: "^' 't^: . ^'X
rf^^
ZEITSCHRIFT
FÜR
DEUTSCHES ALTERTHUM
UND
DEUTSCHE LITTERATÜß
UNTER MITWIRKUNG VON WILHELM SCHERER
HERAUSGEGEBEN
vox
ELIAS STEINMEYER
NEUNUNDZWANZIGSTER BAND
DER NEUEN FOLGE SIEBENZEHNTER BAND
^
"S'^y
BERLIN
WEIDiMANNSCHE BÜCHHANDLUNG
1885
TF
-jCi
INHALT.
Seite
Die lücken im Ruodlieb, von Laistner (mit facsimile) 1
Der Noe der Wiener Genesis, von Pniower 26
Die Überlieferung des Reinhart fuchs, von Schönbach 47
Über Neidharts reihen, von Wiimanns 64
Zur Faustsage, von Schmidt 85
Zu Schillers Handschuh, von demselben 102
Ein weihnachtsspiel aus Kreutzburg, von Mayer 104
Die Iweinhandschriften i, von Henrici 112
Die Tübinger Rennerhandschrift, von Strauch 115
Parallelen zur mhd. lyrik, von Schmidt IIS
Alte deutsche volksliedchen, von Aleyer 121
Zwei bruchstücke aus Rudolfs Weltchronik, von Loserth .... 236
Ungedruckte lateinische osterfeiern , von Lange 246
Actenstücke zu meister Eckharts process, von Denifle 259
Zum Parzival, von Bötticher 266
ruLoßöixuQoq, von Kossinria 268
Bemerkungen zu Älfrics Lives of saints (i) ed. Skeat, von Zupitza . 269
Tölzer bruchstücke aus dem Buche der väter, von Westermayer . . 296
Rosegger bruchstück aus Otlackers Reimchronik, von Dürnwirth • . 307
Bruchstücke aus des mönchs von Heilsbronn Buch von den sechs
namen des fronleichnams, von Tomanetz 318
Deutsche prosanovellen des fünfzehnten jhs. i Marina, von Strauch 325
Arator und Prudenlius als Vorbilder Otfrids, von Olsen 342
Ein segen, von Schönbach 348
Miscellen aus Grazer hss., von demselben 350
Zu der Wiener meerfahrt, von Schröder 354
Die Summe der fugenden und laster. zum Renner 2755. 56, von dem-
selben 357
Die Iweinhandschriften ii, von Henrici 360
Hildebrandslied 65, von Holtliausen 365
Beiträge 'zur germanischen lautlehre, von Bechtel 366
Zum Renner, von Wöifel 369
IV INHALT
Seite
Eine conjectur zu Lessings Dramaturgie, von Tonianetz 369
Zu Klopstocks Wingolf, von vWeilen 370
Nachträge zu s. 288 ff, von Zupitza 372
Deutsche prosanovellen des fünfzehnten jhs. ii Grisardis von Albrecht
von Eyb, von Strauch 373
Ruodlieb-märchen in Russland, von Laistner 443
Zum prolog von Hartmanns Gregorius, von Martin 466
Worterklärungen, von demselben 467
DIE LÜCKEN IM RUODLIEB.
Als ich Anz. ix 70 ff die neue Ruodliebausgabe besprach,
gab es in dem buche so vieles aufzuräumen, klarzustellen, zu
berichtigen und zurechtzurücken, dass ich mich auf die mitteilung
des notwendigsten beschränken und anderes für später aufsparen
muste — vor allem eine aus dem inhalt der fragmente gezogene
gegenprobe auf die richtigkeit der aus anderen gründen er-
schlossenen anordnung derselben, der sache nach ist das fol-
gende nichts als eine fortführung jener recension und setzt die
dort gewonnenen resultate als bekannt voraus; auch die Zählung
nach der neuen ausgäbe ist um der bequemlichkeit des lesers
willen beibehalten worden, obschon ich heute wie damals vor
allgemeinem gebrauch derselben warnen muss, weil sie die rich-
tige reihenfolge doch nicht trifft, jene gegenprobe führt übrigens
ganz von selbst über den inhalt des zufällig auf uns gekommenen
hinaus, wenn man sich lange und eingehend mit einzelheiten
beschäftigt und die teile hin- und hergewendet hat, meldet sich
ohnehin das bedürfnis, das ganze ins äuge zu fassen, nach-
dem ich aber einmal versucht habe die ursprüngliche folge der
fragmente ix ff herzustellen (nämhch so: xn. xni. ix. x. xi. xv. xiv)
und die abstände zwischen den einzelnen bruchstücken zu be-
stimmen , erscheint es mir als eine ebenso schöne wie unerläss-
liehe aufgäbe, in die genau umgränzten leeren räume hinein mit
vorsichtiger band die umrisse der verlorenen partien zu zeichnen,
selbstverständlich nur so weit als es sich auf grund gewisser merk-
male in den erhaltenen teilen tun lässt.
Zunächst gilt es festzustellen dass in fragment xni der neffe
Ruodhebs nicht etwa zum zweck der brautfahrt in das haus der
commater zurückgekehrt ist, sondern dass er vielmehr seine zu-
künftige jetzt erst kennen lernt, der eingang zeigt uns den
vniles und seinen contribulis im gewandgaden des Schlosses, wo
die beiden viantes ablegen, sie werden von der burgfrau be-
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVJI. 1
2 DIE LÜCKEN IM RUODLIEB
grüfst. es folgt die kurzweil mit dem fischzug, dessen geheimnis
der »?27es in der fremde gelernt hat; auf die noch junge bekannt-
schaft zwischen beiden vettern darf man vielleicht v. 30 beziehen,
wo der jüngere sich novizenhaft an der geschicklichkeit des älteren
freut, nun wird die beute von den kochen zubereitet und die
tafel gedeckt, auf geheifs der domma holt man die henh's herbei,
und wir lesen hier ein parverse, die dartun dass es schlechter-
dings unmöglich ist, irgendwelche vorhergehende beziehung zwi-
schen dem contrihuUs und dem fräulein anzunehmen, dieses
nämlich sitzt, als sie zu tisch gerufen wird, an einer weibhchen
arbeit, welche dem bräutigam bestimmt ist, falls ihr der
himmel einmal einen solchen bescheren sollte
(V. 53 f) :
Texuit ex auro quae bina ligamina sponso,
Post quemcunqne sibi tribnat dementia Christi,
wozu mau vergleiche, wie späterhin Ruodliebs mutter ihrem
Sühne vom heiraten spricht und auf eine frau (ganz im allgemeinen,
vgl. XVI 52 fl) zu denken rät,
Quam tibi demonstret demens dens (xvi IS).
Wie das fräulein dann zur gesellschaft kommt, wird sie dem
monde verglichen, dies bild sehen wir Nib. 760 auf einen beiden
angewandt; meist gilt es von einer schönen frau (vgl. Ruodl. xiv3),
so von Cresceutia, wie sie aus ihren gemächern tritt (Kaiser-
chron. 1 1769), so von Kriemhilt, döSifrit sie ah est ersach (Nib. 282),
und ganz ähnlich dient es hier zur ersten einfiihrung der
schönen, leider stört dann eine lücke von 9 versen.
Man geht zu tisch, die Verteilung der platze deutet nicht
entfernt darauf, dass auf ein liebes- oder gar brautpar rücksicht
genommen würde, dessen beisammensein doch nach anderen
stellen (ix 61 ; x 31) so gern gesehen wird, sondern erfolgt ein-
fach nach dem alter: der ohm setzt sich zur mutter, der neffe
zur tochter. auch von der Verliebtheit, mit welcher anderwärts
das pärchen recht eintönig und nicht sonderlich fein characteri-
siert ist, noch keine spur: die kosten der Unterhaltung muss
ein hund bestreiten, von dem wir nachher noch werden zu
handeln haben.
Zum nachtisch, heifst es, kamen erdbeereu; anderes obst
irgendwelcher art gab es noch nicht (v. 10811). auch
dieser kleine zug ist beachtenswert, bei der commater finden
DIE LÜCKEN IM RUODLIEB 3
die reisenden reife erdbeeren , vor dem hause von Ruodiiebs
mutter aber steht ein kirschbaum , dessen fruchte den beiden
ankömmhngen reif entgegenwinken; wenigstens wundert sich die
kluge dohie (x 69 ffj dass der in den zweigen nacii seinem herru
ausspähende knabe unberührt von den lockungen der fragrantia
mora bleibt, die heimkehr ins Vaterhaus fällt mithin in eine vor-
gerücktere Jahreszeit, fragm. x gehört hinter fragm. xiii.
Abermals eine kleine lücke, von 11 versen, dann ein stark
verstümmelter text, aus dem nur so viel zu ersehen, dass die
fremdlinge sich umkleiden und dann zu den damen zurückkehren.
bei der toilette des contribulis erfahren wir absonderliche dinge,
dieser Jüngling, den wir uns nach der bisherigen anordnung im
besitz eines traurings von seiner liebsten und auf der hrautfahrt
vorstellen sollen, erscheint hier in einem aufzug, der eine wahre
schände für einen bräutigam ist: er entledigt sich nämlich in
der umkleidescene eines ungewaschenen hemdes und
eines vor alter und Schweifs fuchsig gewordenen
mantels aus marderfeilen; jenes ringlein aber, das er
als getreues minnerleiu gar nie hätte vom finger streifen dürfen,
das er mindestens schon beim einreiten hätte funkeln lassen
müssen, steckt er jetzt erst an.
Auch darauf könnte man allenfalls noch aufmerksam machen,
wie wunderlich unter der traditionellen Voraussetzung eines schon
bestehenden liebeseinverständnisses das benehmen der herilis sich
darstellen muss, die sich um den besuch des bräutigams so wenig
kümmert, dass sie sich still auf dem zimmer hält und erst ge-
legentlich der mahlzeit als mond aufgeht, allein es ist über-
flüssig nach weiteren belegen sich umzuschauen: die Scheidung
der abschnitte, die ich seiner zeit aufgrund der bezeichnungen
miles und Ruodlieb vorgenommen, bestätigt sich auch inhaltlich
vollauf, welche bewandtnis aber hat es mit dem ring? und warum
tritt der neffe so abgerissen auf?
In bezug auf den ring gibt es nur eine alternative: ent-
weder ist es der, den ihm das fräulein , oder derjenige, welchen
er ihr schenkt, das erste ist undenkbar nach allem bisherigen,
bleibt somit nur die zweite niöglichkeit. für den ringtausch
IX 62 ff ist beiderseits ein ring nötig, dass das fräulein einen
solchen trägt, braucht bei ihren Verhältnissen nicht erst erwähnt
zu werden; anders bei dem contribulis in seinem bedenklichen
1*
4 DIE LÜCKEN IM RÜODLIEB
aufziig. zu dem aschenbrödelgewand hatte der schmuck nicht
gepasst; jetzt, da er sich aus demselben schält und in Staat wirft,
bleibt auch der reif am finger nicht vergessen, woher er ihn
hatte, stand vermuthch in dem verlorenen halbvers 127 zu lesen,
wie sich aus dem erhaltenen donanü schliefsen lässt. aber noch
eine andere motivierung war für den dichter zu bedenken, die
zwei bände sind von ungleicher gröfse, beim tausch aber müssen
die ringe passend sein, in bezug auf den des fräuleins hilft er
sich so, dass er ihn mit einem hohlen knauf ausstattet, vermöge
dessen das (ohne zweifei federnde, mit dem einen, freien ende
in dem hohlraum spielende) reiflein sich dem finger des trägers
anschmiegte (ix 71), der ring des neffen aber ist so eng, dass
er ihm selber kaum an den kleinen finger geht (xni 128). wie
das kam, vermöchten wir zu sagen, wenn wir den namen des
gebers aus jenem verlorenen halbverse wüsten, an das execra-
hile scortum xv 35 werden wir wol nicht denken dürfen ; die
einfachste annähme ist die, es sei ein andenken aus der kinder-
zeit, etwa ein geschenk der mutter gewesen, von dem er sich
nicht trennen mochte, auch nachdem es ihm am finger unbe-
quem geworden war, und das er nun hervorsuchte, um sich
vor dem fräulein ein bischen herauszuputzen, schon in meiner
früheren arbeit hatte ich über die ergäuzung jenes verses nicht
schlüssig werden können und dieselbe für den nachtrag auf-
gespart, der Sache nach weifs ich auch jetzt noch nichts besseres
als das dort vorgeschlagene: Sumpsit herili quem post donauit usw.;
wer hiergegen etwa das formelle bedenken hat, eine derartige
Vorausdeutung stimme nicht zu dem sonstigen stil des gedichtes,
dem gefällt vielleicht besser:
Sumpsit quem puero quis donauit . . .
oder:
Sumpsit quem mater sibi donauit. . . .
das fehlen des mittelreims macht nicht die mindeste Schwierig-
keit, da die schlusssilbe mit dem nächsten vers durch den reim
gebunden ist.
Schwieriger und ungleich wichtiger ist die andere vorhin
aufgeworfene frage, was nämlich die bäreuhäutcrei des nefl'en zu
bedeuten habe, der zustand , in welchem der miles ihn unter-
wegs antraf, war nichts weniger als standesgemäfs. ein lange
nicht gewaschenes hemd , ein abgetragener, verschwitzter raantel
DIE LÜCKEN IM RÜODLIEB 5
sind kennzeichen der Verwahrlosung; dazu jener hund, über den
weiter unten mehr zu sagen ist — es fehlt nur noch eine herde,
und das bild des verlorenen sohnes ist fertig, in der tat er-
fahren wir auch aus xv 28. 35 dass er nicht das ehrbarste leben
geführt hat, und seine verwandten danken gott dass das fräulein
es mit dem dehonestatns trotz seiner antecedentien wagen will,
ein weih hatte es ihm angetan, und, wie es scheint, können
die leute das Verhältnis nur durch behexung erklären , es kommt
ihnen wie ein wunder vor dass ein frauenzimmer auf der weit
sei, die im stände war, ihn von der magica zu reifsen. wenn
es von diesem scortum turpe heifst, es sei dignum satis igne cre-
mari, so hängt das übrigens nicht mit ihrer eigenschaft als 'hexe*
zusammen, denn eine hexenverbrennung ist unerhört in dem
Zeitalter unseres gedichts (Soldan Geschichte der hexenprozesse^
1, 135 — 140); der Scheiterhaufen, den die volksmeinung ihr zu-
erkennt, kann sie lediglich als ehebrecherin kennzeichnen
(RA 699; vgl. Mafsmann Kehr. 3, 900. 907. 908).
Die Stimmung ferner, in welcher der verliebte tor sich be-
fand, als ihn der miles zum mitgehen aufforderte, muss eine
ziemlich gedrückte gewesen sein, das kleine fragment xn, nur
durch eine lücke von 35 versen von dem anfang des bisher be-
sprochenen abschnitts getrennt, scheint den beweis zu enthalten.
Anz. IX 99 habe ich mich mit diesen versen ganz vergeblich ab-
gequält, die Situation ist diese, auf seiner heimreise findet der
miles den Jüngling, der gleichfalls in der fremde ist (debes ire
domnm v. 7). der junge mensch fürchtet sich vor einem zu-
sammentreffen mit den landsleuten , vollends wenn er in gesell-
schaft des reich an ehren heimkehrenden oheims sich blicken
lasse; auch liegt ihm ein geständnis schwer auf dem herzen,
man sieht nicht, ob ein jetzt vor dem miles oder später vor den
compatriotae abzulegendes, dass dies seine bedenken waren, dürfte
aus der antwort des miles erhellen : 'all das darfst du ja zu ge-
legener zeit bekennen; zunächst mache dich nur erst reisefertig,
die landsleute [brauchen dir keine sorge zu machen ; sie] kennen
dich besser als mich [,der ich so lang fort war,] und werden
sich um mich gar nicht bekümmern, wenn sie dich widersehen,
du must [mit] heimgehen , wenn du mich lieb hast.' durch
solches zureden heitert er ihn so auf, dass der andere freuden-
tränen weint, 'hör auf, sagt der miles. . . . dann folgen einige
6 DIE LÜCKEN IM RUODLIEB
arg verstümmelte doppelverse, aus deren geringen Überresten
nur zu entnehmen ist dass die beiden mit zwei knappen in
eiligem ritte davonsprengen , unaufgehalten wie es scheint durch
die sei^a, was vielleicht ein gatter, einen schlagbaum bezeichnet,
falls es nicht statt sera steht, das übrigens x 15 richtig gemessen
vorkommt.
Man sieht, der junge fühlt sich so delwnestatus , dass er den
landsleuten nicht unter die äugen zu treten wagt; andererseits
muss in seinem liebeshandel eine wendung eingetreten sein , die
ihm sehr wünschenswert macht fortzukommen, sonst würde er
nicht in tränen ausbrechen prae laetüia, dass der oheim ihm die
Überzeugung beibringt, der rückweg in die heimat stehe ihm
trotz allem vorgefallenen offen, wir sind nun vor die frage ge-
stellt, ob die abenteuer des ueffen ausschliefslich in die lücke
zwischen vm und xii fallen, oder ob wir sie an erhaltene teile
des gedichtes anknüpfen dürfen, ich glaube, für die letztere
annähme gibt es gründe, die sich hören lassen, vorhin hat sich
ergeben dass das scortnm, das ihn bestrickt hatte, wahrschein-
lich ein ehebrecherisches weih war. eine solche ehebrecherin,
eine saepe rea (vni 47 ; vi 122 f) finden wir aber tatsächlich in
den zunächst vorhergehenden fragmenten; und ganz wie die
landsleute das execrabile scortum für dignum satis erklären igae
cremari, so bekennt dieselbe reuig, den feuertod verdient zu
haben (vni 57 ff), einen directen beweis für die identität der
leichtfertigen jungen bäurin mit dem scortum haben wir freilich
nicht; aber die vorhin dargelegte Stimmung des jungen menschen
würde sich wenigstens ganz gut erklären, wenn wir sie auf die
blutige katastrophe im haus der bäurin beziehen dürften, auch
kann uns vielleicht der mehrerwähnte hund auf eine leidlich
sichere spur helfen.
Der hund hat, da wir ihn kennen lernen, zwei herreu
(dominos xni 97): der miles lässt ihn künste machen, vom con-
tribulis nimmt er, in äufserster wolerzogenheit, sein futter. ur-
sprünglich muss er dem letzteren allein gebort haben; denn der
mües hatte zwar bei seinem ausritt vor zehn jähren einen hund
bei sich (i 44 ff), auf der heimfahrt aber wird nicht nur nichts
von einem solchen begleiter erwähnt, es kommt sogar ein
abenteuer vor, welches die anwesenheit wenigstens dieses hundes
geradezu ausschliefst, er ist nämlich ein tier von fabelhafter be-
DIE LÜCKEN IM RUODLIEB 7
gabung, das einem menschen anmerkt, ob er gestohlen hat,
und durch zerren und beifsen den dieb verrät, der manteldieb-
stahl des roten beim Übergang über den fluss hätte also dieser
feinen nase unmöglich verborgen bleiben können, gleichwol bin
ich der meinung dass der dichter gerade mit bezug auf
diesen dieb stahl den diebe witternden hund ein-
geführt habe, der rote, welcher nicht blofs den miles be-
stohlen , sondern auch dessen person lügenhafter weise in seine
buhlerische Werbung bei der männersüchtigen bäurin hineinge-
zogen hatte (vgl, das hornsignal vii 75 mit i 32), hat vor gericht
die frechheit sich auf das Zeugnis des nämlichen ritters zu be-
rufen (viii 121 ff); und dieser, dessen nachsieht gegen den auf-
dringlichen, unfriedfertigen gesellen wir kennen (v 590; vi 7),
wird gutmütig genug gewesen sein, zu dessen gunsten zu sprechen,
nun aber, so lässt sich die weitere entwicklung denken, drängt sich
ein hund durch die menge der umstehenden, es erfolgt eine scene
wie sie uns xiii 7 7 ff geschildert wird, ähnlich der mit dem hund
des Aubry (Mafsmann Kehr. 3,907. 918 f; vdHagen GA l,cvi;
Dunlop-Liebrecht anm. 216; Gervasius vTilbury 113 f; vgl. Hertz
Werwolf 92. 93. 95; Kaufmann Cäsarius vHeisterbach 195), der
besilzer des tieres kommt nachgeeilt und verdolmetscht die wort-
lose anklage , und damit wird wol das Schicksal des roten (vii 34)
besiegelt gewesen sein, dass auf diese weise zweimal die ent-
deckung eines diebes durch den hund vorkomme, bildet keinen
gewichtigen einwand, denn auch das raoliv des kunstreichen fisch-
zugs (ii Iff; xni 10 ff) und des Würfelspiels der liebenden (ix 62 ff;
X 22 ff) ist doppelt verwertet, wol aber wäre umgekehrt zu sagen
dass die uns erhaltene hundescene etwas wunderhches hat, wenn
wir die einführung des tieres nicht aus der öconomie des ganzen
erklären dürfen; auch ist offenbar der manteldiebstahl nicht er-
funden um verborgen zu bleiben , und da derselbe ohne zeugen
geschah, liegt der gedanke an die spürnase des hundes nahe
genug.
Wenn diesen Schlussfolgerungen einige Wahrscheinlichkeit
zugestanden wird, so hätten wir uns also die begegnung zwischen
ohm und neffen in dem nämlichen , unweit der landesgränze ge-
legenen (v 585. 611) dorfe zu denken, wo das ehebrecherische
weib wohnt; ein umstand, der offenbar sehr günstig ist für die
annähme, das execrahile scortum und dieses weib seien eine und
8 DIE LÜCKEN IM RUODLIEB
dieselbe person. dass die bäurin so rasch auf den Vorschlag des
roten, sich von einem schönen ritter entfuhren zu lassen, ein-
geht (vn 65 ff), spricht wol kaum dagegen: das loos an der seite
des vornehmen unbekannten erscheint ihr eben verlockender als
die nur auf Schleichwegen genossene liebe des jungen menschen,
abwechslung liebte die saepe rea (vm 47), welche ihren gatten
crebro (vi 122) betrog, ohnehin, war würklich der letzte von ihr
begünstigte unser contribulis, dann ergibt sich eine beachtens-
werte parallele , wie sie nach Anz. ix 89 gerade für diese partie
des gedichtes characteristisch ist, der rote nämlich erfährt, die
bäurin sei seine neptis, und benutzt diesen umstand, sich raschen
zutritt zu verschaffen (vii 34. 52. 80. 95); neben diese unverhofft
entdeckte neptis würde sich ganz schicklich der ebenso unver-
mutet gefundene nepos (xv 23) des ritters. stellen, der redsehge
Schäfer (vi 10), der über die Verhältnisse der dorfbewohner aus-
kunft gibt, könnte demnach in der lücke nach vi 123 gesagt
haben: früher hielt sies mit dem und jenem, eben jetzt hat sie
es mit einem jungen fremdling aus vornehmen stände, der ihr
zu lieb hier hängen geblieben ist und nachgerade recht abge-
rissen herumläuft, aber ein gesiebt hat wie milch und blut (vgl.
XI 2 ffj. diese Schilderung hätte sich dann der rote gemerkt und
zu dtMu erdichteten bilde des ritters mit den entführungsabsichten,
wobei ihm, wie oben gezeigt, zunächst der niiles vorschwebt,
die färben vom contribulis entlehnt : est similagineus totusue genis
rubicnndus (vii 67).
Auf anderem wege bin ich schon Anz. ix 90 zu der Ver-
mutung gelangt, dass unter dem scortum die bäurin zu verstehen
sei. stützt sich dort der beweis auf gewisse ähnlichkeiten des
leichtfertigen weibes mit der ancilla der sechsten lehre (v 476 ff),
so lässt sich derselbe noch verstärken durch die erwägung, dass
auch das ignominiosus (v 483) und das öfter angeführte deho-
nestatus (xv 28. 35) einander zu entsprechen scheinen, nur darf
dabei nicht übersehen werden, was gleichfalls an jener stelle
ausgeführt wurde , dass von fragm. vi an der dichter seinen ur-
sprünglichen plan aufgibt und die schon erfundenen personen,
scenen und motive nur so weit in seine darstellung herübernimmt,
als er sie bequem brauchen kann, um den anschluss an den
'Ruodliebus' (Anz. ix72f) zu gewinnen.
Wie wir uns das leben des nelTen in oder bei jenem dorfe
DIE LÜCKEN IM RUODLIEB 9
vorzustellen haben , darüber ist schwer etwas zu sagen ; ebenso
ob er daselbst eigene behausung hat. wenn er xii 4 aufgefordert
wird : nunc falerare tibi jubeas unique climti (unus als unbe-
stimmter artikel, wie vi 10; xvi 29) und wenn dieser cliens beim
einritt in Ruodliebs haus neben ihm als scutifer erscheint, so
geht daraus hervor dass er in der fremde den besitz von rossen
und knechten nicht aufgegeben hatte; das wird aber auch das
einzige herrenmäfsige gewesen sein, wie aus dem verfall der
einst kostbaren kleidung und aus der unsauberkeit der wasche
zu schliefsen ist: die gewänder, die er in der toilettenscene an-
legt, brauchen nicht einer mitgeführten entheca (vgl. i 19; v560;
XI 37 ff) entnommen zu sein , sondern können von dem ver-
storbenen (ix 31) hausherrn herstammen (vgl. Weiuhold Deutsche
frauen s. 392 f). wäre er jedoch noch weit bettelhafter in die
heimat zurückgekehrt und hätte sich das ärgerliche Verhältnis statt
in der fremde draufsen in nächster nähe abgespielt, so würde
das allein nicht hinreichen zu erklären , warum er gar so dehones-
tatus erschien, für dehonestata durch einen ehebruch galt wol
die schuldige frau (Wilda Strafrecht der Germ. s. 810), nicht
aber der buhle, der einer weit milderen beurteilung unterlag,
vollends ein unverheirateter, ganz anders wird jedoch der fall
in unserem gedieht behandelt, obgleich der junge mensch sich
von der magica losgesagt hat und nichts sehnlicher wünscht als
die heiilis zu heiraten, kommt es noch immer darauf an, ihn
möglichst schnell (citius) der anderen zu entreifsen (xv 28), und
er selbst bekennt, nach jener geschichte, die ihm schauder und
schäm verursache, tue ihm in seiner entehrung dringend eine
frau not (34 — 36). erst die heirat stellt also seine ehre wider
her, und die übermütige haltungi des fräuleins bei der Vermäh-
lung XV 69 ff" zeigt, wie sehr sie sich dessen bewust war. all
das deutet darauf dass zu der verbotenen liebschaft noch etwas
anderes hinzugekommen sein muss; ein solches andere hätten
wir aber in der tat in dem umstand, dass die ehebrecherin ihm
gegenüber zur treubrecherin ward und ihres galten tod ver-
schuldete, lediglich um des schuftigen roten willen, hörner
^ im vorbeigehen sei bemerkt dass xv 80 quo nur adverb sein kann
im sinne von ad quos (vgl. vi 24). die fufsnote über die angebliche ana-
koluthie verstehe ich nicht, da der singular von qiäöus in diesem falle cui
heifsen moste; wäre aber quo als abl. mit ausgelassenem cu?u gefasst, so
wäre diese auffallende construction sicherlich auf s. 114 mit aufgeführt.
10 DIE LÜCKEN IM RUODLIEB
tragen müssen, und gar von eiüer buhlerin, ausgestochen werden
durch einen dieb und morder, diese unheimhche mischuug von
lächeriichkeit und grausen spiegelt sich in dem geständnis: hoj-
rere petiitus se seque pudere (xv 34), sie ist gemeint, wenn
er fortfährt: sie dehonestalum. kein wunder dass die verwandten
gott danken für die vorurteilsfreie gesiunung des fräuleins. wäre
es ihr nicht gelungen, seine gedanken von dem schnöden weihe
abzuziehen (magicam de se divellere xv 31), ihn innerlich von ihr
zu lösen , der er blofs unter dem eindruck jener schreckensnacht
und auf zureden des miles durch rasche flucht (xii 19) sich ent-
zogen hatte, und käme jetzt die heirat nicht zu stände, so wäre
ihm zuzutrauen dass er aus furcht vor dem gerede der lands-
leute wider der hexe zuliefe, von deren lebenslanger bufse
(vni 89 — 117) man damals ja nichts wissen konnte: so lange
die hochzeit nicht gehalten ist, scheint er noch nicht sicher vor
der argen, und darum gilt es, citius nt eripiatur a scorto turpi
(XV 28 f).
Mau darf von einem indicienbeweis nicht mehr verlangen
als er leisten kann; dass es der mühe wert sei ihn zu versuchen,
wird einem gedichle wie Ruodlieb gegenüber nicht auf Wider-
spruch stofsen.
INach Auz. ix 74 hatte die läge F 635 verse. teilen wir
davon dem fehlenden schlussblatte 64 verse zu, so gibt das mit
dem verlorenen anfang von läge G (ebend. s. 76), welcher deren
161 enthielt, zusammen 225, eine summe, welche vollständig
genügt, um den oben erschlossenen inhalt der lücke zwischen
vni und xn zu füllen, nämlich: unlerbrechung der gerichtsver-
bandlung durch den hund, Verurteilung und hinricbtung des
roten, erkennung zwischen miles und contrihdis, und anfang
des gesprächs , dessen ende uns in xn vorliegt, die kleine lücke
zwischen xn und xni enthielt dann den weiteren verlauf des aus
XII zu erratenden fluchtähnlichen rittes, das betreten des vater-
ländischen bodens (vgl. v 585) und die ankunft in der bürg der
commater nebst der meidung bei der herrin. da nun aus der
Zählung der SFlorianer fragmente mit hoher Wahrscheinlichkeit
sich ergibt dass mit G 44 ein neuer abschnitt anhebt, so kann
nicht, wie Anz. ix 76 vermutet ist, die gränzmarke zwischen
fremde und heimat zugleich den anlass zur Scheidung der zwei
gesänge gegeben haben , sondern mit G 43 wird die hinricbtung
DIE LÜCKEN IM RUODLIEB 11
des roten und überhaupt die geschichte von den ursprünglichen
drei lehren zu ende gebracht sein , sodass das neue capitel mit
der Unterredung zwischen ohm und ueffen begänne, ist, wie
oben gemutmafst worden, das Verhältnis des contribulis zu der
jungen bäurin schon durch den schäfer erzählt im anfang der
lücke zwischen vi und vn, welche auf 63 — 64 verse zu berechnen
sein wird, so reichen die 118 verse von G 44 bis zum anfang
von XII reichlich hin zur auseinandersetzung zwischen den beiden
verwandten.
Dieser ganze dritte abschnitt schildert die fürsorge des miles
für seinen auf abwege geratenen contribulis J ob der letztere schon
in dem ursprünglichen plan diese breite Stellung eingenommen
habe, ist sehr zweifelhaft, sollte der in der fünften lehre ge-
nannte contribulis (v 472) den unsrigen meinen, so wäre in der
älteren conception das Verhältnis zwischen ohm und neffen ganz
anders gedacht gewesen als es jetzt sich darstellt.
Fassen wir nun die übrigen lücken dieses abschnitts ins
äuge, zwischen dem schluss von xui und dem anfang von ix
fehlen 78 verse, zwischen ix und x sind 99 ausgefallen, zwischen
X und XI nur 33, hinter xi standen noch 100 zu läge G ge-
hörige, aufserdem etwa 2 den anfang der läge // bildende, dann
schliefst sich xv an, und damit ist der abschnitt zu ende. vgl.
Anz. IX 76. 77. das ganze zerfällt in zwei hälften: die erste
zeigt uns die entwicklung des liebesverhältnisses zwischen dem
neffen des miles und der tochter der commater, die zweite führt
uns ins haus des miles, der von nun an den nameu Ruodlieb
trägt, und schliefst mit der hochzeit des jungen pares.
Wie lang der aufenthalt auf der bürg der commater gedauert
habe, ist schwierig auszumitteln. auf der einen seile brauchen
wir zeit, bis die beziehungen der jungen leute dahin gediehen
* hiernach möchte ich an dem abschnitt Ruodlieb redux (Anz. ix 76)
noch eine andere correctur vornehmen, nämlich ihn bis v. 102 der läge H
{= schluss von xv) reichen lassen , sodass die episode 'ohra und neffe' den
eigentlichen gegenständ des capitels bildet, aufser jenen 102 versen ge-
hören also dazu noch die letzten 91 von läge G (904 — 994), im ganzen
193 verse, vi'elche zusammen mit den bisher angesetzten S60 die summe
von 1053 versen ergeben, damit erhalten die drei ersten bücher nahezu
gleichen umfang, das vierte dagegen, welches ja lediglich den anschluss
an den Ru,odliebus zu vermitteln hat, wird um die nämlichen 193 verse
verkürzt und muss sich mit 528 begnügen.
12 DIE LÜCKEN IM RIJODLIEB
sind, dass sie die einwilligung von seilen der mutter des fräuleins
bekommen; und damit stimmt die oben gemachte bemerkung über
die erdbeer- und kirschenreife, auch setzt vielleicht die freude
der mandpia x 18 einen längeren aufenthalt des miUs voraus,
auf der anderen sollte man erwarten , der miles habe nach hause
getrachtet, wie er denn auch x 13 ff grofse eile eigt. augen-
scheinlich aber hat er keine ahnung, wie nahe der heimat er
sich befinde (x 14); die beziehungen der burgfrau zu seiner
mutter sind ihm unbekannt (x 3), und umgekehrt erfährt man
jetzt erst im hause, wessen söhn er sei (x 17). will man also
nicht zu der gezwungenen auskunft greifen, ein gegenseitiges
versteckspiel anzunehmen, so bleibt nichts anderes übrig, als
beide teile eine zeit lang unerkannt verkehrend zu denken, frei-
lich sollte man meinen , der ritter habe gleich anfangs seinen
namen genannt, und das hätte sofort auf die erörterung jener
Patenschaft führen müssen, allein der dichter könnte den um-
stand, dass seine Personen überhaupt ohne namen auftreten, zur
Umgehung jener förmlichkeit benützt haben , um dadurch einen
längeren aufenthalt auf der bürg zu ermöglichen. — auch bei
der bisherigen anordnung ergeben sich dieselben Schwierigkeiten;
vgl. s. 36 der neuen ausgäbe: 'dass Ruodlieb diese frage so
spät stellt, ist nicht zu verwundern ; es liegt in ihr etwas pein-
liches' usw. der hier angedeutete gedanke, der miles habe zeit ge-
braucht, um mit der unbehaglichen neuigkeit (aus der er auf eine
zweite ehe seiner mutter schloss) innerlich ins reine zu kommen,
hätte etwas sehr ansprechendes, wäre nur nach dem obigen über-
haupt wahrscheinlich dass er sie schon früher erfahren habe.
Am schluss von xin sehen wir die beiden gaste nach be-
endigung ihrer toilette zu den damen zurückkehren, welche am
fenster stehen und ausguck halten, zwar scheint an jenem tage
coena und prandium in eine einzige mahlzeit zusammengezogen
zu sein (Seiler s. 99), die dann früher fiele als das übliche haupt-
mahl vor Schlafengehen; immerhin aber werden wir uns zu der
sceue am fenster abendbeleuchtung zu denken haben, der anfang
des nächsten fragmentes (ix) zeigt uns die gesellschaft bei den
abgerichteten vögeln, zu deren besichtigung eine späte stunde
sich nicht wol eignet, mitbin fällt in die lücke von 78 versen
zum mindesten eine nacht, vielleicht eine ganze, summarisch be-
handelte reihe von tagen oder wochen. während in xin die unter-
DIE LÜCKEN IM RUODLIEB 13
haltung aus den eigenen mittein der gesellschaft bestritten wird,
finden wir in ix eine bände fahrender leute. auch die vögel
scheinen dieser truppe zu gehören und im hause neu zu sein,
das zeigt das benehmen des fräuleins. während den älteren per-
sonen das unaufhörliche gezwitscher unleidlich ist, bereitet es
der herilts ein ohlectamentiim deliciosum (ix 12) und sie scheint
sich gar nicht trennen zu können; wenigstens, da der miles und
sein cotisanguineus die domina zu den harfnern begleiten (v, 25),
ist sie nicht mitgenannt, auch deutet die Überleitung mit int er ea,
wie VII 26; x 22, augenscheinlich darauf dass das fräulein zurück-
geblieben ist. V. 46 ff hat sie sich allerdings der übrigen gesell-
schaft wider angeschlossen, ohne dass es ausdrücklich erwähnt
wäre (in der kurzen lücke hinter v. 35 stand es schwerlich), da
V. 5 hervorgehoben ist dass die in dem gröfseren käfig (doma)
befindlichen vögel rasch zutraulich werden, und da aus v. 20
erhellt dass für den kleineren bauer (domicella) noch eine ab-
gerichtete stärin, den anderen zur lehrmeisterin, eligitur, so
dürfen wir wol annehmen , die tierchen seien eben erst gekauft,
ausgewählt aus einem gröfseren vorrat, und als Verkäufer
wären die fahrenden zu denken, auf deren gegenwart die har-
patores weisen, die kunst, vögel sprechen zu lehren, stand zu
Byzanz in hoher blute (Prutz Culturgesch. der kreuzzüge s. 448) —
und somit wäre zu den sonstigen morgenländischen bezügen
unseres gedichts möglicher weise ein neuer zu fügen.
Weiterhin folgt die bekannte schöne stelle vom tanz des
jungen pares. aus v. 53 ff lässt sich wahrscheinlich machen dass
erst jetzt die keimende neigung ihnen selber zum bewustsein
kommt, während die mutter schon früher bemerkte, was im
werden war, und, weil sie es guthiefs, den zwanglosen verkehr
der jungen leute begünstigte, unter diesem gesichtspunct würden
vielleicht die lustbarkeiten als absichtliche Veranstaltung zu be-
trachten sein nicht blofs zu ehren der gaste, sondern hauptsäch-
lich der tochter zu liebe.
Andeutungen dieser art könnten allenfalls in der 78 verse
betragenden lücke vor fragm. ix gestanden haben, eine erörterung
zwischen der mutter und dem miles über die Verhältnisse des
contribulis fand schwerlich schon dort ihren platz , sondern wahr-
scheinlich erst in der folgenden lücke von 99 versen ; und diese
auseinandersetzung wird dann auch zur entdeckung der familien-
14 DIE LÜCKEN IM RUODLIEB
beziehungen des miles geführt haben , welche im eiogang von x
besprochen werden, da dem leser das abenteuernde leben des
contrihulis schon aus den partien hinter fragm. viii bekannt sein
muste, so durfte hier der dichter sich kurz fassen und wird sich
darauf beschränkt haben, durch den miles die hera aufmerksam
machen zu lassen dass ein 'verlorener söhn' ihr als eidam un-
willkommen sein möchte, worauf dann sie etwa äufserte, sein
kern scheine unverdorben, nach solchen erfahrungen werde er
ein um so musterhafterer ehemann werden, sie selber stofse sich
nicht an seiner Vergangenheit, die tochter aber habe ohnehin
ihr herz an ihn verloren udgl.
Ob der miles auf bitten seines neffen oder aus eigenem an-
trieb mit der mutter gesprochen, ist aus den bruchstückeu nicht
zu entnehmen, wir sehen nur so viel, dass das pärchen jetzt
seine gefühle nicht mehr verltergen kann oder will (x 29). v. 31
braucht nicht auf eine schon ausgesprochene Zustimmung der
mutter zu der heirat zu deuten, sondern kann auch heifsen: die
mutter, welche weifs und vor äugen sieht, wie es steht, hat
nichts gegen die sofortige Verbindung, aber sie achtet selbst-
verständlich auf das, was die sitte erheischt, die Ungeduld des
mädchens allerdings (v. 32) lässt schliefsen dass sie der einvril-
ligung der mutter schon sicher war. — schwer ist zu eulrälseln,
was der dichter unter dem soloecismus versteht, vermöge dessen
der Jüngling die Jungfrau mutato sexu als suus und sie ihn als
siia anredet, der herzwechsel (Myth.^ 3, 247) könnte die sache
allenfalls erklären helfen, vielleicht aber ist an ein Wortspiel zu
denken , deren das gedieht ja mehrere bietet (Anz. ix 96) , etwa
zwischen man und diw.nü histu mir gemannet, sagt er, worauf sie
so bist mir du gediut (Graff 5, 89). man vergleiche, wie im lande
ob der Enns Simon als namenspatron der pantoffelhelden gilt,
weil er ein sie -mann und umgekehrt sie mann ist (Baumgarten
Volksmäfsige Überlieferung der heimat = achlundz wanzigster be-
richt über das museum Francisco -Carolinum, Linz 1869, s. 41).
Es folgt nun eine lücke von 27 versen, vermutlich ab-
machungen über die ordnungsmäfsige Werbung (Weiuhold Deutsche
frauen 205 — 207) und den aufbruch der beiden gaste berichtend,
dann eine stark verstümmelte stelle 33 — 66, am schluss mit einer
lücke von 9 versen: die beiden herren auf dem ritt nach dem
hause des miles. es kommen zweimal oscida vor; das erste mal
DIE LÜCKEN IM RUODLIEB 15
begrüfst der ritter die abgesandten seiner mutler (v, 39f), das
zweite mal (v. 57) scheinen die küsse antwort auf eine entschul-
digung der einholenden (v, 54 non nisi tres). den schluss des
fragments bildet die anmutige scene mit dem knaben auf dem
kirschbaum , welche zur einführung des namens Ruodb'eb dient.
Von hier an heifst der held ausschlielslich Ruodlieb; wenn
X 90 der ausspähende knabe ruft 'der herr naht, freuet euch!'
und zwei Zeilen zuvor gesagt wird , er habe seinen dominus aus
dem wald hervortauchen sehen , so wird das wol niemand als
durchbrechung dieses ausschliefslichen gebrauchs ansehen, die
entscheidende bedeutung, welche die einführung des namens hat
sowol bezüglich der anordnung der fragmente als der entstehungs-
geschichte des ganzen gedichles , mag es rechtfertigen , wenn wir
hier den gang unserer Untersuchung uoterbrechen und den Sach-
verhalt etwas ausführlicher als früher geschah darlegen.
1) die einzige stelle, wo die ausgaben das wort Ruodlieb
noch aufserdem kennen, ist v 223; allein es rührt da nicht vom
dichter her. der obere rand des blattest zeigt starke kleister-
spuren, durch das ablösen vom holzdeckel ist der anfang der
zweiten zeile, vor dilectae, so beschädigt worden, dass mau eine
rasur vor sich zu haben glaubt, das wort Ruodlieb, welches
heutzutage hier zu lesen steht, gibt sich schon dadurch als
spätere zutat zu erkennen, dass man darunter noch leise spuren
eines etwas kürzeren Wortes sieht, dessen letzter buchstabe kein
b war. aufserdem ragt es mit seinem R über die columne in
den leergelassenen rand hinein , läuft schräg unter die zeile und
ist mit roter linte geschrieben und unterstrichen, und zwar mit
derselben, welche auch anderwärts zum unterstreichen einzelner
ausdrücke angewandt ist, zb. auf bl. 29, wo zweimal Ruodlieb
in dieser weise hervorgehoben wird: ohne zweifei bildete dies
bl. 29 die vorläge für den ergänzer, dem übrigens die nachbil-
dung nicht völhg glückte (sein R hat eine in der ganzen hs.
nicht widerkehrende gestalt). davon, dass etwa alte schwarze
schriftzüge mit rot nachgefahren wären, zeigt sich nicht die
mindeste spur; wäre das aber auch der fall, und hätte der dichter
selbst die correctur vorgenommen, so dürften wir darin nichts
weiter erblicken als einen vereinzelten versuch, den namen nach-
träglich in den früheren text einzusetzen — einen versuch übrigens,
^ vgl, das beigegebene facsimile.
16 DIE LÜCKEN IM RUODLIEB
der die hübsche erfindung der kirschbaumscene um ihren tech-
nischen wert brächte, allein, wie gesagt, die beschaffenheit des
Pergaments, die schrift, die tinte gibt für eine solche Vermutung
nicht den geringsten anhält, im gegenteil deutet die wähl der
roten tinte auf eine besondere vorsieht, den schein einer fälschung
zu vermeiden. Schmeller mag den eintrag schon vorgefunden
haben, sonst würde er nicht s. 239 die stelle mit unter denen
aufführen, die den uamen darbieten, allerdings wird die auf-
zählung (die etwas flüchtig geraten ist, denn ihr nach fände sich
die form mit t nur 3 mal) nach dem druck gearbeitet sein , und
in diesem oder schon in seiner abschrift könnte der herausgeber
V 223 die anbriugung von klammern übersehen haben, so gut
wie X (= Seiler xi) 34 die irreführende antiqua steht, dass er
selbst (in gutem glauben) das wort vor jähren in die hs. gesetzt
und das später bei der herausgäbe vergessen gehabt, ist aber
doch nicht wahrscheinlich.
2) in dem kurzen, mit xvii 85 beginnenden Schlussabschnitt
ist die prosodie und metrische Verwendung des Wortes Ruodlieb
eine andere als zuvor, die silbe lieb nämlich erweist sich als
unzweifelhaft kurz xvii91; xvni 3. 14 (vielleicht auch xvii 87
Ruodlieb nalde) und steht deshalb in der Senkung; durch position
verlängert kommt sie in dieser nur noch einmal vor xvn 96;
sonst tritt sie in position nur unter dem ictus und regel-
mäfsig folgt eine lange silbe xvn 85. 100. 107; xviii 30. in
den vorhergehenden abschnitten dagegen ist lieb ebenso un-
zweifelhaft von natur lang x 78 und steht deshalb sowol
ohne ictus (xi 18.34; xv 42. 90; xvi 19. 26; xvn 51) wie mit
ictus, hat aber im letzteren falle gewöhnlich zwei kürzen
nach sich (x 78. 84; xv 8. 17; xiv 65; xvn 59), seltener eine
länge (xi 30; xvl8. 46; xvn 10). man sieht, es handelt sich
nicht um eine regel mit gelegentlichen ausnahmen , sondern um
zwei verschiedene regeln , deren jede ihren bestimmt abgegränzten
bereich hat , um einen an bestimmter stelle eintretenden Umschlag
der quantitätsempfmdung bezüglich der silbe lieb.
3) dieser Umschlag tritt genau da ein , wo die ganze haltung
des gedichtes sich ändert (Schmellers ausg. 217). beiden er-
scheinungen wird mithin eine gemeinsame Ursache zu gründe
liegen, wir treten aus dem roman ins epos, das sich durch
seinen apparat von vorausdeutenden träumen, zwergen, königs-
DIE LÜCKEN IM RUODLIEB 17
töcbtern auf den ersten blick kenntlich macht, wir vertauschen
die Sphäre des täglichen lebens mit dem Stoff- und anschauungs-
gebiet der heldensage, wir vernehmen die namen der handelnden
personen, während sich bisher alles in der anonymität des
märchens bewegte, wir erhalten in dem träum der mutter ein
neues programm statt des im lehrencatalog aufgestellten alten,
dies letztere war nur in bezug auf die drei ersten lehren durch-
geführt worden und blickte im weiteren verlauf blofs noch aus
einzelnen zügen und moliven hervor, und dies aufgeben des
alten zu gunsten des neuen spiegelt sich zugleich darin , dass
noch innerhalb der realistischen partie die anonymität des haupt-
helden bei schicklicher gelegenheit fallen gelassen wird, der
neue plan, lediglich als solcher, kann aber unmöglich eine ver-
änderte prosodie des namens nach sich ziehen, sie kann nur aus
einem fertig vorliegenden anderen gedieht stammen, solange der
dichter aus diesem gemutmafsten werke in das seine nichts weiter
herübernahm als den namen Ruodlieb, folgte er in dessen pro-
sodischer behandlung seinem eigenen Sprachgefühl; sobald er in
das werk selbst eintritt, nimmt er die prosodie wie er sie hier
findet: er entlehnt nicht mehr blofs den namen, sondern die
verse, an denen er nach bedarf da und dort ändern mag, die
aber seine vorläge sind, er wird aus einem dichter zum ab-
schreiber und hört mit abschreiben auf, sobald er meint nun
dem älteren dichter einfach das wort lassen zu sollen.
Diese ganze Zwischenerörterung wäre vielleicht entbehrlich,
hätte nicht der neue herausgeber gegen die von mir vorge-
schlagene anordnung der fragmente und meine annähme eines
Ruodliebus (wie ich nach analogie von Waltharius und zum unter-
schied von unserem gedieht sage) Zs. 27, 332 ff einen angriff ge-
richtet, der freilich nicht viel mehr als seinen wünsch beweist,
die von ihm gewählte reihenfolge zu retten, er betont seine
Übereinstimmung mit Schmeller, dessen Zählung er nicht einmal
seiner eigenen ausgäbe beigefügt hat, und dessen äufserung, dass
er gerade bei den letzten 14 blättern es sich am wenigsten habe
zu danke machen können (Schmeller 202), jener Übereinstimmung
nicht sonderlich zur empfehlung gereicht. er spricht gerne
davon, dass ich dies oder jenes soll versehen, allenfalls auch
nachträglich erkannt, gleichwol aber nicht geändert haben, er
weifs, worin mein 'fehler besteht', redet von einem auf sand ge-
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVll. 2
18 DIE LÜCKEN IM RUODLIEB
gründeten haus, einem phanlom udgl. die paläographische tat-
sache, dass v 223 der uanie Ruodlieb unecht ist, bezweifelt er
unter berufuug auf sein gedächtnis. die zweite tatsache, dass
dieser narae erst in der letzten hälfte des gedichtes gebraucht
wird, sucht er aus ästhetischen gründen zu erklären; wie, lese
man s. 335 ff nach, gegen die dritte tatsache, dass die prosodie
des Wortes im Schlussabschnitt plötzlich eine andere wird , glaubt
er aufzukommen durch den hinweis auf die gelegentliche Ver-
wendung der ersten silbe in monedula als länge, die vierte tat-
sache aber, dass das auftreten der neuen prosodie zusammenfällt,
mit der neuen haltung des gedichts , verschweigt er. dass über-
haupt alle vier aufs engste zusammengehören, dass auf ihrem
ineinandergreifen ihre beweiskraft wesenthch mitberuht, dieser
fünften tatsache entzieht er sich , indem er bald hier bald da einen
Stab aus dem bündel nimmt und einzeln abzutun sucht.
Ich hatte aus jenen tatsacheu gefolgert, es seien zwei be-
standteile zu sondern , und glaubte den zweiten derselben be-
stimmen zu dürfen als bruchslück eines alten Ruodliebus. in-
dem ich fragte, aus welchen gründen und in welcher weise die
Verknüpfung beider teile vorgenommen worden sei , ergaben sich
notwendige coroUarien , aber keine neue hypothese. auf grund
der tatsache endlich , dass in einem einzigen fragment der held
erst miles, dann Ruodlieb heifst, alle übrigen aber ihn ent-
weder appellativ oder namentlich bezeichnen, unternahm ich
es, jenes eine fragment als brücke zwischen die appellierende
und die nomenclatorische gruppe zu stellen , und fand dass sich
diese neuordnung nicht nur mit jener hypothese vertrug, sondern
auch den gang der handlung vereinfachte, wieso nun das eine
'hypothese von sich ausschliefsenden miles- und Ruodlieb-ah-
schnitlen' heifsen kann (aao. 338), ist mir unklar, noch unbe-
greiflicher aber dass das meine 'erste' hypothese sein soll, an
welche eine andere sich 'lehne'.
Die annähme eines zweiten bestandteils halte sich gestützt
auf die einfülirung lieroischer namen , auf die neue prosodie der
silbe lieb, auf die veränderte haltung des gedichts und einige
minder erhebliche gründe (Anz. ix 71. 72). während nun mit
den letzteren die eutgegnung sich ausführlich beschäftigt, lässt
sie, mit einer einzigen ausnähme, jene 'gewichtigen' unberührt,
etwas mehr Vollständigkeit in der aufzählung der von mir 'vor-
DIE LÜCKEN IM RÜODLIEB 19
geführten' beweise hätten die leser schwerlich übel genommen,
auch etwas mehr vorsieht im gebrauch grofser worte wäre viel-
leicht zweckmäfsig gewesen, wer bei gelegenheit des von mir
'vorgeführten' verses xvm 5 so zuversichtlich sein 'letzteres ist
einfach nicht richtig' zum besten gibt, der müste seine kenntnis
des reimgebrauchs anders docuinentieren als durch die dort bei-
gebrachten belege geschieht, ein vers, der ein citat enthält,
kann doch wol nicht ernstlich in anschlag kommen, ^ damit fällt
also IX 48 fort; die drei anderen beigebrachten stellen aber sind
völlig untauglich zu dem beweise, dem sie dienen sollen, 2 und
ich bleibe dabei dass xvni 5 der herkunft aus einem anderen
gedieht aufs dringendste verdächtig sei. ich setze sogar noch
zu einem anderen verse des Schlussabschnittes den obelus. eine
schlagende gegenprobe nämlich auf die richtigkeit der in der
anm. 1 dargelegten beobachtungen über die behandlung des reims
ist die, dass mit ihrer hilfe auch in den angeblich reimlosen
Versen (vgl. die eiul. s. 153) der reim sich nachweisen lässt.
vm 50 zerfällt in zwei halbverse, die in sich selbst vocaliscb,
unter einander consonantisch reimen, in halbverse, deren reim
aber zugleich an die umschliefsenden verse sich anlehnt, zer-
fällt auch v551. die assonanzen des zweiten halbverses in xi 3
klingen auch in der ersten hälfte wider, deren ende seiner-
seits mit der cäsur des vorhergehenden verses reimt, vi 73 ist
die ergänzung falsch (vgl. dazu Diez Wörterb.^ 1, 363: sagimen),
es muss heifsen: ad quae nil nisi lac posco modicum vesaginam
(ein wenig milch, und schmalz; über ve s. Anz. ix97), und der
reim ist lac:nam, zugleich saginam : farinis. in vii 18 reimt in
hac auf ittat und i dat der vorhergehenden verse und auf istud,
das sich gleichfalls an jene lehnt, xvii 72 ist isse gespalten zwi-
schen ico (ito) und essit der Umgebung , der cäsurreim vernach-
lässigt; zur stütze dient tun : dona. v 524 assoniert die cäsur
vocalisch mit der vorhergehenden , undo consonantisch mit ante;
aufserdem assonanz in a (sata, fiant , nam, fossas). bei xvii 52
reimt die cäsur mit der vorhergehenden, der schluss assoniert
^ auch IX 22, gleichfalls mit einem citat, ist unregelmäfsig: usque 'qui
esfin coelis' lis j lis lis triplicatis. die worte qui es sind behandelt als
stünde quies. so gestattet sich der gegen den hiatus überaus strenge archi-
poeta eine ausnähme in dem citat tu autem (JGrimra Kl. sehr. 3,49); vgl.
WMeyer Ludus de antichristo s. 135.
2 s. anm. 1 am schluss.
•2*
20 DIE LÜCKEN IM RÜODLIEB
mit dem folgenden; hilfsreim vidit : dixit. vii 116 spaltet sich
der schluss nach den umgebenden versschlüssen hin (wobei n
auf m reimt wie xv 44), zugleich findet vocalische Verstärkung
statt durch perqueA hephthemiraeres findet sich an drei stellen.
VI 62 reimt die cäsur vocalisch mit dem schluss (Verstärkung
durch cumque, sufferre), consouantisch mit dem vorhergehenden
vers. VI 98 ist die cäsur reimlos, der schluss durch zweisilbige
assonanz mit den umschliefseuden versen gebunden, xvii 128
assoniert der schluss mit 127, die cäsur wahrscheinlich mit dem
verlorenen nächsten vers; aufserdem bene:male, tibi : sibi. be-
denklich, jedoch durch zweisilbige assonanz an den folgenden
vers allenfalls deutbar ist xviii 21. mit xvii 113 dagegen weifs
ich gar nichts anzufangen und stelle diesen reimlosen vers neben
den cäsurlosen xviii 5 als beleg für die abweichende versbehand-
lung im Schlussabschnitt, für sich allein betrachtet liefse sich
diese Sonderstellung der zwei verse gegenüber dem im ganzen
übrigen gedieht geltenden gebrauch aus der ermüdung des
dichters erklären , der mitten im werke stecken blieb ; im zu-
sammenhält mit den anderen gründen erhöht sie die Wahrschein-
lichkeit, dass der anfang eines verlorenen gedichtes in den
schluss unserer fragmente hereinragt.
Wir wenden uns wider zur besprechung der lücken. eine
kleine, von nur 33 versen, trennt die kirschbaumscene von
fragm. xi, dessen eigene starke blüfsen durch eins der blätter
aus SFlorian so glücklich gedeckt werden, dass wir ein ganzes
gewinnen , dessen Verständlichkeit weder durch die eben bezeich-
nete lücke, noch durch die zwischen v. 9 und 10 fallende von
31 versen wesentlich beeinträchtigt wird, nach diesem fragment
aber gehen 102 verse ab, deren hauptinhalt wol die Vorbereitungen
für die hochzeit des neffen bildeten: das während seiner ab-
vvesenheit vernachlässigte hauswesen wird für den einzug der
jungen frau in stand gesetzt, die förmliche Werbung (falls sie
nicht schon vor x angebracht war) erfolgt, es gehen die ein-
ladungen hinaus zur verlöbnisleier, — all das ohne viel scenische
ausmalung, in schlichtem historischen Vortrag, wie er noch im
anfang von xv zu spüren ist. dass die Verlobung in Ruodliebs
hause, statt in dem des bräutigams, gefeiert wird, hängt wol
damit zusammen, dass die Schilderung eines neuen locals ver-
* s. aiim. 2 am schluss.
DIE LÜCKEN IM RÜODLIEß 21
mieden werden sollte, wie sehr der dichter zum abschluss der
episode drängte, verrät sich darin, dass er von den üblichen
formalitäten (vgl. Auz. ix94) nur diejenigen erwähnt, welche der
braut zur anbringuog ihrer schnippischen redensarten gelegenheit
geben ; auch der letzte vers des abschnitts ist dafür characteristisch.
Über die Voraussetzung, die hierbei gemacht ist, dass näm-
lich XIV hinter xv gehöre, darf ich auf Anz. ix 77 f verweisen,
das doppelblalt, auf welchem die beiden fragmente stehen, ist
aus zwei stücken zusammengeklebt, mittels eines farblosen Stoffes,
wie er auch bei anderen blättern (zum ausstückelu eines loches
udgl.) verwendet ist. im lauf der zeit hat sich die bindung eine
strecke weit gelöst, sodass der rand des einen blattes sich auf-
sträubt und dadurch das umbiegen des anderen nach dieser seite
herüber hindert, wenn man nicht die vorsieht gebraucht, jene
Sperrung niederzudrücken. ^ wenn ich aao. durch eine blofse
Zurückdeutung auf s. 73 anm. etwaige bedenken wegen der falzung
zu beseitigen glaubte, so habe ich mich geteuscht. die Zurecht-
weisung, die mir Zs. 27,337 erteilt wird, fängt mit den Worten
an: 'aus s. 16 konnte L. ersehen dass mir bereits der gedanke
gekommen war, blatt 25 und 30 umzustellen.' ich habe das in
der tat ersehen, weifs mich jedoch nicht zu entsinnen, ob das
für mich mitbestimmend war zur vornähme der Umstellung, im
* bei dieser gelegenlieit sei noch einiges über das äufsere der frag-
mente gesagt, eingebunden war das ms. niemals, nicht einmal in der bei
Wattenbach Schriftw.* 331 anm. 2 angedeuteten weise, denn wenn auch
die nadelstiche am bug der doppelbiätter innerhalb der einzelnen lagen
meistens auf einander passen (wobei jedoch keine läge zur anderen stimmt,
an durchlaufende rückenschnüre also nicht zu denken ist), so machen die
lagen F und / eine ausnähme, die doppelbiätter 19. 24 und 20. 23 stimmen
wol unter sich, durchaus nicht aber zu 21. 22; ebenso wenig 31. 34 zu
32.33. die vorderen lagen könnten wol vom dichter geheftet sein; bei
den späteren hätte er es dann unterlassen , und die stiche würden von
einem früheren verband herrühren, aus dem er sie löste, oder aber liefs
er die lagen ungeheftet und eine spätere band holte es nach , wobei einzelne
blätter an die falsche stelle gerieten (und dann wäre denkbar dass die faden
zugleich durch den bug eines Umschlags liefen); auch bei dieser annähme
ist nicht ausgeschlossen dass die stiche z. t. aus älteren verbänden her-
rühren, sicherlich nicht der fall ist dies letztere bei bl. 31. 34, dem bruch-
stück eines in breiten spalten liniierten folioblattes, dessen bug nicht zwi-
schen diesen spalten verläuft, sondern in die eine hineingerückt ist, ohne
zweifei weil beim ausschneiden ein streifen des inneren randes stehen ge-
lassen ward.
22 DIE LÜCKEN IM RUODLIEB
schlimmsten fall hätte ich mich eines fündlings gegen seinen
vater angenommen , der nun nachträglich geneigt scheint, 'nichts
gegen ihn einzuwenden' (ebenda 338).
Damit sind wir schon in die erörterung des kurzen , über-
leitenden buches IV eingetreten, verloren ist der anfang von
mutmafshch 210 versen (= //, 103—312), dann folgt bl. 25 oder
fragm. xiv, das im anfang 3, in der mitte 2 verse eingebüfst zu
haben scheint {= H, 313 — 387), und hieran schliefst sich das
erste blatt der läge J, im anfang um wenige verse verkürzt :
fragm. xvi, für die lücke hinter diesem fragment sind Anz. ix 78
ohngefähr 66 verse angesetzt.
Der ganze abschnitt hat die aufgäbe, den bruch mit dem
lehrencatalog zu vollziehen , damit das traumprogramm an die
stelle treten könne (vgl. aao. s. 89): die inscenierung der lehre 7'
(v484 — 487) dient nur dazu, sie ad absurdum zu führen, wenn
Ruodlieb ihr folgend sich einfach auf den rat der mutier verliefse,
so würde er das gegenteil einer mulier cognoscibilis heimführen ;
er behält aber die äugen selber offen und kommt hinter die
saubere geschichte mit dem dericus. diese entdeckung muss den
hauptinhalt der grofsen lücke von 213 versen vor fragm. xiv aus-
gemacht haben, etwa so: nachdem Ruodlieb die hochzeit des
neffen ausgerichtet hat, hält er in der stille für sich selbst Um-
schau unter den töchtern des landes, bei gelegenheit von be-
suchen oder durch Vermittlung eines scurra (vgl. xvii 7; dazu
Weinhold Deutsche frauen 352 f); seine besondere aufmerksamkeit
erregt das nachher vom familienrat ihm empfohlene fräulein. wie
es ihm gelang, in den besitz der verräterischen toilettestücke zu
kommen, dafür haben wir kaum einen anhält, aus xvn 31 ist
nur die andeutung zu entnehmen dass das Schäferstündchen nicht
in ihrem hause stattfand, war es im walde, so konnte Ruodlieb
selbst sie belauscht und durch ein unvorsichtiges geräusch das
per verscheucht haben , sodass in der eile der flucht hut und
bänder zurückblieben, dass auch der kluge hund hiebei wider
aufgetreten, wäre nicht unmöglich, die scene wird mit behag-
licher breite ausgeführt gewesen sein ; dass der dericus dem miles
bei einer schonen den rang abläuft, ist ein nachmals in der
vagantenpoesic beliebtes thema (ühland 3, 41 2 ff), die erzähluug
mag bis kurz vor xiv gereicht haben, denn die durch ganz xiv
und den anfang von xvi sich erstreckende rede der mutter (über
die! Lücken im ruodlieb 23
deren ergänzung s. Anz. ix 77) scheint uns nahezu in ihrem vollen
umfang vorzuliegen, nachdem der söhn mit verstellter Unterwürfig-
keit (plactdissime xvi 19) auf den verschlag der mutter eingegangen
ist, kartet er (vgl. xvii 17. 72) mit dem freivverber ab, wie der
sich vor dem fräulein zu benehmen habe, dies, sowie vorher
der ausgang des familienrates und nachher der empfang des
boten bei dem fräulein, stand in den 66 versen zwischen xvi
und XVII.
Ebenso viel verse sind zwischen xvn und xvui ausgefallen,
über ihren Inhalt lässt sich nicht mehr sagen, als dass er von
Ruodliebs auszug auf abenteuer handelte, übrigens ist sowol
diese lücke als diejenigen, welche zwischen den vorderen frag-
menten liegen, von keinem belaug für das Verständnis des ganzen,
welches nur da eine füllung der leeren räume erheischt, wo
dieselbe einen hilfsbeweis für die anordnung der bruchstücke
abzugeben vermag, dass ein solcher versuch der nachdichtenden
phantasie nicht entrateu kann, wäre blofs dann ein grund zum
mistrauen, wenn er zugleich einen mangel an behulsamkeit ver-
riete, ob der vorliegende das rechte getroffen , würde sich am
anschaulichsten zeigen, wenn wir eine ausgäbe besäfsen, die
seine ergebnisse verwertete, in bücher geteilt, mit durchlaufender,
auch die lücken einbeziehender verszählung, in den Zwischen-
räumen kurze andeutungen über den Inhalt des verlorenen; un-
mittelbar, ohne die krücken einer umständlichen führung des
Wahrscheinlichkeitsbeweises, würde der Zusammenhang sich dar-
legen und die erzählung verständlich vor unseren äugen dahin-
schreiteu. dafür mag ja noch rat werden; dass die bisherige
reihenfolge ein völlig verworrenes bild der einschlägigen partie
gebe, ist auch ohne den vergleich mit einer anderen anordnung
zu erkennen.
ANMERKUNGEN.
1. Der dichter des Ruodlieb hat, wo ihm der gewöhnliche
reim unbequem lag, zu allerhand beheifen gegriffen, die zwar
auf wenige einfache grundlinien sich zurückführen lassen, deren
manigfaltigkeit jedoch nicht in der kürze darzulegen ist. eine
art der assonanz , die ich gespaltenen reim nennen möchte,
tritt gleich im beginn des gedichtes auf: i 2 reimen cäsur und
schluss nu^ vermöge des consonanten , vocalisch lehnt sich jene
an den vorhergehenden, dieser an den folgenden vers; andere
24 DIE LÜCKEiN IM RÜODLIEB
beispiele: i 102; iii39; iv211; v74. 116.269.493.596; vi 100;
VIII 42. dabei kommen verschiedene modificalionen vor: i 38.
56.73.139; vl67; vii 30.63.85; viir27; ix24; xv74; xvi37;
XVII 29. 48. wir werden dieser reimform noch in anderer Ver-
wendung begegnen: hier bildet sie lediglich eine abart des für
unser gedieht so characteristischeu keltenreims (vgl. die einl. der
neuen ausg. s. 150 f). eine stelle wie xvi 57 (itaiüer) streift,
so fern der einsilbige reim die regel bildet, an diejenige be-
handlungsart, welche die cäsursilbe nicht mit in den reim ein-
bezieht, sodass das gewicht desselben nur auf dem versschluss
ruht; wie in solchem falle dem unreinen reime durch mitreimende
Wörter innerhalb desselben verses aufgeholfen wird, zeigen die
beispiele i59; vi 42; xvii 50. solche plänkelreime unterscheiden
sich vom cäsurreim dadurch, dass sie an keine bestimmte
stelle des fufses gebunden sind (vgl. auch iv 12), selbst
in dem völlig anders gearteten falle nicht, wenn ein blofser
halbvers als reim-einheit behandelt ist, ihnen also in kleinerem
rahmen eine dem cäsurreim analoge bedeutuug zukommt: i 132;
ivl51; vl85.194; yih^ (ovesiboves; in der zweiten hälfte bilden
adäquat und porcos gespaltenen reim sui capellas); ähnlich vi 51;
VII 20 (ur:um; bibit : misü ; zugleich anlehnung an den folgenden
vers — inum:inae; misü : ipse); xvn 70 (daneben durch quo an-
lehnung an den nächsten vers); viii 50 (assonanz); iv 79 (blofs
zweite hälfte , durch gespaltenen reim zugleich mit 78 und 80
gebunden); iv 240 (anlehnung au die umschliefsendeu verse);
viu 27 (der schluss durch gespaltenen reim mit der cJisur und
dem vorhergehenden verse gebunden, daneben am: am, nt:dt,
pe:ptem). dem letzten beispiel ähnlich ist v 58, doch stehen
die begleitenden reime (mus : mus) auf die beiden vershälften
verteilt, allenthalben zeigt sich die cäsur als strenge regel , selbst
in der oben eliminierten stelle quem per sistema siue diastema
dando responsa liefse sich uuter annähme einer, freilich sinn-
widrigen, weiblichen cäsur hinter siue die auffassung verteidigen:
siue assoniert mit mirabiliter , quem, per, der schluss reimt auf
sistema und diastema. keine cäsur dagegen hat xvni 5, wol aber
steht der reim am schluss des dritten fufses; und dass im ganz-
vers an dieser stelle dieses fufses der reim unerhört sei, dieser
satz (und einen anderen habe ich Anz. ix71 nicht aufgestellt)
ist durch keine abläugnung umzustofsen, aus dem einfachen
gründe, weil der reim im vollvers an die cäsur gebunden ist.
wer jedoch lust hat abzuteilen si me non occideris atquejjmanus
mihi solues, dh. hephtliemimeres anzunehmen, und zwar weib-
liche, und zwar widersinnige, und zwar ohne beenguug durch
ein cilat, der könnte zur not mit hilfe der oben gegebenen an-
deutungen eine reimbindung nachweisen, aber auch dann haben
wir einen vers, wie er im ganzen gedieht sich sonst nicht findet,
der dichter wollte ihn umgestalten und hatte angefangen si non
DIE LÜCKEN IM RUODLIEB 25
oc, vermutlich wollte er fortfahren: cidesjjme, dann ward er
den hiatus durch das anstofsende atque inne und setzte die zeile
her wie er sie vorfand , ohne sich der vn 5 gebrauchten auskunft
(velque für atque) zu bedienen — auf einen schlecht gebauten
vers mehr oder weniger kam es nicht an , wenn er darauf ver-
zichtete, den Ruodliebus umzuarbeiten, gerade dass jene nahe-
liegende auskunft übersehen ward, stimmt aufs beste zu meiner
hypothese.
2. Sonst ist die Verstärkung einer bestimmten gattung von
versen eigen : sie tritt ein bei assonanz ohne anlehnung an den
vor- oder nachstehenden vers, dh. der gemeinsame consonant
oder die vocale finden sich noch in anderen Wörtern desselben
verses an der reimstelle (dass die erscheinuug auch bei völligem
reim, als blofser schmuck , nicht selten vorkommt, benimmt der
beobachtung nichts von ihrer richtigkeit). 1) consonantische
Verstärkung: ii 30. 35; iv 71; xni 37; xi 17; iv 247; xm 132
(anlehnung an den verlorenen nächsten vers?). 2) vocalische
Verstärkung (meist mit deckung durch schliefsende consouanten):
a) beider vocale: v 544; xvi 7; iv 235; viii 122; xni 60; m 25;
XV 24; VII 104; b) nur des einen vocals: v 535; xvii 64; v 222.
292; IX 52; xv 81 (hier zugleich consonantische anlehnung an
den folgenden vers), 3) consonantische und vocalische zugleich
(die vocalische trifft fast ausnahmslos nur einen der beiden vocale,
verbindet sich jedoch nicht selten mit der consonantischen zu
völligem reime): in 8. 32; v235; vi 4. 50 ; viil09; vm83; v3;
VI 59; VII 91; vin 98; xiii 102; xvii61. — statt der Verstärkung
findet sich hie und da der beireim, dh. innerhalb desselben
Verses steht ein zweites, meist reines, reimpar, das sich zu-
gleich an den vorhergehenden oder folgenden vers anlehnt: v 344;
XIII 97; 1x69; vi 90; v 317. eine besondere reihe bilden die
wenigen fälle, wo gedeckter und ungedeckter vocal assonieren ;
sowol Verstärkung als beireim finden sich, aber der letztere ist
freier behandelt: v 425; vn 13; viii 121; vi 74. — zweisilbige
assonanz kann der Verstärkung und des beireims entraten: xvit 85.
102; VII 57; v315; ix 29; in 28; auch im kettenreim tritt sie
ohne weitere stütze auf: xvii 88 reimt are auf atur und apros. —
in allen anderen fällen , die sich der gewöhnlichen reimregel nicht
fügen, wird man anlehnung an einen benachbarten vers finden,
sei es durch reim einer vershälfte, während die andere reimlos
ist, sei es durch assonanz, deren volle entfaltung den gespaltenen
reim ergibt.
München , februar 1884. LUDWIG LAISTNER.
26 DER NOE DER WIENER GENESIS
DER NOE DER WIENER GENESIS.
Ich habe in meiner dissertation (Zur Wiener Genesis. Halle,
Niemeyer in comm., 18S3) im anschluss an Scherer (Geistl. poeten
der deutschen kaiserzeit i, QF i) und unter berücksichtigung von
FVogt (Paul-Braunes ßeitr. ii315ff) die beiden ersten gedichte
der Wiener Genesis: Schöpfung und Sündenfall (i) und Kain und
Abel (n) einer nochmaligen Untersuchung unterzogen, deren
resultat die aufstelluugen Scherers nur bestätigte, denn auch
Roedigers ansieht (Zs. 18, 263 ff), dass für i zwei Verfasser an-
zusetzen seien , deren erster bis 17,5 (ich eitlere nach Hoffmauns
Fundgruben ii), deren zweiler von da bis 23, 17 das wort haben
solle, auch diese ansieht glaubte ich verwerfen zu müssen.
Dagegen habe ich für das dritte gedieht, den Noe, eine
andere auffassung als Scherer in den QF, wie ich das hier des
näheren begründen will.
Am Schlüsse meiner dissertation wies ich darauf hin dass
stück III — das ist der Noe — nicht als unmittelbare fortsetzung
des zweiten gedichts von Kain und Abel gedacht sein könnte,
dass es sich nicht in dem sinne an ii anschlösse wie ii au i.
dies hat schon Roediger behauptet, indem er aao. s. 268 sagt:
'bei einer in denselben kreisen entstandenen fortsetzung wäre
das auffallend: erklärlich ist es bei einer dichtung, die aus
anderem boden erwuchs und gar keine fortsetzung von i und ii
sein sollte.'
Aber damit ist das Verhältnis von lu zu den vorangehenden
gedichten keineswegs erschöpft , sondern die sache ist weit com-
plicierter.
III zerfällt nämlich deutlich in zwei hälften, von denen die
erste einen an die einsetzung des regenbogens anknüpfenden,
hymnenartigeu schluss zeigt 28, 14 — 24, die andere sachlich gut
schliefst mit der Zerstörung des turmes, eine ähnliche, an das be-
handelte sich anlehnende Schlussbetrachtung aber vermissen lässt.
Wir wollen die teile mit in" und in'' bezeichnen, ui' reicht
von 27, 6—28, 24, ui'' von da bis zum schluss des Noe 29, 35.
in'' zerfällt aber wider genau genommen in zwei disparate teile,
denn während in" eine in sich geschlossene, einheitliche episode
DER NOE DER WIENER GENESIS 27
darstellt: die sintflut, behandelt iii'' zwei ganz heterogene Stoffe:
Noes Verspottung durch Cham und den turmhau von Babel,
zwischen beiden besteht kein anderer Zusammenhang als ein rein
chronologischer.
in* ist nun trotz seiner kürze stark interpoliert. 28, 12
haben schon Vogt und Roediger unabhängig von einander aus-
geschieden, in der tat sind diese verse, namentlich 12'' — denn
tage soll wol auf sagen reimen — metrisch so überladen, dass
sie wie reine prosa kUngen. auch die ungeschickte, den Zu-
sammenhang störende eiuführung mit oiich verrät die Interpolation,
endlich erweckt die berufung auf die quelle in der ersten person
bei einem dichter, der nirgends hervortritt und keine spur von
subjectivität aufweist, lebhaftes bedenken, ich glaube daher dass
wir diese verse unbedingt ausscheiden dürfen.
Aber noch an einer anderen stelle scheint mir der ursprüng-
liche text erweitert , ich meine 27, 18. einmal sagt v. 19 nichts
anderes als 27, 17^ dann scheint v. 18 in dem ohnehin schon
freien hau der periode vöUig aus der construction zu fallen,
denn wir dürfen wol nicht so construieren , dass wir in 17''
den satz enden und in 27, 18 einen neuen beginnen lassen, dann
müste das ndme in 27, 20 abhängig von so vaste hiez er chlam-
pheren usv>. sein, der satz, in dem ndme steht, kann aber un-
möglich consecutiven sinn haben, man kann nicht sagen: so
fest hiefs er die arche verklammern und verpichen , dass er von
allem lebenden hineinnähme oder nehmen könnte je sieben reine
je zwei unreine tiere. das ist keine sachliche und logische Ver-
bindung, was hat das verklammern der arche auch mit der an-
zahl der tiere zu tun? die genaue angäbe: je sieben reine und
je zwei unreine tiere stempelt den satz notwendig zu einem auf-
forderungssatze. man muss ihn also von hiez 27, 14 abhängen
lassen, wobei dann 27, 18 wegzufallen hat. v. 20 schlösse sich
nun sachlich gut an v. 16 an, nur erhalten wir eine etwas
monströse construction: und hiefs ihn sie an der seite fünfzig
eilen weit zu machen, auch dünkte es ihn genügend, wenn sie
dreifsig eilen in der höhe hätte, ferner (befahl er) sie so zu
bauen, dass sie nicht zu gründe gienge, und hineinzunehmen
von allem lebenden: je sieben reine usw. — schon hier haben
Avir ein 'er befahl' in klammern zugesetzt, um das Satzgefüge
verständhcher zu macheu. und man wird sich entschUefsen
28 DER NOE DER WIENER GENESIS
müssen auch in den text 27, 17 ein neues verbum des befehlens
einzusetzen und etwa zu lesen: er gebot im, daz er si onch so
worhte usw. wir werden noch sehen , wie diese einschiebung
auch aus anderen gründen erforderlich ist. — jetzt nach be-
seiligung von 27, 18 — denn dieser vers dürfte unter keinen
umständen zu retten sein — wird auch 27, 19 nicht mehr als
unnötige tautologie empfunden, sondern scheint als corrigierendes
asyndetou unter widerholung der conjunction: daz si verwerden
ne dorfte, daz si erliden mähte an dem ihm gebürendeu platze
zu stehen.
Auf eine andere interpolation kommen wir nachher zu
sprechen, m" ist von allen stücken der Genesis weitaus am
schlechtesten überliefert, denn zu diesen Interpolationen kommt
hinzu die textesenlstellung 27, 21, die schon Lachmann beseitigt
hat, das unverständliche utisis 28, 23, wofür Diemer (Genesis und
Exodus anm. zu 30, 21) merkwürdiger weise unsich vorschlägt,
der höchst wahrscheinlich durch Verderbnis auf drei hebungen
reducierte vers 28, 9, dann vor allem der schluss, auf dessen
unVollständigkeit zuerst Roediger aufmerksam gemacht hat, und
endlich noch eine stelle, über die weiterhin zu sprechen sein wird.
Aber wir müssen einen standpunct gewinnen für die be-
urteilung von m', wir müssen zunächst die differenzen aufsuchen,
die zwischen ihm und i und ii bestehen, und wollen zu dem
zwecke sein Verhältnis zum grundtext etwas eingehender be-
handeln, dabei machen wir die Wahrnehmung, dass in der bibel
selbst mit dem Noe eine breitere manier platz greift, alles tat-
sächliche wird hier mehrere male vorgebracht, motive widerholen
sich, die darstellung bewegt sich in lauter retardalioneu. der
Noe setzt ein (1 Mos. vi 8) mit der characteristik der hauptfigur:
Noe inveiiit gratiam coram domino , Noe vir justns atque per-
fectus fnit und cap. vu hebt an: ingredere tu — in nrcam:te enim
vidi justum coram me. im cap. vi kann nicht oft genug gesagt
werden dass die erde verderbt war: v. 11 corrupta est terra et
repleta iniquitate, 12 cum vidisset terram esse corrnptam, 13 repleta
est terra iniquitate. dabei bewegt sich, wie mau sieht, die Va-
riation des ausdrucks innerhalb bescheidener gränzeu. so wird
auch von der reue gottes vi 6 erzählt: poenituit eum, quod ho-
minem fecisset und vi 7 spricht es gott selbst wider aus: poenitet
me fecisse eos. und von der arche wird unendlich oft dasselbe
DER NOE DER WIENER GENESIS 29
widerholt, vi 14 befiehlt gott Noe, die arche zu bauen, tiere
und lebensmittel hineinzunehmen (vi 19 ff), vii 1 sagt der herr
zu Noe: geh hinein in die arche, und wider: nimm von allen
tieren — nun freilich specialisiert: je sieben von den reinen, je
zwei von den unreinen, vn 7 heifst es dann: Noe gieng in die
arche und von den tieren je ein männliches und weibliches, nun
bricht die vi 17 und genauer durch die Zeitangabe vii 4 ange-
kündigte Sintflut aus vn 10 — 12, und vii 13 heifst es wider: Noe
gieng in die arche usw. die breite der darstellung zeigt sich
auch darin, dass das datum mehrmals und immer sorgfältig
angegeben wird: wie alt Noe beim ausbruche der flut war, wie
alt bei ihrem ende, wie lange Noe noch in der arche blieb nach
aufhören des regens, wann die wasser antiengen sich zu ver-
laufen, wann die erde wider trocken war, und so fort.
Mau braucht nun nicht ein dichter von so ausgesprochen
kürzender manier zu sein, wie es der von m* allem tatsächlichen
aus der bibel gegenüber ist, um zu erkennen dass diese breite
der darstellung für eine poetische behaodlung welcher art auch
immer unbrauchbar sei. es wäre also noch keine gegenüber der
Stellung von i und ii zur biblischen quelle erheblich in betracht
kommende differenz, wenn unser dichter nur diese auswüchse
vermiede, weder in dem dichter von i noch in dem von ii würde
diese manier der bibel einen willigen und unbedingten nachahmer
gefunden haben.
Aber gleich von vorn herein fällt auf dass der dichter die
namen der söhne Noes nicht angibt, wiewol es doch 1 Mos. vi 10
heifst: genuit tres filios Sem, Cham et Japhet und wiewol der
dichter das Noe was ein guot man eben noch dem biblischen
Noe vir justus atque perfectus fuit wörtlich nachdichtete, was
dann der herr zu Noe sagt vi 13: finis universae carnis venit
coram me usw. wird von unserem dichter in erzählung umgesetzt
und kurz abgetan mit den worten: dem chlagete er dei leit, dei
der wären in der werlte breit, die Verderbnis der weit wird also
nur flüchtig in einem nebensatz gestreift, während sie doch aus-
führlich hätte behandelt werden müssen, wenn der dichter darauf
ausgienge, die Vorgänge der bibel um ihrer selbst willen dar-
zustellen, denn das darf man nicht geltend machen, dass der
dichter von der ausführlichen behandlung deshalb abstand nehmen
durfte, weil eben am ende von ii (26,46 — 27, 4) eingehend von
30 DER NOE DER WIENER GENESIS
der Sündhaftigkeit der weit die rede war. in setzt ja ii nicht fort
imd knüpft auch nicht daran an , wie wir spüter sehen werden.
Es folgt dann der befehl gottes an Noe, die arche zu bauen.
27, 11 ff geht zurück auf 1 Mos. vi 15 — die form der directen
rede wird umgesetzt durch hiez — , 27, 20 aber nicht mehr auf
VI 19 ff, soudern schon auf vu 2, wo der befehl gottes über die
in die arche aufzunehmenden tiere noch einmal mit bestimmteren
angaben widerholt wird, dass nun aber dieser befehl von Noe
auch würklich ausgeführt wird, wie es 1 Mos. vi 22 heilst: fecü
igitur Noe omnia, quae praeceperat Uli Dens — das sagt unser
dichter nicht, er geht vielmehr gleich zur inneren einrichtung der
arche über, wobei er nicht mehr sagt, wie sie aussehen soll,
sondern unter aufgäbe der form des gebotes tatsächliche Schil-
derung gibt: er erzählt dass Noe söller errichtete und wie die
menschen und tiere in ihre benutzung sich teilten, und durch
diese angäbe erfahren wir zugleich dass Noe auch würklich die
arche bezog, während die hibel hier wider ausdrücklich sagt:
VII 13 ingressus est Noe — in arcam. darauf folgt die höchst
primitive und auf die einfachsten demente einer Schilderung redu-
cierte darstellung der sintflut, bei welcher an die arche trotz
vii 17 elevavenmt arcam in sublime a terra und 18 porro arca
ferebatnr super aquas gar nicht erinnert wird. 27, 30" wird das
verschwinden der wasser berichtet, aber nur einzig die tatsache
verzeichnet, dass gott der flut einhält gebietet, Noes gedenkend
und seines gefolges, davon sagt der dichter nichts, und 27,30''
erledigt das allmähliche zurückweichen der wasser in drei worten,
der dichter macht auch nicht den geringsten versuch einer Schil-
derung, obgleich die bibel viii 2—5 material genug dafür bietet. —
noch eclatanter zeigt sich seine skizzenhafte, auf jede ausmalung
verzichtende manier in den folgenden versen 27, 32 — 35. dass
der dichter von der aussendung nur 6ines raben und einer taube
spricht, während die bibel die Steigerung auf die spitze treibt
und Noe drei tauben ausschicken lässt, darauf soll kein besonderes
gewicht gelegt werden, aber dass er in einer anderen beziehung
der bibel nicht folgt, unterscheidet ihn wesentlich, namentlich
von dem dichter von i. Scherer hat Geistl. poeten i 13 darauf
hingewiesen und ich habe das s. 9 f meiner disserlation weiter
ausgeführt, wie der autor von i durch Zerlegung von gesammt-
begriffen in einzelanschauung allgemeine Vorstellungen in einzelne
DER NOE DER WIENER GENESIS 31
genrebildliche sceoen aufzulösen bestrebt ist. und sein getreuer
Schüler und nachlreter, der dichter von ii tut es ihm gleich,
wenn er 24, 27 ff in ähnlicher melhode statt allgemeiner begriffe
bilder aus dem ländlichen leben bietet, wir dürfen daraus schhefsen
dass beide dichter die eigeuart der biblischen darstellung in viii.6
oder 9 nicht völlig ignoriert hätten , wie es doch unser Verfasser
tut. die biblische darstellung würkt hier auch durch Zerlegung.
nur handelt es sich nicht um die poetische Verkörperung all-
gemeiner Vorstellungen, sondern um die veranschaulichung einer
Situation, es wird eine haupthaudlung in die einzelnen neben-
handlungen aufgelöst und durch die sorgfältige angäbe dieser
eine unmittelbarkeit der anschauung erreicht, dass der Vorgang
wie direct vor unser geistiges äuge gerückt erscheint, die bibel
sagt nicht einfach: Noe sendet den raben aus, sondern: Noe
öffnet das fenster und sendet den raben aus vm 6 und noch
characteristischer viii 9 beim hineinholen der taube : Noe streckte
die band aus, ergriff die taube und nahm sie in die arche.
diese einfache und doch so würksame art der versinnlichung
findet bei unserem dichter keine nachahmung, wie 27, 32 und
33 lehren.
Und wie nach der darstellung unseres dichters die wasser
schwanden ohne gottes zutun, so verlässt auch 27, 36 Noe auf
eigene faust die arche, während die bibel gott zu Noe sagen lässt:
egredere de arca vm 16 und dann in ihrer art vui 18 meldet:
egressus est Noe.
27, 37 specialisiert der dichter zum ersten und einzigen
male: er spricht nicht, wie man erwartet, kurzweg von tieren,
sondern nach dem vorgange der bibel vru 17 von tiei' unde wurme,
fihe jouck gefugele. aber die Zusammenstellung verrät sich als
formelhaft vgl. in i 13, 12 tier , 13, 17 wurm und 15, 37 fihe
jouch fogele.
Dass die darstellung sich nun verwirrt und der dichter 27, 38
Noe sagen lässt, was in der bibel gott spricht, hat Scherer er-
wähnt, es ist gewis denkbar dass, wie Scherer annimmt, dieses
energische kürzen zu einer derartigen Verwirrung führen kann,
aber ich weifs nicht, ob wir bei der durch und durch zerrütteten
überheferung des ganzen Stückes nicht besser verderbtheit der
stelle annehmen, wir kommen später noch darauf zurück.
27, 39 f wird das opfer Noes wider auf die einfachste weise
32 DER NOE DER WIENER GENESIS
erzählt, von der erbaiiung des altars, von dem opfern des viehes
und gefliigels (viir 20) ist nicht die rede, die verheifsungen
gottes, die sich an das wolgefallen knüpften, das der herr an
dem opfer findet, werden in den allgemeinsten Zügen widergegeben
(28, 1). von dem gedanken, der gott zur milde und Versöhn-
lichkeit stimmt, dass das menschliche herz von Jugend auf zum
bösen geneigt sei, nimmt der dichter keine notiz. der segen,
den gott über Noe und seine nachkommen ausspricht, wird 28, 2
mit 6inem verse abgetan, von der herschaft, die gott den ge-
retteten innerhalb der Schöpfung einräumt, wird nichts berichtet,
der ausdruck in der bibel schliefst sich hier eng an das an , was
zu anfang 1 Mos. i 26 von der Stellung des menschen gegenüber
der tierweit in der Schöpfung gesagt ist: man sehe, was der
erste dichter 13, 5 und 15, 42 If daraus gemacht hat, diss. s. 10 f.
Dieses zusammenziehen dauert auch für die folgenden reden
gottes fort IX 3 ff. nur das gebot: mord solle durch tod ver-
golten werden, wird herausgegriffen 28,3 — 5, aber so ungeschickt
angebracht, dass die verse sehr stark den verdacht der unecht-
heit erregen, schon Scherer bemerkt s. 21 f dass jede Vermitt-
lung fehle, da das, woran das gebot in der bibel sich anschliefst,
übergangen ist. aber er meint dass der dichter vermutlich einer
rauflustigen bevölkerung gegenüber gestanden habe und deshalb das
gebot nicht habe übergehen wollen, das scheint mir indes wenig
zu dem character des Stückes zu stimmen, in welchem die moralisie-
rende tendenz erst am schluss und im vergleich zu ii zb. mit ver-
hältnismäfsig nicht geringer Zurückhaltung durchbricht, ferner
und vor allem wird wol jeder an dem ungelenken ausdruck in den
Versen anstofs nehmen: daz er die wize liden muose, nehet'n
ander wize ne wäre daz er daz selbe muose liden. ich glaube
dass wir es auch hier mit einer Interpolation zu tun haben und
zwar mit einer sehr plumpen, deutlich , allzu deutlich verrät
sie die tendenz , den grundtext in gröfserem mafse zu worte
kommen zu lassen, als es durch den ursprünglichen dichter ge-
schehen ist.
