die Entwicklung neuer dickdarmlöslicher Arzneiformen ge
eignet sind. Aufgrund der enzymatischen Abbaubarkeit durch
die Bakterienkulturen des Dickdarms werden die Arzneistoffe
dort gezielt freigesetzt.
Gegenstand der Erfindung sind mit bifunktionellen Vernet
zungsmitteln vernetzte Polysaccharide, die nicht mehr
wasserlöslich, aber noch bioabbaubar sind, eine Quellung
zwischen 100 und 1000% besitzen, wobei die Quellung, die
Gewichtszunahme in Prozent bedeutet, durch die folgende
Gleichung bestimmt wird:
worin A die Gewichtszunahme in Prozent, Go das Gewicht des
trockenen Polymeren und Gt das Gewicht des gequollenen, mit
Wasser gesättigten Polymeren bedeuten.
Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Herstel
lung der vernetzten Polysaccharide, gemäß dem man ein Poly
saccharid mit einem Molekulargewicht von 100 000 bis 10
Millionen, und zwar:
Galactomannane: | |
100 000-1 Mio., vorzugsweise 500 000-1 Mio. | |
Laminarin: | 100 000-1 Mio., vorzugsweise 500 000-1 Mio. |
Glucomannan: | 100 000-1 Mio., vorzugsweise 500 000-1 Mio. |
Dextran: | 100 000-10 Mio., vorzugsweise 1 Mio.-10 Mio. |
Pektine: | 100 000-500 000 |
Arabinogalactan: | 100 000-300 000 |
Xylan: | 100 000-500 000 |
in einem aliphatischen Diglycidylether, einer C4-C10-alipha
tischen Dicarbonsäure oder ihrem reaktiven Derivat oder
einem C4-C10-aliphatischen Dialdehyd gegebenenfalls unter
Zugabe eines inerten organischen Lösungs- bzw. Quellungsmit
tels suspendiert, die Suspension auf eine Temperatur im
Bereich von Raumtemperatur bis 80°C erhitzt, zu der Suspen
sion eine katalytische Menge einer Base zugibt, das Reak
tionsgemisch bei der genannten Temperatur während einer Zeit
von 1 bis 15 Stunden rührt und anschließend das quervernetz
te Polysaccharid in an sich bekannter Weise abtrennt und
gegebenenfalls ein oder mehrere Male mit Wasser, Methanol
oder Aceton wäscht.
Die Erfindung betrifft ebenfalls die Verwendung der vernetz
ten Polysaccharide zur Umhüllung und/oder Einbettung von
Arzneiwirkstoffen oder Arzneimittelzubereitungen und ein
Arzneimittel, das einen im Dickdarm wirkenden Wirkstoff oder
einen Wirkstoff, der beim Durchgang durch den Magen oder
Dünndarm abgebaut wird, umhüllt mit oder eingebettet in
einem der vernetzten Polysaccharide, enthält.
Der Anmelder hat überraschenderweise gefunden, daß vernetzte
Polysaccharide, die im unvernetzten Zustand durch die Glyco
sidasen der Dickdarm-Mikroflora abgebaut werden und die mit
bifunktionellen Vernetzungsmitteln so vernetzt worden sind,
daß sie gerade nicht mehr wasserlöslich, aber noch bioabbau
bar sind, die genannten Erfordernisse erfüllen. Bei einer zu
umfangreichen Derivatisierung geht die Abbaubarkeit verlo
ren. Dementsprechend darf das Polysaccharid erfindungsgemäß
nur so verändert werden, daß gerade die Wasserlöslichkeit
unterbunden wird. Dazu werden die Polysaccharide mit ge
eigneten Vernetzungsmitteln vernetzt. Dabei ist zu beachten,
daß durch geringe Vernetzungszeiten und durch den Einsatz
langkettiger Vernetzungsmittel entsprechend lockere Netz
werke entstehen, in die das Enzym eindringen und den Film
enzymatisch abbauen kann.
Erfindungsgemäß können die in der folgenden Tabelle aufge
führten Polysaccharide als Ausgangspunkte für die Vernetzun
gen verwendet werden.