Auch die folgenden verse 28, 6f, welche die einselzung des
regenbogens behandeln , fassen energisch zusammen , was in der
bibel 1x9 — IS ausgeführt wird, der begriff des lebenden wird
widerum nicht wie ix 19 specialisierl, sondern allgemein und
ungenau duich manchunne widergegehen.
DER NOE DER WIENER GENESIS 33
Bis dahin, bis 28, 11 stützt sich die darstellung auf den
grundtext. es folgt dann — selbstverständlich unabhängig von
der biblischen vorläge — die deutung der färben des regeu-
bogens auf das blut und wasser, das Christus aus der seile floss,
und die beziehung auf das messopfer, dessen Symbole wasser
und wein auf dem altare zum blute werden, mit dem wir die
taufe widergewinnen, die wir durch unsere Sünden so oft ver-
lieren. ^ die thränen der reue geben sie uns wider dadurch, dass
sie das höllenfeuer erlöschen. ...
, Dieser schluss erinnert einiger mafseu an den von i. beide
dichter benutzen das vorbildliche des alten testamentes gerade
am schluss. beide weisen auf Christus am kreuz, und der haupt-
gedanke in der grofsen paraenetischen episode von i 20, 27 ff:
dass der durch die taufe von seinen Sünden gereinigte mensch
sich durch seine Sündhaftigkeit befleckt, klingt hier nach, sogar
der dort mit Vorliebe gebrauchte ausdruck bewellaji kehrt wider,
doch ist in i der schluss pointierter. Adams fall — von dem
die ganze zweite reimlection handelte — hat unermesslichen
schaden über die meuschheit gebracht, durch, die leiden Christi
an dem holze aber, an dem der teufel den menschen verführte,
wird dieser wider aus seiner gewalt gerettet, so konnte der
dichter mit einem versühnenden ausblick scbliefsen.
In unserem stücke weist auch der schluss auf den anfang
zurück, denn das ganze setzt ein (27, 8) mit der Sündhaftigkeit
der weit und 28, 22 kommt wider darauf zurück, aber hier be-
gegnet sich doch nur ein gedanke im grofsen und eine so deut-
liche Verknüpfung des behandelten gegenständes mit späteren neu-
testamenllichen ereignissen, wie sie das spielen mit dem worte
holz bietet, fehlt, jedoch muss man festhalten dass der schluss
uns nicht ganz erhalten ist: mit 28, 24 kann das stück nicht
enden, und auch wenn wir in 28, 24, wo nur eine halbzeile
vorliegt vgl. Roediger aao. s. 269, den langvers herstellen —
berr prof. Scherer ergänzt sehr glücklich: unde uns die sunde
abe waskent vgl. Wackernagel Predigten xxxii 71 — , erhalten
wir kaum den schluss des ganzen, jedesfalls fehlt innerhalb der
letzten verse noch etwas, wie wir sehen werden. :
Ich habe das Verhältnis von in* zur biblischen vorläge bis
ins einzelne vorgeführt, weil wir aus ihm am besten die von i
.--..ß. vgl. MSD* XXXIV 22 und anni.
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 3
34 DER NOE DER WIENER GENESIS
und II total verschiedene manier des dichters erkennen, wir
haben schon während der vergleichuug auf unterschiede in der
behandlung aufmerksam gemacht und verweisen noch auf Scherer,
der s. 21 sehr schön zeigt, wie die dichter von i und ii sich
ganz anders als unser autor bei der darstellung der sintflut ver-
halten haben würden , wie sie an gewissen motiven der biblischen
vorläge, die unser dichter ignoriert, nicht achtlos vorübergegangen
sein könnten, die differenzen sind zu deutlich als dass es noch
längerer ausführung bedarf, während an i gerade der lebendige
anteil des dichters am Stoffe zu rühmen war, documentiert sich
in diesem stücke in der behandlung der biblischen Überlieferung
eine au Starrheit gränzende anteillosigkeit des autors. während
der dichter von i sich in die seelen seiner gestalten hineindenkt
und ihre gefühle darzulegen bestrebt ist, während er sogar an
die empfindungen des pubhcums, das er andauernd im äuge
hat, appelliert, weifs unser autor seinem Stoffe weder psycho-
logisches Interesse abzugewinnen noch beabsichtigt er in der
widergabe des biblischen Stoffes auf die gemütliche seite seiner
hörer zu würken. in seinem Stile scheint überhaupt kein räum
zu sein für das persönliche, überall würken die tatsachen nur
durch sich selbst, nicht nur tut der dichter nichts aus eigenem
hinzu, um die handlungen auf innere Vorgänge zurückzuführen,
sondern da, wo der grundtext ihm den weg dazu weist, schlägt
er ihn nicht ein. das Verhältnis gottes zu Noe und zur mensch-
heit überhaupt ist bei ihm lange kein so inniges, wie es die
biblische darstellung voraussetzt, er streift es nur am anfang
und am schluss. während endlich i und ii in der poetischen
ausmalung von zuständen ihr bestes zeigen, beobachten wir an
iii* hierin ein völliges Unvermögen.
Indessen: das bild, das wir bisher von unserem dichter ent-
worfen haben , gewannen wir aus dem Verhältnis von uP zu der
biblischen quelle und es konnte demgemäfs nur die Verarbeitung
des biblischen Stoffes berücksichtigt werden, es scheint nun fast,
als ob die an die einsetzung des regenbogens anknüpfenden , vom
biblischen texte unabhängigen schlussverse 28, 14 ff das bild lügen
strafen, der autor zeigt sich von einer neuen seite. die spräche
wird bewegter und nimmt etwas von schvvung an. die wider-
holung des pronomens in 28, 14 — 15 daz — daz — daz zeigt rhe-
torische färbung. und wenn wir in den vorhergehenden versen
DER NOE DER WIENER GENESIS 35
eine abwenduDg von allem gefühlvollen und weichen beobachteten,
so beschwört hier der dichter das bild des am kreuze leidenden
erlösers herauf und verschmäht selbst die thränen der rührung
nicht 28, 23. woher dieser Umschlag? wie kommt es dass der
starre, objective ton verlassen und ein weicher gefühlston an-
geschlagen wird ? wie kommt es dass der dichter , der eben noch
kalt und teilnahmslos erschien , dem der Untergang der weit nicht
einen laut des Schmerzes entlockte, wie kommt es dass er weiche
regungen der seele kund gibt, die ein religiös gestimmtes herz
verraten? offenbar ist für den dichter der historische teil —
wenn ich so sagen darf — der mehr nebensächliche, er gibt
nur das gerüst ab. der dichter benutzt ihn nur als Vorgeschichte,
als eine art einleitung und legt den hauptaccent auf die schluss-
betrachtung, in der er von der sinlflut weg sich erhebt bis zur
erscheinung Christi und zur gegenwart. daher die flüchtige be-
handlung der biblischen geschichte, daher der verzieht, ihre so
dankbaren motive auszunutzen, damit aber erweist sich m^ als
fundamental verschieden von i und ii. bei diesen war immer
noch die biblische geschichte die hauptsache. sie galt es vor
allen dingen darzustellen, im sinne des predigers zu commen-
tieren und betrachlungen moralischer art daran zu knüpfen, und
wenn i* dabei die biblische vorläge nur wenig berücksichtigt,
weil die mittelalterliche tradition die Schöpfungsgeschichte sich
anders dachte als sie der biblische grundtext zur darstellung
bringt, so geschieht den einzelnen Vorgängen dabei nirgends
abbruch. sie stehen immer im mittelpunct. und wenn bei ii
gegen das ende diese aufgäbe zurücktritt, so geschieht es, weil
der autor gerade dem ihm vorliegenden Stoffe nicht ganz ge-
wachsen war und weil er gewissen nebensächlichen zügen des-
selben, die seinem talente mehr zusagten als das eigentliche
grundthema, einen zu breiten räum gönnt, keineswegs aber ist
bei ihnen der biblische Stoff nur als rahmen benutzt wie bei
unserem autor. aus diesem fundamentalen unterschiede möchte
sich nun auch ergeben dass iii^ ursprünglich i und n nicht fort-
setzte, da es eben ein litterarisches product ganz anderer art ist.
wir dürfen kaum annehmen dass ein fortsetzer die den ersten
gedichten zu gründe liegende idee so verkannt haben könne und
dürfen demnach schliefsen dass der dichter, wenn er auch viel-
leicht aus I — einfluss von n ist nirgends deutlich — die an-
3*
36 DER NOE DER WIENER GENESIS
regung zu seinem werke empfieng, doch nicht beabsichtigt habe,
mit seinem product ein diesen beiden homologes gedieht zu
schaffen, das sie fortzusetzen geeignet sei.
Aber wir gewinnen aus dem Verhältnisse von nr zum grund-
text mehr als die Überzeugung, dass m^ von einem anderen dichter
verfasst sei als von einem derjenigen, die i und ii gedichtet
haben, wir gewinnen auch die einsieht, dass 28, 25 ff nicht mehr
derselbe autor fortfahre, der eben in in' zu uns gesprochen hat.
ein blick auf das Verhältnis von in'' zum gruudtext lehrt das.
schon Vogt bemerkt s. 298 'dass der dichter bei der weniger
wichtigen erzählung von Noe und seinen söhnen ausführlicher
ist (als er es in der widergabe der sintflut nämlich war) und
dass es hier nicht an eigenen zutaten fehle', ohne die consequenz
zu ziehen , die unserer ansieht nach daraus gezogen werden muss.
denn wir haben es nicht mit der launenhaftigkeit eines und des-
selben dichters zu tun, der bald mehr bald weniger der Über-
lieferung folgt, sondern eine genauere betrachtung lehrt dass in
in von verschiedeneu Verfassern herrührende stücke zusammeu-
geschweifst sind.
Gleich in der episode von Cham ist die darstelluug gegen-
über derjenigen der quelle nicht mehr kurz und tlüchtig , sondern
die motive der bibhschen vorläge werden ausgenutzt, ergänzt,
um neue vermehrt, nach dem gruudtext sieht Cham seinen vater
entblöfst liegen und meldet das seinen brüdern (ix 22). nach
der darstelluug unseres dichters sieht er ihn , will ihn nicht
decken und geht spottende weg vgl. 28, 28 — 29. ja der dichter
begnügt sich nicht einmal mit der blofsen angäbe spottende,
sondern fügt noch die geste des spottes hinzu: shie hende sluog
er zesamine (vgl. übrigens Rolaodslied ed. Grimm 13, 1 zesa-
mine slnog er die hende). und von den brüdern Sem und Japhet
erwähnt er ausdrücklich dass sie vom spotte sich fern hielten,
während hier die bibel nichts weiter sagt als: Sem et Japhet
pallium imposuerunt usw. das bedecken INoes wird dann der
bibel genau nacherzählt mit derselben klarheit und ausführlichkeit,
derselben angäbe der einzelzüge — sie warfen die decke über
die achsela = pallium imposuerunt humeris suis, giengeu rück-
lings auf Noe zu = et incedentes retrorsum und deckten ihn mit
dem mantel = operuerunt usw. (vgl. dagegen oben das verhalten
von in" bei der Schilderung der aussendung der tiere aus der
DER jNOE der wiener GENESIS 37
arche s. 31). nur fügt der dichter noch aus eigenem zu. er
lässt die beiden , nachdem sie dea vater bedeckt haben , davon
eilen, wovon die bibel nichts sagt.
Und wie er 28, 40 fortfährt: Dö Nöe erwachete und vil rehte
vrescete, zeigt er dieselbe pietät gegen die quelle , indem er der
bibel die nur veranschaulichende Zwischenhandlung evigilans ge-
treulich nachdichtet: vgl. ix24 evigilans antem Noe aim di-
dicisset.
Der fluch Noes, der im grundtext in directer rede wider-
gegeben ist, wird bei unserem dichter in handlung umgesetzt
28, 42 f, die mit indirecter rede abwechselt 29, 2 f.
Was sich an den fluch anschhefst, dersegen, den Noe den
anderen söhnen erteilt, und die einrichtung der stände hält sich
wol an den grundtext ix 25, geht aber doch über ihn hinaus,
wichtig für uns ist dass der dichter nicht unterlässt, die würkung
des Segens auszumalen : gärten, bäume nehmen teil an der weihe,
ross und rinder und viel anderes vieh werden sehr fruchtbar,
was der dichter gibt, ist nicht gerade viel und erhebt sich nicht
über eine gewisse trockene formelhaftigkeit , aber gegen nf ge-
halten, das nirgends sinn für detail zeigt, bedeutet das etwas
und bedeutet um so mehr, als der versuch der ausmalung ohne
anregung und ganz unabhängig von der bibel unternommen ist.
Und was nun folgt, der ausfall gegen den nitspottdre 29, 14 f,
scheint mir mit der manier von ni* ganz unvereinbar, eine solche
aus dem erzählten vorgange gezogene specielle nutzanwendung
steht in schroffem gegensatze zu der art, wie der dichter von
m^ sich am Schlüsse seiner erzählung mit hilfe der deutungs-
methode zu allgemeinen betrachtungen aufschwingt.
Die angäbe des alters von Noe ix 28 f fehlt in unserer Genesis,
ebenso das ganze zehnte capitel mit seinem geschlechtsregister,
wie auch schon früher in ii das ende des vierten und das ganze
fünfte capitel übergangen wurde, es folgt gleich die darstellung
des turmbaus von Babel.
Hier scheint nun wider eine andere manier platz zu greifen,
obgleich das stück denn doch zu kurz ist, um eine sichere ent-
scheidung zu ermöglichen, jedesfalls hört die sorgfältige berück-
sichligung jeder von der biblischen vorläge gegebenen einzel-
handlung , wie wir sie eben beobachteten , auf und es tritt wider
ein mehr summarisches verfahren ein. zwar will das nicht viel
38 DER NOE DER WIENER GENESIS
besagen , dass die biblische darstellungsmethode nicht nachgeahmt
ist, nach der wie schon in der Schilderung der sintflut einmal
die aufforderung zur handlung gegeben und dann diese selbst
nachgebracht wird vgl. xi 3 ; xi 6 — 8, oder nur von der auffor-
derung die rede ist, während die ausführung als selbstverständ-
lich nicht mehr erwähnt wird; denn auch in der darstellung der
episode von Cham wird bei der Verfluchung die directe rede ver-
mieden und dafür die daraus resultierende handlung gegeben,
aber es werden auch der vorläge gegenüber motive und züge
Übergängen, was schon weniger der manier des eben besprochenen
Stückes entspricht, dass der zu erbauende türm bis zum himmel
reichen solle, wird nicht gesagt und doch ist das für die charac-
teristik nicht unwesentlich : ein micheler türm 29, 24 ist gegen-
über der vermessenheit des Unternehmens recht diü'ftig und farb-
los, auch wird nur von einem türm gesprochen, während die
bibel XI 4 von türm und Stadt zu erzählen weifs. dazu kommt
nun eben noch das übergehen der eiuzelhandlungen, wodurch
sich der darsleller um die bildlichkeit des ausdruckes bringt, die
wir an dem ersten teile von m^ zu rühmen hatten, er handelt
nicht erst von der herslellung der ziegel (xi 3), sondern sagt
gleich: sie nahmen ziegel und begannen einen türm zu errichten,
er sagt nicht, als dieser nun fertig ist: gott stieg herab, um
Stadt und türm zu sehen (xi 5) , sondern nach Vollendung des
baues: dö wisse unser trehtin usw. er folgt auch in der moti-
vierung nicht genau dem grundtext, sondern übertreibt, in der
bibel sagt gott; sie tiengen das werk an und werden nicht eher
ruhen als bis sie ihre absieht ausgeführt haben, deshalb wollen
wir ihre spräche verwirren (xi 6 und 7). unser dichter aber
iässt gott fürchten, die Übeltäter würden, falls sie das werk
vollendeten, die ganze weit zerstören (29,25 — 26).
Diesem ganzen verfahren gegenüber muss es auffallen dass
der dichter durch einen selbsterfundenen zug die Schilderung
der Sprachverwirrung sehr hübsch belebt: 29, 31 'wenn einer den
stein wollte, so wähnte der andere dass er den kalk bringen
sollte.' das geht noch darüber hinaus dass in der episode von
Cham durch hinzufugung der spottgebärde der bibUschen dar-
stellung nachgeholfen wird und sondert jedesfalls auch diesen teil
von ni** von ni" ab , wo in der widergabe des biblischen Stoffes für
die veranschaulichung der Situation vom dichter nichts getan wird.
DER NOE DER WIENER GENESIS 39
Wenn nun m^ und m^ würklich von verschiedenen Verfassern
herrühren sollen , dann erhebt sich die frage , ob die beiden uns
vereinigt überheferten stücke je einzeln — und dann in welcher
weise — existiert haben, dafür dass in* ein selbständiges ge-
dieht ist, ist der indirecte beweis im vorhergehenden eigentlich
schon erbracht, denn wenn es kein stück aus einer bibelüber-
setzung ist, was soll es dann anderes sein? es fragt sich nur,
ob anfang und schJuss, inhalt und anläge des Stückes nicht da-
gegen sprechen, nach unserem dafürhalten nicht, bis auf das
am schlösse fehlende, das vom biblischen Stoffe offenbar nichts
mehr enthielt, haben wir gewis den ganzen umfang des gedichles
vor uns. es ist nicht zu besorgen dass der dichter etwa fort-
gefahren sein könne in der widergabe dessen, was in der bibel
sich noch um JNoe bewegt, vielmehr ist für das thema, das der
dichter sich stellte, der biblische stoff mit 28, 11 erschöpft.
Es sprechen aber direct momente dafür, dass in* ursprüng-
lich ein selbständiges gedieht, vielleicht ein lied war, das in an-
läge und tendenz i und ii natürlich gar nicht entsprach und das
der compilator erst durch interpolationen diesen beiden anzuähn-
lichen suche, damit es nicht aus dem rahmen herausfiele, wir
erinnern uns: die hauptinterpolation in iii* 28,3 — 5 verfolgte
'den zweck, dem grundtext in höherem mafse gerecht zu werden
als es der Verfasser des gedichtes, der den biblischen stoff nur
skizzenhaft behandelt, bestrebt war. und auch die einschiebuug
des einen verses 27, 18 wird auf diese absieht zurückzuführen
sein (vgl. vi 14 bitumme linies). der compilator der ganzen Genesis
— von einem solchen werden wir wol sprechen dürfen — , der mit
seinem machwerk offenbar eine poetische Übersetzung des ersten
buches Mosis liefern wollte , muste vor allem darauf bedacht sein,
dass das original auch würklich zu worte komme , und von diesem
gesichtspunct aus bessert er und hilft nach, wo wie in diesem
stücke der biblische text allzu frei behandelt war.
Es sprechen also direct momente dafür, dass ni* einst als
lied eine Sonderexistenz geführt habe, und zwar vor allem eine
gewisse regelmäfsigkeit des baues der einzelnen in der hs. mit
grofsen anfangsbuchstabeu bezeichneten abschnitte (vgl. über diese
Scherer Dkm.^ 335), in denen wir unschwer frühere Strophen
erkennen, freilich haben wir auch hier mit der schlechten Über-
lieferung zu kämpfen und einmal — an einer auch sonst ver-
40 DER i\OE DER WIENER GENESIS
derbten stelle — zu gunsten der Symmetrie gegen die hs., aber
mit Unterstützung des sinnes und der metrik einen langen ab-
schnitt in zwei zu zerlegen. — ich bemerke hier dass ich zu
der annähme der vorher behandelten interpolätionen nicht durch
die bemühung, eine symmetrische anordnung der Strophen heraus-
zubekommen, veranlasst wurde, sondern zu dieser gelangte, noch
ehe ich in m^ ein selbständiges gedieht erkannte, einmal auf-
merksam geworden auf die Unmöglichkeit 27, 17 If, so wie sie
überliefert sind, zu construieren , dann aus der vergleichung des
Stückes mit dem grundtext heraus.
Der abschnitt, den ich in zwei zerlege, ist der von 27,11 — 21
reichende, der mit seinen sechszehn versen — 27, 18 ist inter-
poliert — das mafs der anderen weit überschreitet, ich teile ihn
so, dass mit 27, 17 ein neuer beginnt, zwar umfasst 27, 11—21
im ganzen alles, was um die arche sich dreht, aber mit 27, 15 f
hören die genauen bestimmungen in bezug auf länge, höhe und
breite auf. 27,17 enthält eine angäbe über die arche ganz all-
gemeiner natur und 27,20 wendet sich vom baue derselben weg
und handelt von den tieren, die Noe aufnehmen solle, endlich ist
27, 15*^ ein langer vers von wenigstens sechs hebungen, der eine
verlängerte schlusszeile anzudeuten scheint, freilich spricht die
Satzverbindung in 27, 17 sehr entschieden gegen diese teilung.'
denn so wie der vers überliefert ist, kann er unmögHch eine neue
Strophe einleiten, aber wir wissen dass hier auch aus anderen
gründen geändert und v. 27, 17 er gebot daz er si onch so worhte
gelesen werden muss.i wir beseitigen also auf diese weise nicht
nur eine unschöne construction , sondern erhalten noch einen
guten strophenanfang, der, wie sich noch aus der anordnung
der anderen abschnitte ergeben wird, hier wol angesetzt werden
muss. ich verdanke übrigens diesen Vorschlag herrn professor
Schercr.
Lassen wir nun bei 27, 17 einen neuen abschnitt beginnen,
dann erhallen wir unter ausscheidung aller als interpoliert er-
achteten verse abschnitte von:
8. 8. 8. 8. 8. 10. 6. 10. 12. 12. 8? versen.
davon ist zunächst der letzte abschnitt unvollständig, indem, wie
* auch in den Drei Jünglingen G, 1 ist ein nicht angezeigter stropiien-
beginn mit textesentstcllung verbunden vgl. Dkm.- excurs zu xxxvi, ebenso
wie auch in diesem gedieht bei den Interpolationen der grundtext benutzt wird.
DER NOE DER WIENER GENESIS 41
wir schon wissen , ein halbvers sicher fehlt, indessen fehlt wahr-
scheinlich mehr, sodass wir widerum einer nicht unbedeutenden
textzerrüttung gegenüberstehen, man beachte genau die straff
gegliederte gedankenverbindung in den beiden letzten hymnischen
abschnitten bis v. 28, 22 und man wird sehen dass von hier an
die strenge Ordnung durch eine liicke gestört ist.
Der rohe gedankengaog ist folgender: das zeichen ist so
schön, es ist grün und rot, es bezeichnet wasser und blut. ...
deshalb sollen wir auch zu dem wasser den wein mischen, dann
wird das wasser zum blut.
Mit diesem blute gewinnen wir die verlorene taufe wider —
und nun: die thränen der reue geben sie uns wider, klafft da
nicht deutlich eine kicke? — offenbar werden das 'grün und
rot' gedeutet einmal auf das aus Christi seile fliefsende blut und
dann auf den aus wasser und wein gemischten trank des mess-
opfers und endlich drittens auf die thränen der reue, und —
das will der dichter sagen — so wie uns das blut und der trank
die taufe widergeben, so auch die thränen oder, unsymbolisch
ausgedrückt, die reue über begangene Sünden, kann nun der
dichter, nachdem er vorher so deutlich, so schritt für schritt den
gedanken fortführt, plötzlich in so unklarer weise die beiden
letzten deutungen vermischt und gesagt haben, so vs'ie da steht —
mit dem blute gewinnen wir die taufe zurück, die thränen geben
sie uns wider? gewis nicht, sondern die Verwirrung rührt von
der schlechten Überlieferung her, der ein oder mehrere verse
zum opfer gefallen sind, wie viele freilich, lässt sich genau
nicht mehr feststellen, und doch wäre das hier, wo es sich um
die bestimmung der versanzahl der einzelnen abschnitte handelt,
sehr erwünscht, vielleicht dürfen wir, da eine Symmetrie nicht
zu verkennen ist, auf einen Schlussabschnitt von 12 versen
schliefsen. es würden demnach aufser dem halbvers noch zwei
langverse fehlen, wenn man einwendeu könnte dass der dichter
bei der ihn auszeichnenden kürze kaum vier halbverse gebraucht
haben würde, um die dritte deutung anzuschliefsen, so gebe ich
zu bedenken dass es noch zweifelhaft ist, ob er mit diesen deu-
tungen schloss und ob er nicht vielmehr nach einer deutlicheren
beziehung auf den behandelten stoff: die durch die Sündhaftigkeit
der weit herbeigeführte sintflut strebte.
Dann fällt noch heraus der siebente abschnitt, der nur
42 DER NOE DER WIENER GENESIS
6 verse umfasst, während der vorhergehende und folgende je
zehn enthalten, aber gerade in diesem abschnitt befindet sich
der vers, welcher Noe aussprechen lässt, was in der bibel gott
sagt vgl. 27, 38 und oben s, 31. die annähme, zu der wir vor-
her schon neigten, dass die stelle verderbt sei, wird dadurch
noch wahrscheinlicher, ob wir auch hier berechtigt sind, aus
dem Verhältnisse der Strophen von acht und zwölf versen zu
einander zu schliefsen dass dieser abschnitt wie der vorhergehende
und folgende ursprünglich zehn verse enthielt, lasse ich dahin
gestellt. — jedesfalls findet sich au keiner stelle in der ganzen
Genesis ein ähnliches, ich will vorsichtig sagen, den eindruck
symmetrischer anordnung erweckendes Verhältnis der einzelnen
abschnitte zu einander, und, was am wichtigsten ist, diese glie-
derung der Strophen entspricht vollkommen dem gange der hand-
lung wie dem inhalte des gedichts und ergibt eine tadellose Ver-
teilung des stofl'es.
Die fünf Strophen von je acht versen reichen bis 27, 30 so
der liegen begunde stillan dh. bis dahin, wo die sintflut ihren
höhepunct erreicht hat und wo die wasser schwinden, die nächsten
drei Strophen, von denen also die erste und dritte je 10 verse
enthält, die zweite vermutlich unvollständig ist, beschäftigen sich
mit dem verlassen der arche durch Noe und dem dankopfer, das
er gott für die rettung darbringt, die letzten Strophen endlich,
von denen die beiden ersten je 12 verse enthalten, die letzte
aber mit ihren 7 versen zweifellos unvollständig ist, handeln
von der einsetzung des regenbogens und dem bunde gottes
mit Noe, woran sich dann die hymnenartige schlussbetrachtuug
anschliefst.
Und ebenso wie die durch gleiche verszahl zusammenge-
haltenen Strophen unter sich immer einen wichtigen abschnitt
des ganzen stoll'es darstellen, so umfasst auch jede einzelne Strophe
ein für sich stehendes moment der handlung, sodass ein tadelns-
wertes übergreifen von einer Strophe in die andere nirgends sicht-
bar ist. die erste enthält die exposition, die zweite gottes befehl
an Noe, die arche zu bauen, die dritte etwas über die allgemeine
natur der arche und was Noe darin aufnehmen solle, die vierte
die innere einrichtung und beschreibung der bewohnten arche,
die fünfte die sintflut, die sechste das ende der sintflut, die
siebente das verlassen der arche, die achte Noes dankopfer, die
DER NOE DER WIENER GENESIS 43
neunte handelt vom bunde gottes und dem regenbogen als bundes-
zeicben, die zehnte bringt die deutungen der färben grün und
rot und die elfte endlich eine neue moralische deutung als schluss.
Zeichnet sich so das stück durch die symmetrische anord-
nung der abschnitte vor allen anderen teilen der Genesis aus, so
scheint in ihm nun auch der vers von vier hebungen durchgeführt,
ich muss allerdings gestehen dass ich früher das nicht annahm,
sondern in unserem liede — wie ich jetzt wol sagen darf —
eines jener gruppenweise oder symmetrisch geordneten , ungleich-
strophischen gedichte sah, wie es Christus und die Samariterin
(Dkm. x) und das Ludwigslied (xi) sind, auf welche aber die Se-
quenz, deren einfluss auf gleich- wie auf ungleichstrophige ge-
dichte Scherer in den Dkm. s. 414 besprochen hat, so eigenartig
eingewürkt haben sollte, dass unser stück gegenüber den in den
Dkm. aus dem einflusse der sequenz hergeleiteten kategorien eine
neue darstellen würde, denn sie sollte hier 'das gruppenweise
oder symmetrische beieinander der ungleichen gesätze' nicht
aufgehoben, dagegen die Überschreitung der geraden (parvveise
gebundenen) zahl der reimzeileu veranlasst haben und zwar so,
dass die durch die gleiche verszahl zusammengehaltenen Strophen
im inneren bau sich nicht mehr entsprächen, indessen belehrt
mich herr prof. Scherer dass der vers von vier hebungen ohne
allzu harten zwang durchzuführen sei: es sind durchweg 4 hebun-
gen, nur zuweilen 4 hebungen klingend und verlängerte schluss-
zeilen. freilich werden wir manche metrische freiheit mit in
den kauf nehmen müssen, aber in einem liede eines vermut-
lich österreichischen dichters des 11 jhs. wird das nicht weiter
auffallen (vgl. Scherer QF i 71 f. Roediger Zs. 18, 288 ff. Schroe-
der QFLxivl2ffj.
Überladener erster fufs findet sich 27, 36^ und 28, 14 in
beiden auf einander reimenden kurzzeilen , falls wir an der Über-
lieferung durchaus festhalten wollen, sonst können wir auch
beide male statt also das unverstärkte so lesen , wodurch diese
verse erheblich geglättet werden, ich will gleich hier die beiden
anderen textesänderungeu anführen , die zur durchführung des
viermal gehobenen verses nötig scheinen: in 27,19 ist statt der
flectierten form elliu wol besser al zu lesen und in 27, 39 ist
moiite zu streichen.
Dreisilbiger auftact, der leicht als zweisilbiger angesehen
U DER NOE DER WIENER GElNESlS
werden kaim, findet sich 27,15^ übe si. schwerer wiegt 27,33
dö sante er als auftact, aber da schon in der vorauf gehenden
langzeile uzsante vorkommt, wird auch dieser nicht gar zu übel
empfunden, härter scheint 28, 16"^ dö si ime zu sein, aber die
Verschmelzung von formen des pronomens der dritten person ist
in dieser poesie nichts seltenes, vgl. in der Genesis Schreibungen
wie 14, 21 sime, 19, 6 und 8 siz; 22, 24 sinn = si in und bei
Gonsonantischem ausgange der ersten form 17, 4 ers, 72, 21 erme
== er ime, auch sal 29, 2(3. übrigens linden sich auch, wie ich
bei der gelegenbeit bemerken will, für die Verschmelzung des
Personalpronomens mit dem pronomen der dritten person interes-
sante Schreibungen : 24, 9 wirre = wir ire, 68, 29 dirn.
Zweisilbiger auftact ist sehr häufig, doch oft durch leichte
kürzungen zu umgehen, die schwereren fälle notiere ich: 27, 8*"
dei der, 27,11 er hiez (vielleicht statt A'de m zu lesen?), 27,20''
alles, 27, 21* reines, 27, 23" aller; 27, 24'' was Nöe, 27, 30* so
der, 28, 11* daz wir, 28, 22" so wir, 28, 23" gehent. einmal
27, 9* finden wir vor zweisilbigem auflact noch er sprach, dieses
kann hier als aufserhalb des verses stehend wol angesehen werden
(vgl. QF i71).
Kürzungen sind mehrfach anzusetzen:
Apocope: unt statt unde 27, 37% loolte 27, 9'', bei inver-
tierter Stellung des verbs gewinnen wir 28, 21'' und wol auch
28, 18* sculen wir, wodurch zweisilbiger aultact vermieden wird.
Syncope der schwachen praelixe 27, 12'' g waltiger, 28, 19
gedenchet, 27, 30*'' begunde, 28, 22'' bewellan. sonstige syncope
27,38 ilet und 28, 11 zwivelen mit tonversetzungvgl.Dkm.xi8 anm.
Synaioephe von der hebung in die Senkung: 27, 26 tage
unde, '21, 33 sante er, '21, 35 poume unde, von der Senkung in
die hebung: 27, 15 elline an.
Verschleifung 27,12* elline und schwebende betonung 27, 23*
nidersten. endlich findet sich ein fall der inclinatiou des artikels
an das folgende Substantiv in 28, 21 die tonffe.
Räumt man diese freiheiten ein, so erhält man also bis auf
die verlängerten Schlusszeilen den regelmäfsigen vers von vier
hebungen durchgeführt, verlängerte Schlusszeilen haben nun die
erste, zweite, dritte und sechste Strophe, und zwar scheint der
vers gegenüber dem regelmäfsigen immer um 6ine hebung ver-
mehrt, sicher ist das 27, 35 und unter Voraussetzung der Lach-
DER NOE DER WIENER GENESIS 45
mannschen lesart 27, 21. auch für 27, 9'' wird man es annehmen
dürfen, da die annähme nur das opfer des e in wolle verlangt,
dagegen erreichen wir das plus von nur einer hehung in 27, 15"^
nur dann , wenn wir den reim genuoge : hohe als khngend an-
sehen dürfen, aber auch dagegen werden wir uns nicht sträuben
können, dass der klingende reim an sich in unserem Hede schon
gilt, beweisen die guten binduugen in 27,9 denchen : trenchen,
21, li arche : starche, 27,24 höhe : gezöhe, 27,29 sunchen:trmichen,
21, 32 sante: erlante, 27,38 erde : werde , 2S, 20 wäre : altdre.
aber wir werden in dieser zeit der metrischen Unzulänglichkeit
auch den reim 28, 1 1 scolten : gehalten für klingend halten dürfen
und so auch 21 , \1 worhte : dorfte. dürften wir das nicht, dann
scheiterte freilich die ganze annähme vom durchgeführten regel-
mäfsigen verse. denn nicht nur die reime scollen ; halten oder
worhte: dorfte, sondern auch die viel unvollkommeneren bindungen
27, 36 chinden : wiben und 27, 38 wurme : gefugele müssen als
klingende aufgefasst werden, wenn die theorie vom durchgeführten
verse von vier hebungen richtig sein soll, in dem letzteren falle
hätten wir zugleich eine bindung von vier hebungen klingend
zu drei hebungen klingend, diese ist wahrscheinlich auch 28, 20
anzusetzen, wenn wir nicht üf in die Senkung setzen und ältdre
betonen wollen.
Gar nicht dem gesetze anzupassen ist der kurze vers 28, 9'' :
hier liegt wol eine Verderbnis vor.
Demnach gehört unser lied wol kaum einer neuen kategorie
von gedichten an, welche durch eine eigenartige einwürkung
der Sequenz auf die gruppenweise oder symmetrisch geordneten
ungleichstrophigen entstanden sein könnte, sondern reiht sich
hinsichtlich der form in die schon von Scherer berücksichtigte
kategorie ein: ungleichstrophig mit verlängerter schlusszeile uiid
klingendem ausgang des viermal gehobenen verses. analoge bei-
spiele für diese form sind dann die Drei jünghnge im feuerofen
und die ältere Judith (Dkm. xxxvi, xxxvn). l-rivi
Wenn wir nun also in iii" ein ehemals selbständiges lied zu
erkennen glauben, wie haben wir dann ni'' aufzufassen? die be-
antwortung dieser frage fällt ganz verschieden aus, je nachdem
wir ni'' noch einmal zerlegen oder nicht, bei dem geringen um-
fange der stücke lässt sich nun die berechligung dazu sehr schwer
herleiten, die betrachtung des Stiles ergab dafür nichts aus-
46 DER NOE DER WIENER GENESIS
reichendes, die betrachtung der metrik zeigt freilich dass in der
episode von Cham der reguläre vers von vier hebungen und zwar
ohne verlängerte Schlusszeilen unschwer durchzuführen ist, wäh-
rend das stück vom turmbau jedes derartigen Versuches spottet,
indessen ist auch das nicht entscheidend, denn in der Genesis
wird oft, wie schon Vogt bemerkt hat, in demselben unzweifel-
haft einheitlichen stücke ganze strecken hindurch der reguläre
vers von vier hebungen beobachtet, während dann wider verse
unscandierbarer art folgen, nimmt man nun an dass beide stücke,
die episode des Cham wie der turmbau, von einem und dem-
selben dichter herrühren , dann kann man m** nicht , wie wir es
für lu^ taten, eine ehemals selbständige exislenz zuschreiben,
sondern muss es etwa auf das conto des compilators setzen, von
dem wir oben sprachen und dem wir die Überlieferung der Ge-
nesis als eines einheitlichen Werkes verdanken, denn die Ver-
einigung dieser beiden episoden, die in der biblischen Über-
lieferung nur chronologisch zusammenhängen, innerlich aber
nichts mit einander zu tun haben , ist nur versländlich bei einem
Verfasser, der eine poetische Übertragung der bibel bezw. eines
teiles derselben bezweckt.
Dagegen konnte wol — unter Voraussetzung der Verschieden-
heit der Verfasser — der erste teil von in'', die episode des Cham,
einst eine selbständige existenz geführt haben, wenigstens eignet
sich das thema ganz vortrefflich für die behandlung in einem
selbständigen liede. handelt es sich doch um die darstellung
einer scene von ganz allgemeinem interesse, einer scene, an die
das mittelalter mit der bibel den Ursprung der stände knüpfte,
auch entbehrt der stolT nicht einer gewissen tragik, die sich im
sinne der kirchlichen moral ganz vortrefflich ausbeuten lässt: die
schwer empfundene sociale Ungleichheit der menschen wird auf
den fehltritt eines einzelnen frevlers zurückgeführt, dieser auf-
gäbe wird die darstellung in unserem stücke freilich sehr wenig
gerecht: sie ist recht matt und entbehrt jedes höheren Schwunges,
wie anders hätte der dichter von i dieses für seine Individualität
wie geschaffene thema behandelt! aber immerhin konnte das ge-
dieht ein lied in der art von Christus und die Samariterin sein, in
diesem falle rührte dann der turmbau allein vom compilator her.
denn für dieses stück schliefst sich die annähme, als habe es
einst selbständig existiert und sei vom compilator nur aufge-
DER NOE DER WIENER GENESIS 47
griffen worden, wol von selbst aus, da die behandlung so dürftig
und armselig ist wie es nur bei einem lückenbüfser sein kann,
welche von diesen auffassungen den Vorzug verdient, will ich
nicht entscheiden, mir kam es vor allem darauf an, die ehe-
malige Selbständigkeit von in* als einem in stil, anläge und tendenz
von I und ii total verschiedenen gedichte zu erweisen, um ein
neues argument zu liefern für die ansieht, dass die Wiener Ge-
nesis ein werk durch und durch compilatorischen characters sei.
Berlin im februar 1884. OTTO PNIOWER.
DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART
FUCHS.
Das gedieht des fahrenden erzählers Heinrich des glichessere
ist uns bekanntlich in zwei sehr verschiedenen gestalten über-
liefert, von der einen, welche in einer hs. aus dem ende des
XH jhs. enthalten war, sind nur fragmente auf uns gekommen,
etwa 700 verse umfassend, welche Jacob Grimm in seinem Send-
schreiben an Karl Lachmann. Über RF, Leipzig 1840, s. 13 — 67
zuerst in diplomatisch genauem abdruck , dann in einer herstel-
lung mit anmerkungen herausgegeben hat. ich nenne die hs. S.
im laufe des xiri jhs. wurde eine bearbeitung des ursprünglichen
Werkes von einem unbekannten vorgenommen, die es dem ge-
schmacke der zeit besonders in bezug auf die form anbequemte,
diese gestalt ist in zwei abschriften auf uns gekommen: dem
Heidelberger codex nr 341 (P) und der sogenannten Koloczaer
hs. (K). aus dieser letzteren haben graf Mailäth und Köffinger
in ihrer auswahl (Pest 1817) den Reinhart veröffentlicht s. 357 bis
420. Jacob Grimm hat in seinem Reinhart fuchs (Berlin 1834)
beide hss. benutzt und darnach das gedieht ediert s. 25 — 114,
vorher vgl. s. ein — cxv. bei meiner Untersuchung durfte ich mich
einer collation beider hss. bedienen, welche Karl Reifsenberger
zum behuf einer neuausgabe des gedichtes in Pauls Altdeutscher
textbibliothek angefertigt hat.
Was zunächst die beschaffenheit und den wert der hss.
selbst anlangt, so scheint mir dass vor allem folgendes festgehalten
werden muss: S ist nicht das original zwar glaube ich nicht,
48 DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS
wie Jacob Grimm Sendscbr. s. 19. 29. 39 und 57, dass vers 864
fehlt, aber 1703. 4 ist doch ohne zweifei (wahrscheinlich wegen
des gleicJien auslautes zweier schwachen präterita) das stück eines
Verses ausgefallen, und zudem zeigen sich mancherlei fehler, ver-
schreibungen und nachtrage, sodass unmöglich S als die ursprüng-
liche aufzeichnung des gedichtes angesehen werden kann. S be-
sitzt an sich die eigenschaften einer guten quelle, der Schreiber
sprach denselben dialect wie der dichter, hatte also keinen grund
zu mundartlichen äuderungen, auch war er der zeit nach nicht
so weit von dem dichter entfernt, um an den eigentümlichkeiten
der verse desselben anstofs zu nehmen, dass metrische schwierig-
keilen ihn nicht störten, sieht man aus dem, was er selbst über-
liefert hat, also für zulässig hielt, auch wenn man schwere zwei-
silbige, drei-, sogar viersilbige auflade annimmt, erübrigen eine
anzahl verse, in denen zweisilbige Senkung nicht nach mhd. weise
verschleift werden kann; wo entweder die beiden silben durch
mehrere consonanten getrennt sind, oder auf ein tonloses« (mit
oder ohne nachfolgenden consonanten) ein einsilbiges wort mit
einem anderen vocal als e folgt, so 620. 703. 733. 734. (736.) 73S.
755. 763. SOO. 834. 868. 886. 887. 934. (946.) 975. 1559. 1572.
1573. 1605. 1628. 1643. 1670. 1682. 1697. (1705.) 1725. 1759.
ich glaube nicht dass diese fälle weggeschafft oder anders gelesen
werden können, wie ESchröder in bezug auf ähnliche verse von
Arnolds Juhaua meinte DLZ 1883 sp. 555, sondern dass dies
würklich zweisilbige Senkungen sind, die auch zweisilbig ge-
sprochen werden müssen, vgl. Roediger Anz. ix 331. 334. vier
hebungen klingend kommen vor 789.90. 859. 60. (893.4.) 1525. 6;
drei auf vier hebungen klingend 805. 6 und am Schlüsse von
absätzen 625. 6. überlange uulesbare verse sind 699. 704. 946.
dagegen nach normalem mafs zu kurz 618. 1579. 1616, vielleicht
auch 721. 945. 1674. die namen werden sehr verschieden be-
bandelt: neben hingrin steht Isingrin 591. 607. 652. 709. 791.
805. 943 und Isingrin 749. 777. 781. 873. 973- — nandölt 1633.
1653. — Reinhart wird abwechselnd auf der ersten und zweiten
Silbe betont, mitunter steht das ganze wort im auftact. ver-
setzte betonungen noch 647. 710. 759. 1591. dabei habe ich
selbsiverständlich die verse ausgeschlossen, die durch Grimm er-
gänzt worden sind. — die ungenauen reime hat der Schreiber
von S geduldet, ich glaube nicht dass er einen getilgt oder des-
DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS 49
halb geändert hat. dagegea hat er möglicher weise einzelne worte
durch andere ersetzt; darüber sowie was die episode 1687 ff an-
langt, vgl. die bemerkungen zum texte. — berücksichtigt man
das angeführte , so ergibt sich lür den , welcher aus S einen text
der ursprünglichen fassung des Reinhart herstellen will, die regel:
geändert darf nur werden 1. bei offenkundigen Schreibfehlern und
versehen. 2. wenn die umstände gründe zur Vermutung an die
band geben dass in S geändert worden sei; dies festzustellen,
kann P bisweilen dienen, der versbau erlaubt fast nirgends zu
ändern, ebenso wenig der reim oder dialectische eigenheiten.
Unter den hss. der Umarbeitung ist K nur eine copie von
P und zwar mechanisch angefertigt und ohne dass eine andere
hs. dabei zu rate gezogen wäre. R bietet allerdings an ziemlich
vielen stellen andere lesarten als P, aber das sind alles nur
weitere fortschritte auf dem in P bereits betretenen wege der
verflachung und verplattung. K wünscht noch deutlicher zu sein
als P, noch mehr die prosaische redeweise seiner zeit einzuführen,
keine einzige abweichende lesart findet sich in K, deren entslehung
sich nicht zur genüge erklärte , wenn man P als vorläge voraus-
setzt, was also in K anders steht als in P hat höchstens den wert
einer conjectur, und da dem Schreiber von R ein sonderliches
Ingenium nicht verheben war, den wert einer schlechten con-
jectur.- ich wüste keine stelle, welche durch R gebessert werden
könnte. : — das alles zu sagen war fast überflüssig, denn das Ver-
hältnis von R zu P ist von anderen stücken her , die aus beiden
hss. gedruckt vorliegen, hinlänglich bekannt (vgl. zb. WGrimms
vorrede zur Gold, schmiede; dagegen Haupt, vorrede zu Hart-
manns Armen Heinrich^ s.viii); es ist beim Reinhart kein anderes
als bei den übrigen gedichteu.
P enthält ebenfalls seinerseits eine grofse anzahl von dich-
tungen, welche uns in anderen hss. überliefert sind, und wir
sind darnach im stände, in mehreren fällen uns ein urteil über
das verfahren der Schreiber von P gegenüber ihren vorlagen zu
bilden, ich habe vor jähren , als ich gröfsere stücke aus P ab-
schrieb, darüber Zusammenstellungen gemacht, anderes ist aus
gedruckten editionen bekannt und das wird ohne wesentliche fehler
auch auf Reinharl sich anwenden lassen, für welchen wir die
vorläge von P nicht besitzen, darnach ist P gut, wenn die vor-
läge gut war, und auch schlecht mit dieser. P. ändert eben nur
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 4
50 DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS
wenig und leise, ergänzt in reimen mit überschüssigem n uä. das
fehlende, und strebt nach gröfserer klarheit der Satzverbindungen,
dh. es sucht kühne constructionen zu vereinfachen , fügt prono-
mina ein, bringt Übereinstimmung zusammengehöriger Satzteile
zu wege, bemüht sich alles plan zu machen, verwischt aber dabei
manchmal eigentümliches. Wörter ändert P nur in seltenen fällen,
wenn sie unverständlich sind oder veraltete formen haben, den
vers trachtet P zu glätten, schaltet kleine formwörter oder Par-
tikeln zu diesem zwecke ein und lässt dafür bisweilen ein oder
das andere wort fallen, auch hier ist das vorgehen glücklicher
weise ohne energie, stärkere änderungen wagt P aus metrischen
gründen nicht, wenn daher in P sich schlechtgebaute, holprige,
schwierige verse finden , so ist es höchst wahrscheinlich dass sie
schon der vorläge angehörten, eben das ist bei Reinhart der
fall, von den vorhin aufgezählten metrisch unvollkommenen versea
hat P aus S im wesentlichen 19 noch übernommen, abgesehen
von versetzten betonungen. aber P enthält nicht blofs in den
teilen , für welche die fragmente S uns vorliegen , etliche metrisch
schlechte verse mehr, sondern im übrigen überhaupt noch sehr
viele und zwar: nach anwendung sehr schwerer auftacte, ver-
setzter betonung udgl. erübrigen noch zweisilbige Senkungen , die
nach gewöhnlicher mhd. weise nicht einsilbig gemacht werden
können, in den versen 6. 47. 49. 135. (139.) 298. 303. 4. 332.
345. 348. 375. 403. 457. 471. 499. 534. (559.) 621. 725. (785.)
(877.) 908. 960. 1001. (1017.) 1021. 1028. 1049. 1107. 1140.
(1170.) (1182.) 1188.1224. 1251. 1260. 1312.(1368. 1390.) 1438.
1445. 1460. 1463. 1465. (1479.) 1484. 1516. 1520. 1748. 1749.
1763. 1805. 6. 1873. 1903. 1951. 2038. 2061. 2079. 2083. 2119.
20. 21. 23. 2152. 2190. 2208. nur durch ungewöhnlich harte
syncopen und apocopen ist der mehrzahl dieser verse aufzuhelfen,
einige bleiben unheilbar, in einer anzahl von versen reimen drei
auf vier hebungen klingend: dh. man muss dann den einen,
welchem eigentlich nur drei hebungen zukommen, ebenfalls mit
vier lesen: 141. 2. (149. 50.) 185. 6. (333. 4.) 383. 4. 399. 400.
1. 2. 445. 6. 745. 6. 795. 6. 909. 10. 1265. 6. 1967. 8. 2077. 8.
2209. 10. 2251. 2. versetzte betonungen kommen öfters vor:
647.1108.1352.1422.1903.2150.2162 und wol noch in anderen,
durch verschiedene betonung der namen kann man manche verse
erträglich machen, so ist neben dem regelmäfsigen Isengrin zu
DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS 51
betonen Isengrin All. 591. 607. 652. 697. 791. 1005. 1121. Isen-
gri'n 111. (785.) 973. 1140. 1188. 1193. — neben der betonung
Schänteder in 8 fällen kommt noch zweisilbig SchäntecUr vor
55. 83. 99. 103. 108. 126. 141. 147. 1857. — Reinhart rauss sich
natürlich alles gefallen lassen , steht auch als auftact. — diese
fälle finden sich alle in Grimms text, sie vermehren sich aber
um ein bedeutendes, wenn man P mehr recht lässt und seine
Überlieferung nicht des Versbaues halber ändert, dass man dies
nicht darf, ergibt sich wol aus der grofsen zahl schwieriger verse
zur genüge, nach dem früher geschilderten verhalten von P
gegenüber seinen vorlagen kann man durchaus nicht annehmen
dass diese härten durch den Schreiber von P in die verse ge-
kommen seien , sie waren schon in der vorläge enthalten, über
diese hinaus aber vermögen wir die Überlieferung nicht zu ver-
folgen, ja die beschaffenheit von S selbst legt uns alle reserve
auf. somit ist es nicht erlaubt, aus metrischen gründen (ohne
mitwürkung anderer sachlichen) P zu corrigieren, und es
müssen die lesarten von P, welche Grimm deshalb geändert hat,
in einem kritischen text wider restituiert werden, ich halte es
nicht einmal für geraten, bei einer neuen ausgäbe in der Schreibung
der verse sich der das lesen erleichternden kürzungen zu bedienen,
welche in unseren mhd. texten eingeführt sind, weil das bei so
vielen versen nichts hilft und weil endlich (was freilich nicht
direct in betracht kommt) S sie ebenfalls nicht enthält, so weit
als wir nach der Überlieferung zu urteilen vermögen , ist der ano-
nyme bearbeiter des alten Reiuhart seinem vorhaben nicht nach-
gekommen; allerdings, wie er selbst sagt:
an sumeliche rime sprach er me
dan e dran wcere gesprochen,
2260 ouch hat er abe gebrochen
ein teil da der worie was ze vil,
aber dabei sind ihm keineswegs gutgebaute verse gelungen und
man darf aus seinen worten nicht das recht schöpfen , solche aus
P herzustellen.
Dagegen ist der anonymus eingreifender in bezug auf einea
anderen punct verfahren, der Glichessere
— lie die rime ungerihtet;
die rihte sider ein ander man
der ouch ein teil getihtes kan,
4*
52 DIE ÜBERLIEFERUNG DES REI^HART FUCHS
vnd hat daz onch also getan,
daz er daz mcere hat mrldn
ganz rehte als ez onch was e.
teils behielt der umarbeiter dieselben reimworte bei und änderte
die form, was natürlich nur bei wenigen leichten consonantischen
ungenauigkeiten geschehen konnte, teils ersetzte er eines der bei-
den reimworte durch ein anderes, teils, und dies sind die weitaus
meisten fälle, stellte er ein anderes reimpar ein. das fragment S
lässt erkennen dass das ursprüngliche gedieht eine grofse masse
mehr und minder grob ungenauer reime besafs, der umarbeiter
hat sie bis auf eine kleine zahl unbedeutender (wie sie ihm selbst
gelegentlich bei der umdichtung passierten) weggeschafft und nur
in einigen fällen, wo neugestaltung unausführbar schien, sind
die alten reime stehen geblieben, vergleicht man die bearbeitung
mit dem fragmente , so zeigt sich dass man umgeschriebene stellen
auch dort unschwer erkennen kann, wo das fragment nicht zu
hilfe kommt; abgesehen von den allgemeinen zeichen der Unord-
nung, Verschiebung, queren Wortstellung, dem vorkommen ge-
wisser lieblingsreime, welche alle auf änderungen der reime
deuten, zugleich aber lehrt das fragment dass versuche, den
ursprünglichen text aus der Umarbeitung ohne die fragmente zu
reconstruieren , mit geringen atisnahmen müfsig und resultatlos
sind, denn der bearbeiter behält zwar, wie er selbst sagt,
meistens den gedankengang oder Inhalt der geänderten stelle
bei, bringt ihn aber in einer so vollkommen neuen gestalt, dass
das conjicieren dabei auf ein unfruchtbares raten hinausläuft.
Noch in einer anderen beziehung ist das alte gedieht ver-
ändert worden , deren in der schlussrede des bearbeilers nicht er-
wähnung geschieht: für veraltete, nicht mehr wol verständliche
Worte werden moderne eingesetzt, dasselbe geschieht mit etUcheu
aus der französischen quelle übernommenen ausdrücken, alte for-
men und enduugen (participia auf -6t zb.) werden getilgt, endlich
unterliegt eine anzahl von werten dem geschmacksurteile des be-
arbeiters, der sie unpassend findet, zb. allenthalben hrunne für
söt schreibt (dabei aber scedelin 2090 stehen lässt). man ver-
gleiche darüber Grimms Zusammenstellungen im Sendschreiben
s. 63 ff.
Aus dem gesagten erhellt dass es unmöglich ist, das alte
gedieht aus der Umarbeitung wider herzustellen, dort nicht, wo
DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS 53
das fragment vorhanden ist, weil die änderungen allzu stark sind,
am wenigsten aber in den zwei dritteln des gedichtes , denen das
fragment nicht zur seile steht, die kritische aufgäbe muss sich
darauf beschränken , den text zu geben , welchen der Überarbeiter
geliefert hat, und da wird denn die arbeit bei der geschilderten
metrischen beschaffenheit des gedichtes, bei den bekannten qua-
litäten von P, darin bestehen, leicht erkennbare zusätze des
Schreibers von P auszuscheiden und würkliche fehler und Un-
ordnung zu verbessern, vor allem aber gegen Jacob Grimm einer
grofsen anzahl von versen die in P überlieferte gestalt widerzu-
geben, man kann dabei nicht wol conservativ genug verfahren,
fehler in P sind dort natürlich leicht zu eruieren und zu bessern,
wo man S daneben hat, aber auch in den übrigen partien lässt
eine zahl sich finden, i
Es liegen zwei gesonderte Verpflichtungen vor: einen text
von S, einen text von P zu bringen, und wenn ich eine aus-
gäbe Reinharts zu arbeiten hätte, so würde ich unter dem texte
von P auch die zugehörigen stellen von S abdrucken, damit
wäre das kritische material beisammen und es liefsen recht lehr-
reiche beobachtungen sich daran machen, in seminarübungen
könnte das büchlein dann mit nutzen gebraucht werden.
Noch ist eine frage nicht abzuweisen; lag dem bearbeiter
das alte gedieht in der hs. S vor oder in einer anderen, einer
identischen oder einer geänderten ? es scheinen mir einige stellen
dafür zu sprechen, dass der gestalt in P eine fassung des Ori-
ginals zu gründe lag, welche von der in S überlieferten an ein
par stellen abwich und gegen S das bessere hatte, diese stellen,
besonders 1687 ff werden in den nun folgenden bemerkungen
besprochen werden, wo ich, um breite zu vermeiden, immer zu-
sammen erörtere, was für S und P in denselben versen an-
lass gibt.
V. 12 1. ist mit P. wo ich glaube dass die widereinsetzung
der lesart von P in den Grimmschen text ausdrücklicher be-
gründung nicht bedarf, dort führe ich sie einfach an. — 20 P hat
hier Ruczela, K Runtzela, PK haben an den beiden anderen stellen
28 und 36 die formen mit m. trotzdem rate ich, bei der von
1 diese auffassung steht in directem gegensatze zu der von Wilhelm
Grimm Graf Rudolf s. 13 f vertretenen, wo versucht wird, die 'ungefügen'
verse zu 'beseitigen', andere zu glätten.
54 DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS
Grimm hergestellten Schreibung Ruozela zu bleiben, dieser name
ist mehrfach belegt vgl, Förstemann Altd. namenbuch 1, 719,
gerade aus Flandern , Rnnzela aber nicht aao. s. 748. auch sind
die menschlichen eigenuamen der tiersage nirgends mit spotten-
dem bezuge der bedeutung versehen, vgl. Grimm einl. cviir. cxLivf,
■während in den späten hss. leicht eine Umgestaltung des namens
in solcher absieht vorgenommen sein kann, vgl. die stelle aus
den Fastnachtsspielen 902, 16, welche Lexer 2, 542 anzieht. -^
nach 33 ist komma zu setzen , 34 in eine klammer zu bringen,
denn 33 und 35 gehören zusammen, — 36 bdbe P macht den
vers schlimmer, aber das ist bei diesem gedichte kein grund zur
tilgung. — 44 hier stand gewis (ebenso 521) im original un-
minne. vgl. Grimm einl. cxni, — 47 ff sind deutlich verändert.
49 1. sin (sine?) spachen (P sinen). Grimm schreibt in diesem
verse mit der hs. nnde senete sich dö, von dem fuchs, der eben
Zaunlatten ausgezogen hat, 50 froh ist dass ihn niemand sieht
und 51 sich durch den hag windet, in der anmerkung hat Grimm
es nicht wahrscheinlich gemacht dass senete sich bedeute 'er dehnte,
spannte, streckte sich durch die Zaunlücke', denn das geschieht
erst 51. denete schickt sich ebenso wenig und erklärt nicht die
änderung. dagegen passt ein smncte, welches leicht verlesen
wäre, prät. von smücken (zu dem starken verbum smiegen, auf
welches Lachmann geraten hatte), vortrefflich für die Situation,
nach 49 komma. — nach 53 ist punct zu setzen, nach 54 komma.
— 54 1. ver Finte. P hat die henne pinte, erklärend, denn der
name kommt zum ersten male vor. — 57 f wol ursprünglich
swelle : gellen. — 62 ff 'irn dürft vor keinem tiere niemer uf er-
warten in disem bezunten garten ist sicher verderbt, ist üf prä-
position und steckt der fehler in er? — nach 64 punct. —
69 es muss einem heifsen, wie die hs. hat, denn die inclination
in'm lässt zunächst auf in deme schliefsen , was hier ganz un-
geeignet wäre , weil der fuchs noch nicht gesehen worden ist. —
die klammer um 100 ist kaum angemessen, aber die Verbindung
fehlt; vielleicht ist sit einzuschalten, da Reinharts betrug doch
allmählich geschieht. — 108 hier jcdesfalls ich enbin, weil Schan-
tecler in diesem verse zweisilbig ist. — 117 es ist wol nicht nötig,
von dem hslichen des minen abzugehen. — 121. 2 nie und ie
weisen darauf hin dass hier geändert worden ist. — 135 mit
schrei und P ist dieser vers um nichts schlechter als viele andere.
DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS 55
es ist wol geändert worden und das original wird gereimt haben :
missehabete:drabete. solche reime meidet der bearbeiter. — 143 ist
disen gehiir aus der hs. beizubehalten, es entsteht dann wie öfters
die Verbindung eines verses von 3 mit einem von 4 hebungen
klingenden ausganges, — 148 ist P verderbt, denn als er im
entweich da wart er sam vro den hals mz Reinhartes munde (dö : vrö
ist machwerk des bearbeiters) gibt keinen sinn, ensweic, was
Grimm vorschlägt, ist sehr gut, vernachlässigt aber das im der
hs. ich lese als er im entleip und beziehe natürlich er auf den
iuchs. entweich als falsche lesart hat auch K 563. sam weist
auf sd des Originals, das mehrfach anlass zur änderung gab. —
169. 70 sieht man es dem nachgeschobenen und ir strit an dass
geändert worden ist. wahrscheinUch war der frühere reim zit
:kip. ebenso ist 171. 2 deutlich geändert, 172 stand wol dan-
nan im reim. — 178 1. iuch mit P (obzwar 717 P euch gegen
dir in S liest), denn der Wechsel der pronomina ist in den reden
der tiere zu häufig als dass man ändern dürfte, die Zusammen-
stellung Grimms cxi f entspricht nicht der Überlieferung. — nach
199 sollte punct stehen, nach 200 komma. — 237 ist P ganz
gut: ob ez wcere dins vater loise. — 256 ist wahrscheinlich eine
flickzeile, welche durch lilgung eines Zeitwortes auf -6t notwendig
wurde. — 258 und 264 1. trütneve. ebenso 330. 339. 1077. 1086.
vgl. Sendschr. s. 66. — 262 nach sere komma. — -283 f sind ge-
ändert, sichthch stand 284 der reim (ge)rat: dem fuchs war
der rabe zu schnell; P ist im recht, auch 285. 6 werden ge-
ändert sein, denn sonst kommt iJem/jarf nicht in zwei aufeinan-
der folgenden zeilen vor. — nach 296 komma, 297 in klammer. —
300 auch hier hat Grimm das pronomen geändert und für euch
der hs. dir geschrieben, euch steht in mitteldeutscher weise in
P für iu noch 578. 717. 1250. 1853. 1889. vers 1581 hat P
uch, das Grimm zu iu geändert hat, während er iuch an der-
selben stelle iu S beliefs. 1558. 1873. 1883. 1896 Mest S iuch
-gegen iu in P. ich halte es darum nicht für erlaubt, diese
diabetische form zu bessern. — 303. 4 sind wahrscheinlich ge-
ändert, ebenso 317. 8; in dem letzteren wird von dir P ebenso
anstandslos zu behalten sein wie 323. — nach 328 möchte ich
einen punct setzen, die klammer bei 329 tilgen und dafür ein
komma geben, ob nicht 329. 330 zu vertauschen sind ? — 352
1. dne. — 357. 8 dürfte dannan das eine reimwort gewesen
56 DIE ÜBERLIEFERLNG DES REINHART FUCHS
seJD. — 365. 6 vermute ich die alten reime Meilief, 366 schliefse
ich iu klammer. — 382 wird nach im reime (bei P) die Ursache
zur änderung gewesen sein. — 401 1. hure wol z. — 415 wird
man wol bei P in daz lant bleiben müssen, vgl. 574. — 479
ist niht notwendig. — 485 soll er sprach behalten werden wie
in 578. 2078. — 488 ndchManc sieht aus als ob es von dem
bearbeiter käme. — 489 spilinde P würde ich belassen, weil es
zu der spräche der älteren fassung stimmt. — 499 1. durstet und
nach dem verse punct. — 516 ist qtiam in aus qndmin der
vorläge entstanden, die ja i in den endungen hatte. — 517 1.
^ine. der alte reim wird nam : dannan gelautet haben , worauf
auch die Wortstellung in P weist. — nach Grimm scheint P 562
im reim ein anderes wort gestanden zu haben, Reifseuberger
liest brot. — 576 nach P vermute ich ursprüngliches tiiheinen. —
587 hat es für gevrit gewis ursprünglich gehit geheifsen. — 594
kann es wol in S bei iceder bleiben. — 626 P liest ich tromvete
im an triuwen wol — das ist aber nicht wahr, denn Isengrin
hat Künin nicht geglaubt 597 ff. nimmt man den entsprechenden
vers in S dazu: 'nu sehint, ich drie ime an diu ougen' und 602,
wo in SP die drohung würklich ausgesprochen wurde, so ist es
nicht eben schwer 626 richtig zu schreiben: ich drouwete ime
entriuwen wol. es steht entriuwen noch 1207, drouxoen 1050.
1801. 2247. — 635 Grimm nimmt in der anm. an vestin (auch
Wackernagel und Lexer 3, 329), aber es wird wol aus vestine
verkürzt sein und der reim ist wie viele andere wegen des über-
schüssigen w geändert worden. — 648 ist ach wol die form,
welche man aus aha in P am leichtesten entnimmt, vil muss
bleiben, wenn es auch in diesem verse bei S fehlt, dafür steht
es dort im nächsten. — 653 1. dar in. — 655 und 659 sind
gdn und varn — bern elsässische formen der 2 person plur. vgl.
Weinhold Mhd. gr.- § 352, und Grimms erklärung im Sendschr.
entfällt. < — 658 die lesart von P den sin din muss belassen
werden, denn sie corrigiert den ungenauen reim in S <:l. —
669 wie die Wortstellung zeigt, ist hier geändert, es wird in
S geheifsen haben : nemen : vergeben, ich bin mit Wackernagel
(LR'* 230) dafür, die Ordnung der worte zu lassen. — iolO Isen-
grin muss bleiben , er dafür zu schreiben , wie Wackernagel tut,
ist unrecht. — 671 1. hast. — 673 f jedesfalls verderbt, der
unvers 673 stand gewis so in der vorläge von P. vielleicht: 'du
DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS 57
mäht lihte' sprach Reinhart. — 675 das verbum hier ecitweder
mit e für ce wie 677, oder e, was alemannisch schon im xiii jh,
vorkommt, durch getete der hs. (welches auch Wackernagel re-
cipiert, dabei jedoch unnötig einen gekürzt hat) ist der vers
nicht schlechter als viele andere. — 680 1. ginen. — 684 1.
hinne mit Wackernagel. — 685 wol des reimes halber geändert.
war mäht : bruoderschaft das alte und hiefs es etwa: wiltn hie zuo
der briwderschaft? Wackernagels er für Reinhart ist ungut. —
688 sdn ist oft flickwort. vielleicht stand alzan = sofort, vier
hebungen klingend hat schon 687. — 697. 8 wo bleibt der reim,
wenn man mit Grimm die Schreibung von S acceptiert? ich ver-
mute: 'daz tuot mir we' sprach Isingrin. 'wdnit ir daz paradis
mit senfte bisizzin?' die änderung in P fand wegen des ungenauen
reimes -in:-is statt. — 703 vielleicht ist auch hier in P also
aus siis gemacht worden wie wahrscheinlich noch mehrmals. —
104 cehinzic tüsint in S wird doch richtig sein, denn so grofse
Ziffern weisen die messgemeinschaften und geistlichen zechen
häufig auf. cehinzic ist in P weggelassen worden, wie es 760
zu hundert geändert wurde; tiisent blieb wie 747. — 712 ist
Sit in P wol nur aus sul (solS) verschrieben. — IIA sint kann
bleiben. — 723 in S lies trotz Grimms anmerkung: fisce diu
mäht, vgl. die stellen bei Lexer 1,2013. oder blofs Verstellung
der Worte: der fisce mäht? — 734 in S lies: eins eimirs neizwer
da vergaz. — 740 S phulsin P stürmen, welches aber zu der
Situation gar nicht passt. ein heute noch angewendeter lischer-
ausdruck, die an den ufern stehenden und in den löchern des-
selben verborgenen fische aufzutreiben, ist sturen, was wol in der
vorläge von P gestanden hat. dass der teich zugefroren ist, ver-
gessen entweder dichter und bearbeiter, oder es soll nur die
dummheit des wolfes bezeichnen, der Reinharls Worten glaubt?
— 743 1. sihe sie mit PS. — 746 hat Wackernagel mit recht
ist er in S beibehalten. — 750 1. drinne. — 751. 2 wahrschein-
lich hat der bearbeiter niet gesprochen, der dichter aber nieht.
vgl. die verse 249. 511. 533. 769. (968.) 1297. 1671. 1687. 1769.
1809. 1879. 2119. — 752 sehr gut ist Wackernagels warnete
sin für warnetes in bei S; vielleicht darf es auch für die be-
arbeitung vermutet werden. — 769 ff liest P: Isengrin kochen
geriet, daz is wolde smelzen niht, den zagel muoser Idzen stdn.
das ist aus S geändert, welches hat: Isingrin geriet zucken, daz
58 DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS
is begnnde drucken den saget, er muose da stdn. in P ist aber
■bei der änderung auch der gedanke umgestaltet worden : der
woIf bemüht sich (nicht den schwänz herauszuziehen , sondern)
das eis zum schmelzen zu bringen , was ihm nicht gelingt, für
diese tätigkeit ist nun das von Grimm 769 eingesetzte zeitwort
zocken ganz unpassend, wol aber lässt aus dem kochen der hs.
leicht ein ursprüngliches küchen sich erraten = hüchen, also durch
hauchen erwärmen, vvelches DWB 5, 305 f und Lexer 1, 1761
als rheinische form belegt ist. — 773 in S lies: vorn heim. — ;
778 1. der vernam. — ' 784 in diesem neuen verse hat P: dihein
tier er ungelat liez, Grimm nimmt die conjectur nngelabt aus K
auf. keins von beiden passt, denn die seltene ironische bedeutung
würde in diesem allgemeinen satze kaum verstanden worden sein,
ich glaube, es lag ungeletzet zu gründe, ungejaget in Grimms
anmerkung würde zwar einen halt an S haben, aber P nicht er-
klären. — 786 wenn auch vart zu S passt und mit 781 stimmt,
so ist es doch gegen den kritischen grundsatz, das gute var in
P zu ändern. — 789 1. zuo. — 795 Wackernagel schreibt gd
in S gegen die hs. und bei deren ungenauen reimen gewis nicht
richtig. — 79§~1. vil n. — 807 1. nf den r. — 808 natürlich
mit der anm. hegnnden im die vüeze engdn zu lesen ; vuoze setzt
allerdings das bnoze der hs. voraus wie auch S. — 813 im aber
ist zu behalten. — 814 hat Wackernagel aus dem heht in S hübsch
eht vermutet. — 833 die hsliche form burne(n) muss wol hier
und an allen folgenden stellen bewahrt bleiben. — 837 sicher-
lich liegt hier ein Irrtum des Schreibers vor. es ist zweifellos
dass der bearbeiter ergonchete änderte, aber was er setzte wurde
von dem abschreiber misverstanden. ich denke: daz der sich ver-
ginte hie — sich vergaffte, aus 885 ist für diese stelle nichts
zu lernen. — 863 gegen die bisherige auffassung (vgl. Grimms
anm. im Sendschr., Wilhelm Grimm und Lachmann Graf Rudolf
s. 13) glaube ich dass S in Ordnung ist und lese: tmvirwdnet
komer / nber den diefin s6t. — 870 vielleicht ist in S Hersinde
zu lesen. — 886 ff die Verbindung der abenteuer ist hier schlecht,
der wolf misst später dem Verluste seines Schwanzes so grofse
bedeutung bei, dass er unmöglich hier mit dem fuchs sofort
wider freundlich verkehren kann. — 890 dass lounet in S als
wunnet zu nehmen ist, hat schon Lexer gesehen 3, 996. vers 896
spricht nicht dagegen. — 893 f der reim bevolhen : leren ist mir
DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS 59
ebenso unglaublich wie Wilhelm Grimm aao. ich nähme gerne
ausfall eines verses an und läse: mir ist diu scole hinne bevölhen,
wenn nicht die bearbeitung dagegen spräche (scöl : wol ist kaum
denkbar). — 904 niowe in P ist wol aus einem Schreibfehler der
vorläge entstanden wie in 808: v für b und umgekehrt. — 913 e
ist zu streichen. — 914 vielleicht ist auch hier in P nur ver-
lesen worden , dann müste man houbethdr aus S restituieren. —
916 m halte ich nur für einen Schreibfehler, 1. nn. — 925 hie
muss bleiben. — 929 ist nur versehen, die vorläge enthielt dm
= tno geschrieben, wie die media in S häufig ist. 1. ja tuo. —
930 mir in S ist nicht unmöglich , wenn auch nicht wahrschein-
lich. — 936 der starke fehler in S (liht für riiht) muss stutzig
machen. — 938 wenn höster = hanstrum richtig ist, was ich
glaube, denn östert gibt keinen verständigen sinn, dann war die
vorläge von P besser als S. — 943 I. der den. — 946 scheint
mir selbst für S zu schlecht, bruoder Reinhart wird fehlen dürfen.
— 952 die Variante bei Grimm erklärt sich dadurch, dass in PK
var fehlt, es wird dann nach S verst einzuschalten sein. —
954 die einschaltung von vuor in P fällt wol nur dem Schreiber
zur last und Grimm hatte recht, sie zu streichen. — 955 f sind
recht characteristisch für die Unfähigkeit des bearbeiters , in cor-
recter weise umzugestalten. — 960 der bearbeiter stellt einen un-
vers her, den man aber belassen muss. — 975 ist scheufslich,
muss aber meines erachtens bleiben, zur änderung veranlasste
notlich vgl. 826 und söt nach 980. der reim ist wie 955. 6 bei der
Schreibung burnen leichter. — 976 ist mit P der name zu geben;
wart ist aber fehler. — wie es mit 981 f ursprünglich stand,
ist nicht mehr zu erraten. — 992 1. diu werlt stet noch alsus
ie. — 997 1. genüoge jehent. — 998 siu? — 999 ich vermute
hier einen fehler — stand grd im reime? — , weifs aber nicht
zu bessern. — 1001 ist es wol besser er icwnet anzufügen, viel-
leicht lauteten die verse in der vorläge : maneges not ist so ma-
necvalt, weiz got, er xooenet , junc oder alt: diz geschach niemanne
me — ). — 1028 als ist wol erst in P zugesetzt. — 1040 1. habe. —
1041. 2 sind sicher geändert. Grimms interpuuction scheint mir
nicht richtig und ich schlage vor: punct nach zo7'n, kein zeichen
nach gdn. das wird durch 1090. 1 bestätigt. — 1044 = 615. —
1046 wird betrouc reim wort gewesen sein. — 1047 vermute ich
für das original: von slner untriuwe wart ich harte zerbliuwen,
60 DIE ÜBERLIEFERUAG DES REINHART FUCHS
vgl. 531. 2113. 2151. — 1049 hat brauchbaren sinn nur wenn
man mac schreibt. — 1065 ich sehe nicht ein, weshalb der un-
genaue reim in P weggeschafft werden soll, und schreibe: unge-
zomoe : urlouge , was überdies die für den dichter correcte, vom
Schreiber geänderte form ist. ungezouwe kann bedeuten: 1. ganz
dasselbe was Grimms nngeziuge, mangelhafte rüstung; 2. über-
mäfsige eile. — 1069 verstehe ich nicht, der kämpf hat 1061
schon begonnen, soll es aber heifsen: 'dieser streit verlief also',
dann ist das ganz schlecht ausgedrückt. — 1075 hier fehlt wol
ein dem Schreiber unverständliches wort. — 1101 f lautete früher
woi: ein teil ich ir nenne, die muget ir erkennen. — 1103 das
t in Wisent kann auch der Schreiber getilgt haben, vgl. 1334. —
1109 \. alle. — 1114 ist sicher geändert, denn der vers ist ganz
leer, jedesfalls ist komma nach quam zu setzen. — 1120 muss
nzer mdze bleiben wie 1419. 1964. — 1125 entsckuldegen wäre
nur hier in dieser weise gebraucht; vielleicht entredet wie 1531. —
1130 l. Reitze mit P wie sonst, das l in K ist nur Schreibfehler
wegen des folgenden aulautes. — 1133 I. mirs. — 1141 wurbes
kann bleiben, vgl. Weinhold iMhd. gr.- § 350. — 1142 1. sam
mir min Up. — 1147 woraus? nz dem ringe stdn? — 1157 1.
alles. — 1160 l. und durch I. — 1162 die stelle ist unverständ-
lich, entweder will Reinhart seine spur verwischen oder, da
dies doch kaum angeht, der verfolgenden wohin staub in die
äugen streuen, sicher ist mnlte das wort, welches im reime stand
und geändert wurde, denn dass erst in P die stelle verderbt sei,
glaube ich nicht, dürfte man die bei Jeroschin und im Rarlmeinet
belegte (Lexer 1, 2195) mitteldeutsche form des starken mascu-
linums ansetzen , so wäre mit den mnlt für den munt einfach ge-
holfen, bestätigend würkt dass ein ähnliches Verderbnis vom
niederländischen zum niederdeutschen Reinhart sich einmal ent-
wickelte, vgl. Grimms eiuleitung cLxvin. — 1167 der nanie ist
einzusetzen. — ill b \. I. ein h. — U&l der name ist mit P zu
behalten; ebenso 1190. — 1209 f der reim war ursprünglich
wol viant : hant. — 12 IS l. nu sint iz. — 1223 l. gehOnet mit
der hs. wie 1383. gehoenen steht 1423, hoenen 1470. — .1230
vgl. 2213 und andere stellen. — 1233 hier wol früher: min trüt-
herre I. — 1235 f der reim war vielleicht: hinnan: hin. — 1241
1. der icas. — 1247 ein verbum auf -6t hat wahrscheinlich hier
gestanden: verkundigöt? vgl. 1128. — 1259 gehört noch zum
DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS 61
vorhergehenden satz. — 1266 1. sine mit P und also vier hebungen
klingend. — 1267 f klagen : schaden wird der reim gewesen sein. —
1283 1. daz wir im solden s. — 1285 der reim wol schaden :er-
slagen. — 1290 bekorn? vgl. 913. — 1297 1. gerechen. — 1331
1. ich nenne iu wer dare quam:. — 1381 1. sich vaste. — 1401 ff
ist jedesfalls stark geändert und dabei confus geworden, vom
schwänze des wolfes soll die rede sein, das ist aber 1402 — 4
ganz schlecht gesagt, im folgenden darf doch Krimel nicht wider
auf die Wölfin zurückkommen, der er bereits den gröfseren teil
seiner Verteidigungsrede 1387 — 1400 gewidmet hat. zudem passt
in den versen 1405 ff: und hdt hern Isengrines wip durch Rein-
harten verwert ir lip so gröz als umb ein linsin .... das verbum
verwerten verletzen (synonym etwa zu verschroten) durchaus nicht
zu Krimeis ansieht von frau Hersant, überhaupt nicht zu der
Schändung, wol aber sehr gut zu dem Verluste des wolfszagels.
ebenso schickt sich büezen 1408 nur für die körperverletzung
und dieser erwähnt auch der wolf zuerst in seinem gegenwort
1411. 1401 — 4 kann ich nicht aufhelfen, aber 1405 f haben
wahrscheinlich so geheifsen: unde hat hern Isengrin Reinhart ver-
wert den lip so gröz als — nach 1427 doppelpunct,
nach 1428 komma. — 1435 lautete gewis früher: si sprachen
alle 'jd' : gdch (wider R. icas in gdch?). — 1447 1. ze. — 1453 f
der reim war wol Isengrin : st. — 1465 schäme : gamen früher? —
besser wird 1471 zu 1470 gezogen und erst nach 1471 punct
gesetzt. — 1482 1. lodnd. — 1489 f war der reim leit : gemeit?
— 1498 scheint mir sehr ungeschickt erzählt, ob nicht Inte
== homines gemeint sind? — 1521 1. wie schon früher burc
und später 1795. — 1525 1. mit der hs. edeler wie 2203. —
1536 = 753. — 1543 f wird wol beide male hdte stehen müssen,
vgl. 1724. — 1549 1. birien. man könnte darnach denken dass
P eine Schreibung vorlag wie bine in S, wo dann die läge des
Striches miskannt wurde. — 1568 1. sprach. — 1586 einen bur-
duz in S ist von dem bearbeiter mit eme statige irrig widergegeben
und von Grimm demgemäfs erklärt worden, was tut der ki'mdec
sprenzinc mit dem pilgerstab? bnrduz entspricht lautlich ganz
denselben worten ital. bordone, span. bordon, portug. bordäo, franz.
bourdon, aber es hat die bedeutung einer laugen trompete, auch
Orgelpfeife (noch heute beim harmonium das bordonregister) und
heifst ursprünglich 'bass, basssaite', franz. bourdonner, summen.
62 DIE CBERLIEFERÜNG DES REINHART FUCHS
vgl. Diez Etymolog, wb.^ i 75 f. das passt zu dem bauer und
erklärt auch das sonst unverständliche 1587: rfer kaplän hörte
wol den dös. — 1589 — 91 sind mit P zu lesen. 1591 muss
man vielleicht in S auch den huot schreiben, vgl. 1600. 1762. —
1597 zu der formel in S vgl. meine anmerkung zu Arnolds Ju-
liana 58. — 1603 1. daz ir seilet — daz ist conditional und fordert
hier den conj. prät. — 1605 f diese verse sind vom bearbeiter
hinzugefügt, was schon aus dem zweimaligen her Brun sich er-
kennen lässt. vgl. 1238. — 1632 I. gevolgen. — 1634 gehört
nicht mehr dem hirsch, die anführung schliefst schon nach reht. —
1639 1. diz inmac in S. — 1644 1. oder. — 1666 nach der col-
lation in PK: ich enwart nie gastes so vro , was beizubehalten
ist. — 1077 1. gesach. — 1681 die interpunction Grimms in S
ist zu acceplieren, denn wmi ist hier nicht == lüa». — 1687 f
die formel wie 751 f. — 1691 IT ältere fassungen dieser geschichte
(vgl. Grimms einl. lxxi. cxlu) haben hier den pfaffen und eine
concubine wie P, während S gebnre durchführt. Grimm schliefst
daraus dass S den pfaffen anstöfsig gefunden und die erzählung
darnach umgearbeitet habe, mir scheint das nicht so ganz sicher,
freilich sehen die P eigentümlichen verse 1705. 6 ganz nach dem
XII jh. aus und bieten keine spur, dass in der vorläge die verse
von S (irscricte : kripfte) gestanden haben, doch passt anderer-
seits Werinburc, das kammerweib, 1722 viel weniger in den haus-
hält des pfaffen als den des bauers und wenn sie für den ge-
schlagenen ehemann mit erfolg interveniert, so steht ein solcher
anspielungsvoller zug schlecht zu der pfaffenvvirtschaft. der be-
arbeiter kann ja auch in polemischer tendenz die stellen umge-
staltet haben; dann hätte er den kapeldn von 1727 aus der vor-
angehenden erzählung vom hären entnommen und dabei nicht
vorausgewust dass er ganz unpassend 1741 widerkommt. — 1695
hat die vorläge von P irrtümlich zuerst hol geschrieben (etwa gar
der bearbeiter?), was dann falsch mit dem richtigen loch zu einem
Worte verbunden wurde, hes also loch, wie schon das Mhd. wb.
1, 1024 besserte. — 1719 1. ze dem o. — 1757 1. al umbe. —
1758 der bearbeiter zieht einen sonst ängstlich gemiedeneu un-
genauen reim (überschüssiges n) dem mangel des artikels vor. —
1772 1. wie S hat; da ist erst später verschrieben und von K
richtig erraten worden. — nach 1772 komma, nach 1773 strich-
punct. — 1776 ich müchte böte in P (gegen S) halten, weil es
DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS 63
mir nicht entbehrlich scheint, aber auch das in P noch conser-
vierte der liunic sprach mit S aufnehmen. — 1777 ist in P wegen
engerer Verknüpfung geändert worden. — 1781 1. Krimein d.
vgl. Grimms ein), cxi. — 1789 der bearbeitung entspricht es
besser, für S gesamenöt anzusetzen. i — zu 1805. 6 vgl. 1479.
SQ. — 18 lg dar inne ist aufzunehmen. — 1836 = 1189. —
1842 1. der si beide. — .1844 1. sohle. — man könnte zur not an-
nehmen dass der bearbeiter die beiden verse von S vor 1845
wegliefs, weil 1835 schon der Inhalt augegeben war (R. g. an den
hof sd, der kunic hiez in fur sih stau?). — 1856 wenn man
in S verrdtdre hest, dann auch in P. vgl. 1615 f. S hat ver-
schiedene Schreibungen für mhd. ce und zwar: a 600. 623. 4.
709. 957. 8. 1602. 1604. 161S. 1621. 2. 1833. 4. 1859. 60; e
591. 2. 599. 620. 762. 777. 8. 974. 2. 1526. 1603. 1856. 15 a
gegen 12 e. Wackernagel hat vorsichtig die hs. widergegeben;
ich glaube allerdings dass mau unumgelautetes d im reim für den
Glicheseere noch annehmen darf. — 18571. sin. — 1859 l.rehter. —
1872 ich nehme mit einer stelle der Urstende uhirhreht für S an;
das seltene wort scheint mir hinlänglicher grund zur änderung,
sodass man des ungenauen reimes nicht bedarf. — 1896 1. enbiutet.
— 1909f die'alte dichtung etwa: nnib iur geslehte alzan. Reinhart
hdt mir kunt getan. — 1919 P hat richtig iz im: er sprach zu
sich selbst, vgl. 214. — 1925 1. so. — 1938 1. ver P. — 1945. 6
hiefs vielleicht früher : der künec hiez vern Finten van, Schantecler
gdhte dannan. — 1968 1. ern muoste im einen r. — 1972 1. arm-
man. — 1978 1. also. — 1980 ich ist nur versehen, keinen ge-
nügt. — 2001. 2 vielleicht ist damit der leopard gemeint, der
das bad besorgen muss. aber das ist alles sehr unklar ausge-
drückt und die stelle offenbar corrumpiert. — 2005. 6 reim le-
harten : harte? — 2007 ist blofs angeflickt, — 2023 f früher
arzät : gebat? — 2030 1. hdle wie 2163 und schon vorher. —
2035 1. die truoc. — 2054 1. er tet mir not, wan(d) mir zebrach. —
2065. 6 war der reim vorher harte : drdte? — 2069 allen tac. —
2073 1. zervullenne der h. g. — 2074 daz erbarme got weist wol
auf die änderung hin wie 2034. — 2081 die ergäuzung von
auch noch scheint mir überflüssig. — 2088 1. er. — 2090 1. soe-
delin. — 2104 sollte da nicht vane irgendwo vorkommen wie
^ hat der Glichesaere vielleicht zuerst sein gedieht nur bis 1784 — 92
geführt und dann später die fortsetzung angeschlossen?
64 DIE ÜBERLIEFERUNG DES REINHART FUCHS
2127 hfint? — 2114 der plural in P ist wol ein zeichen dass
zeblinicen : geriuwen früher im reime standen. — 2119. 20 waren
vielleicht ursprünglich vier verse. — 2123. 4 wol verderbt (ebtis-
sin: — '?) wie 2145. 6. — 2140 1. si ndmm ir vil g. w. —
nach 2157 doppelpunct. — 2158 1. einem. — 2161 1. valsch,
des ... . — vielleicht auch nach 2167 doppelpunct. — 2181 früher
gevolgöt? — 2189.90 älterer reim gdn:dd? — 2191 oiich nicht zu
streichen. — 2248 dem röten R.? — 2253 1. sider. — für ge-
ändert halte ich, ohne dass ich das ursprüngliche erraten kann,
noch die verse in P: 333. 4. 352. 385. 6. 524. 534. 581. 1055.
6. 1090. 1. 1095. 1109. 1121. 2. 1137. 1199 f. 1207. 8. 1225. 6.
1243. 4. 1251. 1281. 2. 1305. 6. 1327. 8. 1377. 8. 1419. 1432.
1445. 1457.8. 1479. 80. 1509. 10. 1931. 2039. 40. 2055. 6. 2061.
2. 2097.8. 2115.6. 2126. 2165. 2205. 2207.8. 2227.8. 2245.—
her wird, wie S zeigt, oft vor Isengrm nicht gestanden haben,
was ich nicht ausdrücklich anführte.
Graz 1. 7. 84. ANTON SCHÖNBACH.
ÜBER NEIDHARTS REIHEN.
Die reihen Neidharts stehen in ihren gedankeu und ihrer
anläge so nahe, dass sie als verschiedene darstellungen desselben
typus erscheinen ; mit dem mehr oder weniger ausgeführten lobe
des frühlings verbindet sich die aufforderung sich seiner zu freuen,
zu munteren festen, zu ball und tanz sich einzufinden, darauf
folgt dann, gewöhnlich in einem dialog ausgeführt, eine länd-
liche scene, welche darstellt, wie diese aufforderung in der frauen-
weit würkt. manche lieder schliefseu mit solchem dialog, andere
laufen in eine kurze epische erzählung aus, schliefsen reflexionen,
empfindungen oder auch die erörteruüg persönlicher angelegen-
heiten an. diese verschiedenen beslaudleile des reihens sind oft
sehr lose gefügt, die scene wechselt plötzlich , sie wird aus der
öffentlichkeit ins haus und ans dem hause in die öffentlichkeit
verlegt, und selbst die continuiläl der zeit ist nicht überall fest-
gehalten, während der Sänger im ersten teile die scharen zum
reihen sammelt und der tanz das eigentliche ziel seiner auffor-
derung ist, rückt derselbe nachher unversehens in die Vergangen-
heit, sodass bei aller lebendigkeit des einzelneu das ganze eine
ÜBER KEIDHARTS REIHEN 65
feste geslalt nicht gewinnt, wie ein gemälde, dessen teile von
verschiedenen slandpuncten aufgeaommen sind.
Es ist als sicher anzusehen dass N.s reihen an ältere im
Volk gebrauchte tanzlieder anknüpften, und sehr wahrscheinlich
dass er in diesen dicht nur die allgemeine anregung sondern den
lypus vorfand, den er kunstgerecht ausbildete, die beiden haupt-
bestandteile , aufforderung zum tanz und ländliche scene , werden
schon in den älteren liedern vorhanden gewesen ^ein , öbwol die
lose composition, selbst noch bei N., darauf hindeutet dass die Ver-
bindung nicht ursprüngUch ist. beide teile waren zunächst selbstän-
dig ins leben getreten und wurden erst später zur einheit verbunden.
Das thema, um das es sich in diesem zweiten teile handelt,
ist fast immer tanz und liebe, einige mal gibt ein mädchen im
monolog sehnsüchtiger klage ausdruck , gewöhnlich erscheint sie
im Zwiegespräch , mit der alten , die sie vom tanz und liebesver-
kehr zurückhalten will, oder mit einer gespieliu, die sie begleiten
soll, dass meistens der tanz als zielpunct erscheint, ist in der
Verbindung dieses teiles mit dem ersten begründet; ehe man
diese Verbindung vollzogen hatte, war wol die hebe das haupt-
thema , obgleich die beziehung auf den frühling und seine heiteren
spiele oft genug auch in den älteren einfachen liedern vorge-
kommen sein mag. die Vorstellung, die wir uns nach IV. s reihen
von diesen alten liedern bilden müssen, entspricht ganz dem,
was wir von den früh erwähnten winnehedern wissen und er-
schliefsen können, wir haben in ihnen erzeugnisse einer alten
liebeslyrik; aber nicht einer liebeslyrik, wie sie im minnesang
vorliegt, 'es ist unerweislich und unwahrscheinlich' und auch
aus N.s reihen in keiner weise zu folgern 'dass solche lieder
sich als der ausdruck persönlicher empfindung gaben'; noch
hüllt sich die empfindung in ein episches gewand. i
• das citat bezieht sich auf mein Leben Walthers s. 17. Burdach hat,
als er seinen aufsatz über das volkstümliche deutsche liebeslied schrieb , die
Worte merkwürdiger weise nicht verstanden (Zs. 27, 352). es ist ein wesent-
licher unterschied, ob jemand in der darsteilung fremden leides sein eigenes
bekennt, für die eigene empfindung ein symbol sucht, oder ob er die
schützende hülle verschmäht, und das persönlich empfundene auch als aus-
druck persönlicher empfindung gibt, 'die liebeslyrik in ihrer persönlichen
form als eine sich fortentwickelnde und der entwickelung fähige kunstgattung
ist nicht älter als die geistige erhebung der ritterlichen gesellschaft , wie sie
sich seit der mitte des 12jhs. vollzog' Leben Walthers s. 18.