Von den in der Tabelle aufgeführten Polysacchariden sind Ga
lactomannan, Glucomannan und Dextran bevorzugt. Besonders
bevorzugt ist Galactomannan. Die erfindungsgemäß verwendeten
Polysaccharide besitzen ein Molekulargewicht von 100 000 bis
10 Millionen. Das Molekulargewicht ist nicht besonders kri
tisch, solange die oben genannten Bedingungen erfüllt wer
den, das heißt daß die Polysaccharide im unvernetzten Zu
stand durch die Glycosidase der Dickdarm-Mikroflora abgebaut
werden und nach der Vernetzung nicht mehr wasserlöslich
sind. Im folgenden werden die bevorzugten und besonders
bevorzugten Molekulargewichte für einige der Polysaccharide
angegeben.
Galactomannane: | |
100 000-1 Mio., vorzugsweise 500 000-1 Mio. | |
Laminarin: | 100 000-1 Mio., vorzugsweise 500 000-1 Mio. |
Glucomannan: | 100 000-1 Mio., vorzugsweise 500 000-1 Mio. |
Dextran: | 100 000-10 Mio., vorzugsweise 1 Mio.-10 Mio. |
Pektine: | 100 000-500 000 |
Arabinogalactan: | 100 000-300 000 |
Xylan: | 100 000-500 000 |
Die geeigneten Polysaccharide werden von Enzymen abgebaut.
Das Endoenzym (1,4)-β-Mannase wird nachweislich von der
menschlichen Dickdarmflora produziert.
Im menschlichen Dickdarm ist weiterhin die Bakteriengattung
Bacteroides reichlich vorhanden, die ein Exo/Endoenzymsystem
produziert, welches α-1,6-glycosidische Bindungen, wie sie
beispielsweise in Dextran vorliegen, abbaut. Dies erklärt,
warum die Dickdarm-Mikroflora nicht nur β-1,4- sondern auch
α-1,6-glycosidische Bindungen spalten kann. Die erfindungs
gemäß verwendeten Polysaccharide werden durch Amylasen nicht
angegriffen und sind somit dünndarmstabil.
Vorzugsweise werden solche vernetzten Polysaccharide verwen
det, die von Endoenzymen gespalten werden. Die Endoenzyme
spalten die Polysaccharide im Inneren und relativ schnell,
wodurch der Wirkstoff sofort freigesetzt wird. Mit den Exo
enzymen, die am Ende der Polysaccharide angreifen, erfolgt
die Spaltung langsamer.
Die genannten Polysaccharide eignen sich in unvernetzter
Form als Filmüberzug oder Einbettungsmaterial nicht, da sie
wasserlöslich sind und zu schnell aufgelöst und abgebaut
werden. Sie werden daher erfindungsgemäß vernetzt.
Als Vernetzungsmittel können erfindungsgemäß verschiedene
Reagenzien verwendet werden. Bevorzugt werden solche Vernet
zungsmittel verwendet, die pharmakologisch bereits einge
setzt und als unbedenklich angesehen wurden. Die Vernet
zungsmittel müssen bifunktionell sein, und Beispiele sind:
aliphatische Diglycidylether wie 1,4-Butandioldiglycidyl
ether oder 1,6-Hexandioldiglycidylether, C1-C4-aliphatische
Dicarbonsäuren wie Bernsteinsäure, Glutarsäure, Adipinsäure
oder ihre reaktionsfähigen Derivate wie die Säuredichloride
oder Anhydride, C4-C10-aliphatische Dialdehyde wie bei
spielsweise Glutardialdehyd, Succindialdehyd oder Adipindi
aldehyd. Von diesen sind 1,4-Butandioldiglycidylether, 1,6-
Hexandioldiglycidylether, Adipinsäure, Adipinsäuredichlorid
und Adipinsäuredialdehyd bevorzugt. Die Vernetzungsmittel
reagieren dabei mit den OH-Gruppen der Polysaccharide, und
das so erhaltene Vernetzungsprodukt ist in Wasser unlöslich,
jedoch in Wasser quellbar und dispergierbar und bildet
qualitativ gute Filme.
Die Wasseraufnahme des vernetzten Polysaccharids, d. h. die
Quellung des vernetzten Polysaccharids, wird zur Charakteri
sierung verwendet. Die erfindungsgemäßen vernetzten Poly
saccharide besitzen eine Quellung zwischen 100 und 1000%,
vorzugsweise zwischen 150 und 850%. Die Quellungsbestimmung
erfolgt, indem 100 mg der vernetzten Polysaccharide in Form
der Polymerfilme in eine Ampulle eingewogen werden und mit
10 ml Wasser versetzt werden. Nach 1, 5, 8, 20, 48 und 73
Stunden wird der Film aus dem Wasser genommen und auf Zell
stoff abgetupft und gewogen. Die Gewichtszunahme kann anhand
folgender Formel errechnet werden:
worin A die Gewichtszunahme in Prozent, Go das Gewicht des
trockenen Polymeren und Gt das Gewicht des gequollenen Poly
meren bedeuten. In der vorliegenden Anmeldung wird als Quel
lung der Wert verstanden, der erhalten wird, wenn Gt kon
stant ist.