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVIL 5
66 ÜBER NEIDHARTS REIHEN
Was den ersten teil betrifft, so fällt zunächst ins äuge dass
diese tanzlieder sich nie als begleitung des tanzes geben, selbst
in liedern, in denen die ersten Strophen den reihen als zukünftig,
die letzten als vergangen annehmen, wo also die composition es
nahe legte, die tanzende gesellschaft in ihrer bewegung als gegen-
wärtig vorzustellen, geschieht das nicht, auf Improvisationen,
welche das gefühl auf der höhe der erregung gleichsam unwill-
kürhch hervorgebracht hätte, weisen diese dichtungen also nicht.
Ferner erscheinen N.s lieder durchaus nicht als chorHeder;
die menge wird nicht einmal aufgefordert mit einzustimmen, der
dichter steht überall im Vordergrund, er tritt als Vorsänger und
und vortänzer auf; er hat die neue weise gefunden und lehrt
neue sprünge (21,26. 23,19 — 24); er ruft die jungen zur freude,
heifst die mädchen sich schmücken, und fordert sie auf sich zu
paren und zu reihen, auf seine einladung legen die mädchen
ihr festgewand an, und eilen hinaus, um ihm den ball zuzuwerfen
und an seiner band zu tanzen, der typus des tanzliedes, dem
N. folgt, ist also zunächst nicht tanzlied, sondern, wenn ich so
sagen soll , Ouvertüre zum tanz , es ist das lied des reihenführers,
der die schöne Jahreszeit verkündet und die Jugend um sich schart,
die Vermutung, dass N.s häuGger gebrauch, sich in seinen liedern
zu nennen oder nennen zu lassen, in altem herkommen begründet
sei (Meyer Die reihenfolge der lieder Neidharts, Berlin 1883,
s. 68), ist diesem zweck gemäfs; es scheint ganz angemessen dass
der mann, der mit dem anspruch auftrat, die frühlingsfeste zu
leiten, sich nannte und auf seinen namen warb.
Wenn nun N.s lieder einzelvorträge sind, die nach ihrem
Inhalt den tanz nicht begleiten sondern einführen , so fragt sich,
was denn zum tanz gesungen wurde, denn dass dies geschah,
ist selbstverständlich und wird auch durch N. bezeugt, zwar 7, 9
heifst es: diu minnedkhe junge, si bat daz man ir sunge; aber
an anderen stellen wird der gesang der menge erwähnt. 4, 9
sagt das mädchen: ja ist ez laue daz ich diu kint niht tiiuwes
hörte singen und 33, 22 sagt der dichter selbst: künde ich nü
gesingen, daz die jungen gerne sungen. dass für den tanz be-
sondere compositionen angewandt wären, darauf deutet nichts
bei N. mau wird also annehmen dürfen dass die auffordern ug
zum tanz auch als tanzlied, der einzelvortrag als chorlicd
diente; wer das lied gelernt hatte, sang mit; vgl. 42, 1 daz wirt
ÜBER NEIDHARTS REIHEN 67
aber Wkrdt ein epfeltranc e daz siz gelerne :wan diu hoßret min
geplätze gerne. 88, 14 s6 knmt einer unde sprichet 'guote, singet
etewaz. Idt uns mit iu singen, tuot tms vröudehelfe schin.'
Man hat vvol angcDommen dass der chor sich mit einem
refrain begnügte, und dass ein solcher refrain auch platz gehabt
haben könne in hedern , für welche ihn die Überlieferung nicht
bezeugt, aber für N.s dichtung ist das nicht wahrscheinlich,
überliefert ist der refrain nur bei einem liede (3, 1), und gerade
für dieses ist N.s autorschaft sehr zweifelhaft, den gebrauch für
andere anzunehmen, ist unbegründet und, wenn man das gefüge
der lieder betrachtet, wenig glaublich, die lieder sind strophisch,
aber N. hat eine unverkennbare neigung, das strophenende wenig
zu markieren; er liebt es eine gedankenreihe über das ende der
Strophe fortzuführen und in den ersten versen der folgenden
abzuschliefsen (5, 19. 9, 30. 36. 14, 27. 15, 36. 17, 18. 22, 23.
31, 19. 24). also die gliederung der gedanken und der metri-
schen form decken sich nicht; die eine sucht die würkung der
anderen abzuschwächen, diese auffallende erscheinung muss in
dem Ursprung und zweck der lieder begründet sein, ich nehme
an dass die strenge gliederung der strophischen poesie den reihen
ebenso wenig natürlich war, als sie unsern jetzigen rundtänzen
natürlich sein würde, die nur ein ende aber keine Unterbrechung
durch regelmäfsig widerkehrende pausen kennen, erst als im
minnesang sich eine regelmäfsige strophenform als gesetz der
lyrischen poesie herausgebildet hatte, wurde sie auf das alte tanz-
lied übertragen, möglicher weise von N. zuerst. N. suchte den
zwang der form zu mildern , andere Sänger entzogen sich ihm
ganz und dichteten tanzleiche.
Ich habe im vorstehenden N.s lieder schlechtweg als tanz-
lieder angesehen, ohne die frage zu erörtern, ob sie auch würk-
lich als tanzlieder gebraucht werden sollten, an und für sich
wäre es ja möglich dass der dichter sich einer vorhandenen form
bedient habe, ohne den zweck zu verfolgen, der diese form her-
vorgebracht hatte, wie so manches minneüed wären dann auch
N.s reihen einfach als gesellschaftslieder anzusehen, zur Unter-
haltung eines sangliebenden zuhörerkreises vorgetragen, in der
tat zweifle ich auch nicht daran dass N. in dieser weise seine
lieder gebraucht hat, gerade so wie heute zu tage jemand einen
tanz componieren und iu einer gesellschafl vortragen kann , ohne
5*
68 ÜBER NEIDHARTS REIHEN
zu erwarten und zu verlangen dass die anwesenden nach seiner
weise sich im kreise drehen. > aber unglauWich wäre es dass
hiermit die bedeutung der Neidhartschen lieder erschöpft sein
sollte, wir dürfen uns getrost dem glauben überlassen dass die
nächstliegende auffassung auch die richtige ist, dass N. zunächst
reihen dichtete, um sie selbst zum tanz und zwar zum tanz der
ländlichen bevölkerung zu singen, das erscheint als die grund-
lage seiner dichtung, und warum; sollte er sie so consequent be-
hauptet haben, wenn sie nur eine fiction wäre? selbst in dem
liede, das er aus Ägypten als grufs in die .heimat sendet, hält
er an dieser Voraussetzung fest: si reten oder tanzen, si tnon vil
manegen unten schrit , ich allez mit 12, 33; und nur, wenn sie
der würklichkeit entsprach , versteht man das , was N. über seine
Schicksale und den wendepunct seines lebens mitteilt.
Als das entscheidende ereignis bezeichnet N. bekanntlich die
unbill, welche Engelmar an Vriderun verübte, über den Vorfall
weifs ich nicht mehr als andere auch: Engelmar hat der Vri-
derun beim tanz einen spiegel von der seile gerissen, wodurch
aber, fragt man, konnte diese rücksichtslosigkeit so wichtig für
den dichter werden? Meyer hat versucht die frage zu beant-
worten: 'ich meine', sagt er auf s. 17, 'der Vorgang habe seine
bedeutung darin, dass er dem dichter eine wichtige tatsache
plötzlich offenbart, welche aber? dass Engelmar ein tölpel ist?
gewis nicht, sondern dass die art, wie die gelieble des dichters
die Zudringlichkeit des dritten aufnimmt, beweist dass dieser
längst zu einem glücklichen nebenbuhler geworden ist (vgl. Frey-
tag Bilder ii 50). und das macht die würkuug des ereignisses
denn doch erklärlicher 1' ich finde nicht, nirgends erscheint die
tat Engelm.ars als eine zudringliche liebenswürdigkeit und nirgends
verrät N., wo er von ihr spricht, ein durch geteuschle liebe ge-
kränktes , in seinen tiefen erschüttertes gemüt. es mag sein dass
er mit Vriderun ein liebesverhältnis hatte; aber bei dieser liebe
war sein herz kaum viel mehr engagiert als in anderen Verhält-
nissen, von denen er spricht; und wenn es wahrscheinlich ist
— nötig ist es nicht — dass Engelmar zunächst eineu act per-
sönlicher eifersucht vollzog, so hatte seine tat doch sicher mehr
als persönliche bedeutung. denn nicht nur verfolgt N. den Engel-
mar jetzt als das urbild des übermütigen und verhassten dörpers
(78, 35. 91, 19), nicht nur benutzt er ibn als mafsstab für die
ÜBER NEIDHARTS REIHEN 69
nichtsüutzigkeit der anderen (74, 15. 81, 14. 56, 3. 88, 27): er
bezeichnet die Spiegelgeschichte als den anfang zahlreicher Un-
bilden (78, 7. 93, 5), als den beginn einer unglücklichen läge
(70, 32 tf) und friedlosen zeit schlechthin (96,6). die katastrophe
betraf nicht sowol sein Seelenleben als seine äufsere existenz. N.
geriet dadurch in not.
70,32 mir enioil diu Scelde nindert volgen einen vuoz:
swelhen ende ich var,
s6 Icet si mich immer eine.
got vor nngednlde mich bewar.
' ■ "''min gelücke ist wider si^ s6 kleine.
!' von imoern schulden hdn ich disiu leit, her Engelmdr.
die art, wie sich N. hier und an den anderen stellen über
das ereignis ausspricht, lässt meines erachtens über dessen
wahre bedeutung keinen zweifei , und gestattet dann weiter einen
sicheren schluss auf N.s leben, in der bäuerlichen bevölkerung
hatte er für seinen kunstbetrieb einen gedeihlichen boden ge-
funden, Engelmars auftreten machte dem ein ende, als dieser
es wagte, N.s reihen zu stören (26, 2 ff), stand das übrige bauern-
volk, die getelinge, wie N. sie bezeichnend nennt, hinter ihm,
und dem spielmann blieb nichts übrig als das feld zu räumen,
von den festen, die er früher geleitet hatte, sah er sich ausge-
schlossen (52, 23 vgl. 56, 35), die dörper springen den reihen
ihm zum trotz (90, 8. 74, 9 vgl. 64, 36) , und der verschmähte
rächt sich vor anderen zuhorern durch eine neid- und spott-
erfüllte Satire.
Es wird manchen mit Verwunderung, vielleicht sogar mit
Unwillen erfüllen, den begabten Sänger so geradezu als spiel-
mann unter die bauern gestellt zu sehen; denn wenngleich man
den glauben , dass N.s bauern nur masken für seine ritterlich-
höfische Umgebung seien, aufgegeben hat und würklich annimmt
dass er unter bauern gelebt hat, so sieht man gemeinhin seine
tätigkeit doch wol in einem anderen licht, man möchte in ihm
einen jungen herren sehen, der- im vertrauten verkehr mit den
genossen seiner Jugend sich ohne zwang der lebenslust hingab,
durch seiiie geselligen talente bezauberte und hinriss und in einem
gewissen jugendlichen enthusiasmus die Vorzüge , welche die ge-
^ si beziehe ich auf Scelde; ich sehe das wort als petsonificatiön an
und habe es daher mit grofsem anfangsbuchstaben geschrieben.
70 ÜBER NEIDHARTS REIHEN
burt ihm gab, unberücksichtigt liefs. aber die häufigen klagen
über ein dürftiges los zeigen dass N. wenigstens zeitweise darauf
angewiesen war, vom ertrage seiner kuust zu leben, und wir
haben keinen grund , anzunehmen dass er nicht auch unter den
bauern dieses ziel mit seiner kunst verfolgte, der darbende sänger
sieht mit neid auf die bauern, die wie tauben mit vollem kröpf
auf dem korukasten stehen (54, 40), und der Standesdünkel hielt
den ritterbürtigen sicher nicht ab, ihre gaben zu seinem lebens-
unterhalt zu empfangen, freilich umgibt N. in seinen reihen
sich mit einem gewissen glänz , er stellt sich als führer der ge-
sellschaft, als abgott der mädchen vor; aber das ist der glänz
der rolle, die er als Veranstalter öffentlicher lustbarkeiten spielte,
ein glänz und ein selbstbewustsein ähnlich wie wir sie noch heut
zu tage kunstreiter und Seiltänzer entfalten sehen, wenn sie in
den dörfern ihre Vorstellungen ankündigen, in den winterliedern
tritt N. nicht so in den mittelpunct der gesellschaft ; da verspricht
er wol ein neues lied als freudensteuer (35, 15), aber bei den
tanzen im privathause begnügt er sich mit einem bescheideneren
platz, nirgends eilt ein mädchen dem gepriesenen sänger entgegen
wie in den reihen, nie erscheint sein Reuental als ort der Ver-
sammlung, sein erbärmliches hauswesen bot nicht den räum und
die mittel zum kovenanz , er ist da gast der wolhabenden bauern ;
ja wenn 45, 22 und 37, 24 aus dem leben gegriffene züge sind,
schien es für die dirnen nicht einmal recht anständig mit dem
musikanten zu verkehren, er empfing seineu lohn und damit
gut (40, 1):
'iSrnc ein guldin huon; ich gibe dir weize'.
schiere dö wart ich vrö.
N. verliert durch diese betrachtungsweise an persönlicher würde,
er gewinnt an Interesse für die kulturgeschichte. er ist für uns
der erste dichter, der sich mit seiner kunst an die bäuerlichen
kreise wendet, niemand wird glauben dass ihn eine art idylli-
scher Schwärmerei oder gar plane von Volksbeglückung, wie sie
JHVoss als Jüngling ausheckte, geleitet haben, die zeitverhält-
nisse wiesen ihm den weg. bis dahin hatte die moderne kunst
allein die adelichen hüfe gesucht, je gemeiner sie wurde, je
gröfser die zahl der sänger, je mehr die mode den reiz der neuheit
verlor, um so weniger ergibig wurde der boden und die künstler
suchten neue gebiete zu gewinnen, wir sehen die kunst vom
ÜBER NEIDHARTS REIHEN 71
Westen nach dem osten , vom Süden nach dem norden vorrücken,
aber auch von den höheren schichten der gesellschaft zu den
niederen, so eigentümlich N.s lyrik dem minnesang gegenüber-
steht: seine poetische technik, die Sauberkeit der spräche, der
genaue versbau und reimgebrauch, die manigfalligkeit und strenge
des Strophenbaues setzen die entwicklung voraus, welche die kunst
in der höfischen dichtung des 12 jhs. gemacht hatte. N. bot
diese schätze dem landvolk und sein rühm zeigt , wie willig man
sie aufnahm.. N. kam einem bedürfnis entgegen; derselbe trieb,
der sich in der nachahmung höfischer kleidung und höfischen
benehmens äufserte, bekundet sich auch in der empfänglichkeit
für eine feiner gebildete kunstform, die bevorzugten stände der
geistlichkeit und des adels waren in dem streben nach höherer
kultur vorangegangen, jetzt bemühte sich ein teil des übrigen
Volkes nachzukommen.
Aber auch die kunst selbst gewann durch diese einkehr auf
dem lande, indem N. sich mit seinem gesauge an die bauern
wandte, muste er an die kunst anknüpfen, die er unter ihnen
vorfand, die höfischen poeten erschöpften sich im adehchen
minnesang; N. nahm das volkstümliche tanzUed in seine pflege
und führte es in modernem gewande in die litteratur ein. der
enge kreis der höfischen lyrik, den Walther zuerst durch die
aufnähme der spruchpoesie mächtig durchbrochen hatte, erweiterte
sich jetzt von neuem , obschon die exclusive höfische gesellschaft
den ihr eigentümlichen minnesang noch mit so eifersüchtiger liebe
hegte, dass N., um den zutritt zu ihr zu finden, die minne-
strophen in seine lieder aufnehmen muste.
Die kunst hatte ein weiteres gebiet gewonnen und zog aus
dem neuen boden frische kraft, während der minnesang die be-
rührung mit dem würklichen leben gemieden und allzu ängstlich
sich in die weit der gedanken und empfindungen zurückgezogen
hatte, sucht N. überall die realität auf, und selbst seine typischen
figuren gewinnen in den besseren liedern den schein individuellen
lebens. hier endlich erschliefst sich der sinn, der sonst fast nur
nach innen gekehrt war, der aufsenwelt, nicht um ihr gleichsam
nur einen verstohlenen blick zuzuwerfen, sondern um sie ganz
zu geniefsen und ein auch in kleinen zügen treues bild festzu-
halten, freilich fehlt auch die kehrseite nicht, mit der natür-
lichkeit und frische, welche die poesie durch die berührung
72 ÜBER NEIDHARTS REIHEN
mit dem volke erhielt, verlor sie zugleich an würde und an-
stand.* ■ : li -; >y "lab uo'.ib'iihi i'fj'iof'.^f!
An diese allgemeinen bemerkungen schliefse ich einige bei-
trage zur kritik und erkläruug einzelner lieder und stellen.
1. Haupt eröffnet seine ausgäbe mit acht gedichten, die in
der Riedegger hs. nicht überliefert sind, 'sie haben', sagt er,
'ungenügende äufsere gewähr, aber sie klingen neidhartisch und
wenn in ihnen die eigenart des dichters nicht ganz so scharf
ausgeprägt erscheint wie in den meisten reihen der Riedegger
hs., so wird das Jugendgedichte erkennen lassen.' allerdings sind
die meisten gedichte der art, dass sich N. ihrer nicht zu schämen
hätte, aber doch fallen einige puncte in ihnen auf, die seinem
gebrauche nicht entsprechen, sehr beachtenswerte bedenken sind
gegen 3, 1 geltend gemacht, schon von Liliencron: der fehlende
natureingang und derrefrain, den nur dieses lied hat; vgl. auch
Tischer Über Nithart von Riuwental, Leipzig 1872, s. 19 und
Meyer s. 7 f. das gedieht als erzeugnis der Jugend anzusehen,
widerrät das motiv, die tanzlustige alte im widerstreit mit der
moralisierenden jungen, augenscheinlich suchte der dichter ein
neues motiv und wüste es nicht anders zu finden als durch um-
kehrung des natürlichen und nächstliegenden, auf die ähnlichkeit
mit einem anderen unechten liede (4, 6) hat Meyer hingewiesen. —
kaum weniger bedenklich scheint mir das zweite lied. wenn
Paul (Beiträge 2, 554) in den versen 4, 6 f mit recht die lesart
von C bevorzugt,- würde schon der reim velde: selbe hindern, das
1 als ich mein buch über Walthers leben schrieb, nahm ich noch an
dass N. alle seine lieder, auch die reihen, für den Vortrag in ritterlichen
kreisen gedichtet habe, und glaubte deshalb aus Walthers Worten (65, 31)
bi den gebüreti lieze ich st wol sin schliefsen zu müssen dass das lied Owe
hoi'elichi'z singen nicht gegen N. gerichtet sein könne (Leben s. 47). jetzt
würden mich diese werte nicht mehr ahlialten, Uhlands beziehung als
richtig anzuerkennen, aber bedenklich bleibt sie mir doch; denn Walthers
tadel scheint viel mehr auf die Vortragsweise als auf den Inhalt gerichtet zu
sein und seine gegenüberstellung von nachtigall und fröschen auf einen
anderen gegensatz hinzuweisen als den zwischen seiner und N.s lyrik; siehe
anm. zu 65,21. Leb. iv29. übrigens lässt Walthers ganze art erwarten dass
N.s poesie seinen beifall nicht fand, wie er ähnliche gegenstände behandelt
zu sehen wünschte, zeigt sein lied 74, 20. es ist ein ländliches tanzlied wie
Neidharts reihen und teilt mit ihnen die lose composition (vgl. auch 51,13),
aber nichts erinnert an den kecken realismus Neidharts, das gemälde ist in
den zarten färben und dem zuchtvollen stil des minneliedes ausgeführt.
2 so sinnlos, wie es Paul scheint, ist die lesart muoter! Idtz äne
ÜBER NEIDHARTS REIHEN 73
lied als N.s eigenlum aozuseheD. sehr auffallend für N. wäre
auch die folgende Strophe:
'neina, tohter, neine!
ich kdn dich alt er seine
gezogen an minen brüsten:
nü tno ez durch den willen min,
Idz dich der mari niht lüsten.'
diese feierlich gefühlvolle beschwörung der alten widerspricht
durchaus dem tone, der in N.s dichtung herscht. endlich ist
die Verbindung zwischen der vierten und fünften Strophe mangel-
haft, wer der mann sei, hat die alte nicht zu wissen verlangt,
ein sonst gebräuchliches motiv hat hier den dichter geleitet und
die natürliche entwicklung der gedanken gestört. — in dem ge-
dichte 7, 11 fällt auf dass ein gewisser Merze deu reihen vor-
springt; sonst nimmt N., wenn er einen bestimmten vortänzer
nennt, die rolle für sich in anspruch, und die abweichung von
diesem gebrauch fällt um so stärker ins gewicht, wenn wir den-
selben vorhin richtig gedeutet haben. — in dem hübschen Hede
8, 12 hat die vierte Strophe zweimal stumpfen reim (9, 2f), wo
sonst klingender steht, zwar wird die unregelmäfsigkeit metrisch
ausgeglichen , wenn man die drei letzten verse der Strophe zu
einer einheit verbindet und statt des versendes cäsuren annimmt,
aber die unregelmäfsigkeit ist für N. doch auffallend und ver-
dient bemerkt zu werden. -^' unter den noch übrigen vier liedern
sind drei, in denen allein der Sänger das wort führt, kein
mädchen redend auftritt, das kommt nun zwar auch in anderen
liedern vor, entspricht aber jedesfalls nicht N.s gewohnheit. er
hat die einführung eines monologs oder dialogs nur in den beiden
späten tönen 31, 5 und 33, 15 unterlassen, und dann in drei
gedichten, für welche besondere bedingungen gelten, in 25, 14
und den beiden auf der kreuzfahrt gesungenen 11, 8. 13, 8. -^
melde nicht. N.s lieder zeigen dass die teilnähme an den öffentliclien reihen
manchem anstöfsig war, und so konnte die mutter wol aufgefordert werden
zu schweigen; vgl. 17,39 und MSH 3,216' str. 13 tohterlm, swic stilie!
minne wenig oder vil, daz ist min guoter wille; scehe ichz an mit beiden
minen ougen, ich verswig ez tohterlm: also tuo du kint daz min und
minn wir beide tougen. — auch in v. 4, 25 will Paul (s. 555) die über-
lieferte lesart ich beiige den knabeii werden beibehalten; Haupt habe sie
vermutlich nur geändert, um den doppelten auftact zu entfernen, den er
doch anderwärts zugebe, wie stellt sich denn Paul die sache vor?
74 ÜBER NEIDHARTS REIHEN
die vorgetragenen bedenken würden nicht ausreichen, gut ver-
bürgte lieder dem dichter zu entziehen; aber sie vermehren das
mistrauen gegen schlecht bezeugte, wir haben hier einen der
fälle, in denen die kritik der liederdichter zu einem sicheren
resultat nicht kommen kann.
2. in mehreren reihen N.s hat man einzelne Strophen oder
Strophengruppen abgetrennt und angenommen , der dichter habe
sie nachträglich hinzugefügt oder auch denselben ton in einem
neuen liede widerholt, ob Haupt dies auch in dem Hede 11, 8
angenommen hat, ist mir zweifelhaft; er bezeichnet zwar hinter
der siebenten Strophe einen abschnitt, hat aber nicht, wie er
es sonst bei neuen liedern tut, den ersten vers der achten Strophe
vorgerückt. Meyer stellt es s. 97. 108 frei, ob man die vier letzten
Strophen als selbständiges hed ansehen will, und s. 121 sagt er,,
sie brauchten nicht gerade unmittelbar nach den sieben ersten
Strophen vorgetragen zu sein, aber andererseits bemerkt er richtig
dass die worte ob sich der böte nü süme das erste lied voraus-
setzen, man darf die Strophen desselben tones nicht von einander
trennen, wenn sie der Verbindung nicht widerstreben, einen
abschnitt wie nach str. 7 kann man auch nach str. 3 wahr-
nehmen, aber alle drei teile gehören zusammen, die Steigerung
der empfindung vom ersten zum zweiten und vom zweiten zum
dritten teil ist unverkennbar, die Sehnsucht nach der heimat
und der geliebten, die klage über die misliche läge in Ägypten
gewinnen immer lebhafteren ausdruck, in immer deutlicheren
Zügen sieht das verlangende äuge das bild des heimatlichen lebens,
immer lauter ertönt die frohe erwartung der baldigen heimkehr.
gegenüber dieser stetigen entwicklung der empfindung fällt es
wenig ins gewicht dass der dichter im zweiten teil einen boten
entsendet, im dritten selbst die botschaft übernehmen will, das
ganze beruht ja doch nur auf einer fiction und eine Verbindung
ist durch 12, 19 bezeichnet, das lied wurde vorgetragen, als
der herzog Leopold im frühjahr 1219 sich anschickte, Ägypten
zu verlassen; vielleicht als er seine boten abordnete, um die
bevorstehende rückkehr ankündigen zu lassen; so fände auch N.s
gesandtschaft in der würklichkeit ihr gegenbild und ihren anlass.
die historischen Verhältnisse, auf die N. anspielt, hat Schmolke
im Programm des gymnasiums zu Potsdam (1875) s. 13 angeführt,
hinzuzufügen wäre etwa noch dass die erwähnung des äugest
ÜBER NEIDHARTS REIHEN 75
(13, 2), die in dem frühliugsliede auffällt, durch die Verkündigung
des cardinals Pelagius veranlasst ist: jeder, der bis zum nächsteo
herbstpassagium ausharre, solle sündenerlass für sich und seine
angehörigen erhalten, in erinnerung an den schlimmen Spät-
sommer des Jahres 1218 antwortet N. : er dnnket mich ein narre,
swer disen ougest hie bestät.
Über die Strophen des tones 25, 14 urteilte Haupt dass sie,
wie es scheine, verschiedenen liedern augehörten, 'die dritte
Strophe würde wol in demselben liede weder den gesang der
Vögel erwähnen , nachdem die erste Strophe von den liedern der
nachtigallen geredet hatte, noch aus '\hr tichen an derselben vers-
stelle widerholen, die fünfte Strophe schliefst sich nicht recht
an die vorhergehende an: die deutung Lihencrons s. 103 be-
friedigt nicht; der Zusammenhang war wol anders und deutlicher.
die sechste Strophe muste als eine einzelne abgesondert werden.'
ähnlich aber entschiedener tritt Schmolke s. 15 für die trennung
in zwei lieder ein , und Meyer s. 98. letzterer bemerkt noch,
dass die letzte Strophe jünger sei, werde durch 26, 19 f bewiesen
gegenüber der ruhigen erwähnungVrideruns und Engelmars 26,2f.
ich halte die annähme, dass hier die fragmente zweier reihen vor-
liegen, für unbegründet und glaube einen teil der bemerkten
Schwierigkeiten heben zu können, an die spitze des tones setze
ich die zweite Strophe, denn die bemerkung über den winter
kommt zu spät, wenn die Schilderung des frühUngs vorangegangen
ist. 'man sagt, der winter habe sich heuer in die länge ge-
zogen', beginnt der dichter; 'jetzt ist der frühhng da.' nun folgt
die Schilderung: zuerst wiese und beide, dann die linde und die
nachtigall, die vöglein und die aufforderung der mädchen. dass
nach den nachtigallen noch die vögel erwähnt werden, finde ich
nicht so auffallend, um daraus auf verschiedene lieder zu schliefsen.
N. lässt hier wie in anderen gedichten die gedankenreihen aus
einer strophe in die andere übergreifen, die linde in v. 14 f setzt
die in der ersten strophe begonnene Schilderung der pflanzenweit
fort; die dritte mit dem gesang der vögel knüpft an die nachti-
gallen in der zweiten, die widerholung des wortes tichen in zwei
auf einander folgenden Strophen ist allerdings auffallend, aber
hier bedarf Haupts text wol einer änderung. tichen bedeutet
'schafl"en , treiben , ins werk setzen' und so braucht N. das wort
19, 21 die vögele .. die singent wunniclkhen ir gesanc, weint in
76 ÜB£R NEIDHARTS REIHEN
flfter tieften den sumer lanc. ''45, 14 mnschä mirz, wiez Gisel cid
mit tanze tkhen sol. aber was ioW ticken Idzen bedeuten? dieses
Idzent ist mir unverständlich, die hs. c liest: darunter Idt diu
nahtigal strichen; sie hat das richtige reimwort erhalten, strichen
Idn ist die bekannte elliptische wenduug, deren ursprüngliche
bedeutung nicht mehr gefühlt wurde; IN. braucht sie gerade so
18, 15 HM loset wie diu nahtegal dar ndher strichen Idt; vgl.
MSH 3,219'' nahtigal ir hi'igen Idzt dar strichen.
Also die ersten drei Strophen braucht man nicht aus ein'-
ander zu reifsen. sie sind der eingang des frühÜngsliedes,
in dem nach herkömmlicher anläge an den preis des früh-
lings sich eine au die mädchen gerichtete einladung schliefst;
eigentümlich ist diesem eingange nur dass der sänger ein be-
stimmtes mädchen nennt, an das er einen kränz gesandt habe,
die vierte Strophe schliefst sich aufs engste an die dritte an.
in dieser Strophe selbst aber erfolgt der Übergang zu einem
neuen teil, zu der darstellung einer ländlichen scene, die uns
ähnlich wie 25,-7 und 20, 35 auf den tauzplatz führt, eine ge-
sprächsscene fehlt diesem liedie wie den späteren 31, 5 und
33, 15. dass eine solche jemals vorhanden gewesen, ist nicht
anzunehmen; denn weder vor der vierten Strophe noch hinter
derselben würde sie nach der analogie der anderen lieder einen
platz haben.
Weiter fragt sich , ob die Verbindung von str. 4 und 5 ur-
sprünglich ist. Haupt und Schmolke vermissen einen rechten
zusammenbang, und in der tat ist die erwähnung Engelmars so
unbestimmt, dass man weiteres hören möchte, aber doch ist
schwer zu sagen, was in der verlornen Strophe gestanden haben
sollte, denn der anfang do sich aller liebes gelich begunde zweien
steht noch bei der Vorbereitung zum reihentanz, wie der schluss
der vorhergehenden Strophe, also in der allgemeinen Situation
ist kein sprung und keine lücke bemerkbar, ich nehme daher
an dass der dichter doch beide Strophen aufeinanderfolgen liefs
und dass er von Engelmar hier nicht mehr erzählen wollte,
die zweite hälfte der Strophe vermag ich im einzelnen nicht genau
zu erklären , auch Liliencron lässt in seiner paraphrase das wort
bescheiden unübersetzt. der gedanke im ganzen aber ist deutlich,
der Sänger sagt dass er der erwartung, er werd6, da alles vor-
bereitet war, den reihen anstimmen, nicht habe entsprechen
ÜBER NEIDHARTS REIHEN 77
können, augenscheinlich hielt Engelmar, der lauernd gegen-
über stand, ihn davon ab.
Endlich die letzte Strophe:
Nil heizent si mich singen,
ich muoz ein hus besorgen,
daz mich sanges wendet manegen morgen.
wie sol ich gebären?
mir st an Engelmdren
Ungemach .
daz er Vriderünen
ir Spiegel von der siten brach.
Haupt sieht die Strophe als ein selbständiges liedchen an, für
das der dichter also jede andere weise ebenso gut hätte wählen
können, allerdings ist, was IS', vorher darzustellen unternommen
halte, mit der fünften Strophe abgeschlossen; aber die compo-
sitionsweise des dichters verlangt doch nicht, in der fünften
Strophe das ende des liedes zu sehen, wie er mitten in der
vierten Strophe plötzlich aus der gegenwart zurückschaut und eine
scene der Vergangenheit schildert, so konnte er nach dieser scene
wider zur gegenwart zurückkehren, in dieser hinsieht steht die
sechste Strophe zu den vorhergehenden in demselben Verhältnisse,
wie die letzte Strophe des liedes 31, 5 zu 31, 30 — 39. die ge-
danken aber, die N. in der sechsten Strophe ausspricht, stehen
in unverkennbarer beziehung zum vorhergehenden, die fünfte
schloss er mit der erklärung, dass er nicht singen konnte,
die sechste beginnt mit der erklärung, dass er nicht singen kann;
in der vierten hat er auf Engelmars drohende Stellung hingedeutet,
in dieser sagt er, freilich nicht deutlicher als überall sonst auch,
was Engelmar nachher verbrochen hat. ich bin deshalb der an-
sieht dass die sechste Strophe mit den anderen zu verbinden und
gleichzeitig mit jenen vom dichter verfasst und vorgetragen ist.
Welcher Zusammenhang findet aber in der sechsten Strophe
selbst statt? w-as hat Engelmar mit N.s haussorge zu tun? wie
kommt überhaupt der arme dichter, der an anderen stellen dringend
um ein eigenes heim bittet, dazu, hier über die sorgen eigenen
hauswesens zu klagen (vgl. 39, 30)? ich vermute dass der aus-
driick hüs besorgen bildlich zu nehmen ist, und dass die zweite
hälfte der Strophe den bildlichen ausdruck erklärt; etwa als wenn
mau in unserer spräche sagte: 'nun soll ich tanzen; aber ich
78 ÜBER NEIDHARTS REIHEN
trage eineu schuh, der mir das tanzen verleidet: es verdriefst
mich an Eugelmar dass er der Vriderun den spiegel von der
Seite riss.' das spiel, das N. widerholentlich mit dem namen
Riuwental treibt, würde die Wendung vermitteln, ich muoz ein
hus besorgen daz mich sanges wendet manegen morgen bedeutet
so viel als 'ich bin ein armer Reuentaler', ein kind des Unglücks;
vgl. 5, 32.1
Was nun das ganze gedieht betrifft, so ist darin die Zurück-
haltung bemerkenswert, mit der N. von Engelmars tat spricht,
ohne höhnendes beiwort, ohne satirischen Seitenblick auf die
dörper. er legt seiner gesinnung noch zwang an; also noch
hoffte er wol den verlorenen platz wider zu gewinnen, das lied
ist in der form der reihen gedichtet, andere mochten es zum
reihen singen; N. selbst aber trat mit ihm nicht auf den tauzplatz,
er will nicht singen, wegen der kränkung, die Engelmar ihm
zugefügt hat. das lied erscheint wie ein fühler, den er aus-
streckt, um zu sehen, ob die alten beliebten klänge ihm eine
schar gewinnen werden, mächtig genug, Engelmar und seine
genossen hindan zu halten. 2
In der anmutigen Strophe 30, 36 bittet N. um ein haus am
Lengenbache, ob er sich damit an Otto von Lengenbach richtet,
der in Urkunden bis in die dreifsiger jähre des 13jhs. häufig
erscheint, oder etwa an herzog Friedlich den streitbaren, dem
nach einer Urkunde vom 11 märz 1241 wenigstens decimae in
foro Lengenbach als passauisches leben zukamen , liefs Haupt un-
entschieden und wird sich nicht entscheiden lassen, die Wahr-
scheinlichkeit aber spricht durchaus für Otto von Lengenbach,
nicht nur erscheint der schluss der Strophe got vilege mir ein
hus mit obedache bi dem Lengebache würksamer, wenn sie an
einen herren von Lengeubach gerichtet war, auch N.s lebensver-
hältnisse sprechen dafür, anfangs hatte N. die gunst des herzogs
Friedrich gesucht und empfangen, er war von ihm mit einem
' so ist auch str. 74, 25 zu verstehen; wenn N. zum schluss an seine
Zuhörer die bitte richtet, ihn des namens Reuental frei zu lassen, so will
er damit nicht sowol sagen dass er nicht mehr N. von R. genannt sein will,
als dass er in eine läge versetzt zu werden wünscht, auf die dieser name
nicht passt. die folgende strophe ist von dieser nicht abzutrennen.
^ andere Strophen desselben tones hat Liliencron bereits für unecht
erklärt, Haupt in die anmerkungen verwiesen, durch Pauls gegenbemerkungen
(Beiträge 2, 55Tf) bin ich ebenso wenig überzeugt wie Meyer s. 6.
ÜBER NEIDHARTS REIHEN 79
hause ze Medelicke belehnt (75, 3); aber die gäbe genügte seinen
bedürfnissen nicht; er geriet in schulden und das gut war bald,
wie es scheint, verpfändet (73, 18). neuen auforderungen ent-
sprach der herzog nicht; die str. 84,32 deutet Haupt vermutungs-
weise und gevvis richtig auf denselben , und als Friedrichs händel
mit dem reich begannen , finden wir den dichter auf der seite
der gegenpartei. wenn wir nun wissen dass N. die gegend von
Medelicke, wo er ursprünglich gehaust hatte, später verhefs und
weiter ostwärts in die gegend von Lengenbach zog (Haupt zu
75, 7), so ist es doch sehr wahrscheinlich dass die Umsiedelung
und die bitte um ein haus am Lengenbache eine folge des ge-
trübten Verhältnisses zum herzog waren, dazu kommt noch dass
Otto von Lengenbach, soviel wir aus dürftigen documenten
schhefsen können, zu Friedrich ebenso stand wie N. er er-
scheint häufig in Urkunden Leopolds vi, nur zweimal bei seinem
nachfolger zu anfang seiner regierung am 30 nov. 1230 und am
2 nov. 1231. am 18 sept. 1235 entzieht ihm Friedrich die vogtei
über das kloster Garsten.
Nun das Verhältnis der Strophe zu den anderen desselben
tones. Haupt hat die Strophe abgesondert, Meyer s. 132 be-
zeichnet sie als einen anhang und verweist auf Schmolke, und
dieser (s. 7 anm. 26) sieht in ihr einen beweis, dass N. früher
erfundene töne später wider aufgenommen habe, aber warum
soll die Strophe nicht ebenso früh gedichtet und gesungen sein,
wie die anderen? die einheit der empfindung ist unverkennbar;
derselbe weiche schwermütige ton waltet in allen teilen, in den
einleitenden Strophen (30, 1 — 3), in dem gespräch der mädchen,
in der rührenden bitte, mit der der Sänger schliefst, wie das
mädchen in ihrer letzten Strophe den schütz des himmels herab-
fleht (30, 34), so richtet auch der dichter — eine ungewöhnliche
Wendung bei ihm — seine bitte an gott. ich sehe die Strophe
ungefähr so an, wie heutzutage die widmung eines buches; den
meisten lesern kann sie gleichgiltig sein, das buch kann auch
ohne sie bestehen, und doch gehört sie dazu.
In dem tone 32, 6 lässt Haupt es unentschieden, ob die
beiden letzten Strophen ein fragment sind, oder ob der Übergang
verloren ist. Schmolke s. 7 anm. 24 bezeichnet sie als ein bruch-
stück; ebenso Meyer s. 97. 110. über den Zusammenhang der
ersten sechs Strophen bemerken sie nichts, und doch ist auch
80 ÜBER NEIDHAHTS REIHEN
dieser mangelhaft, der aufforderung zur freude in str. 2 folgt
unvermittelt die klage in str. 3; und die betrachtungen über den
verfall der liebe in str. 3 und 6 hangen offenbar unter sich enger
zusammen als mit den allgemeinen klagen in den dazwischen
stehenden str. 4 und 5. mit den str. 3 und 6 berühren sich aber
auch die beiden abgetrennten nahe; nicht nur behandeln sie das-
selbe thema , selbst einzelne ausdrücke werden wider aufge-
nommen : valsche minne 32, 39 und 33, 7, herzeliebe und dne
herze holt 32, 37 und 33, 12. eine andere Ordnung der Strophen
ergibt einen besseren Zusammenhang, in dem auch 33, 3 — 14
ihre stelle finden, doch zuvor sind ein par einzelne puucte zu
bestimmen.
i. Aus den Worten 32,30
- i'i Der ims nü die Tiutschen und die Beheim hcete
nji: daz si niht enbranten nnze man gescBte
schliefst Schmolke s. 29, unser lied sei nach der achtserkläruog
des herzogs im juui 1236 und dem gleichzeitigen einfall der
kaiserlichen achtsvoUstrecker gedichtet,, da vorher zu keiner zeit
Deutsche und Böhmen zugleich in Österreich eingebrochen waren,
aber die erste Strophe feiert den beginn des frühlings und die
angeführten worte selbst zeigen dass die felder noch nicht be-
stellt waren. N. muss sein lied gesungen haben, ehe die acht
ausgesprochen und vollstreckt wurde, dass man dies ereignis
schon im wiuter 1235/36 in -Österreich fürchten und voraussehen
konnte, ist bei dem verhalten des herzogs gegenüber dem kaiser
sehr begreiflich, siehe darüber jetzt AFicker Herzog Friedrich ii,
Innsbruck 1884, s. 45 ff. — was meint N. ferner v. 32, 18 f
Die den loiben höhgemüete sohlen machen
und in in diu lösen äugen sohlen lachen,
die hahent sich bewollen mit so vrömden Sachen,
daz hie bevor den Tiutschen wilde was?
die harten ausdrücke lassen keinen zweifei dass er das laster
der paederastie im äuge hat, dessen damahge Verbreitung in Öster-
reich auch durch andere Zeugnisse bekundet wird (Schultz Höfi-
sches leben l,453f); das ist die falsche minne, die der edelii
minne ihr lob genommen hat, und darum schliefst der dichter
mit den werten nieman sol mich fürbaz vrdgen ; er will von dem
ekelhaften nicht weiter reden.
Die Strophen schliefsen sich nuu in folgender weise an
ÜBER NEIDHARTS REIHEN 81
einander, auf den natureingang und die klage über das eigene
misgeschick in der ersten Strophe lässt N. seiner gewohnheit
gemäfs einen dialog folgen, str. 32,12 — 17 ist einem mädchen
in den mund zu legen, die redende person ist unbezeichnet
geblieben wie 10, 32. 18, 4. 19, 37. 24, 13. sie freut sich des
frühlings und fordert zu allgemeiner freude auf. die widerholung
desselben gedankens in v. 6 und 16 verhert durch diese roUen-
verteilung ihr auffallendes, eine gespielin antwortet mit 33, 3 — 8.
sie will von freude nichts wissen , klagt über das heimliche liebes-
werben der mäuner und den verfall der guten sitte. die andere
repliciert, dass man die männer nicht alle gleich achten müsse,
die guten solle man lieben, die bösen meiden; die untreuen
liebhaber wollten sie beide verachten, hiermit schliefst der dialog
und der dichter ergreift wider das wort, er nimmt das thema
der mädchen auf und steigert ihre klagen, indem er den männern
schlimmeres vorwirft als sie (32, 18 — 23. 36 — 33, 2). dann ver-
lässt er das specielle thema, spricht von dem verfall des lebeus
überhaupt (32, 24 — 29) und schliefst nachdrucksvoll mit dem hin-
weis auf die Zeitverhältnisse, von besonderer würkung aber sind
die letzten worte und helibe der vride noch stcete; durch die un-
gewöhnliche Satzstellung treten sie kräftig hervor, das war der
wünsch, in dem sich alle begegneten.
Ich habe jetzt die reihen besprochen , an deren einheit Haupt
zweifelte; die jüngeren stellten seine Vermutungen zuversichtlicher
hin , und gehen in einem liede über ihn hinaus. Schmolke s. 7
anm. 26 meint, die beiden Strophen 15, 5—20 hiengen nur sehr
locker mit den vorhergehenden zusammen und hätten betreffenden
falls wegbleiben können. Meyer s. 8 möchte sie am liebsten für
unecht erklären, doch könnte N. sie in seinem alter, in dem er
zu lehrhafter betrachtung und höfischer wortspielerei mehr neige,
auch wol hinzugedichtet haben, ich halte diese annahmen für
unbegründet, das lied 14, 4 hat die form des reihens und konnte
also zum tanze gesungen werden, seinem Inhalt nach ist es ein
liebeslied. eine aufforderung zum tanze ergeht in dem ganzen
liede nicht ; gleich die dritte zeile manegem senedem herzen trüren
ist benomen bezeichnet den kreis, in dem sich auch die beiden
letzten Strophen halten: minne und spräche des minneliedes.
wenn N. in seinem alter mehr zu lehrreicher betrachtung und
höfischer wortspielerei neigt, so ist doch nicht einzusehen, warum
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 6
82 ÜBER NEIDHARTS REIHEN
er, der in einem seiner ältesten lieder den höfischen dichtem
ihre reflexionen über das wesen der minne abgeborgl hat (9, 13),
nicht auch mit den Wörtern h'ep und vriunt nach ihrer weise ge-
tändelt haben soll.
3. ich habe oben die ansieht geäufsert dass N., wie er im
volkstümlichen tanzlied die anreguug zu seinen reihen fand, so
auch mit seiner tätigkeit der ländlichen bevölkerung diente, bis
sein handel mit Engelmar eine wendung herbeiführte, gleich-
zeitig aber wies ich darauf hin dass er nicht mit allen liedern,
die er in reihenform dichtete, die absieht gehabt haben müsse,
sie zum reihen vorzutragen, er behielt die beliebte form bei,
auch wo er zunächst andere absiebten verfolgte; so in den beiden
auf der kreuzfahrt gesungenen liedern (11, 8. 13, 8), in dem ge-
gedichte, das er Otto von Lengenbach widmete (29, 27) und in
dem liede 25, 14, wo er ausdrücklich erklärt, nicht zum reihen
singen zu können, noch in anderen gedichten weist der Inhalt
nicht auf den gebrauch beim tanze hin. 9, 13 und 14, 4, auch
29, 27 sind liebeslieder; 16, 38, das gespräch zwischen der mutter
und ihrer betörten tochter, 33, 15 ein der Jugend gewidmetes all-
gemein gehaltenes frühlingslied, 32,6 der klagegesang über den
verfall der zeit, und wol auch 31, 5, das zwar eine Schilderung
des reihen enthält, im wesentlichen aber denselben character trägt
wie 32, 6. die drei letzten lieder hat N. in vorgerücktem alter
verfasst; es gehört zu dieser gruppe aber auch das lied, welches
man wegen der ungewandtheit in der entwickluug der gedanken
für das älteste des dichters ansieht. ^
In anderen liedern tritt die beziehung auf den reihen deut-
lich hervor; doch dass dadurch noch nicht ihre beslimmung für
den ländlichen tanz verbürgt ist, zeigen vier gedichle unwider-
leglich, die lieder 26, 23 und 28, 36 sprechen die offenkundigste
geringschätzung des bauernstandes aus und die weitgehendste
nachsieht gegen das spielmannsgevverbe würde verse wie 27, 21 f.
29, 12 f nicht ertragen haben, zumal nicht von einem ritterlichen
spielmann, prügel würden der sichere und wol verdiente dank
des gesellen gewesen sein, der so schamlos und anmafsend zu-
* Meyer s. 16. 32. 59. 62 f. 100 f. übrigens scheint mir der Übergang
von der fünften zur sechsten strophe so jäh und unvermittelt, dass ich an-
nehmen möchte, in der Riedegger hs., die allein uns dieses lied überliefert,
sei nach 10, 3 eine strophe ausgefallen, die junge fragte darin, was die
minne der alten getan habe.
ÜBER NEIDHARTS REIHEN 83
gleich (1er bäuerlichen zum frühlingsfest versammelten gesellschaft
entgegen getreten wäre, in zwei anderen liedern 20, 38 und
18,41 kommt die Verachtung des bauernstandes im ganzen nicht
zum ausdruck; aber der inhalt auch dieser lieder ist der art, dass
es schwer zu glauben ist, burschen und mädchen hätten sich
beim gemeinsamen tanz daran ergetzt. die gesinnung, die N.
hier zeigt, verdient nach meinem Sprachgebrauch nicht die be-
zeichnuug frischen humors sondern zuchtloser frechheit. er selbst
lässt die tanze, die er veranstaltete, als statten der unsittlich-
keit erscheinen und renommiert damit, solche leistungen fanden
ihr publicum nicht in der öffeuthchkeit heiterer Volksfeste sondern
in den ritterlichen wachlstuben , deren insassen auf kosten der
bauern nicht nur leben sondern auch lachen wollten, unter
diesen umständen fragt es sich, ob nicht auch unter den anderen
Hedern solche sind, die trotz ihrer beziehung auf den reihen
doch nicht zum vortrage bei demselben bestimmt waren, so gut
wie gewis ist mir dieses bei dem liede 19, 7; der schluss 20, 30f
verrät schon die geringschätzige behandlung der gesellschaft, in
der N. sich sonst bewegt hatte, und durch seinen ganzen inhalt
ist das gedieht so eng mit den beiden umgebenden verbunden,
dass man es nicht von ihnen trennen darf, bei anderen ist die
entscheiduug weniger sicher. 23, 36 und 22, 22 fällt auf dass
das mädchen so nachdrücklich auf den ritterlichen geliebten
hinweist, eine Wendung, die vor jungen bauern schwerlich
wol angebracht gewesen wäre; in dem liede 24, 13 nicht nur
dies, sondern auch der hiuweis auf den zustand des mädchens,
wodurch das lied sich 20, 38 und 18, 4 nähert.2 frei von solchen
aus dem inhalt genommenen bedenken bleiben nur drei lieder
10, 22; 15, 21; 28, 1. und nun ist wol zu beachten dass diese
1 in diesem liede verstehe ich nicht v. 19,2, falls strüche der imperativ
des swv. stnichen sein sollte, ich vermute darin ein subst. = landstreicherin
zu einem st\ . strücheti oder strieche7i, das in altn. stritt ka erhalten ist; vgl.
spinne zu spinnen, fliege zu fliegen ua. es liegt nahe auch Strauchdieb
und Strauchhahn hierher zu ziehen.
2 die letzte strophe 25, 9 halte ich übrigens für unecht, diese prügel-
scene greift in auffallender weise über den punct zurück, auf den der
dichter schon vorher die handlung geführt hatte; Meyers betrachtungen s. 116
befriedigen nicht, mit einer ähnlichen scene schliefst das in der Riedegger
hs. nicht überlieferte, übrigens vortrefflich ausgeführte lied 9,5. vgl. auch
die Interpolation zu 27, 38.
S4 CßER NEIDHARTS REIHEN
tlrei lieder auch durch ihren abschluss die würksamste form des
tauzhedes zeigen, das zum tanz enteilende niädchen spricht das
letzte wort und zeigt die empündung und freudige erwartung
auf ihrem höhepuncte. von den anderen liedern ist ähnlich nur
26, 23; sonst entbehren sie diesen characteristischen zug, in
manchen (19, 7. 22, 38) weist eine breiter ausgeführte erzählung
oder betrachtung am schluss auf eine andere bestimmung.
Also nur drei von den in der Riedegger hs. erhaltenen
reihen erweisen sich als ihrer ursprünglichen bestimmung treu.
es folgt daraus nicht dass sie die ältesten lieder sind, die N. ge-
dichtet hat; ältere tanzlieder können verloren sein, und ebenso
früh wie zum tanze kann er dieselbe form auch zu anderen
zwecken gebraucht haben, auch die annähme ist nicht ausge-
schlossen, dass N. zu einer zeit, wo er noch unter den bauern
verkehrte, doch auch die gelegenheit wahrgenommen habe vor
ritterlichen zuhörern aufzutreten, und dass er vor ihnen lieder
gesungen habe, die den bauern keine imterbaltung gewährt
hätten, aber das ist durchaus nicht glaublich, dass N,, solange
er noch auf eine lohnende würksamkeit in der ländlichen be-
völkerung rechnete, gedichte vorgetragen habe, die sie offen
höhnten; denn verborgen konnte solcher höhn nicht bleiben,
diese lieder also müssen wir nach aller Wahrscheinlichkeit in die
zeit setzen, da der streit mit Engelmar seinem leben ein anderes
ziel gesetzt hatte. 18, 4. 19, 7. 20, 38. 26, 23. 28, 36 sehe ich
demnach für jünger an als 25, 14; nicht so sicher 21, 34. 22, 38.
24, 13, denen sich 16,37 (s. v. 17, 26) anschliefsen würde, hin-
gegen sind die beiden kreuzlieder wegen v. 12,33 jedesfalls noch
in die erste periode zu setzen, und nichts hindert auch die beiden
liebeslieder 9, 13 und 14,4 ihr zuzuweisen. i jedesfalls kommen
auf diese erste periode verhältnismäfsig wenige lieder und die
zeit des ungestörten Verkehrs mit den bauern erscheint als eine
kurze, möglicher weise ist das nur ein durch mangelhafte Über-
lieferung verursachter schein; aber beachtenswert ist dass die
* diese gruppierung der reihen N.s stimmt mit der von Meyer s. 16
aufgeslelltcn reihenfolge nicht überein; doch glaube ich nicht dass seine
auf die poetische form und technik gerichteten beobachtungen das aus dem
inlialt geschöpfte resultat als unrichtig dartun werden, mit recht scheint
miriM. in N.s tätigkcit auf die bliitezeit eine periode des Verfalls folgen zu
lassen; und die producte der abwelkenden und unentwickelten kunst lassen
«ach den gefundenen formalen kriterien sich schwerlich sicher scheiden.
ÜBER .NEIDHARTS REIHEN 85
winterlieder dasselbe bild gewähren; unter ihnen sind die, welche
keine feindseligkeit gegen die bauern zeigen, noch weniger
zahlreich.
20 märz 1884. W. WILMAIVNS.
ZUR FAUSTSAGE.
1. Simon Magus.
Durch Wellers Verzeichnisse von Jesuitendramen Serapeum
1864 ff auf die reichen Münchner scenarien aufmerksam gemacht,
konnte ich dank Laubmanns oft bewährter gute mehrere sammel-
bände benutzen, in dem Dillinger schulstück (Weller 117, Ser.
1864 s. 252) S. Petrus triuraphans Siraonem Magum, et Caesarem
Neroneni tragico-comoedia. Wie der Heilige Petrus Simonem den
ersten Ketzer und Zauberer, auch den Blutgierigen Kaiser Neronem
vherwunden hob. Data in Theatrum ab Universitate Dilingaua
Die — Octobris Anno mdcxxix. Dilingae. Operis Casparis Sutoris
6bll. 40 ist die neronische Christenverfolgung verquickt mit Simons
letzten Schicksalen: er wird der neugeborenen Haeresis auge-
traut, die Zauberer müssen dem Nero den geist der ermordeten
igrippina beschwören, Simon setzt marmorne gütterbilder in
»ielende bewegung, beirrt das volk durch falsche lehren und
vrbreitung der pythagoreischen metempsychose, stöfst mit Petrus
af dem forum zusammen , wird al)er von der betörten menge
alJuppiter verehrt, da abgehauene köpfe ihm reverenz bezeigen,
er soll den geist von Neros vater beschwören, und als er das
niat vermag, leistet es Petrus, freihch gelingt es dem Magus
dasganze geschlecht des kaisers aus der unterweit zu rufen, doch
bei ler himmelfahrt wird er von Petrus und Paulus, der die ge-
wöhliche Statistenrolle spielt, vernichtet.
>imous gesammte fata behandelt ein Augsburger stück, dessen
deutshes argument in dem Münchner sammelbande folgt: Petrus
wnrf Fulus das ist: Ein christliches Schawspil vom Leben, Wandel,
Marte.vnd Todt zweijer Fürsten defs rechten vnd wahren Glaubens.
. . . Gialten und vorgestellt von dem Äugfpurgischen Gymnasio
der So, Jesv den 3. und 5. herbstmonat. Im Jahr Christi 1659.
Gedriici zu Augfpnrg , bey Veronica Aper gerin Wittib, auff vnfer
lieben hwen Thor. 4 bll. 4«. im ersten act erscheint Simon
86 ZUR FAUSTSAGE
als saniaritanischer zauberer; im zweiten IriflY er unter Claudius
in Rom ein, wo ihm das betrogene volk göttliche ehren er-
weist und eine statue errichtet; im dritten verheizt er den pöbel
durch Zauberstückchen gegen die Christen ; im vierten gibt er
sich für den wahren Christus aus; im fünften gewinnt er Neros
gunst, wird aber bei der himmelfahrt durch Petri gebet zu
schänden.
Ich erwähne noch dass im eingang von Vondels Peter en
Pauwels die geister des Simon und Elymas aus der hölle empor-
steigen; Simon erzählt seinen erdenlauf und flucht den beiden
aposteln. ähnlich erscheint in einem nachher mitzuteilenden
Theophilusscenar der verdammte Faust.
2. Cyprianus.
Dürfen wir weitere aufklärung über die Simonsage von der
publication einer bisher unbekannten handschrift der Acta Petri
(vgl. Lipsius Apokryphe aposlelgeschichten 1,40) hoffen, so hat
die Cyprianuslegende durch ThZahn Cyprian von Antiochien und
die deutsche Faustsage 1882 eine klare analyse gefunden, wir
kennen nun die ausbildung und litterarische ausbreilung. auch
Calderous quellen , über die noch Reyschlag irrige ansichten
äufserte , sind klar gelegt, und nach so reicher belehrung ver-
zeiht man dem verf. seine sehr befangenen urteile über Goethe
dieser hat den Magico prodigioso erst aus Einsiedeis überselzui^
kennen und bewundern gelernt (an Knebel 17 x 1812 2, 61f 's
ist das süjet vom doctor Faust , mit einer unglauhliclien grofshit
behandelt; kühl Knebel an Charlotte Schiller , Urlichs 3, 385)
Die erste deutsche bearbeitung zeitlich nach Calderon kelie
ich nur aus dem titel eines Augsburger scenars , das nicht diect
aus Jesuiten- oder anderen schulkreisen, sondern von dilettalen
herstammt: Der in die Justina verliebte gottlose und durc' sie
zum christlichen glauben bekehrte Cyprianus. in Jacober vostadt
gelegenem comödienhauss von einigen theatralischer Spiel-luslieb-
habern. An. 1688 in Augspurg auf die Schaubühne gelacht.
al)er schon 16 u 1608 in Graz haben die Patress ein Comli ge-
halten von Cipriano und Justina JMeifsner Die englischen i)moe-
dianlen s, 78, 87.
Ein Zauberer Cyprianus auch in Schleswig-Holstein, ^üllen-
hoff Sagen 192 (vgl. zu Faust s. 320, 529 ff).
ZUR FAUSTSAGE 87
3. T h e 0 p h i 1 u s.
Die litteratur ist seit ESommers trefflicher dissertation De
Theophili cum diabolo foedere 1844 und den publicationen Hoff-
manus vF 1853 gerade in den letzten jähren ungemein ange-
schwollen: Rölbing Beitr. zur vergleichenden geschichte der
romantischen poesie und prosa des mittelalters s. 1 ff und Eng-
lische Studien 1, 16 ff, Ludorff Anglia vii heft 1; Zs. für roma-
nische Philologie 2, 246 ff. 523 ff; Radewins gedieht ed. WMeyer
Münchner academie 1873; Verdam Theophilus, middelnederlandsch
gedieht der XIV euuw 1S82; KSass Über das hssverhältuis des nd.
Spiels von Theophilus Elmshorn 1879 (dagegen Lambel Germ.
26, 370 ff), zwei jesuitenslücke verdienen mitgeteilt zu werden.
Summarischer Inhalt der Comoedien üoh Theophilo der Kirchen
in Cilicia Vicario; wellicher sich wegen schnöden Ehrgeitzs dem
laydigen Sathan mit eignem Blut verschriben ; aber durch Hilff der
Seeligisten Mutter Gottes Marice dieses bluetige verschreiben wider
erobert, vnd von der ewigen Straff erhalten worden. Gehalten zu
Ingolstatt, inn dem Academischen Gymnasio der Societet Jesv den
[freigelassen] Octobris Anno 1621. [siegel.] Gedruckt zu Ingol-
statt, bey Gregori tiänlin. 1 bll. 4'*.
Das erste blatt bietet eine dürre Synopsis der Histori von
Theophilo, so beschriben wirdt von Vinc. Beluac. lib. 21 c. 69
vnd 70 (dh. der dürftige auszug aus Paulus Diaconus im Speculum
bistoriale des Vincentius Bellovacensis). nach dem proludium
chreibe ich nur den deutschen teil als drastischer und an
iiehreren stellen ausführlicher ab.
Proludium actionis.
Maxafat in persona Eremitae, Juuenis, et Cacodaemonis varias,
qibus homines illaqneat orcus, pedicas enumerat.
Maxafat in der Person eines alten Einsidlers , eines wol-
gebtzten Jünglings, vnd defs Teufels erzehlt etliche lüst , mit
wehen der Teufel die Menschen in sein Netz jagt.
Prologus.
'ompendiosa totius Historiae narratio,
'in kurtzer vnnd Summarischer Inhalt der gantzen Histori.
88 ZUR FAUSTSAGE
Actus primus.
Sceua I.
Drey Geistliche Athanasins, Arsenius, vnd Procopiiis mit sambt
2. Hofherreti Carolo vnd Maxaemiliano beklagen vnd bereden sich
von defs verstorbnen Bischoffs Todt.
Scena ii.
Sosia, Damis vnnd Dromus defs verstorbnen Bischoffs Diener,
sem lustig vnd guter ding, weil jhr Herr mit Todt abgangen.
Scena iii.
Theopompus vnnd Marianus Hofherren verwundern sich höch-
lich ab der Demnth Theophili, welcher das jhme angetragne Bis-
tumb abschluege.
Sceoa IV.
Theophilus an/'s groffer Demnth macht sich vnd seine Tugendten
ring vnd schlecht, von deren wegen er Bischoff hette sollen werden.
Wirdt in dieser Demuth von seinem Schutzengel gelobt vnd gesterckt.
Scena v.
Die Uoffart sambt anderen Lastern aufs Ha/s vnnd Neydt
gegen der Demuth defs Theophili, trowen dem Theophilo mit
allerlei/ Gefahr, vnd bösen Zustandt.
[Superbia, Volnptas, Hypocrisis, Inuidia, Philautia, Ira in
Theophili coniurant interitum.]
Actus Secundus.
Scena i.
Sosia jetzt ein Diener Theophili beklagt sich höchlich ab dei
Haufsmaister einem kargen vnnd sauren Mann. Disen weißt r
auch höflich ab dem Theatro, vnd macht sich vber den Mesirr,
vnd raubt jme mit lüst Kuchen und Teller, [inde ut sitim et fan^m
seilet, Aeditiii compilat penuaria.]
Scena ii.
Die Hoffart vnd andere Laster erzürnen sich heffiig jber
die Beständigkeit Theophili, vnnd muntern sich au ff zu wei-
terem Streit.
ZUR FAUSTSAGE 89
Scena irr.
Theophibis empfiticU allerlei) schwere anfechtung , vnd weil er
tut genug widerstehn kundte, fiele er in ein schwere Traurigkeit,
welche jme der Wollust mit lieblicher Mnsic, und Saiterispil zu-
benemmen vndersteht.
Scena iv.
Damianus vnnd Albertus erzehlen, wafstnafsen sie den Theo-
philum bofshafftig verkleinert haben , richten sich auch auff andere
Puebenstück , mit welchen sie jhne gar stürtzen möchten.
Scena v.
Die Bauren mit jhrer Steur vnd Zehent, welchen sie Theo-
philo brachten wurden von Damiano auff gefangen : diser gibt sich
für Theophilum aufs, redt sie rauch an, vnd trowetjhnen, wegen
jhrer Bofsheit, vnd Diebstahl, deren er sie fälschlich bezüchtet.
Scena vi.
Die Bauren bewainen jhr vnschuldt, vnd Theophili Tyranney.
Wird jhnen von Damiani Diener Dorione gerahten , sie sollen bey
dem Bischoff sich schrifftlich dessen klagen.
Actus Tertius.
Scena i.
Der Bischoff mit seinen Ruthen fälschlich beredt, vnd hinder-
gangen, ist bedacht Theophilum von seinem Ampt zuuerstoffen,
welches er nach angehörter der Bauren klag würklich gethon.
Scena ii.
Theophilus seines gewalts vnd dienst entsetzt, trowet seilten
Müfsgünnern vnd Anklägern. Wir dt von dem Zorn, Neidt vnd
aigner Lieb vast entzündt. [cui Ira, Philautia, et Inuidia faces
admouent.]
Scena in.
Dario kompt mit der Bauren schanckungen auff den Marckt,
büt sie fail. Der Mesner vermaint er sey Sosia, der jhme vn-
lengst abgetragen , fallt jhn an, vnd dufslet in wol ab, Dorio
wufste nichts vmb die sach, wörht sich so gut er kan; bifs letz-
lich die Schörgen zugeloffen, vnd baide gefäncklich eingezogen.
90 ZUR FAUSTSAGE
Actus Quartus.
Scena i.
Ein Chaldeer oder Zauberer berümbt sich seiner Ki'msten; last
auch etliche stücklein sehen, sonderlich im wahr sagen vnd Pla-
neten lesen.
Scena ii.
Der Zauberer verblendet die Leüt mit abentheurischen Spiegel-
fechtnngen.
Scena iii.
Theophilus verwirfft die rhät Theopompi vnnd Mariani, be-
scJilenfst Heyl, vnd Ehr von dem Zauberer vnd dem Teuffei zu-
begeren.
Scena iv.
Theophilus verschreibt sich mit aignem Bluet dem bösen Geist,
welcher jm zu vorigen Würden zuhelffen verspricht.
Scena v.
Die Eoffart sambt anderen Lastern triumphiert wegen de/s
erlangten Sigs wider den Theophilum.
Scena vi.
Der Bischoff mit seinen Ruhten nach rechtem Verstandt der
Sachen, setzt Theophilum, widerumb in seine vorige Würden ein.
Scena vii.
Damianus vnd Albertus erschricken ab der glücklichen Pro-
molion Theophili, besorgen sich es möchte jhre Verkleinerung an
Tag kommen, vnnd jhnen vbel belohnt werden.
Scena vin.
Theophilus nun mehr wider eingestelter Vicarius troet seinen
Feinden, vnd nimbt jhm für, forthin in Wollüsten zuleben.
Actus Quiutus.
Scena i.
Das Gewissen beklagt den bösen Standt Theophili, verheifst
auch müglichen flei/'s Theophilum dem ewigen Verderben zu ent-
ziechen.
ZUR FAUSTSAGE 91
Scena n.
Der Schutzengel, [cum Virtutum quaterniooe] Keuschheit,
Demuth, Sanfftmütigkeit , vnd Liebe Gottes trauren vber jr Elend,
in welches sie von Theophilo veriagt worden.
Scena iii.
Das Gewissen in fürweisung der höllischen Peynen vnd der
Ewigkeit schreckt den Theophilum von dem Weg der Laster ab.
Scena iv.
Astaroth ein Fürst der Teufel streitet mit dem Schutzengel
vmb Theophilum.
Scena v.
Theophilus heget t an den Zatiberer die hlnetige Verschreibung,
dessen sich der Zauberer gewaigert.
Scena vi.
Der Schutzengel heifst Theophilum von Maria hilff begehren :
von welchen jhn Astaroth mit grimmigen Trowungen abschrecket.
Theophilus aber fleucht zu der angedeuten Hilff der Mutter Gottes.
Scena vii.
Die Seeligste Jungefraw erhöret Theophilum, gibt jhme die
hluetige Handschrift, vnnd erfrewet Theophilum; welcher jhr grofses
Lob vnd Danck sagt.
Scena viii.
oder
Beschlufs der Comoedi.
Faustus et Scotus Magi in niedio flammarum aequalis pene
sceleris inaequalem lamentantur exitum.
Faustus vnd Scotus beriembte Zauberer in einer Feiorigen
Hole bewainen jhr Elend, dieweil sie gleichs Laster der Zauberey
mit vngleicher Straff bezahlen müssen, vnd in aller ewigkeit nit
abzalen werden.
Das Personenverzeichnis bl. B3 umfasst fünfzig namen. fast
alle allegorischen partien sind adeligen zugeteilt.
Maria Die Himmels-Thür durch welche Theophilus Der Statt
Adana in Cilicia Verwalter in die ewige Seeligkeit eingangen [folgt
Widmung : vier ratsherren] Als Freigebigen , Grofsgünstigen Herrn
Premiatoribus zu Ehren, der Jugend zu Nutz, vnd männigklich
92 ZUR FAUSTSAGE
zu Trost gehalten Von dem LöbL Gymnasio der Societet Jesu In
gemelter Churfürstl. Hauptstatt Straubing, den 6. Septem!). 1655.
[siege!.] Gedruckt zu Straubing, bey Simon Haan. 4 bll. 40.
Auf (las dürftige arguraeut und den auszug aus dem prolog
zu e!iren Marias folgt das scenar; alles nur in deutsclier spraclie:
PARS I.
Marice Diener T!ieop!iiIus der vnschuldige wird seines
Ambts entsetzt.
Scena i.
Eusel)ius der newe an statt Tlieop!iili geweichte Bischoff zu
Abdai a lobet fast die Trew vnd Verdienst T!ieop!iili , thnt jhme
öffentliche Ehr an, vnnd ermahnt selbigen er solle fortfahren so
lool den Hoff als die Kirchengüter znuerwalten.
Scena n.
Dafs Geschrei) ruefft das grofs Glück Tlieopliili aufs, xoelches
vil verehren , vnd deme folgen , \c eil sie sehen ivie glückseelig Theo-
pliilus seye; der liebliche icind Zephyvus erhebt sich von der Er d,
tceissagt, schön Wetter soll man zu Abend loben, dise Fremd werd
baldt guet Nacht nemmen, vnnd von gefährlichen Sturmwinden be-
stritten werden.
Scena iii.
Der Neydt kau nit verkochen den Wollstand Tlieopliili, darumb
er mit seinen Gesellen , dem Ehrgeitz vnd Lugen , gedenckt an dem
Hoff EyisehV] ein Feivr anzublasen, darmit wider Theoplülum ein
Mifsgunst zuerwecken. Welches in deine die Warheit zubesehen,
vnd zuverhindern begehrt , springen jhr die Kohlen in das Gesicht,
wird vom Hoff vnbillicher weifs verstofsen.
Sceua IV.
Weiln Tlieopliilo vil mehrers am Zehenden als andere Jahr
neben etlichen Verehrungen geliffert wird, nimbt der Neyd aufs
disem Gelegenheit Theopliilo bey Euse!)io ein Noten zustechen, vnd
jhn der Vntrew wegen anzuklagen.
Scena v.
Die Knecht eines Hoffverwalters , weil ein Scheint voll Traidts
gehling im Rauch au ff gangen, erzehlen sie bey Hoff das Vnglück,
von welcher Brunst der Newd ein gro/'ses Fewr wider Tlieop!ii!um
erwecket.
ZUR FAUSTSAGE 93
Sceua VI.
Philotimus ein Feindt Theophili last durch falsche anklag
nit nach, bifs Theopbilus öffentlich seines Ambts , vnd Ehr ent-
setzt wird.
Scena vii.
Dafs Geschray ruefft das Volck zusamb, verkündiget dafs Theo-
pbilus seiner Ehren entsetzt, darob sich jederman verwundert, der
Neid, vnd die Lug gehen mit Fremden in die Hall, die Warheit
verhofft nach erkannter Vnschuld Theophili bey Hoff auch wider
ein Orth zufindeu.
Chorus.
Das Glück Theophili so am Hoff ein Schiffbruch erlitten, ver-
nimbt aufs vnderschidlichen Darstellungen dass niemandt so Glück-
seelig ist in dieser Welt, so nit der Müheseeligkeit vnderworffen ist.
PARS II.
Marioe Feindt Theophilus der Ehrgeitzige erhalt sein
voriges Ambt.
Scena i.
Die Ehr macht dem trawrigen Theophilo gut Hertz , er werde
widerumb in den vorigen Standt gesetzt werden, wann er sich ihrer
Gefährten, der Gunst vnd Glückseligkeit bedienen werde, treibt auch
jhn an alles zur erhaltung der Ehr zuwagen.
Scena n.
In dem Theophili Verstandt durch die Ehrsucht verfinstert,
in der Schafs der Ehren entschlaffen allerley Sachen sihet, ruefft
die Ehr etliche höllische Nachtgeister , welche mit jren Facklen mehr
die Lieb zur Ehr in Theophilo sollen anzünden, vnd zu allem
bösen vorleuchten.
Scena in.
Alfs Theophilus erwacht in disen Finsternussen nit waifs wo
aus, fragt er Gelam seinen Diener wie jhnie aufs disem Elend
zuhelffen, welcher jhn beredt bey dem vornemmen Zauberer Gorgia
vmb Hilff anzuhalten, deme auch Theophilus gefolgt.
Scena iv.
Genius Theophili bemühet sich die Finsternufs zuvertreiben,
schicket Eulych'iamim nach Hoff dem Bischoff von Theophilo gründt-
lichen Nachricht zugeben.
94 ZUR FAUSTSAGE
Scena v.
Weil dann bey Theophilo die gute Einsprechungen nichts ver-
mocht, geht er widerumb zu dem Zauberer, welcher den laydigen
Feindt aufs der Höll beschwöret, deme dann Theophilus sich mit
seinem Blut verschreibt, Gott vnnd Mariam verlaugnet, darob die
gantze Höll sich erfrewet.
Scena vi.
Ein erfahrner Sternseher vermerckt dass der Mond am Himmel
(durch welchen Maria verstanden wird) ein Mackel (welche Theo-
philum bedeut) habe. Maria, gleich wie die Evangelische Fraw
Lucae 15. bemühet sich mit den himmlischen Geferten den ver-
lohrnen Groschen allenthalben zusuchen.
Scena vii.
Theophilus xcird nach empfangetmn gründlichen Bericht wi-
derumb zu Gnaden an vnd auffgenommen vnd dem gantzen Rath
der Statt Adana vnschuldig erklärt.
Scena viii.
Dafs Geschrey verkündiget solches mit großen vnwillen seiner
Feinden jederman.
Scena ix.
Die Ehr mit jhren Gefährten sampt dem gantzen Volck führt
Theophilum mit grofsem Jubel vnd Frewd wider nach Hoff.
Scena x.
Deme folgen drey so der Freyheit nachjagen adeliche Jüngling,
in meynung solche bey Hoff zuerhalten.
Scena xi.
Das Gwissen macht Theophilo angst, rufft auch Maria durch
ein herwiderhallende Stimme, das Theophilus zur Bufs greiffe.
Chorus.
Weil dann die Seel Theophili mit der Forcht defs Todts vnd
ängsten der Höllen vmbgeben sich vbel befind, wollen jhr die 5. Sitm
solche Trawrigkeit vertreiben, werden aber von Maria vertriben,
vnd wird von den himmlischen Gefehrten Mariae, Theophilo em
zerknirschtes Hertz zur Bufs zuberaithet.
ZUR FAUSTSAGE 95
PARS III.
MaricB Sohn Theophilus der Biefsende wird zur Gnad, vnnd
* ewigen Frewd auffgenommen.
Scena i.
Gorgias der Zauberer wil von Eutychiano erforschen was
Theophilus thne, weil er sich seiner nicht mehr achtet.
Scena ii.
Der Diener Theophili kombt dem Zauberer vber sein Buch,
in welchem da er aufs Fürwitz list, sihet er seltzame Gspenster,
werden auch andere Sachen jhme von dem Zauberer gezaigt, ob
denen er sich verwundert.
Scena iii.
Maria haltet bey ihrem Sohn vmb Theophiium öm, dafs Gott
solchen durch sein Gnad wider zur Buefs erwecke, vnd erhaltet
solches hegeren.
Scena iv.
Theophilus gantz ängstig, entschliest sich bey der Gnadens-
porten Maria vmb Gnad anzuklopfen, welche jhme Hilff verspricht,
wann er zuuor werde dem Satan absagen, vnd Gott widerumb be-
kennen, Theophikis setzt difs mit grofser Beretoung in das Werck
wird darumb dass Gnadenkleid dessen Seel von Himmel geschickt,
vnd erfrewt sich Maria wegeti defs gefundnen Groschens.
Scena v.
Daß Hertz Theophili toird vom höllischen Gicalt starck an-
gefochten, wird aber durch Beystandt Mariae der Feind abge-
triben.
Scena vi.
Maria erzwingt von dem laydigen Satan deyi mit Theophili
Bluet geschribnen, vnnd eingehändigten Zettl , welchen die H. Jung-
fraw Theophilo widerumb gibt.
Scena vii.
Zur Verkündigung der grofsen Barmhertzigkeit Gottes, be-
kennt Theoph. vor mennigklich sein begangen Schuld vnd von Gott
durch Mariam erhaltne Gnad, darumb dafs gantze Volck Gott vnd
Mariain freidlich lobt. Verbrennt auch Theophilus den empfang-
nen Zettl.
96 ZUR FAUSTSAGE
Scena viii.
Etliche Nachtgeister durchsuchen den Aschen vermeynend ein
FinckUin zufinden, vnd in Theophilo ein newes Fewr zur alten
Bofsheit zuerwecken, werden aber durch Mariam verjagt.
Scena ix.
Eulychianus rnfft den Bischoff zu dem Todt Theophili, welcher
jhme zuspricht, geht also die Seel aufs dem Leib durch die Himmels-
porten Mariam ein, in die ewige Seeligkeit.
Epilogus.
Darumh dann die Engel sich erfrewen, dafs der verlohnte
Sünder Tlieophilus durch die Bufs wider gefunden dass ewig Leben
noch erhalten hat. Es erfrewet sich auch zum Beschlufs die Jugend,
weilen derselbigen aufs grofser Freygebigkeit der Edlen, Vesten,
4. Herrn Burgermaistern diser Hauptstatt schöne Proemia aufs-
gethaill werden, für welche nach Schädiger Dancksagang die Action
7iimbt das Ende. . . .
Folgt das Verzeichnis der rollen und der spieler; es sind
hundertundvierzig.
In keinem zusamme ihang mit der Theophiluslegende bieht das
doppelsprachige Münchner librelto (Weller 199, Serapeum 1864
s. 335): Theophilus seu charitas hominis in Deum. Cantato dra-
mate in scenam datus a juuentule Electoralis Gymnasij Mouachij.
4. et 9. Septemb, Anno m.dc.xlui. . , . Getruckt zu München, bei/
Cornelij Leyserij Erben, 14 hll. 4^, eine lyrisch-allegorische ver-
herlichung der liebe zu golt nach ihren verschiedenen phasen
und äufserungeu, ohne jeden greifbaren dramatischen inhalt.
Wenn aber das Straubinger spiel durch die parodistische
dienerscene 3, 2 an eine bekannte Hanswurstscene der Faustspiele
erinnert, so werden wir an Fausts Helena gemahnt durch eine
stelle in dem, sonst für unsere zwecke gleichgilligen Burghäuser
sceuar (Weller 532, Ser. 1865 s. 349), wo Theophilus widerum
allgemein einen gottseligen menschen bedeutet: Theophilus in
conflictu triplici, contra Mundum, Carnem et Orcum, bellator et
Victor .... Fürgestellt von der studirenden Jugend defs Chur-Ffirstl.
Gymnasij der Societet Jesv zu Burghausen , den 3. vnd 5. 5e;;-
tember, 1675. Getruckt in der Churfürsll. Haupt- und Residentz-
Statt München, bey Sebastian Rauch. 4 bll. 4*^; zweisprachig.
ZUR FAUSTSAGE 97
dies echte Schaustück jesuitischer theaterkunst, die mit lebenden
bildern und im schlussact mit grofsen teufelscenen arbeitet, hat
als 2, 3 die Welt kommet mit einem andey^en eitlen Schauspihl
her für; nemlich mit Cleopatra Königin in Egypten, aber Tlieo-
philus mercket den Betrug, vnnd fliehet.
4. Helena.
Zur ergänzung und auch berichtigung meiner eiligen, aus
WMenzel geschöpften bemerkung Goethe-jahrb. 3, 122 gebe ich,
durch FSpengler mit einem weitläufigen genauen auszug be-
schenkt, eine knappe Übersicht über Johann Joseph Beckhen
gekröhnten Poetens Schauplatz des Gewisseti s Mine i echte
Voi Stellung eines von Anfang Weltliebetiden, hernach von einem
bösen Gewissen höchst Überfallenen, letzlich aber wieder bekehrten
Menschens. In einen Schauplatz oder Comödi gestellt vnd zv
sonderbahrer Aufferbauung hervor gegeben. Drefsden in Verlegung
Christian Bergens gedruckt in Seyfferts Druckerei/ 1666.
Der held Cosmophilus wendet sich von der tugend , die ihm
kein glück gebracht, dem lotterieben zu. unwillig weist er den
ersten krämer Theophilus, der den guten engel Fausts vertritt,
hinaus; dieser schenkt ihm ein buch, der böse krämer Falsarius
bietet ihm einen alle weltgüter spendenden ring mit einem Spi-
ritus familiaris, einen die zukuuft zeigenden krystall, unfehlbare
Würfel und karten; Cosmophilus, dem für jenes fromme buch
zwei thaler zu viel waren, zahlt willig zwanzig ducaten. er
schlemmt und buhlt einem Prodigus gleich mit Cosmus und
Amantia 1, 2, entfernt sich zeitweise von einem gelage 1, 3 um
die von Falsarius erkauften schätze zu probieren , kehrt mit gold
beladen zurück und lässt in uachahmung des Faust den spirilus
familiaris fruchte aus Italien holen, während des spiels ersticht
er den lästigen warner Theophilus. er schläft ein; der erzengel
Michael kommt und singt eine klägliche aria. der erwachende
held schlägt sich die schweren träume als schäume aus dem sinn
und verlangt wider nach Amantia. da er die genossen nicht
findet, will er an sie schreiben 1,4, aber der geist des erschlagenen
Theophilus entreifst ihm das papier, nochmals zur umkehr mah-
nend, worauf vier freunde des toten den mörder ins gefänguis
holen. 1, 5 Cosmophilus im kerker klagt über den schwund
seiner schätze und den betrüger Falsarius. Lucifer erscheint
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 7
98 ZUR FAUSTSAGE
und verhelfst ihm rettung, falls er sein leiheigener werde, hier
habt jhr pappier und feder, unterschreibt es mit eurem blute, der
höllenfürst verscheucht die Wächter und geleitet sein opfer un-
sichtbar durch die Stadt.
2, 1 Cosniophilus von angst gefoltert allein im finstern wald,
ihm erscheint — man denke wider an den verlorenen söhn der
englischen comödianten — die verzweifelnde, sich zerfleischende
Conscientia als Spiegelbild seines inneren, dann aber erweckt
die erscheinung der schönen Helena seine mafslose bewunderung,
doch will er ihre frage, ob er Lucifers leibeigener sei, nicht
bejahen. Helena tröstet, er werde in der hölle grofse und vor-
nehme gesellschaft finden, und zeigt ihm die hölle mit allen ab-
leilungen von ferne, er ruft ach herr Jesus, erlarme dich meiner.
bei dem worte Jesus lässt Helena die schrift, die sie in bänden
hält, also den blutpact, fallen und verschwindet, 2, 2 auf dem
veränderten Schauplatz liält Michael dem beiden seine Sünden
vor. aus dem himmel ertönt Christi ruf ihr Menschenkinder , wie
oft hetiziget ihr mich aufs neue? den ohnmächtigen Cosnio-
philus weckt Michael durch die mahnung bekehre dich und ver-
zweifle nicht an der gnade gottes. aber Cosmophilus, allein ge-
lassen , verzweifelt. 2, 3 widerum wird er vom geiste des Theo-
philus verfolgt. Atropos, schon in 1,3 zugegen, kommt als
gerippe, einen totenkopf in der band, und sagt ihm für morgen
um mitternacht sein stündlein an. auch dies faustisch. Cosmus
bringt einen topf seifenwasser , lässt grofse und kleine blasen
steigen und deutet diesen so flüchtigen Schimmer auf die guter
dieser weit. Amantia — in deren busen schlangenköpfe heraus
sehen! — trägt eine Schachtel voll zucker und interpretiert ihrem
galan die sinnliche liebe, er stöhnt o hätte ich euch nimmer ge-
sehen. Conscientia erscheint mit Spiegel und rad. sie ist der
wurm , der sich selbst benagt, im Spiegel schaue er seine misse-
tal; das rad bedeute die ewige peiu, der er verfallen sei. ürcus
kommt und zeigt ihm das höllentor; Lucifer werde die handschrift
fordern und die höllenpforte stehe ihm schon oflen. zuletzt naht
der wahre freund Christophorus und tröstet den Cosmophilus, der
sich wie ehemals wider Cbrislophilus nennen soll, so heifst er
auch von nun an in dem stück , das im vorigen und folgenden
sichtlich in das fahrvvasser der Everymangruppe einlenkt. 2, 4
er fühlt sein ende nahen und beauftragt Christophorus seine guter
ZUR FAUSTSAGE 99
unter die armen zu verteilen, dass er einen ring behalten will,
wird von dem freund als nachwürkung des geizteufels gerügt,
er soll sich aller guter entäufsern. Cosmophilus damnatus
es ertönt es zweimal und nach einem kurzen Wortwechsel zwi-
schen dem erschrockenen Christophilus und dem tröster Christo-
phorus ein drittes mal , aber die höUenstimme hat nicht die macht
wie das himmlische endurteil im vorbildlichen Faustdrama, die
beiden männer sprechen ein strophisches gebet, dazwischen wird
gedonnert, geblitzt, auch gerufen verdamt! verdamt!
3, 1 Lucifer und Michael streiten über gottes gerechtigkeit
und behandeln so ein lieblingsthema des älteren dramas, den
kämpf zwischen himmel und hölle. 3,2 ist ein schwacher, lang-
weiliger nachklang genialer scenen des Naogeorgschen Mercator,
also des bedeutendsten Everymanstückes. die ungemein breite
behandlung des theologischen Streites zeigt, worauf Beckh den
hauptwert legte. Christophilus, sterbend, schickt den freund
nach priestern. während er, allein gelassen in der schlaf kammer,
betet, lauffen Sund, Todt , Höll, Teuffei und Welt mit grofsem
gesause und gerassei durch die kammer. Chrislophorus bringt vier
priester, deren jeder in der folgenden grofsen disputation einen
bestimmten theologischen standpunct verficht, während Chrislo-
phorus ihnen überlegen widerpart hält, seine theologie gipfelt
in der rechten gnadenlehre, dann kommt der teufel und erklärt,
Christophilus habe durch übergrofse Sünden die Seligkeit ver-
würkt. Christophorus erwidert, Christus habe für ihn bezahlt,
während der matte Christophilus nur bange seufzer ausstöfst, ver-
dammen ihn auch Conscientia und Welt , kurz vor mitternacht
kommt der Tod mit dem seiger, ihm folgen Hölle und Ewigkeit,
die Gerechtigkeit urteilt du bist zu leicht erfunden, darumh bist
du verdammt. Christophilus schreit zu Jesus um hilfe, Satan und
die seinen reifsen an dem bett und brüllen ihr fort in die unterste
hölle. Christophilus steigert sein frommes flehen, der vierte
priester zeigt ihm den erzengel Michael, unter donner und blitz
schreit die höWe fort! fort! da endlich erscheint die Barmherzig-
keit, vor welcher alle aufser Christophorus zur erde sinken, der
himmel tut sich auf. Christophilus schaut Christus mit dem
kreuze, eine himmlische stimme ertönt mein söhn, deine siinden
sind dir vergeben, der held spricht — in versen — sein dank-
gefühl gegen gott aus und stirbt, worauf Christophorus die zu-
7*
100 ZUR FAUSTSAGE
schauer ermahnt, die letzte scene 3,3 zeigt die beiden freunde
anbetend am throne gottes. die engel singen den schlusschor,
einen fünfstrophigen lobgesang. so eudigt das unselbständige,
schwankende, mit entschiedener theaterkunst durchgeführte stück.
Spengler macht mich mit einem scenar bekannt, das sicli
frei an den eben erschienenen Beckhschen Cosmophilus anschliefst.
Parabola Evangelka de Cosmophilo , seu Prodigo Filio a Studiosa
F. f. Min. Conv. S. Francisci Gymnasij Jnventnte comice exhibenda
Uberlingae. Den 6. und 9. Tag Herbstmonat im Jahr 1666. auch
hier Helena, und zwar wie im Faustbuch und Faustdrama aus
der hölle citiert.
5. Turbo.
Das geistvolle faustische drama des JVAndreae Turbo sive
moleste et frustra per cuncta divagans ingenium 1616 habe ich
Goethe -Jahrb. 4, 127 fl' analysiert, das stück ist 1653 im pro-
testantischen gymnasium zu Augsburg aufgeführt worden , wie
folgendes programm aus der Münchner Sammlung zeigt:
De Aretino et Eugenia. Das ist : Wie wunderbarlich manch-
mahl das Glückh mit den Menschen Kindern spile, imd %ms nutz
vnd frucht es bringe, wann man sich bald in der blühenden Ju-
gendt den guten Künsten ergebe, auch xoie die Tugendt offt Noth
leyden, sich ducken vnd schmucken müsse, doch endtlich wider
empor komme, vnd mit Ehren oben schwebe.
Comoedia. Item de Turbone. Von einem loanckehnütigen,
vnbeständigen Schwindelhirn , so in einem hui vnd flug , das Schlafs
der jrrdischen Weifsheit zuersteigen vermeinet , vnd sich bald au ff'
difs, bald auff ein anders begibt, bifs endtlich, da er alles ver-
gebens versucht, die Weifsheit sampt jhren Schwestern jhme das
Feel von den Augen thnt, vnd lehret, wie man die rechte wahre
Weifsheit in Gott, vnd der Tugendt suchen müsse. Dardurch auf's
einem vnglückseeligen ein gantz glückseeliger Mensch ivirdt.
Zu Augspurg. In der Bibliothec bei S. Aiina, von der Evan-
gelischen studierenden Jugendt daselbsten gehalten, vnd in die Augen
gericht. Anno m.dc.lhi. Mense Augusto. Gedruckt zu Augspurg,
bey Johann Schuttes. 8 bll. 4": allgemeines Vorspiel, gipfelnd
im preise des kaiserhauses, hl. 2fl' scenar der Cramerschen Arcteu-
genia, bl. ölt Tvrbo sive ingenium per cuncta divagans, scenar;
bl. 7'^ ff syllabus actorum. weder Gramer noch Andreae werden
L'enannt.
ZUR FAUSTSAGE 101
6. Stimmen des achtzehnten Jahrhunderts.
WHogarth Zergliederung der Schönheit, übersetzt von Mylius,
1754 s. 13 was kan es anders seyn, als diese ungestaltete und
mit einer ihr nicht zukommenden eigenschaft verbundene figur , bey
deren anblick ein ganzer Schauplatz vor lachen berstet, wenn die
Zuschauer im D. Faust sehen, dafs der mehlsack über das theater
herüber hüpft.
Der Vorbericht zur anonymen Übersetzung von Drydens Fall
des menschen, Frankfurt und Leipzig 1761 p. xv polemisiert gegen
die teufelsmaske im ballsaal, gegen den teufel auf der bühne.
wie kann es denn in einem offendlichen Schauspiele loohl aufge-
nommen werden ? sonderlich zu unsern Zeiten , da die theater weit
gereinigter sind, als ehedessen. darum icilrde ich es wieder die
christliche polizey , und auch nach unsern europäischen ideen, loider
die politische, gefehlt halten, wenn man ferner, zum E. die farce
eines Doctor Fausten aufführen liefse.
Endlich zwei poetische Zeugnisse in form von humoristischen
vergleichen; zwischen beiden liegt die gleichartige oft citierte stelle
der Mitschuldigen. Zachariae im 1 buch der Verwandlungen Neue
beyträge zum vergnügen des Verstandes und witzes 1744 (1,3) s. 2 14
er (^d\dim\v) stund bedachtsam auf, er zog den mund, und pfiff,
wie wenn im Schauspiel Faust die stirne murmelnd faltet,
das Zimmer furchtsam bebt, die starre wand sich spaltet,
woraus mit gleichem schritt drey junge teufel gehen,
die im berusten köpf die rothen äugen drehn:
so kommen, da er pfeift, drey glänzeyide lackayen,
die sich, auf seinen wink, gebückt um ihn zerstreuen.
Wieland Gandalin oder liebe um liebe 8 buch v. 410 fl". 21, 155:
Gandalin wartet auf die zofe,
und wie sie endlich
ein blendlaternchen in der hand,
sich einstellt, ward er xoie die wand,
so weifs, und zitterte so schändlich,
loie doktor Faust im fastnachtsspiel,
da seine letzte Viertelstunde
zu ende läuft, sein schreckliches ziel
min da ist, und zum höllenschlunde
ihn unter blitz und donnergeroll
der böse feind nun holen soll. ERICH SCHMIDT.
102 ZU SCHILLERS HANDSCHUH
ZU SCHILLERS HANDSCHUH.
über den stoff von Schillers ballade Der liandschuh (11,227 ;
die dem gedieht zu gründe liegende aneedote aus Saintfoix 11,447)
hat mit gewohnter umsieht gehandelt FWVSchmidt Balladen und
romanzen der deutschen dichter Bürger, Stollberg und Schiller,
1827 s. 142 ff. MLandau Ursprung und bedeutung von Schillers
ballade 'der handschuh' (Beilage zur allgemeinen zeilung 1884
nr 36) widerholt die Schmidtsche Sammlung um sich dann in
das nebelreich mythologischer deutelei zu verirren, von solchen
vagen vergleichen und unterlegungen sticht woltuend ab der auf-
satz MHaberlandts Der indische Fridolin (Neue freie presse 12
X 83), der manchen fachgenossen entgangen sein dürfte, zum
Handschuh vgl. noch die schöne spanische romanze Archiv für
litteraturgeschichte 1, 507 und Langbeins Liebesprobe Zs. 26,
149. 294; vgl. auch Steinmann Briefe von HHeine 1,51 ff.
Ein sehr lebendiger, mit Verwertung des hsl. nachlasses alt-
gefasster essay APichlers über Hippolytus Guarinonius (Presse 11
und 27 ni 84) trieb mich an den gewaltigen satirisch-didactischen
folianten des liebenswürdigen tiroler arztes Die grewel der Ver-
wüstung menschlichen geschlechts, Ingolstadt 1610, 1332ss. durch-
zulesen; eine in mancher hinsieht gewinnreiche lectüre. ich no-
tierte mir daraus eine doppelte, im ausführlicheren ersten teil
mittelbar dem Bandello verwandte, im zweiten teil an spanische
Überlieferung anklingende erzahlung vom handschuh. inzwischen
hat Pichler selbst Zu Schillers ballade 'der handschuh' (Beilage
zur allgemeinen zeitung 1884 nr 104) die stelle mitgeteilt, da
jedoch gleich von der angäbe der Seitenzahl an störende setzer-
willkür vorherseht, will ich meine genaue abschritt nicht zurück-
halten, über Guarinoni vgl. aufser Pichler JFraucks artikel in
der Allg. d. biogr. 10, 83 ff, JMeifsner Die englischen comoe-
dianten in Oesterreich, Wien 1884 s, 3 ff (wo auch das Franck
unbekannte todesdatum 31 v 1654), AKerner vMarilaun Österreich,
botan. zs. 16 (1866), 137 ff.
Im 2 buch cap. 28 Vom schädlichen liebsgrewel der vnsin-
nigen jugend heifst es s. 273 f :
Freffd m der Lieb betreffend, ist vnder vielen kündbar , von
jenem Hertzogen von Mantua Galeatio, da er bey einer Brücken ein
zu SCHILLERS HANDSCHUH 103
Mägdlein , die er liebte , angetroffen , vnnd mit jhr knrtzweil halber
geredt hatte , sprach das heyllofs Mägdlein zu jhme , loann er sie
derma fsen liebe, warnmb er nit aufs Lieb vber die Brücken, sampt
jme dz Rofs sprengete? Welches da der Fürst kaum erhört hatte,
sport er mit ernst das Rofs , vnnd spränge vber die Brücken hinab,
allda das Rofs todt blieben, er aber mit harter Mühe aufs dem
Wasser geschwummen. Ein dergleichen Geschieht soll vor etlichen
Jahren inn der still fürvber gangen, das doch nacher jhr vielen
kundbar worden, seyn, da ein Welscher Edelmann inn einer schönen
Böhmischen Jungfrawen verliebt wäre, [274] die sich seiner nicht
gar viel achtet , wartet er jhr allenthalben au ff den Dienst. An
einem Feyrtag kundschafft er aufs, dafs sie hinder das Geschlofs
vber die Brücken hinan fs, vnd das Löwenhaufs, so ender seits
der Bruggen , nicht gar weit gelegen, die Löwen sampt jhrer Mutter
zusehen gangen wäre, gieng hinan ff, allda man inn den Hoff zti
den Löwen herab sihet , daselbst der Jungfraiven auff den Dienst
wartend. Da siejhn ersieht, wendet sie das Gesicht von jhme, wie
sonsten, vber ein kleines (nicht weifs ich, ob es zu sonderm fleifs,
den Jüngling zuversuchen, oder aufs vnglück geschähe) liefs sie
jrer handschuch eiiien hinab in hoff fallen , allda die Löwen nider
anlagen, der Jüngling hat das kaum ersehen, sprang vber die
Stiegen hinab, vberredt den ein Löwenknecht, dafs er jhm das
Gatter eröffnet, gab jhm ein stattliche Verehrung, der entblöst sein
Rapier, vnnd hielts hinder den rucken, schleucht endist hinein,
vnnd mit gröster schnelle zuckt den Handschuch von der Erden,
vnnd weiln der Low sich von der Erden erheben will, eilt er hinder
die Thier hinein, last das Gewicht fallen, vnnd spört den Löwen
in Hoff hinaufs, gieng hinan ff, küsset vnnd beut den Handschuch
der Jungfrawen dar, welche sampt der Mutter ob schricken einer
Leich gleich worden, die fieng von selbiger Stund den Jüngling
hertzlich zulieben. Ebner massen aber mit anderm aufsgang ist
in Hispanien mit einem Galano geschehen, welcher seim [Pichler
verbessert welchem sein] Lieb zu sonderm fleifs den Handschuch
vnder die Löwen geivorffen, welchen er zwar geholt, aber jhr zu
lohn ein guten backenstreich geben, vnd gar recht gethan halt.
Wien. ERICH SCHMIDT.
104 EIN WEIHNACHTSSPIEL AUS KREUTZBÜRG
EIN WEIHNACHTSSPIEL AUS KREUTZBÜRG.
Während des Wintersemesters 1883/84 wohnte ich hier bei
einem alten Schneider, der mir einmal, soweit es ihm noch erinner-
lich war, ein kleines loeilmachtsspiel vorsagte und vorsang, das
noch in seiner Jugendzeit in seiner heimat Krentzhnrg in Ober-
schlesien (regieriingsbezirk Oppehi) dargestellt worden sei. da solche
reste volkstümlicher poesie immer mehr dahin schwinden und speciell
unser denkmal manche interessante belege für die geschichte dieser
gattung bieten dürfte, so sei es hier mitgeteilt, vorerst mögen
einige einleitetide bemerkungen gestattet sein.
Zunächst : von der authenticität der folgenden verse wird man
ivenigstens für die dichtung als ganzes sich bald überzeugen können,
aber auch im einzelnen ist das stück ziemlich treu bewahrt, das
bezeugt der meist noch erhaltene reim, der freilich, xoie das stück
jetzt sich darstellt, eine grofse dürftigkeit und Ungeschicklichkeit
nicht verläugnen kann, das bezeugen Zeilen, loie 1. 2. 6. 30 und
zahlreiche andere, für die mehr oder minder gleichlautende parallel-
stellen aus anderen spielen werden beigebracht werden.
Die Untersuchungen werden hier vor allem auf Weinhold (W.)
zurückgehen : Weihnacht-spiele und lieder aus Süddeutschland und
Schlesien mit einleitungen und erläuterungen , neue ausgäbe, Graz
1870. es ist vielleicht nicht ganz ohne nutzen, hier noch die
weitere litteratur dieser dichtart, zunächst in Deutschland, in ihren
wichtigsten werken anzuführen, wobei natürlich Vollständigkeit nicht
angesprochen wird.
Eigeiitliche w eilmacht sspiele :
Deutschlajid : Praetorius, Weihnachtsfrazzen , Leipzig 1G63,
ein seltenes buch (vollständiger titel in der litterarischen nach-
weisung bei Pailler). — Chressulder, De Christ ianortirn larvis nata-
litiis Sancti Christi nomine commendatis, Lips. 1677. — Pezold,
De S. Christi larvis et munusculis, Lips. 1699. — Schröer, Deutsche
Weihnacht sspiele aus Ungarn, Wien 1858. — Lexer , Kärntisches
Wörterbuch mit einem anhang von iveihnachtsspielen und -liedern,
Leipzig 1862 (Lex.). — Hartmann, Weihnachtslied und -spiel in
Oberbaiertl , München 1875 (separatah druck aus dem Oberbairischen
archiv xxxiv). — Pailler, Weihnachtslieder und krippenspiele ans
Oberöslerreich und Tirol, Innsbruck 1881 (P-j. ■ — vgl. ferner:
EIN WEIHNACHTSSIMEL AUS KREÜTZBURG 105
Mone, Schauspiele des mittelalters , Karkrnhe 1846. — Pichler,
Drama des mittelalters in Tirol, Innsbruck 1850.
England: Marriot , .1 coUection of english miracle - plays or
mysteries, Basel 1838. — SaJidys, Christmas carols, London 1833,
und Christmastide, London 1852.
Frankreich: Jnbinal, Mysteres inedits du \v siech n, Paris
1837. — Porfait , Histoire du theatre fran^ois i, Amsterdam 1735
(s. 59—158).
Spanien: Schack im i band (Berlin 1845).
Endlich sind noch zu vergleichen: Sommer, Sagen, märchen
und gebrauche aus Sachsen und Thüringen, Halle 1846. —
Kuhn und Sclnoartz, Norddeutsche sagen, märchen und gebrauche,
Leipzig 1848. — Meier, Deutsche sagen, sitten und gebrauche aus
Schivaben, Stuttgart 1852. — endlich auch: Gottsched, Nötiger
Vorrat, Leipzig 1757. — eine Zusammenstellung der weihnachtsspiele
des 16 und 11 jhs. bei W. s. 173—186.
Mehr weihnachtslieder haben zum gegenstände, aufser dem
bekannten buche von PhWackernagel , Leipzig 1864 (Wack.):
Hoffmann, Geschichte des deutschen kirchenliedes bis auf Luther,
Hannover 1861 (H.). — Geistliche lieder mit ihren ursprünglichen
weisen, Paderborn 1850. — Kehrein, Kirchen- und religiöse lieder
aus dem 12 — Ib Jh., Paderborn 1853. — das gesangbuch Cantate
von Bone, Paderborn 1853. — Simrock, Deutsche weihnachtslieder,
Leipzig ISl 4. — Hart mann , Volkslieder in Baiern usw. i Volks-
tümliche weihnachtslieder , Leipzig 1884 (vo)i demselben auch eine
dissert., Leipzig 1883). — von den älteren Sammlungen hebe ich
hervor: Leisentritt , Geistliche lieder und psalmen, zuerst 1567
(L.). — MVehe, New gesangsbüchlein geistlicher lieder, Mainz 1567.
— eine Zusammenstellung der hieher gehörigen litteratur auch hei
\V. s. 395 anm. 1.
Engl, lieder: s. die werke von Sandys.
Franz. lieder: Les noels Bourguignons de Bernard de la
Monmoye, Paris 1842.
Man vergleiche auch die Übersicht bei P. und zum schluss:
Wilken , Über die kritische behandlung der geistlichen spiele , Halle
1873. — SM dem allen kommen natürlich die spiele und lieder
bei W. selbst.
W. entwickelt an den von ihm mitgeteilten spielen in grofsen
Zügen die geschichte der gattung. zwei quellen hat das weihnachts-
106 EIN WEIIINACIITSSPIEL AUS KREUTZBURG
spiel: eine germ. - heidnische und eine christliche, beide iverden
sich auch in unserem spiele aufzeigen lassen, dasselbe besteht
aus Steilen, der erste enthält die alten adventreime (v. 1 — 27);
der zweite ist, icenigstens seiner ursprünglichen bedeutung nach,
ein spiel von der anbetung der hirten. der erste teil hat den-
selben character wie alle diese adventreime: das Christkind, der
engel, Petrus und Nicolaiis treten auf, kommen in die kinderstnbe
und fragen nach der auffUhrnng der kleinen, der Nicolaus aber
(bair.-öst. Nikolo) ist nicht ursprünglich , er hat, loo er erscheint,
gemeiniglich den knecht 'Ruprecht' verdrängt, auch Joseph oder
Petrus treten an dessen stelle (W. s. 31); besonders in Schlesien
vertritt nach W. s. 9 der hl. Joseph den Ruprecht, alle diese aber,
Joseph oder Petrus oder Ruprecht, sind nichts anderes als der ge-
waltige gott Wuotan , der in der Weihnachtszeit , den zwölften , als
Schimmelreiter oder breithut , wie er in manchen gegenden noch
hei/st, durch das land jagt , zur zeit des mittwinlers , der Winter-
sonnenwende, auf diesen nächtlichen umzügen nahm er einst die
opfer entgegen, icelche man ihm darbrachte, mit ihm zieht seine
gemahliti Frigga ; es ist die Berchta , Perchtel, Holle unserer sage^:
sie ist es, die um das hauswesen der menschen sorge trägt und
namentlich die kinderstuben heimsucht, wie erscheinen nun diese
personen in unserem spiele? das Christkind scheint zu fehlen (in
so fem mag unser spiel vielleicht noch eine altertümlichere reinheit
zeigen), Joseph übernimmt Ruprechts rolle und wird der mittelpunct
dieses ersten teils, den sonst das Christkind bildet, dazu tritt Petrus,
als der ankläger der kinder vor Ruprecht- Joseph, wie er ivol sonst
ihr ankläger vor dem Christkind ist, und auch Nicolaus, der hier
als ihr guter anwalt erscheint, aber es ist noch eine person vor-
handen, die freilich, wenn auch vielleicht uns am meisten interes-
sant, hier nur mehr ein sehr bescheidenes dasein fristet: das ist
die Karbasche. zweifellos ist diese seltsame erscheinnng ein ganz
verdunkelter rest der Frigga-Perchtel , von der früher die rede war.
unter diesem namen und ganz ähnlich ist sie mir, obwol ich die
quellen ziemlich durchsucht habe, allerdings nirgends entgegenge-
treten, aber man beachte, sie fegt den boden vor dem auftreten-
den zuge, hat also einen besen, wovon sie wol den namen führt'^ ;
' in der Jltmark frü Gode oder Goe, m de?' Mittelmark frü Harke,
im Osten derse1he7i auch Murraue (vf^l. mahr-alb), Z*. 4, 3S5/".
^ karbasche, eif-;. karbatsche, hedenlel peitsche und vertritt hier
EIN VVEIHNACHTSSPIEL AUS KREUTZBURG 107
nun sagt W. s. 12: 'die Maria, welche im Liegnitzischen^ als ker-
weibel vor dem kristkind her fegt, ist zuletzt nichts anders, als
die mütterlich sorgende göttin, die oberste venoalterin des hauses.'
also es ist die Perchtel, vielleicht schon hexenmäfsig aufgefasst
(es käme da auf die äufsere erscheimmg an, in welcher sie in
dem spiele würklich auftrat), wie denn die Perchtel oft hexenmäfsig
sich zeigt und ja die hexen in den adventen tanzen (W. s. 21. 24).
so hätten wir in unserem spiele die beiden hauptpersonen des heid-
nischen adventumzuges : Wnotan - Joseph und Frigga - Karbasche
noch erhalten.
Wir wenden uns zum zweiten teil des Spieles: y. 28 — ende,
es ist der christliche bestandteil, das alte hirtenspiel ( W. s. 79 — 103).
der gewöhnliche typus ist: die hirten liegen auf dem felde, sehen
den Stern über ter krippe in Bethlehem, es kommt meist noch der
enget hinzu, der sie aus dem schlafe weckt, sie eilen zur krippe,
zur anbetung des Christkindes, dieser typus ist auch in unserem
spiel vorhanden , freilich seltsam verdunkelt und verblasst : sie gehen
nicht mehr nach Bethlehem, es handelt sich blofs um deji kirch-
gang, was gelegenheit gibt zu einem dialog , der schon vjegeti seiner
naiven, lustigen schlusspointe aufbetoahrung verdient, die Weigerung
des einen hirten, mitzugehen, findet sich übrigens auch so7ist häufig.
in arideren spielen tritt dann noch die dreikönigs - legende hinzu,
die hirten werden etwa von den 3 königen nach dem kinde gefragt
(W. s. 97—103).
Die Vereinigung der adventreime mit dem hirtenspiel bildet
nach W. den gemeinsamen typus aller schlesischen christkindelspiele.
W. teilt selbst ein solches aus Schlaupitz im Beichenbacher kreise
mit: dies ist ausgedehnter als unseres, in so fern da auch Maria
mit dem kinde und Joseph auftreten, was dann in vielen spielen
noch erscheint, vielleicht loar auch unser spiel einmal vollständiger.
in einem anderen , gleichfalls von diesem typus , aus der südl. graf-
schaft Glatz tritt der hartherzige wirt auf, der Joseph mit Maria
und dem kinde von seiner türe weist.
Zuletzt noch einige bemerkungen über den Zusammenhang
und die reihenfolge der reden in unserem spiele, zum teil gegen
vielleicht einen besen; der name ma^ aus dem angränzenden polnischen
gebiet nach Kr eutzburg gekommen sein ^/>o/w.korbacz). personen Ijezeichnet
es auch bei Schmeller 2, 326 (soldatenhure) mid im ffenneb. als 'stadtkar-
batsche' (pßastertrelerin, vgl. Dff'B 5, 206).
' also ebenfalls in Schlesien; vgl. übrigens Zs. 6,341.
108 EIN WElHNACllTSSl'lEL AUS KHEUTZßUUG
die angaben meines gewährsmannes. v. 1 — 8 scheint chorus und
von allen gesungen, anfser dem erst nachher ankommenden Joseph
und den zxoei kirten, die sich wol gleich nach dem eintritt nieder-
legen, nachdem die Karhasche den boden rein gefegt, v. 39 ge-
hört wol dem zuteilen hirten, v. 40 dem ersten, 41 dem zweiten,
42 dem ersten, ebenso 43 und 44, welche dieser wol nach einer
kleinen pause singen mag , nachdem der zweite wider eingeschlafen.
Pueri natus zu Bethlehem
[in Akana],
des freuet sich Jerusalem,
lasst uns freuen und jubiliren,
5 mit den eugeln triumphiren,
ani kaui ka,
Christo, könig aller ehren,
Joseph ist schon da. —
Es kommen Petrus, Nikolaus, die karbasche, ein eugel und
zwei hirten, die sich auf die erde legen, den die karbasche
rein fegt, dann kommt Joseph.
1—3 vgl. Mones J7iz. 1839,352:
Ein kindt geborn zu Wethlahem zu Wethlahem
des freuet sich Jerusalem (Klosterneuburger /is. 1228).
L. 18' (ich benutze eine ausgäbe, dereji vorrede datiert ist von
Budissin 1573): Gelobt seist du Jesu Christ | dass du mensch geboren
bist I von einer Jungfrau, das ist war | des frewet sich der engel schar | kyri-
oleis. — 22*: Euch ist Christus der herr geborn | von einer jungfraw aus-
erkorn | des frewet sich Jerusalem. — 23":
das Puer natus deutsch:
1. Ein kind geborn zu Beliilehem zu Bethlehem
des frewet sich Jerusalem , alleluia iisw. —
24': ein anderes Puer natus, zeigt dieselbe erste strophe.
Alle diese deutsche?i Injmnen sind nach dem vielverbreitete?i tat. hy/n~
nus, von dem eine vaj'iation bei L, 44' mitgeteilt ist und auf den auch die
Worte unseres textes: pueri natus, U7id dessen erste Zeilen hinioeisen.
die 1 Strophe lautet: Puer natus in Bethlehem | unde gaudet Hierusalem.
alle, alleluia. dbereinstivnnend bei tVackernagel \ ?ir 'SU) (aus de7n lij'h.)
und dann bis 318 variatiojien.
Man vergleiche noch weiter P. \ s. (il nr 56; //. 190: Ein kint ist ge-
born ze Bethlehem | ze disem nüwen jar, (refr.) \ des freuet sich Jerusalem;
und gleichlautend mit unserem text 192.
2 ist mir iiicht klar, vielleicht vo?i andersioohcr durch einen gedächt-
nisfehler meines gewährsmannes hieher verirrt (Kana?).
3 Überlieferung; es, doch vgl. die parallelstellen zu 1 — 3.
ü vielleicht ein reimvers, wie sie sich etwa in kinderliedern finden?
EIN WEIHNACHTSSPIEI. AUS KHELITZBURG 109
Joseph :
ßrri
10 Ich komm herein getreten,
ob die kinder fleifsig beten und singen,
und die da fleifsig beten und singen,
für die werd ich einen grofsen kober voll mitbringen;
und die nicht fleifsig beten und singen,
15 auf denen soll die rute herumspringen.
Petrus:
St. Petrus werd ich genannt,
9 v^l. If. s. 106 Joseph ij/i Schlaupitzer spiel: Holla, holla (t'gl. auch
die anm.l zur stelle); W. s. 118 erster hirt im spiel von Nabelschwert
(bei Glazj: Holla, holla.
10 — 15 ff^. s. 37 (spiel aus der gegend von Jauer) der e7igel (hier an
Josephs, später an Nicolaus stelle): Guten abend, ich komm herein ge-
treten nsw. s. 105 (Schlaupitzer spiel) kristkind:
Ich komm herein getreten,
will sehn, ob die kinder fleifsig beten,
will sehn , ob die kinder beten und singen,
so will ich ihnen eine schöne gäbe bringen;
wenn sie aber nicht fleifsig beten und singen,
werd ich ihnen eine rute bringen.
s. 37 (Kolbnitzer spiel) kristkind:
Ich komm herein ohn allen schein,
will sehn, ob die kinder fleifsig gewesen sein.
wenn die kinder werden fleifsig beten und singen,
so werd ich ihnen eine grofse bürde bringen;
wenn sie aber nicht werden fleifsig beten und singen,
so wird ihnen die rute auf dem rücken rum springen.
s. 39 (aus Hainau) kristkind:
Wenn sie fleifsig beten , singen und spinnen,
wird das kristkind eine grofse bürde bringen,
wo sie aber nicht fleifsig beten, singen und spinnen,
wird das kristkind eine grofse rute bringen.
s. 35 f (aus Niederschlesie?i) kristkind:
Wenn sie fleifsig beten und singen,
so werd ich eine grofse bürde bringen.
11 vielleicht zu ergänzen: will seh'n (vgl. das Schlaupitzer und Kolb-
nitzer spiel), was übrigens im. not/all hi?izugedacht werdeJi kami; und
singen vielleicht zu streichen nach dem Schlaupitzer spiel, um den reim
herzustellen; oder entleimt aus 12?
\b meine quelle unmöglich: auf die soll die rute a uf sie herumspringen.
16. 17 tF. s. 38 (Kolbnitzer spiel) engel:
110 EIN WFJHN ACHTSSPIEL AUS KREIITZBURG
einen goldnen Schlüssel lülir ich in meiner hand,
dazu ein grofses huch,
darin steht geschrieben,
20 was die kinder für tollheilen getrieben:
erstens, steigen sie auf tisch und bänke,
zweitens, nehmen sie die rute und zerbrechen sie,
drittens , essen sie fleisch und wurst ohne brot hinein :
lasst dieses den kinden nicht ungestraft sein.
Nicolaus:
25 Diesmal will ich bürge sein
für die kleinen kindelein,
die da fromm gewesen sein.
Engel :
Ihr hirten steht auf und schlafet nicht,
ihr seht des engeis angesicht,
30 heut ist der heiland geboren, hallelujah!
(wobei sie einen wedel schwingen).
Erster hirt:
Bruder Jokl, bruder Jokl,
steh auf, steh aufl
der himmel ergraut.
Engel Gabriel werd ich genannt,
den scepter trag ich in meiner hand.
W. s. 104 (Schlaupitzer spiel) Gabriel :
Der heilige Gabriel werd ich genannt,
den Szepter trag ich in meiner hand.
ff^. s. 105 (aus demselben) Petrus:
Der heiige Petrus werd ich genannt,
die Schlüssel trag ich in meiner hand. —
21 — 24 JV. s. 35 (aus Niedersc/ilesieti) geht die anklage (sie beten
nicht und zerreifsen die bücher) vom eiigel aus; ebenso IF. s. 38 in dem
Kolbnitzer spiel, hier bittet der e?igel am schluss für die kinder; ff^.
s. 40 in einem schlesischen spiel klagen die ellern selbst; JF. s. 10<) in dem
Schlaupitzer spiel Petrus , der dann aber für die kinder bittet.
27 zwischen 27 und. 28 fällt nach meiiier quelle eine lücke; j'edes-
falls lässt sich Joseph versöhnen.
31 /^^ .y. ',)! (aus Kärnten) für .lokl .lodl (Georg), s. 214 (Edelpöcks
spiel) ein^^iC:\, .?. !)3 (ans Kärnteji) pm Jörgl , sonst noch namen ?/i/e Lip,
Gergi, .läckl, Simon, Ricpl, Löx (Alexius) na.
32 IV, .9.<)1 Jodl: Hiepl, sollst geschwind aufstehn! .v. 401 (ans h'ärnte?t) :
auf Rüpl auf! s. 403 (ebendaher): stehts nur bald auf — hurti nur drauf!
33 — 35 Schröer s. 158, Käsviarker spiel (v. 15.16):
1 hirte: horch, horch bruder, der himmel kracht!
EIN WEIHNACHTSSPIEL AUS KREIITZBÜRG Hl
Zweiter hirt:
Lass ihn grauen, lass ihn grauen,
35 er ist noch nicht alt genug.
1.
Bruder Jokl, hruder Jokl, steh aufl
wir wollen in die kirche gehn.
2.
Ich geh nicht heute, ich geh morgen,
ich hab zerrissne schuh.
1.
40 Flick dir sie zul
2.
Mit was?
1.
Mit Stroh 1
Bruder Jokl, bruder Jokl, steh auf,
wir wolln in krepschn gehn.
2 hirte: lass ihn krachen, er ist ja schon alt genug dazu.
ebenso s. 82, Oberuferei' spiel (v, 385. 386) :
Gallus: Stiehl, steh auf, der himmel kracht scho!
Stiehl: Ei läss'n nur kracha, er is scho alt gnua dazua.
noch genauer zu unserer stelle in dem handschriftlichen Bialcr spiel: der
himmel graut schon. — diese parallelstellen sind aus spielen, die Jiach
Schrüer eine ganz ausserordentliche Vollständigkeit und unverfälsch tlieit
zeigen und deren texte bis ins 15 Jh. und noch iveiter zurückgehen.
36 auch vor 36 ist wol eine kleine pause anzunehrnen.
39 — 42 ähnliche scene eigentlich nur hei Lex. im, ff^olfsberger spiel
(3 hirten schlafend):
Jodel (stofst den Rüepl):
steh auf, log an dei" Jopp'n,
und geh na' flugs mit mir.
Rüep'l :
Mei" Jopp'n und dö ist älls derriss'n,
schaug Jod'l, i schäm mi' schier.
Alle 3:
Geh häm und thue se flicka
und a~ wenig zämma richta,
äft gehmer hin zum wahr'n Gott,
wie uns hat gsägt der Eng-lhot.
39 nach der quelle dem ersten gehörend.
40 nach der quelle dem zweiten gehörend.
41 nacli der quelle dem ersten gehörend.
42 nach der quelle dem zjveiten gehörend.
44 krepschn soll Wirtshaus sein, poln.? doch vgl. Herrnskretschen
(Sachse7i).
112 EIN WEIHNACHTSSPIEL AUS KREUTZBURG
2.
45 Ei da geh ich mit!
Hinfort, hinfort,
wir ziehn an einen andern ort!
46. 47 V071 allen gesungen.
Berlin, im april 1884. ARNOLD MAYER.
DIE IWEINHANDSCHRIFTEN I.
A. In Österreich.
Auf einer gröfseren reise versuchte ich die in Osterreich vor-
handenen handschriften und brnchstücke von Hartmanns Iwein ein-
zusehen, ich wurde dabei in ausgezeichneter weise von den Ver-
waltungen der k. k. hoßibliothek und der Ambraser Sammlung zu
Wien, der öffentlichen bibliothek in Linz, der Universitätsbibliothek
zu Prag und der bibliothek des fürsten Lobkoioitz in Raudnitz
unterstützt, die Riedegger hs. E dagegen konnte ich nicht benutzen,
da ich zur zeit meines aufenthaltes in Efferding die mir jetzt er-
teilte erlaubnis dazu noch nicht besafs.
1 . dass Michaelers drucke der Ambraser hs. tiicht mit genügender
Sorgfalt hergestellt sind, konnte mau schon aus einer vergleichung
der Tabulae parallelae mit der ausgäbe ersehen, da beide von einander
abweichen, obgleich sie eine diplomatische widergabe desselben textes
sein sollen, ich habe aber jetzt gesehen dass Michaelers ausgäbe
nicht allein viele nachlässigkeitsfehler enthält, sondern auch eine
anzahl verse, zerstreut durch das ganze gedieht, fortgelassen hat.
lesefehler finden sich dagegen selten.
2. das Linzer bruchstück F befindet sich noch immer in dem
Textus sequentiarum cum optimo commentario , in welchem es
Pfeiffer fand , ist aber neuerlich wider festgeklebt, zusammen mit
einem zettel von Pfeiffers hand (20. 8. 1858), loorin dieser den
wünsch ausspricht, das stück möchte besonders gebunden werden,
es scheint dass die schrift bei erneutem losreifsen zerstört roerden
würde, ich habe daher nur das offen liegende gelesen. Pfeiffers
abdruck Germania 3, 344 ist annähernd genau.
3. das bruchstück II auf der Prager Universitätsbibliothek liegt
ohne Signatur in einem carton mit anderen stücken ähnlicher art.
DIE IVVEINHANDSCFIRIFTEN I 11 :i
der druck in der Germania 6, 358 ist unbrauchbar , weil darin
ohne zweck und oft falsch das abyeschnittene ergänzt ist.
4. das früher im besitze des dr Zahn zu Wien befindlich ge-
wesene bruchstück G gehört gegenwärtig dem germ. nationalmuseum
zu Nürnberg, wo es die nummer 34017 trägt, es wurde mir zur
vergleichung bereitwilligst nach Berlin gesandt, der abdruck Germ.
3, 339 erwies sich als fast diplomatisch genau; nur steht v. 3211
Siüs ziemlich deutlich in der hs., während der druck im . . . zeigt.
5. um aller künftigen Verwirrung vorzubeugen, möge hier
bemerkt werden dass ich die Wiener hs. 2119 J nenne (vgl. Zs.
24, 179), ßirlingers bruchstück (Germania 26, 99) mit K und
Buchwalds bruchstück (ebend. 25, 395) mit M bezeichne, das neu
gefundene Münchner stück (Zs. 28, 259) möge dann N heifsen, und
das Zs. 17, 'S9i ff collationierte Wiener (jetzt nr 19791) 0. I und
L lasse ich in der bezeichnung der alten pergamenthss. aus, tveil
ersteres als abkürzung für Iwein, letzteres für Lachmanns aus-
gaben üblich ist. — ob von diesen bruchstücken etwa zwei zu-
sammengehören, wäre sicher erst festzustellen , wenn man alle zu-
sammen vor sich hätte; nach den gedruckten beschreibungen ist es
nicht wahrscheinlich, denn auch 0 ist trotz der gleichheit der zwei
spalten zu 22 Zeilen mit N nicht identisch, wovon ich mich durch
den augenschein überzeugt habe, das bruchstück N wurde mir
durch gütige Vermittlung des herrn pfarrers Westermayer hierher
geschickt.
6. die papierhandschrift in der bibliothek des fürsten Lobko-
witz zu Raudnitz (vi Fe 26) enthält den Iwein von bl. 148" bis
bl. 200'", zweispaltig zu je etwa 30 Zeilen, am ende steht vom
Schreiber die bemerkung , dass die abschrift des Iwein 1464 beendet
sei. die hs. ist zwar scheinbar vollständig , aber der Schreiber hat
öfter grofse stücke ausgelassen, manchmal mehrere hundert verse,
zb. 7693 — 7939, meist ohne den versuch zu machen den Zusammen-
hang herzustelleti.
Den an fang teile ich hier mit; ich nenne die hs. z.
148* Das böch von her ywin der mit ritters mute
Wer an rechten gute nach lobe künde stritten
wendet sin gemüte er hett by sinen czytten
dem volget seid vnd ere gelebet also schone
das gyt gewisse lere das er die erent kröne 10
kung artus der gute 5 trftg vnd noch sie nieman tret
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. «
114
DIE IWEINHANDSCHRIFTEN 1
das habenl die vvarhait
siiie land liite
sie iehend er leb noch hüte
im ist der hb erstorben 15
er hett das lob erworben
das doch lobet ynier sin name
er ist lasterlicher schäme
ymmer vil gar ervvert
der noch nach sinetn sitten fort 20
Ain ritter der gelert was
vnd ers an ainem buch lafs
ivnd wenn er sine stunde
mit wol bevveuten künde
do er doch dichten pflag 25
das man gerne hören mag
do kört er sinen flifs an
der was genant hartman
vnd was ain owere
der tichtet dise mere 30
Es het der küug artus
zu karidol in sin hufs
ze ainem pfiugstag geleit
nach richer gewonhait
ain also schöne hochzyt 35
das er da uor noch sid
enkain schöners nie gewan
des war- des was ain böser man
in 3 vil schwachem werde
von vch gesamlet vfl" der erde 40
by nie maunes czyten anderschwa
so menig gut ritter als da
och ward in zelone gegeben
an allen wifs ain wunschlich leben
im liebet der hof vnd der lib 45
menig man vnd wüniglich wib
die schönesten von den riehen
mich iamerl sicherlichen
vnd h Ulli' es vtz ich wölt es klagen
das nun by vnsern tagen 50
solich fröd nimmer werden mag
der man czn den czyten pllag
doch nuissen wir och genesen
ich eiiwull doch nil sin gewesen
das ich nun nit enware 55
das vns noch mit ir mere
* davor lafs durcfistrichen.
3 im tJurcli sfrich zu in corr.
recht woU wesen sol
doch daten in die werck wol
Artus vnd du küngin
ir yetweders vnder in 60
sich vir ir aller willen flaifs
do man des plingsttages erbail's
148'' meulich im die l'röde nam
du im da aller best gezam
dise sprachen wider die wib 65
dise bekunten den lib
dise tantzetten die sungen
dise luffen dise Sprüngen
dise horten saiten spil
dise Schüssen zu dem zyl 70
dise redetten von sender arbait
dise von manhait
Gawin achtet vmb wafen
Kay leit sich schlauffen^
vir den sal vnder in 75
zu gemach au eren stund sin sin
der kling vnd du küngin
die betten sich ouch vnder in
zfl banden gefangen
vnd waren zamen gangen 80
in ain kamenate da
vnd leitten sich scblauffcn sa
vnd hetten sich dvrch gesel-
schaft geleit
daii durch kain traghait
sie entschlieflen baide schiere; 85
do gesassen ritter liere
Dodines vnd gawin
Segremors vnd ywin
och was gelegen da by
der zuchtelofs kay 90
vsserhalb der wand
der sechfste was kalogriant
der beguud in sagen mere
von grosser schwäre
vnd von kainer sinerfrumkail 95
do er noch lützel het gcscit
do erwacht du küngin
vnd horten sagen in hin in
sü liel's ligc^n irn man
vnd slal sich von im dan 100
^ darniir/i d durchstrichen,
au für .1 hiil. dir lis. oft.
DIE IWEINHANDSCHRIFTEN I 115
B. Die sogenannte Wallersteiner kandschrift.
hl Wallerstein befand sich nach Lachmanns angäbe eine
Iiceinhs.; Schade im Lesebnch s. 197 setzt dazu das citat 'Altd.
musenm 1, 16S.' nach der mir von dem freiherrn vLöffelholz,
dem bihliothekar des fürstlichen hauses Ottingen-Wallerstein, freund-
lichst erteilten auskunft hat die fürstliche bibliothek nie einen
licein besessen; es haben nur einmal Verhandlungen mit dem
dr Rottmanner stattgefunden über den ankauf eines Iwein und
Wigalois. da nun die Rottmannersche Iwein- Wigaloishand-
schrift nach Zs. 24, 179 zweifellos in London ist, so hat die
bisher als Wallersteinsche bezeichnete hs. nur den namen gewechselt
und ist mit l identisch.
C In Lindau.
Der Lindauer Iwein aus dem jähre 1521 (Germania 20, 84)
wurde mir von der dortigen stadtbibliothek zur benutzung in die
hiesige Universitätsbibliothek gesandt und daselbst von hm dr Seel-
mann zuvorkommend aufserhalb der dienststunden wahrend der
ferien zur verfugung gestellt, es ergab sich bald dass er nur
eine abschrift der Giefsner hs. B ist. die in dieser hs. mangelnden
blutter , welche 1531 durch e ergänzt wurden, fehlen auch der
Lindauer hs., dh. der copist hat ohne rücksicht auf die lücken weiter
geschrieben, auch sotist folgt er der vorläge ziemlich genau, er
hat die znsatzstücke nach 6204. 6854. 6874. 6876. 6904. 8158,
welche nur in B stehen; 8149 hat er eine vom rnbricator in B
falsch gesetzte initiale (Sie statt Hie) nachgeschrieben ; ebenso 3399.
4000 die falsche Stellung der verse und die Umstellung durch a b ;
3401. 2 auf eitler zeile; 3998 die doppelte lesart iu und mich
über einander. — für die lesung von B hat diese abschrift an
einigen stellen wert; so 4164, nach welchem verse B dieselben verse
hat, welche 5763. 4 stehen: aber in B sind sie, was Benecke über-
sah, deutlich vom Schreiber gestrichen und der Li?idauer hat sie
demgemäfs nicht abgeschrieben.
Berlin. EMIL HEiNRICI.
DIE TÜBINGER RENNERHANDSCHRIFT.
Bei der lectüre der jüngsten Untersuchungen über Hugo von
Trimberg (Zs. 28, 145/fj erinnerte ich mich einer im jähre 1879
an mich ergangenen bitte von Seiten des herrn stud. Gustav Ehris-
mann in Heidelberg um nähere auskunft über die Rennerhandschrift
in der Tübinger Stiftsbibliothek, es wollte damals nicht gelingen,
die hs. ausfündig zu machen, und auch bei Wölfel aao. s, 175
heifst es jetzt über sie 'seit mehr als 'Ih jähren verschwunden.' dass
der umfangreiche codex abhanden gekommen sein sollte, war von
J16 DIE TiBlNGER KEININEKHANDSCHRIFT
vor7i herein nicht glaublich, er hat sich denn jüngst auch wider-
geßinden oder, richtiger gesagt, er hat nie seinen alten ehrwür-
digen ruheplatz verlassen, nur der moderne einband ist schuld
gewesen, dass man beim suchen den alten codex übergieng. da
die hs. ( T) für die geschichte der Überlieferung sowie für die text-
kritik nicht ohne wert ist, so möge folgenden bemerkungen mit
rücksicht auf einen künftigen neuen herausgeber des Renners, der
sich doch wol noch finden wird, hier räum gegeben sein.
Eine beschreibung der hs. (nr 24) gab CPhConz Beiträge für
Philosophie, geschmack und litteratur 1 (1786), s. S2— 131 und
Kleinere prosaische Schriften vermischten inhalts 2 (1822), s. 290 bis
345, vgl. noch Bamberger ausgäbe vorrede nr 14. ich füge nur
hinzu dass jetzt die blätter gezählt sind, es sind im ganzen 328
(nicht 319): nach 290 sind jedoch die folgenden 38 blätter noch-
mals als 230 — 264. 267 — 269 numeriert, sodass jetzt scheinbar
die hs. nur 269 blätter zählt, bl. 269* (richtiger 328") hei f st es
in roter schrift Finitus est über ille per me MartiDuni boscli
(';i|)[>ellanum providi viri laurency kraffit Anno domini mcccc"
Ixxiij In vigilia saucü Jacobi , vgl. Janickes dissertation s. 10
nr 16. der dialect ist alemannisch, ober schwäbisch.
T ist nicht mit Wölfel s. 175 in die hssgruppe i einzureihen,
welche die ursprüngliche gestall des Renners, wie sie aus Hugos
feder hervor gieng , repräsentiert , sondern gehört der gruppe u an,
der redaction des Michael de Leone, auch in T finden sich
Michaelsche capitelzahlen. statt 42 bietet T jedoch nur 40 capitel,
da Michaels cap. 5 und 6 hier nicht als besondere capitel gerechnet
sind, sodann ist zu bemerken dass cap. 1 und 2 (v. 4 ff. 4'lff) in
T nicht durch capitelnummern gekennzeichnet sind: erst vor /;. 274
erscheint in roter schrift cap. iij angemerkt, dem dann gleichfalls
rot V. 274. 275 folgen, für die bestimmung des hssverhältnisses
hat Wölfel s. 187 /f seine belege den versen 11506 — 11633.
nS90_12017. 17282—17409. 22160—22289 entnommen, diese
allein haben sich aus dem ersten bände des Michaelschen haus-
buches (\y^) erhalten und gewähren uns somit den bestbezeugten
Michaelschen text, vgl. Wölfel s. ill f. ich teile im folgenden
hierzu die Varianten aus T mit, unter Zugrundelegung des Bam-
berger drucken und mit berücksichtigting der zu T sich stellenden
lesarten der anderen hss., soweit Wölfeis Untersuchung mir dafür
das material an die hand gibt.
11506—11633 = T bl. 149"— 151\ 51 0 im. 513 rebte
fehlt. 515 lere (gBlFUf, vgl. Wölfel s. 192. 195). 516 gescbrilll.
522 ingesiude. 523 |bij nid vnd l)y. nach 525 rote Überschrift
von Stechern. 526 möclit — soltl (W^'gf). 527 wen so immer.
tatternicndbn. 536 pris. da fehlt. 537 dannen. 538 nie.
539 da/j den. 540 zwang, diser (dirre W^BlUf). 541 sunst
uil s. 543 ains beides. 544 die z. kaineu breis beiagen.
546 mit den (W"). 547 wo och. darnach keine Überschrift.
DIE TÜBINGEH RENNERHANDSCHRIFT 117
548 wen es haben manig tunie (hant manige tüme VP'). 551
beiagen] söllich (sogetaa W'j. 554 ain seh. 556 sollich.
559 Schwerter o we. 561 her Jhesu crist. nach 563 Ringern
(W'). 565 als] an (W^). 566 leben oder] layen vod. 567 das.
572 soUich (sogetan W^EGgYB). on nott (uunot W^g. ane n.
EGYBlFUf, vgl. Wölfel s. 192. 195). 573 lege (BlFÜf). sunst
uil s. (sust wol (sust vil g) sanfter W^EGgYB). 576 ros.
577 vnd sporn vnd alle sin gedencken setzett vn spitzet (vgl.
Wölfel s.\^9. 193/. 197). 578 nocÄ 579. 582 das. nacÄ 583
rote Überschrift Ain geschichlt von zwaiu kempfern (Ein mere
von zwein kempfen W^). 584 kenpffer vor zitt w. b. (wilüt W^).
587 weitt. 588 in. 589 mitl flys sy (W^YBF). 591 diser.
600 kenppfer. 601 iustieres. 606 kosten. 607 vnd durch goste,
610 Haut er (Hat der W'). 611 ainem — ainem. 613 fehlt.
617 durch spott zu dem. 618 in fehlt. 619 bin] dar. 621 vTi
and^] anders vnd (\r>gY, vgl. Wölfel s. 188. 189. 196). 622 vnd]
wer. 624 [ein] warf!" diser lebelin. 629 wurff au hochen (W^G).
632 Machett wo das (s. Wölfel s. 195).
11890—12017 = T hl. 154'— 156*. 896 furcht ob sy die
(W'";. 899 wirtt selten (W'gA, vgl. Wölfel s. 192.195). 902 D']
das. besser vor (W^g, Wölfel s. 195). 903 dene] dem. 904 myne.
905 das w. des h. do heiraen 1. 909 der] Sünden. 911 nit.
912 w. auch niht] weltt ivch nitl (werk iu niht W^g, vgl. Wölfel
s. 194). 913 törst. 915 sust] süsse (süz W'j. 918 mägt sin.
920 nauch. 928 Swelhe] wer. 929 woltt yemant (ieman W^G).
930 räch. 932 vor] vmb. 935 onkünsch. " 938 rechtt vns nun
(s. Wölfel s. 190). 939 täntz. weih reye fehlt. 943 Sam] Also
(ylg). 944 hoffartt. 951 sol och. 952 falsches (valchs_es W").
961 red (rede g^BFUf). 963 Sie] Tamütt. sünde vn fehlt.
967 [doch] tratzer mütt. 968 baide (W^E). 969 beste. 971 scho-
wett. 976 hoffertiger, vnkünsch onküstig. 979 klaine. 982 das
dunck raängen menschen gütt. 984 gütte onlang belibett. 985 im]
nun. onrechtt tet. 989 dar nauch fin]. 994 glisner. 999 sül-
lent. levte] litt. 12002 in] ain (W'G). 003 ains (eines W^G).
005 glitt, vgl. Wölfel s. 192. 006 vmb vor gat. 009 leben.
011 sollt nit. 012 Vnd ob. sin. 016 glissenhailt. 017 d' fehlt.
17282— 17409 = r R 225'> — 227\ 284 sin nyemant.
285 onkünsch. 286 rouber. 290 nach 291 (W'). 295 [in] ir
(W^Xgl, vgl. Wölfel s. 192). 297 den fehlt. 303 des nun
(BIFU). 304 vnd sorg im begernt. 305 lengt (leoget W^).
306. 307 fehlen. 312 zelen w. nun im. betten. 314 vnd mitt
wercken. 317 der. eren glich. 319 ontugenden (W^G). 329
hautt. 332 Vns] Vnd. 335 ain vichlt schon. 336 Aichen pawm.
339 witzzich] alter. 340 ainem. vnd fehlt. 343 Schön, liechter.
344 feyel. 345 krusfs gel haur uff. 346 richlich. 347 geboren
magdten frölich. 348 Schön gemeld. 349 griffel] stiler. schülers.
355 vnd schribern. 356 f. hoche milte. 357 reine] hoch. 362
118 DIE TÜBINGER RENNERHANDSCHRIFT
Ivlusen. 367 Daz] der. 368 vor zitten. pliblich : strich. 371 als
nun iiil. 372 yeren (irn BlFUf). 378 schul 1er] schnler. 383 vnd
ander ontugenUi'TP). 386 dem ('W'^Gj. 387 nyuder. 391 lertt.
398 viles. 399 loffen. 402 pauer. 403 wurden. 408 allerlay.
22160—22289 = T hl. 235" (statt 296'')— 237" (statt 298").
161 zwainen. 162 war g. vnd war. 163 gantz vnd gar. 166
dester. 167 zu aim maul mer den zwiruntt. 169 an ir kr.
173 es. \r fehlt. 174 begyrung (nnr E^G bediutunge, vgl. Wölfel
s. 189). 177 Süllen. \ehe\\ (W^gylF). 182 lop] worlt. siillen
w. meren. 1S7 nitt. 188 krafft sprach. 190 Sy. 192 miis-
sent. 194 hebett vnd wendett. 195 des. geben (W^G). nach
203 rote Überschrift. Von mängerley sprach der lande. 204 eben
will. 213 vnderschaid 1. vnd (W^Gg) land. 215 an wage] vü.
216. 217 fehlen (W^yl, vgl. Wölfel s. 194. 195). 219 Die fehlt.
220payer. 224wetriber. 225 wol. 226^schwenckent, schren-
ckentt, lenckentt, senckentt. 229 Kernten. 230 Beheiu vnger,
231 hackentt. 232 frautzois walhen vnd. 233 Norbey. 237 vnd
kaldeisch. 239 der. 243 in siuem g. wol. 244 d'] er (^g).
245 nauch kunst (ylg). 250 wirgen. 252 Wen] von. 254. 5
enden :pfenden. 255 dar vmb sy ('IF", sie darum gi^ij. 260 er
ist. 261 gelogen. 262 sy das. 264 besuudren. 265 allen frOmeu
fr. (WBFUf). 270 Sins valterlants. 272 nitt tugentt (W^E).
273 sein] (dryen:)bliben. 277 latt. 282 über alle land (W^).
287 hangelt, kelen. 288 in dem g.
In den verglichenen partien stellt sich T überwiegend zu VF",
demnächst am meisten zu g^I, dagegen in den von Wölfel s. 188
im ersten absatz angeführten versen ausnahmslos zu W' gegen EG.
mithin wäre T im Stammbaum (s. 206) bei gyl einzureihen und
zwar möglicher weise in der art, dass T und die vorläge von gyl
sprossen einer und derselben wurzel sind, doch lasse ich letzteres
bei dem geringen mir zur Verfügung siehenden material einstweilen
lieber dahingestellt. — zu den von Wölfel s. \lb ff angeführten
Rennerhss. wären noch nachzutragen eine Dessauer papierhs. vom
jähre 1408 (Germ. 24, 121) und Halberstädter fragmente ans den
Jahren 1520— 1530 (Zs. f. deutsche phil. 12, 144). — über Hugo
vql. noch HWeber Geschichte der gelehrten schulen im hochstifte
Bamberg 1 (1880), bb ff.
Tübingen 1 august 1884. PHILIPP STRAUCH.
PARALLELEN ZUR Ulli). LYRIK.
1. über die innige liauenklage Ich zöch mir einen valken
MKS, 33 IT haben nach Haupt ua. Scherer, Vollmöller und zuletzt
in dem schünen aulsalz Zs. 27, 343 IT, doch nnt einer bestreit-
baren auH'assung s. 363 IV Hurdacb gehandelt, das motiv wurde
von Haupt in eineui italienischen sonelt des 13 jhs., von Voll-
PARALLELEN ZUR MHD. LYRIK 119
möller Kürenberg 1874 s. 20 in einem lied aus Bologna nach-
gewiesen; dort ist ein Sperber entflohen, hier ein sprosser. die
schönste parallele aus der romanischen dichtung bietet aber eine
chanson des 15 jhs., von GParis schon Romania 1, 117 und mit
neuen bemerkungen in der vortrefflichen Sammlung Chansons du
xve siecle (Societe des anciens textes franfais) Paris, Didot, 1875
s. 29 f veröffentlicht, eine dame klagt um den entflohenen häher
(geai). die epische schlussstrophe betont die freie natur des vogels,
dh. des mannes, wie die frau MF 37, 8 den falken wegen seiner
ungebundenheit beneidet, gabiolle 1,2 ist das italienische gabiolla,
'käüg'; die corruptel daufve 2, 2 hat GParis erst nachträglich,
vgl. vorrede s. xvi in dolle als alte form des lothringischen doulle,
käfig, emendiert. der Wortlaut ist nun folgender:
J'ay bien nourry sept ans ung joli gay
Ell U7ie gabiolle
Et quant ce vint au premier jour de may
Mon joli gay s'en vole.
II seil vola dessns un pin
A dit mal de sa dolle.
'Revieiis, reviens, mon joli gay,
Dedaus ta gabiolle;
D'or et d'argent la te feray
Dedans comme dehors.'
'Ja, par ma foy, n'y entreray
De cest an de de lautre.'
Le gay vola aux bois tont droit;
11 feiet bien sa droiture,
Ne retoumer ne doit par droit,
Franchise est sa nature.
in eigentümliche, abliegende beziehung bringt die serbische poesie
die verlassene frau zu der tiervvelt, Talvj 2^ 210. eine serbische
Sappho, deren Phaon ihr eine Melitta vorgezogen, fragt im wähl
einen hirsch, weshalb er so einsam grase, er antwortet:
Geh von hinnen, lass mich, schönes mudchenl
Ach ich hatte eine liebe hindinl
Gestern haben Jäger sie gefangen!
ihm erwidert das mädchen:
Armes hirschlein! uns ward ein geschicke.
Ach, auch ich hatC einstmals einen lieben!
Meine Schülerin hat ihn verlocket,
Schön Hajkunniza, das böse mädchen.
Welche ich im stricken unterwiesen.
Möchte Wahnsinn sie dafür ergreifen.
Und im waldgebirg' sie rastlos irren!
2. weder Bartsch Album des litterarischen Vereins in Nürn-
berg 1865, jetzt ohne änderungen und zutaten Gesammelte vor-
trage und aufsätze 1883 s. 250 ff, noch Scherer Deutsche stu-
120 PARALLELEN ZUR MHD. LYRIR
dieü2, 53fl erwäliueü die älteste alba, welche uns das Schi-kiug
iu türm eiues dreistrophigen Wechsels überliefert, die beiden
ersten Strophen lauten in VvStraufs und Torneys ausgezeichneter
Übersetzung s. 175 (Tagelied eines fürstlichen pares):
Schon liefs der hahn sein krähn erschallen;
Der hof erfüllet schon die hallen. —
'Das icar noch nicht des hahnes krähn;
Die fliegen machten dies getön.'
Schon ist der osten licht erglommen;
Der hof ist schon zusammenkommen. —
'Noch lichtet es sich ja im osten nicht;
Das ist des mondenanfgangs licht.'
mit der Versicherung, gern läge er noch träumend an seiner
gemahlin seile, aber die hofversammlung würde sich unwillig
zerstreuen, schliefst der fürst diesen frühen vorklang einer Shake-
speareschen scene. doch entbehrt die chinesische alba der Span-
nung, denn ehegatten sprechen mit einander, keine merker be-
drohen ihre miuue, nur das ceremoniell muss gewahrt werden,
die fürstin ist minder peinlich, und um den pflichteifrigen ge-
mahl länger zu behalten, macht sie den unbequemen hahn zu
summenden fliegen.
Endlich sei aus Romeo und Julie noch eine stelle 2, 2 an-
gezogen , wo das motiv des tagelieds leicht angeschlagen und das
bild des falken lieblich ausgemalt wird. Julia sagt kosend:
St! Romeo, st! o eines Jägers stimme
Den edlen falken loider herzulocken !
Es tagt beinah, ich wollte nun, du giengst;
Doch weiter nicht, als wie ein tändelnd mädchen
Ihr vögelchen der hand entschlüpfen lässt,
Gleich einem armen in der banden druck,
Und dann zurück ihn zieht am seidnen faden.
So liebevoll misgönnt sie ihm die freiheit.
man schaut rückwärts auf die sidinen riemen, vorwärts auf das
Zauber fädchen, an dem Lili den jungen Goethe fest hält, und
auf die flucht von dieser Lili
Wie ein vogel, der den faden bricht
Und zum wähle kehrt,
Er schleppt des gefangnisses schmach
Noch ein Stückchen des fadens nach,
Er ist der alte freigeborne vogel nicht.
Er hat schon jeitiand angehört.
Wien 15 1x84. ERICH SCHMIDT.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 121
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN.
Burdachs aufsatz über das alte deutsche liebeslied Zs.27, 343 11
hat von neuem die frage nach zeit und art der ältesten deutschen
lyrik aufgenommen, in der sache mit ihm durchaus übereiustim-
nieud möchte ich seinen aufsatz hier durch eine beweisführung
anderer art zu ergänzen versuchen. Wilmanns, jetzt der haupt-
vertreter der entgegengesetzten ansieht, sagt (Leben und dichten
VValthers, Bonn 18S2, s. 16): 'dass es vorder mitte des 12 jhs.
eine weit verbreitete lyrik gegeben habe, glaube ich nicht; durch
Zeugnisse ist sie nicht zu belegen, die allgemeine eutwicklung
des Volks spricht nicht dafür.' richtet sich nun Burdachs auf-
satz vorzugsweise gegen den zweiten dieser Sätze, mit denen Wil-
manns seine meinung klar und zusammenfassend begründet, so
soll diese arbeit dem ersten gelten, eine volkstümliche lyrik jener
zeit will ich durch Zeugnisse nachzuweisen versuchen, wo nicht
durch würklich erhaltene beispiele derselben, doch durch er-
schüefsbare. —
Für die zeit vor beginn der uns erhaltenen mhd. lyrischen
gedichte sind zunächst lieder epischen, didactischen und satiri-
schen inhalts durch vorhandene belege über allen zweifei er-
haben, aber auch die existenz von weiteren liedern , die keiner
dieser kategorien augehören, ist allgemein zugestanden, sodass
es sich nur um die bestimmung des characters dieser verlorenen
lieder handelt.
Den begriff des Volksliedes wird man nun auf sie unbe-
dingt anwenden dürfen, wir verstehen unter einem Volkslied
ein gedieht, wie es aus der breiten masse des volks heraus ein
einzelner für einzelne zuhörer dichtet, meist wol improvisiert,
daraus folgt zweierlei: erstens dass diese lieder im wesentlichen
frei sind von der eiuwürkung eines einzelnen culturherdes, wie
ihn eine schule, ein hof, eine künstler-, gelehrten- oder selbst
dilettantengesellschaft darstellt, und weiterhin also von fremden
einflössen, die aus zeillich oder räumlich entfernten eulturbe-
strebungen herüberwürken ; im wesentlichen frei, sagen wir, weil,
wo einmal solche centren einer neuen culturbewegung bestehen,
sie eine gewisse würksamkeit immer auch auf die ausstrahlen
Z. F. D. A. XXIX. X. F. XVII. 9
122 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
werden, die diesen kreisen nicht selbst angehören, von solchen
mehr zufälligen einwiirkungen aber abgesehen vertritt die volks-
poesie denk- und ausdrucksweise der grofsen mehrzahl, zweitens
ist mit unserer defmition gesagt, dass diese dichtung nur in sehr
geringem grade individuelle begabung voraussetzt, etwas wol,
denn auch die einfachste art eines poetisch zu nennenden ge-
dankens und ausdrucks liegt vielen fern; aber wenig, weil wir
den der grofsen menge eben nicht mehr zurechnen könnten, den
grofses talent heraushöbe, und weil zu gröfserer Schulung im
gebrauch der allen zur band liegenden mittel auch erst eine be^
rufsmäfsige übung führen könnte.
Dass nun jene vorausgesetzte dichtung dieser art war, ist
um so sicherer, als auch die ältesten uns erhaltenen mhd. lieder,
vorab die Kürenberglieder, dieser art noch ganz nahe steheo.
ja selbst die eigentliche minnepoesie in ihrer älteren zeit ist zwar
schon in dem sinn kunstdichtung, dass sie sich innerhalb be-
stimmter nicht nur örtlich sondern auch gesellschaftlich geschie-
dener kreise bewegt und, den character der gelegenheitspoesie
allmählich abstreifend, zur entfaltung von Individualität in kunst-
mäfsiger übung gelegenheit gibt — aber in so fern weder diese
ritterlichen kreise von dem volk noch der dichter von seinen Zu-
hörern so scharf geschieden sind, wie etwa heut zu tage das lese-
publicum der modernen lyriUer aus dem ganzen volk und aus
diesem publicum wider die autoren selbst sich abheben, möchte
man relativ selbst jene dichtung noch volkspoesie nennen können.
Der schvverpunct der frage liegt also in dem wort 'lyrik'.
ja weniger scharf als es durch Wilmanns geschieht hat man die
frage gewöhnlich nur in die formel zusammengedrängt: ist die
lyrik jünger als die epik? dies haben Lachmann (Kl. sehr, i 453),
Wackernagel (Litteraturgesch. §68), Koberstein (Litteralurgesch.
s. 56. 212 f), Martin (Zs. 20,47), Bartsch (Untersuchungen über
das Nibelungenlied s. 353), vLiliencron (Die historischen Volks-
lieder der Deutschen i s. xvu) und eben Wilmanns (aao. und
schon Anz. vii 263) bejaht, MüUenhoff (Zs. 9, 128 f), JGrimm
(Kl. sehr. II 75), Scherer (Anz. i 199) und vor allen dann wider
Müllenhoff (MSD^ 363 f) verneint, die ganze frage ist, wie
man sieht, wesentlich eine zeitfrage, die alte chorische poesie,
die iMüllenhülf in seiner schönen abhandlung nachgewiesen und
characterisiert bat, enthielt die keime der selbständigen lyrik und
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 123
epik noch in untrennbarer Vermischung (Wackernagel Altfranzö-
sische lieder und leiche s. 180), woraus sich dann allmählich
beide specialisieren (vLiliencron aao. 70. 72 f und besonders
ühland Sehr, in 12 : 'wie alles natürliche Wachstum mit einem
zustande der geschlossenheit, des eingeblätterten keimes, anhebt,
so erscheint auch die jugendliche Volksdichtung nicht nur im
verbände mit den ihr verschwisterten kiinsten des gesanges und
des tanzes, sondern es sind auch in ihrem eigenen bereiche die
poetischen grundformen, lyrisch -didactisch, episch, dramatisch,
erst noch ohne schärfere abgränzung beisammengehalten und ent-
wickeln ihre besonderen ausätze nur allmählich, je nach gegen-
ständ und bedürfnis, zu verschiedenen dichtgattungen.' vgl. auch
Geijer über den kehrreim in Mohnikes Altschwed. balladen s. 286).
dass nun weiter die lyrischer entwicklung zuneigenden liedchen
dieser art vorzugsweise bei fest und tanz gepflegt wurden (Kober-
stein s. 213), gibt auch Wilmanus zu; nur bestreitet er dass solche
zum tanz gesungenen lieder sich als ausdruck persönlicher empfin-
dung gaben (Leben Walthers s. 17). ähnlich nahm auch Müllen-
hoff (Schleswig- Holsteinscbe sagen s. xxv) an, die empfindung
sei erst im 12 jh. so mächtig geworden, 'dass mitten in einem
reicheren, behaglicheren leben die lyrik entsprang.' bei gleicher
grundanschauung nimmt er also rein lyrische ausbildung dieser
liedchen früher an als Wilmanns. weiter noch geht Schmeller,
der, wenn ich seine nicht ganz deutlichen worte richtig verstehe,
den noch lebenden schnadahüpferln der bairisch- österreichischen
bauern völlig die 'ex tempore entschlüpfenden gereimten einfalle'
aus der zeit der reihen- und tanzweisen Neidharts und anderer
gleichstellt, einfalle, die man des aufschreibens nicht wert ge-
halten habe (BWB n- 587). somit haben wir denn schliefslich
die kernfrage so zu formulieren: hatten jene mit bestimmtheit
vorauszusetzenden volksliedchen in der zeit, die den ältesten uns
erhaltenen mhd. liedern vorausliegt, schon würklich lyrischen
character? eine frage, die wir ganz mit Schmeller beantworten
möchten: wir glauben in jener poesie die rein lyrische gattung
zwar in der minderheit, aber wol schon vertreten — gerade wie
in jenen süddeutschen Vierzeilern, i
* ich muss noch anführen dass auch die jener gewis mit recht all-
gemein herschenden grundanschauung entgegengesetzte auffassung ausge-
sprochen worden ist: die lyrik sucht als älter als die epik nachzuweisen
9*
124 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
Eine allgemeiner gehaltene vergleichiing mit den noch ge-
sungenen Vierzeilen der bauern gestatten für die ältere volkspoesie
die uns daraus am besten überlieferten spottverse — den spott-
versen unter jenen vollkommen analog, von solchen improvi-
sationen sind uns erhalten eigentliche spottstrophen : MSD xxviii'' ;
bruchstück eines ähnlichen iiedchens MüUenhotf Zs. 18,262; die
trutzstrophen, die gegen Neidharts lieder gerichtet sind, s. Haupt
Neidhart s. 134, obwol in der form den angegriffenen Strophen
angepasst (Scherer Zs. 17,563 und Deutsche Studien ii452;
Bartsch Liederdichter xxvi; über andere parodien der art vgh
noch ühland Walther von der Vogelweide s, 80, Lachmanu zu
Walther 39, 1, dem sich Martin Zs. 20, 65 anschliefst, während
Burdach Reinmar und Walther s. 168 ihn bekämpft); endlich
sind in Neidharts eigenen winterliedern ebenfalls Umformungen
von spottliedern zu erkennen, vgl. ferner Wackernagel LG 3, 13.
22, 4. 36, 13. Scherer D. st. i 331 f. 348. umgearbeitet liegen
sie auch oder doch mindestens eingearbeitet in eddischen stücken
wie dem Harbardslied und in den scheltstrophen der epen vor.
Raum von diesen spottversen zu scheiden sind leichte Im-
promptus meist neckischer art wie etwa Uhland Volkslieder str. 195;
ein ernsteres MSD viii (gegen Henrici Zur geschichte der mhd. lyrik
verteidigt von Sleinmeyer Anz. ii 147) und MSD- 289. hierher
gehört das auch von Martin (Zs. 20, 47) und Wilmanns (Leben
Walthers s. 17) als alt und volkstümlich anerkannte ringelreihen-
liedchen Carmina burana 129'; alte rätsellieder (Uhland Schriften
III 189 f. MSD' 485 f. Scherer D. st. i 345), kettenreime (Bartsch
Germania xxv 335, vgl. MSD xvii 28—29. xlvu 2, 11 — 12.1 Vom
übelen wibe 59 — 60. 66 ff) und vor allem zahlreiche verse gno-
raischen inhalts (vgl. Lachmann bei Scherer D. st. i 316 anm.).
Talvj Versuch einer geschichtlichen characteristik der Volkslieder germani-
scher iiation , Leipzig 1S4(), s. 5f — eine schrift übrigens, die mindestens
als einen versuch, Herders Stimmen der Völker erneuert l'oitzuführen , Bur-
dach Zs. 27, 345 anm. 2 hätte nennen sollen, ein noch weiteres ziel hat
sich Sclierr in seinem Bildersaal der weltlitteratur gestellt, auch die kunsl-
dichtung in die vergleichung hineinziehend und in der auswahl, soweit ich
es beurteilen kann, nicht unglücklich. — ähnliche anschauungen wie Talvj
sprechen zb. Auerbach (Schrift und volk 16), Westphal (Metrik der Griechen
II 27t vgl. 273), Schipper (Ältenglische mctrik 20) aus.
' proventalische kettenreime bei Arnaut de Marvill (Bartsch Chresto-
mathie provenvale 93, 4 — 5. vgl. 19—20. 29 — 30, auch 35 — 36, ferner
96,7 — 8).
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 125
darau schliefsen sich beschwörungsformeln udgl., lieder religiöser
natiir, und von diesen leiten lohsprüche auf herren und günuer
wider auf die bei entgegengesetzter tendenz gleichgearteten spott-
lieder zurück.
Ist damit nun würklich das gesammtgebiet der alten volks-
poesie in ihren kleineren erzeugnissen (die hier natürlich allein
in betracht kommen) erfüllt? mit apderen werten: war alles,
was uns verloren ist, mit dem erhaltenen gleichartig?
Ich widerhole hier nicht die dagegen sprechende auslegung
der Zeugnisse über das winileod (s. Müllenhoff Zs. 9, 128f) und
über das liebeslied (s. besonders Scherer QF xii 70). man fand
bei alledem auffallend dass so gut wie nichts erhalten sei. mit
recht ist dem gegenüber darauf hingewiesen worden , wie selten
dergleichen fliegende Improvisationen zur schriftlicheu aufzeich-
nung kommen, wie viel geringer als bei den für weitere kreise
bestimmten gedichten epischen, didactischen, religiösen inhalts bei
dieser gelegenheitsdichtung des einzelnen für den einzelnen die
Wahrscheinlichkeit längerer aufbewahrung im fall sogar des auf-
schreibens ist (Schmeller aao., Talvj s. 6 a.). so ist denn auch
von dem, was uns übrig blieb, wenig in reiner form erhalten:
von den spottversen, Sprüchen gnomischen inhalts, kettenreimen
ist uns das meiste in späterer Überarbeitung und anwendung er-
halten, am deutlichsten stellt sich , wie ich glaube, die art, wie
ältere lieder durch jüngere dichter halb erhalten und halb zer-
stört wurden, an den lanzliedchen dar, die ja wider einer all-
gemein zugestandenen gattung angehören und deren ununter-
brochene tradition von den ältesten zelten bis zur blütezeit des
minnesangs die vergleichung des seit dem 10 jh. auf Island ge-
sungenen liedes von Ingolf mit den reihen Neidharts beweist (Mül-
lenhofl"MSD- 364. Uhland Sehr, in 397 anm. 66). aber Neidhart hat
nun nicht etwa immer entsprechende tanzlieder ganz in derselben
art weiter gedichtet, seine sommerlieder zeigen zwar noch den-
selben typus nur in einer fortgeschrittenen entwicklung; in den
Winterliedern aber hat er das ursprüngliche tanzlied dh. die auf-
forderung zum tanz nur noch als kern einer Verschmelzung vod
tanz-, liebes- und spottlied, bis er schliefslich dies dement ganz
fortwirft, dies habe ich mich bemüht in meiner dissertation (Die
reihenfolge der lieder Neidharts s. 133 f) nachzuweisen und als
beispiele der nur formell umgestalteten volkstümlichen ansage des
126 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
tanzes gerade iu Neidharts ältesten winterliedern die stücke N.
38, 9—39, 20. 44, 36—45, 17. 35, 1—22. 36, 38—37, 8. 40,
13 — 36 aufgestellt, diese versgruppen (deren absonderuug die
durchaus nicht einheitliche composition der gedichte nicht blofs
rechtfertigt, sondern geradezu verlangt) zeigen in aufbau und
Inhalt gerade das — und nur das — , was die aualogie der reiner
erhaltenen reihen erwarten liefs: naturbild — aufforderuug zum
tanz — tanzbild, nur das letztere individuelle zutat des einzelnen
gedichts. hierfür habe ich erst jetzt eine weitere bestätigung in
den deutschen Strophen der Carmina burana (über die noch weiter
zu handeln ist) gefunden, neben jenem ringelreihenvers 129*
nämlich haben wir zunächst noch ein tanzliedchen einfachster
form 100% indem allerdings die aufforderung zum tanz vor dem
naturbild steht — eben dies aber beweist, wie ich glaube, dass
auch hier Umgestaltung eines alten lanzliedchens vorliegt, und
noch klarer scheint sich dasselbe Verhältnis in lOS"* zu ergeben,
wo au einen erweiterten natureingang sich die einladuug zum
tanz in einfachster und altertümlichster weise anschliefst, daran
wider eine minneformel. aber auch in lateinischen Strophen
scheint mir dasselbe vorzuliegen: 100 die Übersetzung und Um-
arbeitung und 108, 4 naturbild mit ansage des orts allein, das
Verhältnis zwischen den lateinischen und den deutschen Strophen
bleibt damit noch unberührt, da natürlich der lateinische dichter
dem alten lied eine neue form geben konnte, die nachahmung
fand, solche fälle, dass lieder der einfachsten form, sogar wo
der grund der Übersetzung in eine andere gestalt verlangenden
fremden spräche fehlt, künstlicher umgebildet werden, haben
wir auch sonst; so hat Hartmann reimpare seines zweiten Büch-
leins in lyrische slrophen umgeschrieben (Haupt zu MF 214,
12. 23), und ich glaube dass auch die trutzstrophen der bauern
gegen Neidhart wenigstens teilweise erst aus Vierzeilern der ein-
fachsten form in die der provocicrenden Strophen umgegossen
wurden, namentlich die bei Haupt s. 157. 198. 217 abgedruckten,
wie man also auch über die lateinisch und deutsch überlieferten
Strophen der CB denken möge — wir dürfen in all diesen fällen
Umarbeitung alter tanzliedchen von innerlich und äufserlich ein-
fachstem bau annehmen und hätten, allerdings nur einer unbe-
zweifelten gatlung, einige Vertreter der ältesten zeit gesichert.
Wir verlassen nun das gebiet der anerkannten gattungen
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 127
der volkspoesie und gehen zur lyrischen dichtung über, in deren
mittelpunct natürlich das liebeslied steht.
Das älteste, was uns erhalten blieb, ist die unschätzbare
Sammlung der RUrenberglieder sammt der unter Dietmars namen
überlieferten Strophe MF 35, 32: vor 1180 (Scherer D. st. i5l2),
und die lieder des burggrafen von Regensburg, dann Meinlohs
und des burggrafen von Rietenburg 1176 — 84 (ebenda 511);
weiter zurück nur einzelne liedcheu: MF 3, 7: 1154 — 60 (ebenda
512), MF 37,4.18, wider Dietmar zugeschrieben, wol noch
früher, endlich MF 3, 1 in den briefen Wernhers von Tegernsee
und also um 1170 (Wackeruagel LG- 203). diese Zeitangaben
würden also eine lyrik vor 1160 bereits beweisen, da den
Strophen 37, 4. 18 lyrischer character nicht gut abgesprochen
werden kann; aber bei ihrer anonymität ist die datierung doch
nicht ganz sicher. MF 3, 7 dagegen ist wegen der anspielung
auf Eleonore von Poitou genau in jener frist bestimmt; biet aber
wird die ursprüngliclikeit der deutschen sirophe angezweifelt, die
anderen fallen über jene zeitgränze hinaus, aber es ist zu be-
achten dass auch von ihnen eins der ältesten stücke, MF 3, 1,
als teil eines briefes nur ganz zufällig erhalten ist und neben
sich, wie es scheint, noch ein anderes eingearbeitetes liedchen
hat: einmal bilden die deutscheu sätze fast genau einen Vierzeiler
der ältesten art (224, 26 f desne soltu — nicht liep). man könnte
das aber für zufällig erklären und diese wie die anderen reimenden
deutschen zeilen der reimprosa des lat. textes (Wackern. 204, 40)
gleichstellen wollen, so brauchte ein würkliches lied noch nicht
vorgelegen zu haben, wenn bei Wernher sich aufser MF 3, 1
noch weitere deutsche verse finden (Wackern. 204, 41 nach
Kugler, s. u.).
Endlich aber liegen solche bearbeitete liedchen zum teil aus
der zeit vor 1160 meiner meinung nach in deutschen Strophen
der CB vor, deren besprechung wie meine ansieht über jene
deutschen zeilen in Wernhers briefen ich aber noch einen augen-
blick aufschieben muss. —
Wir haben noch einen letzten, sehr wichtigen fall der be-
arbeitung eines liedchens anzuführen, den ältesten: den liebes-
grufs im Ruodlieb xvi 10 — 14 (vgl. MSD- 362 f), also schon aus
dem 11 jh. mit vollem recht sind diese verse seit Müllenhoffs
anmerkung als das wichtigste zeugnis einer alten eingeborenen
12S ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
lyrik augeseheu und verwertet worden , so zuletzt wider von
Burdach. dagegen hat sich denn auch Wilmanns (Lehen Walthers
anm. i 36 s. 293) mit nachdruck gewandt, iodem er auf Uhlands
Worte (Sehr, iii 261 f) sich stützt, sieht wol auch er in jenen
Worten anspieluug auf einen deutschen den lesern des Ruodlieb
wülbekaunten liebesgrufs; solche liebesgrüfse aber, zunächst durch
mündlichen auftrag, dann brieflich übermittelt und für den letz-
teren zweck als briefmuster fest formuliert, gehörten wol zur
minnepoesie, nicht aber bewiesen sie für die existenz einer volks-
tümlichen sangesmäfsigen lyrik im 11 jh., von lyrischem minne-
sang seien sie wesentlich verschieden, diese worte haben mehr
für sich, als man im ersten augenblick geneigt sein wird zuzu-
geben, allerdings ist die gleichartige stelle Froumunds gleich-
falls ein briefaufang, eine dritte spätere stelle, die Seiler (Ruod-
lieb s. 161) vergleicht, wol derselben art. und ferner: wir treffen
in den Epistolis obscurorum virorum, die auf so interessante
weise gerade die art des vulgären brieflichen ausdrucks im gegen-
salz zu gelehrten prunkiiriefen zeigen, (und wol nicht nur in
ihnen) widerholt den liebesgrufs bald rein erhalten, bald in gro-
tesken Umformungen (wie schon in der von Seiler aao. anm.
angeführten stelle) an , immer als grufsformel. ich führe allein
die fälle aus dem ersten bände der ausgäbe Londini 1689 an:
briefanfang: Salutem maximam et mnltas bonas noctes sicut sunt
stellae in c€elo et pisces in mari (s. 21); Salutes tot quot habet
coelnm Stellas et mar e arenas (s, 39). Überschrift: tot salutes quot
aucw comedunt gramina (s. 139); tot salutes quot in uno anno
nascuntur culices et pulices (s. 148, womit zu vergleichen tot pe-
diculos quot carnifices ocddunt post Pascha vitulos s. 204). brief-
schhiss: tot salutes quot cantantur Halleluja infra Pascha et
Penthecostes (s. 148); plures bonas noctes quam astronomi habent
minutas (s. 154). mündliche begrüfsung: Salutem maximam et
multas bonas noctes sicut sunt stellce in ccelo et pisces in mari
(s. 200, wörtlich gleich der stelle s. 21); tot salutes quot sunt
Alleluja inter Pascha et Penthecostes (ebenda , fast wörtlich gleich
der stelle s. 148). endlich sogar wie im Ruodlieb in lateinischen
reimen, wider als briefanfang: Quot in mari suntgultcß, et quot
in Colonia sancta beguttce, quot pilos habent asinorum cutes, tot
et plures tibi milto salutes (s. 114). es kann kein zweifei sein:
wir haben den liebesgrufs hier ganz in der gestalt, wie Wilmanns
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 129
ihn auffasst, am treusten denn auch bei der eigentlichen be-
grüfsung, mündlich oder schriftlich, bewahrt (s. 21. 39. 200).
aber die entsprechenden Strophen der Volkslieder wurden doch
gesungen und werden es zum teil noch, ist das denkbar, dass
sie nur versificationen von brieffloskeln oder von mündlich über-
lieferten grufsformeln wären? und sollen würklich formein zu-
nächst für die einleitung einer mündlichen botschaft, dann für
den briefanfang sich so früh ausgebildet haben und gleich so
fest, wie das bei dergleichen ceremoniellen formein sonst nahezu
unerhört ist? alles aber erklärt sich leicht, wenn diese formein
nicht nur so verwandt wurden , sondern würklich zu einem ge-
reimten liebesgrufs zusammengefasst gesungen wurden, 'ihre
gesänge', sagt Herder von den 'unpolizierten Völkern' (Über Ossian.
Werke, Stuttgart und Tübingen 1S28, vii63), 'sind das archiv
ihres Volkes' — was jene zeit nicht sang, das gieng verloren,
und nun gar so leichte, so leicht verlierbare wäre wie eine
grufsformel. und wurden sie gesungen, so erklärt sich das
deutsche reimpar im Ruodlieb; so erklärt sich, wie die formel
gleichzeitig in den gebildeten kreisen als briefschmuck, im volk
aber unabhängig davon als gesungener grufs sich fortsetzen und
umbilden konnte, und für diese von vorn herein , wie ich meine,
kaum abzuweisende erkläriing haben wir dann mehrfache äufsere
bestätigung. ich verweise zunächst auf die analogie des französi-
schen liebesgrufses, über den Paul Meyer (Le salut d'amour dans
ies littöratures provencale et fraucaise, Paris 1867) eingehend ge-
handelt hat. aber Wilmauns konnte diese gedichte wider mit
Hartmanns und Ulrichs von Lichtenstein büchlein vergleichen
und , die lyrische natur zugestehend , hinweisen auf die worte
des französischen gelehrten : 'ce genre , ue dependant nullement
de l'inspiration populaire' (aao. s. 4). aber in dem einen liebes-
gedicht dieser art, das der letztere mitteilt, treffen wir, wenn
auch wider umgebildet, den deutschen liebesgrufs:
i9 — 12 Salus vous manc, amie chiere,
Autretant qiCenlre ciel et tiere
Porroient croistres de rosetes,
De flors, de lis, de violetes (aao. s. 17).
diese saluts d'amour kommen in der provencalischen dichtung
mit Raimbaut d'Orange im 12 jh. auf, in der französischen, von
dort übernommen, im 13 jh. (aao. s. 15); und eben weil sie
130 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
schon in der provencalischen dichtung so ganz unvolkstümlicher
art sind, von den übrigen miunelicdern nur in der form ver-
schieden (Diez Poesie der Iroubadours s. 169), glaube ich an-
nehmen zu dürfen , jene so echt volkstümlich in der anläge und
(mit der häufung der blumenuamen) so echt höfisch in der aus-
führuug gehaltene französische stelle stamme von dem deutschen
gesungenen liebesgrufs ab. nicht direct natürlich , sondern durch
Vermittlung der vagantenpoesie. und nun besitzen wir würklich
in einem älteren der letzteren angehorigen liede die lat, Um-
formung:
Qnot sunt flores in IlyblcB vallibus,
quot rednndat Dodona frondibus,
et quot pisces natant wqnoribus,
tot ahnndat amor doJoribus (CB 82, 3).
die gelehrten anspieluugen und die anders geartete Wendung am
schluss können nicht zweifelhaft macheu dass hier das deutsche
liedchen vom munde des fahrenden erklingt, und so haben wir
es denn endlich auch würklich deutsch, noch jetzt gesungen,
aber in aller einfachster fassung als salzburgisches bauernliedchen :
So viel Stent in der Hell
So viel Tropfa in See,
So oft grüefs i di sehen —
(Firmenich Germaniens volkerstimmen ii 720\ die fassung steht
von den MSD'' 362 angezogenen parallelstellen der aus Schades
Klopfan am nächsten, ül)ertrifft aber auch diese an altertüm-
licher einfachheil), so, meine ich, haben wir uns den liebes-
grufs vorzustellen, den der dichter des Ruodlieb einfach über-
setzte, der vagant in seiner art ausschmückte und umformte und
weiterhin der französische dichter nach seiner weise, den ebenso
in Deutschland selbst der gebildete briefstil wie der volksmäfsige
gesang beibehielten oder weiterbildeten — und diese grundform
ist doch gewis lyrischer minnegesang! ich sehe nicht, wie man
von einer anderen ursprüngliclien gestalt aus alle diese verschie-
denen cntwicklungen iierleilen könnte.
Diese deutsche grundform selbst aber ist merkwürdiger weise
(wie anderes, was wir noch zu besprechen haben) vielleicht ein
Überrest uralt - gemeinsamer dichtung — und weiter könnte
der liebesgrufs von einem blofsen briefmuster doch kaum ab-
stehen I wir (indcn sanz ähnliche stücke in der lateinischen wie
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 131
iu der indischen poesie, freilich dort epigrammatisch, hier guo-
misch verwandt:
Basia da nobü, Diadumene, pi^essa. 'Qiwt' inquis?
Oceani fluctus me mimerare iubes
Et maris Aegaei sparsas per litora conchas
Et quae Cecropio morde vagantur apes. . . .
(M. Val. Martialis Epigrammaton libri ed. FGSchneidewin 6, xxxiv.
vgl. übrigens aufser CatiiU v auch Horaz 1, xxviii 1 — 2. — die
Übersetzung von ThSchüppli Uuiversal-bibliothek 1611 s.51 nähert
den text in characteristischer weise den entsprechenden deutschen
formein).
Gleichwie des regengottes tropfen , die sterne an dem himmelszelt
unzählbar sind und auch nicht minder die körner, die der sand
enthält . . .
(Paulschatantra übersetzt von LFritze s. 154j.
Dass hier überall wiirklich volkstümliche dichtung zu gründe
liegt, dafür spricht schon die analogie mit ähnlichen coucreten
Umschreibungen zb. der unmöglichen dinge (Uhland Schriften
III 213 f). so ist die stelle Martials auch ihrerseits für die spät-
lateinische gewis nicht die quelle, wie eine vergleichung der dort
bildlich angezogenen dinge ohne weiteres zeigt, ein neufranzo-
sisches Volkslied dagegen (bei Scheffler Französische Volksdichtung
und sage i 118) ist offenbar nur eine elsässische Übersetzung des
deutschen lieds (Des knaben wunderhorn hg. von RBoxberger
II 61, Simrock Volkslieder s. 224 usw.). — eine fortsetzung der
prov. stelle aber bietet ein weihnachislied bei Scheffler s. 324.^
Der liebesgrufs nun, bei dem zwar die älteste deutsche fas-
suDg nicht erhalten ist, sich aber aus späteren fortsetzungen
und Umgestaltungen fast mit bestimmtheit ganz herstellen lässl,
bildet den Übergang von den unversehrt erhaltenen denkmälern
der allen deutschen volkslyrik zu denjenigen fällen, bei denen
nur einzelne stücke und Stückchen sich erhalten haben, aus
' der Ruodlieb enthält übrigens auch sonst wörtliche Übersetzungen
deutscher formein. ein hübsches beispiel xiv 9 eui noti sunt regiones Ei
noti domini bene, womit zu vergleichen NN 83, 1 Dein sint kunt diu riche
und elliu fremdiu lant, Neidhart 93, 17 — diu lant diu sint viir elliu kunt,
und so schon Hildebrandslied 13 chiid ist mii' al irmindeot, Traugemunds-
lied MSD xlviii 3, 2 s. anm. s. 486. auch noch mit dem im Ruodlieb fol-
genden qui fuerunt ibi summi vergleicht sich Walther 56, 30. 38, auch 15, 6
und 31,13.
132 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
welcheo kein einzelnes lied sich wider so aufbauen liefse, das&
wir es würklich in seiner alten gestalt zu besitzen überzeugt
sein könnten, kein einziges einzelnes lied — , aber dafür, wie ich
glaube, ergibt sich uns hier mit deutlichkeit die existenz, zeigt
sich klar der character einer grofsen zahl alter liedchen , während
bis hierher wir es nur mit wenigen stücken zu tun hatten.
Wer die älteren minnelieder aufmerksam durchliest, dem
wird sofort auffallen, wie oft er nicht etwa blofs denselben ge-
danken, oder dasselbe typische reimpar (worüber Minor Leiche
und lieder des schenken von Winterstetten, Wien 1882, vi. xii,
der aber die epigonen behandelt), sondern genau denselben vers
bei verschiedenen dichtem widerfindet. das ist längst bekannt
und vieles der art an verschiedenen orten angemerkt worden;
eine gröfsere zusammenstelliuig fehlt aber meines wissens noch,
ich habe deshalb hier aus MF, aus Walther, Wolframs liedern,
den deutschen Strophen der CB und endlich aus Neidhart, der
durch seinen anschluss an die volkspoesie in mancher hinsieht
sich den anfangen des minnesangs wider nähert, möglichst voll-
ständig diese stellen gesammelt; da es ganz gleichgiltig ist, wer
eine einzelne entsprechung dieser art zuerst bemerkt hat, habe
ich die betreffenden anmerkungen in den ausgaben jener lieder
und an anderen stellen, am reichhaltigsten in Vollmöller Kürenberg
und die Nibelungen 35 f und besonders in Wilmanns Walther-
ausgabe, hier nicht angeführt, wie ich sie auch selbst für meine
Zusammenstellungen nicht benutzt habe, von den Sammlungen
ähnlicher art, die Diez (Poesie der troubadours 261 anm.),
Wackernagel (Altfranz, lieder und leiche 239 anra. vgl. 211),
Erich Schmidt (QF iv in den anmerkungen), Lehfeld (Paul-
Braunes Beiträge n 344 f , speciell 383 f), Michel (Heinrich von
Worungen und die troubadours) und endlich in gröster Vollstän-
digkeit Wilmanns (Leben Walthers ni und anmerkungen) gegeben
haben, unterscheidet sich die meine natürlich dadurch, dass jene
der Übereinstimmung des sinns gelten, diese hier der derworte;
gelegentlich habe ich deshalb bei nahem anklang der worte auch
inhaltlich verschiedene verse neben einander gestellt, andererseits
musten natürlich die fälle berücksichtigt werden , in denen trotz
der änderung von ein par schlagworten bau und form nicht
wesentlich geändert waren, in denen nur eine Umgestaltung der
formel etwa aus gründen des reims vorlag.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 133
Die anordnung meiner Sammlung ist die: auf MF 3, 1 habe
ich die durchaus in diesen Zusammenhang gehörigen deutschen
Sätze des briefs MF 224 folgen lassen, auf 3, 7. 12 die anderen
deutschen Strophen der CB; dann kommen die anderen gedichte
von MF, Walther, Wolfram, Meidhart, widerholt habe ich über-
einstimmende Verse auch aus späteren Volksliedern eingefügt.
wörtlich gleichlautende verse habe ich durch 'ebenso' bezeich-
net, grOfsere modificationen der formel durch 'vgl.', entferntere
anklänge, die nur gelegentlich aufgenommen \vurden, durch
*vgl. auch.'
Du bist min ich bin ilin MF 3, 1
.So bist du mein und ich bin dein Simrock Volksl.
s. 98. 271
Ich pin dein und tu pist mein s. Scherei* D. st. u 440
Id mich wesen diu
Wide wis du min Veld. 59,9 — 16.i
des solt du gewis sin MF 3, 2
des sol si sin von mir gewis Veld. 64, 15.
du bist beslozzen
in minem herzen MF 3, 3 — 4
darinn da ist (leit) beschlossen
das junge herze mein ühland Volkslieder 29,7. 3(1,1.
s. MSD- 364.
ih mohte dir deste wij^s gevalle MF 224, 24
vgl. si geviel mir ie baz und ie baz MF 13, 4
der mir ze rehte geviel ie baz Rugge 106, 21
und daz mir wip geviel nie baz R. 174, 36
— ein xcenic baz gevalle W. 71, 9
vgl. auch vil wol gevallet si mir MF 13, S und zu CB 103\
du hast mir daz vercheret MF 224, 25
du hast im nach verkeret
beidiu sin unde leben M. 11,22 (vgl. auch aum.)
daz kan si leider wol verkeren H. 44, 34
vgl. sus kan si mir ivol daz herze verkeren H. 53, 9
die verkerent underwüent mir den sin Mor. 138, 1.
desne soltu dun niemere MF 224, 26
deswdr ttion i'n niht mere H. 51, 11
Vgl. Idtz iu geschehen niht mere VV. 18, 4.
friunt volge du miner lere MF 224, 26
und volge ouch siner lere Sperv. 20, 16
dd von volge miner lere W. 23, 7
* 77/ he yo7irs if you'll he mine Mannhardt Baumkultus 461.