Die Quellung hängt in geringfügigem Maße von dem Vernet
zungsmittel ab. Sie liegt, wie oben angegeben, im allgemei
nen im Bereich zwischen 100 und 1000%. Werden die Diepo
xide verwendet, liegt sie zwischen 100% und 800%, vorzugs
weise 200 bis 400%. Werden Dicarbonsäuren, ihre reaktiven
Derivate und Dialdehyde verwendet, liegt die Quellung zwi
schen 150 und 850%, vorzugsweise bei 200 bis 550%. Der
Fachmann kann durch geeignete Vorversuche leicht feststel
len, welche Mengenverhältnisse zwischen dem unvernetzten Po
lysaccharid und dem Vernetzungsmittel verwendet werden müs
sen, und ob das erhaltene vernetzte Polymere die erfindungs
gemäßen Eigenschaften aufweist. Im folgenden werden als Bei
spiele die Verhältnisse bei der Vernetzung mit Diepoxiden
und mit Dicarbonsäuren, Dialdehyden angegeben.
Um beispielsweise bei der Vernetzung von Galactomannan mit
1,4-Butandioldiglycidylether und 1,5-Hexandioldiglycidyl
ether (Diepoxide) zu den erwünschten Vernetzungsprodukten zu
gelangen, müssen folgende Stoffmengenverhältnisse eingehal
ten werden. Die Stoffmengenverhältnisse sind bezogen auf die
primären und sekundären OH-Gruppen der Zuckerbausteine. Die
bei der Vernetzung entstehenden Produkte können aufgrund
ihrer Quellung und Stabilität in Wasser und aufgrund ihrer
Abbaubarkeit durch Hemicellulasen charakterisiert werden. Zu
wenig vernetzte Polysaccharide zeigen zu starke Quellungen
oder die Filme zerfallen. Zu stark vernetzte Polysaccharide
können von den entsprechenden Enzymen nicht mehr abgebaut
werden.
Alle Vernetzungsprodukte, die eine Quellung zwischen 100%
und 800%, vorzugsweise 200 bis 400% besitzen, werden von
Hemicellulasen abgebaut. Diese Vernetzungsprodukte sind bei
der Verwendung von C4-C10-Alkandioldiglycidylethern bevor
zugt.
Bei der Vernetzung mit Dicarbonsäuren, ihren reaktiven Deri
vaten und Dialdehyden müssen folgende Stoffmengenverhältnis
se eingehalten werden. Die Stoffmengenverhältnisse sind
bezogen auf die primären und sekundären OH-Gruppen der
Zuckerbausteine. Zur Charakterisierung der erhaltenen Pro
dukte können die Quellung in Wasser, die Filmbildungseigen
schaften, die Stabilität in Wasser und die Abbaubarkeit mit
Hemicellulasen benutzt werden. Zu stark vernetzte Poly
saccharide können nicht mehr abgebaut werden.
Das wichtigste Charakterisierungsmerkmal ist die Quellung
der vernetzten Produkte und die enzymatische Abbaubarkeit.
Bei den mit Dicarbonsäuren vernetzten Polysacchariden ist
eine starke Esterbande bei 1740 im IR zu erkennen.
Die aus den vernetzten Polysacchariden erhaltenen Filme sind
in Wasser unlöslich, haben jedoch je nach Vernetzungsgrad
unterschiedliche Quellungsgrade in Wasser.
Alle diese Filme sind sowohl im Freiburger-Dickdarmmikroflo
ratest, der im folgenden beschrieben wird, als auch mit rei
ner β-Mannanase oder anderen Exo-/Endoenzymsystemen, die im
Dickdarm vorkommen, abbaubar. Freisetzungsversuche mit ge
ringfügig quellenden Filmen, die aus Galactomannan als Poly
saccharid und 1, 4-Butandioldiglycidylether als Vernetzer
hergestellt wurden, konnten zeigen, daß die Freisetzung
einer Farbstoffsubstanz erst nach Zugabe von dem Enzym β-
Mannanase erfolgte.