134 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCIIEN
doch volge ich der alten lere W. 65, 12
niht envolge ir lere N. 54,21
vgl. volgent miner rwte Joh. 94, 5
ja volge ich iuwer rcete N. 21, 19
vgl. auch volge iviser Hute tugent W. 60, 25
min friunt nu volge mir W. S9, 13.
diu nemach dir gescaden nieth MF 224, 27
wcer ez ir schade niet Kür. 10, 14
vgl. daz emcirret dir niet M. 11,6
vgl. auch unde schadet in niht Mor. 131, 13
daz schal ir niht llartm. 215, 18
mir wirret «//(^ D. 41,5
des mir niht enwirret W.83, 19 und vgl. zu MF 40, 1 1.
loande tccerest du mir nieth liep MF 224, 28
vgl. so bist du mir vil liep Kür. 9, 26
der ich gerne wcure liep Ü. 32, 10
daz mir si iemen alse liep Uiet. 18, 5
Und lüä?'' mein Herr Vater mir nicht so lieb Talvj
s. 437, vgl. auch MF 14, 6 und zu 10, 16. 11, 8.
Tougen minne diu ist guot MF 3, 12
vgl. swer tougenlichen minnet,
wie tugentlich daz sldt CB 144°.
si kan geben höhen muot MF 3, 13
liebe diu git mir höhen muot Mor, 132, 23
ivan sine gebeut niht höhen muot Mor. 142, 30
und git ouch höhen muot W. 103,20
ir engebt im höhen muot W. 113,8
frowe gebt im höhen nmot W. 113, 19
vgl. und daz höchgemüete gebe R. 151,12
diu baz ein höchgemüete künde geben R. 197, 5
vgl. auch daz si mir git kumber unde höhen muot W. 43, 2.
der sol man sich vlizen MF 3, 14
durch daz ivil ich mich ßizen MF 15, 15.
swer mit triwen der niht phliget MF 3, 15
vgl. ist danne daz er triuwen pfUgct Sperv. 20, 21
vgl. auch swer des biderben swache phliget MF 245, 25.
dem sol man daz verwizen MF 3, 16
der teil ich nu niht wizen M. 13,38
Nu endarf mir niemati wizen Riet. 18, 1.
und schöner zühte ist si s6 vol CB 94% 1
Min vrouwe ist ganzer tugende vol CB 103"
der herze ist ganzer tugende vol W. 115, 15.
von der ich chumher dol CB 94'\ 1
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 135
von minem kumber den ich dol Guot. 74, 35
dast ein kumber den ich harte gerne dol R. 169, 32
anders niht wan kumber den ich dol VV. 52, 30
xoaz ich kumbers dol W. 121, 18
vgl. min not und disen pin, Den ich nu lange dol Guot. 73,
35 — 36. vgl. Becker Allheiinischer minüesang 177.
It roter rösenvarwer munt Cß 94^, 2
siiezer rösenvarwer munt CB 136*
Idzze mich mit frönden werden alt CB 94*, 3
mit vröuden sul wir alten N. 16, 16
vgl. der äne vröude wolte werden alt Bligger 118,20
wünnecliche er altet W. 103, 1.
gebiutet si ich lige tot CB 94^
dan ich durch si gelige tot Veld. 66, 33
als siz gebiut ich bin ir töte Veld, 67, 1
vgl. stirbet si so bin ich tot R. 158,25 und vgl. dazu unten.
dd von mag uns fröde nimmer me'r zergän CB 9S"
von dem min truren sol zergdn M. 14,29
dem müez al sin loünne gar zerge'n Mor. 126, 35
sol min fröude nu zergdn R. 203, 21
sol min tröst zergdn W. 14, 13
sol der mit fröide an mir zergdn W. 72, 1
so jenes fröide gar zergdt W. 92, 38
vgl. wan daz beidiu liep und leit zergie R. 172, 29
min truren deist zergangen Pseudo-Neidhart 130, 7
vgl. auch diu muoz mir al ze sorgen ergdn MF 4, 12.
Solde ich noch den tach geleben CB 99*
sohle ich nach dem willen min diu zit geleben CB 127*
Und solde ich iemer daz geleben Joh. 92, 28
Gelebt ich noch die lieben zit H. 45, 1
noch müeze ich geleben VV. 31,27
doch müeze ich noch die zit geleben W. 98, 22
Müeste ich noch geleben \V. 112,3
owe, gelebte ich noch den tac N. 80, 9
vgl. auch Solde aver ich mit sorgen iemer leben CB 128*.
so wolde ih in wunne sweben CB 99*
so mües min herze in fröide sweben Joh. 92, 30
die von fröiden solten in den lüften sweben VV. 42, 34
min herze sxcebt in sunnen hö [sollte nicht zu lesen
sein: in wxinnen hö?] VV. 76,13
vgl. der wcenet in den lüften sweben N. 93, 31.
wer were alt CB 101»
Nieman chan nu werden alt CB 102*
ddn ist niemen alt VV. 51, 20
136 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
vgl, auch Diez Poesie der troubadoiirs ?. 236.
der winder st gchoenet CB lOT
der IV in der si guneret N. 21,37.
V071 eines wihes güete CB 102"
vgl. von ir güete Riet. 18, 10
vgl. auch uf manege dine güete D. 38, 15
iemer dur sin selbes güete R. 187, 3
nach siner güete R. 199,29.
in weiz wiez ir gevalle CR 103"
in weiz wiech ir gevalle Kür. 10, 15
vgl. swaz in gevalle M. 14, 18
der dir gevalle Fseudo-D. 37, 11
wenn ich dir nit gefalle Lhland 29, 5
vgl. auch Ldt mich eu gevallen CR ccii s. 97
wem sol daz lool gevallen N. 14, 21 und oben zu
MF 224, 24.
Nu suln wir alle fröde hdn CB 103*
vgl. Ich teil weinen von dir hdn MF 6, 26
vgl. auch gedinge den ich von einer frouwen hdn Riet. 18,21.
lüesent palt CB 104"
des suln wir nu wesen halt CR 123"
vgl. Vrowe wesent vrö CR 133"
vriunt du wis vil höchgemuot MF 6, 24.
Venus schivzet im holz CB 111"
sin bölzel schiuzet N. 04, 8 [danach daz bölzel zuo
ir schiuzet Pseudo-N. 183,5], vgl. zu CB 124".
daz mir in dem herzen sanfte tuot CR 107", s. zu
CB 140".
nach mim gesellen ist mir we CR 112"
mir ist ndch ir so we R. 182, 25.
der ist geriten hinnen CR 112"
Ritest du nu hinnen MF 4, 35
du ritest hinne D. 39, 27
vgl. auch er schiel hinnen R. 200, 33.
Vrowe ih pin dir nnderldn CR 116"
ich xoil dir sin underldn CR ccn s. 97
eim guoten riter Untertan Reg. 16,2
der bin ich worden Untertan D. 38, 35
daz ich ir was ie vil undertdn D. 40, 26
daz ich ir ie was nndertdu H. 43, 5
m welle ir wesen widert an H. 51,24
ir ie was undertdn H. 52, 36
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 137
von mmnen ie was undertdn Veld. 65, 35
der ich zallen zUen bin undertdn Guot. 78, 2
ich hin ir worden nndertdn Rugge 105, 9
des iDcer ich ir nndertdn Adelnb. 148,18
so gar bin ich ir nndertdn R. 1 59, 30
ich bin ir dienstes ierner undertdn Pseudo-Veki. 2Ö0, 4
Sit was ich ir undertdn IN. 67, 15
vgl. die fürsten sint iu undertdn W. 12, 1.
des Id mich geniezen CB 116^
Id mich des geniezen CB 124*
liez er mich des geniezen niet D. 36, 4
des sol si mich geniezen Idn H. 44, 21
Idnt mich noch geniezen Job, 93, 36
icil si mich des geniezen Idn Rugge 100,9
diu sol mich des geniezen Idn Rugge 105, 7
si solle mich durch got geniezen Idn Rute 116,5
daz man in des geniezen solle Idn Bligger 119,5
ich weiz wol daz si mich Idt geniezen R. 151,21
frowe, Idt mich des geniezen \\. 40, 35
du soll mich des geniezen Idn W. 97, 32
des soll ir mich, zart frawe,
allzeit gemessen lan Uhland 81,3
vgl. Solle er des geniezen niht H. 54, 37
Daz icir geniezen müezen sin Rugge 97, 13
daz ich der zil geniezen sol Rugge 108, 12
Sit man der slcete mac geniezen Rugge 110,21
s6 mugen wir fröide niezen R. 1 56, 24
daz ers iht genieze R. 187, 8
du solt von schulden ierner des geniezen W. 82, 30
vgl. auch mi7i lip des an fröiden . . . wol geniuzet Pseudo -Veld.
262, 8.
des teil dih verdriezen CB 116*
ia ne mag mich nimmer din verdriezen CB 124^
iuch mac wol verdriezen Job. 93, 38
so ensol ir niemer mich verdriezen Rugge 110, 22
daz si welle nien verdriezen Adelob. 148,5
wie hnide mich verdriezen R. 156, 26
frowe'n Idt iuch niht verdriezen VV. 85, 34
frowe, enldt iuch. des so niht verdriezen W. 113, 7
wil iuch niht verdriezen N. 39, 22
Das tut die Leut verdriessen Simrock Volksl. s. 227.
vil süeze minne niezen Cß 116*
diner minne niezen CB 124*.
wil mich ze sere schiezen CB 116'
Venus wil mich schiezen CB 124*.
Z. F. D. A. XXIX. iN. F. XVII. 10
13S ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
Ih ivolde gerne singen CB 126''
Ich wil immer singen Mor. 146,11
künde ich nü gesingen N. 33, 22
Ich wil aber singen N. 67, 7.
der minne wil mich ttoingen CB 126*
diu wil mich des hetwingen Kür. 9, 33
vgl. diu minne twanch sere den man CB 146, 7
si twunge onch mich gexcaltecliche Vekl. 66, 20
dne die diu s6 helwungen mich hat Guot. 79, 3
Ihre Lieb hat mich bezwungen Simrock Volks), s. 262
vgl. auch betioungen was daz herze min D. 4ü, 15
wie sere si min herze twinget H. 45, 20.
in minem herzen ich si trage CB 126*
Sit daz ich si — trage beide in herzen und onch in sinne
k. Heinr. 5, 30
daz si mich hiez in deme herzen tragen Penis 81, 38
Sit ichs — in minem herzen trage R. 171,27
in minem herzen si sich nider liez:
da trage ich noch die werden innetongen R. 194, 24 — 25.
s. auch zu MF 12, 6.
und min gemüete tragen hö CB ^28^ ebenso R. 185, 30
der mac wol höhe tragen den muot Reg. 16, 7
Ich muoz von rehten schulden hö
tragen daz herze und al die sinne D. 38, 5
von der ich höhe solte tragen den muot R. 162, 17
dar zuo tragent si höhen muot W. 51, 3.
noch lebe ich des gedingen CB 126*
vgl. doch tuot mir sanfte guot gedinge Riet. 18, 20
der gedinge tuot mir xool Guot. 76, 35
doch tuot mir der gedinge wol VV. 92, 7
vgl. auch des habe ich hin zir hulden ie gedinge R. 189,39.
IHir ist ein ivip sere in min gemüete komen CB 127*
der ist mir dne mäze komen in minen stcBten muot
D. 39, 5
vgl. der an min herze ist nähe komen D. 35, 29
wie wcere si mir danne also ze herzen komen
Mor. 124,34
mirst komen an daz herze min ein wip R. 157,15
vgl. auch dem ein icip so nahen an sin herze ge Mor. 138,6.
daz ich ir gelege bi CB 127*
der ich gerne lange bi N. 52, 32
vgl. zu MF 4, 20. 25. 13, 22.
daz ir so trürech sit CB 133*
also truric wart ich nie D. 36, 20
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 139
vgl. Alse rehte unfrö enwart ich nie R. 1S5, 20
vgl. auch noch niene loart so trnric man Horb. 115, 15.
7^Gsen lilien si uns git CB 133*
gras hlumen chle loup uns si git CB 143^
Clmme ckume geselle min CB 136*
min geselle clmniet niet CB 141
min geselle chvm mit mir CB 141*
vgl. mim kome min holder seile MF 3, 24
vgl. auch mich vehet min geselle MF 4, 3.
sanfte dem das tnot Cß 140*
doch tnot mir sanfte Riet. 18,20
unsanfte mir das tnot Job. 92, 23
diu mir vil sanfte tuot Rugge 108,21
owe wie rehte unsanfte ez mir doch tuot R. 163, 13
daz iu sanfte tuot W. 56, 20
und mir daz sanfte tuot W. 100, 9
sanfte unsanfte tuot W. 109, 24
vgl. daz mir in dem herzen sanfte tuot CB 107*
icie sanfte daz mim herzen tuot MF 6, 25
icie sanfte ez minem herzen tuot Reg. 16, 23
vgl. auch sanfte tuot Bligger 118, 12. W. 113, 10
seht wie lool daz menegen herzen tuot MF 4, 16.
der tüol u-iben dienen chan CB 141*
wie wol er froicen dienen kan M. 14, 37.
er viench si bi der wizen haut CB 145
Er nam mich bi der wizen haut CB 146, 3
£r nam si bi der hende,
bei ir schneweissen hand ühl. 81,4. 90,10. 106,2.
256,3. 330,2. Simrock Volksl. 84, 121
vgl. mit iren schneweissen henden ühl. 20, 2. 109, 1. HO, 1.
vgl. 2, 1
an ire schneeweisse hand ühl. 115,8
ir weisse hende L'hl. 123, 18
ir schneweisze hand ülil. 147,6
[von männern nur seijie weisse hand ühl. 107, 10. 289, 11. 298, 7.
niclit schneeweisse hand].
Diu mich singen tuot CB 163*
Diu schoane diu mich singen tuot Veltl. 60,21.
der al der icerlt ein meister si, der CB 165*
vgl. der al die weit geschaffen hat, der D. 38, 23
der al der werlte fröude git, der Joh. 92, 14
vgl. auch der uns alle werden hiez, wie lütsel der D. 36,28 — 29.
von der ich lool getroestet pin CB 165*
10*
140 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
diu mich troestet sunder spot MF 6, IS
wol getröste mich ein icip Reg. 16, 16
ein tüip mich des getrcestet hat Kugge 108, 11
so lange ich ungetroestet hin Horb. 112, 11
vgl. Mide troesten minen Up MF 6, 29
und trceste sere minen Up Rugge 105, 11
troeste mir den Up R. 190, 37
du solt nimmer man getrcesten wan min eines Up
N. 94, 30
vgl. auch ich iceiz wol daz mich dne si nieman getroesten mac
R. 202, 12.
mit ir güete gar benomen CR 165^
den hat er schiere mir benomen D. 35, 31
vgl. zu MF 4, 6.
nü engilte ich des ich nie genöz MF 4, 4 und anm.
diu henement ime den sin MF 4, 6
daz mir den benomen hdn Kür. 7, 23
Sin mugen alle mir benemen Reg. 16, 8
du benimest dem man
beidiu witze und onch den sin Sperv. 22, 9
si hat daz herze mir benomen D. 35, 3
dö xoart si mir benomen H. 48, 27
diu gnote diu mir hat benomen minen sin Guot. 71, 28
diu nimt mir die sinne Rugge 101, 19
swenne ir schcene mir nimt so gar minen sin
Mor. 135,23
si benimt mir beide fröide und al die sinne Mor. 138, 35
daz ich al der loerlt ir vröude nime R. 177, 31
die mir in dem winter fröide hdnt benomen W. 73, 23
die mir dicke fröide hdnt benomen W, 98, 15
fröide gar benomen VV. 124, 27
du hast in dicke mir benomen
von blanken armen, und üz herzen niht Wolfr. 5,4 — 5
manegem senedem herzen trüren ist benomen N. 14,7
manegen herzen ist benomen
teil und ungemüete N. 23, 8. 9
vgl. du habest im elliu andriu wip
benomen uz sinem muote M. 11, 17
Der mir gccbe sinen rat!
konde ich ie deheinen, der ist mir benomen
R. 194,34 — 35
vgl. auch si hdt iedoch des herzen mich
beroubet gar für elliu wip II. 42,8 — 9
bin ich beroubet alles des ich hdn,
fröide und al der sinne min R. 171,39 — 172,1.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 141
(laz ich ime dm holdeste bin MF 4, 8
daz ich diu liebeste bin M. 13,32.
si enhüinen niewan triegen MF 4, 9
vgl. s6 sol man si triegen M. 12, 24.
vil manegen kindeschen man MF 4, 10 und anm.
einen kindeschen man M. 13,28
den selben kindeschen man M. 14, 35.
seht wie tool daz menegen herzen tuot MF 4, 16. vgl.
zu CB 140'
vgl. auch seht wie maneger ez doch tuot Job. 86, 8.
so so güetliche diu gnote bi mir lit MF 4, 19—20
so rehte güetliche gellt M. 14, 13
daz ich so güetliche lac Reg. 17,2
vgl. daz diu künegin von Engellant hege an mlnen armen
MF 3, 10— 11
swenn er an minem arme IH R. 203, 18
da sitougen an ir werden friundes arme lac VVolfr. 3,3
daz diu guote an minem arme niht enlit N. 78, 19.
si hat mich gemachet leides fri MF 4, 22
Er müez sin sorgen vri CB cciii s. 97
so belibe ich aller sorgen fri ü. 37, 3
Diu mir tuot daz herze min
vil menger sorgen Iwre Guot. 69, 5
so wurde ich von sorgen fri Job. 92, 32
von sorgen lieze iht fri Rugge 102, 4
s6 wurde ich nietner me vor leide fri R. 179, 33
si machet mich vor allem leide fri R. 182, 17
des herze ist vri von sender not Hartm. 214, 16
der si vor allem leide fri Pseudo-Veld. 260, 16
gar vor allen sorgen fri W. 117,37
aller miner sorgen fri N. 5, 33
der belibet sorgen fri N. 43, 2
si getuo mich sorgen vri N. 52, 31
vgl. diu tuot mich dne sorgen die ich hdn Mor. 129, 18 — 19
diu von sorgen scheiden sol den minen lip R. 202, 36
scheidet, frowe, mich von sorgen W. 52, 15
vgl. aucb si ist lobes von mir fri Pseudo-N. 240, 16 und zu
MF 12,36.
irn war min stcetez herze ie nahe bi MF 4, 25
dar zuo wäre ich dir vil gerne bi D. 37, 1
ich sohle ir ofte xoesen bi Guot. 74, 19
min herze ist ir mit triuwen bi Rugge 110,23
daz si mir mit triuwen wcere bi Moi'. 126, 19
swenn ich ir woere bi Mor. 131,28
142 ALTE DEUTSCHE VOLRSLIEDCHEN
diu sol im rehte wesen hi R. 153,20
der herze ein ander sint mit triuwen hi W. 95, 38
ja wwr ich ir zallen zUen gerne hi N. 46, 13
ich was dir ie mit trimoen hi N. 66, 26
vgl. ich enkome ir nahe hi Rute 117, 10 uud zu CB 127''.
an einen ritter guot MF 4, 27
von eime ritter guot D. 39, 11
vgl. wnh eine fromcen guot Kür. 10, 22
vgl. auch ein schane icip so rehte guot D. 36, 26.
daz ich hin wol gemnot MF 4, 29
dur den du wcure ie höchgemuot Job. 95, 1
des wirde ich selten xool gernuot Rugge 105,21
der st wol gemnot Bligger 118, 18
du icirst also wol gemnot W. 91, 33
so loirst du niemer ivol gemnot W. 101, 4
so ist si wol gemnot >V. 116, 18
vgl. und da hi höchgemuot Job. 94, 14
und auch also wol gemnot W. 111,33
vgl. aucb swer gen den hat höhen muot Cß 132^
wis hohes muotes W. 91, 17
wan siht mich dicke xdoI gemnot W. 120, 27 uud zu
Kür. 10,23.
daz nident ander vrouwen MF 4, 30. desgl. 13, 29
daz nident schoene vrouwen Pseudo-D. 37, 15
daz nident ander linte N. 24, 6.
so verliuse ich minen lip MF 5, 3
den lip muoz ich verloren hdn Mor. 137, 13
e ich Verliese minen lip Mor. 137, 18
ja verliuse ich den lip 1\. 61, 37
dd von sie verlos den lip Pseudo-N. 181, 18.
den möhte in al der werlte MF 5, 11
WM muoz ich al der werlte D. 39, 8
vgl. zu MF 6, 12.
unde hist mir dar zuo holt MF 5, 12
ich bin dir lange holt gewesen D. 33, 23
ich wil im iemer wesen holt Reg. 16, 13
des toas ich ime von herzen holt Veld. 57, 35
daz ich in von herzen ie was holt Job. 93, 37
ich hin im von herzen holt R. 178, 12
der mir ist von herzen holt R. 186, 25
ich hin dem Bogencare holt W. 80, 27
Dem bin ich holt N. 22,24
vgl. Wie holt im daz herze min vor allen mannen wcere
N. 28,22.23
vgl. auch zu Kür. 7, 6 und D. 38, 4.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 143
geilienet nach dem iiiUen min MF 6, 6
gelönen nach dem willen mhi D. 38, 13
vgl. sage im durch den willen min R. 178, 5
vgl. auch zu MF 11,24.
swenn ich in umbevangen hau MF 6, 6. ebenso Reg. 16,4.
vgl. Becker aao. 39.
und wmre ez al der icerlte leit MF 6, 12
tocere ez al der werlle leit R. 164, 12. vgl. Becker
aao. 39. Tö! 134
vgl. gemachet al der loerlte liep Reg. 16, 6
vgl. auch nmne sin al diu werk loar Rute 117, 32.
so muoz sin wille an mir ergdn MF 6, 13
e ir wille si ergdn M. 12,23
sin wille derst ergangen D. 40, 6
sin Wille mac so lihle niht ergdn Rugge 110, 11
vgl. swelhiu sinen willen hie bevor hat getan M. 13, 35
als ir wille was getan D. 39, 14
Ich loil tnon den willen sin H. 54, 28
ein ritter mtnen willen tnot R. 203, 12
ir willen tnot W. 78, 36
vgl. auch ez ist iu wol ergangen W. 28, 1 1
ist anders iht ergangen? N. 17, 28
wie ist es dir ergangen? Uhl. 97,5. 257, 11
nnd loie ist es üch ergangen? Uhl. 289, 6
100 hefjft it juw gegangen? Uhl. 297 B, 25
wie ist es euch ergangen? Uhl. 348, 10
[s. auch Erich Schmidt Reinmar uikI Rugge anm. 30].
miner sorgen wirdet rät MF 6, 16
wie sol des iemer werden rat D. 32, 11
er tnot ir grözer sorgen rät D, 38, 9
noch inöhte es alles werden rät H. 44, 28
min mühte werden rat H. 52, 9
in einer stmit so icirt es rät Fenis 84, 26
mir tnot ein ritter sorgen rat Rugge 103, 29
der sorgen wirdet niemer rat Rugge 105, 14
min xburde rät Rugge 107, 15
min eines würde lihte rät Rugge 110, 5
des wirt min vil schöne rat R. 169, 36
dd von mac es werden rät R. 190, 18
ez wirdet rät R. 192, 1
daz min niemer icerde rät R. 196, 30
wie mac des iemer werden rät VV. 6, 7
wie wirt es rät? W. 89, 37
wie sol min iemer werden rät? W. 90, 22
so tnöht es wol werden rat W. 97, 14
144 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
so mac miner sorge icerden rät W. 109, 28
daz niin niemer werde rät W. 113,36
des wirt allez rät Pseiulo-W. 167,11
ez mac wol miner sorgen werden rät N. 20, 29
sin möhte noch vil lihte werden rat N. 75, 4
vgl. Wie sol — iemer werden rät? Mor. 143, 4 — 5.
scelic si daz beste wip MF 6, 17
wol ir , sist ein scelic wip H. 54, 1
wol im, derst ein scelic man Veld. 61,36. R. 195,7.
Pseudo- Meinloh 233,5
wol si scelic wip Joh. 95, 6
und wirde ich noch so scelic man Ruggo 109, 33
er scelic man R. 153, 16. W. 46,34
scelic wip R. 194, 26
der wcere ein scelic man Harlm. 207, 10
Tiiemen ist ein scelic man Hartm. 214, 12
der wirt scelic lihte ein man Pseudo- Vekl. 260, 19
so iccer ich zer weit ein scelic wip W. 43, 20
si vil scelic wip VV. 98, 21
wcer ich scelic man N. 89, 21
vgL auch daz ir scelic sit W. 52, 18
wol ir daz si scelic si N. 43, 1 [und Erich Schmidt aao,
anm. 13].
dö ich si nahest sach MF 6, 21
dö ich in ze jungest sach Kür. 7, 9
dö du mich erst scehe Pseudo-D. 37, 26
icnd ich si jungest ane sach H. 43, 25
und ich si an sach Mor. 132,33
dö ich die minneclichen erst gesach R. 194, 19
vgl. zu MF 12,39. 18,3.
da moht anders niht geschehen MF 6, 22
mir ist anders niht geschehen Mor. 128, 27.
swie du wilt so icil ich sin MF 6,30
als wil ich iemer mere sin Riet. 18, 24 [hs. R als ir
ist liep als — ]
swie si sint so wil ich sin W. 48, 7.
daz ist schedelich Kür. 7, 2. 8, 30
daz ist lobelich Kür. 7, 4.
bite in daz er mir holt si Kür. 7, 6
daz ich ir holt si Kür. 9, 34 — autworl auf 7, 6?
vgl. zu MF 5,12. 38,4
vgl. auch möhte ih si hau holde CR 99^
ir habt den meien holden N. 28, 14.
so Idz ich die Hute harte wol entstän Kür. 7, 15
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 145
des mac sich min herze wol entstdn Reg. 17, 6
ichn mac mich schielte niht entstdn Guot. 76, 14.
ist umhe alle ander man Kür. 7, 18
an einen andern man Kür. 10,6
an deheinen andern man MF 13,26
an dehein ander ivii) Guoi. 76,33. Horb. 114,13.
die merker und ir nit Kür. 7, 24
vgl. daz nUlent merkcere Reg. 16, 19
vgl. auch weder knote noch der nit H. 43, 29
Ich mache den merkceren truohenden miiot.
ich hdn verdienet ir nit und ir haz llorli. 113, 17 — 18.
des mohte mir min herze nie frö werden sit
Kür. 7, 25. 26.
frö enwirt er nimmer M. 14, 11
seht, so wurde ich niemer mere frö Job. 91,35
söne ivirde ich niemer frö R. 171,34
ja enwirde ich niemer rehte frö W. 74, 13.
Ich stuont mir nehtint spate Kür. 8, 1
Jö stuont ich nehtint späte Kür. 8, 9. vgl. Scherer
Zs. 17, 576. Wilniaüiis Lebeu Walthers s. 26
es flog wol nechten spate Ubl. 20, 23
Was sah ich nechten spate Ubl. 49, 3
ich fand in nechten spate Ubl. 90, 10
vgl. er reit nechten ganz spate Ubl. 123, 5.
ati einer zinnen Kür. 8, 2
Ich vant si an der zinnen Mor. 140, 1
Von der zinnen Wolfr. 6, 10
vgl. Das mägdlein an der zinnen stand Des knaben wunder-
horn mit einleitung und auni. voüRRoxberger 1 149. ^
er muoz mir diu lant rümen Kür. 8, 7
rümen diu lant Kür. 9, 32 — antwort auf 8, 7
vgl. so der gast muoz die herberge rümen Au. Sperv. 27,9.
vor dinem bette Kür. 8, 10
Bei meines liebsten bette Ubl. 29, 6.
und ich gedenke ane dich Kür. 8, 19
als ich dar an gedenke Kür. 10, 23
swenn ich dar an gedenke Reg. 17, 1
als ich gedenke an dich W. 42, 23
vgl. so muoz man sin gedenken Sperv. 20, 24
so sohle si gedenketi Guot. 76, 19.
* Adque fenestellain stans Ruodlieb xvii 23 vgl. DWB iiil520 unter 4.
ganz ähnlich der stehende eingang toscanischer volksliedchen m'affaccio
alla finestra Gregorovius Wanderjahre ii 285.
146 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
Sit sach ich den valken schöne fliegen Kür. 9, 5 — 6
so gesach st valken fliegen Pseiido-D. 37, 7.
got sende si zesamene
die gerne geliebe loellen shi Kür. 9, 12
vgL schein nns zwei lieh zusammen
die gern bei einander icollen sein Uhl. 75, 1
got bhi'iet die frumen knaben
die allzeit vol wöln sein (parodislisch) L'hl. 233, 11.
die wile nnz ich daz leben hau Kür. 9, 25
al die wile ich habe den lip H. 42, 20
niht langer wan die w'ile ich lebe R. 157,35
weiz got niemer al die wile ich lebe R. 161, 14
niuwan al die wUe ich lebe R. 202, 17
die ivile ich lebe W. 120, 17
al die wile ich lebe N. 60, 5
al die imle so ich lebe IN. 101, 15
vgl. die wile ich muot von herzen hdn R. ISS, 1.
als tuo du vromve schoene Kür. 10, 3
VgL weist du schoene vrouwe M. 14, 3.
Wip nnde vederspil die werdent lihte zam Kür. 10, 18
vgl. Einer frowen was ich zam H. 46, 29.
mir wart nie wip also liep Kür. 10, 16
immer liep für alliu wip H. 54, 34
Wart ie manne ein wip so liep R. 173, 27
daz si mir lieber si dan elliu wip R. 197, 4
vgl. der liebet mir für elliu wip Pseudo-Veld. 260, 8
vgl. auch zu MF 224,27. 11,8.
so stet wol hohe min muot Kür. 10, 23
min muot sol aber höhe stdn W. 14, 27
mir gestuont min gemüete nie so höhe Riet. 18, 9
höhe stdt min muot D. 36, 24
der doch der muot vil höhe stdt Rugge 107, 32
des min muot sol höhe stdn Mor. 125, 32
daz mir der muot des höhe stdt R. 179, 15
daz ie höhe stuont min muot R. 202, 38
daz ir muot so höhe stdt W. 73, 3
vgl. min herze es dicke höhe stdt H. 44, 27
Vil wunneclichen höhe stdt min herze Rugge 103, 27
Man sol ein herze erkennen hie
daz zallen ziten höhe stdt Rugge 105, 24 — 25
so stuont ir daz herze hö Mor. 132, 30
sin herze stdt, ob irz gebietent, iemer hö R. 177, 15
tougenliche stdt min herze hö W, 41,15
vgl, auch zu Reg. 10, 7.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 147
dö hete ich dich gerne erlcant M. 11,2
gerne daz min herze erkande D. 32, 2.
den du will, frowe, haben liep M. 11, 8
vgl. zu MF 224,27. 10, 16. 11, 15.
dem du bist, froiiwe, als der lip M. 11, 15
diu mir ist als der lip M. 12, 32
der mir ist alsam der lip H. 54, 18
vgl. und daz si mir ist liep alsam min selbes lip H. 43, 31
si ist mir liep alsam der lip Rugge 99, 39
der hat geliehet mir den lip R. 203, 13
vgl. auch h(Bt ich iht liebers danne den lip, des müeser herre sin
W. 71,26.
er hat durch dinen willen M. 11,24
iemer durch ir willen M. 12, 38
vgl. zu MF 6, 6.
eine ganze fröide gar nmbe ein triiren gegeben M. 11,25
vgl. auch hat mir vröude vil gegeben CB 127\
Swer werden wiben dienen sol M. 12, 1
swer biderber dienet wiben M. 12, 9
vgl. zu CB 141\
seneliche swcere tragen
verholne in dem herzen M. 12,6 — 7
verholn in sime herzen minne D. 38, 8
der ich tougenUche vil in minem herzen trage N. 94, 16
vgl. zu CB 126\
seneliche swcere tragen
verholne im dem herzen, er ensol ez nieman sagen
M. 12, 6—8
du soltes doch niematit sagen,
du soltes gar Immleichen in deinem herzen tragen
Uhl. 212,7.
die Hute werdents inne M. 12, 16
dazs iemen werde inne M. 12, 22
des bin ich wol worden inne D. 33, 10. Veld. 56, 26
nu bin ichs vil unsanfte worden inne R. 166, 33
daz si des lool wurden inne VV. 98, 14
«nd werdent sin ir bruoder inne N, 44, 16
ich förcht man werd es innen 0hl. 61, 1
vgl. ist daz ich es inne werden sol Joh. 91, 24
Das bin ich innen worden Wunderhorn i 149
vgl. auch des bringe ich si wol inne D. 40, 32
des bringe ich in vil lool inne Veld. 58, 8
brinc si des inne W. 98, 39
si brühte mich des inne N. 46, 20.
Wan sol ze liebe gdhen M. 12, 20
148 ALTE DEUTSCHE VOLRSLIEDCHEN
sicer sich vor liebe ze verre vergället Rugge 101, 26
Ich teil allez gdhen zuo der liehe R. 170, 1
vgl. zer schcene niemen si ze gäch W. 50, 2
Niemen sol an vrouwen sich vergdhen N. 48, 8.
da ist gmiogen ane gehmgen M. 12,25
de?i dd vor ist nach ir icillen gelungen Penis 83, 30
de'swdr mim ist mich werde niht gehmgen Mor. 136,22
dem mediin hat gelungen Ulil. 271,6
Ihm ist gar wohl gelungen Wunderhorn i 250
Bis es ihm schlecht gehmgen Wuudeihoru i 309
vgl. mir müesle wol gelingen iN. 0, 8
owe daz mir dd niht gelinget N. 32, 11
mir niht wol an ir gelingen N. 100, 28
vgl. auch so ist mir gelungen noch baz danne wol Penis 83, 8.
ez tuo ein edeliu fromce M. 12,31
vgl. ezn heile mir ein frowe Reg. 16,21
vgl. auch wan ein schcene frouwe H. 49, 30.
ichn sach mit minen ougen M. 12, 33
ich sach mit minen ougen W. 9, 16
vgl. zu MF 12, 39.
an ir ist anders wandeis iht M. 12, 36
vgl. ir tugende die sint valsches fri D. 34,34
sist aller wandelunge fri Rugge 104,9
Ich wände daz si wcere missewende fri:
nü sagent si mir ein ander mwre,
daz niht lebendiges äne loandel si W. 59, 19 — 21
unde ist aller wandelunge fri N. 43, 27
rehte rösen die sint aller loandelunge vri N. 95, 5.
s6 si min ouge an siht M. 12, 39
ob si min ouge niht gesiht D. 34, 32
daz si min ouge gerne siet II. 45, 36
so si min ouge niht ensiht Rugge 103, 10
des tages so si min ouge siht Rugge 105,5
swenn aber si min ouge an siht Mor. 130, 37
als in min ouge an siht N. 15,31
vgl. waji daz min ougen sähen M, 15,9
Sit daz si min ouge sach R. 174,26
min ouge in gerner nie gesach R. 198, 19
vgl. auch an gesehen mit beiden minen ougen N. 22, 22
diech mit ougen ie gesach iN. 97,29 und zu Kür, 7,9
und Riet. 18,3.
Ich bin holt eitler frouxoen M. 13, l
vgl. s6 weiz ich eine frouwen M. 15,3
ich sach nie eine frouwen M. 15, 13.
ich xoeiz vil wol umbe ivaz M. 13,2
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 149
ine wisse umhe waz Mor. 142, 18
sitie wizzen umhe waz N. 68, 17
ich enweiz niht umhe waz IN. 75, 22
vgl. ich weiz rehte niht war umhe N. 97, 3
vgl. auch in loeiz dur waz Rugge 100, 7 und zu R. 159, 12.
shirhe ich nach ir minne M. 13, 11
ich stirh, mir werde ir minne Wolfr. 10, 8
vgl. nach siner minne hin ich tot N. 3, 13.
nu wizzen algeUche M. 13,24
nu wünschent algeUche Rugge 97, 9.
dne nahe hi gelegen M. 13, 22
ich lege mir in wol nahe M. 14, 34
od nähe hl st gelegen M. 15,8
unde frouwen selten hi, gelegen Mor. 128,30
und lege mich ir nahe hi R. 167,8
ezn wart so nähe nie gelegen Wolfr. 8, 26
vgl. ichn gelige herzeliehe hi R. 165, 17
daz er mir niht nahen IM R. 196,25
swenn er hi mir Icege R. 200, 26
dazs ime vil nähe lac W. 90, 8
und lag ich nahe dir hi Uhl. 36, 6 und zu CB 127".
des hdn ich weizgot niht getan M. 13, 23
vgl. ich hdn im anders niht getan M. 13, 30
ich hahe in anders niht getan R. 194, 4
ich höh euch nichts getan Uhl. 130,6
vgl. auch ich hahe im leides niht getan D. 40, 36.
mir rdtent mine sinne M. 13,25
dö rieten mine sinne daz Rugge 109, 11
unde rieten mine sinne Pseudo-W. 171,8
vgl. mir gap ein sinnic herze rät Rugge 103, 11
vgl. auch iedoch so ratet mir daz herze min Joh. 86, 4
und dem herzen daz mir riet an ein wip R. 169, 28
daz rcetet mir daz herze min R. 188, 27
und auch durch mines herzen rat R. 191, 8
doch so rcetet mir der muot Harim. 216, 14.
Mir weiten minist äugen M. 13, 27
den weiten miniu ougen Pseudo-D. 37, 14.
wan ob ich hdn gedienet M. 13,31
vgl. und ich ir vil gedienet hdn D. 38,31
der ich vil gedienet hdn D. 39, 13. W.57,15. N.69,30.
76,31. 81,27
der mir gedienet hat H. 49, 12
der ich doch vil gedienet hdn Harlm. 207,24
der ich dd her gedienet hdn Hartm. 208, 32
150 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
der mir ein teil gedienet hat W. 71, 20
der ich her gedienet hän N. 56, 8
vgl. auch ich hdn ir gedienet her vil lange ztt Mor. 127, 26
Ich hdn ir gedienet vil W. 117, 15
der ich hdn gedienet her vil lange N. 61, 26.
im trnret sin herze M. 14,7
triiric ist mir al daz herze min D. 32, 20
truric ist daz herze min Veltl. 59, 15
vgl. und gwinnet mir daz herze vil manegen trnrigen muot
Kür. 8, 23.
Sit er nu jungest von dir schiet M. 14, 8
do ich aller ndhest von dir schiet D. 40, 13
vgl. Deich von der guoten schiet H. 48, 32
vgl. auch zu MF 6, 21.
nü hcehe im sin gemüete M. 14, 9
als ime daz hoehet sinen muot Ruggc 103, 37
so wil ich hoehen sinen muot R. 151, 28
vgl. des froit sich min gemüete CB 102"*
er erfreut mir mein gemüete Uhl. 61,3
vgl. auch daz ir güete mich gehoehet hat Rugge 110,32 und
zu Kür. 10, 23.
gegen dirre sumerzit M. 14, 10
jegen de leve sumertit Uli). 37, 1
vgl. Wann es gel (Es get wol) gegen demsommer Uhl. 1 1 6, 4. 6.
vgl. L'hland Sehr, ni 389, 25.
Ich hdn vernomen ein mcere M. 14,26
Ich hörte wilent sagen ein mcere Riet. 18, 25
Nu sint uns starkiu mcere komen:
diu habent ir alle tvol vernomen Riigge 97, 7. 8
daz ich so liebiu mcvre hdn vernomen Rugge 110, 18
Wol mich lieber mcare daz ich hau vernomen R. 203,
24 — 25
Welt ir liebiu mcere gerne hoeren N. 33, 20
vgl. daz sint dem herzen min vil leidiu mcere 0. 34, 33
ez sint guotiu nimoe märe Veld. 56, 1
die uns bringent liebiu märe Veld. 59, 28
wolde si mir künden liebiu mcere Rugge 107, 16
ich sage im liebiu mcere H. 151,30
Swie vil ich gesage gnoter mcere R. 169, 15
so engehörle ich nie ein lieber mcere R. 196, 16
miner frouwen seit ich disiu mcere W. 114,29
vgl. auch Wer hat ir gesaget mcere Feuis 85, 15
ich engehörle nie gesagen Bligger 119,26 und iMSD-256.
si ein urlop gegeben M. 14,31
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 151
nu gib im urloup siiezez wlp Wolfr. 4, 30
nrloup gap Wolfr. 7, 10
gieb mir wiob, du roter mund Uhl. 29, 5,
daz ich vil stceter minne pßege M. 14, 33
er pßiget niht stceter minne N. 3, 10.
Vil schwne unde biderbe M. 15, 1
fronive biderbe tinde guot D. 33, 24
vgl. Man sol die biderben und die frwnen D. 33, 31.
dar zno edel unde guot M. 15,2
sist edel unde schcene M. 15,11
si ist edel unde fruot Veld. 60, 25
vgl. der schoenen vrowen und der guoten Veld. 66, 29.
in rehter mnze gemeit M. 15, 12
mit zühten gemeit Mor. 122, 2
kumt iu mit zühten sin gemeit W. 43, 31
mit schoenen zühten sin gemeit N. 17, 2 luul anm.
vgl. und bite in schöne icesen gemeit D. 33, 1
vgl. auch daz er in zühten wese vrö Sperv. 25,7.
swaz sie gebiutet daz daz allez si getan M. 15, 16
swaz du gebiutst daz leist ich D. 39, 25
swie so si gebiutet mir R. 195, 15
siüie si gebiutet R. 197, 7
vgl. alles des si mir gebot N. 67, 16.
den ich mir lange hän erweit Reg. 16, 9
ich hän mir si vil rehte erweit Guot. 76, 23
ich halt mir ausserivelet Lhl. 55, 1
vgl. zu D. 38, 16.
und Icegen si vor leide tot Reg. 16, 12
stürben si von leide Pseudo-R. 299, 6.
des ist min herze wunt Reg. 16, 20
mir ist daz herze wunt H. 49, 13
von der mir ist daz herze sere tonnt Bligger 119, 17
und an herzen sere lount Mor. 130, 27
min herze ist icunt Mor. 137, 14
swaz herze ivunt icas N. 9, 15
vgl. auch des muoz ich wunt beliben H. 43, 2. 3.
nu heizent si mich miden einen ritter Reg. 16, 23
si wellent daz ich mide D. 36, 8
wan, helt, die solt du 'miden D. 37, 25
so muoz ich si miden W. 98,21
vgl. daz ich si so lange mide D. 32, 16
het ich si vermiten R. 179, 20
daz ich einen ritter mide R. 196, 10
Er hat ze lange mich gemiten
152 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
den ich mit trimoen nie gemeit R. 198. 4 — 5
vgl. auch die wlle ich si venniden muoz Rugge lUS, 2.
oh ich i7i iemer gerne scehe Riet. 18, 3
daz si min ouge gerne siet H. 45, 36
da nach daz si mich gerne siet Veld, 60, 10
daz niemen in so gerne siht Veld. 67, 20
oh si mich eine gerne siht Rugge 109, 29
ivan daz ich si gerne sach Mor. 128, 32
als ich in gerne scvhe R. 151, 6
daz si mich eteswenne gerne siht R. 159, 15
nnde ich dich vil gerne sach R. 177, 4
iind selten ieman gerne siht W. 90, 20
vgl, hah ich dich gerne niht gesehen D. 40, 17
und scehe in gerner R. 178, 13
mhi ouge in gerner nie gesach R. 198, 14
daz ich si gerner nie gesach R. 198, 19
vgl. auch üb ich si iemer mere gesehe Joh. 88, 5
swenn ich der schoenen niht ensihe R. 154, 6
daz er mich ie gesach R. 187, 12
so wol mich des daz ich si ie gesach Pseudo-Veld.
260, 5 und zu MF 6,21. 12,39.
sie fliesent alle ir areheit Riet. 18,7. R. 184,27
der verlinset al sin areheit R. 172, 31
vgl. von s'mer arebeite: sist anders gar verlorn W. 103, 27. 28
min verloren areheit N. 64, 2.
er kan mir niemer werden leit Riet. 18, 8
si kan mir niemer werden leit D. 36, 18.
Sit ich hdn von rehter schade Riet. 18, 11
vgl. Ich muoz von rehten schulden D. 38, 5.
Sit si wil daz ich si frö Riet. 18, 14
ez woere wol und wurd ich frö D. 35, 26
und lüil si , ich hin vrö Joli. 91, 20
wie soU ich dan iemer mere rehte werden vrö Mor. 132, 28
Ich wart eteswenne frö Mor. 143, 10
und kan doch niemer werden frö R. 158, 8
daz ich was mit den andern vrö R. 174, 8
nu wurde ich aber lihte frö R. 193, 34
kan er ze rehte ouch wesen frö VV. 44, 5
Ich wil niht me — tcesen frö VV. 61, 32
seht, so woire ich iemer mere frö \V. 109, 10
so wir de ich aber wider frö W. 1 ] 7, 7
dd die Hute sint frö Mor. 133, 28
vgl. swenne ander Hute wmren frö R. 185, 28
daz der werde unfrö W. 31, 36
we wer wmre unfrö W. 51,25
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 153
vgL auch des vil manic herze ist vrö Riet. 19, 8
des wirC vil manic herze frö D. 33, 21
betwungen ivas ez [min herze] iemer sil:
noch lourde ez vrö Rugge 107, 4 — 5
er machet manic herze frö W. 17, 36
des Wirt manic herze frö W. 113,6.
der betivungen stdt Riet. 19, 11
wan ez so bedwungen stdt D. 32, 2
also gar betwungen stdt Mor. 143, 8
vgl. zu CB 126' und zu D. 40, 15
vgl. auch Haupt zu Reg. 16, 14.
noch ist min guot rat Riet. 19, 12
daz ist min rat Guot. 71, IS
dest min rät R. 162, 8
und ist min rät Hartm. 206, 22
daz ist min rat W. 20, 5. Pseudo-N. 132, 5.
daz ich nimoe minen sanc Riet. 19, 13
daz ich singe ir niuwen sanc Mor. 124, 7
den kinden singe ich niuwen sanc N. 41, 39
ich gesunge ir niuwen sanc IS. 79, 31
deich ir Jiinden singe niuwen sanc N. 87, 14.
ez ist leider alze lanc Riet. 19, 14
und ouch der jdmer alze lanc D. 34, 18
mirst beidiu winter und der sumer alzelanc R. 155, 4
die swoeren tage sint alze lanc Hartm. 207, 4
so ist unser sumelicher beiten alze lanc Harlni. 212, 24
dd von so dmiket mich sin biten alze lanc Hartm. 216, 18.
swaz ich singe, daz ist lodr Riet. 19, 24
daz ich in sage, daz ist war Sperv. 23,23
vgl. daz versuochte ich unde ist war R. 170, 12
daz ist war W. 23, 12.
swar ich danne landes var Riet. 19,31
swar ich iemer var H. 46, 13
swar ich var Guot. 75, 14. 76, 16. N. 53, 22
swelhen ende ich var N. 70, 33. 89, 35
vgl. swar er in der werlte vert R. 201*6
e ich var W. 60, 34
vgl. auch swar ich landes kere H. 52, 31
sicar ich des landes iender konie Guot. 74, 9
swar ich landes kere Horh. 114, 30
swar ich kere W. 113,29
swelhen ende er kere N. 51, 10.^
* vas on quem vi?' Bartsch Clirest. prov. 153, 2o, on qu'eu m'an jiiui
vire ebd. 210,2.
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVU. 11
154 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEÜCHEN
senfter wcere mir der tot Riet. 19, 34
so tcBte sanfter mir der tot D. 36, 3
noch sanfter tcete mir der tot Riigge 107, 9
vgl. bezzer woere mir der tot N. 97, 20
vgl. auch zu CB 94^ und R. 158, 28.
daz er im holdez herze trage Sperv. 22, 4
und in dd nach ein holdez herze tragest H. 47, 8
und wiech ir holdez herze trage Mor. 136, 21
deich im holdez herze trage R. 178, 16
deich ir so holdez herze trage R. 184, 24
der ich holdez herze trage IN. 53, 9.
an ein ende ich des wol kaeme ü. 32, 3
Nu ist ez an ein ende komen D. 38, 32
vgl. so hat erz an ein ende hrdht D, 40, 8
ez ist vil ze guotem ende hrdht R. 190, 16
vgl. auch den willen bringe ich an min ende H. 51, 25.
ican diu huote D. 32, 3
we der huote Mor. 136, 27.
selteri sin vergezzen wirt in minem muote D. 32, 4
daz ich sin ze keiner zit mac vergezzen D. 39, 6. 7
vgl. ich bin diu sin noch nie vergaz Rugge 106, 23
unde als ich ir nie vergaz R. 173,11
got weiz wol daz ich ir nie vergaz R. 174, 35
wie si mm vergaz W. 43, 5
ich vergaz ir mit triuwen nie N. 51, 11. 12
der ich selten ie vergaz N. 59, 1
selten ich ir ie vergaz N. 89, 22
vgl. auch ab si vergizzet iemer min W. 100, 15.
an der al min fröide stdt D. 32, 11
an der gendden al min fröide stdt H. 43, 28
in der yewalt min fröide stdt Rugge 100, 3
Sit an in sin fröide stdt W. 113, 16
vgl. wnH heil in ir gendden stdt Rugge 110,30
vgl. auch dar inne al min fröide Vit H. 45, 3
daz beste gelt der fröiden min daz lit an ir R. 158,23
Sit daz-an dir lit mines herzen höhgemüete W. 113, 16
al min fröide lit an einem wihe W. 115, 14
vgl. auch W. 27, 32 und zu D. 36, 35.
nu muoz ich von ir gescheiden sin D. 32, 19
sol ich von der gescheiden sin ü. 34, 26
dd von wir gescheiden sin R. 178,7
vgl. wir zwei s/n gescheiden W. 41,11
vgl. auch daz ich von der gescheiden bin H. 43, 13.
daz al die werlt diuhle guot D. 33, 9
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 155
claz diuhte ein andern man vil guot Guot. 70^ 11
duhtez ir einen guot Bligger US, 11
vgL dd dunket mich enwederz guot VV. 81, 30
vgl. auch swie si dunke guot VV, 99,31 und zu D. 38,27.
du hast getiuret mir den muot D. 33, 26
si tiuret vil der sinne min Rugge 103,24
dd bist du getiuret mite Mor. 146,26
daz ir so höhe tiuret minen Up VV, 43, 22
ez tiuret doch wol slnen lip VV, 93, 10
vgl, du muost doch iemer deste tiurre sin W. 91, 30
vgl. auch daz ir deste werder sint Joh. 94, 14
unde wirde dinen jungen Up W. 91, 20.
daz mir geschach von loihe e nie D. 35, 4
daz mir du vor e nie geschach H, 43, 27
so geschcehe an mir daz nie geschach R, 189, 36
vgl. von der mir nie geschach H, 48, 37.
vil gar ir eigen ist min Up D. 35, 15
der ich den Up hdn gegeben für eigen D. 40, 20. 21
Lip unde sinne die gap ich für eigen Penis 82, 34
wan min selbes lip; derst ir eigen R. 182, 18. 19
eime sult ir iuwern Up geben für eigen VV. 86, 19. 20
vgl. ich bin ir eigen Guot. 71,25
ich bin doch ir eigen VV, 116,24
dein eigen teil ich sein Uli). 81, 2.
tcas hilfet zorn? D, 35,30
ich sohle zürnen, hülfe ez iet D, 40, 11
vgl. waz frumte, ob ich von zorne jcehe Riet. 18,4
vgl. auch zu D, 40, 11.
Sioer meret die gewizzen min Pseudo-D, 35, 32
si meret vil der vröide min Rugge 103, 6.
und wil doch mannen fremede sin Pseudo-D. 35, 34
dur die ich ir muoz frömede sin Mor. 131, 14
vgl. sei ich im lange vrömede sin D. 36, 1 1
sol ich ir lange frömde sin D. 39, 17
vgl. auch fremedet er mich manegen tac D. 34, 14
aleine frömdet mich ir lip H. 42, 7
sin langez fremeden muoz ich klagen Rugge 107, 23.
daz ist diu meiste sorge min D. 36, 13
doch ist daz diu meiste sorge mine N. 58, 29
vgl. und diu hcehste wunne min H. 54, 36
daz ist min meistiu swcBre iN. 87, 30
do was daz min aller meistiu siocere Rute 116, 20.
wan al diu werlt noch nie gewan D. 36, 25
U*
156 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
got wei% wol daz ich nie gewan H. 44, 19
vgl. auch für alle die ich ie gewan MF 5, 1.
071 dir stet aller min gedanc D. 36, 35
ie noch stet aller min gedanc Rugge 99, 36
stet aller min gedanc Rugge 102,26. N. 87, 17
stet all ir gedank Uhl. 272, 2
vgl. dd nach kert ich gerne nünen gedanc Guot. 78, 18
nach der min gedanc sere ranc Mor. 139, 23. 24
von im so treit mich aller min gedanc N. 45, 22
vgl. auch daz ich niene kan gedenken wan an si aleine H. 44, 15. 16.
ich wil im iemer stcete sin D. 38, 11
ich wil im iemer holder sin R. 203, 14
vgl. zu MF 5, 12.
der dich hat erweit iiz al der werlte D. 38, 16. 17
so hat iedoch daz herze erweit ein wip vor al der werlt
H. 47, 12. 13
vgl. zu Reg. 16, 9.
mich dunkent ander frowen guot D. 38, 27
iedoch so danket si mich guot D. 40, 31
den onch die selben frowen dünkent gnot Mor. 142, 32
dö mich dnhte daz si lowre guot W. 73, 11
vgl. zu D. 33, 9.
als wirz uns beide hdn geddht,
so hat erz an ein ende brdht D. 40, 7. 8
nach minem icillen alse ich lidn geddht Rugge 109,21
ezn kome als ich mirz hdn geddht W. 72, 3
du hast ez nach dinem willen ze einem ende brdht,
und ist och rehte ergangen als ich mir hete geddht
NN 2307, 3. 4
vgl. zu D. 32, 3.
hülfe ez iet D. 40, 11. Joh. 86, 22
hulf ez mich iht Bligger 119, 3
nn hilfet ez nicht Kolmas 120, 3
we waz hilfet mich Mor. 134, 37
waz hilfet daz R. 157,37. W. 79,21. 114, 4
waz hilfet W. 44, 21. vgl. zu D. 35, 30
waz hilfet mich W. 71,5
waz helfent W. 89, 19
vgl. mir wirret niht D. 41, 5
wnrre ez iht Joh. 89, 19
dien gew irret daz Mor. 137, 37
des mir niht enwirret VV. 83, 19
waz wirret dir? N. 30, 21
unde schadet in niht Mor. 131, 13
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 157
we waz sclidt äaz iemen R. 1S7, 28
daz sclidt ir niht Hartm. 215, IS
vgl. auch und tuot es niht Joh. 89,34 und zu R. 183, 12
wwr ir niht Rugge 105,3 und zu W. 40,30
was daz iht W. 124, 3.
hetwungen was daz herze mhi D. 40, 15
betwungen ^cas ez [daz herze] iemer sit Rugge 107, 4
vgl. zu Cß 126' und Riet. 19, 11.
jd hin ich niht ein heiden D, 40, 24
der ist icol halp ein heiden W. 7, 13
vgl. Haupt zu D. 40, 24.
ez wcere an mitier fröide ein slac D. 40, 33
daz ist an nünen fröiden mir ein angesllcher slac
R. 197,21
und wcere an fröide ein angeslkher slac W. 115, 1.
des was vil iingeicent min lip H. 42, 14
vgl. Ich was vil nngewon Rugge 102, 1
des loas er vil wigewon N. 68, 36
vgl. auch des ich si selten hdn gewent R. 171, 4.
für alliu wip H. 42, 9. 43, 14. 54, 34. Joh. 88,9.
90, 17. Mor. 130,31. 147, 7. R. 183,24. Pseudo-
Veld. 260, 8. N. 94, 28 uo.
für alle andriu icip Mor. 122, 11
vgl. durch elliu wip H. 42, 15
üz allen wiben H. 50,31
übr elliu loip Rugge 106, 32
von allen wiben H. 50, 36
vor allen wiben W. 121,21
vgl. auch elliu loip Adelnb. 148, 14. W. 72, 5
elliu andriu ictp M. 11,17
dan elliu to?p R. 197, 4.
die ich erlcös für elliu wip H. 43, 14
ich hdns erkorn uz allen wiben H. 50, 31
dö ichs üz al der loerlte erkös Rugge 103, 12
Ich hdn si für alliu wip mir ze frouwen wid ze liebe
erkorn Mor. 130, 31.32
daz ich vür si nie kein wip erkös R. 160, 11
diech vür elliu wip erkös N. 92, 18
vgl. die ich zer besten hdt erkorn Veld. 56, 16
die er erkös Guot. 73, 11
daz ich die schcenen hdn erkorn Guot. 73, 18
wan ich habe ein loip mir erkorn Mor. 134, 26. 27
doch hdn ich mir dise üz erkorn W. 53, 30
die het ich ze vriunde mir erkorn N. 68, 2.
15S ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
daz ich niemer mac verdagen H. 44, 39
desn mac ich langer niht verdagen Mor. 130, 12
vgl. daz ichs iemer mnoz gedagen R. 165,9
der ich aller mnoz gedagen l\. 169, 13
niemen sol ir lohes gedagen Hartm. 214, 8
Hie mit snl wir des gedagen N. 36, 38
vgl. auch wir mngen wol stille da gen Riigge 97, 34
man sol boeser rede gedagen R. 162, 13.
ez tnot wol sine triuwe sch'm H. 45, 14
ich tuon im ivibes triuwe sch'ni R. 203, 16
vgl. tcBt er mir noch den willen schin W. 71, 25
des tuet er wol sehnt IN. 96, 27
vgl. auch ich tet ir schin den dienest min R. 191, 13
an der icirt schin diu stonte min Harliu. 212, 10. 11.
min herze ist ir ingesinde H. 50, 15
s? ist mines herzen ingesinde N. 56, 13.
swann im diu forte ist vor verspart H. 53, 37
mir ist verspart der scdden tor VV. 20,31
vgl. sami si dir diz selgidor: Bislozin si dir MSD iv 8, 4
und s. 282. Zs. 2, 535. 23, 94.
ez ist diu wolgetdne Veld. 58, 19
deist diu wolgetdne N. 42, 38
daz ist diu loolgetdne N. 52, 33.
Nu wol hin Guot. 70, 19
Nu wol dan W. 46, 21
vgl. wol hin N. 21,27
wol dun mit mir N. 3, 16. 10,32.
die nement des war Guot. 72, 9
nie genam ich vroioen war R. 151, 15
daz si min niht ni)net xour R. 157, 18
si nimt vil kleine loar R. 173,8
frouice, nam des iemen war R. 177,9
we wes nement si war R. 179, 11
s6 nimt si es ein teil ze kleine war R. 190,6
die besten nement ir mit trnwen war Pseu<io-R. 314, 4
die nement sin war W. 5, 7
unde nam der besten gerne war W. 56,31
der si wilent ndmen war VV. 59, 14
des nement ir Uhte niender war W. 62, 23
und nam ich des vil kleine war W. 71, 11
nimt der stcüte gerne war W. 97, 3
daz ich ir neme mit triuwen ivar VVolfi-. 5, 17
tinde nemt sin selbe icar N. 5, 21
nemt sin war N. 6, 4
des nam ich war K. 14,22
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 159
n(Bme si min inder war N. 98, 6
vgl. des nieman wirt gewar Mor. 137, 3.
swiez ergdt Giiot. 75, 9
swiez mir ergdt Guot. 78, 34
swiez dar under mir ergdt W. 98, 8
vgl. swiez erge W. 94, 36.
ez wcere ir leit Guot. 77, 3
daz ist mir leit R. 158,36. 178, 37. 191, 31. 201,
37. W. 41,23. 53,8. N. 58,18
daz ist ir leit Pseiulo-W. 218, 15
mir ist leit N. 36, 36
vgl. deis der seh leit W. 67, 24
daz tat iu loesen leit N. 77, 8
vgl. auch dem hin ich leit VV. 64,21
daz xocer mir leide N. 57, 39
ir etelichen würde leit N. 6 1 , 3
daz dir ze leide icirt N. 19, 4.
diu mir daz herze und den lip hat hetwungen Penis 84, 1
diu mir den lip und den muot hat hetwungen W. 1 10, 14
vgl. zu CB 126% zu Riet. 19, 11 und zu D. 40, 15.
jd ist si mir ein teil ze here Penis 85, 12
si sint mir ze her VV. 56, 27
so wirt er ze here W. 81, 25.
nu entrure niht sere Joh. 87,21 und anm.
daz wetz ich wol Joh. 91,22. W. 24, 2. 73, 7
doch iceiz ich ivol W. 101,35
ich iveiz vil wol Wol fr. 8, 3
ich weiz wol Pseudo-N. 170,76.
so ist min herze leides vol Joh. 91,21
ir herze ist rehter fröiden vol W. 55,21
herze wurden vröuden vol N. 31,33
da von so ist min herze jdmers unde trürens vol IN. 74, 32
mein herz ist alles traurens voll Uhl. 14, 2
ir herz was freuden vol Uhl. 26, 1
mein herze ist freuden vol ühl. 59, 8. 329, 4
sein herz was unmuts vol Uhl. 70, 3
mein herz ist traurens vol Uhl. 76, 12
min herte dat is dusetit frewden vull Uhl. 128, 10
vgl. du machst mein herz ganz freuden vol Uhl. 116, 18
vgl. auch die leut die waren frewden vol Uhl. 239, 11.
Swd zwei herzeJiep gefriundent sich
die sol niemen scheiden, dunkel mich Joh. 91,29. 31
wo zwei herzlieh heinander sind,
160 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
die zwei sol niemant scheiden ühL 101,4
vgL wo nun zwei lieb hei einander sein
die scheiden sich bald Uhl. SO, 1. 98, 1
VgL auch Wo zicei herzenliebe Uhl. 36, 5.
nu hat er beidinthalb ferlorn Rugge 98, 39
dest beidetithalp niht wan verlorn Hartm. 216, 9
VgL der hat si beide verlorn Pseudo-Sperv. 245, 27.
sist guot Horb. 115, 33. W. 78, 39
sist so guot W. 14, 18. Pseudo-W. 166, 31
du bist guot W. 51,4
du enbist niht guot W. 31,22
so sU ir niht guot W. 52, 14
vgl. daz wcere guot N. 14, 30
daz ist niht guot N. 57,21
vgl. auch wie guot sie si W. 67, 27.
Min alte swcere die klage ich für niuwe Bligger 118, 1
m'm alte not die klagte ich für niuwe Mor. 133, 15
vgl. jYm muoz ich ie min alten not mit sänge niuwen
R. 187,31.32
vgl. auch und niuwet mir die alten klage Guot. 70, 35
ich klag iemer minen alten kumber,
der mir iedoch so niuwer ist R. 189,11. 12.
so ist aber menger so gemuot Bligger 119,23
der lantgrdve ist so gemuot W. 20, 10
erst ein knappe so gemuot N. 3, 9
minne ist so gemuot IN. 97, 6
vgl. auch min muot sluont mir eteswenne also R. 174,7.
Mime kinde wil ich erben dise not Mor. 125, 10
üf loen erbe ich danne dise not Pseudo-Wolfr. xii 20.
sei zehant bin ich gesivachet Mor. 135,22
die sich seihen so versicachent W. 23, 21
diu so sivachet W. 47, 5
wie du dich swachcst W. 51, 37
daz du mich so swachest N. 23, 39.
mäht du doch etswan sprechen jd Mor. 137, 24
mac si sprechen eht mit triuwen jd R. 189, 18
[s. Erich Schmidt aao. anm. 51].
wan in gesach nie toip so Mor. 142,25
Ich ensach nie wip so R. 202, 19
vgl. 7c/« gesach nie jnngez wip so N. 47, 3^. 48, 29
vgl. auch hl gesach nie W. 52,31
Ich gesach nie CR 115".
owe war umhe tuot er daz Mor. 113, 1
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 161
we war vmhe tuot si daz W. 112, 33
we war umhe tnont si daz N. 89, 17
vgl. we wie tuost du so II. 190, 32
owe wie tuont si so VV. 124, 20
vgl. auch loe war umbe spriche ich daz R. 193, 17.
si tuot mir ze lange we Mor. 146, 10
tuot si mir ze lange we R. 174, 1
vgl. daz tuot mir vil lange we R. 174, 29
vgl. auch ez tuot ze we R 197, 18.
stirhet si, so hin ich tot R. 158, 28
sterbet sie mich, so ist si tot W. 73, 16
stirbe ab ich, so hin ich sanfte tot W. 86, 34
und stirb ich dann, so bin ich tot Uhl. 150, 8
sterbe ich nun, so bin ich todt Wunderhorn (Hempel)
I 77. vgl. die anm.
nu ivaz dar umhe? R. 159, 12
icaz dar umhe R. 169, 11. W. 43, 24. 48, 6. N. 47, 34.
der niht enkan R. 159, 3
der des niht kan R. 162,32
des ich niht enkan R. 192, 27
als ich ivol kan R. 160, 5
als er wol kan R. 193, 7
des ich niene kan Ilarlm. 207, 9
als ich enkan W. 43, 19
des er niht enkan VV. 83, 18
ob ich kan Wolfr. 4, 16.
daz tuon ich R. 183, 12. Hartm. 215, 13
daz tet ich R. 193, 11. 202,8
und tuot si daz VV. 54, 35
tuon ich daz VV. 56, 25
vgl. als er nü tuot VV. 36, 9
der also tuot VV. 105, 6
vgl. auch also tuon ich sie VV. 35, 19
swaz ich tuon N. 59, 29.
als er mir sol R. 191, 22
also ich von rehte sol R. 201, 36
als ez mit triuwen sol Hartm. 206, 23
als ez sol VV. 96, 14
als ich sol IN. 97, 34
vgl. alse er solde W. 107, 19
vgl. auch swaz ich sol W. 110,35.
nu bin ichz niht R. 197, 27
vgl. daz was ich VV. 40, 30
daz bin ich VV'. 56, 15
162 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
vgl. auch mi emceiz ichs niht R. 202, 8.
daz ist mir getan R. 200, 13. IS. 77, 24 und aiini.
daz si in getan W. 40, 26 s. Wilmanus zu 29, 8
vgl. ist daz wol getan? VV. 52.3
ez ist niht wol getan W. 88, 32. 97, 20
dazn ist niht ze wol getan VV. 1 16, 6
vgl. auch daz enist niht gnot getan N. 99, 37.
dö tagete ez Mor. 143, 29. 37. 144, 8. 16. W. 75, 24.
swaz dar umbe mir geschiht R. 202, 10
swaz so mir geschiht W. 42, 30
iedoch sivaz mir da von geschiht W. 84, 4
vgl. swaz liebes dir da von geschiht W. 101, 34
vgl. auch so mir daz geschiht W. 113, 38.
swaz si mir tuot Harlm. 206, 27
sioie si dir tuot W. 91, 34
swaz si mir getuot W. 116,20
sioaz er tuot VV. 107, 9.
nu tuot mir we Harun. 208, 2
tuot si we' W. 69, 6
ez tcete im lihte %oe VV. 86, 30
daz tuot mir ive VV. 89, 1
dt'i tuost we N. 4, 34
mir tuont vil we N. 11, 31
daz tuot niht we' N. 13,6
vgl. s6 tuot s'i wol Hartm. 212,19
tuot si wol VV. 69,5. vgl. zu Mor. 146, 10
son tcet du nie so wol VV. 89, 30
wid tuot ir wol VV. 100, 14
vgl. auch so ist im lool N. 45, 17
so ist mir wol VV. 63, 19
ich tcete im guot VV. 70, 19.
de'st dne minen danc Harlm. 216, 7
und ist dne minen danc VV. 41,27
ez ist dne minen danc IN. 53, 32
des ist under minen danc N. 97, 17
ist loider meinen dank Uhl. 69 R, 1
vil gar an iren dank Uhl. 261,3
vgl. ez geschach niht snnder danc N. 90, 25.
Ich hörte ein wazzer diezen VV. 8, 26
Ich hört ein wasser ßiessen Uhl. 85, 2
vgl. wan daz daz wazzer fliuzet VV. 124, 11.
und iveiz noch me VV. 24, 2
.so xcist ichs gerne me VV'. 69, 2
ALTE DEÜTSCBE VOLKSLIEDCHEiN 163
vgl. noch klagte ich gerne nie W. 102, 28.
es wcer ze vil W. 33, 33
was ze vil 1\. 71, 4
es ist im gar ze vil trutzstrophe N. 158, 17.
so ist ouch min frowe wandelbcere W. 59, 22
Min vrouwe ist wandelbcere IS'. 82, 39.
waz wil si mere W. 59, 35
waz wil dus me VV. 60, 22.
obe er wolte W. 61,28. 105,28
swie er wolle W. 94, 34
swie si iDolde W. 109, 15
vgl. und will du daz W. 82, 14
vgl, auch ob sis willen hat W, 121, 17.
ü/ berge und in dem tal Wolfr. 7, 22
Uf dem berge und in dem tal N. 4,31
vgl. In dem tat N. 6, 19.
sol ich im des niht danken?
von Beiern nnz in Tranken N. 4, 28. 30
daz in die Beier danken,
die Swdbe und die Vranken N. 16, 2. 3
ich seit euch danken
mit Schwaben und mit Franken Uhl. 3, 9
vgl. auch auss Franken oder auss Schwaben ühl. 100 B, 6 und
ühland Sehr, v 262 anm. 369. Strauch Manier 3
anm., Franken : danken auchSimrock Volksl. s. 334
und noch Rückert Arch. f. litleraturgesch. vu 156.
ich hdn vernomen N. 14, 6
als ir wol habt vernomen N. 15, 35
als ich hdn vernomen N. 31,8
vgl. zu M. 14, 26.
loint ein hüetel um din hdr N. 24,31 und aum.
bint uf din hdr Pseudo-N. 129,4
bind du dein har mit zu Uhl. 43, 4.
ich hoere ein vogelhi singen N, 31, 19
ich hoere ein vogelken singen ühl. 164, 5, 35.
Die selben wählen gerne mich verdringen N. 43, 35
disen sumer habent si mich von irverdrungen IN. 77, 17
mich von minen vröuden und von lieber stat verdringen
N. 89, 38
der mich hat von lieber stat verdrnngen N. 91, 21
wirde ich hie verdrnngen Pseudo-W. 182,6
von im bin ich verdrungen Uhl. 50, 1
164 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
er bleibt wol nnverdrnngen Uhl. 60, 7
ain andrer hat in verdrnngen Uhl. 271, 7.
Ausgeschlosseu habe ich von dieser Zusammenstellung einmal
solche fälle, bei denen entlehnuug sicher oder doch wahrschein-
lich ist, wie in den versen, die Guotenburg mit Friedrich von
Hausen gemein hat, Walther mit Reinmar, Neidhart mit beiden
und anderen dichtem; fälle, zu denen dann vielleicht auch von
den hier angeführten noch einer oder der andere gehören mag,
besonders wo blofs zwei belege vorliegen, was man in dieser
Sammlung äufserst selten treffen wird, und dann wider am ehe-
sten wo der zweite name einem dichter gehört, der sich gern an
andere meister anlehnt, wie vor allem wider ISeidharl von Reuen-
tal, weil der formelhafte character, den alle mitgeteilten stellen
zeigen , zu fehlen schien , habe ich auch den vers si ist ganzer
fugende ein adamas CB 94% 1 = ganzer tngeiule ein adamas Mor.
144, 27 weggelassen, zweitens aber fehlen die fälle, in denen
mehrmals benutzte Sprichwörter vorliegen wie Fenis 84, 12. Job.
86,5.7. 95,14. Rugge 110,31. Mor. 127,12. 131,23. W. 105,26.
N. 49, 9, oder kleinere formein, die nie einen ganzen satz aus-
füllen, wie Sperv. 21,2. D. 33, 5. Veld. 57, 5. Fenis 80, 22. Job.
89, 18. Kolmas 120, 18. Mor. 134, 31. R. 167, 29. Hartm. 206, 15.
W. 60, 10. 62, 1. N. 6, 22. 13,29. 38,6. 63, 17 usw. beides,
entlehnung wie anwendung von Sprichwörtern und formelhaften
redestücken, kann für unser thema in keiner weise verwandt
werden, aufser so weit es etwa der analogie wegen, die es mit
uns näher angehenden erscheinungen zeigt, gelegentlich herbei-
gezogen werden muss.
Trotz mehrfacher durchsieht der quellen ist meine Samm-
lung natürlich noch nicht vollständig, und gar bei herbeiziehung
weiterer dichter liefse sie sich noch bedeutend bereichern, aber
schon wie sie ist, reicht sie für unsere zwecke aus. ich glaube
dass leicht auch jemand, der diese dichter genau kennt, im ersten
augenblick erstaunen wird über die menge der bei den verschie-
densten minnesängern widerkehrenden verse. unsere Sammlung
wird doch wol mehr als 1000 Zeilen enthalten, die sich über
etwa 20000 verse von dichtem des 12 und 13 jhs. — freilich
keineswegs gleichmäfsig — verteilen, mau wird ohne weiteres
zugeben dass in gleicher weise etwa aus neueren dichtem den
zwanzigsten teil der verse bei Zeitgenossen zu belegen unmög-
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN, 165
lieh wäre — weuo mau nicht etwa die jungheioische schule
(Meifsner, Griesebach, Strodtmann usw.) nimmt, bei denen noch
mehr als jener teil aus der gemeinsamen quelle sich allen mit-
geteilt haben mag. ich führe dies an, weil es meiner ansieht
nach eine würkliche entsprechung bietet: auch die von uns ge-
sammelten verse müssen, meine ich, einer gemeinschaftlichen
quelle entspringen, ausnahmen habe ich schon zugegeben, als
ich darauf aufmerksam machte, dass von den angeführten stellen
noch einige wie zahlreiche nicht angemerkte auf eutlehuung be-
ruhen können.
Für die grofse masse sehe ich schlechtweg keine andere
möglichkeit der erklärung als die, welche zugleich die einfachste
ist: gleicher Ursprung an verschiedenen stellen; ich meine: alle
diese dichter müssen an ihren örtlich und zeitlich getrennten
puncten aus demselben grofsen überall verbreiteten Vorrat ge-
schöpft haben, zufall ist durch die grofse zahl der fälle, in
denen wörtliche Übereinstimmung vorliegt oder eine winzige Ver-
schiedenheit, an der die Überlieferung schuld tragen kann, durch-
aus ausgeschlossen, alles auf entlehnung zurückzuführen geht
nicht an , weil wir nicht nur benutzungeu über kreuz und quer
annehmen müsten und zu dem wunderlichsten bild einer grofsen
in engster gemeinschaft des Schaffens und aneignens lebenden
dichtergenossenschaft kämen , in der die unbedeutendsten glieder
oft noch die selbständigsten gewesen wären (denn wenige finden
wir so stark vertreten wie Wallher; Reinmar, der an Originalität
ihm wie Neidhart sicher nachsteht, erheblich schwächer als beide),
wir finden dieselben stellen bei frühen und späten dichtem, so
in dem alten liedchen 37,4 und bei PS'eidhart (zu MF 4,30); an
der Donau wie am Rhein, so in den Küreubergliedern wie bei
Hausen (zu MF 6,21), endlich bei dichtem verschiedener gegenden
und Perioden, so Meinloh und Reinmar (zu M. 13, 23). damit
soll wider nicht bestritten werden dass gewisse fälle sieh örtlich,
öfter noch zeitlieh begränzt zeigen und dass aus einer Zusammen-
stellung der anklänge, die ein dichter mit den übrigen zeigt,
sich etwas für seine schule und art gewinnen liefse, wie es Bur-
dach bei Wallher getan hat , ich es für Neidhart versucht habe,
dabei noch irrig von der anschauung ausgehend, das seien immer
würkhche entlehnungen. jetzt glaube ich vielmehr dass man bei
der annähme der würklichen übernähme aus einem dichter in
166 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
den anderen vorsichtiger sein muss; man wird heute eben auch
nicht mehr ein wort fremdwort nennen, das die deutsche spräche
wie etwa die lateinische aus ihrer gemeinsamen ursprache in
noch jetzt ähnlicher gestalt sich bewahrt haben, und wie die
wörtlichen Übereinstimmungen bei dichtem, die sich einfach nicht
benutzt haben können, so sprechen die nur ungefähren, anderen
fassungen oft näher stehenden bei würklich eng zusammenge-
hörigen dichtem gegen die annähme der aneignung in dieser
weise, wenn zb. eine von Neidhart zweimal angewandte formel
sich bei Walther nur ähnlich widerfindet, genau beiRugge, dem
der Schöpfer der höfischen dorfpoesie sonst fern steht (zu M.
12, 36). und diese abweichungen, oft gering, nicht selten be-
trächtlich, beweisen denn auch dass man nicht etwa behaupten
darf, das habe sich alles 'von selbst' so gegeben, ähnlichkeiten
wie abweichungen in der art, wie sie hier vorliegen, erklärt
(ähnlich wie dies oben beim liebesgrufs der fall war) so viel ich
sehe einzig die annähme gleichen Ursprungs.
Was war nun aber die gemeinsame quelle?
Der schätz, aus dem die dichter von 1160 — 1240 und in
allen in die poetische fähigkeit hineingezogenen gegenden Deutsch-
lands ihre münzen entnehmen konnten, muste, wie schon ge-
sagt, in teilen dort überall gelagert sein, und es läge am
nächsten, die quelle schlechtweg in der spräche des volks oder
der gebildeten, in der Umgangssprache des tages zu sehen, man
könnte alle diese Sätze einfach für redensarten der alltagssprache
erklären , die eben jeder dichter seinem Hede angepasst habe.
Der Ursprung aus der Umgangssprache ist klar, aber diese
formein, behaupten wir, müssen in feste, dichterisch brauch-
bare gestalt schon vor der zeit der ältesten uns erhaltenen lieder
gebracht worden sein, sie müssen mit anderen worten vor 1160
schon aus allgemeinen zu poetischen formein und grösteuteils zu
würkUchen versen, nicht in jedem wort, aber im fall des ganzen
Satzes und namentlich im zeilenausgang fest bestimmt sieb heraus-
gebildet haben, ist dies richtig, so wird die bedeutung dieser tat-
sache für unser thema wol entschuldigen, wenn wir mit vielleicht
übertriebener ausfiihrlichkeit jeden einwand gegen unsere beweis-
führung abzuweisen uns bemüht haben, ist dies richtig, so werden
wir, wie wir versprachen, für eine volkslyrik vor 1160 statt einzelner
liedchen eine ganze fülle von solchen stücken erschlicfsen können.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 167
Wir sagten also , diese formein der Umgangssprache müsten
schon einer poetischen bearbeitung vor unserer zeit unterlegen
haben; einzelne, fahren wir fort, wurden auch inhaltlich durch
Umgestaltung des ausdrucks, alle formell neu geschaffen und
zu einer festeren form gebracht, als sie im munde des volks
hatten, des volks, dem sie wie die dichter selbst entstammten,
und hierfür ist eben die wörtliche Übereinstimmung schon ein
genügender beweis, sicher sagte man auch in prosa einmal 'diese
hoffnung tut mir wol.' aber wenn Guotenburg und Walther, die
weder in der art noch in der form der dichtuug viel gemein
haben, diese phrase beide anwandten — wie kam da fast genau
derselbe vers heraus (zu CB 126')? lag aber beiden derselbe vers
schon vor, so erklärt das bedürfois des liedes allerdings leicht
die geringe modification.
Die formein, die wörtlich gleichlautend erhalten sind, stehen
schon unter dem einfluss von reim, rhythmus und — in weit
geringerem mafse, was gerade unserer auffassung zu gute kommt
— poetischer spräche (über diesen 'läuterungsprocess' vgl. Michel
Morungen s. 170, doch auch Knorr Lichtenstein s. 64).
In dem angeführten beispiele wäre es noch denkbar, wenn
auch recht wenig wahrscheinlich , dass jener einfache gedanke
ganz allgemein etwa in der form der gedinge tuot mir icol wie
ein regelmäfsiger vers von vier hebungen ausgesprochen worden
wäre, einfach undenkbar aber ist es dass die damen des 12 jhs.,
die doch keine Moliereschen pröcieusen waren, oder gar die
'eisernen ritter' in ihrer Unterhaltung gesagt hätten: in minem
herzen ich si trage (zu CB 126^) oder söne wirde ich niemer frö
(zu Kür. 7,25). das ist nicht der ton des tagesgesprächsl ein-
würkung des rhythmus zeigt unzweifelhaft die regelmäfsige hin-
znfügung des adverbs güetUche zu einer altertümlichen formel (zu
MF 4, 19), einwürkung des reims die Wortstellung in dem vers
Der ist geriten hinnen (zu CB 112^) oder min gemüete tragen hö
(zu CB 128'); das reimbedürfnis mag einen gewählteren ausdruck,
wie ihn meist erst die späteren formein zeigen , verursacht haben
in dem satz min trüren sol zergdn (zu CB 98'). in all diesen
beispielen ist was wir hier hervorhoben den verschiedenen ein-
fügungen der formel gemein, etwa Dietmar und Reinmar (zu
CB 128'). sie bauten also den gleichen stein ein; natürlich
muste er dazu meist noch behauen werden, der feste vers muste
168 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
in die Strophe passen — es versieht sich dass er nicht metho-
disch zurecht geschnitten wurde, sondern im munde des dichters
sich umformte, sich den anderen versen assiniiherle.
Für diese Vorgänge hefert schUefshch noch den stärksten
beweis und gibt zugleich ein lehrreiches bild der miunesingeri-
schen techuik überhaupt die vergleichung dieser Umgestaltung
fertiger formein bei den verschiedenen dichtem, um sie an-
schaulicher zu macheu habe ich innerhalb der einzelnen fas-
sungeu die stellen sich stets in chronologischer Ordnung folgen
lassen, obwol mit leichter mühe sich immer die am genauesten
übereinstimmenden hätten zusammenschieben lassen, dann hätte
für die einzelne formel der eiudruck sich vielleicht noch über-
zeugender gestaltet; so stehen oft scheinbar weiter aus einander
liegende verse neben einander, die erst ein dritter oder vierter
vers vereinigt, aber die entvvicklung der formelu im ganzen lässt
sich dafür um so deutlicher verfolgen, wer die techuik der
minnesinger sich klar machen will, wird, wie ich glaube, diese
betrachtung nicht unterlassen dürfen; ich selbst habe die absieht,
dieselbe weiterzuführen und auszudehnen, aber hier haben wir
uns natürlich auf das für unsere aufgäbe wichtigste zu be-
schränken.
Drei gruppen heben sich, nicht genau abzugränzen, dem
gesammtbilde nach aber deutlich, ab. die formelu, die schon die
ältesten lieder aufweisen, vor allem die namenlosen (mit ein-
schluss der ältesten deutschen stücke der CB , ob sie nun ori-
ginale oder nachbildungeu sind, und der Kürenbergslieder), zeigen
auch bei den späteren dichlern noch eine eigentümliche form und
behaupten sich , wo sie nicht ganz verloren gehen (wie zb. zu
MF 3, 1 und 3, 2 — so nahe liegende formein und doch nur
noch bei dem volkstümlichen Veldekel), meist starrer als die
späteren, sie bilden fast ausnahmslos genau einen vers oder,
nach unserer anschauuug, sie erhalten sich als ein vers auch
noch in später zeit; und wo die neue Strophe mehr als drei
oder vier hebungen verlaugt, werden meist einfach flickworte
zugesetzt (zb. von Meinloh zu MF 4, 19 rehte, von Dietmar zu
MF 4, 22 aller, von Veldeke zu MF 5, 12 von herzen), nur
zweierlei Umgestaltungen zeigen auch sie oft , beide in ihrer an-
wendung begründet: Inversion und vertauschuug des reimworts.
innerhalb der ältesten lieder selbst fmden auch diese beiden um-
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 169
bildungen sich noch nicht häufig (niclit zh. zu MF 224, 26. CB
116' — spater fast stets mit Inversion, MF 6, 21 usw.). je später
die dichter sind, desto häufiger und stärker werden die Umbil-
dungen der alten verse , wobei die Individualität und die Stellung
zum Volkslied freilich noch in betracht kommen: Veldeke, Rugge,
Neidhart lassen die alte gestalt eher bestehen als Hausen, Mo-
rungen, Reinmar; vollends Harlmann ist in unserer Sammlung
überhaupt kaum vertreten, characteristisch ist vor allem die art,
wie der Scholastiker des niinnesaugs die alten verszeilen umbildet,
andere reimworte (zu MF 224,26. CB 94', 1. 98' usw.) und in-
versiouen (zu MF 3, 13. Kür. 10, 23 uö.) bilden bei ihm die
regel, dazu kommen noch höfische Umformung der spräche und
erweiterungen — dies beides aber meist, wie angedeutet, erst
bei formein der zweiten gruppe.
Diese, die fälle aus der zeit des aufstrebens von den an-
fangen zur blute, sind schon keineswegs mehr so fest, nicht
so einfach gefügt wie diese (was ist an fällen wie zu CB 116'.
M. 13, 31. 16,20. Sperv. 22, 4 zu ändern möglich? zu M. 11,5
sollte man dasselbe denken oder genauer zu H. 43, 31, aber
R. 203, 13 bringt doch mit seiner beliebten wortspielerei etwas
neues zu tage), bieten sie schon mehr gelegenheit zu Umbildungen;
dann aber sind sie grofsenteils wol selbst schon von dem alten
verschen weiter entfernt, und so taucht denn hier schon recht
oft auf, was dort noch sehr selten war: die interessante Um-
bildung durch einstelluug in den vers dh. die coudensierung des
alten ganzen verses zu einem teil des neuen, fälle aus den alten
liedern von MF haben wir in dieser art kaum (wol zu MF 224,27.
CB 102'. 103'; Riet. 19,31 liegt eher bei diesem dichter die
ausdehnung einer formel vor, als bei späteren die Verkürzung,
denn layides ist überflüssig und kein zweiter alter fall da, in
dem ein ganzer vers durch diese bestinimung gefüllt wäre), jetzt
dagegen haben wir das oft: verse Dietmars (zu 36,35), Guoten-
burgs (zu 72, 9), Veldekes (zu 58, 19) usw. finden wir bei spä-
teren eingestellt, während aber diese periode immerhin noch
zahlreich fälle zeigt, die sich wie die der ersten verhalten (zu
H. 45, 14 ua.), hat sie doch andererseits schon die formelhaften
versteile, die der ersten schiebt fast ganz fehlen, der dritten sehr
stark ein characleristisches gepräge geben: feststehende vers-
anfänge oder versschlüsse und zwar regelmäfsig dieselbe ver-
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 12
170 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
bindung iu beiden verwendungeu (so zu D. 40,11. H. 42,9 —
ein wichtiger fall dieser art — . Guot. 70, 19. 75, 9. 77, 3. Job.
91, 22). und nun liegt hier nicht etwa ebenfalls einstellung ver-
lorener verse vor: fornieln wie üwr alliu wip bildeten auch mit
Zusätzen sicher nie einen eigenen vers. aber allerdings gibt es
in dieser zweiten periode schon verse, die deutlich den Über-
gang bilden, so bei dem Rietenburger, überhaupt einer charac-
teristischen übergangsgestalt (wie er denn wol der erste ist, der
bewust neue reime zu suchen scheint): fälle, in denen von der
formel nur der schluss, der schon durch metrische strenge und
reim am festesten 'gesicherte teil, unverändert sich widerfindet
(zu Riet. 19, 11. 14). aber es ist in diesen fällen eben stets der
schluss, und immer nehmen die formein einen vollen vers ein.
wir dürfen annehmen dass hier noch anlehnung an würkliche
verse vorliegt, aber schon mit einem merkbaren bestreben, sich
von denselben frei zu machen , wie dies deutlicher noch in der
geringeren häufigkeit solcher stehenden verse bei diesen dichtem
hervortritt; ist ja doch in den ältesten liedern kaum einmal eine
zeile ohne parallelslellen ! aber die bequemlichkeit dieser festen
versausgänge führte zur typischen fixierung von formein, die
dazu geeignet waren , ihn zu bilden , meist inhaltslose redens-
arten , besonders mit den hilfsverben gebildet: 'wie ich sollte',
'wie du kannst' udgl., die denn auch, weil man sie eben zur
versfüUung gut und fast überall verwenden konnte, als versanfang
benutzt wurden. 1 das braucht hier nicht und nicht an jeder ein-
zelnen stelle bemerkt zu werden, dass an ein überlegtes, metho-
disches Verseschmieden dabei nicht zu denken ist, sondern an
eine allmähliche entwicklung. hier aber sieht man ganz klar,
wo würklich nur redensarten der gebildeten Umgangssprache, vor-
zugsweise geradezu hoflichkeitsformeln, in den vers kommen, wie
ganz anders sich das macht als die Verarbeitung schon poetisch
durchgebildeter formein : kaum je ein ganzer vers, keinerlei ent-
wicklung, sondern von da ab bei allen dichtem gleiche Verwen-
dung, und endlich nicht die geringste enlfernung von der prosa-
rede: selten einmal wähl eines weniger alltäglichen worts, kaum
je ungewöhnliche Wortstellung typisch erstarrt.
Zeigt die zweite gruppe also der ersten gegenüber verschie-
' conventioneile Wendungen am schluss der hexameter bei späteren
lat. dichtem Teudel Gesch. d. röm. litt. s. 6ü8 anm. 2.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 171
denheit sowol in der beschaflenheit ihrer neuen formein (vers-
teile statt der verse) als in der handhabung der alten (gelegent-
lich einstellung in den vers, also ebenfalls versteil statt des verses),
so steigert sich beides in der dritten , die formein der alten art,
formelhaft verwandte verse also , überhaupt kaum noch hervor-
bringt oder vielmehr ohne ältere beispiele kaum noch zeigt und
die alten widerholt verdichtet und bricht, aber sie hat noch zwei
neue arten der Umwandlung, die vorher äufserst selten sind:
die erweiterung und die Verfeinerung, erweiterung hatten wir
zwar in der ersten schiebt bereits , doch so, dass das mafs eines
verses nicht überschritten wurde, nun ist es für den echt schul-
mäfsigen minnesang bezeichnend, wie er diese einfachen verse
durch allerlei künste ausspinnt und doch inhaltlich ganz unver-
ändert lässt. am häufigsten hat das natürlich Reinmar (so 158, 23.
194,24 — 25. 198,4), aber öfters auch VValther (59, 19 — 21.
103, 7). daneben selbstverständlich hier noch häufiger als schon
in der ersten, noch mehr in der zweiten jene einfache art der
erweiterung nur durch flickwörter (so W. 42, 34. 86,34; be-
sonders characteristisch der ständige zusatz von herzen zu MF
5, 12). und ebenso wird die erselzuug der alten volkstümlichen
ausdrücke, schon vorher zuweilen vorkommend, jetzt geradezu
System, wobei wider Reinmar an der spitze steht (so 171, 39
herouhen statt benemen, 187, 28 schaden statt werren, besonders
bezeichnend 202, 36 von sorgen scheiden statt fri machen; so auch
Hartm. 214, 16. W. 52, 15. N. 46, 29. 54, 21 usw. sohle regel-
mäfsig durch müeze ersetzt zu CR 99% 1).
Diese entwicklung also, die natürlich genauer ins einzelne
verfolgt werden müste, entspricht völlig unserer annähme, die
ältesten lieder bedienen sich sehr stark der verse der Volksdich-
tung, ändern sie kaum mehr als die einfügung in die Strophe
verlangt; diese verse behaupten sich auch noch in der periode
des aufstrebens, die aber sich selbständig zu machen ringt, an
ihnen arbeitet und neue hilfsformeln schafft, daneben doch noch
neue verse aus der Volksdichtung aufnimmt; die periode der blute
endUch gestaltet das vorgefundene weiter um, nimmt aber aus
der lyrik des volks wenig mehr, während sie im dienst ihrer
metrischen und reimkünste jene anfangs- und eudformeln pflegt
und mehrt, das hat volle innere Wahrscheinlichkeit; nicht dass
formein der Umgangssprache in ganz derselben weise wie später
12*
172 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
schon im anfang, wo überflüssiges so selten ist, versificiert und
dabei stets zu vollen und genau bestimmten versen geworden
wären, und deshalb finden sich unsere verse am häufigsten un-
verändert bei volkstümlichen dichtem, deshalb so eigentümlich
umgeformt, wie die prosa des tages sich schwerlich umformte, bei
den höfischen Säugern.
Noch ist aber ein, soweit ich sehe, letzter einwand zu wider-
legen: sprechen die Umgestaltungen, die schon die älteste zeit
aufweist, vertauschung des reimworts und inversion , nicht gegen
benutzuüg eines festen verses, für die einer loseren formel?
Auch dieser einwand ist zu widerlegen, festes gefüge be-
weist die poetisch gefestigte formel deutlich genug auch hier,
und wie leicht ein synonym für das andere eintreten konnte,
lässt sich wol begreifen; handelte es sich doch nicht um ein
gewolltes einfassen eines verses, nach dem alles sich hätte richten
müssen, wie bei glossen oder bei den 'entlehnten versen' der
troubadours; nein, ein bekannter vers klang vor, und wo er sich
nicht selbst einschlich, bildete sich ihm ein neuer nach, seinem
tonfall, seiner ungefähren Wortfügung — all dies nur in den
fällen , wo würklich gröfsere entfernung von der älteren geslalt
anzunehmen ist, alles das schwer deutbar als assimilation an
zufällig einmal gerade in dieser form gereimte formein. analogien
dazu konnte ich aus der deutschen neueren lyrik in nicht ge-
ringer zahl anführen, dem verse Heines Ich hab dich geliebt und
liebe dich noch zb. klang gewis der vers Uhlands vor Dich hab
ich geliebt, dich lieb ich noch heut — nicht aber versificierlen
beide unabhängig eine formel. so steht gewis Freiligraths vers
So lass mich sitzen ohne ende unter dem einfluss von Goethes
So lass mich scheitieti bis ich werde, Heines Herz mein herz sei
nicht beklommen unter der cinwürkung von Goethes Herz mein
herz was soll das geben, ebenso viele anklänge an eigene stellen
bei Heine, an seine verse, wie schon erwähnt, bei seinen nach-
ahmern usw. im Volkslied aber werden weiter solche Umbildungen
durch gewisse kunstübungen noch gefördert, beim umsingen ist
sehr üblich dass der folgende stets den anfangsvers des Vor-
sängers aufgreift und seinen Verhältnissen anpasst; die mädchen
singen zb. der reihe nach kurze verschen auf ihre liebsten und
die erste beginnt: Mei schätz is a holzknecht — ; die zweite singt
dann : Mei schätz is a brenner — , mei schätz is a ivcber — usw.
ALTE DEUTSCHE v^^^jigpcHEN 173
(Deutsche Volkslieder aus Kärnten, gesammelt von Vto_ . , .
und EHerrmann, Graz 1869, i 28. 133 f). so bilden sich ^^-
riationen des verses mit anderen endworten , hier einmal gerade
nicht reimworten.
Vielleicht noch häufiger ist dass der folgende sänger die
Schlusszeile des Vorsängers als anfangszeile aufnimmt (zb. aao.
560. 1222 uö.), wobei sich die Inversion oft ergibt; ferner aber
wird diese geübt in den kettenreimen, die ja in die älteste zeit
herabreichen, das sind also durchaus volkstümliche Umgestal-
tungen von Versen; nicht volkstümlich ist die erweiterung über
einen vers hinaus oder die Verkürzung unter dessen mafs, die
eigentliche art der einreimung von formein.
Und so finden wir denn ganz dasselbe auch in neuen Volks-
liedern, derselbe vers widerholt sich oft und oft, so eingänge
wie Dar licht ein stat in Osterrik (Uhl. 17% 1. 125, 1. vgl. 99, 1),
Es stet ein lind in jenem tal (Uhl. 15, 1. 116, 1 uö. vgl. Talvj
119 usw.), mittelzeilen wie si kamen vor einer toirtin haus (Uhl.
148,2. 149,9. 196, 1. 284,3), darauf da stand geschrihen (Uhl.
122, 32. 153, 3. Meinen Alte teutsche Volkslieder in der mundart
des kuhländchens, 1817, s. 27), und Zusammenstellungen von
zwei und drei versen , ja ganze Strophen, und so besteht ein
grofser teil der kleinen volksliedchen fast ausschliefslich aus
solchen Zusammensetzungen fertiger verse (vgl. Talvj s. 30, bes.
s. 118 und anm.).
Von diesen noch jetzt verwandten versen der Volkslieder
sind nun aber nicht wenige mit den von uns augeführten iden-
tisch, wie dort schon angemerkt (zu CB 145. Kür. 8, 1. M. 13,22.
14, 9. 10.31. Reg. 16,9. Job. 91, 21, vor allem die erste und
die letzte dieser stellen, usw.). und unzweifelhaft wird die auf-
nähme von älteren gedichtteileu, wo zwei verse neben einander,
im Volkslied formelhaft gebraucht, sich bei den mhd. dichtem
widerfinden (zu Kür. 9, 12, wo diese fassung beide neueren aus-
gestaltungen vereinigt, zu Job. 91, 29) oder gar drei (zu M. 12,
6 — 8). denn entlehnung aus den mhd. liedern ist undenkbar:
die gedichte selbst sind durchaus verschieden, oben drein spricht
in jedem der drei fälle ein besonderer umstand dagegen: bei dem
Kürenberglied die ungenaue fassung der beiden späteren stellen,
bei dem gedieht Meinlohs die umkehrung der folge, bei dem
Johansdorfs die auslassung der mittleren zeile (Job. 91, 30). und
174 ALTE DEÜTS^'- VOLKSLIEDCHEN
. , .. uem noch ein beispiel aus zwei mhd. eedichten zur
wir koii'^"
„o Stelleu: zwei formelhafte verse, beide auch einzeln noch
zu belegen, finden sich vereinigt in einem liede Dietmars und
in einer echten Nibelungenstrophe (zu D. 40, 8 — 9). eine ent-
lehnung ist um so weniger anzunehmen , als noch der vers
Rugges (109,21) eine Umbildung der forme! zeigt, und hier
haben wir also ganz deutlich einen fall der Verarbeitung alter
verse in der art, wie wir für den grösten teil unserer Sammlung
sie erschlossen.
Wir haben nun, wie ich glaube, die existenz einer grofsen
zahl von versen, die in der verlorenen Volksdichtung gerade wie
noch in den ältesten erhaltenen liedern einfach zu neuen liedern
zusammengefügt wurden, für alle an der litterarischen cultur
Deutschlands damals beteiligten länder nachgewiesen, gegen Wil-
manns also eine weit verbreitete volkslyrik vor der mitte des
12 jhs. festgestellt. denn das bedarf keiner weiteren worte,
dass die herausbildung fester verse aus jenen formein, ihre ab-
rundung und Vervollkommnung eine längere kunstübung vor-
aussetzt und man nicht etwa willkürlich behaupten darf, diese
verse seien alle unmittelbar vor und mit MF 3, 1. 37, 4. 18
entstanden — und doch führt schon das weiter zurück, nun
wäre noch gegen Wilmanus zu beweisen dass die liedchen, welche
diese verse hervorriefen und fast nur aus ihnen gebildet waren,
lyrischer natur waren, dafür genügt es auf den Inhalt der meisten
zu verweisen, einzelne stammen allerdings wol aus anderen dich-
tungsgattungen, aus der epik gewis die berufung auf die erzählung
der leute (zu M. 14, 26), aus der gnomik wahrscheinlich sie ßie-
sent alle ir arebeit (zu Riet. 18, 7), das stark an gewisse priamel-
schlüsse erinnert, daz ist min rdt (zu Riet. 19,12), natürlich
auch bei den lyrikern noch fast lehrhafte einfuhrung von Sätzen;
aus der epik wider, obwol auch die gnomik ähnliche beteuerungen
hat, die formelhafte bekräftigung der Wahrheit (zu Riet. 19,24);
kaum etwas aus den alten lob- und spottliedern. die meisten
dieser verse sind aber schlechtweg lyrischer nalur. wenn ein-
zelne auch bei epikern vorkommen, so wird sie deshalb allein
niemand aus den epen herleiten wollen, würklich lyrische stellen
in epischer Verwendung setzen doch vielmehr gewis die ausbil-
dung der Weichheit und kunstreife, die man für das entstehen
einer lyrik verlangt, in noch höherem grade voraus, ein ein-
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 175
dringen lyrischer momeute zb. in die späteren slrophen der ISN
ist ja auch unzweifelhaft (vgl. Scherer Zs. 17, 562). aber auch
direct die aufnähme lyrischer verse zb. bei Wolfram werden wir
noch nachweisen, und wie aus lyrischen vierzeilen epische Strophen
erwachsen, dafür haben wir in der noch lebenden Volksdichtung ein
hübsches beispiel. die zweite hälfie eines recht verbreiteten schna-
dahüpferls lautet:
Pfui schäm dil so liiegen
das steht dir nit an (Firmenich ii 785^ Pogatschn. -Herrn.
1283 usw.).
das ist nun die erste hälfte einer formelhaften epischen Strophe
geworden:
Ei warnm solt ich lügen?
stund' mir gar übel an (Uhl. 96,5. 112,5).
das formelhafte verspar stammt hier doch ganz gewis aus der
lyrik, denn es bringt directe rede in die epische erzählung. so
hat man solche Vierzeiler zu ganzen gedichten zusammengesetzt,
die wenigstens einen bestimmten verlauf ergeben (so Arnim im
Wunderhorn i 19S und anm.). und eine eingehende vergleichung
der mhd. epik und lyrik wird sicher tiefer gehende einflösse der
lyrischen gedichte auf die epischen ebenso deutlich erweisen wie
das umgekehrte schon nachgewiesen ist (einfliiss Veldekescher epik
auf die minnedichtuug ua.).
Und nach all den analogien , die wir zwischen der verlornen
volkslyrik und auch noch der ältesten erhaltenen mit der noch
jetzt bestehenden bauerndichlung erst eben wider gefunden
haben, dürfen wir die gleichslellung Schmellers wider aufnehmen
und sagen: diese ältesten liedchen waren würklich Vierzeiler der
einfachsten art, wie die schnadahüpferl aus stehenden versen zu-
sammengesetzt und vorzugsweise zum gesang bei tanz und spiel
bestimmt, in den bairisch-österreichischen Vierzeilern können wir
diese formelhaft verwandten verse massenhaft nachweisen; den-
selben vers finden wir oft an den verschiedensten stellen, ganze
slrophenhälfteo tauscheu usw. und dass auch würklich die noch
lebenden Vierzeiler selbst zum teil bis in die älteste zeit zurück-
reichen, dafür spricht schon ihre Verbreitung über weit aus ein-
ander liegende gebiete, die wie etwa Tirol, Trier, das kuhländchen
schlechterdings keinerlei Verbindung mit einander haben und die
gleichen lieder aus der gleichen quelle geschöpft haben müssen.
176 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
denn früher sang eben alles, was überhaupt sang, diese lieder,
weiter trugen sie noch die fahrenden umher und so besafs jene
zeit, wie zb. die Verbreitung von handschriflen derselben gedichle
über entfernte gebiete beweist, für die volkstümliche dichlung
eine allgemeinheit der verbreituug, wie sie jetzt bei der Spaltung
aller interessen und der verschärfuug aller Scheidungen in der
grofsen masse des volks kaum mehr möglich erscheint, i
Gegen diese gleichstellung der alten volksliedchen mit den
noch gesungenen Vierzeilern könnte man wider einwenden: wie
es käme dass in der form von Vierzeilern wol spottverse und ver-
wandte impromptus erhalten seien , aber kein einziges lyrisches
liedchen, wäre dies der fall, so liefse es sich leicht erklären:
die epigramme hätten in einer Verarbeitung die würkung ihrer
pointe fast ganz eingebüfst (wie das denn bei den trutzstrophen
gegen Neidhart wUrklich der fall ist), die liebesliedchen aber liefsen
sich ganz und in teilen trefflich verarbeiten, aber es ist meiner
ansieht nach unrichtig: wir haben noch alte lyrische Vierzeiler.
Zunächst muss ich hier auf jene deutschen zeilen in VVern-
hers brief hinweisen, dass sie würklich verse sind, in die rede
eingeflochten wie sonst in die lieder, das dürfte wol durch die
vielen parallelstellen, die gerade sie bieten, erwiesen sein. MF
224,26 — 27 bilden nun einen leicht in bester form herzustel-
lenden Vierzeiler der ältesten art: 4 parweise gereimte zeilen zu
4 hebungen (denn meretlere reimen doch wol noch stumpf), der
zweite reim altertümlich unrein.
Zweitens habe ich auf den liebesgrufs im Ruodlieb und seine
nhd. entsprechuDg zu verweisen, zwar bildet die betreflende Stel-
lung in dem lateinischen liede 8 halbzeilen, die alte Strophe be-
zeichnen wol aber die reimworte liebes : loubes , wunna : minna,
die erste zeile ist einleitung, die vierte erweiterung nach anderen
formen des liebesgrufses; schwerlich ist Verschmelzung zweier
deutscher Strophen anzunehmen.
Weiter hat Lachmann MF 4, 1 in drei Strophen zerlegt, da-
gegen hat Scherer (D. sf. i 442) einspruch erhoben; er erinnert
dass noch Dietmar die einstrophigkeit festhalte aufser in dem
1 über die Verbreitung der Volkslieder vgl. zb. JGrimni Kl. sehr, vii 543
allgemein, Schüre Hisf. du lied 83, Weddigen Gesch. d. d. volkspoesie 32. 39
für die deutschen, Scheffler Frz. Volksdichtung 91. 111 für die frz. lieder,
Geijer Über den kehrreim s. 292, AGrün Volkslieder aus Kraiu s. 9 usw.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 177
epischen tagelied und dass die slrophe kaum unter das mafs von
zwei reimparen herabsinken könne, während Scherer diesen letz-
teren satz zweifelnd aussprach, hat vMuth (Mhd. metrik s. 94)
als axiom hingestellt, dass Strophen unter 4 zeilen nie existiert
hätten, und meinte doch wol reimzeilen. aber versteht man unter
slrophe eben nur eine anzahl stets gleichmäfsig gebauter und rcgel-
mäfsig sich folgender verse, die von anderen gleichen strophen-
gruppen durch eine schärfere pause geschieden sind und deshalb
in wiirklich kunstmäfsiger dichtung kein überlaufen der construc-
lion gestatten, so meine ich doch dass kürzere Strophen wol mög-
hch waren, so hat denn auch MüllenhoiT (MSD- 297) als grnnd-
lage der uugleichstrophigeu gedichte wie des gedichts Christus
und die samarilerin (MSD x) zwei- und dreizeilige Strophen an-
genommen (vgl. Scherer D. st. i 284). und die neuen Vierzeiler
haben fast noch öfter als zwei blofs ein reimpar und sind genau
wie die erste hälfle der Kürenbergstrophen gebaut, diesen Strophen
hier also sehr ähnlich, die mehrstrophigkeil aber wäre vielleicht
so zu erklären , dass ein Sammler ähnlich wie der der Küren-
berglieder drei selbständige liedchen verbunden hätte, wozu ana-
logien aus neuerer zeit zahlreich vorliegen ; auf eine derartige com-
positiou Arnims im Wunderhorn machte ich schon aufmerksam,
indes bedürfte dies jedesfalls noch specieiler Untersuchung, nament-
lich nach der formellen seite.
Den versuch, aus den übrigen ältesten liedern in MF ver-
arbeitete liedchen dieser art auszulösen, halte ich für durchaus
nicht unmöglich, verzichte aber darauf, ihn an dieser stelle zu
unternehmen, noch weniger möchte ich das experimeut machen,
aus den reimenden alten versen solche liedchen selbst zu com-
binieren, da damit doch die erhaltnng eben dieser Vierzeiler nicht
bewiesen wäre: die Verbindung gerade dieser zufällig reimenden
verse brauchte nie stattgefunden zu haben.
Wol aber will ich es versuchen , alte vierzeilige Strophen da
auszusondern, wo sie mir noch ganz rein vorzuliegen scheinen
und wo diese annähme, wie ich glaube, zur weiteren aufklärung
einer schwierigen frage beitragen kann, nämlich bei den deut-
scheu Strophen der CB , auf die ich nun zurückkommen muss.
Schon aus unserer Sammlung ist ersichtlich , wie stark die
formein gerade in diesen Strophen vertreten sind; nicht wenige'
enthalten keinen einzigen vers, der nicht parallelslellen neben sich
178 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
hätte, den einwand aber, den man daraus allein gegen ihre
ursprünglichkeit erheben könnte, weisen die analogien der ältesten
Kürenberglieder zurück; zwar auch deren ursprünglichkeit hat
Wilmanns angezweifelt, doch wol ohne irgend welche nachfolge,
ein individueller gedanke, eine hindeutung auf bestimmte Ver-
hältnisse, wie sie Martin (Zs. 20,61) hier vermisst (eine aus-
nähme, 113% gesteht er selbst zu aao. s. 63), können bei der
mischung stehender verse kaum zum ausdruck kommen, ebenso
wenig ist aber natürlich der umstand, dass eine slrophe aus-
schliefslich solche formein aufweist, an sich ein genügender be-
weis für ursprünglichkeit, vielmehr nur da, wo sich jene festen
formein der volkstümlichen Stegreifdichtung zu einem abgeschlos-
senen ganzen auch in altertümlicher form vereinigen, sind sie
den ältesten namenlosen minnegedichten analog, und offenbar
ist dies in den Cß nicht überall der fall.
Um also diese Strophen auf ursprünglichkeit von unserem
standpunct aus zu prüfen, ist es nötig, sie einzeln zu betrachten,
da die allgemeine festslellung der anwendung altertümlicher for-
mein eben, wie zb. Neidhart ausgibig beweist, altertümlichkeit
noch nicht für das gedieht anzunehmen zwingt, aber die an-
nähme, es müsten alle diese Strophen entweder Vorbilder oder
nachahmungen der entsprechenden lat. Strophen sein, ist in keiner
weise berechtigt, so hat denn auch Martin für CB 112 die Prio-
rität der deutschen Zeilen anerkannt (s. 56); ferner bezweifelt er
nicht die ursprünglichkeil von 129% welches verschen dann weiter
Burdach (Reinmar und Walther s. 157) als vorbild für CB 129
zu erweisen versuchte — meiner ansieht nach mit unrecht, denn
die deutsche Strophe schliefst formell als Vierzeiler, inhaltlich als
ringelreihenvers ab und es ist durchaus kein grund, sie zu
gunsten der in höfischer dreiteiligkeit sechszeiligen Strophe von
CB 129 für unvollständig zu erklären, aber seinerseits hat Bur-
dach (s. 160) die unursprünglichkeit von Cß 104^ zugegeben,
worin ich ihm beipflichte, man wird auch schwerlich bedenken
tragen, 111^ mit seiner dreimaligen widerholung zweier unzu-
sammenhängender formein für eine leere nachahmung von 111
zu halten.
Unter den deutschen Strophen der Cß, die unsere formein
aufweisen (wobei wir hier von den bekannten dichtem ange-
hörigen natürlich absehen, die höchstens der analogie wegen in
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 179
betracht kommen können), wollen wir zunächst, worauf Burdach
(s. 155) mit recht gedrungen hat, eine ungefähre chronologische
gruppierung versuchen (vgl. Martin aao. s. 66 f).
Um 1160: 108' = MF 3, 7 (vgl. Scherer D. st. i 284. n
440. 510).
Vor 1180 (stumpfer und klingender reim noch nicht ge-
schieden): 112' (129' kommt nicht in betracht, da es nicht lyrisch
ist und auch keine lateinische eutsprechung hat).
Vor 1190 (unreiner reim): 127\ 134'. Martin stellt (s. 67)
mehr unrein gereimte Strophen zusammen; für uns fallen aber
hier fort 165' (vgl. Scherer D. st. ii 465) und wol auch 100' mit
dialectisch genauem reim, 98'. 139', die von unreinen reimen
nur den bis in die beste zeit gestatteten reim a:d haben, 117'.
125'. 140'. 163' wegen des nicht formelhaften inhalts. was end-
lich 116' betrifft, so läge für die verderbte stelle gebot : chume
die Verbesserung üz dime gebot ich nimmer trat (vgl. Guotenburg
72,26. Pseudo-I\eidhart241,19, auch Walther 60, 10) am nächsten
und das ergäbe unreinen reim, aber diese coujectur ist doch
nicht sicher und nichts spricht für ein höheres alter der wahr-
scheinlich mit 111' und 124' (s. u.) zusammengehörigen Strophe.
Der ältesten zeit des miunesangs können ohne ein derartiges
entscheidendes merkmal vorerst noch zugerechnet werden , weil
wenigstens kein äufseres kriterium dagegen spricht (ist doch
gleich die Strophe MF 3, 1 rein gereimt): 107'. 136'. 141' (109'
nicht formelhaft).
Etwas jünger, aber doch einstweilen nicht über die zeit
des Rietenburgers hinauszuweisen (vgl. D. st. ii 464) sind die
Strophen mit überschlagenden reimparen 100'. 115'. 142' (105'
kommt wider des inhalts wegen nicht in betracht).
Dagegen müssen wenigstens in der vorliegenden gestalt die
Strophen der alten volkstümlichen dichtung von vorne herein ab-
gesprochen werden, die reimhäufung zeigen: 98'. 103'. 139'. 143'.
166', oder diese mit überschlagenden reimen combinierl dh. mehr
als einmalige widerholung desselben verschränkten reimpars: 99'.
101'. 102'. 104'. 126'. 132'. 133'.
Dass 111' als ein altes ursprüngliches liedchen dieser art
nicht angesehen werden kann, beweist schon der name Venus,
aufserdem scheiden von den namenlosen Strophen als nicht volks-
tümlich noch aus 135'. 144'.
ISO ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
Die Strophen, die wenigstens alt und volkstümlich sein
könnten, haben wir nun in dieser reihenfolge einer durchsieht
und vergleichung mit den lat. eutsprechungen zu unterwerfen.
es versteht sich dass diese betrachtuug erschöpfend nicht sein
kann, für die deutschen Strophen wäre eine noch über Martin
und Burdach hinausgehende genaue formelle Untersuchung nötig,
für die lat. müste die gleichzeitige vagantenpoesie in wenigstens
annähernder Vollständigkeit hinzugezogen werden, ich gehe hier
auf die formelle seite so gut wie gar nicht ein, da diese ganze
arbeit sich um fragen des inhalts bewegt; und von den liedern
der fahrenden habe ich nur den zweiten teil der CB selbst und
auch da näher nur die iiebeslieder berücksichtigt, um so weniger
kann diese besprechung anspruch darauf machen, viel mehr zu
sein als ein versuch, die älteren bemühungen von einem neuen
standpuncte aus zu ergänzen, ein versuch, der ohne diese for-
schungen überhaupt nicht möglich wäre, um so lieber benutze
ich die gelegenheit, herrn professor Martin meinen dank dafür
auszusprechen, dass er die freundlichkeit hatte diesen teil meiner
arbeit mit mir durchzunehmen und seine eigenen ansichten hierüber
mir zu entwickeln, ich habe die arbeit nach seinen einwürfen
wesentlich modificiert; in einigen puncten konnte ich mich jedoch
von der richtigkeit derselben nicht überzeugen.
108*, meint Martin, könne ein deutsches volksliedchen nicht
sein; die anspielung auf die köuigin von England wie die frech-
heit der ganzen stelle seien nur einem fahrenden zuzuschreiben,
ich widerspreche dem um so weniger, als ja die analogie der
von Scherer (D. st. n 441) angezogenen Strophe CB 51,2 ent-
schieden für den Ursprung in dem kreise der lateinisch dichten-
den spricht, dennoch halte ich CB lOS* nicht einfach für eine
nachbildung von 108 und dies nicht für ein lateinisches original,
das lateinische gedieht ist deutlich eine compilation. auf frühlings-
eingang und aufforderung zum gesang folgen zwei Strophen voll
nachahmuugen von vogelstimmen, danach heifst es dann: Pukhre
cantant volucres — eine unmögliche Zusammenfassung dieser zwei
Strophen in eine zeile. die beste Ordnung entsteht dageg«'n , wenn
wir Str. 4 (3 bei Schmeller) an str. 1 anrücken: die formelhafte
angäbe des vogelgesangs setzt den natureingang in ganz regel-
rechter weise fort, dann folgt eine Strophe, die durchaus den
eindruck eines lateinisch umgebildeten deutschen tanzliedchens
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 181
macht, die häufuog in der zweiten zeile, wo deutsch nur ein
wort steht, hat viele analogien , von denen wir einige noch zu
erwähnen hahen. zieht man das ab und nimmt an dass in zeile 4
der dichter statt der blumen in der formelhaften Verbindung bhwmen
linde Me (zb. N. 7, 14) des rhythmus wegen das grüne gras ein-
gesetzt habe, vielleicht auch schon der deutsche dichter (vgl. zb.
N. 62, 24), so haben wir ganz die nachbildung von teilen INeid-
hartischer reihen :
Late pandit tilia frondes —
Nu ist wol breit der linden ir ast (N. 18, 10)
thymns est sub ea viridi cum gramine
daz die bhwmen drungen durch den kle N. 26, 25.
noch genauer stimmt:
Under der linden . . . da mngent ir vinden — ... bluomen
mide gras W. 39, 1 1 f.
in quo fit chorea
gelonbet stdnt die linden, sich hebt . . . ein tanz von höfschen
kinden N. 15,34 — 35
diu linde ist wol bevangen mit lonbe. dar under tanzent vrou-
wen N. 20, 5—7 (vgl. ühl. Sehr, m 482, 70).
für den deutschen Ursprung spricht neben der formel viride gra-
men (die jedoch auch in ursprünglichen vagantenliederu sich findet,
so 65, 6) besonders noch die nennung der tilia. die linde herscht
in der deutschen dichtung so unumschränkt, dass Hartmann eine
flehte seiner französischen vorläge in eine linde verwandelt (Benecke
zu Iwein 568). nun haben wir in den lateinischen Strophen der
CB die tilia nicht selten; aber merkwürdiger weise nur in liedern,
die irgend welche beziehung zu deutscher dichtung enthalten.
114, 3 ist ein fall, der sich mit dem unsern fast deckt: es scheint
die nachbildung eines reihens und zwar eines altenliedes:
et sub tilia ad choreas venereas
mit den kinden zuo der linden N. 8, 25 — 26
salit mater, inter eas sua filia
Ein ahm . . . diu spranc sider . . . und stiez die jungen alle
nider N. 5, 5 — 7.
dass hier talsächlich eine Übersetzung vorliegt, macht mir der
ausdruck salit = springet , der terminus für den frühlingstanz,
unzweifelhaft; ich sehe ihn in dieser Verwendung nur hier in
den CB, bei den zahlreichen anderen erwähnungen des tanzes
182 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
überall Umschreibungen mit chorea oder tripiidium (44, 2. 46, 3.
48, 3. 65, 70. 79, 1 uö.).
Ebenfalls ein tanzliedchen , aber allerdings viel tiefer lati-
nisiert, ist die dritte stelle mit tilia 34,1. für deutschen Ursprung
des gedichts spricht noch 34, 2 locus purpnratus, worüber unten
zu vergleichen, die vierte Strophe, 57, 1, enthält noch die wider-
gabe eines deutschen Sprichworts: cordis venator oculus — ez
sint gedanke und ougen des herzen jeger tougen Freidauk 115;
vgl, auch CB 161,2; auch erinnert in derselben Strophe Sedhaec
mihi penittis mors dulcior stark an unsere formein sanfter wcere
mir der tot (zu Riet. 19,34), wie denn das unlateinische mors
mihi melior CB 154,7 wol gewis eine Übersetzung des gut deut-
schen hezzer wcere mir der tot (N, 97, 20) ist. endlich steht die
tilia noch 146 refl. in einem deutsch -lateinischen mischgedicht
und zwar scheint der refraiu den versen Iz stdt ein linde wol
getan non procul a via zu entsprechen, also würklich ist die
nennung der linde in den CB stets von deutschen beziehungen
begleitet, während in dem hauptpruukstück der Sammlung, De
Phyllide et Flora, 65, 7, die pinus wie dort bei Chrestien Hart-
mann gegenüber deren stelle vertritt (52, 1 oliva).
Wir kehren nach diesem unvermeidlichen excurs zu unserer
Strophe 108, 4 zurück, die wir jetzt wol bestimmt als nachbil-
dung eines frühlingstanzliedes (natürlich nicht gerade eines er-
haltenen Neidhartischen oder anderen gedichts späterer zeit) an-
sehen dürfen, die letzte Strophe des gedichts ist ein der volks-
tümlichen deutschen art nicht entsprechendes naturbild (vgl. da-
gegen 65, 60). wie wäre nun die entstehung dieser mischung
zu denken, die von den lateinischen liedern aufs entschiedenste
der mangel der einheit und überhaupt jeder handlung unter-
scheidet?
Strophe 2 (l"" bei Schmeller) und 3 sind gewis interpoliert,
nun zeigen diese beiden Strophen aber die unverkennbarste ähn-
lichkeit mit einem spätlateinischen gedieht, der Elegia de philo-
mela des Albius Ovidius Juventinus (Wernsdorf Poetae latini
minores, Helmstädt 1794, vi 2 p. 385), und dies gedieht hat
auch Wernher von Tegernsee nachgeahmt, wie Kugler (De VVe-
rinhero s. 37, vgl. Wackernagel Voces variae animantium s. 22) un-
zweifelhaft richtig bemerkte, und zwar hat auch er die lautnach-
ahmungen mit einem frühlingseingang versehen, der bei Juven-
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 183
tinus fehlt, dieser frühlingseiDgang ist durchaus formelhaft ge-
halten, dass aber das lat. gedieht nicht etwa auf VVernher fufst,
sondern auf dem original, beweist gleich die erste zeile: Mane
garrit alaudula — zusammengezogen aus vier versen des Juventinus:
Vere calente novos componit acrednla cantus. . . .
Sed quod mane canunt, vespere non recohint v. 15 — 18.
VVernher hat die acredula bewahrt; er hält sich überhaupt viel
genauer an die vorläge, man wird nur schwer begreifen , was
zur nachahmung dieser geschmacklosen Zusammenstellung von
voces variae animantium reizen konnte; die deutsche Volksdichtung
wenigstens hat die gleiche nachahmung der vogelstimmen in der
Vogelhochzeit (ühland 10) mit ganz anderem geschick fertig ge-
bracht, ich glaube nun dass die absieht (noch nicht bei Juven-
tinus natürlich) wesentlich eine practisclie war: ein denkvers
sollte die vogelnamen sammt den lat. Worten für ihre tierstimmen
lehren; wir haben einen ganz ähnlichen lat. denkvers Cß 97 und
dort ist die pädagogische absieht noch durch interlinearglossen
verbürgt. VVernher hat also mit benulzung des Juventinus einen
denkvers dieser art verfasst und ihn mit einem formelhaften natur-
eingaug eingeleitet, wie zb. der Entlebucher Überlieferung des
Tannhäuserlieds (ühl. 297") ein solcher eiugang vorgeschlagen
ist. oder, wenn man das lieber will, er dichtete wUrklich ein
Carmen vernale und benutzte dies zur einprägung jener voca-
beln. der dichter von CB 108, 2 — 3 dagegen hatte wol kaum
diese absieht, da er sonst nicht ganze verse an anders geartete
Zusätze verschwendet hätte, ihm kam es, denke ich mir, darauf
an, zur nachahmung seines musters bequeme reime an der band
zu haben, vielleicht war es auch eine gelehrt tuende rand-
bemerkung zu dem Pulchre cantant volucres, wie VVernher sein
analoges stück mit cantant volucres beginnt, welcher vers hier
aber richtig vor der aufzählung und am schluss der Strophe steht.
Wie man aber auch die sonderbare Interpolation erklären
will — jedesfalls sind von den 6 lateinischen Strophen 2. 3. 5
unursprünglich, 1 und 4 (3 bei Schmeller) aber enthalten nur
formein des lat. natureingangs:
ecce virent omm'a — ecce tarn vernant omnia 103, 3
Pulchre cantant volucres — nunc cantum promunt volucres 103,2
nitet terrae facies — terrae nitet facies 164, 1
vario colore — ebenso 65, 1.
184 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
nun ist klar dass formelhafte stellen in diesen vagantenliedern
eine ganz andere bedeutung haben als in deutscher Volksdichtung:
hier liegt eben eine ausgesprochene kunstdichtung vor, die die
forraeln, das natürliche Werkzeug der Stegreifdichtung, gern ver-
meidet und gehäuft fast nur in unselbständigen stücken zeigt.
endlich aber wird diese Unselbständigkeit erwiesen durch die letzte
Strophe, die uns bleibt, die schlussstrophe: sie ist ganz einfach
eine Umbildung von 65, 6 — einer Strophe, die dort niemand
wird vermissen wollen und die durchaus das characteristische
gepräge jenes trefflichen gediclUs zeigt, die entlehnung ist un-
verkennbar:
Palet et in gramine iocundo rivus murmure 108,6
et in ipso gramine deßuebat rivus . . . garrnlo murmure . . . 65, 6
locus est festivns 108,6
loms erat . . . festivns 65, 6
ventns cum temperte susurrat tempestivus 108, 6
Stisurrabat modicum ventus tempestivus 65, 6.
das lat. gedieht 108 besieht demnach in 6 Strophen aus 4 dispa-
raten elemenlen: nachahmung eines spätlateinischen gedichts
(str. 2.3), eines vagautengedichts (str. 6), eines deutschen lied-
chens (str. 5) und formelhafter natureingang (str. 1. 4). kaum
ist eine Vereinigung dieses auf keine weise zu einem einheitlichen
ganzen verarbeiteten Stückes unter einem anderen gesichlspunct
denkbar als unter dem einer Zusammenstellung von Strophen des-
selben mafses und zwar mindestens 2. 3 lediglich proben in dessen
nachbildung. 108^ wäre dann als ein weiteres muster des ur-
sprünglich deutschen mafses (denn es spricht ja alles dafür, dass
dies mafs ein volkstümlich deutsches ist) nachgestellt, gleichsam
zur erläuterung. das hat analogien in den CB: widerholt folgen
erläuternde verse gröfseren gedichien. 38, 1 wird Hercules ge-
nannt, 38^ seine taten aufgezählt; 39, 1 Philogeus, Erichlheus,
Aclaeon, Lampas angeführt, 39" die namen erklärt; 116, 3 kommt
jmer pharetratus vor, 116'' wird von ihm erzählt, all diese an-
merkungen sind in hexametern und könnten von dem sammler
herrühren (oder lassen sie sich früher nachweisen ?) und ebenso
vielleicht die hexameler 82^83^84^ allgemeiner gehaltene Sprüche
didactischer natur, vielleicht auch noch 97, jener denkvers in
hexametern (dazu 33, 4 zu vergleichen), so könnte 108 mit
108' die kleine sammking eines fahrenden sein, der Strophen
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 185
seines liebllugsmafses sammelte und schliefslich erst lateinische
Strophen selbst zudichlete, dann eine deutsche, die dem Deut-
schen ungleich besser gelaug. — mit 137 und IST' zeigt sich
keinerlei innere Verwandtschaft.
Wir haben uns bei diesem gedieht oder besser dieser Strophen-
gruppe als der ältesten länger aufgehalten, teils weil sie besonderes
Interesse wegen ihrer bunten mischung beansprucht, teils weil wir
ein erstes sicheres beispiel unter den in frage stehenden ge-
dichten feststellen wollten, in dem das lat. gedieht als eine in
der deutschen slrophe nachgeahmte originalschöpfung nicht an-
gesehen werden kann, das ausgelöste tanzliedchen erscheint uns
jedesfalls als der kern des ganzen ; es ist auch die einzige Strophe,
die allein bestehen könnte, da sie neben dem natureingang noch
eine wenn auch nur leicht angedeutete handlung bringt.
Es folgt 112. die ursprünglichkeit der deutschen Strophe
ist nach Martins besprechung wol nicht zu bezweifeln, als 'refloit'
wird eine widerholung der anfangszeile mjt anderem reimwort
eingeführt, man beachte dass die zweite lal. zeile wider eine
häufung im naturbild bringt, deretwegen sogar das endworl der
ersten geändert ist; denn dem allenthalben entspricht natürlich
nndique. — die musterstrophe steht hinter der nachbilduug. das
gedichtchen ist höchst einfach und verrät nur in der ersten zeile
(wol dem deutschen refrain mit einer durch Floret Silva nndi-
que ersetzten ersten reimzeile) und im schlussvers leise lyrische
empfiudung. —
Einen ganz anderen character tragen schon die unrein
reimenden Strophen 127^ und 131'. die deutschen Strophen
machen inhaltlich keinen besonders altertümlichen eindruck, na-
mentlich nicht die zweite mit dem terminus senede not; ihr un-
reiner reim zit : lip ist ja auch der, welcher sich am längsten
hält, was die lat. gedichte angeht, so ist 127 ganz frei von jedem
sichtbaren deutschen einfluss; rhythmus, ausdruck, vor allem die
beständige wortspielerei (pedem pedi — solns solam, totalem —
singulari) sprechen für eine Originaldichtung eines vaganten. die
zweite Strophe mit ihrem doppelten osculum und den matten
Versen amoris initiat indicium und gar nulluni praebet homini
fastidinm steht hinter den beiden anderen entschieden zurück
und ihre schlussverse scheinen denen der dritten nachgebildet,
die dort gut passen, die zweite wäre also vielleicht nachgedichtet.
Z. F. D. A. XXIX. N. F, XVII. 13
186 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
einige leichte anklänge au CB 130 (me tibi snhklo 127, 1. 130, 3,
veneror, pudicam 127, 3. 130, 4) sind nicht beweisend, ein
innerer Zusammenhang zwischen der lateinischen und der deut-
schen Strophe ist nicht ersichtlich. — 134 ist inhaltlich dem
deutschen gewis nicht nachgebildet; höchstens das ita faciam 3, 1
klingt wie eins jener in der deutschen lyrik so beliebten kleinen,
einschiebsei in directer rede, das Lude Indat ludite klingt an
Veni veni venias von 136, 1 an; es ist aber eher eiiiwürkung
von 134 auf 136 anzunehmen als umgekehrt. — inhaltlich ist
wider keine Verbindung zwischen der lateinischen und deutschen
Strophe zu erkennen.
unter diesen umständen haben wir keinen grund die formein
in 127\ 134^ für etwas anderes anzusehen als für benutzung der
volkstümlichen formein zur nachahmung lateinischer gedichte. wir
hätten somit schon jetzt unter den Strophen der Cß, die unsere
volkstümlichen formein aufweisen, beide arten der benutzung vor-
gefunden: Zusammensetzung zu einem neuen einheitlichen ganzen
vollkommen in der art der bäurischen Stegreifdichtung (108,4.
112^) und mischung zur formellen nachbildung fremder muster in
der art, wie seit ältester zeit melodien (namentlich den modu-
lationeu der kirchengesänge) texte untergelegt wurden (127\ 134').
107 und 107^ sind sehr schwer zu beurteilen, der rhyth-
mus des lateinischen gedichts nach Bartschs und Martins sicherer
herstellung spricht für ein lat. originalstück, die deutsche Strophe
hat nichts besonders eigentümliches oder altertümliches, aber
die lat. Strophen zeigen sich bei näherer betrachtuug ähnlich wie
die stücke des gleich folgenden gedichts 108 ganz aus formein
und nachahmungen zusammengesetzt, wie sie von allen den ge-
dichten der CB fast nur solche mit deutschen entsprechungen
aufweisen; und so finden wir denn auch die verse unseres ge-
dichts fast ausnahmslos gerade in derartigen liedern wider:
lamiam rident prata 107, 1
Prata iam rident omnia 165, 1
vgl. rident prata iam serena 101,4
iamiam virgines iocnndanlur 107, 1
iocundemnr gratulantes 113,3
(zu dem parallelismus iamiam virgines : laetiiuvenes 101, 1.2 vg\.coe-
lus invenum : chorus virginvm 1 14, 3 — o virgines : vos invenes 140, 1}
terrae ridet fades 107, 1
Ridet terrae faciesbö,^i, ebensovielleicht 108,3
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 187
tota ridet fades 109, 2.
aestas nunc apparuit 107, 1
aestas non apparuit 115, l
oiiialnsque florum laete daruit 107, 1
vgl. quae sie clara fnerit; ornantur prata ßorihus 115, 1.
Nemus revirescit, frondent frutices 107,2
revirescnnt frutices 104, 1
revirescit nemus 100, 1
hiems saeva cessit 107, 2
nunc recedit hyemis saevitia 106, 1
laeti iiwenes, congaudete ßorihus 107, 2
congaudete iiwenes 104, 1 , congaudete vos iuvenes 140, 1
amor allicit vos iam virginibus 107, 2
vgl. iam amor incaluit, iam virgo maturuit 129,4 uä., beson-
ders aber Amor quaerit iuvenes ut ludant cum virginibus 115, 4.
Ergo militemus simul Veneri 107, 3
Militemus Veneri 79, 2
nunc militetis Veneri 143 refl.
vgl. auch Veneris militia 37, 7, amoris militem 128, 1.
tristia vitemus 107, 3
vgl. iamiam cedant tristia 106, 1 uä.
nos qui teneri 107, 3
nos qui sumus teneri 79, 2
Visus et coUoqnia 107, 3
Visu, colloquio 45, 2
Visus, coUoquium 116**, 8
spes amorque trahant nos ad gaudia 107, 3
ad amoris gaudia 132, 1
ad gaudia 164 refl.
Das lat. gedieht enthält also tatsächlich keine einzige würk-
Hch originale zeile, man möchte geradezu anlehnung in str. 1
an 115, 1, noch mehr aber in str. 2 an 104, 1, in str. 3 an
79,2 vermuten, sollte hier vielleicht doch ein ähnliches Verhältnis
vorliegen wie 108: nachbildung eines verlorenen deutschen oder
— was hier wahrscheinlicher ist — lat. gedichts und am schluss
eine deutsche nachdichtung, sodass keins von beiden stücken
ursprünglich wäre, hier aber allerdings das deutsche wol noch
jünger ? ich halte diesen ganzen teil der CB für zusammengestellt
mindestens mit benutzung des liederbuchs eines fahrenden (und
163 — 166 vielleicht eines zweiten solchen liederbuchs), der stücke
gleicher melodie zusammenschrieb und , wo er deutsche stücke
gleicher weise nicht kannte, sie selbst hinzudichtete, ebenso
13*
18S ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
aber auch lateinisch neue lieder auf die alten melodien verfasste.
hier könnte etwa 107, 1 der von ihm ursprünglich niedergeschrie-
bene kern sein, selbst schon durchaus formelhaft, dann durch
wolfeile neudichtungen vermehrt, um über Vermutungen hier her-
auszukommen, wäre eben genauere kenntuis der gesammten va-
ganlenpoesie erforderlich.
Weit einfacher liegt meiner meinung nach die sache bei
136' und hier haben wir, wie ich glaube, endlich würklich wider
ein deutsches volksliedchen der ältesten art in leichter Über-
arbeitung, wenn Martin (aao. 62) sagt, der verf. der deutschen
Strophe habe sich die rcimgleichheit leicht gemacht, indem er
die Zeilen nur in umgekehrter Ordnung widerholte, so lässt sich
dagegen trotz späterer analogien (W. 87, 1) wenig einwenden,
wie aber wenn er nun ein altes liedchen umgestaltet hätte?
nehmen wir die zeilen nur einfach, so erhalten wir ein verscheu
von gröster altertümlichkeit der form und ohne eine einzige
nicht bei frühen dichtem zu belegende zeile:
Chume, clmme geselle mm,
ih enlile harte dm,
Süzer rösenvarwer miint,
chuni und mache mich gesunt.
der nachahmer, der inhaltlich frei dichtete, hätte sich auf eine
Strophe um so mehr beschränken können , als hier kein re-
frain zu markieren war, was sonst nach Martins ansieht öfters
die mehrstrophigkeit in den deutschen nachbildungen verur-
sachte, die wideraufnahme des chum, die sich in der um-
gearbeiteten gestalt würkungslos verliert, schliefst so das ganze
zu einem ladellosen Vierzeiler der ältesten art zusammen, die
widerholung innerhalb des verses ist durchaus volkstümlich (vgl.
zb. gleich 141 refl.) und ich möchte selbst die kühne Vermutung
wagen , dass in jenem unverständlichen refrain von Volksliedern
mit der kleinen kiimkum, den AWSchlegel verspottet hat, ursprüng-
lich ein chume chume wie hier steckt, das so früh anderen würk-
licher bedeutung entbehrenden refraintcilen gleichartig geworden
war. denn gerade die refrains bewahren oft besonders alter-
tümliches. — vergleichen wir das lat. stück, so haben wir 1, 1 — 2
die wörtliche Übersetzung von 136% 1 — 2, die wider der autor
sich bequem gemacht hat, indem er dem doppelten veni des
Originals ein drittes venias (wie schon bemerkt vielleicht nach
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 189
134,1,1) anschloss und für die erste Strophe durchreimung durch
einen lautnachahmenden refrain, wie es scheint, herstellte, die
beiden folgenden Strophen zeigen zwar keine grofse Originalität,
sind aber doch nicht in der weise aus formein zusammengefügt
wie etwa 108,1 oder gar 107,1. namentlich 136,2 möchte
ich für eine ursprüngliche, ich meine keinem deutschen oder
lateinischen original inhaltlich nachgeformte dichtung halten; 136,3
ist formelhafter:
Rosa rnbicundior , lilio candidior 136, 3
I^ivei candoris, rosei rnhoris 118, 4
vgl. pulchnor lilio vel rosa (: formosa) 51,2
semper in te glorior 136,3
statim tut glorior 135,2.
Hier könnten wir einen hinweis auf die art, wie die deutscheu
Strophen in die lat. Sammlung gerieten , besitzen, es hatte etwa
der Sammler zu dem von ihm selbst verfassten liedchen Pulchra
tibi facies das deutsche gedieht gleicher melodie geschrieben, wie
wir nun 108 in str. 2. 3 Übungen im gleichen mafs vermuteten,
suchte auch hier ein späterer leser die deutsche Strophe ebenso
nachzubilden, kam aber damit nicht zu stände; daher die Ver-
schiedenheit der ersten lat. Strophe (2 Zeilen mit refrain) von
den anderen (4 zeilen). ein späterer abschreiber nun, vielleicht der
Sammler der CB, schrieb beide randnotizen mit ab, etwa die
links stehende vor, die rechts stehende deutsche nach dem bei-
spiel anderer stücke hinter dem lat. gedieht; ihm fiel dabei auf
dass die deutsche Strophe nicht durchgereimt war und er stellte
das her, unterstützt vielleicht noch durch ein zeichen, wonach
jede zeile des deutschen liedchens widerholt werden sollte; das
ist ja in Volksliedern so häufig, hätte Bartsch seine in den Alt-
französischen romanzen und pastourellen angekündigte absieht
einer Sammlung der refrains und juwezungen schon ausgeführt,
so liefse sich möglicher weise über den verf. von 136, 1 wie
über den von 125 und 125^ mehr sagen; deutsch sehen beide
refrains nicht aus, schon weil sie den vocal a fast gar nicht
zeigen, der in deutschen refrains zu überwiegen pflegt. — die
einfachheit der Strophenform erspart auch hier die annähme eines
fremden musters für 136*.
In 14 r glaube ich durch Burdachs schwer zu widerlegende
beweisführung (aao. s. 163) wider ein altes deutsches volksliedchen
190 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
nachgewiesen: Vierzeiler mit refrain. ja es könnte dies liedclien
bei Neidhart verarbeitet vorliegen: ich vermutete schon früher
dass N. 17, 12 — 13 würkliche benulzung eines solchen liedes ent-
hielte (in meiner dissert. s. 100), und die verse erinnern stark
an unsere Strophe; sprach ein frouwe ist vielleicht nicht biofs
hier zur einführung älterer stücke benutzt (vgl. zb. Uhland 37, 1).
— Burdach setzt die deutsche Strophe 1175 — 80; das lat. ge-
dieht hiilt er auch inhaltlich für eine Umbildung des deutschen,
dazu dünkt mich doch die ahulichkeit des textes gar zu gering,
auch seine erklärung des deutschen refrains scheint mir ge-
zwungen; eher mochte ich auch diesen aus der natur der vor-
läge erklären: die eigentlich zu liV ausschliefslich passende
Überschrift (eine solche findet sich auch sonst: dS\ 65. 173.
189 uö.) wäre über den ganzen complex der 14 T nachgedich-
teten Strophen gesetzt worden und der abschreiber hätte daraus
sich den fehlenden refrain construiert, für dessen zweite zeile
den zweiten vers des deutschen refrains umbildend, übrigens
kommt verwebung der Überschrift in den refrain in Volksliedern
gelegentlich vor; als ein beispiel führe ich die nachbildung eines
Volksliedes, Walter Scotts Pibroch of Donald Dhu (deutsch von
FFreiligrath Gesammelle dichtungen ii s. 75) an. aber viel häufiger
ist gerade in den CB ein refrain in von der spräche des gedichts
verschiedener spräche: 79. 80. 145. 181, vgl. 81 ua. damit fiele
dann der hauptgrund, den Burdach für eine inhaltliche beziehung
zwischen 141 und 141' anführt, fort. 141 hat auch so gut wie
gar keine jener bei lat. Strophen auf völlige abhängigkeit von
fremdem muster deutenden formein; nur 141, 2 in cutus nitet
fade candor cum rnbedine (vgl. zu 136, 3).
Hierher gehört denn auch, als rein gereimt, aber von ein-
fachster reimstellung, 165\ eine beziehung zwischen dem lateini-
schen und dem deutschen gedieht ist nicht ersichtlich, das
deutsche liedcheu ist einfach, schliefst gut ab, passt vollkommen
in den rahmen der älteren deutscheu miunclieder. das lateinische
gedieht zeigt formein fast nur im naturbild (noch erinnert str. 2
0 tu virgo pnlcherrima mihi mors est asperrima an Virgo tu pul-
cherrima cum non sis acerrima 104, 2), entbehrt nicht eigentüm-
licher Züge, hat völlig den character anderer vagantenliedcr. die
form kehrt genau bei dem Regcnsburger (Scherer D. st. ii 465),
mit geringen abweichungen bei Morungen, Adelnburg, Hartmann
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEiN 191
(Martin s. 64) wider, somit könnten hier zwei unabhängige ge-
dichte gleicher melodie neben einander stehen, aber nichts be-
rechtigt, 165* über die zeit des burggrafen von Regensburg hinaus-
zurückcD. es würde also wol zu den ältesten minnegedichten ge-
hören, aber nicht mehr zu den volksliedchen, die der minnesang
voraussetzt. —
Wir kommen nun zu den gedichten mit überschlagenden
reimen, bei ihnen verlangt unsere aufgäbe so genaue prüfung
nicht wie bei den vorigen, weil sie mindestens in ihrer jetzigen
form uicht ganz altertümlich sein können, volkstümlich aber
wenigstens im kern und vorbild des lat. gedichts ist von ihnen
eins ganz gewis: 100°. es ist wider ein tanzlied von durchaus
volkstümlicher art; der inlialt der der ältesten reihen: auffor-
derung zum tanz — naturbild; aber gleich fällt die Umstellung auf,
da sonst stets der natureingang durch die ersten verse gebildet
wird, der text ist einfach, kein wort zu viel, keins von ge-
suchter neuheit — aber die Zeilen Der winder der beiden tet sene-
diu not fallen mit dem terminus senediu schon, noch mehr mit
der starken personiücation aus dieser art heraus, worauf mich
prof. Martin aufmerksam machte, eine vergleichung mit der sehr
ähnlichen Strophe Neidharts 29, 27 macht wahrscheinlich dass
dieser und unserer Strophe ein gleichartiges einfaches tanzliedchen
vorlag, das beidemal umgeformt wurde; die Umstellung wie di«
anderen änderungen in CB 100* werden nur durch nachbildung
des lat. liedes zu erklären sein, daher denn auch 100*, 2 das
hässliche noch zur ersten zeile gehörige 7in.
Nun aber das lat. lied ist gewis kein original, wie lOS, 4
ist es zusammengesetzt aus lauter Übersetzungen deutscher for-
mein, undeutsch ist nur die erwähnung der odores, oder doch
mindestens nicht volkstümlich deutsch ; sie erklärt sich leicht
durch den reim, sonst können wir wider zeile für zeile deutsche
parallelstellen nachweisen, die ebenso viele deutsche entsprechun-
gen noch neben sich haben wie wenige lateinische:
Ver redit optatum cum gaudio 100, 1
Komen ist ein wunneclicher meie. des kunft envreut sich IV. 3 1 , 5. 6
flore decoratum piü'pureo 100, 1
mit roseti nnderwieret N. 34, 11
aves edunt cantus quam dulciter 100, 1
hörte ich siieze wise singen kleinin vogelin N. 6, S.9
m\ koment uns die vögele mit ir süezen schreie N. 32, 14
192 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
revirescit nemus 100, 1 s. o. zu 107, 2
aber gehütet stcit der ivalt N. 10, 26
cantus est anioenus totaliter 100, 1
und diu kleinen vogellm wol singent in ir besten wise
W. 46, 2—3
baz gesungen nie die vögele e noch sit N. 24, 17
hivenes ut flores accipiant 100, 2
wir suhl nach bluomen beide gdn N. 3, 18
virgines assnmant alacriter 100, 2
Junge mägde und alle stolze leien,
ir sult iuch gen dem lieben sumer zweien N. 13, 18 — 19
et eant in prata 100, 2
uf die heide sul wir gdn CH 141'
ja wil ich komen ze velde N. 4,7
ßoribus ornata 100, 2
Schöne gevar Ut der . . . anger . . . von den rösen N, 14, 2011
communiter 100, 2
Sit ich so vil geverten hdn N. 3, 20.
Ich habe die entsprechungea meist aus Neidhai t, dem clas-
siker des natureingangs, genommen, der diese Formeln bei reichster
ausbildung am treuesten bewahrt hat, um nun völlig zu zeigen,
wie diese Strophen im ausdruck und in der wähl der züge deutscheu
natureingängen entsprechen und nicht lateinischen, scheint es hier
am ort, die formein des deutschen natureingangs zusammenzu-
stellen; sie bieten zugleich das sicherste und lehrreichste bild
fester poetischer formein dh. solcher Verbindungen , die aus-
schliefslich der dichtung eigen sind , dort aber kaum je durch
andere ersetzt werden, die lat. formein sind nicht entfernt so
starr; für sie mag es einstweilen genügen, auf einige charac-
teristische beispiele und eigenheiten hinzuweisen.
Anders als bei der vorigen Sammlung stelle ich hier die
Züge nach der ähnlichkeit zusammen , um so gleichzeitig eine
genaue analyse des typischen natureingangs zu liefern, da die
Übersicht über die entwickelung dieser formein im minnesang
dadurch etwas erschwert wird, werde ich dieselbe am schluss der
Sammlung kurz skizzieren und zu dem zweck auch gleichsam
anhangsweise diese formein in uichllyrischen gedichten und ihre
Verarbeitung dort nachweisen, für die Zusammenstellung selbst
beschränke ich mich wider auf die quellen, denen die anderen
formein entnommen waren.
Der natureingang zerfällt in die beiden gatlungcn des früh-
lings- oder sommereingangs und des wintereingaugs. der crstere
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 193
ist bei weitem iler wichtigere; er pflegt breiter ausgeführt zu
werden und seine formein, negativ gewandt, finden auch im
Wintereingang oft Verwendung, während das umgekehrte seltener
ist. auch erhalten sich seine formein länger und zeigen reichere
entwicklung.
Der natureingang im frühlingslied besteht in der beschreibung
der vom mai geschmückten natur. diese beschreibung wird ein-
fach, ohne weitere einleitung, vorgeführt, selten geht die ein-
ladung zum empfang des sommers vorher, so in den beiden lie-
dern Neidharts, die ich für die ältesten halte: 9, 13 und 16,38.
dies beweist dann besonders treue bewahrung der alten tradition
(vgl. Liliencron Zs. 6, 76). näher über die art der Verarbeitung
dieser formelgruppen und ihre Stellung im lied zu handeln ver-
spare ich mir für eine spätere gelegenheit. —
In der naturbeschreibung werden folgende Züge verwandt:
Verkündigung der frühlingsankunft:
Chome mir dm sumerzit CB 134^
Uns chumet ein liebte sumerzit CB 143'
Ahl nu kumet uns (hu zit D. 33, 15
Do der sumer komen was W. 94, 11
der sumer ist komen in diu laut N. 5, 13
komen ist ein wunnedkher meie N. 31, 5
komen ist uns diu liebe sumerzit N. 32, 15
vgl. Du kumst loheJkhen aber der loerlt in elliu laut N. 9, 19 f
Vgl. auch icaz herzen gegen diner kunft erlachet N. 19, 17
daz si künden in diu laut sine kunft . . . N. 23, 2 f.
Sijehent, der sumer der si hie R. 167,31
Diu zit ist hie N. 10, 22.
Ze fröiden nähet alle tage der weite ein wunneclichiu zit
R. 191, 25 f
uns nahet ein sumer ... N. 14, 10 — 11
Sit uns diu liebe zit begunde nähen N. 26, 24
vgl. der liehen ougenweide diu uns beginnet nähen N. 4, 2 — 3
vgl. auch Der schoene sumer get U7is an Veld. 66, 1 (zu dem aus-
druck an gen vgl. L'hland Sehr, m 260 anm.381).
dasselbe vom winter ausgehend:
Der winder . . . ist nu zergangen CB 100'
Zergangen ist der winder ehalt CB lO■2^ 104'
zergangen ist der winter lanc D. 33, IS. R. 184,1
so ist der winter gar vergdn Veld. 65, 32
Nu ist der küele winder gar zergangen N. 24, 13
194 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
Nn ist vil gar zergangen der icinder kalt N. 29, 27 — 28
mir icwre liep, wolt er zergdn Rugge lOS, 18
vgl. Der Star che winder hat vns verldn Cß 98^
Urlonp nam der winder ... N. 17, 9.
rüme ez, winter ... IN. 4,35
xcinder hat ez hie gerümel N. 19,33 — 34.
der winter hat ein ende N. 3, 26
ende hat der loinder kalt N. 10,24
jd wcen ich der icinder ende hat N. 27, 5
vgl. daz der winter swa're icelle ze ende körnen R. 203,
26 — 27.
Sit sich verwandelt hdt diu zit Riet. 19,7
diu zit hdt sich verwandelöt Rugge 107, 13. N. 11,12
[im AvintereingaDg: e sich verwandelöt diu zit MF 6, 7. Sich hdt
verwandelöt diu zit D. 37, 30]. vgl.ßecker aao. 39.
In den ziten von dem jdre daz . . . Veld. 59, 23 — 24
In den ziten daz . . . Veld. 00, 29
Swenn diu zit also gestdt daz . . . Veld. 67,9 — 10
des ist zit daz ... IN. 14, 24 — 25.
der niai begriifst:
Ich wil den sumer grüzen CB 139'
s? wellent alle grüezen nü den meien IS. 0,21.
die snmerzit enphdhen CB 139'
die schcenen zit vil wol enpfdn Veld. 66, 4
die wil ich schöne enphdhen IN. 4, 5
Sumer, icis enphangen N. 9, 13
lins ndhet ein sumer; den enphdhet N. 14, 10 — 11
Alle die den sinner lobeliche ic eint enphdhen IN. 16,38.
so wol dir, sumer, sns getdner arebeit W. 64, 17 (vgl.
Wilmanns Lebeu Walthers s. 211)
wol dir, snmerwunne N. 14, 15
Wol dem tage IN. 21,34
vgl. Willekomen si des meien schoene N. 14, 4 — 5.
der mai gelobt:
er ist so scbon wie je.
wurde iemer sumer als e Veld. 67, 14
hiwer a/s e N. 4, 33
aber als e N. 26, 26.
er ist scbüncr als je (vgl. Tiscber Über Nilhart vonRiiivvental s.23).
ich gesach den sumer nie, daz er s6 schöne diihte mich
Cß 115'
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 195
ichn gesach vor mangem jdre ein schcener nie N. 10, 23
Ich gesach . . . nie vor manegen ziten in so lichter ougen-
weide N. 22, 38 f.
die nachrichl von seinem nahen erfreul:
ez sint guotiu niuwe mdre Veld. 56, 1
wol mich lieher mccre, daz ich hdn verminen . . .
R. 203,24 — 25
weit ir liehiu mwre gerne hceren N. 33,29 — 30.
Diu weit fröut sich nberal gegen der snmerzite CB 123^
si vreunt sich gegen der lieben sumerzH N. 26, 31
vgl. vröun uns gegen den meigen CB 100'
si vreunt sich gein dem meien N. 25, 20
diu sich vröuten gegen der zit immer gein dem meien
N. 55, 10—11
vgl. auch Ich fröwe mich gegen der heide N. 4, 1
ferner MF 4, 13 und Mor. 108, 19.
der mai erfreut:
davon mag uns frende nimmer mer zergdn CB 98*
Nu suhl wir alle fröude hdn CB 103'.
des vil manic herze ist frö Biet. 19, 8
des wirt vil manic herze frö D. 33,21
dd von vil mangem herzen sine vreude sint gemeret
N. 17,5
ntid vil mangem herzen vröude meret N. 21,36
des vröut sich manec herze . . . N. 10,25
vgl. auch Allez . . , vreut sich siner Jiünfte icol N. 23, 5 — 6.
diu al der werkle vreude gU IV. 24, 16
Jim uns git vreuden vil und lichter ougenweide
N. 26,32 — 33.
der al der iverldc höchgemüete trage N. 21, 35
AI der werlde höhe ir gemüete stdt N. 29,35 — 36.
mir ist liep, daz CB 107'
diu liebent mir W, 92, 11
vgl. Ich hin frö, sit Veld. 57, 10
daz ich vrö hin Veld. 64, 20
vgl. auch des fröut sih min gemüete CB 1 02'.
dasselbe vom winler ausgehend:
Die den winder sendes herzen wdren, den N. 13, 13
manegcm senedem herzen trüren ist benomen N. 14, 7
vgl. diu hahent ir trüren uf gegeben N. 28, 4.
Einzelne züge der nalurbeschreibung:
der wald ist frischbelaubt.
196 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
gelo}ihet stdt der gruone walt CB 102^
der loalt ist wol geloubet N. 8. 20
mi ist der icalt schöne geloubet N. 22, 10 — 11
aber geloubet stdt der walt N. 10, 26
mit nimvem loube stdt der loalt N. 11,9
der walt mit loube stdt N. 20, 38
mit loube icol bevangen der grüene walt N. 29, 29 — 30.
gruonet der walt allenthalben CB 112
gruone stdt der schwue walt CB 123'
Der walt in grüener varwe stdt MF 6, 14.
und der loalt ist loubes rkhe N. 65, 30
der ist m\ niuwes loubes vol N. 3, 25
er (der sommer) wil riehen. ..manegen bonm mit loubes
wdt N. 5, 23 ff
Schouwet an den walt icier niuwes loubes richet N. 19,7.
In Hehler varwe stdt der walt CB 101*
Ich sach vil lichte varwe hdn . . . den grüenen walt
Bugge 99, 29—30
derst in Hehler varwe gar N. 6, 3
Ine gesach . . . nie ... in Hehler ougenweide den grüenen
walt N. 15, 21 ff
Ich gesach den wall . . . nie . . . in so Hehler ougen-
weide N. 22, 38—39.
Der walt mit niuwem loube sinegrise hdt verkeret N. 17, 4
Der walt hdt shier grise gar vergezzen N. 24,23 (vgl.
10,31)
Der walt stuont aller grise N. 6, l
die boume die dö sluonden gris die habent alle ir
niuwez ris . . . N. 4,36 — 37
die bäume die den winder stuonden val . . . die siht man
aber in dem walde louben N. 26, 37 ff.
für den wald steht typisch die linde:
ez gruonet wol diu linde breit D. 33, 17
so louben die linden Veld. 62, 27
geloubet stdnt die linden^ N. 15, 34
diu linde wol geloubet stdt N. 27, 8
Nu ist wol breit der linden ir ast:
diu was des loubes hiuicer ein gast:
nü ist si wol behangen ... IN. 18, 10 ff
diu linde ist wol bevangen mit loube N. 20, 5
vgl N. 25,14 und besonders 28, lOf
vgl. auch N. 6, 15.
* es ist wol besser mit Paul Beitr. v 554 stdt diu linde zu lesen:
reim mit überschüssigem n wird durch Pauls ausführungen für Neidhart
wahrscheinlich und dieser dichter hat sonst immer den singuIar.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 197
haide, anger, wiese frisch geschmückt:
diu heide ist wunnedkh getan CB 103'
vgl. auch diu sumerzU ist schöne getan Cß 9SS
diu heide wunnechlichen stdt Cß 107'
heid anger icalt in fröuden stdt N. 5, 8
wartet wie diu heide stdt schöne . . . N. 10,29 — 30.
Ich sih die Hehle heide
in gruoner varioe stdn Cß 139'
diu heide in gruoner varwe Ut Cß 143*
vgl. Rugge 99, 29—30 s. u.
Schöne gevar Ut der . . . atiger N. 14,211'
vgl. auch Wie wol der heide ir manicvaltiu varwe stdt W. 64, 13.
Ich fröwe mich gegen der heide,
der lichten ougenweide ... N. 4, 1 — 2
Ich gesach . . . al die heide nie . . . in so lichter ougen-
tveide N. 22, 38—39
vgl. auch Ine gesach die heide nie baz gestalt , in lichter ougen-
weide N. 15, 21 ff.
vvald und haide zusammen genannt:
walt unde heide sih ich nu an Cß 98"
diu heide gruonet und der walt CB 104'
ich sach vil lichte varwe hdn die heide und al den grüenen
walt Rugge 99.29 — 30
vgl. auch N. 15,21—24. 34, 5 — 8.
haide und hlumen zusammen genannt:
mirst liep daz si so vil der schoenen bluomen hat CB 107'
dar zuo bluomen unde Ide
hat diu heide vil als e CB 123'.
mit munigen bluomen xool getan
diu heide hat gezieret sich CB 115'
Nu ist der walt gezieret
und diu heide . . .
mit in hrdhtens . . . bluomen N. 34, 5 ff.
nu siht man bluomen wolgetdn
üeben an der heide ir schhi D. 33, 19 — 20
bluomen schhi
ich da vant.
heide hdt ir lieht gewant N. 6, 10 — 12.
die blumen das kleid der haide:
heide hat ir lieht gewant N. 6, 12
von lichten rösen diu heide hdt gewant N. 18, 6 — 7
vgl. diu habent sich bereitet mit ir aller besten wdt N. 5, 9
schöne in lichter wcüte und wunneclicher wdt N. 10,30
198 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
vgL auch diu heide mit ir kleide N. 34,6 t'.
dies kleid ein gesclienk des Frühlings :
die in der meie hat gesant N. 5, 10
die der meie sande dar N. 14, 23
der hat im der meie vil gesant N. 19, 9 — 10
vgl. die hat der meie vür gesant N. 23, 1.
blumen dringen hervor:
tcir sehen hhwmen stdn CB 103''
die bluomen Stent gevar in liehter ongenweide N. 17, 10
die Stent aber in liehter ougenweide N. 22, 2
vgl. die bei Schilderung der haide benutzten stellen.
SO die bluomen springen Veld. 62, 26
von dem touwe springent bluomen N. 7, 12 ff
die bluomen sint entsprungen N. 8,15. 15, 31
vgl. U7id die bluomen dur daz gras
tDÜnneclichen Sprüngen VV. 94, 12 — 13
vgl. auch nu ist diu heide entsprungen W. 114,26
Urspring bluomen Wolfram 7, 11.
So die bluomen iiz dem grase dringent W. 45, 37
die bluomen dringent durch daz gras N. 24, 20
daz diu bluomen dnmgen durch den kle N. 26, 25.
für die blumen steht typisch die rose:
si ist wunnechlich bevangen von bluomen rot CB 100^
aber . . . ist diu heid mit rösen umbevangen N. 26,
26—27.
die heide mit den bluomen rot R. 183, 34
man siht der rösen xounder üf der heide N. 24, 19
rosen üf der heide N. 25, 26
daz wären bluomen also rot M. 14, 2.
klee und gras, meist mit den blumen zusammen genannt:
der kle der springet hö CB 133*
dar zuo bluomen unde kle
hat diu heide vil als e CB 123'
hiuwer als e
grüener kle N. 4, 33 — 34.
da diu bluomen unde gras
stuonden grüene beide CB 125'
daz uns komt bluomen unde gras Veld. 67, 10
vgl. da ensprungen bluomen unde kle VV. 75, 33
springent bluomen unde kle' N. 7, 14
vgl. auch N. 24, 20. 26, 25 s. o.
Diesem ersten hauptteil der naturbeschreibung gegenüber,
der Schilderung der unbelebten natur, bildet den zweiten die
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 199
schikleruDg des vogelgesangs, die auch fas^l ausnahmslos auf jene
ersten formein erst folgt:
(kr vögele schal nu doenet CB IUP
hebt sich aber der vogele schal N. 4, 32. 6, 19 (vgl.
Tischer aao. s. 17)
s6 kceme uns der vogele schal W. 39, 5
der kleinen vogelline sanc D. 33, 16
Des meien zil bringet vogele sanges.. . vil N. 10, 27 — 28.
die vogele singen Veld. 62, 30
und diu kleinen vogellin wol singent W. 46, 2
die kleinen vogele sungen da W. 75, 27
aldd die vogele sungen W. 94, 14
singent wol diu vogelin N. 11, 16
vogelin singent N. 5, 19
diu vogelin . . . diu singent aber N. 17, 6 — 7
die vogele . . . die singent wunniclichen irgesanc N. 19, 18 ff
vrö singent aber die vogele N, 29, 33.
vogel ir alten dön Wolfram 7, 12
vgl. Losd wie die vogele alle daenent N. 27,3.
Ine vernam nie der vogele singen so lobesam N. 14, 12 ff
baz gesungen nie die vogele e noch sU N. 24, 17
ir gevrieschet . . . nie vogele schal die baz sungen N. 28, 37 ff.
Vögel und wald zusammen genannt:
sanges ist der walt so vol CB 115"
die vogele in dem ivalde singent wünneclichen N. 25,
30—31
vgl. uf manegem grüenem rise hörte ich süeze wise singen
kleiniu vogelin JN. 6, 7 ff
vgl. auch vor dem walde wart ez lut D. 34, 5.
Vögel und linde:
Uf der linden obene
dd sanc ein kleinez vogellin D. 34, 2 — 4
under einer linden . . . dar üfe sungen vogele Joh. 90,
34—35.
Vögel und haide: Mor. 139, 19— 20 vgl. Penis 83, 36.
Vögel und blumen: Veld. 56, 2 — 3.
die Vögel begrüfsen den mai :
Als die vogele freweliche
singende den sumer enpfdn Veld. 65, 28 — 29
si vrönwent sich . . . die schoenen zit vil wol enpfdn
Veld. 66, 3—4
vgl. diu singent aber des meien lop N. 17, 7
vrö singent aber die vogele, lobent den meien N. 29, 33
vgl. auch wie si den meien mit ir sänge krcenent N. 27, 4,
200 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
die Vögel freuen sich über den mai:
diu z4t diu tnot den chJeinen vogelen xool Cß 115'
vgl. auch Veld. 66, 2 ff s. o.
gewöhnlich vom winter ausgehend:
Der rife tel den kleinen vogelen we,
daz si niht enmngen.
nii hört ichs aber wännedich als e W. 114, 23 ff
vogelin singenl; den was we N. 5, 19
diu vogelin diu der loinder het hetwungen,
diu singenl aber IN. 17, 6 — 7
die vögele die der ivinder truric het gemachet,
die singent N. 19, 18-19.
Die reichste stelle des vogeisangs fassl die meisten dieser
formein zusammen:
grözen schal hcer ich die vögele singen über al, süezen
sa7ic . . . ende hat ir sorgen, ez kündet in der
meie snmerlich geschreie IN. 22, 3 ff.
ankunft der vögel:
also sint die vögele (körnen) mit gesange IN. 13,9
nii komenl uns die vögele mit ir süezen schreie N.32, 14.
für die vögel steht typisch die nachtigall:
schöne sanc diu nahtegal W. 39, 19
da)' under singent nahtigal N. 27, 2
diu nahtigal diu singet N. 31,21.
nachtigall und linde:
diu nahtegal diu singet nf der linden ir süezen sanc
N. 7, 15 — IG
vgl. wie schöne nahlegal nf dem rise . . . singent wunnec-
Ikhen schal N. 8, 16 ff.
Den dritten teil der nalurbeschreibung bilden die beziige
auf die sonne, diese im gegensatz zu den vorigen in den sommer-
liedern seltener als in den winlerliedern :
Ich bin frö, sit uns die tage
liehtenl Wide werdent lanc Veld. 57, lOf
(der Hehle tac bildlich H. 178,13)
In den zUcn von dem jdre
daz die tage sien lanc Veld. 59, 23 — 24
Körnen sint uns die liehten tage lange N. 13,8
diu naht ist kurz, der tac beginnet langen N. 24, 14.
und daz weler wider kläre Veld. 59,25
Diu ztt ist verkläret wal Veld. 65,13.
Damit sind die stehenden züge der sommcrbeschreibung
erschöpft und überhaupt alle vertreten, die sich bei unseren
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 201
dichtem finden, nur habe ich hier die fälle nicht aufgezählt, die
zwar typisch sind, aber nicht formelhaft, dh. die sich mit den
sonst vorkommenden nur inhaltlich decken, nicht auch formell,
zb. der vogelsang Cß 104\ 123% worüber unten mehr, um die
auffindung auch dieser anderen stellen zu erleichtern, merke
ich hier noch die frühlingseingänge unserer quellen an: CB
98^ 100^— 104\ 107^ \\y. 123^ 12.y. 133^ 139\ 143\ MF
4, 13. 6, 14. M. 14, 1. Riet. 19, 7. D. 33, 15. 34, 3. Veld. ÖG,
1. 57, 10. 59, 23. 60, 29. 62, 25. 64, 17. 65, 13. 28. 66, 1.
67, 9. Guot. 77, 36. Penis 83, 36. Job. 90, 32. Rugge 99, 29.
Mor. 139, 19. R. 167, 31. 1S3, 33. 203, 24. W. 39, 1. 45, 37.
51, 13. 64, 13. 75, 25. 75, 32. 92, 9. 94, 11. 95, 17. 114, 23.
Wolfram 7, 11. Neidhart beginnt alle reiben mit natureiugang
aufser 3, 1. 12, 19. 33, 15 und dem fragment 33, 3. —
Das Verhältnis der Wintereingänge zu den frühlingseingängen
ist dies, dass die ersteren durchaus die letzteren voraussetzen,
nicht blofs geht die Schilderung hier widerbolt vom gegenteii
aus und schliefst daran nur die bemerkung, wie das jetzt alles
anders sei, während in den frühlingseingängen höchstens um-
gekehrt die kurze bemerkung, der winter sei geschwunden, der
Schilderung vorausgebt — , sondern die winterformeln sind über-
wiegend nichts als verneinende widerbolungen der sommerformeln.
auch dies bedarf näherer erörterung an anderer stelle; die tat-
sache selbst aber muss hier erwähnt werden. —
Verkündigung des winters:
Nu ist der leide icinder hie N. 41,33
est ein winder N. 52, 21
vgl. daz machet mir ein winder ehalt CB 134*
vgl. auch die uns den winder kündent N. 54, 2
Owe winder N. 101,20.
vom sommer ausgehend :
Urlop hat des sumers hrehen D. 39, 30
D6 der liebe summer urloup genam N. 49, 10 — 11.
Uns ist zergangen der liepUche Stimmer Mor. 140, 32
der sumer wil zergdn N. 44, 37.
das scheiden des sommers beklagt:
So we dir, sumerwunnel Pseudo-D. 37, 18
Owe, snmerwunne N. 97, 9
vgl. Owe, lieber sumer N. 58, 25. 85, 6
vgl. auch Owe dirre sumerzit N. 64, 21
Z. F. D. A. XXiX. N. F. XVil. 14
202 ALTE DEUTSCHE VOLRSLIEÜCHEN
Oice sumerzU N. 75, 15
Owe liebiu snmerzU N. 89, 3.
Owe mir dirre not N. 44, 36
Oice dirre not! IN. 99,1.
der Winter macht traurig:
Ich hdn eine senede not, diu tuot mir also we CB 134*
mir twte iedoch der lointer we Veld. 67, 16
mir tuot der winder we N. 35, 11.
manic herze muoz von sinen schulden vreude Idn
N. 52, 28
ez ist manic herze gar von sinen vröuden komen
N. 85,9
manic herze geil hat ze truren sich gestalt, den allen
vreude wol gezam N. 92, 15 ff
trüret manic herze daz in hohem muote was N. 99, 5
des ist manic herze beidiu trnric unde unvrö N. 59, 38
vgl. der uns manger vröude rouhet N. 54, 2
hdnt mir vreude benomen N. 61, 20
vgl. auch e . . . dö hiet man da vunden vil maneger hande vreude
. . . diu vreude het ein ende dö diu zit begunde
swären. des trüret manic herze des gemüete stuont
e hö (wie N. 99, 5 s. o.) N. 62, 37 11".
. . . wie duz allez twingest
daz den sumer mit vreuden ivas N. 101,21 — 22
allez daz den sumer her mit vreuden was,
daz beginnet truren gein der winderiangen swceren zit
N. 86,31—32
vgl. auch der winter kau niht anders sin
wan swcere und dne mdze lanc Rugge 108, 16 — 17.
ze senfte maneges herzen klage die nu der swcere
Winter git R. 191,27 — 28
mir riuwe dne vreude git N. 53, 39
dirre kalde winder truren unde seilen git N. 73, 25.
Einzelne züge der naturbeschreibung:
der wald ist des laubes beraubt:
und valwet obenan der walt D. 37, 34
ich kiuse an dem walde, sin hup ist geneiget Fenis82, 26
vgl. da von ist der walt des loubes dne N. 42, 35
erne hat dem walde loubes niht verldn N. 95, 10.
Winder, diniu meil, diu verderbent uns den tüa/f N.92, 111"
vgl. N. 42, 34. 52, 23 und 79, 37 s. u.
für den wald steht die linde:
Diu linde ist an dem ende nü jdrlanc sieht unde blöz
MF 4, 1 — 2
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 203
daz vogelsanc ist gesiounden: als ist der linden ir lonp
Pseudo-D. 37, 19 — 20
daz diu löuber an der linden winterliche valwiu stdn
VeKI. 64,27—28
vgl. diu ist grüenes loubes worden dne N, 46, 34.
Uf der linden liget meil N. 42, 34
vgl. N. 52,23. 79, 37 f. 92, 12.
wald und iiaide zusammen geuannt:
diu sint nu beide worden val Rugge 99, 31
heide unde walt sint beide nü val W. 39, 2
vgl. die (liaide) hat er gemeilet und den grüenen walt N. 52,23.
wald und blumen zusammeu genannt:
walt unde bluomen die sint gar betwungen Penis 83, 26
vgl. N. 101,23 — 25.
haide (anger und wiese nie genannt) ihres schmuckes beraubt:
Nu lange stdt diu heide val Rugge 106,24
diust von sinen schulden val N. 38, 16
ez ist uol von schulden, ist diu grüene heide val N. 86, 36
waz dar umbe, vahvent giHiene heide? R. 169, 11
diu die heide velwet N. 73, 28.
diu heide . . . ist verderbet N. 75, 33 ff
diu verderbent uns . . . die heide N. 92, 12 — 13.
swenn also jcemerlkhe IH diu heide breit R. 191, 30 f
schouwet ivie diu heide lit N. 89, 8.
die blumen vergehen:
und müezen gar betwungen stdn
die bluomen von dem winter kalt Rugge 99, 32 — 33
vgl. du hast vögele vil betwungen . . . dar zuo bluomen
N. 101,2311.
ich hdn me ze tuonne danne bluomen klagen R. 169, 14
Swaz ich tumber klage bluomen N. 76, 26 — 27
der hat uns der wunneclichen bluomen vil benomen
N. 38, 11
er benimt uns vil der schcenen bluomen N. 99, 10.
Wie sol ich die bluomen überwinden die so gar ver-
dorben sint N. 46, 28 — 29
derküele winder verderbet sclmner bluomen t;?7N. 79, 37 f
gar verdorben sint die bluomen N. 86, 34
vgl. N. 92, 12 s. 0.
die bluomen , . . sint verswunden IN. 62, 34 f
nu siht man leider liitzel bluomen sehnen N. 43, 18
vgl. Nuist.. . der lichten bluomen schin vil gar zergdnNAS, If
vgl. auch N. 95, 11 s. u.
14*
204 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
die liaide der hliimen beraubt:
Der winder zeiget sine chraft den blnomeu unde der
beide Cß 142\
Nu lange stdt diu beide val:
si hat der sne gemachet bluomen eine Riigge 106, 24 t'
diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetdn
N. 73,28.
bluomen und vögele singen ist in (baide und vvald) gar
zergdn N. 52, 24
unde der heide ir bluomen unde ir Hellten schin be-
nometi N. 95, 11. .
für die blumen siebt die rose:
Sit er uns die rösen ab der heide nam N. 46, 36
diu heide ist von den rösen blöz N. 63, 9
ich sihe die bluomen rot vor dem walde trüriclichen
stdn . . . 7iu valwents aber gar N. 45, 1 fl'.
klee und gras, meist zusammen genannt:
du von stdt val der griiene chle CB 142"
ja klage ich niht den kle Mor. 140, 36
so klag ich den grüenen kle N. 35, 9
er entioinge uns abe beidiu bluomen unde kle N. 36, 20 f
owe bluomen unde kle N. 64, 22
bluomen unde kle . . . die verderbet uns der sne
N. 76, 1 1 ff
Die bluomen und daz griiene gras beidiu sint ver-
swunden N. 62, 34
gar verdorben sint die bluomen und daz gras N. 86, 34
er benimt u)is vil der schienen bluomen unde gras
N. 99, 10
dar zuo bluomen unde gras N. 101,25.
das liauptzeicben des winters ist der scbnee:
daz machet mir ein winder ehalt
und ouch der icize sne CB 134"
. . . daz machet der sne Penis 82, 29
die verderbet uns der sne N. 76, 13.
scbnee und reif:
We tuot in rife unde ouch der sne CB 142"
dir hat widerseit beidiu rife und ouch der sne N. 35, 6 f
unser freuden widerstrit bringet rifen unde sne N. 64, 25.
der reif statt des scbnees:
daz si von dem rifen wurden val N. 43, 20
daz ist allez von des rifen ungendden komen N. 38, 14
daz ist allez von dem leiden rifen kalt N. 52, 27
vgl. N. 45, 10. 63, 10
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 205
waz des kalten rifen oben nf dem walde lit N. 86, 35.
Den winlerschilderuugen ist noch die nonnnng der winde.
eigentümlich :
dine toinde die sint kalt N. 35, 4
sine iDinde kalt N. 75, 30
vgl. daz machet mir ein winder ehalt Cß 134^
ja ist der leide winder kalt N. 38, 10
ich hazze den winder kalt N. 51,4
vgl. auch dirre kalde winder N. 73, 25
der küele winder N. 79,37 (vgl. Burdach s. 162).
Den zweiten hauplteil des nalurbildes macht das verstummen
des vogelgesangs, meist sehr nachdrücklich hervorgehoben, aus:
die vögele swigent gegen der zit CB 142^
dd st milezen swigen allen disen winder lanc !N. 76,10
und diu kleinen vogellin ires sanges sint gesweiget
Veld. 59, 13— 14
des sint gar gesweiget die vögele ir sanges Penis 82,281
da von sint diu vogelin ir sanges gar gesweiget IN. 50,39
gar gesweiget sint diu vogelin mit ir gesange N. 58, 28
Sanges sint diu vogelin geswiget N. 59,36
sanges sint diu vogelin geswigen über al N. 86, 33
daz vogelsauc ist geswundeu Fseudo-D. 37, 19.
Verboten ist den kleinen vogelinen ir gesanc N. 43, 15 f
vögele singen ist in gar zergän N. 52, 24
is und anehanc hat der vogeline sanc gar gestillet N. 76, 8 IF
vgl. auch N. 14, 16 f.
diu vögelin diu der winder het betwungen N. 17, 6
also sint die vögele in dem walde des betioungen dazs ir
singen müezen hin N. 73, 29
du hast vögele vil betwungen N. 101,23.
die Vögel sind traurig:
si lebent in grözen sorgen CB 142^
ende hat ir sorgen N. 22, 6
gar verborgen sint aber alle ir sorgen N. 29, 1 — 2.
der (schnee) tuot in beide unsanfte unde we Penis 82, 30
daz tuot den vogelUnen we W. 75, 38
vogelin singent; den ivas we N. 5, 15.
die vögele trürent über al Rugge 106,26
die vögele die der winder truric het gemachet N. 19, 18
diu habent ir trüren üf gegeben N. 28, 4.
für die vögel steht die nachligall:
Diu nahtegal ist gesweiget Riet. 18, 17
geswigen sint die nahtigal D. 37, 32.
206 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
nnd ir hoher sanc geneiget, die ich e wol horte singen
Riet. 18, 18—19
ouch hat diu liebe nahtegal vergezzen daz si schöne sanc
Rugge 99,29 — 30.
dar zno si)tt die nahtigal alle ir wec gevlogen N, 38,
17 — 18.
Einen grofseren rainn als in den sonimeiiiederu nehmen
hier, wie schon erwähnt, die der sonne und ihrem leuchten
geltenden formelu ein:
Sit diu snnne ir Hellten schin gegen der kelte hat ge-
neiget Veld. 59, 11 — 12
Diu snnne . . . hdnt ir hcehe hin geneiget N. 50, 37
(die gegenteilige formel wird nur hildlich verwandt:
daz min muot stuont höhe sam diu snnne Mor. 139,10
Höhe alsam diu snnne stet daz herze min R, 182, 14).
leit ist mir geschehen an der liehten snnne brehen,
die wir dicke trüebe sehen N. 76, 17fl"
vgl. Urlop hat des sunters brehen D. 39, 30.
er entwinge uns abe . . . mangen liehten lounneclichen
tac N. 36, 20 ff
ivie hdnt sich verwandeUt dise liehten sumertage N. 99, 2 f
vgl. Swaz ich tnmber klage blnomen und die liehten tage
N. 76, 26 — 27.
aber sd sint die tage trüebe N. 43, 21 — 22
die beginnent leider alle truoben IN. 36, 24
ze disen triieben tagen N. 54, 1
SI truobent unde Clement an ir süezem weter abe N. 58, 27
dise triieben tage N. 61, 18
icaz du bringest trüeber tage IN. 101,20 — 21.
die langen näclite:
der Winter nnd sni langiu naht D. 39, 35
Wir hdn die winterlangen naht D. 40, 3.
Hat der winter kurzen tac, so hat er die langen naht
W. 118,5 — 6
die langen naht Hartm. 216,4.
Ohne beziehung auf den winter owol mich danne langer naht
R. 156, 25, vgl. Properz (Catulli Tibulli Propertii Carmina rec. Lu-
cianus Müller, Leipzig 1874) iv 12, 1 Quaeritis, nnde avidis nox
Sit pretiosa puellis. Goethe Sprechet nicht in trauertönen von der
einsamkeit der nacht (Goethes gedichte hg. von GvLoeper ii 120);
vgl. L'hland Sehr, in 21 anm. 8.
Die kalten nachte vereinzelt:
ez habent die kalten nehte getan Veld. 64, 26.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 207
Besonders mache ich zum schluss noch auf eine formelhafte
antithese aufmerksam, die blumen und schnee contrastiert:
da man brach bluomen da lit im der sne Mor. 1 40, 33
dd wir schapel brdchen e, dd lit nü rife und ouch der sne
W. 75,36 — 37.
vom vvinter ausgehend:
so lise ich bluomen dd rife nü lit W. 39, 10.
Ebenso entsprechen sich zwei schon angeführte einfachere
antithesen:
rfm naht ist kurz, der tac beginnet langen N. 24, 14
Hdtder lointer kurzen tac, so hat erdielangen naht W. 118,5.
Gegenüberstellung der entgegengesetzten zustände ist nicht
selten, doch noch nicht bei den ältesten dichtem, —
Ich habe auch hier wider die nicht formelhaften stellen fort-
gelassen , obwol deren betrachtung interessant genug ist. die
winterlichen natureingänge unserer quellen finden sich an folgen-
den stellen: CB134M42\MF4,l.Riet.l8, 17.Pseudo-D.37,18. D.
37, 30. 39, 30. 40, 3. Veld. 59, 1 1. 64, 26. Penis 82, 26. 83, 26.
Rugge99, 29. 106,24. 108,14. Mor. 140,32. R. 169,9. 191,25.
Hartm. 205, 1. 216, 1. W. 39, If. 75, 25 f. iXeidhart hat natur-
eingang wider in allen winterliedern aufser 40, 1. 65, 37. 67, 7.