Von M. Saffran et al. (M. Saffran, G.S. Kumar, C. Savariar,
J.C. Burnham, F. Williams and D.C. Neckers (1986): A new ap
proach to the oral administration of Insulin and other pep
tide drugs, Science 233, 1081-1084) wurden bereits ver
netzte Polyacrylate zu diesem Zweck eingesetzt. Diese haben
jedoch die gewünschte Wirkung nicht gezeigt. Es war daher
überraschend, daß die erfindungsgemäß zur Verfügung gestell
ten vernetzten Polysaccharide zu dem genannten Zweck ein
setzbar waren. Die von M. Saffran et al. hergestellten ver
netzten Polysaccharide waren offensichtlich zu stark ver
netzt, zu wenig quellbar, so daß sie von den Reduktasen der
Dickdarm-Mikroflora zu langsam abgebaut wurden.
Die Erfindung betrifft ebenfalls ein Verfahren zur Herstel
lung der neuen vernetzten Polysaccharide wie vorne angege
ben.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird das Polysaccharid
mit dem vorne angegebenen Molekulargewicht in dem Vernet
zungsmittel wie angegeben, gegebenenfalls unter Zugabe eines
inerten Lösungs- bzw. Quellungsmittels wie eines aliphati
schen Alkohols suspendiert. Es ist bevorzugt ohne Lösungs
mittel zu arbeiten. Die erhaltene Suspension wird unter
Rühren auf eine Temperatur im Bereich von Raumtemperatur bis
80°C, vorzugsweise bis 60°C erhitzt. Die Temperatur darf
nicht so hoch gewählt werden, daß sich aus dem Polysaccharid
Klumpen bilden. Zu der Suspension wird eine katalytische
Menge einer Base zugegeben. Die Art der Base spielt keine
besondere Rolle, und im allgemeinen werden Alkalihydroxide
wie Natriumhydroxid oder Kaliumhydroxid, Alkalicarbonate
oder organische Basen wie beispielsweise 4-Dimethylamino
pyridin verwendet. Es können jedoch auch andere Basen einge
setzt werden. Das Reaktionsgemisch wird dann bei Raumtempe
ratur oder bei einer Temperatur bis zu 80°C, vorzugsweise
bis 60°C, besonders bevorzugt bis 40°C, während einer Zeit
von 1 bis 15 Stunden, vorzugsweise 1 bis 6 Stunden, gerührt.
Anschließend wird das quervernetzte Polysaccharid in an sich
bekannter Weise beispielsweise durch Zentrifugierung, Abfil
trieren usw. abgetrennt. Zur Reinigung wird es ein oder
mehrere Male in an sich bekannter Weise mit Wasser gewa
schen. Das Produkt wird getrocknet und kann dann direkt ver
wendet werden.
Die erfindungsgemäßen neuen vernetzten Polysaccharide können
zur Umhüllung oder Einbettung von Arzneiwirkstoffen oder
Arzneimittelzubereitungen, die gezielt lokal im Dickdarm an
gewendet werden sollen, oder zum Schutz von Wirkstoffen, die
normalerweise unter den physiologischen Verhältnissen im
Dünndarm oder im Magen abgebaut oder verdaut werden, oder
auch zur Herstellung von Folien, die diese Arzneiwirkstoffe
oder Arzneimittelzubereitungen enthalten, verwendet werden.
Bisher mußten in solchen Fällen die entsprechenden Arznei
wirkstoffe in der Regel parenteral appliziert werden.
Es war überraschend, daß die erfindungsgemäß vernetzten
Polysaccharide in einem Syntheseschritt synthetisiert werden
können, den Gastrointestinaltrakt unbeschadet überstehen und
im Dickdarm schnell abgebaut werden können.
Die Erfindung betrifft somit weiterhin die Verwendung der
erfindungsgemäßen vernetzten Polysaccharide zur Herstellung
von Filmüberzügen und Einbettungen von pharmazeutischen
Wirkstoffen, die oral verabreicht werden können, und bei
denen eine Wirkstofffreigabe im Dickdarm erfolgen soll. Die
Arzneiwirkstoffe oder Arzneimittelzubereitungen werden mit
den erfindungsgemäßen vernetzten Polysacchariden umhüllt
und/oder in diese eingebettet. Die Umhüllung oder Einbettung
erfolgt nach an sich bekannten Verfahren, beispielsweise für
Umhüllungen in Bauer, Lehmann, Osterwald, Rothgang: Überzo
gene Arzneiformen, Wiss. Verlagsges. Stuttgart, 1988, und
für Einbettungen in Bauer, Frömming, Führer: Pharmazeut.