71, 11. 72, 24. 79, 18. 84, 8. 96, 30. 102, 32. 103, 15. —
Über die natureingänge und über das naturgefühl bei den
minnesingern speciell handeln Liliencron Zs. 6, 78, Erich Schmidt
Reinmar und Rugge anm. 25.49, Burdach 8, bes. 48 f. 134, Wil-
mannsLeben Walthers 208 f, anm. 365 — 413 und vor allen ühland
Sehr, in 384 f; über das naturgefühl in der deutschen dichtung
überhaupt Koberstein Vermischte aufsätze 3 f ; über die prov. natur-
eingänge vgl. Diez Poesie der troub. s. 123 f, über die altfranz.
Wackernagel Altfranz, lieder und leiche s. 169; beispiele von alt-
franz., prov., altital. natureingäugen Tischer Über IXithart s. 18 — 19.
endlich die natureingänge in der dichtung der verschiedenen Völker
unterwirft Scherer Anz. i 199 f zum ersten mal einer vergleichung.
über die natureingänge bei INeidhart vgl. meine dissertation s. 97.
124; über die Winterstettens Minor in seiner ausgäbe s. xn. —
Es wird bei durchsieht unserer Sammlung sich wol jedem
die Überzeugung aufdrängen , dass diese behandlung des natur-
eiugangs auf ältere lieder zurückweist, in denen der ausdruck
für die einzelnen glieder wie deren auswahl und anordnung
sich schon vollständig fest ausgebildet hatte, ehe unsere ältesten
208 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
niinoedichter sangeo. indessen die existenz derartiger frühlings-
lieder ist nach Müllenhoffs abhandlung De }3oesi chorica 21 f wol
kaum mehr bezweifelt worden; die winterlieder, mindestens die-
jenigen, die der minnesang fortsetzte, scheinen selbst schon
uachbildung der ursprünglichen maiengrUfse zu sein, was aber
für uns hier wichtiger ist: diese formein zeigen durchaus das-
selbe verhalten wie die anderen, die wir zusammengestellt haben,
hier liegt doch ganz unzweifelhaft bearbeitung, nachahmung,
ausbildung ältester volksliedchen vor; und auch hier sehen wir
denselben gang von der unveränderten aufnähme, wie sie sich
durch einfachste form und wörtliche Übereinstimmungen verrät,
zur immer freieren Umformung mit den uns schon bekannten
mittelu, und zur gänzlichen oder doch nahezu völligen Vermei-
dung, formein wie zb. zergangen ist der winder kalt, diu zit
hat sich vericandelöt , geloubet stät der grüene walt, oder heide
und walt sint heide nü val, diu vogelin sint ires sanges gar ge-
sweiget, sogar das lyrisch bewegte so we dir sumerwunne dürfen
wir mit bestimmtheil als teile der alten volkshedchen ansehen,
blumen, wie sie überall aus der erde hervorbrachen und nur zu
sträufsen zusammengebunden zu werden brauchten, freilich dass
diese sträufse sich ähnlich sehen, ist natürlich; keine künstlich
gezogene blute stach von den rosen und grashalmen ab. und
wie diese formein daher die betreffenden deutschen Strophen der
CB ganz in die reihe der echt deutschen natureingänge stellen, so
reihen sie die bezüglichen Strophen Morungens und Veldekes,
Walthers und Neidharts ein in die zahl der am muster des Volks-
lieds und direct in anlehnung an dasselbe erwachsenen gedichte,
und zwingen durch ihre analogie auch die an anderen formein
gleichen Ursprungs reichen Strophen in diese classe.
Den einwand noch abzuschneiden, dass auch hier zufälliges
zusammentreßen vorliege, wie die beschränkte zahl hierfür ge-
eigneter Züge und worte es nahe lege, dazu genügt ein blick
auf die natureingänge anderer vülker. unter den echt lateinischen
zb. stimmt zwar allerdings einer scheinbar genau zu den deut-
schen nalurbildern:
üiffugere nives; redeunt iam gramina canipis,
Arhoribiisque comae (Horaz iv 7, 1),
aber bei genauerer betrachtung sehen wir auch hier die ab-
weichung. nirgends hebt der deutsche frühlingseingang das ver-
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 209
schwinden des schnees hervor und die haide schmückt er nicht
mit gras, sondern mit bhimen. allen anderen natureingängen
der classischen lat. lyriker, die übrigens spärlich genug sind, ist
eigen vor allem, dass sie im gegensatz zu den deutschen im
gegenbild des winters die ursprüngliche gestalt der formel zu
zeigen scheinen , wie sie denn auch alle vom winter ausgehen
(auch die eben angeführte stelle), dann aber ist unterscheidend,
dass bei ihnen das hauptgewicht auf der Schilderung der mehr
elementaren stücke liegt: wind, regen und tlüsse, während die
deutschen auf den mehr animalischen, belebten oder leichter zu
belebenden verweilen : wald, blumen und vögel. die lateinischen
frühlingseingänge finden sich Horaz i 4. iv 7 (im weiteren fort-
gang durchaus den anderen analog), iv 12, Calull xxxxvr, und
ganz entsprechend bildlich Horaz ii9; Wintereingänge Horaz i2. 9.
Epod. XIII. so findet sich auch in der späteren deutschen lyrik,
so viel ich weifs, die erwähnung der vom eise befreiten ströme
und bäche nur bei gelehrten dichtem und deren schülern; sonst
weicht diese wider von der mhd, naturbeschreibung weit ab, wo
sie dieselbe nicht wie zb. Arndt in dem lied Sehnsucht (Gedichte
s. 178) würklich nachahmt:
Wann die vöglein so minniglich
Im grünen walde singen.
Mit den kehlen so winniglidi
Von Inst nnd liebe klingen.
Wenn die blnmlein in berg nnd lal,
doch auch hier ist schon das folgende modern, so bildet bei
anderen Völkern anderes den mittelpuuct der naturbeschreibung;
die Romanen heben gern den duft hervor usw. jede poesie hat
einen bäum, eine blume, einen vogel als typisch für alle gewählt,
aber überall sind es andere, die Inder tanzen um die weitschattige
dorfficus (Zimmer Altind. leben s. 288) wie die Deutschen um die
linde usw. (vgl. de Gubernatis Mitologia s. 120). so machen sich
characteristische unterschiede, in erster linie natürlich auf klimati-
schen Verschiedenheiten beruhend, in den typischen natureingängen,
wie sie alle Völker ausgebildet haben, auf deutlichste weise geltend
und nur aus echten alten deutschen volksliedchen können jene for-
mein der minnesinger stammen, und dass auch diese formein eine
längere zeit der ausbildung voraussetzen, beweist das festwerden
gewisser termini, die aus vielen synonymen heraus sich als die
210 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
geeignetsten behaupteten, wie twingen und verderben, swinden
und zergdn, idoI getan und wünnedkh, der leide winder und der
winder kalt usw., und würde weiter durch das entstehen der
winlerformehi nach dem beispiel der frühlingsformehi für diese
sich herausstellen.
Die entwickelung der natureiugänge kann im einzelnen hier
nicht verfolgt werden, als characteristisches muster altertümlicher
art führe ich besonders Dietmars Strophen 33, 15 ff und 37, 30 ff
an. Veldeke ist dann mit geringeren neuerungen auch hier
bahnbrecher der neuen dichtuug. weiterhin lässt sich die ver-
schiedene hallung der zum volkstümlichen ton neigenden und
der streng höfischen dichter hier deutlich erkennen, einen neuen
abschnitt bezeichnet Johansdorf mit seiner farbenverschwendung
(s. Burdach s. 92) und sodann Reinmar mit der eiuführung des
viol (Erich Schmidt s. 111). Wolfram steht wie immer abseits
und formt 7, 11 die festen formein in höchst origineller weise
um , jeden alten satz zu einem Substantiv verdichtend ; ich w üste
seinem uatureingang nur ein einziges ähnliches beispiel zur seite
zu stellen, eine Strophe ühlauds:
Saatengrün , veilchendnft,
Lerchenwirbel , amselschlag,
Sonnenregen, linde luftl
Wenn ich solche worte singe.
Braucht es da noch grofser dinge,
Dich zu preisen, frühlingstag (i 60) —
und gerade Uhland könnte doch von Wolframs lied beeinflusst
sein; keinesfalls tat Tischer (aao. s. 22) gut daran, Uhlands ge-
dieht als ein beispiel neuerer natureiugänge herauszugreifen. —
Wie nun diese formein sich auch über die lyrik hinaus ver-
breiten, wie sie überall angewandt und umgebildet werden , das
mögen noch einige beispiele zeigen als neuer beleg für den
einfluss der ältesten deutschen volksliedchen auf alle mhd. dich-
lungsgattungen.
Ich deute die anwenduug der alten formein wider dadurch
an, dass ich zu den betreffenden versen in klammern die ihnen
am nächsten stehenden stellen unserer Sammlung setze.
Von den mhd. epen habe ich zwei in mancher hinsieht
höchst verschiedene, beide aber nicht volkstümlich gehaltene ge-
dichte anzuführen, den Mauricius von Craün und den Tristan.
ALTE DEUTSCHE VOLRSLIEDCHEN 211
Mauricius von Cräüo v. 1679 fr:
ditz was in der stunde (Veld. 59, 23. 60, 29)
dö ez sumern begnnde.
die vögele in dem walde (N. 63, 11)
Inte Wide halde (vgl. D. 34, 5)
sungen manege stimme.
die rösen nnd die brimme
hluoten alle loiderstrH (vgl, W, 114,27).
ez was rehte an der zit
s6 man unfreude hazzet (N. 14, 7 usw.).
sich hdte gevazzet
der walt nnde schceniu Ideit (N. 5, 9)
gegen dem swner an geleit (CB 123^),
diu loup grüene und drunder gras (CB 143*),
daz ez schöne gemuoset was
mit maneger hande hlüele (N. 23, 10).
ditz machet guot gemüete (N. 21,35),
swer an freude hat gedanc (N. 24, 16),
und ouch der vögele süezer sanc (D. 33, 16).
Tristan 544 ff (Bechstein):
diu senfte süeze sumerzU (N. 32, 15)
diu hcEte ir süeze unmüezekeit
mit süezem fliz an si geleit (s. u.).
diu kleinen waltvogelin (N. 6, 7),
diu des ören fröude sulen sin,
bluomen, gras, loup unde bhiot (CB 143^)
und sicaz dem ougen sanfte tuot
und edele herze erfröiiwen sol (N. 21, 36),
des loas diu snmerouioe vol (Cß 115^):
man vant dd, swaz matt walte,
daz der meie bringen solle (N. 10,27):
den schale bi der sunnen (N. 6, 5 — 18),
die linde bi dem brunnen (nach I\v. 569 — 74?)
die senflen linden ivinde ....
die Hehlen bluomen lacheten (W. 45, 37)
iiz dem betouwetem grase (N. 33, 36),
des meien friunt, der grüene wase,
der hcete uz bluomen ane geleit (N. 18, 6)
so wunneclichiu sumerkleit (IN. 5, 8),
daz si den lieben gesten
in ir ougen widerglesten (Wolfr. 7, 17).
diu süeze bonmbluot sach den man
so rehte suoze lachende an,
daz sich daz herze und al der mnol
wider an die lachende bluot
•212 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
mit spihukn ougen machete . . .
daz senfte vogelgedoene (N. 27, 3),
daz süeze, daz schoene (IN. 22,3),
daz ören iinde muote
vil dicke kumet ze gnote,
daz fnlte da berc unde tal (N. 4, 32).
diu scßlige nahtegal,
daz liebe süeze vogelin (N. 23, 13),
daz iemer süeze müeze shi,
daz kallete ^iz der hlüete
mit solher übermüete,
daz dd manc edele herze van (N. 17, 5)
frömle unde höhen muot gewan (N. 21, 35).
Schon die stelle in dem älteren gedieht zeigt beachtens-
werte Umformungen, ohne sich doch weit von dem volkstüm-
lichen naturbild zu entfernen, höchst interessant aber ist die
naturbeschreibung Gottfrieds, ich habe das lange stück ganz
hergesetzt, weil es das gröste mir bekannte prachtstück mhd.
frUhlingsschilderung ist und weil es , die formende band des
grofsen künstlers Gottfried in jeder zeile verratend , für das
üufserste gelten darf, was höfische kunst aus dem uralten stolf
zu schaffen vermochte, denn die eigenart des dichters des Tristan
wird niemand verkennen, weder in dem glatten gefüge überhaupt,
noch in einzelheiten wie dem achtmaligen gebrauch des Wortes
süeze, in den antithetischen Spielereien wie 548 öre, 550 ouge,
in der Spielerei mit lachen 568 ff usw. wie bezeichnend für die
höfische dichtung, wenn der mai nur edele herzen erfreuen soll
(551. 583), und wenn sogar die nachtigall das epilheton swlic er-
hält (578)! minneformeln werden eingeschoben (544 — 46, vgl.
Wilmanns Leben Walthers s. 184 anm. 116 und besonders Wolfram
Parz. 88, 16: an den lac der gotes ßiz) und höfische reminiscenzen
verwertet (555 — 56). und bei all dem, wie wir sehen, die alten
formein nur in neuer umkleidung, der grüne vvald zum eleganten
park zurechtgestutzt, aber doch nur, indem die alten stamme
versetzt, äste und zweige mit der scheere in kunstgerechte formen
gebracht sind 'als wärens verse Boileaus.' eine vvürkliche neu-
belebung der naturdichtung war von den höfischen epikern nicht
zu erwarten.
Als beispiele höfischer naturbeschreibung nach fremdem muster
vergleiche man zb. Iwein 604 fi' (vgl. Parz. 118,2411) und Parzival
96, 1 1 ff. —
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 213
Aus der volkstümlicheD didaclik teile ich ciü par stellen
mit, die die formein treu bewahrt zeigen:
Kleinere gedichte des Stricker ed. Hahn iv 219:
dö was der walt mit lonbe wol behangen (N. 29, 29).
ebenda xii 246 ff eine merkwürdige stelle:
si er frönt daz velt noch der walt:
si enfrömcent hluomen noch daz gras (N. 86, 34).
daz e der werlde fröide xcas,
nnd liehte tage nnde lanc (N. 13, 8)
toeder sumer noch vogelsanc (Hartm. 216, 6).
V. 246 ist ein wichtiges Zeugnis für das der mhd. dichtuug so
oft abgesprochene uaturgefühl. deutlich tritt dies uns auch aus
den allen tierfabeln entgegen; sie zeugen von lebhafter naturan-
schauung und kräftiger darstellungskunsl selbst bei alltäglichen
Vorgängen des naturlebens; ich verweise auf folgende stellen in
den von Pfeiffer Zs. 7, 318 ff herausgegebenen Altdeutschen bei-
spielen: m 1—25. v 6. vi 6—13. vii 5 — 7. viii4— 12. xxv 1— 5.
XXVI 1 — 5. xLi 1 — 15. daneben fehlen auch hier nicht wider-
holungen der alten formein:
VII 11 diu linde diu loas breit (IN, 18, 10)
und besonders der natureingang i 1 ff:
Ich kom in eines meien zit (vgl. Veld. 59, 23)
so diu wise grüene Ul (CB 104^)
mit bluomen umbevangen (IV. 26, 27)
nf eine heide gegangen (CB 14r)
diu was von bluomen wol gevar (N. 14,20);
ebenso in Der wolf und die gänse (BF 315) v. 716
wünneclichen entsprungen was (W. 94, 12)
dar under bluomen nnde kle (CB 123^) usw.
beachtenswert ist das naturbild in einem Helblingsgedicht, vii 17tf,
das ganz formelhaft anhebt:
swaz man in velde schouwet
so daz der meie betouwet
wise anger heide nnde walt,
den spielmannsmäfsigen zug der häufung aber, den schon der
letzte vers zeigt, in v, 22 bis zu dem durchaus unvolkstümlichen
rösen bluomen vial treibt. —
Nachdem der deutsche character jener verse durch diese
betrachtuug der deutschen natureingänge wol genügend erhärtet
ist, bleibt uns noch übrig zu zeigen, wie sehr auch die vaganten-
214 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEÜCHEN
dichtung im naturbild von der deutschen abweicht, dass die
deutschen Strophen der CB der ältesten deutschen lyrik und ihrem
fortsetzer Neidhart sehr nahe kommen, liat schon Burdach (aao.
s. 161) bemerkt und auch schon verse der CB und Neidharts
neben einander gesteUt. halte aber nicht etwa die dichtung der
fahrenden den deutscheu natureingang aufgenommen, sodass diese
Übereinstimmung gegen den Ursprung in vagantenkreisen nicht
beweisen könnte? das ist leicht zu widerlegen; die dichtung der
fahrenden hat gerade wie jede andere poesie eine ihr eigentüm-
liche naturbeschreibung herausgebildet, ich begnüge mich damit,
auf einige characteristische beispiele hinzuweisen: 41,2. 46,2.
52, 2—3. 54, 2—4. 55, 1 f. 65, 1. 6. 60. 98, 1 f. 103, 1 f; als
der wichtigste unterschied ist hervorzuheben dass die Lateiner
hier breit und prunkhaft malen, die Deutschen kurz und streng
skizzieren; characteristisch ist namentlich die behandlung des
Vogelgesanges, worauf aber hier nicht eingegangen werden kann,
eins aber ist gerade für unsere Strophengruppe wichtig: fast aus-
nahmslos pflegen die vaganten mit ihrer Vorliebe für das bunte
die blumenpracht des frühlings durch flore vario , diversis flo-
ribus udgl. widerzugeben; so qnovis ßore pktnrata 52,2,1, co~
lores per imdtiplices 55,4,2 (zeile 2 und 3 umzustellen), picto
teiY^ gremio vario colore 65, 1, 4, flore vario 101, 4, multos co-
lores 103, 3, cum variis coloribus 103,4, per multos colores 105, 1,
tellus picta flore 116,2; besonders reiche stellen: pro diversis
floribus variat colores, variis coloribus prata dant odores 102, 2,
vario colore 108,3, flore vario 109, 1, nitent albent rnbent candent
veris ritus iura pandent ortu vario 114, 1 (man beachte dass gerade
die volkstümlichste deutsche farbenangabe: grün, fehlt), mul-
titudo florum et color colorum 118, 1. umgekehrt pflegen die
deutschen dichter entweder von der grünen färbe des frühlings
zu reden, oder, wenn sie die blumenpracht hervorheben, nur
bluomen röt oder schlechtweg die rose zu sagen ; so bluomen
rot M. 14, 1, die rösebluomen D. 34, 8, die rösen Veld. 60, 29,
bluomen röt R. 183, 34, bei Neidhart rösen 14, 23. 18, 6.
24, 19. 25, 26. 26, 26; ausnahmen mit farbenhäufung bieten
Johansdorf 90, 32, Walther 75, 25, Neidhart 34, 9. hier nun
haben wir 100, 1 flore pnrpnreo nach deutscher art, liem bluomen
röt 100" vergleichbar, und wie wir es oben in durchaus ana-
loger weise bei der tilia fanden, ist die ersetzung der färben-
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 215
angäbe 'bunt' durcb 'rol' in lat. Strophen fast nie die einzige
hindeutung auf beziehung zn deutschen gedichten. wir haben
34, 2 locus purpnratns — aber in demselben gedieht 34, 1 tilia,
106, l pnrpuratum ßoret pralum in einem von einer Strophe
Reinmars gefolgten lat. gedieht, gegen dessen ursprünglichkeit
seine formelhaftigkeit besonders in dieser ersten Strophe spricht
(namentlich gratum et optatum, ebenso 45,1. 118, 1. vgl. auch
in unserer str. 100, 1 ver optatum ; nunc recedit hyemis saevttia
106, 1 mit hiems saeva cessit 107, 2 schon oben zusammengestellt,
vgl. hiems saeva transiit 118, 1); tellus purpurata 118, 2 in
einem gedieht, von dem dasselbe gilt (ver optatum : gratum s. oben ;
Hiems saeva transiit ebenso; Nivei candoris rosei ruboris s. o.;
scintilla : cor fit favilla nach 137,3 ua.), das ferner in ar bor in-
vestitur (wie str. 2 gewis statt ardor investilur zu lesen ist) die
nachbildung einer 113, 2 noch breiter nachgeahmten deutsch so
häufigen als lat. seltenen formel enthält, endlich aber ist an
dieser stelle das characteristische der einzelerwähnung der roten
färbe durch die schon citierten angaben multitudo ftorum et color
colorum aufgehoben ; dasselbe gilt von der bezeichnenden misch-
stelle 47, 4 picto redit gremio tellus purpurata. beide gedichte,
47 und 118, sind wol sicher von deutschen fahrenden verfasst,
wofür 118,3 noch der vers 0 quam crines flavi spricht, einzig
46, 1 haben wir dieselben formelhaften reime purpurato : floret
prato ohne sonst eine andeutung auf kenntuis und benutzung
deutscher lieder; 46, 2 ist sogar ein characteristisches beispiel
undeutscher naturbeschreibung. — machen wir die gegenprobe,
so finden wir in lat. art manichvalt 101^ 102'. 104% aller slahte
vögele schal 123* — alles in späteren Strophen, gegen deren
ursprünglichkeit bei den drei ersten die Verbindung von reim-
häufung und überschlagendem reim , bei der letzten die wirre
Unordnung des natureingangs zeugen, ähnliche fälle haben wir
bei den minuesingern so selten wie farbenhäufung: in MF fand
ich nicht eine einzige stelle derart, bei Walther eine: Wie wol
der heide ir manicvaltiu varwe stdt 64, 13, bei Neidhart nur die
wie 34, 9 für sein alter characteristische stelle komen sint die
bluomen manger hande leie N. 32, 13, denn Des meien zil bringet . . .
bluomen vil N, 10, 28 kann nicht hierher gezogen werden. — man
sieht dass die anwendung dieser lat. formein in deutschen, dieser
deutschen formein in lat, Strophen allemal für unursprünglichkeit
216 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
miudesteus ein beachtenswertes anzeichen bieten, unwahrschein-
lich ist es dagegen dass in stellen wie vil der schcenen bluomen
107% mit menigen bluomen 115'' einwürkung der lat. formel zu
sehen wäre, da diese ausdrücke gerade wie N. 10,28 das bunte,
manigfallige nicht hervorheben, das die parallelstellen der va-
ganlenlieder auszeichnet.
Hier in dem gedieht Cß 100 also, wo zu so vielen anderen
anklängen an deutsche verse dieser noch hinzutritt, dürfen wir
wol bestimmt deutsche Vorbilder annehmen. 100^ kann wegen
des verschiedenen inhalls nicht selbst das muster sein , auch
wegen von bluomen rot — flore pnrpureo nicht etwa eine andere
Strophe desselben liedes; zudem ist es, wie wir wahrscheinlich
zu machen suchten , überhaupt selbst Umgestaltung eines älteren
liedchens, welches wir uns N. 29, 27 — 34 ähnlich vorzustellen
haben, so halten wir hier wider einen fall, der mir nur durch
meine auffassung dieser stücke erklärHch scheint: ein deutscher
fahrender sammelt Strophen, die er zu derselben melodie singen
kann, dichtet sie im notfall selbst, und hat hier deutsche tanz-
liedchen erst lateinisch, dann deutsch umgearbeitet, bis sie seiner
weise untergelegt werden konnten.
115^ scheint wider die sache weniger verwickelt, gegen
die ursprünglichkeit der deutschen Strophe spricht nichts; auch
Martin hat keinen grund geltend gemacht, der dies stück träfe,
dass mit menigen bluomen so wenig als zb. des ist vil manic
vogel bilde Veld. 66, 2 oder das sehr häufige des vil manic herze
ist frö Riet. 19,8. D. 33,21. N. 17,5 usw. aus der deutschen
art des naturbildes herausfalle, wurde bereits bemerkt, deutlich
volkstümlichen character zeigt der schlussvers: das mitgefiihl mit
freude und leid der vögel in sommer und winter liegt den hütischen
dichtem fern, wol aber drücken es dichter aus, die der volkspoesie
nahe stehen: Veld. 66,2. W. 114,23. A". 5,29. 17,6. 19,18. 22,6.
28, 4. Pseudo-VVaither xv 1 (eine gute nachahmung Neidharts). vgl.
Lhland Sehr, ni 106. vl31. ßurdach s. 170. die form ist äufscrst
einfach ; wir hätten das lied gleich mit 107\ 136M4r den gcdichtcn
in einfachen reimparen zugewiesen, hätte das nicht wegen der
überschlagenden reime 115, 1.4 unmethodisch scheinen können,
so lange die priorität des deutschen Stückes nicht erwiesen isi.
aber diese ist nun zu erweisen. 115, 1 ist deutlich eine Über-
setzung von 115\ auf den falschen accent des refrains lenkte
ALTE DEUTSCHE VOLKSUEOCIIEN 217
schon Martin die aufmeiksamkeit; derselbe allein macht nachbil-
dung des gut gebauten deutschen gedichts wahrscheinlich, wie
die ausdrücke der strophe 115, 1 mit denen der unse'bständigen
107, 1 übereinstimmen, wurde bereits nachgewiesen; ornantnr
prata floribns ist ein germanismus = diu heide hat gezieret sich,
genauer einem medialen praesens 'sie schmückt sich', wie der
vers wie wol er slniu grüeniu kleider an sich strichet N. 19, 8 das
praesens, der vers CB 115^ selbst das medium zeigt, entsprechend,
endlich ist der deutsch gewandt, lateinisch mit praeteritis tem-
poribus schwerfällig ausgedrückte gedanke 'der sommer ist so
schön wie nie zuvor' in den lat. sommereingängen kein zweites
mal zu belegen ; Neidhart dagegen hat das widerholt (vgl. Tischer
s. 23): 10, 22. 13, 8 f. 22, 38. 24, 17 und mit besonderem uach-
druck 28, 37 f (vgl. auch Burdach s. 161 u.). und zum schluss
ist noch die unbeholfene widerholung canunt — canendo gairiunt
beweisend.
Hier also liegt einmal rein ein einfachstes altertümliches
volksliedchen vor: formein zu einer einheitlichen frühlingsstrophe
vereinigt, das übersetzt der vagant und dichtet drei Strophen in
eigener art auf denselben ton hinzu, wo es gut geht durchreimend,
Str. 2. 3 ohne diesen schmuck, doch wäre möglich dass diese
beiden Strophen spätere Interpolationen wären, oder gleichzeitige
Strophen gleicher melodie , die der Sammler zuschrieb und die
wie 108, 2.3 an die falsche stelle kamen: 4 ist wie 1 formel-
haft (zu Zeile 1.2 wurde schon 107,2 verglichen; ludere cum
virginibns oft, so 37,6. 103,4; zu 3—4 vgl. 59 refl., 79, 3 uä.),
2 und 3 enthalten seltenere mythologische anspielungen in bunter
mischuug.
142* gewährt keine gleiche Sicherheit, aber auch hier macht
das deutsche gedieht mir einen echt volkstümlichen eindruck;
auch hier die sorgen dervögel, daneben ein ganz eigentümlicher
zug, der für die merkwürdige Starrheit der deutschen formein
in hohem grade characteristisch ist: da von stdt val der grüene
chle mit der ganz unpassenden Verwendung des epithetous grüene
für den abgeblühten klee gerade wie N. 86, 36 ist diu grüene
heide val, ähnlich wie N. 18,4 Schön als ein golt gruonet der
hagen. doch immerhin könnte hier der nachdichter wider volks-
tümliche formein benutzt haben, auch die von Martin (s. 62) ge-
rügte Ungeschicklichkeit des zweiten verses ist, wenn selbst keine
Z. F. D. A. XXiX. N. F. XVII. 15
218 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
Verderbnis vorliegt, weder für ursprünglichkeit nocli für nach-
ahmiing beweisend, aber das lat. gedieht mit all seineu reim-
künsten, dem durchgehenden reim au zweiter, dem gleitenden
reim an erster stelle , den mehrmaligen angelehnten reimen , den
vielen Wortspielen (^ Fenem — Venerem, miro Marte, cura curatus,
arceas arte , laude 1 , laudes 3, laudis 4), — macht es nicht eher
den eindruck eines überkünstlichen Übungsstücks in einem be-
stimmten ton als einer origiualdichlung? hat die Inhaltslosigkeit
dieses kaum verständlichen kunstproducts so viel analogien unter
den lat. gedichten wie die formelhafte einfachheit des deutschen
unter den ältesten deutschen liedern? die ähnlichkeit von Sed
respondes nierito 142, 4 mit mihi respondet merito des folgenden
gedichts 143, 2 bringe ich nicht in anschlag, weil eullehnung
bei letzterem wahrscheinlicher ist. —
Von den deutschen Strophen, bei denen schon die reim-
häufung für uuursprünglichkeit mindestens in ihrer jetzigen ge-
stalt, wie ich glaube, beweisend ist, scheinen mir die beiden
ersten, 98' und 103% zusammenzugehören, in der ersteren ist
die häufüug loup iinde bluomen, ekle wol getan die untrügliche
fabrikmarke eines kunstlosen fahrenden, das lat. gedieht mit
seiner dort ganz anders geschickt geordneten worthäufung und
der hier leicht gelungenen durchreimung aller Strophen , wenigen
formein , vielen characteristischen ausdrücken (elegans acies, Plia-
dum f acies, amor aureus, picta volucrum series) macht einen
durchaus originellen eindruck. den immerhin auffallenden aus-
druck brumalis feritas 98, 1 (statt hiemis saevitia) teilt nur dies
lied mit dem ganz gleichartigen 103,1 (brumalis saevitia 95, 1,
hiemis saevitia 109,1; bruma öfter: 32,1. 42,2. 105,2. 113, Ij:
98 und 103 könnten denselben Verfasser haben, aber der autor
von 103 war ein Deutscher, ist nämlich 103, 4 nicht interpoliert,
was die widerholung des schon 103, 2 gebrachten vogelsangs in
lat. liedern nicht mit gleicher bestimmtheit wie in deutschen ver-
muten lässt, so hat der dichter hier eine ältere lat. Strophe ein-
gearbeitet, wie wir dies schon 107 und 108 beobachteten: 103,4
ist eine Umformung von 37,6, 1 — 5; dass eine ganze Strophe
zu einem strophenteil umgedichtet wird, ist weniger wahrschein-
lich als das umgekehrte und somit die priorilät von 37, 6 an-
zunehmen, der bearbciter hat aber die erste zeile mit anlehnung
an die formeln des deutschen natureingangs umgeformt, deutsche
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 219
fahrende, meinte Burdach gewis mit recht, mögen öfters die
deutsche und die lateinische Strophe verfasst haben; so glauben
wir auch hier unsere hypothese anwendbar, denn 103^ zerfällt
deutlich in drei auch durch grofse initialen ausgezeichnete teile:
Nu — getan ein frühlingsbild, Tanzen — balle aufforderung zu tanz
und spiel. Min — gevalle frauendieust. alles unvermittelt neben
einander. 103* ist also sicher kein deutsches originalstück, die
vier ersten zeilen nun zeigen in häufung denselben reim wie 98^
der anfang ist in deutschen liedern als solcher nahezu unerhört;
er setzt einen frühlingseingang voraus und dem von 98' würde
sich das Nu von 103' trefflich anschliefsen; nur sind hluomen
und heide widerholt, wenn nun der dichter die nachdichtung
von 98 hätte fortsetzen wollen — 98, 2 ist auch noch der natur-
beschreibung gewidmet, wie der anfang von 103' — , dies dann
aber aufgegeben und die weiteren verse nach dem bau seines
gedichts 103 umgemodelt hätte? — die nächsten vier zeilen sind
ein einfaches tanzliedchen , dem pseudoreinmarischen 204, 8 — 14
vergleichbar, dem mann , der 9S' tautologische formein in einer
art häufte, für die das Volkslied allerdings keine analogie bietet,
ist auch zuzutrauen dass er aus einer weiteren derartigen formel-
mischung, einem tanzliedchen und zwei einzelnen minneformeln
eine nachbildung zusammenflickte, eine solche liegt auf jeden
fall vor, und sie hat an 139' eine genaue analogie.
Dies gedieht, 139', ebenfalls mit reimhäufung und zwar des-
selben reims (-an), zerfällt wider in drei teile, von denen zwei auch
durch grofse anfangsbuchstaben markiert sind, das erste reimpar
ist der eingang eines tanzlieds, das anschluss au das volks-
tümliche frühlingslied in dem ausdruck den sumer grüezen verrät;
die letzten sechs zeilen sind ein vollständiges kleines tanzliedchen:
naturbild — bezeichnung des tanzplatzes — aufforderung zum tanz;
den volkstümlichen character beweist hier wider die formel die
sumerzit enphdhen sowie die gleichsetzung von Vorsänger und
vortänzer. zwischen beiden stücken findet sich der einzige vers,
zu dem unsere formelsammlungen kein analogon liefern, wir
dürfen unbedenklich annehmen dass hier zwei deutsche Strophen
zu einer entsprechung des lat. gedichts verarbeitet sind, denn
dies mit seinen gehäuften wortspielereien und dem rhetorischen
aufputz, der revocatio am ende, wie wir sie bei strenghöfischen
dichtem zuweilen treffen (namentlich Horheim 113, 1; s. Burdach
15*
220 ALTE DEUTSCHE VOLlvSLlEDCHEN
71 f), ganz formellos, wird wol ein ursprüngliches vagantenlied
sein, das deutsche stück hat mit diesem der naturschilderung
ganz entbehrenden gedieht inhalthch nichts gemein, es wird
also dem Verfasser der deutschen nachbildung wider nur auf die
form angekommen sein, gerade diese liedchen zu vereinigen bewog
ihn wol der gleiche reim; nachher muste er noch die reimgleich-
heit mindern, denn ursprünglich reimte wol auf stdn : enphdn und
gdhen war waise; so ist in dem einfachen liedchen auch einfache
reimstellung hergestellt, für benutzung fertiger lieder spricht noch
die von der vorläge abweichende cäsur nach deutscher art: wer
frei nachbildete, hätte wol auch dies nachgeformt.
126^ ist gewis die nachahmung des characteristischen lat.
liebesliedes ; die schlusszeile passt nicht , noch weniger der minne
wil mich twingen nach dem vorhergehenden vers. nichts deutet
an dass die deutschen formein schon vor dem nachahmer von
126 jemand gerade so zusammengefügt habe.
133^ ist von einem fahrenden verfasst und zwar nach dem lat.
muster ; der vers rösen lilien si nns git mit der unglücklichen nach-
bildung einer lat. formel (35,16.40,5. 65,58. 103,4. 126,3 uö.)
ist beweis genug, die schlusszeile bringt eine formel der natur-
beschreibung an unmöglicher stelle, weil der durchgehende reim
der lat. Strophen 1. 2 (und vielleicht 4, wo caminoivino wol stumpf
reimen s. Burdach s. 160u.; doch stimmt die reimordnung nicht
genau) widergegeben werden sollte, was weiter die widerholung des
ersten verses und ein flickwort im dritten zu stände brachten.
Dasselbe gilt von der ungleich besseren Strophe 143% bei der
vers 3 entscheidet, 133% 4 sehr ähnlich, aber das lat. gedieht ist
auch von einem deutschen fahrenden, wie der germanismus quam
super omnes eligo = die ich hdn erweit vor allen wiben beweist, es
fehlt nicht an formein (militetis Yeneri 143, 1 vgl. zu 107, 3,
mihi respondet merito vgl. zu 142,4; str. 4 gelehrte anspielung; fac
mori vel fac vivere 143, 5 vgl. me mori vel me vivere 43, 4.
diesem letzleren gedieht CB 43 ist auch str. 1 inhaltlich nach-
gebildet: 43, 1 prae puellis ut sol stellis sie praelucet. auch das
zweimalige quam diligo 1. 2 erinnert an propter puellam quam di-
ligo 51, 1). und so könnte hier wider der fahrende für dieselbe
melodie lateinische und deutsche Strophen gedichtet haben.
166' ist eine Übersetzung von 166, 1; auch das von Martin
als beweis für wahrscheinlich nicht ritterlichen stand des dichters
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 221
ljervorgeiii/\.»«o Edilm vrowe gibt nur Nobilis wider (vgl. 145, 1),
wobei der Übersetzer virtv.;.h, Ar^fr/^js mea las. das lat. gedicbt
enthält viele anklänge gerade auch au iöö» hqJ 143*- der autor
mag in der tat derselbe sein und 166 wie 166* vun a..„i |)jjf_
steiler des liederbuchs stammen. —
Wie die gedichte mit gehäuftem parigem reim sind die mit
gehäuftem überschlagendem reim sicher nachbilduugen.
99* ist ein geradezu unsinniges gemisch von formelu. gleich
der anfang: wer braucht sich nach einem tag zu sehnen, an dem
er etwas wünschen dürfte! die letzte zeile, die klippe, an der
die nachdichter zumeist scheitern , ist überflüssig, das lat. lied
ist vorzüglich; der leichte hüpfende gang erinnert mehr an 133.
143. 166 als an 98. 103, aber an Originalität und frische über-
trilft dies gedieht sie alle.
lOP und 102% recht gute Strophen, sind durch ihr manich-
valt höchst verdächtig, die lat. gedichte halten sich durchaus in
dem ton der echten vaganlenpoesie, zeigen kaum eine reminiscenz
oder formel und sind inhaltlich wie formell treulich; auf einen
deutschen Verfasser könnte 102, 1 dkat ei vale deuten, doch be-
rechtigt nichts, 101 und 102 in engere beziehung zu bringen;
wol aber sehen lOP und 102* sich sehr ähnlich: wie 98* und
103* derselbe durchgehende reim; beide mal die verjüngende
kraft des mais hervorgehoben, denselben reim zeigt 104*, wider
mit maniciwalt und namentlich 102* sehr ähnlich, das lat. ge-
dieht 104 besteht, wie Martin sah, aus zwei verschiedenartigen
teilen: str. 1 und 2 sind anders gebaut wie 3. 4, 5; die deutsche
Strophe stimmt zu den letzteren , aber ohne reimhäufung im auf-
gesang; vielmehr schiebt sie das eine der beiden gleichen reim-
pare in den abgesang. 104, 3 erinnert stark an 63, 3 und so
sind 104,3 — 5 wol der schluss einer lat. pastourelle. diese hätte
dann der Verfasser von 101* und 102*, bequem sich nochmals der-
gleichen reime bedienend , benutzt, demselben autor darf mau
das wider 102* über die formelgemeinschaft hinaus ähnliche 123*
zuschreiben, das an 104* noch durch des $uln wir nu weseu
halt — wesent palt erinnert, das lat. original ist durchaus im
ton der echten vaganlenpoesie gehalten, die vier stücke: 101*.
102*. 104*. 123* bilden dann also eine engere gruppe von uach-
ahmuugen echt lateinischer gedichte durch denselben fahrenden.
Eine zweite derartige gruppe, beider die gemeinschaft aber
222 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
in die lat. Vorbilder hineiüzureichen scheint, bilf'"" ^'*^ letzten
hierher gehörigen Strophen: 1 HM le». iz4\ 132\ 116' und 124*
scheinen wider nar»^^-^-'^"o*^n mit benutzung derselben reime und
form-i", uie jedoch hier nicht wie bei lOr. 102<\ 104\ 123*
aus demselben ursprünglichen deutschen liedchen ausgebrochen
sein könnten, weil das gemeinsame erwähnen der geschosse der
Venus diese annähme verbietet, und IIT, diese unzweifelhafte
nachahmuüg, mag ihre zweite hälfte wol aus Venus wil mich
schiezen 124* entnommen haben, die lat. gedichte haben die
nennung der Venus gemein, 111 und 116 bringen auch den
Cupido; in der nachahmung ist 116* Venus geschwunden, das
schiezen aber in ungeschickter weise (Martin s. 62) beibehalten,
wenn nun umgekehrt 132* vrö Vmus erscheint, die 132 fehlt,
so spricht das eben dafür, dass der nachbildner von 111. 116.
124 auch 132* seiner Sammlung zutrug, die vier lat. gedichte
haben benutzung von formein besonders im natureingang gemein;
111 und 116 noch Vorliebe für gesuchte worte: 111, 2 iuvamen,
111,3 domicellas,^ 116, 3 pharetratus (in 116'' erläutert), reluctatus,
116, 4 cinamum: der Scolaris von 124, 4 — 5 könnte wol alle
drei gedichtet haben. —
Wir haben damit die betrachtung der volkstümlich gehaltenen
deutschen Strophen der CB zu ende geführt, in stücken wie
135* und 144* wird niemand alte deutsche Volkslieder erbalten
oder verarbeitet sehen wollen und somit wäre füi* unser thema
gleichgiltig, ob sie jünger oder älter sind als ihre lat. Vorbilder,
denn allerdings ist noch nicht gesagt dass alle höfisch gehaltenen
Strophen unserer Sammlung später als ihre lat. enlsprechuugen
entstanden wären, so haben 105. 106. 110 die Zusammenstellung
von Venus und Paris gemein, die durchaus nicht häufig ist; alle
sind formelreich; und dass 106, 1 dem deutschen nachgebildet
ist, suchte ich schon zu beweisen, derselbe bewunderer höfi-
scher art, der 106. 110 zwei Strophen Reinmars nachbildete,
könnte auch 105, eine pastourelle wol nach französischem muster,
nachgeahmt haben, und ähnlich steht es vielleicht mit 125 und
125*. mit dem einfachen deutschen liedchen, zu dem CB 146
zu vergleichen, haben Scherer (Anz. i 202) und Martin (s. 66)
Walthers entzückendes lied 39, 11 gewis mit recht verglichen.
aber bei der Verschiedenheit, die beide deutsche gedichte doch
^ domicclla ist ein galücismus nach Voigt QF xxv 31.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEÜCHEN 223
zeigen, möchte ich mit Burdach (s. 165) in CB 125" nicht Wal-
thers directe vorläge sehen , sondern in beiden liedern die nach-
ahmung einer altfranzüsischen pastourelle. Herder teilt (Sämmti.
werke vii 207) ein volkstümHches französisches lied mit, in dem
die verse du liebes gras
Verrate nicht, wer auf dir safsl
gut zu Walthers versen stimmen:
hi den rösen er wol mac
merken lod mirz houbet lac.
dass der ret'rain zu dem deutschen stück besser passt als zu
dem lateinischen, ist klar; auch hier wäre also eine selbst auf
fremdem Ursprung ruhende deutsche pastourelle lat. nachgebildet
worden, wie die vaganten sonst widerholt französische pastourellen
direct nachdichten: CB 45. 52. 56. 63. 119 (letzteres gedieht der
pastourelle 14 bei Bartsch nahestehend: CB 119,6, 5 — 6 = Bartsch
123, 23 — 24), und in dem mischgedicht 145 ein deutsches lied-
chen und eine französische pastourelle verarbeitet zu haben
scheinen (der warf si verre in einen 16 Übersetzung von Vai sor
Verbe getee udgl. bei Bartsch 107, 50. 113, 7. 118,51. vgl.
110, 33 f. 114,37. 129,38. 192, 33 usw.). eine nachahmung
deutscher Martinslieder scheint 92, wie schon Martin bemerkte;
auf den liebesgrufs 82, 3 wurde bereits hingewiesen , und so ist
gewis mit den von uns besprochenen fällen die summe der nach-
bildungen deutscher liedchen in den lat. gedichten der CB, selbst
denen ohne erhaltene deutsche entsprechung, nicht erschöpft; ger-
manismen wie die schon angeführte deutsche frühlingsformel 113,2
zu einer Strophe Morungens, wie die deutsch so beliebte aufzählung
unmöglicher fristen 168, 10 — 11 (wo auch sciat deus 4 wie in der
pastourelle 119, 4 die deutsche beteuerungsformel widergeben
könnte) beweisen mindestens einfluss der deutschen dichtung; das-
selbe gilt von 54, 4, der kurzen scizzierung eines sonst nachge-
formten altenliedes in Neidhartischer art usw. in anderen fällen
freilich beruht die Übereinstimmung von lateinischen und deutschen
liedern auf der gemeinsamen ausuutzung des allgemeinen formel-
schatzes der mittelalterlichen minnepoesie, dessen stücke überall
sich finden und niemand weifs wo zuerst (vgl. Mätzner Altfrz. lieder
s.n); so der singende schwanCB 154, 1.167, 1 vgl. MF s. 287 (schon
vor Wackernagels dort citierter schrift von Diez Poesie der troub.
s. 235 mit pro v., französischen, italienischen beispielen begleitet),
•224 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
obwol allerdings gerade Morungen lateinische dichter kennt (siehe
Haupt aao.) und Venus nennt; die ihm zugeschriebene strophe
MF 286 aber, die auch Paris vorbringt und den namen Acheloia
mit CB 38, 4 teilt (was in MF übersehen ist),i steht wol bestimmt
unter dem einüuss der vagautenpoesie. andere übereinslinnnungen
sind mehr zufällig, so die ähnlichkeit des bildes CB 128,4 mit
Anou. Sperv. 29, 13 und Fenis 80, 5. wider andere beweisen
wol einfluss der lateinischen auf die deutsche poesie, so Amors
pfeile bei Neidhart (vgl. Haupt zu 10, 8). nicht wenige sind
zweifelhalt; so mochte man im ersten augenblick Inter quas ap-
pares ita ut in auro margarüa 168, 8 für das vorbild von MF
5, 12 — 15 halten: unde bist mir dar ziio holt (7m merke et wiech
duz meine) als edele gesteine swd man daz leit in daz golt : oflenbar
passt das bild in dem lat, stück viel besser und in dem deutschen
ist noch die einführung verdächtig, aber eine stelle wie JNJN 31,4
vil der edelen steine die froincen leiten in daz golt (zwar in einer
interpolierten strophe) zeigt doch, wie nahe den deutschen ly-
rikern dies bikl liegen muste; und in 168 wiesen wir schon
mehrere germauismen nach, der vers quid tiinc cantus 00-
lucrum mihi queunt oalere CB 103,5 kommt der stelle 83,36
des unselbständigen Fenis sehr nahe: diu heide noch der vögele
sanc kan an ir tröst mir niht vröude bringen — aber das ist nur
die negative Wendung einer häuligereu formel: Mor. 141,12 — 14.
W. 92, 13—14. vgl. auch D. 34, 15—16 und namentlich R. 155,
1 — 4. ganz gewis besteht zwischen der deutschen Volksdichtung
und der poesie der fahrenden , die man wol eine gelehrte Volks-
dichtung nennen konnte, eine bedeutungsvolle wechselwürkung;
und die vaganten waren doch auch kinder ihres volkes und auf-
gewachsen unter spiel und tanz ihrer heimat. und so werden
wir mit gleicher bestiinmtheit beeinflussung der vagautenpoesie
durch die Volkslieder und das umgekehrte anzunehmen haben;
wie aber diese einwürkung sich vollzog, möchte nirgends sich
so merkwürdig in allen kreuz- und (luerbezieliungen nachbilden
wie gerade in der Sammlung der Carmina buraua. die aus-
führlichkeit, mit der wir diese hier durchgieugen , rechtfertigt
sich dadurch.
Wir haben in der tal, wie ich glaube, alle deutsche volkslied-
chen hier vorgefunden: aufser tanzliedchen (unverändert 103% 5 — 8.
* Antiluic in den Altdeulschen blättern i2äU hat damit wol niclils zu tun.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 225
129% verarbeitet 100\ 139%7— 12, übersetzt 100, 1. 2. 108, 4 uö.)
und frühlingsliedchea , die vvol einfach als tanzlieder dienten (107*.
115\ 139% übersetzt 113,2, ebenso ist vvol auch MF 4,13 ein voll-
ständiges liedchen), auch liebesiiedchen (112\ 136^ 141% übersetzt
112). wichtiger aber als das ist das gesammtresultat, welches aus
dieser betrachtung, war sie richtig geführt, sich ergibt: wie würklich
schon eine längere kuustübung die formein ausgebildet haben muss,
die den deutschen volksdichtern ein so unentbehrliches und durch
biegsamkeit bei innerer festigkeit unschätzbares kunstniittel wurden,
ohne welche gar die schwierigere nachbildung fremder muster einer
noch jungen poesie unmöglich hätte sein müssen, und weiter
gibt uns die Verarbeitung der verse und lieder ein bild von der
art, wie die kunstdichtung sich aus der bäurischen Stegreifdich-
tung erhob: zuerst noch ganz die alte art fortsetzend, nur feilend,
glättend, viel mehr formell ändernd als inhaltlich, viel mehr ver-
mutlich noch in der melodie als im text sich von der einfach-
sten kunstübung absondernd, ich glaube nicht dass das oft be-
staunte rätsei des plötzlichen aufbruchs der ganzen mhd. lyrik
ohne diese uns notwendig gewordenen Voraussetzungen gelöst
werden kann, ich glaube auch nicht dass je eine poesie nicht
rein gelehrter natur anders erwuchs; sie setzt formein voraus
und starre formein, wie jede kunst ein ganzes System mechani-
scher kunstgriU'e ehe sie den gipfel erreichen kann entwickelt
haben muss; und der augenblick der höchsten blute, in dem
man all diese überflüssig gewordenen handwerksmittel — wenn
man sie denn so nennen will — über bord wirft, ist der, in
dem zwischen volksmäfsigem und gelehrtem oder 'gebildetem' be-
trieb alle berührung aufhört, dadurch denn mehr als durch den
forlfall höchst brauchbarer mittel selbst der anfaug vom ende,
deshalb glaube ich auch dass bei einer jungen autochthonen poesie
diese formein von gröfserer ütterarhistorischer bedeutung sind
als man gemeinhin anzunehmen pflegt, ich selbst werde hier ja oft
genug geirrt haben, aus geringer Übung, auch aus einer leicht im
zug der arbeit sich einstellenden Überschätzung der gerade an-
gewandten mittel, aber ein kundigerer wird diese mittel gewis
mit dem erfolg anwenden können, den mir mangel an genügender
kenntnis von stoff und arbeitszeug noch versagte. —
Wir fanden also würklich volkstümliche Vierzeiler noch in
der alten form, so Cß 136% als einen hülischer gehalteneu vier-
226 ALTE DEUTSCHE VOLRSLIEDCHEN
zeiler möchte ich auch Rute 116,22—25 ansehen; Haupt hält dies
stück für unvollständig, aher es schliefst gut ab und ist so ein
didactisches epigramm, das in der Volksdichtung nicht wenig ana-
loga hat (inhalthch vgl. übrigens Hartm. 216, 81). aber weitere
alte Vierzeiler sind uns vielleicht noch in nhd. form erhalten, von
den schnadahüpferln selbst, die wir als fortdauernde Vertreter
einer uralten dichtungsgattung ansahen, reichen vielleicht einige
bis in die älteste zeit zurück.
Sollte man das von vorn herein abstreiten wollen, so stehen
uns ähnliche fälle in genügender zahl zur seite. noch heut werden
die Umzugslieder gesungen, die Müllenhoff (De poesi chorica s. 22)
als abbild ältester poesie anführte, wie in der ältesten zeit (Müllen-
hoff Sagen und märchen xni, Uhland Sehr, ni 181 f) werden noch
jetzt in dialogischer form rätsellieder gesungen und dabei haben
sich zb. stücke des alten Traugemundsliedes wörtlich erhalten:
so findet man in Auerbachs Barfüfsele (Dorfgeschichten volksausg.,
Stuttg. 1871, VII 198) aus dem volksmund:
Was ist iveiszer als der schriee?
Was ist grüner als der klee?
Was ist schwärzer als die kohl?
wie TraugemundsUed 11 (MSD^ XLVinll, 3); nur die einleitung
und auflösung ist anders: es antwortet hier auf alle drei fragen
ein wort, die kirschenblüte (in ihren drei epochen, wie beim
rätsei der sphinx), was ja im Traugemundslied selbst am schluss
seine entsprechung hat. die anderen rätsei sind neu, z. t. gevvis
auch in der art der Vierzeiler improvisiert und eingeschoben. —
viel öfter noch hat sich ein altes liedchen verarbeitet erhalten,
mir scheint kaum zweifelhaft dass in dem Volkslied bei Uhland 29
den Strophen 2. 3 ein ähnliches ganz altes gedieht zu gründe liegt
wie sie uns MF 8, 33. 37, 4 erhalten sind, die lieder scheinen
von Reinmar benutzt (Scherer D. st. ii438: R. 156, 10), eins
wurde im 13 jli. ins italienische übersetzt, ward auch sonst noch
zum Volkslied (Haupt MF s. 231); und so liegt es ja ähnlich in
der Nibelunge not vor. beweise genug für Verbreitung und be-
liebtheit dieser lieder. verse aus dem verwandten liedchen MF 8, 17
scheinen bei Uhland 49, 3 nachzuklingen und zwar nicht als be-
nutzte formein (wofür wir ja belege genug halten), sondern als resl
des bis zur unverständlichkeit umgestalteten liedes (vgl. Uhland
Sehr, ni 31 aum. 177). so sind aus wenig späterer zeit ja ge-
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 227
dichte voD Walther und Neidhart vollkommen zu Volksliedern ge-
worden. Neifen hat umgekehrt vielleicht Volkslieder unter seine
gedichte aufgenommen usw. — ich erinnere endlich an den schon
besprochenen bairisch- österreichischen liebesgrufs, in dem wir
nun ein erstes ganz altertümliches und würklich ganz altes liedchen
in modern dialectischer gestalt sehen dürfen.
Suchen wir nach anderen beispielen , so werden wir unser
äuge natürlich vorzugsweise auf die dichter richten müssen, die
volkstümlichen einfluss auch unzweifelhaft verraten, aus der blüte-
zeit sind das vor allen Wolfram und Walther. Wolframs Vorliebe
für volkstümliche epitheta, sein den volksdichtern oft nahe stehen-
der Stil, anspielungen auf die heldensage ua. beweisen genügend
dass er sich an der volkspoesie schulte, so findet man denn
auch in seineu epen unsere lyrischen formein so oft verwandt
wie schwerlich bei einem zweiten mhd. epiker. ich führe nur
fälle aus den ersten 2 büchern des Parzival an :
vil ungewent er des was 37, 30. vgl. zu H. 42, 14
e daz min ouge alrerst ersiht 40, 16. vgl. zu M. 12, 39 und Kür. 7, 9
der aller wunder hat gewalt 43, 8. vgl. zu CB 165*
lieber dan sin selbes lip 54, 22
diu ist mir lieber danne der lip 94,6. vgl. zu M. 11,5. H. 43, 31
die sint vor missewende fri 62, 10. vgl. zu M. 12,36
si twanc iedoch sin minne 84, 2. vgl. zu CB 126^
Besonders auffällig sind zwei in erzählenden Volksliedern sehr
häufige formein , die eine in Wolframs Umgestaltung nicht ganz
siclier erkennbar, die andere eine Variation, die ihre formelhalte
natui schon durch Wolframs eigene widerholung beweist :
daz zöch er tizem buosem sin Parz. 51,15
Was zoch si ab irem haubet? ühl. 76, 10
Was zoch er ab seiner hende? Uhl. 76, 11. 80,4. 108, 10.
116, 14. 199, 18
Was zoch si auss irer schaide? Uhl. 76, 14
Was zog er ir abe vom finger? Uhl. 76 D, 6. vgl. 96, 3
vgl. auch ttas het er in seinem munde? Uhl. 132,20.
(der rote tder goldene ring, der an fast all diesen stellen folgt,
erscheint gfeich 51, 23 auch bei Wolfram.)
Ez was dennoch wol mitter tac Parz. 68, 29
dö rnhet ez dem mitten tage Parz. 95, 30
Und da es kam um mitternacht Uhl. 97, 8
Wol ml wol mnb die mitte nacht Uhl. 271,3
Do es do wart umb mitte nacht Uhl. 289,4
vgl. Des na-Jits, wol umb die halbe nacht Uhl. 99. 7
Wol hii umb halber initternacht Uhl. 107, 4.
228 ALTE DEUTSCHE VOLKSLlEüCHEN
Dass das nicht blofs zufällige auklänge sind, beweist die
aualogie zahlreicher hülischer miünefonriela imParzival: der hell
icas trnric unde frö 34, 30, dir eubiiUet minne unde gruoz 76, 23,
an den lac der gotes fliz 88, 16, in Mutet vaste ir minne 88, 25.
noch deutlicher zeigt sich die henutzung von höfischen liebes-
gedichten in der stelle von der turteltaube 57, 11: das bild ist
ein stück des internationalen fornielschatzes und findet sich pro-
vencalisch, allfranzosisch , altitalienisch (Diez Poesie der troub.
s. 236), altspanisch (Hart Blutenlese aus spanischen dichtem s.54)
und in deutschen Volksliedern (Uliland 116, 12 — 13. VVackernagel
Voces variae s. 51 str. 32) wie in dänischen (Talvj aao. s. 255);
der lyrische character des bildes ist klar. — so könnte auch zb.
35, 26 7m wünschet daz mans in gewer unter dem einfluss von
gedichlstellen wie die von ßurdach s, 30 o. gesammelten (späteren,
aber ebenso zb. N. 60, 6) stehen, und die überhaupt einmal not-
wendige Untersuchung über die Wechselbeziehungen zwischen epik
und lyrik der mhd. zeit würde sicher viel mehr derartiger remi-
niscenzen und benutzungen bringen. i
VVoltVani hat also lyrische gedichte in sein epos verarbeitet —
natürlich nur wo ihm eine eriunerung vorklang, die zur ein-
lugung gelegen war, wie er sonst eigene und anderer erlebnisst
verwertet usw. und so auch Volkslieder, die z. t. nur noch aus
den benutzten i'ormeln zu erschliefsen sind, zwei aber lekn
vielleicht noch heut fort, die er schon kannte, wie ahnlich ist
in einem seiner lieder das aulfallende bild 5, 20
wie bin ich sus iuwelnslaht?
si silit min herze in vinster naht
(vgl. Freidank 145, 19 iWä'/t dimket er si iuwelnslaht
sioer vür den tac nimt die naht)
mit dem bairisch- österreichischen tanzliedchen
Die Liab es not blind,
Denn si siacht wie an Ahi;
Ba der Nocht findt sies Fenster
Anni Licht ohlewal (Firmenich n 741% variarte ni 737');
lerni'r wit; erinnert im Parzival die stelle 185, 1 IV
dti heinie in min selbes hüs
da Wirt gefreut vil seilen müs,
wan diu müese ir spise stein
an den rheinischen scheltvers
Ilie cm Haus es groatc Noath,
' sein liauli« sind die luiiuicfunnelu zl». in Kuinacis Ileizinälire.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 229
Hie hongert de Maus em Broadschoap doad (Firmfiiiich
I 42 1'*; ein contrast dazu das alte Sprichwort
Man siht vil selten richez hüs
Ane diep und dne müs CB cciv 18. Freidank 141, 15;
die Zusammenstellung von dich und maus wie hier Freid. 47, 18,
vgl. auch Haupt zu Neidhart 84, 30). die zweite stelle entstanmit
einem jener sehr alten umzugsliedcheu , die sich schon griechisch
fast ganz wie deutsch finden, und hätte ihr seitenstück an den
spottversen , die Neidhart verarbeitete; und so hat Wolfram, wo
er Neidhart erwähnt, ähnlich in neckischer weise dessen unauf-
hörliches anrufen seiner freunde in den ersten vers gebracht: er
begnndez sinen friunden klagn Wh. 312, 14 — vriunt nü hceret
mine klage N. 94, 5. vgl. N. 52, 14. 58, 38. 65, 26 ua. — der
erste fall aber stände bei Wolfram wol auch nicht allein, so
hat schon Lachmann 'einige von Wolframs kühnsten bildern',
die Ulrich von Türheim auch habe, auf die Volksdichtung zurück-
geführt (s. Scherer D. st. i316 anm.) und Uhland zweifelnd das
gleichnis von der elster im eingang des Parzival mit str. 10 und 12
des TraugemundsHedes verglichen (Sehr. lu 193. vgl. MSD" 490).
so stimmen in der annähme, der dichter des Parzival habe Volks-
lieder in sein grofses werk eingeschmolzen , der grüste kenner
der mhd. dichtung und der groste kenner der deutschen volks-
poesie überein. —
Bei Walther finden wir weniger, seine scheltlieder auf Ger-
hard Atze udgl. klingen nicht sehr volkstümlich und scheinen
mehr der tradition jener bestellten schellgedichte der spielleute
(Benecke und Lachmann zu Iw. 7162. Haupt zu Neidhart s. 134.
Wackernagel LG 43, 19) anzugehören als der der rauferliedchen ;
besonders verursacht die Überladung mit fremdartigem beiwerk
(82, 19 f der vergleich mit dem äffen und dem guggaldei) diesen
eindruck. aber in 18, 15 erinnert der schluss an eins der be-
kanntesten unter den noch jetzt umlaufenden volksliedchen der
baiuvarischen bauern:
zuo flieze im allei^ swlden ßuz,
niht wildes mide sinen schuz,
sins hnndes lonf, sins hornes dnz
erhelle im und erschelle im wol nach e'ren.
A Pixadl zan Schiassn
Und an Hutitadl zan Jogn
(Und a Diandel zan Geadnhohm)
230 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
Dos mus a Pua höhn (Firmenich ii739''; Varianten 749\ 78r
unti, etwas weiter stehend, ni396''; Pogatschnigg-Hermann
I 1553; Imnierniann Andreas Hofer, Werke xvi 513).
Hätte Walther wiirkHch dieses liedcheu in sein dankgedicht
verwoben (erhelle und erschelle waren wol das zweite reimpar
des Vierzeilers), so könnte dieser anklang an ein allbekanntes
volksliedchen sein gedieht besonders populär gemacht haben,
worauf das vorkommen des stolzen Missenaere (18, 16) in einem
unechten Neidhart (217,11 s. Haupts anm.) hindeutet, nun hat
auch diese stelle Walthers Uhland (Sehr, m 250 anra. 327) auf
eine alte formel zurückgeführt, eine entsprechende fluchformel
ebend. 275 : . . ., dass ihm seine xoinde und vogelhunde erwülen; dass
ihm nie ein Jagdhund auftreibe . . ., dass ihm beim jagen sein Wald-
horn nicht schalle . . . dass heil ihn verlasse bei all seinen ge-
schäften (dort an der spitze: zuo ßieze im aller sadden fluz),
wozu Uhland s. 276 noch andere analogien stellt, vgl. ferner
Freidank 128,6:
des Wien vluc, des schiffes vluz,
des slangen sluf, des donres schuz —
und besonders Helmbrecht 684 f:
ze icunsche im daz erste jdr
sine Segelwinde duzzen
und siniu schef ze heile fluzzen.
diese stelle des Meier Helmbrecht zieht Lucae (Zs. 23, 94) zur
beleuchlung des Weingartner reisesegens heran. und dieser
oder ein ähnlicher uralter spruch liegt ja vielleicht auch Walthers
Spruch 20, 31 zu gründe (vgl. oben zu H. 53,37). zur beurteilung
der Wahrscheinlichkeit muss noch herangezogen werden dass na-
mentlich Hartmann unzweifelhaft widerholt formein , er allerdings
mehr solche juristischer art, in seine gedichte aufgenommen hat,
so eidformeln Iw. 7925 f und bes. Büchlein i 14221", eine segens-
formel Iw. 5987 f; Walther hat solche reisesegen umgedichtet
(24, 181) und einzelnes der art hat sich ja in ungebrochener
tradition bis auf unsere tage erhalten.^ —
Ein weiterer fall der Verschmelzung eines noch lebenden
liedchens scheini in einem gedieht von ebenfalls unzweifelhaft
volkstümlichem gepräge vorzuliegen. Freidank (zweite ausgäbe
104g und folgende) heifst es:
* römische (lichter heniitzcn sacra carmina Corssen Origiiics pocseos
ronianae s. 1)8.
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 231
wcere der himel fermit ...
und alle Sternen pfaffen . . .
si künden tiiht geschriben
daz lounder von den wihen,
unil ein volksliedcheii lautet:
Und loenn der Himmel Papier loär
Und alle Sternlan a Schreiberheer,
Si schrieben doch nia zu End\
Wia die wahre Lieh' glüeht und brennt (Pogatschnigg-
Hermann i 329).
nun ist der erste vers allerdings eine ungemein häufige formel
(Germ, xvii 128 und was Bartsch dort anführt, RKohler Orient
und occ. ir 544 — 59, ferner Anz. ix 404; auch in lat. dichtung
hei Walther von Chatillon s. Francke Zur geschichte der lat.
schulpoesie des xii und xiii Jahrhunderts s. 48), aber die genaue
ühereinstimmung auch der zweiten zeile ist doch kaum zufällig.
Eine genaue durchforschung dieser gedichte ergiht sicher
noch manches der art. so mag es zufall sein dass Wolframs
werte Parz. 281, 12—14:
von sneioe vms ein niwe leis
des nahtes vast üf in gesnit.
ez enwas iedoch niht sne'wes zit
an den anfang eines Volksliedes erinnern :
Es ist ein sehne gefallen
und ist es doch nit zeit ühl. 44, 1,
aber die darauf folgende scherzhafte nennung von pfingsten als
Zeitangabe klingt an die volkstümliche spottfrist 'zu pfingsten
auf dem eise' an.i und dies uralte vertrösten auf unmögliche
termine (ühland Sehr, in 216 anm. 176, über das alter der tra-
dition daselbst 213 f) ist noch jetzt im volksmund z. t. mit den-
selben ausdrücken beliebt (vgl. Pogatschnigg- Hermann i 87 f.
378 — 83. 1379). der Tannhäuser hat das analoge motiv der
unmöglichen bedingungen (MSH ii 90 f vni str. ii, das ganze lied ix
und ebenso x) unzweifelhaft aus der gleichen gewohnheit des
Volkslieds (vgl. den Wechsel Schmeller Mundarten 556. Ubland
14 f und dazu ühland Sehr, m 213 f anm. 166 — 82, über des
Tannhäusers lieder speciell s. 215) und des märchens geschöpft,
so sind die fälle ungemein zahlreich, in denen mhd. dichter und
* dasselbe Volkslied hat merkwürdiger weise auch Goethe verarbeitet
Gedichte hg. von GvLoeper ii 131, vgl. ebeiid. 397.
^32 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCIIEN
gerade volkstümliche ihre motive mit den noch gesungenen lied-
chen teilen, so die empfehlung der tougen minne wie MF 3, 12:
Liab'n liab'n
Ober hamla, ober hamla
Do hamlane Liab
Is süass namla, namla (Firmenich ii 78r. TSö*". Pog.-
Herm, i 620 citiert ehend. ii 752) und in dem
von Scherer (Anz. i 205) mitgeteilten Kärntni-
schen liedchen (Pog.-Herm. i 34);
so das siffeln der mädchen wie N. 18,27:
Anna Babali lopf de Fuess
Wenn i mit der tanza muess (Firmenich n 664" ; andere
heispiele Schmeller BWß- i 1175 = Mundarten
532. I 1191. n467. Firmenich m544'');
so das zwieren wie N. 22, 16:
Und sie hol jo schon Öfta
Herblinzelt auf mi (Firmenich n 728'', ein anderer
fall ebenda ii 799) ;
das aufessen vor Hebe wie N. 41,25. 42, 39, das erste veilchen
wie in vielen unechten Neidharteu usw. aber in all diesen fällen
können wir directe benutzung alter volksliedchen nicht beweisen,
so wahrscheinlich es auch ist dass gerade diese die motive den
kunstdichtern übermittelten; und, was für unser thema noch wich-
tiger ist, wir können das alter der Vierzeiler hier nicht so hoch
annehmen , w eil kein directer anklang die möglichkeit ganz neuer
formulierung des alten motivs hier ausschliefst. —
Dagegen bleiben zwei höchst merkwürdige fälle zu besprechen,
in denen die noch umlaufenden liedchen ein höheres alter zu be-
sitzen scheinen , als ihre uns erhaltenen entsprechungen in mhd.
form, und in denen dann also wider älteste deutsche volksliedchen
vorlägen.
Noch jetzt nämlich bewahren die schnadahüpferl die aller
ursprünglichste gestalt des tageliedes:
Meini Ilohnla than krahn,
's is da Tog nimma iceid:
Liabs Derndal, hiaz war's woll
Zan Hoamgehn schon Zeid (Firmenich n 776''),
nach welchem sicheren beispiel wol auch ein zweites liedchen,
das sonst (wie das lied in Nesselmanus Dainos s. 75) nicht gerade
als tagelied aufgefasst zu werden brauchte, so zu verstehen ist:
Kräht schon wieda da Hohn,
Wos dos Toikelsvieh honnl
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 233
Hon Tili kam ainölögt,
Muess i loieda davon (ebenda 718". vgl. Pog.-H. i 1121,
auch 1122. 1139; aüders 1466).
denn diese form entspricht genau nicht nur der eines wendischen
tagehedes:
Bei der Liebsten hob' ich gelegen.
Bei der Liebsten hab' ich geschlafen;
Wie der Bahn hat gesungen,
Bin ich nach Hause gegangen (vSchulenburg Wendi-
sches Volkstum, Berlin 1882, s. 153),
sondern auch der chinesischer tagelieder:
'Horch, der Hahn hat schon gekräht,
Zahlreich strömt es schon zum Schlosse!'
'Nein, der Hahn hat nicht gekräht usw. (Morgen-
ländische anlhologie von EMeier, Hildburg-
hausen 1869, s. 33; lateinisch nach Lacharme
mitgeteilt von Scherer Auz. i 203).
oder: Sie sprach: es kräht der Hahn!
Er sprach: noch ist es Nacht,
Der Tag noch nicht erwacht.
Steh' auf, sprach sie, und schau!
Der Tag ist nicht mehr fern.
Schon kommt der Morgenstern!
(Meier aao. s. 14. diese analogie macht vollends klar, was von
vorn herein sicher scheint, dass Burdach s. 77 anm. 25 mit un-
recht die dialogische natur des von Scherer aao. citierten ersten
beispiels läugnet). natürlich soll damit nicht etwa ein urzeitlich
indogermanisch -mongolisches tagelied statuiert werden, sondern
dies moliv ist ein so ursprüngliches, überall nahe liegendes (wenn
auch Vilmar Handbüchlein für freunde des deutschen Volksliedes
s. 161 sonderbarer weise die Situation ihrem Ursprünge nach
nicht deutsch, sondern wälsch, romanisch nennt), dass es an
allen orten sich von selbst ausbilden muste (so auch Burdach aao.).
so hat denn auch Bartsch die provenyalischen albas gewis mit
vollem recht auf Volkslieder zurückgeführt, gegen die merk-
würdigen ansichten in Vilmars sonst trefflichem büchleiu wie es
scheint direct polemisierend (er nennt sie nicht, widerspricht
ihnen aber nahezu wort für wort) sagt er: 'die Situation, die
sie (die alba) schildert, ist nicht erst durch den ritterlichen frauen-
dienst erschaffen worden: sie konnte an sich sehr wol auch
gegenständ des Volksliedes, und sogar einer bestimmten gattung
Z. D. F. A. XXIX. N. F. XVII. 16
234 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
des Volksliedes sein' (Gesammelle vortrage uud aut'sätze s. 254);'
einer namenlosen alba soll ein würkliches Volkslied zu gründe
liegen (ebenda 256 anra. 5). und Scberer bat die alba aus den
doch sicher volkstümlichen tageliet des Wächters hergeleitet (D.
St. n 491), und diese entstehung wäre natürlich in Deutschland
so gut denkbar wie in Frankreich, das deutsche volksliedchen
vertritt aber (wie das wendische) mit seiner rein epischen hal-
tung sogar eine noch ältere stufe der entwicklung als die chine-
sischen , die (wie die höfischen tagelieder sammt ihren fort-
setzungen in der volkspoesie) den Stoff schon mehr dramatisch
anfassen, sowol in der form des Zwiegesprächs als durch die
eingeführten retardationen. — halten wir neben dies denkbar ein-
fachste und altertümlichste deutsche liedchen das gedieht Heines
Ich lag und schlief und schlief recht mild (Buch der lie<ler" s. 32)
und besonders die schlussstrophe:
Und wilder noch umschlang sie mich,
Und tat mir fast ein Leid;
Da kräht der Hahn — und stumm entwich
Die marmorblasse Maid,
so haben wir ausgangs- und endpunct der deutschen lyrik an-
schaulich neben einander und können fast auf einen blick ihre
ganze entwicklung übersehen (ein anderes modernes tagelied
mit dem hahneukrähen, ebenfalls auf volkstümlicher grundlage,
ThStorm Gedichte" s. 184 — und auch Goethes wunderbare bai-
lade Die braut von Korinth gehört ja hierher). —
Aber geradezu ein stück indogermanischer dichtung ist uns
vielleicht in einem anderen lied erhalten, vielmehr in mehreren
liedchen, die mit geringen abweichungen dasselbe uralte moliv
behandeln , das des mädchens mit den drei liebhabern :
Ana winkt ma mit'n Augnan,
Ana tritt mi an'm Fuass,
Aiia zupft mi a'm Kidal,
Der an schickt ma an Gruass (Dog.-Herm. ii 803'-,
vgl. CB 116^ und besonders VVunderhorn i 148).
man sieht dass hier auf die liebhaber übertragen ist, was ursprüng-
lich von der geliebten erzählt ward, s. Wackernagel Allfranz, lieder
* diese worte widerlegen zugleich auch die argumeute der Talvj
(aao. :i56) gegen den volkstümlichen Ursprung des wächtcriicds. — mit
den kiltgängen verglich die Situation der tagelieder richtig schon Waidau
Altböhniische minnepoesie s. 1!).
ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN 235
und leiche s. 239 anm. und Zs. 6, 292 f, RKöhler Germ. 6, 306
Wackernagel hat das auch in der provencahschen und deutschen
kunstpoesie behandelte motiv bis in die altlateinisclie dichtung ver-
folgt und von dort, wie er es gern tat, entlehnung angenommen,
die an und für sich unwahrscheinlich ist. an entlehnung wird aber
nicht zu denken sein, wenn wir das motiv in vollster deutlichkeit
auch in der indischen poesie trefl'en (Meier aao. s. 33. Böthlingk
Indische Sprüche, in einer blüteniese hg. von seiner Schwester,
Leipzig 1868, s. 108). ja wir finden auch in der indischen
poesie die anwendung dieses motivs auf den liebhaber (Gila-
gowinda übersetzt von FRückert, Zs. f. k. d. morgenl. i s. 135
Str. 44). so nahe liegt auch dasselbe im gegensatz zu dem des
tageliedes nicht, dass es überall in gleicher weise hätte entstehen
sollen, vielmehr wenn in der indischen fassung nahezu wörtlich
so wie in der provencahschen an die erzählung die frage ge-
knüpft wird, wen nun wol die frau am meisten liebe, so legt
das die Vermutung nahe, dass schon in der ältesten zeit dieser
Spruch einen teil des episch-gnomischen Schatzes bildete, aus dem
sich in der dichtung und gerade der ältesten und volkstümlichen
dichtung aller indogermanischen Völker so viel erhalten hat, dass
es gar nicht unmöglich scheint, einen beträchtlichen teil dieses
Schatzes durch vergleichung wider auszugraben (ein beispiel: Rig-
veda 8, 33, 17. 10, 117, 1— 6 = Hävamäl 84 s. Zimmer Alt-
iudisches leben s. 342). ganz gewis hat dies stück, halb fabel,
halb rätsei nichts in sich, das es von jener zeit ausschliefsen
müste; und es wird noch heut gesungen!
So entstammen diesem Vorrat an Weisheitslehren ja auch
zum nicht geringen teil unsere Sprichwörter, noch heut in
vollster kraft, und wie in der spräche des alltagslebens so von
der poesie, mehr freilich der des volks als der kunstdichter, be-
wahrt und fruchtbar, aber auch würkliche lieder schon vor der
Sprachentrennung sind unzweifelhaft (Pictet Les origines indo-
europ6ennes m 200: 'Nul doule que les anciens Aryas n'aient
eu des chants populaires'); sogar ein indogermanisches metrum
hat ja Westphal höchst wahrscheinlich gemacht. ^ inhaltlich werden
diese lieder neben der gnomik und dem spott und lob das ent-
halten haben, was alle älteste poesie ausmacht: 'sterbelied und
* ansätze zu einer veigleidienden metrik schon bei Rask-Molinike
Verslehre der Isländer s. 38 anm.
10*
236 ALTE DEUTSCHE VOLKSLIEDCHEN
kriegsgesaug , schlacht- und grablieder, hislorische lobgesänge
auf die väter und an die väter' (Herder vii 18 vgl. Talvj 55:
'liebe, siegesfreude des kriegers und die huldigung der gottheit'
— aber so alte liebespoesie ist wider zweifelhaft), dasselbe also,
was Müllenhoff der alten chorischen poesie zuschreibt, kaum
wären auch niythen und sagen, wenn nicht so bewahrt, bis auf
uns gekommen, und so, wie man auf vielen puncten schon
den Indogennanen zugewiesen hat, was man sonst erst als lange
nach der sprachtreuuung entstanden anerkennen wollte, hätte
das urvolk vielleicht schon alle die gattungen der poesie besessen,
die allein man den alten Germanen zugestehen wollte, ob aber
würklich und in welchem umfange dann dies der fall war, wie
weiter mit der Individualisierung der sprachen zugleich epik und
lyrik aus den keimen sich entwickelten , das wird einst vielleicht
die vergleichende poelik so sicher nachzuweisen vermögen, wie die
vergleichende Sprachwissenschaft jene absonderung der urdialecte.
Berlin. RICHARD M. MEYER.
ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS
WELTCHRONIK.
Eine kleine Studienreise, die ich in den abgelaufenen ferien
nach Olmütz unternahm, führte mich auch nach Mährisch- Weifs-
kirchen, ich wollte im archive dieser Stadt einige actenstücke
einsehen, die nach allem, was ich über dieselben erfahren, für
die geschichte der schwedischen herschaft in Mähren grofsen loert
beanspruchen mnsten. von der gemeindekanzlei , wo die acten
fehlten , an die kanzlei des k. k. Staatsgymnasiums verwiesen , fand
ich in der tat dort einen kleinen fascikel von Schriften aus der
bezeichneten zeit: dieselben besitzen jedoch nur für die local-
geschichte einige bedeutung. aber ehe ich noch die acten in den
Händen hatte, wurde ich eines neben denselben liegenden buches
gewahr , das in pergament gebunden und auf den aufsenseiten des
einbanddeckels beschrieben war. dies buch, ein geographischer hand-
atlas aus dem \1 jahrhindert , befand sich ursprünglich im besitze
der Mährisch - Weifskirchner pfarre. mit erlaubnis des directors
hm Kiefsling löste ich den einbanddeckel von dem atlas, befreite
das pergament von einer anzahl angeklebter , bedruckter blätter aus
ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS WELTCHRONIK 237
starkem papier , und säuberte es von seinem schmutze, alsbald trat
die Schrift deutlicher hervor und es zeigte sich dass sowol auf der
äufseren als auch auf der inneren seite des pergamentumschlages
verse standen , von denen die letzteren naturgemäß viel besser er-
halten wai'en. das pergament selbst, wie es zum einbände bemitzt
wurde, bestand aus zwei blättern in fol., die der breite nach an
einander geklebt waren, unser 'erstes blatt', welches den vorderen
teil des einbanddeckels bildete, hat eine höhe von 29,5 cm. und
eine breite von 23 cm., das andere eine höhe von 34 und eine
breite von 22 cm. von dem ersten ist die äufsere seite natürlich
mehr beschädigt, als die entsprechende äufsere seite des zweiten:
so ist die letzte zeile, wo das blatt eingebogen war, unleserlich
geicorden, und auch rechts und links, da wo sich der einbuy be-
fand, sind einzelne partien sehr schadhaft, wiewol das zweite
blatt, da es die untere seite des einbanddeckels bildete, besser
erhalten ist, so sind doch auch hier (auf der äufseren seite)
3 Zeilen ganz und einzelne teilweise unleserlich geworden, die
rechte ecke des zweiten Mattes ist übrigens stark atisgerissen und
auch links findet sich eine gröfsere beschädigte partie.
Beim ersten anblick, als noch die beiden blätter an einander
Mengen, schien es, als seien sie einer und derselben hs. ent-
nommen, an der zwei hände geschrieben hätten, bei näherer
prnfung zeigte sich jedoch dass das erste blatt aus feinerem, das
zweite aus viel gröberem pergament bestehe, zwar sind beide
blätter auf beiden Seiten mit je drei reihen von versen beschrieben,
aber jede columne des ersten blattes enthält 45 zeilen, jede des
zweiten 52. endlich sind auf dem ersten blatte alle initialen (z. 1 2.
58. 90. 120. 166. 213. 241) rot, während auf dem zweiten die rote
färbe mit der blauen (z. 19. 77. 103. 155. 209. 237. 271) loechselt.
die Schrift gehört nicht blofs zwei verschiedenen händen, sondern
auch zwei ganz verschiedenen Zeiten an ; die des ersten blattes wird
man unbedenklich in die 2 hälfle des 13 bis in die erste des
lAjhs., die des zweiten dagegen in die zweite hälfte des 14 bis
in die erste des \^ jhs. zu setzen haben.
Über die herkunft der beiden fragmente kann eine anweisiiug
auskunft geben, welche an die oben erwähnten papierblätter an-
geklebt war. sie ist vom 23 wär^s 1638 datiert und von der cliiir-
lurstlicheu rentstuben Straubing ausgegangen, darnach ist wol
der einband zu dem atlas in Straubing angefertigt , bezw. sind die
238 ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS WELTCllUOINIK
beiden pergamentbldlter daselbst den hss. entnommen und zu ein-
banddeckeln vericendet worden.
Da mir hss. der Weltchronik nicht zu geböte stehen, so be-
schränke ich mich auf einen blofsen abdruck der blätter. die hin-
weisungen auf Vilmar hat mein College pro f. Strobl beigefügt , der
auch die brnchstücke mit der abschrift noch einmal verglich, xoas
in der hs. unleserlich blieb, ist durch puncte bezeichnet, zweifel-
haftes cursio gedruckt.
Czernowitz, Januar 1884. J. LOSERTH.
Erstes
V
(lullte sie doch uiht geuflg
und sie twaog mit frecli^ haut
in ir gevvalt d^ more laut
und twäg darnach mit krefte sa
5 die künegriche in India
.... sie ir diente sund^ twang
die nieman ,e. vor ir betvvang
noch sid^ läge doch twang sie sit
mit sin kraft, bi siner zit
10 der kftnec Alexander
und nöme dekein ander.
Semiramis die riche
begüde kreftecliche
in gevvaltes kraft uf stigen
15 sa daz ir mflsten nigen
alle die lät die ir gelegen
waren, manege riche degen
twang sie mit kraft T ir gcwalt
.... iefson einen forsten halt
20 treib sie vo dem lande sa
der was geheizen Trebea
den mahle ir kraft gar ane w^
. . . a gar. daz er ir über mer
kume und flflhtecliche endrau
25 Trebea der wise man
19 luc/i im pcrgamcnt.
blatt.
quam üb^ m^ in dise laut
und liez sich nid' sa zu hant
zu der nuisele shiere
ein haubetstat zu Triere
stifte d^ edele werde man 30
und leite groze fliz daran
als da noch hude disen dag
shinet als man pruue mag
da nach an einem palas
. . . riche unde also veste was 35
daz ien noch nieman künde
wie viel man is begunde
mit kunsten breche noch mit
kraft
... ine grozen herschaft
. . . dirre forste . plag hievor 40
ringmure . brücke . bürge . dor
. . . iget mit gewalt alda
. . . ele furste Trebet.
. . . slat do uande
1»
in gallia dem lande 45
Triere nach de namc sin.
Semiramis die künegin
höhte kiinegliche
in assiria dem riche
ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS WELTCHRüiNIK 239
öORabylonie die haubetstat
die hatte gestiftet und gesät
d^ godes v^worre(?) Nemrot
die slat sie vesten gebot
mit plasl^ und mit ziegel
55 den landen zu einem spiegel
die da zinsten ir haut
und d^ sie vrauwe was genat.
Der stat iTgmure die drume gieg
und Babylonie ünie vieg
eowas.alse uns die warheit seit
an dicke füfzeg claft^ breit
und zwei büdert claft' hoch
au stat an wite sich gezoch
daz sie vier hudert stadie wit
65uude ahzeg in alle sit
daz ich mit warheit prüve wil
als maneges rosselaufes zil
mit hundert porten eriu
sach man sie wol beslozze sin.
70 uü vestechche verspart
mit guten durnen wol bewart
was sie unde wol zu w^ besät
an dem durue lag die stat
den die gesiebte von INoe
75 davor halte gestiftet .e.
durch die veste en mitte floz
Eufrates daz wazzer groz
und mahle vil riliche
die stat an gute riebe
80 daz iz mit kaufe dan und dar
driig d^ stat zu nutze gar
da vö sie sere richete
dekein veste ir glichele
an hoher wer an richeit
85dis mäste als die sbrift üs seit
in asia vil gar die laut
dienstes sin al dar benant.
kraft
r
da plag des landes hershaft
Semiramis die riebe 90
ier dage stedecliche
in ir mütwillen swebte
zu aller zil sie lebte
darnach als sie gedachte
ir willen sie furbrahte 95
noch fürbaz dan sie solde
swaz mütwillen sie wolde
mit ir selber enden ie
vil deine sie des ie verlie.
Sie kerte ie alle ir sinne loo
nach mülwilleg^ minne
mit gerndes h^tze gernd^ kraft
au minne. an mannes frütschaft
un latte in mine gernder gir
durch fruntshaft manne vil zu zir loa
unde wart doch uievü minen . . .
baz an ir mütwillen st . . .
daz sie da nie gefügte
daz sie ie genügte
des ir von mannen geshach iio
swelcb mau ir willen was zö
svvacb
uü mit geselleclicher pliht
ier künde wol diene nibt
d^ niüste bau v'^lorn den lib
. . . lebte 115
vil gar mütwillecliche
unde ir laut in ir iaren
mit ien verichlet waren.
Zu lest erslög sie Nin , . 120
d^ ir sou von arte w . .
durch daz sie ien wolde . . .
mit unwiblichen dingen
daz d^ degen ellenlhaft
sich hafte in ir geselleshaft 125
240 ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS WELTCHRONIK
sa daz er bi ir lege
linde valslf minne plege
mit ir alse er niht solde
da er des niht enwolde
130 sie wolde ieme han geuo . . . c lib
dar . . t . das shuldehai" . . w . .
agen . .
2"
in dirre zit . in disen dagen
lebte daz lut sa sere
135 nach vehelicher lere
unmenshlicher wid^ gole
und wid^ d^ uature geböte
daz wib noch man noch nü noch
wib.
.. ar.noch meit.des andern lib
140 da vone erkäte man noch wib
noch dekeines meshen lib
w^ ieme zu vat^ were erkorn
deme iz zu kinde wer geboru
niemanne was zu rehte erkät
145 w^ iem zfi mage wer benant
M) den shulde . umme daz
küde ir dekeinen furbaz
reht . und uature leren
von liebe ein menshe eren
ISOl'flr daz and^ solhe sile
. . . te do den luden mite.
ane die ebreischen diet
der leben sich von ien allen shiet
mit reht"^ wandelüge . do
155 diz uf al der erde also
unde in den kuuegricben da
hie vone wart do zi Sodoma
unde in Gomorra ffir braht
unde wid^ d^ nature erdaht
leodie unmensliche sunde
da vone inz abgrunde
166 nimar .v. 67. 194 fehlt
god die stede erdraucte
v\larbte ufi versande
in den ewegen dot
d^ iamer wHe in wernd'' not. 165
Nach den beilege shriften
vvilich den meren stifte
zwa stede edele und riebe
dar zfi gewaltecliche
uffe al der erden alle laut 170
dienstes mosten sin benant
d^ wirt die eine godes stat
die vestecliche unde wol besät
wirt an disen meren
mit den godes burger . . 175
. . sint semis nacbk . . en
uz den allen ist genoi . . .
2"
phalecb in d^ shidunge zit
und nach iem sin gesiebte sit
alse uch ir name genenet sint ISO
nach dem Tare und sine kint
Habraham der reine
und die köue alle gemeine
die do und nach den zide gar
sin nachkome die fruht gebar. 185
alse uch noch wirt b'nach geseit
die stat was an edelkeit
die ricb^ . unde an hershaft
die mlder . dänoch an ir kral't
unde wart doch sit die berrei'JO
swie hiene were die merre
die ich der werlde stil'ten wil
die do . uud nach d"^ iare zil
mit grozer küneglich^ kral't
waren unde hiezen 195
unde sich da nider liezcn
in hcidenshe riebe
die nenne ich alle gliche
ein vers.
ZWE[ BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS WELTCHRONIK 241
der werkle bürgere
200svvaz voü den hie die mere
saget daz sint die biwege
en neben d^ rechte mere plege
die uns hie sohl bimeren
vd den godes bürgeren
205 lür sich Cf rehten mere ban
die mit ir meren hebent an
unde hiene volget uffe ir phat
die vö d' werltlichen stat
unde vö ir bürgeren seit
210 ir mere in rehter warheit
alse uns von ien die mere seit
die shrift gewisser warheit
An disen meren der ich han
begünen unde her gedan
2l5rehte in rehter rihte
aue umekreiz mit sHhte
han ich kurzliche her geseit
aue vals die warheit
mit kurze werten uz gesniten
220 unde al die ümerede v^miten
da von die mere lenget sich
d^ kurzen flize ich g^ne mich
daz des de bald^ vollenbraht
weren alse ich han gedaht
225 die mere die ich dihten wil
d' rede wurde anders gar zu vil
che ich darnach ich sulde
gar voilesagen wulde
die mere die mit warheit
230 die beilege shrift darlne seit
doch kome ich alse die warheit
seit
ie uf die zil der warheit
daz man da bi doch wol v^stat
welch ende ein ieslich mere hat
vö den ich hie sprechen wil 235
zwa werlt d"^ urhab . und (T zil
iian ich nü gedihtet hie
kurzliche und doch rehte wie
god ietwederre den urhab
von er gedahte un ende gab. 240
Wie die dritte werlt be
sich mit dem name . .
daz iz auch ist ein werlt gena . .
daz wil ich machen uch bekat
unde uch zu warheit brlgen 245
wie un von weihen dingen
die zit . un undircheit . d^ frist
daz ein werlt geheizen ist
ein werlt heizet in ir meren
daz wil ich uch beweren 250
swene al der w^lde shipph^ go.
und sin godelich gebod
wolde mit nuwen sachen
d^ wMde ein nuwez machen
daz . e . vö den ziten nie 255
geshach . noch . e . davor ergie
daz hiez die shrift ein w^lt ie sa
Uli eine wädelüge als da
god d^ werlde alrest began
und mit adame deme ersten man 260
geshüf . al der mensheit
ir urhab als die shrift üs seit
daz . e . da vor nie was geshehe
noch befunden . noch gesehen
uz wedeg godes wisheit nie 265
wieg... nach d\ da die zürgie
eil . ... d"^ stifte mit Noe.