Technologie, 3. Aufl., G. Thieme Verlag Stuttgart, 1991,
Seiten 278, 353 und 358 beschrieben.
Beispielsweise können Granulate, Pellets, Tabletten usw. in
an sich bekannter Weise hergestellt werden.
Als Wirkstoffe, die vorzugsweise mit den erfindungsgemäßen
vernetzten Polysacchariden formuliert werden können, kommen
beispielsweise solche Arzneiwirkstoffe in Frage, die im Ma
gen oder Dünndarm abgebaut oder verdaut werden und deshalb
peroral in der Vergangenheit nicht appliziert werden konn
ten, und Arzneimittel, die erst im Dickdarm wirken sollen,
wie Arzneimittel, die gegen Dickdarmkrankheiten wirken, und
Peptidarzneimittel. Beispiele sind: Peptide, Herz-Kreislauf-
Therapeutika, Antirheumatika/Analgetika, Mittel zur Therapie
von Dickdarmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis
Ulcerosa, Antiasthmatika, Antifibrinolytika, Antihämorrha
gika, Antitumormittel, Enzympräparate, Antibiotika, Anti
mykotika, Substanzen mit Wirkung auf das Zentralnerven
system.
Beispiele für Peptidwirkstoffe sind: ACTH (Adrenocortico
tropes Hormon), Corticostatin, Calcitonin, Insulin,
Oxytocin, Somatostatin und Analoga, LHRH-Analoga, Bombesin-
Analoga, Cholecystokinin und Derivate, Endothelin und
Analoga, Thrombin-Inhibitoren, Peptide Growth Factors (z. B.
IGF, EGF, NGF), Magainine (PGS peptides), Gastrin-Analoga,
Bradykinin-Analoga, Parathormon-Analoga, Neurokinin und
Analoga, VIP und Analoga, ANP (Atriales natriuretisches
Peptid) und Analoga, Neokyotrophin und Analoga, Angiotensin-
Analoga, Enkephaline, Dynorphine, Dermorphine, Deltorphine,
Renin-inhibierende Peptide, Tumor-Growth-Factor-Peptide, MSH
(Melanocyte Stimulating Hormone)-Analoga, Mitotoxine, Tyr
phostine, Chromogranin A, Thymopentin, TRH und Analoga, Sub
stanz-P, Tuftsin, Fibronectin, und peptidische Immunmodula
toren wie Cyclosporin A, FK 506, Neuropeptid Y und NPK.
Erfindungsgemäß werden bevorzugt biotechnologisch herge
stellte Peptide, insbesondere niedrige Peptide, verwendet.
Zur Prüfung der dickdarmabbaubaren vernetzten Polysaccharide
und der erhaltenen Arzneimittel wurde der Mikrofloratest von
A. Sarlikiotis (A. Sarlikiotis, J. Betzing, Ch. Wohlschlegel
und K.H. Bauer (1992): A new in-vitro method for testing
colon targeting drug delivery systems or excipients, im
Druck: Pharmaceutical and Pharmacological Letters, Springer
Verlag International) verwendet.
Die folgenden Beispiele erläutern die Erfindung.
2,0 g sprühgetrocknetes Galactomannan wird in einem ver
schließbaren Erlenmeyerkolben in 26,7 g 1,4-Butandioldigly
cidylether suspendiert. Diese Suspension wird auf 50°C er
hitzt. Nach dem Erreichen dieser Temperatur (10 min) wird
vorsichtig 3,5 ml 0,2 N NaOH zugetropft. Dabei sollte keine
oder nur eine geringe Klumpenbildung auftreten. Dieses Reak
tionsgemisch läßt man bis zum Ende der Reaktionszeit bei
50°C rühren. Nach Beendigung der Reaktion wird die Suspen
sion zum Abtrennen des Polymers zentrifugiert. Das abzentri
fugierte quervernetzte Polysaccharid wäscht man anschließend
mehrmals mit Wasser. Zur weiteren Aufreinigung spült man das
Polymer mit Aceton, wobei ein längeres Rühren in Aceton von
Nutzen ist. Das so erhaltene vernetzte Galactomannan ist mit
Hilfe eines Ultraturrax in Wasser dispergierbar. Aus solchen
wäßrigen Dispersionen lassen sich qualitativ gute Filme
herstellen. Die Mindestfilmbildungstemperatur liegt bei ca.
50°C, der Quellungsgrad bei 400 bis 600%.
2,0 g sprühgetrocknetes Galactomannan wird in einem ver
schließbaren Erlenmeyerkolben in 26,7 g 1,6-Hexandioldigly
cidylether suspendiert. Diese Suspension wird auf 50°C er
hitzt. Nach dem Erreichen dieser Temperatur (10 min) wird
vorsichtig 3,5 ml 0,2 N NaOH zugetropft. Dabei sollte keine
oder nur eine geringe Klumpenbildung auftreten. Dieses Reak
tionsgemisch läßt man bis zum Ende der Reaktionszeit bei
50°C rühren. Nach Beendigung der Reaktion wird die Suspen
sion zum Abtrennen des Polymers zentrifugiert. Das abzentri
fugierte quervernetzte Polysaccharid wäscht man anschließend
mehrmals mit Wasser. Zur weiteren Aufreinigung spült man das
Polymer mit Aceton, wobei ein längeres Rühren in Aceton von
Nutzen ist. Das so erhaltene vernetzte Galactomannan ist mit
Hilfe eines Ultraturrax in Wasser dispergierbar. Aus solchen
wäßrigen Dispersionen lassen sich qualitativ gute Filme
herstellen. Die Mindestfilmbildungstemperatur liegt bei ca.
50°C, der Quellungsgrad liegt bei 400 bis 600%.
a) 2,0 g sprühgetrocknetes Galactomannan wird in einem
Rundkolben in 20,0 ml absolutiertem Chloroform suspen
diert. Zu dieser Suspension gibt man einen Unterschuß
von 29,0 g Adipinsäure und 41,0 g Dicyclohexylcarbo
diimid als wasserbindendes Reagenz. Diese Dispersion
kocht man unter Rückfluß bei 60°C 48 Stunden. Anschlie
ßend wird die Suspension mit einer Nutsche abgesaugt und
im Soxhletverfahren 24 Stunden mit ca. 500 ml heißem
Methanol behandelt zur Entfernung des gebildeten Harn
stoffderivats. Das so erhaltene Polysaccharidprodukt ist
in Wasser unlöslich, aber mit Enzymlösung abbaubar. Der
Quellungsgrad liegt bei ca. 400 bis 600%.
b) 2,0 g sprühgetrocknetes Galactomannan wird in einem
Rundkolben in 20 ml Dimethylformamid suspendiert. Zu
dieser Suspension gibt man 6,1 g Adipinsäuredichlorid.
Anschließend setzt man eine dem Säurechlorid äquivalente
Menge von 8,1 g 4-Dimethylaminopyridin zu. Anschließend
erhitzt man das Reaktionsgemisch auf 60°C. Bei dieser
Temperatur beläßt man den Ansatz ca. 15 Stunden. Das so
erhaltene Produkt saugt man mit einer Nutsche ab und
reinigt es im Soxhletverfahren mit ca. 500 ml heißem
Methanol über mehrere Stunden. Der Quellungsgrad beträgt
400 bis 600%.
2,0 g sprühgetrocknetes Galactomannan wird in einem Rundkol
ben in 14,19 g Succindialdehyd suspendiert. Zu dieser Sus
pension gibt man eine entsprechende Menge Dicyclohexylcarbo
diimid als wasserbindendes Mittel, und des weiteren als Ka
talysator 3,0 g Ammoniumnitrat. Als Katalysator können auch
wasserfreie Mineralsäuren wie Schwefelsäure oder auch 2,4-
Dinitrobenzoesäure verwendet werden. Dieser Reaktionsansatz
wird bei 50°C gut verschlossen ca. 15 Stunden gerührt. Das
so erhaltene Produkt wird abgenutscht und mit Hilfe eines
Soxhlet 24 Stunden mit ca. 500 ml heißem Methanol behandelt.
Das so gereinigte Produkt wird bei 50°C im Trockenschrank
getrocknet. Der Quellungsgrad beträgt 300 bis 500%.
Claims (13)
1. Mit bifunktionellen Vernetzungsmitteln vernetzte Poly
saccharide, die nicht mehr wasserlöslich, aber noch bioab
baubar sind, eine Quellung zwischen 100 und 1000% besit
zen, wobei die Quellung, die Gewichtszunahme in Prozent be
deutet, durch die folgende Gleichung bestimmt wird:
worin A die Gewichtszunahme in Prozent, Go das Gewicht des
trockenen Polymeren und Gt das Gewicht des gequollenen, mit
Wasser gesättigten Polymeren bedeuten.
2. Vernetzte Polysaccharide nach Anspruch 1, dadurch
gekennzeichnet, daß sie als Polysaccharid
Galactomannane, Laminarin, Pectine, Arabinogalactane,
Xylane, Dextrane oder Glucomannane enthalten.
3. Vernetzte Polysaccharide nach Anspruch 1 oder 2, da
durch gekennzeichnet, daß sie mit aliphati
schen Diglycidylethern, C4-C10-aliphatischen Dicarbonsäuren
oder ihren reaktiven Derivaten oder C4-C10-aliphatischen
Dialdehyden vernetzt sind.
4. Vernetzte Polysaccharide nach Anspruch 1, 2 oder 3, da
durch gekennzeichnet, daß sie mit 1,4-Butan
dioldiglycidylether, 1, 6-Hexandioldiglycidylether, Bern
steinsäure, Glutarsäure, Adipinsäure oder ihren reaktiven
Derivaten, Succindialdehyd, Glutardialdehyd oder Adipindi
aldehyd vernetzt sind.
5. Verfahren zur Herstellung der vernetzten Polysaccharide
nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch ge
kennzeichnet, daß man ein Polysaccharid mit
einem Molekulargewicht von 100 000 bis 10 Millionen in einem
aliphatischen Diglycidylether, einer C4-C10-aliphatischen
Dicarbonsäure oder ihrem reaktiven Derivat oder einem
C4-C10-aliphatischen Dialdehyd gegebenenfalls unter Zugabe
eines inerten organischen Lösungs- bzw. Quellungsmittels
suspendiert, die Suspension auf eine Temperatur im Bereich
von Raumtemperatur bis 80°C erhitzt, zu der Suspension eine
katalytische Menge einer Base zugibt, das Reaktionsgemisch
bei der genannten Temperatur während einer Zeit von 1 bis 15
Stunden rührt und anschließend das quervernetzte Polysaccha
rid in an sich bekannter Weise abtrennt und gegebenenfalls
ein oder mehrere Male mit Wasser, Methanol oder Aceton
wäscht.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekenn
zeichnet, daß als Polysaccharid ein Galactomannan,
Laminarin, ein Pectin, ein Arabinogalactan, ein Xylan, ein
Dextran oder ein Glucomannan verwendet wird.
7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch ge
kennzeichnet, daß ein Vernetzungsmittel, ein
aliphatischer Diglycidylether, eine C4-C10-aliphatische
Dicarbonsäure oder eines ihrer reaktiven Derivate oder ein
C4-C10-aliphatischer Dialdehyd verwendet wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekenn
zeichnet, daß als Vernetzungsmittel 1,4-Butandiol
diglycidylether, 1,6-Hexandioldiglycidylether, Bernstein
säure, Glutarsäure, Adipinsäure oder ihre reaktiven Deri
vate, Succindialdehyd, Glutardialdehyd oder Adipindialdehyd
verwendet wird.
9. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 5 bis 8,
dadurch gekennzeichnet, daß als Base
Natriumhydroxid oder 4-Dimethylaminopyridin verwendet wird.
10. Verwendung der vernetzten Polysaccharide nach minde
stens einem der Ansprüche 1 bis 4 zur Umhüllung und/oder
Einbettung von Arzneiwirkstoffen oder Arzneimittelzuberei
tungen.
11. Arzneimittel, dadurch gekennzeichnet
daß es einen im Dickdarm wirkenden Wirkstoff oder einen
Wirkstoff, der beim Durchgang durch den Magen oder Dünndarm
abgebaut wird, umhüllt mit oder eingebettet in einem der
vernetzten Polysaccharide nach einem der Ansprüche 1 bis 4
enthält.
12. Arzneimittel nach Anspruch 11, dadurch gekenn
zeichnet, daß es als Wirkstoff ein Peptidarznei
mittel enthält.
13. Arzneimittel nach Anspruch 11 oder 12, dadurch ge
kennzeichnet, daß es in Form von Tabletten,
einem Granulat oder Kapseln vorliegt.
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