213 Fihnar s. 66.
242 ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS WELTCIIKOINIK
Zweites
V
. . . den berc was kome
. . . ie warheil han v^uÜDie
. . eo ob im geswinde
zwei . un virzic kiade
5 die ruften in spotliclieo an
ganc uf ganc iif h' kalw^ man
do er des spottes sich v^san
fluchen er in do began
zehant do der fluch geschach
10 zvvene bern man kume sach
von den wurde (so) an undMaz
die kint z^zerrit un gaz
helyseus der vil gute
der was in gotis hüte
15 uü quam gegangen da bi
ubir den berc carmeh
un quam zu samaria als ich las
wan do sin wonüge was
Do Josophat der gute man
20 von dem ich e. geseil hau
gerihtet . Juda vur war
daz kunicriche ahzehen iar
do wart Joram d^ w\le helt
in IsrP zu kunige erweit
25 achabes sun nach ochosia
sinem brudir der von im da
rillte das kunicriche
wil gewaltecliche
Joram der lebte widir got
30 Uli widir der e gebot
als der kuuic Jeroboam
davor hate getan
sines vatir abgot Raal
(laz z'brach er an dem mal
35 un siner nmlir frön Jesabel
1 IV Hvff. 2, 23, .y. l'ilmar s. 35.
blau.
doch lebter widir siner sei
nu betten bi den ziten
einen kunic die moabiten
der was geheizen mesa
der muste von sime lande da 4U
den kunige von israhel geben
zins für sin gut uü für sin leben
er gab zins den ich iu wil
nemeu hie an disme zil
hundirt tusint wid^ uz erkorn 45
Uli also manic schaf unbeschorn
die rauste er iergelich geben
biz daz achab vMos sin leben
do enwolde er sie nit me geben
er wolde e vMiesin sin leben 50
do daz if kunic Joram v^nam
in sulchen zorn er quam
daz er von sime lande
die besten do besande
un wart mit iu zu rate 55
Ome diz dinc vil drate
vie er moab in kurzer stunde
der kuuic ubir wunde
er woklis groz laster hau
sol im der zins abe gan 6o
der sinem vatir wart gegeben
ez muste e kosten sin leben
er besaute sich vil wite
un sante ouch an der zile
fime helfe zürne kunige Josapliat G5
uTi hiez im sagen die getal
der sprach ez ist mir leit
ich bin zer helfe sin bereit
unsir mut un uusir gut
sal iem^ sin ein mut ein gut 70
1. 2. 3 fvc/i im per^unient.
ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS VVELTCIIRONIK 243
sie suln undir uns beiden
iem^ sin ungescheiden
ich kum im vil schire
Josaphat de fiere
75 der sande zume kunige edou
der quam ouch im uffe geltis Ion
Sus samenle sich m' groz^ mäht
das her. un füren siben naht
durch gar ein wustez lant
SOYdumea was daz genant
un was ane wazz* gar
des quam die mehlige schar
un ir vihe in groze not
wan ir lac vil von durste tut
85 do clagete Jorani der kunic du
uü sprach herre wie kumit iz so
daz du so gar ane wer
dri kunige mit richer her
in der moabiten lant wilt geben
90 un wir v^lisen unsir leben
der milte kunic Josaphat
der vant do einen guten rat
er sprach uns sol des ruchen
daz wir heizen suchen
95 ob nu in disen tagen
d^ gotis reine wissageo
die cheinir undir uns si
do sprach einer unsir ist bi
Heliseus der helyen
100 dem reinen wandils frien
wazz^ an sine hende goz
er ist ouch allis wandils bloz
Do gingen die kunige so zehät
do in helyseus wart irkant
r
105 un baten an der stunt
daz in sin helfe wurde kuut
do entwrte heliseus
dem kunige von isrP alsus
waz gat mich ane üme din clage
heiz dines vatir wissagen 110
un diner mut^ helfin dir
swa du vvil noch diner gir
durch den kunic Josaphat
wan er ein rehtiz h'ze hat
so wil ich tun waz er vvil 115
hiezent mir an disem zil
her gewinnen einen man
d^ suz gedone machen kan
der wart zehant dar zu im braht
von dem gedone saz v^daht 120
un von den nuten allir meist
heliseus daz sin geist
entluchtet u5 enzundet wart
daz er an der selben varl
in Seite gar die mere 125
waz in kuuftic were
gat hin uf des baches sant
do nu stet truchen lant
in des wazzers übe
do machet gruben un grübe 130
got sprichet ich wil an regensdo.
in geben wazz^s tiefen floz
darzu alles moabis lant
daz wirt stende in iuwer ha . ,
stete Uli bürge ane zal 135
die nemen von uch grozen . . .
iz w^deot von uch in disen lagen
ir bernden hollz abe geslagen
ir veizen ack^ w^dent bedaht
mit steinen gar von iuw^re mah . . 140
ir söde. un ir brünnen
die sie mit gruzen wunne^
tröken die w^denl vSvurfen gar
von iuw^re mehligen schar
sus seit in der wissage 145
morn an dem andern tage
fru an des morgens zil
244 ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS WELTCIIRONIK
so lies opfirs zil gelit
do quam ein wazzer ane zal
150 so daz die gruben ubir al
uTi die wege wurden vol
das liut daz e in leides dol
was daz wart nu alliz fro
daz diz geschehen was also
l55Nu waren an den ziten
die beiden moabiten
T
160. . eden mit freuelicher baut
. . u waz iz rehte an dem zil
. . 0 d^ sunne uf dringen wil
mit sinen liebten glesten
, ie sahen daz von den gesten
165. es wazzers floz do er quam
Uli von den b^geu nidir ran
gein des sunnen blicke
. . o dubte sie dicke un dicke
daz wazz^ rot uü blutvar
170 .. . sprachen wol uldWiende schar
. . sich undir houwen
. . wazzers ouwen
.... daz vellet so do her
vindin noch unsers h^zen ger
175. . e alle wut (so) odir irslagen
wir sulin gut al da beiagen
. . . kerten die Moabiten
. . . israbelilen
holde uf gewinnes Ion
180. .. . horten disen don
der kunige her do iz lac
vil balde iz sich zu strite wac
wan reble an den zitcn
do die moabiten
. . wände vindin ane wer 185
was daz israbelische her
. . . eitec Uli rittens an
tVeueliche . daz lutzel dan
der moabiten cbeiner quan
wander mit snellirflubt entran.l!»0
sie kerten nach in in daz lant
daz wart v^hert un v''braut
un swaz in mobte wesen leit
als iz der wissage hatte geseit
daz geschacb in alliz da 195
für die stat sie kerten sa
. . der kunic inne was
genas
.... manges bHes Sturmes not
. . . kunic sluc da sinö suu da 200
tot
do daz geschacb
daz ez daz uzer her wol sach
do twanc sie die erb^mekeit
un des kuniges h^zeleit
daz sie an ime sahen 205
daz sie in allen gaben
... da mite erten
hein kerten.
Do Josaphat tf gute man
zu JerPm widir quam 210
byeu nach des buches sage
daz sin helfe was bereit
de d'^ rehte geloube meit
uTi der die abgote mlnete me2l5
<lanne got odir gotis e.
diz buch seit hie furbaz
das bi den selben ziten was
157. 158 7i?ir einzelne Imchslahen zu lesen. 15i* i,'V/«s verwisclit.
KU locli. im jiei'^avient.
ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS WELTCHRONIK 245
ein wip die twauc groze not
220 von gelte do ir mau was tot
sie quam zu heliseo
uü reddete mit im also
herre höre mine clage
min man was ein wissage
225 uü vorhte zu allen ziten got
un hielt euch g^ne sin gebot
nu zerter in siuen tagen
so vil mit andern wissagen
daz er mit cheinir ahte
230 die coste vögelten mohte
sint daz er nu tot ist
so quam zu mir an dirre vrist
ein sin gelter daz ich im gebe
mine kint die wil er lebe
235 daz sie mit eigentlicher craft
im um' sin dinesthaft
Do sprach helyseus
zu der frouwen alsus
sage mir obe behalten hat
240 diu hus dicheiner slahte rat
do sprach die vil reine
in han nit wan ein cleioe
oleis do mit ich
etteswenne salbe mich
245 er sprach volge mime rate
ganc hin heim vil drate
bit ume nachgebure diu
lere vaz swaz der mac sin
heiz dine sune helfen dir
250un . . . sie nach diner gir
mit dem olei so du hast
nieman du dar zume last
besluz din tur an d' slunt
daz ez niemanne w'de kunt
255 daz geschach sie tet also
un was sin ouch von h^zen fro
251. 252 loch im pergament.
ir vaz die wurden alle vol
ez vveren buttichen odir dol
Uli was des oleis ouch nit me
von dem sie hatte gesaget e . 2ßo
2^
sie quam zu helyse.
uh sprach h're ez ist ... .
gesch
er sprach so gebut ich dir
ga heim an alle swere 265
und wer din geltere
vollecliche swaz du in solt
ez si Silber odir golt
daz andir habin dine kint
mit dir wan sie dir lip sint. 270
Ez quam also an eime tage
nach der worheite sage
daz heliseus quam gegangen
do er wart entpfangen
von eime grozen wibe 275
an wisheit uii au libe
was sie creftic un groz
sie spch . . s k . . . d , . gen , z
als heilige ich irkante nie
du Salt bi mir bliben hie 2S0
ich Uli min man wir wollen sin
Qmer noch dem willen din
bi ir so bleib er da
daz gute wip sprach sa
zir man wir suln im machen 285
mit gemelichen sachen
eine sundir kemeuaten
in der er beraten
werde alles des sin h'ze gert
des ist er bi namen wert 290
sus wart die kam^e im bereit
un dor in vil schone geleit
ein bette 'm(so) stul ein kerzestal
246 ZWEI BRUCHSTÜCKE AUS RUDOLFS WELTCHUONIK
ein tisch d^ wol ubir al
295 mit spise dicke wart beleit
do diz alliz was bereit
do bleib vil dicke da
der gute propheta
sin kneht der was im b . . .
300 der waz geheizen Gezi
ganc hin au disen ziten
sprach er zu sunamiteu
uü lade sie her ze mir
hiez mir enbieteu bi dir
ob ich dichein dinc tun mü . .305
daz ir zu frume od* zu ere
d . . . e
daz kint daz gie ze haut
ucz die sumiten vant
un sprach min hVe heliseus
der heizet dich fragen alsus 310
ob dir sin dinst iht muge frume
od^ sin rede zu staden kume
UNGEDRUCKTE LATEINISCHE OSTER-
FEIERN.
III AUS BAMBERG.
1) die erste feier fand ich in einem Troparium et sequenti-
arium s. responsoria et sequentiae auf der künigl. hibliothek zu
Bamberg (194 6//, m quart , Signatur Ed. v 9), aus der hibliothek
des Bamberger capitels stammend, dass diese pghs. dem \0 jh. an-
gehört, die feier somit älter ist als alle bis jetzt bekannten,
geht aus den icorten: Oltoni serenissimo imperatori a Deo coro-
nato, magno et pacifico uita et uictoria, Redemptor mundi, tu
illum adjuua hervor, welche sich fol. 46^ in der gröfseren litanei
finden.
Fol. 45":
Ad visitandum sepulcrum Presbyteri vice mulierum.
Et dicebant ad invicem Ouis reuoluet nobis lapi-
d e m ab h o s t i o m o n u m e n t i ? A e u i a , a e u i a.
Interrogatio angeli:
Quem queritis in sepulchio, christicole?
Responsio:
Jhesum nazarenum crucifixum, o caelicolac.
Fol. 45'' Econtra :
N 0 n est hie, s u r r e x i t s i c u t p r e d i x e r a t , i t e , n u n -
ciate quia surrexit de aepulchro.
Presbyteri :
Surrexit enim.
T e d e u m 1 a u d a m u s.
ÜNGEDRÜCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN 247
2) in einem Antiphonarium cum notis antiquis (pg-A*^, 128 t//.,
xnjh., signiert Ed. iv 2), ebenfalls aus der bibliothek des Bamberger
capitels stammend, steht die zweite feier. sie fällt in die matutin.
nach den üblichen 3 antiphonen, 3 psalmen , 3 responsorien (vgl. die
von mir Zs. 28, 119 — 129 veröffentlichten feiern ans Fritzlar und
Nürnberg) folgt (die hs. ist nicht paginiert) der satz:
Ad tumulum uenere gementes a. Et secum aromata por-
lantes a. Aügelum cliristi sedenlem in uertice saxi a. Vident
et factum uacuum corpore locum. Sed virtute pleruim. aevia.
Sodann:
Ad sepulchrum.
Quem queritis in sepulchro, o christicole?
a. Jhesum nazarenum crucifixum, o celicole.
R. Non est hie, surrexit sicut p redixe rat, ile,
nuntiate quia surrexit de sepulchro.
a. Venite et uidete.
a. Cito eun tes dici.
a. Surrexit dominus.
Landes.
3) auf der Würzburger Universitätsbibliothek fand ich unter
R. X 15 eine Bamberger agende von 1587, welche eine doppelte
feier enthält, eine Commemoratio dominicae resurrectionis in
sancta nocte und eine Visitalio sepulchri. da die bis jetzt ver-
öffentlichten agenden entweder mir die Commemoratio oder nur
die Visitatio oder zwar beide, aber die erstere ohne die sequenz
Victimae paschali und Christ ist erstanden (vgl. Milchsack Die
oster- und passionsspiele , Wolfenbüttel 1880, anhang i, ni, vi) ent-
halten, so scheint ein abdruck beider feiern, namentlich auch in
anbetracht der ausführlichen beschreibung , angemessen.
Der titel der agende lautet: Agenda Bambergensis, hoc est
Rituum Ecclesiasticorum secundum usum imperialis ecclesiae
episcopatus Bamberg. . . . Jussu et auctoritate . . . Domini Ernesti
Episcopi Rambergen, edita et promulgata. Ingolstadii ex ofücina
typographica Davidis Sartorii mdlxxxvii,
(p. 585) Ordo celebrandi commemorationem dominicae resur-
rectionis in sancta nocte.
Et haec quoque Dominicae Resurrectionis commemoratio ce-
lebrioribus seruit Ecclesiis. Unde aliarum Ecclesiarum, utpote
minorum et ruralium Rectores et Parochi , ex ordine hie descripta,
248 UNGEDRUCRTE LATEINISCHE OSTERFEIERN
aliquid sallem desuraere possunt, quod pro loci et personarum
illic convetiientium qualitate commodum fore iudicauerint.
übi igitur Corpus Doniini in Die Parasceues sepulchro impo-
situm, iude eleuandum est, sequens seruetur modus.
(p. 586) Circa horam noctis huius sacrae undeciniam, po-
pulus Christianus ad Sepulclirum Domini conveniat, Sacerdos
vero superpelliceo, stola et pluviali, seu cappa, ut vocant, cho-
rali indutus, e sacrario prodeat, versusque sepulchrum lento
gradu pergat, praecedenlibus ipsum duobus ceroferariis, unoque
et altero Clerico, similiter superpelliceato sequente. Ad sepul-
chrum ubi peruenerint, in genua procumbant, sicque coram
venerabili Sacramento sequentes duos Psalmos, flexis genibus,
deuote recitent.
Ps. ni Domine quid etc.
Gloria Patri, et Filio, et Spiritui (p. 587) Sancto,
Sicut erat in principio etc.
Ps. cxxxvni Domine probasti me etc.
Gloria Patri wie oben.
Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
Pater noster etc.
V. In resurrectione tua Christe, Alleluia.
R. Coelum et terra laetentur, Alleluia.
(p. 591) Oremus: Gregem tuam etc.
His dictis, aperiatur sepulchrum, fiatque thurificatio et aquae
benedictae aspersio super venerabile Sacramentum , et paruam
cruciüxi imaginem , quae utraque deinde Sacerdos reuerenter in
mauus capiat, versusque ad popuium sequentcm Antiphouam tribus
vicibus, voce semper altius eleuata incipiat, ac reliquum Chorus
prosequatur.
Surrexit dominus de sepulchro.
Chorus:
Qui pro nobis pependit in ligno. Alleluia.
Postea instiluatur processio, vcl per coemiterium, vel (si
tutum non videbitur) per templi ambitum, hoc modo:
Primo, praecedant duo ceroferarii pracdicti, (juos immediate
sequantur duo Sacerdotcs, vel Clerici, portantes eam crucilixi
imaginem magnam, quam casula coopertam, in die Parasceues
gestaverunt duo Sacerdotes. Deinde subsequatur Sacerdos cum
venerabili Sacramento et Sancta cruce, quae utraque paulo ante
ÜNGEDRUCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN 249
ex sepulchro leuauit, Chorus vero cantet Antiphonam Cum rex
gloriae etc. Ubi aii primam vel proximam templi ianuam ventum
fuerit, duo Sacerdotes praedicli cum stipite cruci(^|). 593)fixi tribus
vicibus fortiter percutiant ianuam, huncque in modum inter per-
culieodum canteot:
Tollite portas, principes, vestras, et eleuamiui
portae aeternales.
Chorus quod sequitur canit:
Et introibit rex gloriae.
Sit deinde aliquis in templo (si tarnen extra templum pro-
cessio fit; si vero in templo instituatur processio, sit is extra
templum) qui Diaboli personam simulans ferfp. 594)ro, malleo aiit
cathenä, fortiter quoque impingat in ianuam eandem, dicatque
vel clamet alta voce:
Quis est iste rex gloriae?
Mox chorus, vel eo deficiente, Sacerdos subiungat:
Dominus fortis et potens: Dominus potens in
praelio.
Post haec chorus in incoepta, et paulo ante interrupta Anti-
phona Cum rex gloriae etc. canere pergat, totaque processio,
ordine praedicto, versus secundam templi ianuam progrediatur,
apud quam omnia flaut, uti apud primam. Et notandum , quod
haec utraque ianua mauere debet clausa.
(p. 595) Quando vero ad ultimam ianuam venerint, factis
ibidem quoque iis, quae circa primam indicauimus: aperiri debet
illa. Per quod designatur, vel circumstanti populo ad oculum re-
praesentatur: quomodo Christus Dominus post passionem suo ad
ioferos descensu, eum iuferni locum, qui Patrum Lymbus
dicitur, aperuerit: vel quod alibi dicitur, portas aereas, vel vectes
ferreos confregerit, suosque captiuos iude liberauerit.
Deinde continuetur Anliph. Cum rex gloriae etc. usque
ad finem, pergatque processio ad chorum templi: Sacerdos vero
gradus allaris ascendat, ibique versus populum consistens, ac
Christi corpus adhuc in manibus tenens, cantet tribus vicibus.
voce semper altius eleuata:
0 vere digna hostia
Chorus: Per quam fracta sunt tartara, redempta
plebs captiuata, redit ad vitae praemia.
Z. F. ü. A. XXIX. N. F. XVII. 17
250 UNGEDRUCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN
Addatur deinde eiusdem Hymni ultimus versus, Sacerdote
incipiente:
Gloria tibi D o m i n e
Chorus : Qui surre xisti a mortuis, cum Patre et
sancto Spiritu, iu sempiterna saecula. Ameu.
Sub hoc ultimo versu, Sacerdos, facto signo crucis super
populum cum veuerabili (p. 597) Sacramento, portet illud ad suum
locum, in quo conseruari solet, chorus vero incipiat:
Victimae pasch ali lau des etc.
Et post quemlibet versum, ioserat unum tantum paschalem
germauicum, quem populus quoque celebriter decantet. Sitque
primus
Christ ist erstanden etc.
Post haec incipiantur Matutinae, atque secundum ritum in
Breviario nostro descriptum, absolvantur.
Ordo visitaudi sepulchrum Domini.
Visum est pro celebrioribus Ecclesiis, aliunde petere, atque
hunc in locum ponere modum quendam, quo Visitationis Se-
pulchri Dominici commemoratio pie celebrari potest. Ubi no-
tandum est, quod in templo designari, atque tapete, vel anti-
pendio claudi debet locus quidam ad (p. 598) repraeseutandum
Christi Sepulchrum conueniens, in quo inter caetera Stratum iaceal
linteum, seu sudarium album et subtile, designans syndonem, quo
Christi corpus mortuum inuolutum fuit, quod relicta iam ibi
syndone, redeuiuum ex sepulchro siirrexit.
Peractis igitur Matutinis, instituatur processio ad sepulchrum,
in qua cantetur Responsorium de Resurrectione, quod in Matu-
tinis fuit ultimum, videlicet: Dum transisset sabbatum etc.
Adsint deinde pueri, qui tres Marias sepulchrum visitantes, item
Angelos quoque, et Apostolos, tum voce, tum etiam habitu ex-
terno repraesentent.
Primo igitur tres pueri a choro versus sepulchrum prodeunies,
tres illas mulierculas deuotas, atque ob lapidem ostio monu-
menti admotum, anxias dosignantes, querula voce cantent:
Q u i s r e u 0 hl e t n o b i s ab ostio lapidem, quem le-
gere s a n c t u m c e r n i m u s sepulchrum?
Angeli in sepulchro autem cantent sequenti modo:
U u e m q u a c r i t i s , ö t r e m u 1 a e m u 1 i e r e s , in hoc t u -
mulo plorantes?
UNGEDRUCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN 251
Respondeant Mariae iterum in choro:
(p.600) Jesum crucifixum nazarenum quaerimus.
Respondeant Angeli de sepulchro, cantantes:
Non est hie, quemquaeritis, sed cito euntes nun-
ciate discipulis eins et Petro, quia sur-
rexit Jesus.
(p. 601) Interim dum Angeli hoc cantant, muheres se-
pulchro appropinquent, Angeli vero illud subito aperientes, atque
mulieribus monstrantes, alacri voce cantent:
Venite et videle locum ubi positus erat Dominus.
AUeluia, Alleluia.
Tunc mulieres penitius intueantur sepulchrum, indeque re-
cedentes cantent:
Ad monumeutum veuimus gementes (p. Q(\2), Ange-
lum Do mini sedentem vidimus et dicen-
tem: Quia surrexit Jesus.
Veniant denique in persona Joannis et Petri Apostolorum
duo alii celeri gressu, unoque alterum praecurrente ad sepul-
chrum, et postquam illud intuiti fuerint, cantent etiam quae-
rula voce:
Ceruitis, o socii, ecce linteamifp. 603) na, et suda-
rium, et corpus non est in sepulchro in-
uentum.
Postremo chorus ter cantat, et subinde altius, incipit hunc
Versum :
Surrexit Dominus de sepulchro, qui pro nobis
pependit in ligno, Alleluia.
(p. 604) Postremo potest chorus populo iterum praecinere
cantilenas pascales Germanicas.
IV AUS TRIER.
Die feier ans Trier fand ich im britischen museum zu London
in einem Liber officiarius Ecclesiae Treverensis Collegii. die hs.pg.
40 (Hart. 2958) gehört dem xni jh. an. sie stimmt im loesentlichen
mit den von Milchsack (aao. p. 58 ff) unter 0 und P veröffent-
lichten feiern überein, und liefert einen netten beweis (vgl. die
feier aus Rheinau in meiner abhandlung über die lat. osterfeiern
im osterprogramm der realschule zu Halberstadt 1881 p-üf) dafür,
dass dieser typus, entgegen der ansieht Milchsacks, auch aufserhalb
17*
252 U^GEÜRUCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN
Frankreichs begegnet, es sind mir noch mehrere denkmäler der-
selben art bekannt, von denen ich einige unter 'Eichstätt' mitteile,
(f. 37^) Finito responsorio [lertio] et versu cum Gloria
patri, reincipiat cantor idem Resp. D u m transisset et egre-
diatur processio .... tres domini egrediantur .... et vadanl vi-
sitare sepulcrum. Cum autem perveniunt ad sepulcrum, inuenire
debeut duos sacerdotes iudutos dalmaticis in sepulcro, unum ad
Caput et alium ad pedes. Qui dicaut venientibus:
Quem queritis in sepulcro, o christicole?
Respondere debent:
Jhesum nazarenum crucifixum, o celicole.
Dcinde dicere debent intra sedentes:
Non est hie, surrexit sicut predixerat, Ite, nun-
ciate quia surrexit, venite et videte locum
ubi posilus erat dominus, alleluia, alleluia.
Deinde accedant dominici tres et sudarium recipianl.
In sepulcro vero sedentes dicant:
Cito euntes dicile discipulis eins quia surrexit
dominus, alleluia.
Recedant slatim illi tres ad gradus crypte, ibi manentes,
cantent primos tres versus de sequentia Victime paschali
insimul. Quibns versibus sie canlatis chorus cantet:
Die nobis, maria, quid vidisti in via?
et tunc procedant dominici tres usque ad tumbam tbeodorici archi.,
ibi respondeat iterum unus ex tril)us:
Sepulcrum cliristi viuentis et gloriara vi. re.
Sequitur
Angelicos testes, sudarium et vestes.
Cum dicitur hoc verbum sudarium, eleuent omnes tres su-
darium.
Tercius
Surrexit christus, spes mea,
Chorus
C r e d e n d u m est m a g i s
et finiat scquencia. Redeundo in chorum cantor incipiat:
a. Et recordate sunt verhör um eins.
Et cum in chorum peruenerint, finita aniiphona, incipiat maior
T e (] e u m 1 a u d a m u s.
UNGEDRÜCKTE LATEIMSCHE OSTERFEIERN 253
V AUS CÖLN.
Auch eine Cölner feier fand ich auf dem britischen museum.
ein abdruck dürfte sich um so mehr empfehlen, als noch keine
lat. osterfeier ans Cöln bekannt ist (aus Trier war ebenfalls noch
keine veröffentlicht), die pghs. (Add. 31913) 4*^, 293 blL, an fang
des xuijhs., brevier, stammt aus Cöln, wie der kalender fol. l — 7
erweist, nach den üblichen psalmen, antiphonen und responsorien
folgt unmittelbar hinter dem 3 responsorium:
(f. 263'') Ad sepulcrum.
Quis reuoluet nobis lapidem ab ostio monumenti?
aevia, aevia.
Angelus:
Quem queritis in sepulchro, o christicole?
Marie :
Jhesum nazarenum (f. 264') crucifixum, o celicole.
V. Nonesthic, surrexit sicu t pred ixerat, ite, nun-
tiate quia surrexit de sepulchro. Venite et ui-
dete locum ubi positus erat dominus, aevia,
aevia.
V, Surrexit dominus de sepulchro qui pro nobis
pependit in ligno, aevia.
ps. Te de um laud.
VI AUS EICHSTÄTT.
Die beiden ersten Eichstätter feiern wurden mir diirch die
gütige Vermittlung des herrn geistl. rats Schlecht zu Eichstdtt zu-
gänglich gemacht (sie befinden sich auf der dortigen königl. biblio-
thek), die beiden letzten entdeckte ich auf der königl. Staatsbibliothek
zu München.
1) die erste feier, einem Sacerdotale juxta S. Romauae ecclesie
etc. Venetiis apud Joannem Doriscum et socios 1560. 4° (königl
bibliothek zu Eichstätt H i 86) entnommen , ist dadurch besonders
interessant, dass die kreuzeserhebung und die \isilAiio sepulcri zu
einer feier verbunden sind, was sich in keinem der bis jetzt ver-
öffentlichten denkmäler widerfindet.
(f. 255^j De processione in nocte paschae ante matutinum
ad sepulchrum Christi.
Die sancto resurreclionis cum fuerit pulsalum ad matutinum,
254 UNGEDRUCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN
antequam populus intret ecclesiam, sacerdos cum cruce, et tliii-
ribulo apparatus superpelliceo, stola, et pluviali, praecedentibus
cereis acceasis, et sequente toto clero: cum reverentia aperto
sepulchro, accipiat corpus domioi et portet illud in loco sacrarii :
ubi sacrosanctum sacramentum seruari consueuit. Et interim
chorus cantet sequentes psalmos, vel aliquem eorum.
Psalmus : Domine quid multiplicati sunt etc.
Gloria patri, et fllio, et spiritui sancto.
Antiphona: Domine probasti me, et cognouisti me.
Psalmus: Miserere mei deus etc.
(f. 256') Gloria patri , et filio , et spiritui sancto. Sicut erat
in principio. Finitis psalmis sacerdos praecedentibus cereis et
tburibulo, corpus domini portet ad sanctuarium suum , sequente
clero et cantante Responsorium: Surrexit pastor. Et se-
pulcbrum patenter dimittatur apertum.
Responsorium :
Surrexit pastor bonus qui animam suam posuit pro ouibus
suis, et pro suo grege mori dignatus est: Alleluia. Alleluia.
Alleluia.
Versus :
Surrexit dominus de sepulcbro qui pro nobis pependit in
ligno. Et pro suo.
Tunc sacerdos faciens officium stans cum sacerdotibus in
choro dicit versum :
Surrexit dominus vere, alleluia.
Responsorium: '.""\
Et apparuit simoni, alleluia.
Oremus.
Oratio : Omnipotens sempiterne deus etc.
Oratio: In memoriam et laudem gloriose etc.
Oratio: Domine iesu christe propter hoc gaudium etc.
(f. 251") Orationibus finitis sacerdos corpus domini reuerenter
thurificet. Et dum praedictae orationes dicuntur, duo diaconi
parentur cum dalmaticis albis, et in ecclesia remaneant. Sacerdos
aulem paratus, ut supra, cum toto clero exeat per portam ecclesiae
minorem, maiori porta clausa relicta: et veniant ad portam
maiorem ecclesiae cantando Responsorium: Dum transisset
sabbatum: et cum illuc peruenerint, sacerdos accedit ad portam
clausam, et clerus circumstat eum.
UNGEDRUCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN 255
(f. 257'') Et dum peruenerint ad fores ecclesiae, complelo
responsorio, cum versu et replica, plebanus, vel sacerdos paratus
pulsat ad oslium manu, vel cum cruce, dicens sonora voce in
tono lectionis:
Attollite portas, principes, vestras: et eleuamiui
porte aeternales: et introibit rex etc.
Et pro ista prima pulsatione, illi deintus nihil respondent.
Et facto modico interuallo, sacerdos iterum vehementius pulsat
oslium, dicens voce altiori, in tono lectionis:
Attollite portas, principes, vestras, et eleuamini
porte aeternales etc.
Et illi deintus nihil respondent. Et tunc sacerdos modico
interuallo facto iterum in eodem tono, sed altius quam secundo
pulsans fortiter ostium ecclesiae dicit:
Attollite portas principes etc.
Tunc illi diaconi deintus statim cantando respondent:
Quem queritis in sepulchro, Christicole?
Et illi deforis respondent:
Jesum nazarenum crucifixum, o celicole.
Et iterum iUi deintus respondent:
Non est hie, surrexit sicut praedixerat: ite, nun-
ciate quia sur(f. 2580rexit a mortuis.
Hoc finito qui deintus sunt aperiant portam ecclesiae, et
omnes ingrediantur. Et iterum dicant qui deintus erant:
Venite et videte locum: ubi positus erat dominus.
Alleluia. Alleluia.
Et cum fuerint portam ingressi, firment se omnes et diui-
dant se per choros. Tunc plebanus vadat ad sepulchrum, et
ponat Caput in fenestra sepulchri, et postea conuersus ad popu-
lum dicat voce mediocri:
Surrexit Christus.
Chorus respondeat:
Deo gratias.
Quo dicto plebanus procedat aliquantulum versus populum:
et exaltet vocem altius quam primum, et dicat:
Surrexit Christus.
Chorus respondeat:
Deo gratias.
Iterum tertio plebanus procedat versus populum aliquan-
256 UNGEDRÜCRTE LATEINISCHE OSTERFElERiN
tulum: et exaltata voce adhuc allius quam secundo l'ecerat,
dicat:
Surrexit Christus.
Chorus respondeat:
Deo gratias.
Quo facto omnes procedant ad sepulchrum, et faciant choros
hie et inde. Tunc plebanus vadat ad ostium sepulchri, et statim
retrocedat versus choruni, et det pacem primo sacerdoti , seu
clerico, vel domino terrae, si ibi fuerit, et dicat voce submissa:
Surrexitdominus.
et ille respondeat:
Deo gratias.
Deiüde omnes sibi mutuo dent pacem dicentes:
Surrexit dominus.
Et ille cui pax (f. 258'') datur, respondeat:
Deo gratias.
Poslmodum vadant omnes ad altare beatae virginis proces-
sionaliter: et coram altari genuflexi, sacerdote incipiente anti-
phonam
Regina celi
eam totam cantent pro gaudio resurrectiouis filii sui domini nostri.
Autiphona:
Regina caeli letare. AUeluia. Quia quem me-
ruisti portare. Alleluia. Resurr exit sicut
dixit. Alleluia. 0 ra pro nobis deum. Alleluia.
Versus :
Ora pro nobis sancta dei genetrix alleluia.
Responsorium:
llt digni efficiamur promissiouibus Christi, Alleluia.
Oremus.
Oratio: Deus qui per unigeniti filii tui domini nostri Jesu
Christi resurreclionem etc.
Oremus.
Oratio: Gratiam tuam quesumus domine etc.
Ilis finitis revertantur ad chorum, et cantent malutinas.
Da von den 3 übrigen feiern aus Eichstätt die beiden auf
der Münchner Staatsbibliothek (8" 118: Breviarium cathedralis
ecclesic Eysletensis, ohne Jahreszahl, und 8*^293: Diurnale se-
cundum Breviarium Eysteteuse 1569, fol. 651) mit der auf der
UNGEDRUCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN 257
Eichstätter bibliothek wörtlich übereinstimmen, so ist ein besonderer
abdruck derselben überflüssig.
2) der titel des Obsequiale (Eichstätt H i 79), welchem die
folgende feier entnommen ist, lautet: Reverendissimi in Christo
patris D. Chrislophori pie memorie Episcopi Eisteten, iussu in-
choalus est über iste obsequiorum Ecclesie , absolutus vero electo
iam Reverendissimo D. Mauritio ab Hütten: et Dens bene vertat.
MDXXXIX.
(f. 148') Ordü in feslo sancto Pasce.
Item ante matutinum itur ad sepulchrum,et canuutur antiphone
subscripte. Et tres domini simul canlenl primam antiphonam:
Ad monumentum veniraus gementes, angelum do-
rn i n i s e(f. 1 4&'')d entern vidimus etdicentemquia
surrexit Jhesus.
Primus eorum incipit:
Surrexit dominus de sepulchro, qui pro nobis pe-
pendit in ligno, alleluia.
(f. 149^) Secundus eorum incipit:
Surrexit Christus et illuxitpopulosuo, quem red-
emit sanguine suo, alleluia.
Tertius eorum incipit:
Venit Maria nuncians A\(f. 149'')sci pulis quia vidi
dominum, alleluia.
Deinde legantur orationes que in parasceue legebantur ante
crucem flexis genibus sc. 'Domine Jhesu Christe.' Fmitis ora-
tionibus portatur corpus Christi ad chorum seu ad locum suum
deputatum, et canitur antiphona subscripta submissa voce:
Cum rex glorie Christus infernum debellaturus
intraret etc.
(f. 150') Deinde fit pulsus campanis et matutinum peragitur
more suo. Et finito tercio responsorio reincipitur et cum eodem
itur ad monasterium , et canitur ipsum responsorium totaliter sine
versu. Quo finito precentores cum cantore cantent ante se-
pulchrum :
(f. 150'') Quis revoluet nobis ab hostio lapidem,
quem tegere sanctum cernimus sepulchrum?
Duo scholares in sepulchro respondent:
Quem queritis, o tremule (f. 151") mulieres, in hoc
lumulo gementes?
258 UNGEDRUCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN
Precentores respondent:
Jhesum nazarenum crucifixum querimus,
Scholares respondent:
Non est hie, quem quer itis f/". 151''), sedcilo euntes
nunciate discipulis eius et Petro quia sur-
rexit Jhesus.
Duo scholares exeant de sepulchro cum linlheo, quod osten-
dant precentoribus et cantent:
Venite etvidete locum ubi (f. 152^) positus erat do-
minus, alleluia.
Post hoc precentores reuertuntur ad monasterium et cantent:
Ad monumentum venimus gementes, angelum do-
min i s ef/".152''}d entern vidimuset die entem quia
surrexit Jhesus.
Finita hac antiphona Chorus incipit Sequentiam:
Victime paschali laudes immolent Christiani.
Agnus redemit oves; Christus innocens patri re-
conciliauit peccatores.
Mors et vita duello conflixere mirando; dux
vite mortuus regnat viuus.
Die n of/". 153^)bis, Maria, quid vidisti in via?
Unus precentorum respondet:
Sepulclirum Christi viuentis et gloriam vidi
resurgentis.
herum chorus canlat:
Die nobis, Maria, quid vidisti in via?
Alter precentor respondet :
Angelicos testes, sudarium et vestes.
Chorus tercio repelit:
Die nobis, Maria, quid vidisti in via?
Cantor respondet:
Surrexit Christus, spes mea, precedet suos in
Call ilea.
Deinde sequentia finitur per chorum :
Credendum est magis soli Marie veraci, quam
iudeorum turbe faljaci.
Seimus Christum surrexisse ex mortuis vere,
tu nobis, Victor, rex, miserer e.
LiNGEDRUCKTE LATEINISCHE OSTERFEIERN 259
Finita Se(f. 153'')quentia canitur:
Te Deum laudamus.
Et canuntur laudes ut in breuiario.
Halberstadt. C. LANGE.
ACTENSTÜCKE ZU MEISTER ECKHARTS
PROCESS.
Der process, in welchen meüter Eckhart wegen seiner lehren
verwickelt wurde , hat unser volles inler'esse und jeder noch so ge-
ringe heitrag, der seinefi verlauf in ein helleres licht zu setzen ver-
mag, ist von wert, so bieten die unten veröffentlichten documente
zwar nicht viel des neuen , doch scheint insbesondere das als nr i
publicierte^ nicht unwichtig, da es zugleich die Stellung des domi-
nicanerordens zu dem meister schärfer kennzeichnet, in diesem
schreiben erhebt der Stellvertreter des procuralor generalis der do-
minicaner bei dem papste klage über die Ordensmitglieder Hermann
de Summo und Wilhelm: sie hätten sich in der Untersuchung des
erzbischofs von Köln wider Eckhart auf die seite der commissäre
des ersteren gestellt und Eckhart der haeresie sowie anderer dinge
angeklagt; auch der vicar der deutschen ordensprovinz sei des-
halb von ihnen verleumdet worden; jetzt wären sie in derselben
absieht sogar zur päpstlichen curie abgereist, beide seien jedoch
nichtswürdige subjecte, welche schon seit langer zeit angesehene
mitglieder der deutschen ordensprovinz durch wort und schrift in
üblen ruf brächten , während sie selbst einen unmoralischen lebens-
wandel führten und ihren oberen widerholt gerechten anlass zur
strafe geboten hätten; überdies stehe zu befürchten dass sie in die
Lombardei zu Ludwig dem Baiern sich hegeben würden, der papst
möge dieselben daher, sobald sie nach Avignon gekommen, fest-
nehmen lassen und ihren vorgesetzten zur bestrafung ausliefern.
* es befindet sich im Fat. aj'ciiiv C fasc. 1 Tzr 9 mtf zwei losen papier-
blättern in quart. die schrift ist der abfassting gleichzeitig, höchst
wahrscheinlich liegt darin das an Johann xxii eingesandte original-
schreiben vor. auf dem timschlage findet sich von späterer hand eine
noiiz, welche das docnment i?i das jähr 1325 — wie sich später zeigen
wird, zu früh — setzt, ich habe nur diejenigen abschnitte daraus mit-
geteilt^ welche sich auf Eckhart beziehen oder das verfahren der in dem
actenstücke angeklagten beiden religiösen gegen ihn characterisieren.
260 ACTENSTÜCKE ZU MEISTER ECRHAUTS PROCESS
Der eine der beiden augeschuldigten, Hermann de Summo, ist
nicht unbekannt, er wird in zwei acten des processes als zeuge
aufgeführt. ' diesen umstand berilhrt auch die vorliegende anklage,
in welcher es von ihm heifst: aliquando gessit persouam actoris,
aliquando assessoris, aliquando testis. aufser mit Eckhart war
Hermann besonders mit Nicolaus von Slrafsburg in collision ge-
raten, welcher vom papste zum vicarius leutoniae speciell in Eck -
harts angelegenheit bestellt worden war. der verleumderische religiöse
hatte aus räche für eine von Nicolaus seile erhaltene wolverdiente
strafe denselben denunciert und damit seine excommunication be-
würkt. durch diese interessante notiz erfährt eine bisher nicht
ganz verständliche tatsache, welche die vier fraticellen Heinrich
von Thalheim, Franz de Appomano , dictus de Esculo, Wilhelm de
Occam und der converse Bonagratia de Pergamo- mitteilen, ihre
aufklärung. diese berichten nämlich, Nicolatis sei als fautor et
dcfensor maximus fratris Aycardi et haeresium suarum bei den
erzbischöflichen comniissären in Köln verklagt worden; man habe
ihn dann als solchen gerichtet und dem papste davon meidung ge-
macht.'^ offenbar handelt es sich hier um denselben Vorfall, auf
welchen in unserer Urkunde angespielt wird, zumal das ereignis —
famosum et satis publicum nennt es das document — öffentlich
bekannt geworden war. beide berichte ergänzen sich und ergeben
dass Hermann de Summo nicht nur Eckhart , sondern auch Nico-
laus — diesen a^is räche — verdächtigt hatte und dass daraufhin der
vicar excommuniciert wurde, übrigens ist Nicolaus bald darauf
von Johann xxii de facto dispensiert worden, um auf dem pfingsten
1327 in Perpignan abzuhaltenden generalcapitel als definitor er-
scheinen zu können: wir erfahren das ebenfalls von jenen fra-
ticellen.
' in den von Preger nach einer niclit gu7iz fehlerfreien abschrift
Pfeiflers edierten stücken l und 4 (.Ibliandl. der bair. academie der
tvissensefiaften m ct. xi band 2 abt.).
2 im cod. /a^4üOS Z»/. 89" findet sich der passus: allegationes reli-
giosorum fiatruni Henrici de Tlialhem, Fiancisci de Appomano diclo de
Esculo, Guillelmi de Ocham in sacra pagina magistrorum et fratris Bona-
gratie de Pergamo conversi et utriusque juris perili. diese allegationen
wenden sich sämmtlich gegen Johann xxn und neh7nen in der hs, ge-
raumen platz ein.
^ das betreffende Schriftstück ist nach einer abschrift Pfeiffers ab-
gedruckt in Pregers Geschichte der mijstik i 4S3.
ACTENSTÜCKE ZU MEISTER ECRHARTS PROCESS 261
Noch über ein anderes factum gewinnen rvir aufschluss. die
fraticellen schreiben nämlich, der papst habe einen dominicaner er-
greifen und gefangen setzen lassen, welcher ihm vom erzbischof
von Kohl zugeschickt worden sei ad persequendum dictum crimen
heresis contra predictos fratres Aycardiim et Nicolaum. dieser
religiöse ist wol Teein anderer als Hermann de Sximmo: erinnern wir
uns nur dass der Stellvertreter des procurator generalis sich mit
der bitte an den papst gewendet hatte , Jenen Ordensbruder , welcher
zu der curie käme siib pallio expugnationis heresum magistri
Eycardi, festzunehmen, dieser wink war also nicht ohne würkung
geblieben.
Hermann schlug sich zu der meister Eckhart feindlichen partei,
weil er auf diese iceise den erzbischof zum beschiUzer erhielt und
von Nicokms , dem mit recht gegen ihn erzürnten vicar der deut-
schen Ordensprovinz, wenigstens so lange nichts zu befürchten
hatte, als die verhandhingen des processes währten, nicht anders
stand es um seinen helfershelfer und mitbruder Wilhelm, von dessen
bösartiger gesinnung der folgende fall zeugt. Nicolaus hatte auf
dem convente zu Köln unter androhung der excommunication den
befehl erlassen, dass jeder , welcher zur sache des angeklagten und
zur ehre des ordens etwas vorzubringen in der läge sei, es ihm mit-
teilen solle, obwol nun Wilhelm, wie sich später herausstellte , den
eigentlichen Sachverhalt kannte, unterliefs er es den vicar aufzu-
klären.
Dass der erzbischof und dessen commissäre von diesen beiden
subjecten schlecht beraten waren, bedarf kaum der erwähnung.
darüber macht auch die vorliegende anklageschrift , welche nach
Avignon geschickt wurde , andeutungen , und es wird hieraus klar,
warum der papst, auf jene falschen zeugen aufmerksam gemacht,
nach den Verhandlungen in Köln die wideraufnahme der Unter-
suchung gegen Eckhart und zwar an seiner curie anordnete, es
verschlägt nichts, wenn der process in der zweiten instanz zu
demselben ergebnis führte wie in der ersten ; waren doch auch in
Köln die beiden Ordensbrüder Eckharts nicht die einzigen ratgeber
des erzbischofs gewesen.
Nicht uninteressant ist es ferner dass dieses schreiben von dem
Stellvertreter des generalprocurators uns darüber unterrichtet, welche
meinung hinsichtlich des lebens und der lehre des berühmten mysti-
kers im orden selbst verbreitet war. wir lesen hier: de cujus tide ei
262 ACTENSTÜCKE ZU MEISTER ECKHARTS PROCESS
vite sanclitate nee ipse (Hermannus) (lebet nee alius, qui vitam
suani noverit, dubitare, indessen sind diese worte nicht so auf-
zufassen , als wäre der orden mit Eckhart ganz einverstanden ge-
wesen, ohne zwei fei hatte das 1328 in Toulouse abgehaltene
generalcapitel der dominicaner, welches also zu einer zeit tagte,
in der die Kölner Verhandlungen längst abgeschlossen waren, jene
an der curie aber bereits begonnen hatten , vorzüglich die von dem
meister inaugurierte predigtweise im aug», wenn es bestimmte:
item cum eo, quod aliqui in predieationibus ad populum conantur
tractare quedam subtilia, que non solum (non) ad mores profi-
ciunt, quiunymo t'acilius ducunt populum in errorem, preeipit
magister ordinis in virtute sancte hobedienlie de diffmitorum cou-
silio et assensu, quod uullus de eetero presumat taiia in suis
sermonibus pertraetare, eontrarium vero tacientes ex nunc pro
tune adjudieamus peue (= poenae) gravioris culpe imponentes
eorum prioribus, quod absque dispensatione eompellant illos fa-
cere penitentiam supradictam, et niehilominus nomina talium et
ea que sie temere predieaverint, magistro ordinis denuntient abs-
que mora.i dasselbe verbot wurde in betreff der lectoren und
ihrer Vorlesungen erlassen.
Die anklage gegen Hermann und Wilhelm wurde 1327 er-
hoben, wie ans folgenden erwägungen hervorgeht, von den Ver-
handlungen in Köln, welche zu anfang des genannten Jahres ihr
ende erreichten, wird in der schrift gesprochen, als hätten sie erst
vor kurzem stattgefunden, und von meister Eckhart, der 1327
starb, ist wie von einem lebenden die rede, aus der erwähnung
des generalcapitels in Paris, icelches zu pfingsten 1326 abgehalten
wurde, auf dieses jähr als abfassungszeit schliefsen zu wollen,
wäre verkehrt, da Ludwigs des Baiern anwesenheit in der Lom-
bardei vorausgesetzt wird; der deutsche könig kam aber erst im
frühling 1327 nach Italien (Riezler in der ADB 19, 465). aller
Wahrscheinlichkeit nach ist das schreiben in der ersten hälfte des
Jahres 1327 an Johann xxii abgeschickt worden.
Das unter nr ii abgedruckte docnment ist die bisher nicht ver-
öffentlichte einleitung zu der verdammungsbulle der 28 sätze meister
Eckharts vom 21 märz 1329.2 Raynald und D'Argentre publi-
^ originalcodcv der generalcapitel im gencralarchiv des dominicaner-
ordens bl. 253".
- das original befindet sich im rat. archiv Castel S Angela arm. xi
Caps. 10 nr 15. sieget fe/i/t.
ACTENSTÜCKE ZU MEISTER ECKHARTS PROCESS 263
eierten die bulle nur von dolenter referimiis anA Ripoll halte
überdies kenntnis von dem richtigen incipit In agro dominico.-
Actenstück nr in kannte Ripoll, ohne dass er es ediert hätte,
es enthält unter anderem den auftrag des papstes an den erzbischof
von Köln (vom 15 april 1329), er möge die verdammungsbulle
der 2S Sätze meister Eckharts, welche diesem schreiben wörtlich bei-
gefügt sei, in seiner diöcese feierlich verkünden lassen, damit be-
sonders bei denjenigen, vor welchen Eckhart gepredigt habe, dessen
lehren nicht tiefer einwurzelten."^
* Raynald Annal. eecles. tom. 15 ad annum 1329 7ir 70. D'Argentrc
Collectio jud. 1 1 5. 312.
2 Bull, ord.praed. vii 57. darnach gab Preger Geschichte der viystik
I 479 die bulle neuerdings heraus und machte ynit recht auf die früheren
misverständnisse aufmerksam,
3 Reg. Fat. Joh. xxii arin. 13 p. 1 ep. 5 fol. 2". die beigefügte verdam-
mungsbulle stimmt ganz genau init dem originale überein und trügt
natürlich auch dessen datum.
{V) Isla sunt que habentur contra fr. Herrn an-
num de Sumnio.
Primo quod in actione criminali tulit falsum testimonium.
Et de hoc patenter accusatus fuit in provinciali capitulo et con-
victus, sicut patet per sententiam oninium diffinitorum , quoruni
diffmitoruni unus est nunc provincialis, qui etiam hie presens,
penitenciarius quondam sanctitatis vestre. Ahus vero predecessor
suus, qui quamvis famiUariter eum diligere consueverit, una cum
aliis diffmitoribus in dicta causa contra ipsum sententiavit justicia
exigenle.
Secundo quod pluries in actionibus non criminahbus falsum
tuht testimonium. Et de hoc in eodem capitulo accusatus fuit
etiam et convictus.
Quinto quod plures Ubellos famosos scripsit, per quos fratres
honestissimos de melioribus tocius Alamannie de gravibus crimi-
nibus infamavit
Sexto obicitur, quod prefalos libellos famosos longo tempore
retinuit contra plura precepta (1'') et contra sententias contra eum
latas, nisi dictos libellos suis superioribus redderet indilate, quod
facere recusavit. Nee fratres quos in dictis libellis infamavit, ad
rationem posuit. Ex quo patet, quod hoc non fecit causa cor-
rectionis, sed intendens tantummodo infamare et bonorum fratrum
famam et nomen denigrare, quod etiam ex hoc patet, quia illos
libellos multiplicavit, aliquos duphcando, et aliquos triplicando.
264 ACTENSTÜCKE ZU MEISTER ECKHARTS PROCESS
Septimo, quia cum nuper timeret, quod pro culpis istis
et multis aliis deberet puniri per vicarium theotonie, contra nian-
datum sui prioris quasi furtive fugit, et sine liceucia cuiuscunque
ivit ad magistrum ordinis, et apud eum vicarium suum quantuiu
potuit nisus est diffamare; et in curia Romaua fecit etiam illud ideni.
Octavo quia ad subterfugiendum correctionem et discii)linam
ordinis adiunxit se comissariis Domini Colonien. in facto inqui-
sitionis contra Magistrum Eycardum , et aliquando gessit perso-
nani actoris, aliquando assessoris, aliquando teslis. Et hoc fecit,
quia bene cogitavit, quod staute illa inquisilione vicarius theutonie
contra eum et suos complices procedere uon änderet, ymo quod
plus est, ipse cum aliis dicitur procurasse, ut etiam famosum
est et satis publicum , quod vicarius ille ex hoc et propter hoc,
quia quondam fratrem pro suis gravibus excessibus puniverat,
denunciatus fuit, excommunicationis sententiam incurrisse. Item
quod Dominus Colonien. persone sue notitiam non habeat, sicut
habeo ex testimonio provincialis sui et trinm lectorum de sua
provincia, qui omnes sunt in Curia hie presentes, ymo dicunt
prefati fralres, quod littere, que per eum sunt aportate, sunt
mendicate et per vias diversas et mirabiles procurate.
(2*) Decimo vere omnes meliores provincie theotonie
petiverunt a vicario generali provincie sepedicte, quod excluderet
eum de provincia. Consuevit enim nunc impugnare istos, nunc
illos, ymo quos uno anno persequilur, alio anno prosequi nititur
et juvare, ita quod vix est aliquis frater in provincia theothonie
veridice reputatus.
Quare est criminator, et infamator, est etiam falsus testis
et judex iniquus etiam, est etiam insuper libellorum famosorum
non solum confictor, verum etiam quantum potuit publicator.
Item quod familiaritates cum personis levibus et suspectis habere
consuevit, quia iam aclu est suspectus in Colonia de quadam
juvencula paupere, que propter familiaritalem quam habet de
quodam seculari, vehementer habetur suspecta. Item quod semper
fuit brigosus et pacis dissipator, transgressor plurium preceptorura,
contemptor mandatorum suorum superiorum. Irregularis et ex-
communicatus; et tamen frequenter istis non obstantibus cele-
bravit. Item quod vagando et fugiendo per mundum facere pe-
nitentiam ordinis recusavit. Et nunc etiam veuit ad Curiam sub
pallio expugnationis heresum magistri Eycardi, de cuius tarnen
fide et vite sanctilate nee ipse debet nee alius , qui viiam suam
noverit, dubitare.
Obspcro ergo sanctissime pater, et benignissime ac justis-
sime Domine, quod ad suos superiores predictus frater Ilermannus
remittatur pro suis culpis multiplicibus puniendus.
ACTEINSTÜCKE ZU MEISTER ECKHARTS PROCESS 265
(2'') Isla sunt que habeulur contra fratrem Guil-
lelmum, socium predicti fratris Hermann i.
Prinio, quod in loco judicii proposuit contra magislruni
Aycardura, quod esset pertinax hereticus, quia errores suos
scienter docuisset et pertinaciter defendisset: quod quidem pro-
bare uon potuit, sed defecit.
Secundo , quod mulla alia gravia contra eundem magistrum
proposuit, que probare non potuit, propter que ad penam lal-
lionis condempnari merito debuit et puniri.
Quinto quod dixerat, timens corrigi : vadani, inquit, in Lom-
bardiam cum nobilibus comilatus Juliaceu., et recipiani stipendia.
De islo fuerunt duo lestes, quando l'uit publice accusatus.
Septimo quod magistrum Aycardum apud commissarios Do-
mini Coloniensis de heresi quaulum potuit infamavit ad hoc, ut
sub isto pallio posset venire ad Curiam, et sie evaderet nostri
ordinis disciplinam. Quare, cum veuerit, suppiico, quod red-
datur suo ordini puuiendus.
Octavo, quod vicario generali precipienti in Colonieu. cou-
ventu predicatorum sub pena excommuuicationis, quod (luilibet,
qui ali(iuid sciret de ilia materia, iuformaret eum de quibusdam,
que pro bonore Ordinis ipsum scire expediebat, de quibus pre-
dicto fratri Guillelmo constabat, sicut fuit compertum postea . . .,
predictum vicarium minime inforniavit. . , .
Decimo, quod contra preceplunj Vicarii per Sanctitatem
vestram iuibi positi ivit ad generale capitulum Parisius ce-
lebratum.
Suppiico ergo Saiictitati vestre, quod prinius et secundus
remittantur ad suos superiores secunduni exigeutiam suorum ex-
cessuum corrigendi. Et quod eidem Sauctitati vestre placeat,
quod subito arrestentur, ne in Lombardiam ad ßavarum possint
ire pro slipendiariis in verecundiam Ordinis et in contemptum
ecclesie sacrosancte.
Creatura vestra frater G. de Podanbs, dioc. Caturceu. pro-
curatoris Ordinis vicesgerens.
Joannes episcopus servus servorum dei ad perpetuam rei
memoriam. In Agro dominico , cuius dispositione superna licet
imnjeriti sumus custodes et operarii, oportet nos sie vigilanter
et prudeuter spiritualem exercere culluram, ut, siquando in eo
inimicus homo supra semen veritatis zizauia seminet, priusquam
se in incrementa uoxie puUulationis extollantur, prefocentur in
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 18
266 ACTENSTÜCKE ZU MEISTER ECKHARTS PROCESS
ortu, ut enecato seniiue vitiorum et spinis erroruni evulsis lela
seges veritatis catholice coalescat. Sane doleuter referimus, quod
quidam Datum Avenione vi kal. Aprilis ponlificatus
uostri aauo lertio decimo.
Veü. fratri . . Archiepiscopo Colonien. salutem. Tarn per
iuquisitiouem per le auctoritate ordinaria habitain nobisque per
te transmissam, quam per iudaginem postmodum de mandato
uostro in romaua curia renovatam, ac etiam per conlessioüem
quoiidam Ekardi, doctoris ut ferlur sacre pagiue ac prot'essoris
ordiuis tratrum predicatorum comperimus evidenter, eum predi-
casse, scripsisse et dogmatizasse nouuullos articulos contra ca-
ihülicam veritatem, quorum aliquos lanquani hereticos, quosdam
vero tauquam male sonautes, temerarios et suspectus de heresi
de fratrum nostrorum consilio dampuandos duximus ac etiam re-
probandos, ac nichilominus contra illos, qui eosdem articulos
pertinaciter defendere vel approbare presumerent, maudavimus
procedendum, prout in litteris uostris inde conl'ectis, quarum
tenorem de verbo ad verbum presenlibus inseri fecinms, plenius
continetur. Quocirca fraternitati tue per apostolica scri])la mau-
damus, quatenus tenorem predictum, postquam eum diligenter
inspexeris, per te vel per alium seu alios in tuis civitate, diocesi
vel provincia publices et facias solempniter publicari, ut per
publicationem huiusmodi simplicium corda, qui l'aciliter seducuii-
tur, et maxime illi, quibus idem Ekardus dum vixit predictos
articulos predicavit, erroribus conteutis in eis miuime imbuantur.
Tenor autem dictarum literarum talis est. Johannes episcopus
Datum Avenione xvn kl, Maii pontif. nostri anno tertio
decimo.
Rom 8. 12. 84. P. HEINRICH DENIFLE 0. P.
ZUM PARZIVAL.
In meiner Übersetzung des Parzival (Berlin, Friedberg und
Mode, 1885) habe ich den vers Parz. 312, 10 nassnitec mit ver-
hrant übersetzt durch: 'die nas geschlitzt, gebrannt am bug' und
habe verbrant auf das den gralsrosscn eingebrannte wappcn (die
iiirteltaube) bezogen; überhaupt scliieu mir weder wass/M^ec noch
irgend etwas anderes in der bcschreibuug des rosses der Kundrie
auf komische oder hässliche eigentündichkeiten zu deuten, dieser
meiner ansieht erwächst jetzt aus Kiuzels Alexanderausgabe eine
willkuimnene bestätigung.
In der beschreibung des Hucephalus hat, wie die bequenje
uebeueiuauderslellung in dieser ausgäbe zeigt, die hs. 8 2bI3 die
ZUM PARZIVAL 267
7iasen wären ime loite üf gesldn, die Historia de preliis: dicebatur
equus ipse Bnciphalon propter aspechis horribilitatem , sive a signo,
quod thaurinuin caput in armo habehat ustum, seu quod
usw. und Solin 45, 8 : . . . eqmis Bucephalus dictus sive de aspec-
tus torvitate seu ab insigni , quod taurinum caput armo
in ustum gerebat usw.
VVoltram kannte , wie bereits anderweitig nachgewiesen ist,
sowol den Alexander als den Solin , der schluss liegt also sehr
nahe, dass ihm an dieser stelle die beschreibung des Bucephalus
vorgeschwebt hat. Wolframs kühner ausdrucksweise ist es vüllig
augemessen, wenn er Lamprechts bemerkuug die nasen wären
ime wite üf gesJän durch nassnitec widergibt und damit die von
Solin und der Historia angegebene eigeutümlichkeit taurinum
caput in armo inustum ebenfalls durch das eine participium ver-
brant verbindet, den stierkopl' konnte er natürlich nicht als das
eingebrannte zeichen gebrauchen , daher bezeichnete er das ver-
brant absichtlich nicht genauer und liel's den naheliegenden schluss
ofTen, dass dem rosse das gralswappen eingebrannt war. ich
hotle daher an dieser stelle dem sinne nach richtig übersetzt
zu haben.
Im anschluss hieran will ich noch auf einige züge in der
beschreibung der Kundrie und des Malcreatiure hinweisen, welche
vielleicht auch aus remiuiscenzen an Lamprechts Alexander zu
erklären sind, eine einfache nebeneinanderstelluug der betref-
fenden stellen wird genügen, die ähulichkeit zu zeigen:
Parzival Alexander S
313,17 über den huot ein zopf
ir swanc
unz üf den mül:der was so laue,
swarz, herte und niht ze dar, b3Q^ sine hüt was ime bevangen
lind als eins swines ruck eh ä r al mit swinis bürsten
314, 1 rüchwas ir antlütze erkant
Z\3,22 zioetie ebers zene ir
für den munt 5008 si wären alse äffen
giengen wol spannen lanc under den ougen gescaffen
314,5 gevar als eines äffen hüt si heten sehs hande
truoc hende diz gcebe trüt lanc wären in di z ande
780,19 ir ougen stuonden den- Basler einl. 424
noch sus, sin ouge gab griuwelicJien schin
gel als ein thopazius, das eine sicarz, das ander gel
ir zene lanc : ir munt gap schin S 1 58
als ein viol weit in ein ouge was ime weiden
ganz ähnlich von Malcreatiure 517, 22 — 27.
Schliefslich mache ich noch auf Kinzels und Zachers an-
merkungen zu v. 5583 und v. 6094 aufmerksam, aus welchen
hervorgeht dass Wolframs angäbe von dem karfunkel, der unter
268 ZUM PARZIVAL
dem hörne des eiahoiDS wächst (482, 24 fl) uud ebenso sein
holz aspinde (490,26. 741,2 vgl. 812, 22 ff) ihre parallelen nur
in den betr. stellen des Alexander haben.
Berlin. G. ßÖTTlCHER.
FAIOBOMAPO:^.
So lautet bei Oassius Dio 77, 20 (ed. Dindorl) der name eines
Quadenkönigs, den MülienhoH' Zs. 7, 529 zu ahd. Gajo, Kejo stellte,
indessen niuss der erste teil des namens in der überlielerten form,
weil uudeutsch, falsch sein, deshalb kam Mülleuhoff, den der
name lauge beschäftigt hat, später (Hermes ii 318) auf die glück-
liche änderung: Faßiö^iaQog. die Römer hätten diesen nameu
Gaviomarus geschrieben, gotisch müste er Ganjamers , ahd. Ga-
uuimdr lauten, ich halte diese erklärung für befriedigend, weil
sprachlich gegen sie nichts einzuwenden ist: den Griechen lautete
der diphthong av damals längst wie aw , wofür sie in fiemd-
worten auch aß eintreten lassen konnten, da ja ihr ß auch sonst,
zb. durch Vertretung des lal. v, als ein dem spanischen b ähn-
licher laut sich erweist, trotzdem will ich eine andere erklärung,
die mir noch näher zu liegen scheint, nicht unterdrücken, wie
Müllenhoff möchte auch ich das erste o als versetzte ditlographie
ausstofsen, lasse aber /i? an seiner stelle, dann erhallen wir den
namen got. Gibamers, ahd. Gebomnr. richtiger hätte Cassius [e-
ßö/nagog statt raißöuaQog geschrieben; aber über die quantität
der deutschen vocale linden wir die Griechen im gegensatze zu
Römern sehr oft im unklaren; sie setzen 'i (ei) statt i, zb. ^Ay-
yeilcov Ptol. ii 11,15; 'Aleiaög Ptol. n 11,27 = AUso; e statt
cb: "Edovoi Strabo p. 192 lib. iv 3, 2 in vielen hss. statt Aiöovoi;
"Evog Arrian lud. iv 15,16 gegenüber Alvog Ptol. n 11,5 und
Aenns Tac. Hist. ni 5 = Inn; e, cb (i], ai) statt e: Xi]()ova/.ot
ständig bei Strabo; Allovalovg Strabo p. 290 lib. vn 1,3 (von
Müllenhotf emendiert) und Allovaltüvsg Ptol. u 11, 17 (eine hs.
auch sXovwveg) = Helvaeones bei Tac. Germ. 43, vgl. MüllenhotV
Zs. 9, 248 ; Xaigovaxoi Ptol. n 11,19. eine widergabe von e
durch ac kann also nicht als grund gegen meine auslegung an-
geführt werden; ebenso wenig dass der von mir hergestellte name
später nicht belegt ist, was auch bei Ganuimdr nicht der fall
ist. Gebomdr scheint mir in der bedeutung prägnanter: freigebig-
keit war eine der notwendigsten eigenschaften eines germanischen
fürsten.
Halle a. S. GUSTAF KOSSINNA.
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 269
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF
SAINTS (I) ED. SKEAT.
Älti-ics Heiligeulebeo sind von einzelnen partien abgesehen
nur in einer handscliritt der Cottonschen Sammlung (Julius E vii)
erhalten, aber diese hs. ist trotz der jüngeren sprachlormen , die
sie häufig zeigt, im ganzen recht gut: nur selten scheint mir
der text, soweit er bisher im drucke vorliegt, weitere besserungen
zu verlangen, als die schon vom herausgeber vorgenommenen;
ja gelegentlich lässt sich sogar die überlieieruug gegen ihn halten,
weit mehr anlass zu bemerkungen gibt aber die beigefügte Über-
setzung, die dem grösten teile nach von zwei damen herrührt,
deren arbeit Skeat nur revidiert hat. die quellen ÄUrics oder
verwandte darstellungen habe ich nur dann beraten, wenn ich
bei der lectüre von text oder Übersetzung irgendwo anstiefs. ich
zweifle nicht dass eine vollständige vergleichung noch manches
ergeben würde, über einige der hier besprochenen stellen habe
ich im jähre 1882 in der Berliner gesellschalt lür das Studium
der neueren sprachen gehandelt; vgl. das relerat in Herrigs
Archiv lxviii 83.
1. i 56 s. 14. Älfric spricht vom unterschied zwischen tier
und mensch, trotz der maniglaltigkeit, die in der tierweit herscht,
namentlich in bezug auf die art der bewegung der tiere hi ealle
swd pcbh dlotene beod tö pwre eordan weard and pider wilniad
odde pces, pe Mm lyst , odde pCBs, /*e hi bepurfon. diese worte
lauteu in der Übersetzung: yet all these are bowed down eaitli-
ward, and thither is their desire , eüher becaiise it pleaseth them
or because they needs must. aber pOBS pe ist nicht conjunction,
sondern gen. des relativpronomens abhängig von wilniad. die
herausgehobene stelle und was von z. 49 an vorhergeht und bis
z. 59 folgt, hat Älfric fast unverändert, ohne ein wort darüber
zu verlieren, Alfreds Übersetzung des Boethius entnommen (Raw-
linson s. 146, Cardale 386): hier heifst es ealle peak biop of
dune healde wif) paere eorpan and pider willniap oppe pces, pe
hi lyst, oppe pces, pe hi bepurfon, zu beachten ist him lyst bei
Älfric gegenüber hi lyst. dass Älfric die englische Übersetzung
Z. F. D. Ä. XXIX. N. F. XVII. 19
270 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
vorlag und nicht etwa das lat. original von ihm selbständig über-
tragen wurde, wird durch die vergleichung der entsprechenden
stelle des letzteren sofort klar: qnae licet nideas omnia discre-
pare nariis formis, prona tarnen fades hebetes ualet ingranare
sensus. Cardale übersetzt richtig: and there seek either what they
list or what is needful to them. vgl. auch Metr. 31, 15 xmihta
gehicilc . . . icilnad tö eordan, sume nedpearfe, sume neodfrcece.
2. I 70 s. 14. he (god) ivces d'fre ungeworht and wfre
wnnad ungeendod. his we' magon wundrian, and we ne magon
ne ne mötan nä furdor embe pis sme'agan (smeagen hs.), gif we
nellad üs sylfe forpceran. die worte hinter dem punct werden
übersetzt: we may wonder at Hirn, ich glaube aber dass his
nicht der gen. zu he, sondern zu hit ist; \g\. pis im lolgenden.
3. I 109 s. 16. warum zu Vainboasting , womit idel gylp
übersetzt wird, noch in klammern Envy gefügt wird, kann ich
mir nicht erklären.
4. I 215 s. 22. Älfric will zeigen, was die menschliche
Seele ist oder vielmehr nicht ist: nis seo orpung, pe we üt bld-
wap and in dleod, oppe ure sdwnl, ac is seo lyft, pe ealle licham-
lice ping on lybbad bütan fixum dnum, pe on flödum lybhad. die
Übersetzung lautet: it is not our breath [spiritus] or onr soid
that we bloxD out and draw in, but air, in which all bodily ihings
live usw. hätte aber Älfric etwas derartiges sagen wollen, so hätte
er gewis seine worte anders gewählt und vor allem anders ge-
stellt, ferner halle ich es für unmöglich dass Älfric orpung und
sdwul als Synonyma gebraucht, orpung bedeutet nicht spiritus,
sofern dies mit aninia sinnverwandt ist; vgl. Älfr. Gl. 306, 1
anima sdwul, spiritus gast, orpung kann an unserer stelle
nichts anderes heifsen , als 'atem'. endlich ist auch zu beachten
dass seo orpung und nicht ure orpung dasteht, ich halte oppe
für eine Interpolation: lassen wir es weg, so wird der satz klar:
'der atem, den wir ausstofsen und einziehen, ist nicht unsere
seele, sondern (der) ist (nur) die luft, in der' usw.
5. 11 29 s. 26. Eugenia, obwol noch heidin, wie ihre
eitern, ist vom geist des Christentums eifasst und will, da aus
ihrer Vaterstadt Alexandria alle Christen vertrieben sind, ander-
wärts Unterweisung suchen, heo bcßd pd hyre fceder , pect heo
feran (hs. fceren) moste geond his hdmas (hs. hatnes) on alexan-
discre scijre. Skeal (für die Übersetzung dieser homilie erklärt
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 271
er sich s. vii ganz allein verantwortlich) gibt die worte so wider:
then prayed she her father that she might go away from his hoiise
in the city of Alexandria. aber geond ist 'über , . . hin', nicht
'weg . . . von' und scir ist 'provinz', nicht 'stadt.' die stelle wird
klar, sobald man hdm in dem bei Bosworth- Toller hinlänglich
belegten sinne von 'landgut', 'besitzung' nimmt: 'dass sie seine
besitzungen in der proviuz von Alexandria besuchen dürfte'; vgl.
Surius (ausgäbe von 1 880) xii 430 fingit quidem se, ut rure re-
creet et bona fruatur aeris temperte, excedere e civitate.
6. II 61 s. 28. diemenge, welche den bischol Helenus be-
gleitet, singt: Uta iustorum recta facta est et iter sanctorum
preparata (sol) est, was Aliric so übersetzt: pcera rihtwisra ivcBg
is gerihtloeced and pcera hdlgena sidfcet is gegearcod. Skeat gibt
gerihtlcBced durch guided wider: aber Älfric verstand gerihtlcBced
nicht so, da er es für recta facta setzte: es wird am besten nach
dem ausdruck der englischen bibel Marcus 1, 4 durch made
straight übersetzt.
7. II 72 s. 28. p€es on morgen ist nicht therefore in the
morning, sondern the next morning. p<jes ist abhängig von
morgen und nicht conjunction; vgl. iii 165 s. 60 siddan pces on
mergen, das ich lieber durch then the next morning übersetzen
möchte, als durch after this in the morning; vi 209 s. 160 und
337 s. 166 pCES on mergen, vi 253 s. 162 und vii 91 s. 174 eft
pces on mcBrgen (mergen); ferner söna pces vii 420 s. 194 soon
after this und mehrere unter nr 32 angeführte stellen.
8. II 78 s. 28. Eugenia steht in männerkleidung vor dem
bischof Helenus , dieser ist aber in einer vision über ihre Ver-
hältnisse unterrichtet worden, he genam hi pd onsnndron and
soßde hyre gewisUce, hwaet he'o man ne wobs and hwylcere mceg-
pe usw. Skeat übersetzt hwcet heo man ne wces mit how she
was no man. aber, wenn Älfric diesen gedanken hätte ausdrücken
wollen, so hätte er nicht hwcet gebraucht, sondern poet; vgl.
die forlseizung and pcet heo . . . gelicode usw. die annähme aber,
dass hwcBt etwa von einem Schreiber gesetzt sei statt pwt, empfiehlt
sich deshalb nicht, weil das, was wir dann bekämen, ebenso
schlechtes englisch wäre, wie der satz: 'er sagte ihr dass sie
kein mann war und aus welchem geschlecht' schlechtes deutsch.
ich glaube dass wir die stelle in Ordnung bringen, wenn wir
man ne als ein wort lesen manne und dafür dann die ältere
19*
272 BEMERRÜISGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
form manna setzen, den gen. pl. abhängig von hwcet: 'was der
menschen sie war', dh. 'wer sie war.' vgl. x 191 s. 232 hwcet
eom ic manna, pcet ic mihte god forbeodan? Elene 903 hwcet is
J/is, Id, manna?
9. n 80 ff s. 30. die unmittelbare tortsetzung der unter
8 citierten stelle lautet and pcet heo purh mwgdhdd mycclum ge-
licode pdm heofonlican cyninge , pe heo gecoren hcefde , was Skeat
so widergibt: and hovo she, hy the virginity lohich she had chosen,
greatly pleased the heavenly King, ich glaube aber dass die Stel-
lung des relativsatzes pe heo gec. h. diese auftassung verbietet,
und dass pe sich nur auf cyninge beziehen kann, wenn aber
dann der bischof der heiligen in aussieht stellt, pcBt heo sceolde
swic/lice ehtnyssa (hs. ceht,) for mcegdhdde dröwian, so ist sxoid-
lice nicht mit Skeat (that she should extremely suffer persecutions
because of her virginity) als adverb zu fassen, sondern als ad-
jectiv zu ehtnyssa zu ziehen.
10. n 84 s. 30. von Eugenia wendet sich der bischof zu
ihren begleitern , den eunucben Profus und lacinctus: tö hire
twäm cnihtnm he cwoed , pcpt hi heoldan cepelborennyss on möde,
peah pe hi mannum peowdon. Skeat gibt den nebensatz so wider:
that they onght to preserm true nobility in their minds, thongh
they served men. aber eine mahnung kann in den worten nicht
liegen, sondern nur eine anerkennung. vgl. die darstellung bei
Surius s. 434: vos . . . qni fortnna quidem serni , mente antem
estis liberi. also: 'dass sie adel in der seele besäfsen.'
11. n 91 s. 30. der bischof heifst Eugenia die männliche
kleidung noch weiter tragen: pcet heo swd fmrhwnnade on pdm
locerliaim hiwe, öppwt hi on fante gefuUode wurdon and myyi-
sterlicre drohtnunge dearmmge gepeodde. Skeats Übersetzung lautet :
still to contimie in the man's apparel, nntil they had all been bap-
tized in the fönt, and to join secretly in the service in the minster.
für Service in the minster wäre wol monastic life die deutlichere
Übersetzung, aufserdem aber glaube ich dass gepeodde nicht pa-
rallel m\l piirhwunade steht, sondern parallel mit gefullode, also
nicht Präteritum, sondern part. pl. ist. auch die eunucben
werden nicht blofs getauft, sondern treten ebenfalls ins kloster
ein (vgl. 101 f).
12. n 135 s. 32. tö dä>re femnan ist nicht to the woman,
sondern to the virgin. dieselbe wol durch den gedanken an lat.
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 273
femina veranlasste ungenaue Übersetzung von fSemne ist ii 227
s. 38, IV 97 s. 96, vni 26 s. 196, vm 230 s. 208 zu berichtigen.
13. II 157 s. 34. eine wilvve hat sich in die heihge Eugenia,
die immer noch als mann gilt und inzwischen abt geworden ist,
verliebt und sucht sie durch berulung auf die günstige läge, in
welcher sie ihr mann zurückgelassen, zur gegenliebe zu bewegen :
heo . . . cwced, pa>t . . . hyre wer Icefde unlytle cehta on lande and
on feo and on forewyrcendum , 'and «nc nccs gemwne man (oder
man?) on dysum lyfe.' Skeat übersetzt den letzten satz: and
we two had no communion in this life. er hat also olfenbar man
als man genommen, aber ich zweifle, ob das Vorhandensein eines
me. man (s. Stratmann s. v. mwne und SKatherine ed. Einenkel
332 buten monnes man) genügt um ein solches auch türs ae.
glaublich zu machen, abgesehen aber davon, dass wrfn sonst
bisher im ae. nirgends belegt ist, scheint mir, würde die Ver-
bindung gemcene mdn 'gemeinschalt gemeinschalthch' nicht eben
geschickt sein, endlich was sollte der satz dann ausdrücken?
'wir hatten keine innere gemeinschalt'? das wäre doch zu modern,
wenn man aber au 'eheliche gemeinschalt' denken will, so ist
das auch nicht gerade, was man hier erwartet, nachdem die
witwe erzählt dass ihr mann viel vermögen hinterlassen (im ori-
ginal steht nur Icefde: die Übersetzung had left her fügt das pro-
nomen ungenau hinzu), erwartet man an dieser stelle nur die
erklärung, dass sie die einzige erbin der hinterlassenschall sei;
vgl. bei Surius s. 438: non est enim mihi maritus nee ßlii nee
cognati. ich denke dass man einen erträglichen sinn gibt: 'und
wir hatten keinen menschen in diesem leben , der uns etwas an-
gieng', sodass eine änderung (nun bearn oder etwas ähnliches)
nicht nötig scheint.
14. II 172 s. 34. die witwe hat ihre vertührungskünste
versucht: hwcBt, da Eugenia hi gebletsode and cwcid tö däre sceande,
pcBt heo södlice woere gdlnysse onlendnyss usw. Skeat übersetzt
die Worte von and an: and said, to her shame, that she verily
was a kindler of lust. aber, wenn ÄUric dies hätte sagen wollen,
so hätte er gewis tö hyre sceande geschrieben, nicht tö dwre sceande.
ich glaube dass sceand hier von der schändlichen witwe zu ver-
stehen ist, ähnlich wie nhd. laster, lat. dedecus, opprobrium udgl.
von personen gebraucht werden, vgl. scurra scond bei Wright-
VVülcker 45, 29.
274 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
15. II 195 s. 36. pd com se dceg, ße se dema gesa>tte,
Skeat: then came the day when thejudgetook his seat. ich glaube
aber dass der relativsatz vielmehr zu übersetzen ist: which the
jndge had appointed. ich kann zwar die redensart d(pg (ge)settan
aus dem ae.- nicht belegen, vgl, aber me, stellen, vpie Havelok
2571 at the day he come sone, pat he hetn sette; William of Pal.
1462 alle graunted sone and selten a serteyne day.
16. 11 201 s. 36, pü forscyldeguda ist wol durch thou con-
demned one zu stark vvidergegeben, in Älfrics Glossar gibt for-
scyldegod lat, sceleratns und facinorosns mdev (321, 15), dagegen
damnatns und condemnatus ist fordemed (321, 14). also etwa:
thou reprobate.
17. II 210 s. 36. da swör Philippns, pcet he fridian wolde
pd leasan wudewan, de'ah pe heo gelignod wurde (hs. wurde unter
aufgäbe des grammatischen wechseis), Skeat übersetzt gelignod
w. durch should prove to he perjured: auch das scheint mir zu
stark, das richtige steht bei Bosworth-Toller, wo aber geligenod
fälschlich mit langem vocal in der Stammsilbe geschrieben wird :
convicted of lying.
18. II 219 s. 38. eine magd der witwe sagt aus dass
Eugenia ihrer herrin gewalt antun wollte, bütan heo mid hreame
hyre hraiddinge ofdypode, nach Skeat but she, with her screaming,
cried out for her help. richtiger werden die worte bei Bosworth-
Toller s, v. hredding umschrieben: the result of her ontcry was
to save her. es ist aber aufserdem zu bemerken dass bütan hier
nicht durch but übersetzt werden darf (vgl. Varnhagen An in-
quiry into the origin and different meanings of 'but' s. 33 f), da
es nicht 'aber', sondern 'wenn nicht* bedeutet,
19. II 234 s. 38. päm breman Philippe ist nicht to the
angry Philip , sondern to the famous, iUustrious u6g[. Skeat hat
sich durch das mittelenglische verleiten lassen.
20. II 259 s. 40. Eugenia hwfde tjer gepingod pmre leasan
Melantian tö hyre leofan f (jeder , pcet heo mid wi/tum ne dwrcece
hyre welhreowan e'htnysse. Skeat übersetzt: Eugenia ere this had
already interceded for the false Melantia to her dear father,
(saying) that she would not avenge with torments her cruel per-
secution. mir scheint es unzweifelhaft dass heo hinter pat vom
Schreiber statt he geschriel|en ist, wie zb. iii 30 s. 52, wo oben-
drein eine andere hs. he bietet.
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 275
21. ir3l8 8. 44. Eugeiiia begibt sieb nacb dem tode ibres
vaters mit ibrer mutter und ibren brüdern nacb Rom, and pd
romaniscan wijtan hi wel underfengon (hs. -fmigon) and for pcere
ealdan cijäde. pcvs ivdelan Phüippes. pa gescetton [)d wytan söna
pd cnihtas on twdm heafodburgum on healicmn wnrdmynte. Skeat
gibt die stelle so wider: and the Roman Senators well received
them, as well as for tlieir old acquaintance with the noble Philip.
Then very soon the Senators appointed usw. aber and ist nicbt
as well as, und aufserdem passt as well as nicbt einmal, es
würde alles in Ordnung kommen, wenn man and vor for stricbe:
icb glaube aber dass nur der punct binter Philippes zu tilgen ist.
22. II 356 s. 46. ßasilla, die Ireundin und gesinnungs-
genossin der Eugenia, verschmäbt den ilir vom kaiser zugedacblen
bräutigam : pd gesöhte se cniht pa>s kdseres fett, and pd romaniscan
wytan mid wöpUcre ceornnge him mid spriBCOn and da mwdena
wregdon. Skeats Übersetzung lautet: then the youth sought the
feet of the emperor, and the Roman Senators, with tearful com-
plaint, and communed with them, and accused the virgins. Skeat
hat also pd r. wytan als accusativ parallel mit pces kdseres fett ge-
nommen und binter ceornnge interpungiert: subject bei communed
und accused muss the youth sein , them aul die Senatoren geben,
aber Ältric bat spr&con und wregdon, nicbt spra-c und wre'gde:
desbalb muss pd r. wytan nominativ sein und him aut den Jüng-
ling gehen: 'und die römischen Senatoren . . . sprachen mit ihm',
dh. unterstützten seine bitte.
23. II 395 s. 48. Eugenia wird ins wasser geworfen, allein
die Christen sollten erkennen dass Christus bei ihr war, der einst
den heiligen Petrus aut dem meere an der band führte, pect
pCBt da salican yda hine forswelgan ne mihton. die zwei poet
können nicht richtig sein: es ist wol einfach eines zu tilgen.
24. II 404 s. 48. der beil. Eugenia wird die uabrung vor-
enthalten, aber Christus kommt in ihren kerker und bringt ihr
m&rne bigleofan, sndwhwitne hldf. Skeats abundant ist keine
treffende Übersetzung lür mdere, dem hier etwa glorious oder
delicious entsprechen würde, auch great iv 347 s. HO (mOBre
Jyrced = great odour) oder well-known (ix 15 s. 210 pysum mce-
ran godspelle) ist nicbt bestimmt genug.
25. II 410 s. 48. on pdm dcege pü scealt cuman tö me
«luss es natürlich heifsen: pa für pü ist wol nur ein druck-
276 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
oder Schreibfehler, so ist ferner iii 172 s. 60 pdm earman
wife zu lesen st pa, iii 434 s. 76 feowerteogoäan st. -teoffogan,
in 595 s. 84 gefremman st. gefreman , iv 40 s. 92 pes wynsuma
hraed st. wynsuman, vii 142 s. 179 harlots' st. harlot's, vm 1
s. 194 geciged st. gekged, vm 212 s. 208 heße hine üpp st. htm,
VIII 232 s. 208 tö dam ecean life st. ece, ix 58 s. 212 w<vs st.
w(e, XI 206 s. 250 martyrum st. martyru.
26. III 5 s. 50. da [)d he syfon wyntre wces. die Über-
setzung when he tcas seven years [ohl] könnte zu dem glauben
verführen, als wenn syfon wyntre = seven years wäre, während
es doch in würklichkeit ein adjecliv syfon -iDyn(re = seven years
old ist.
27. ni 13 S.50. Enbolus se ndwyta . . . underfeng (hs. -fwng)
Ponne cnapan, swd swd he frymdig wcps usw. der nebensatz ist
durch becanse he was inquisitive nicht richtig widergegeben: es
muss heifsen as he was desirous; man vgl. besonders die bei
Grein aus Älfrics Exodus angeführten stellen.
28. III 148 s. 58. der heil. Basilius schrieb eine mönchs-
regel, die schwerer zu halten ist, als die des heil. Benedictus:
ponne se (näml. regol), de Benedictus sippan us gebysnode, swylce
tö anginne dgenre gecyrrednesse. die Übersetzung bei Skeat lautet;
than that tvhich Benedict afterward gave us example of, as it were
at the beginning of his own conversion. aber Älfric denkt gewis
nicht an eine bekehrung Benedicts: üs vor gebysnode (vgl. auch
he tihte iis 150) gibt an die band, welches pronomen bei dgenre
gec. zu denken ist. tö anginne aber ist as a beginning. die Vor-
schriften des heil. Benedicts hatten nur den anfang eines gott-
gefälligen lebens (inicium bonae comiersationis) im äuge: dagegen
snnt doctrine sanctorum patrum , quarum obsernatio perdncat ho-
minem ad celsitudinem perfectionis, heilst es im letzten capitel,
oder hören wir Älfric selbst: ac he tihte ns an (ßfteweardan pces
ykan regoles tö gedungenra Idreowa lifes drohtnnngum.
29. ni 152 s. 58. an die eben citierten worte scbliefst sich
unmittelbar an and tijmde tö pdm regole, pe Basilins gesette. das
wird übersetzt: and recommended the rule which Basil had esta-
blished. aber recommended gibt tymde nicht genau wider: es ist
nur referred to 'berief sich auf, 'wies hin auf.
30. in 162 s. 60. ein Jude ist zugegen, wie Basilius eine
messe liest: da Basilius die hostie zerbricht, kommt es dem Juden
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 277
vor, als ob ein kind zerteilt würde: er geht mit dea anderen
zum abendmahl und erhält ein stück fleisch (dn snced flcesces),
and he seap (hs. scep gegen OV) of dwm calice eac swylce blöd,
was übersetzt wird: and he sipped moreover as it were blood from
the chab'ce. mit unrecht ist hier (vgl. auch unten nr 42) eac swylce
= etiam zerrissen und eac durch moreover upd swylce durch
as it were übersetzt worden, da in der zeile vorher bei an
snced flmces keine beschränkende bestimmung steht, ist auch
hier keine am platze, vgl. auch Surius vi 315 inde accepit et
calicem sanguine repletum, uti revera est.
31. III 191 s. 62. der kaiser wurde auf einen ealdorman
sehr zornig and het hine gebindan and him tö gebringan bysmor-
lice on hcßfte, was so widergegeben wird: and comtnanded to
bind him, and to bring hini ignominiously into captivity. aber
nach hdtan steht der blofse inünitiv, also kann to nicht zu ge-
bringan gehören, und to bring him würde hine gebringan lauten.
him tö gehört zusammen : der kaiser liefs den ealdorman binden
und in fesseln (on hcefte) vor sich bringen, bei Surius 325
heifst es allerdings nur in vincula coniectus est, aber Alfrics quelle
wich von der darstellung dort vielfach ab.
32. III 195 s. 62. auf die bitte des ealdorman betet Basilius
für ihn: pd ymbe syx dagas se cdsei'e het sendan ongedn ßone
geswcenctan ealdorman of pcem nearwum bendum. die Übersetzung
des anfangs dieser stelle: then in about six days ist unrichtig.
ymbe ist after; vgl. Surius 325 post sex namque dies ab impera-
tore iussus est vinculis solvi. dieselbe fehlerhafte auffassung von
ymbe finden wir auch sonst: so iii 268 s. 66 p(Bs ymbe seofan
niht 'about seven days afterwards' ; xi 65 s. 242 dces embe seofon
niht 'about a se'nnight after this' (AASS mar. ii 19*^ cum transis-
sent autem dies Septem), richtig ist dagegen zb. in 422 s. 74
ymbe dry dagas 'after three days' und 430 s. 76 ymbe feawa
daga (gen. pl., falls nicht verschrieben für dagas) 'after a
few days'.
33. III 197 s. 62. an die eben behandelte stelle schliefst
sich sofort and him pd blide wces, was durch and he was blithe
thereat widergegeben wird, hat die Übersetzerin etwa blide für
das neutrum gehalten ? oder wie hat sie sich sonst him zurecht-
gelegt? jedesfalls aber ist die auffassung unrichtig, blide hat
hier vielmehr die bedeutung 'gnädig' (vgl. iv 131 s. 98, wo es
278 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
durch kind übersetzt wird): subject bleibt der kaiser: 'und war
ihm da gnädig.'
34. III 206 s. 62. on sumum dege fe'rde se (hs. seo gegen V)
foresceda bisceop, pd rdd lulianns se drleasa (hs. -lease) cdsere mid
mycelre (hs. -ra) fyrdinge swide füs tö wige. warum ist pd rdd
mit tohere rode übersetzt st. when tkere rode?
35. III 225 f s. 64. man muss doch wol schreilten: ic wdt
pine dyrstignysse and pinra {\\%. pine) burhwara, pe töbrcBcon pd
anlicnysse, pe (hs. pi) ic sylf droerde. doch wäre auch pinre burh-
ware möglich, die Übersetzung setzt eine solche Verbesserung
voraus.
36. III 231 s. 64. Basilius rät seinen milbürgern , pCBt hi
pone redan cdsere mid sceattvm gegladodon, ponne he of pdni side
cöme; nach der Übersetzung, that they should gladdeti the cruel
emperor usw. aber gegladian heifst hier nicht 'erfreuen', sondern
'gnädig machen', 'günstig stimmen', to appease. dieselbe be-
richtigung ist für die Übersetzung nötig iii 562 s. 82 he mid ge-
bedum gegladaf) god celmihtigne (vgl. Surius 6, 335 oraiis conci-
liabit tibi dominum) und iv 137 s. 98 hü magon hi beon gegla-
dode? (vgl. AASS jan. i 580* dicitis eos . . . placari).
37. in 276 s. 66. ein augenzeuge berichtet vom tode des
kaisers Julian: pd hrijmde lulianns mid hospe and earmlice ge-
wdt on üre geioytnysse. die Übersetzung der drei letzten Wörter
durch as we can testify ist nicht treffend: es ist nur 'vor unseren
äugen', 'in unserer gegenwart'; vgl. ne. m the wittiess of (zb.
II 301 s. 42 on pces folces gewytnysse widergegeben durch in the
witness of the people). iv 77 s. 94 gdstUce peonde on godes ge-
wytnysse wird übersetzt increasing in the spirit, in testimony to
God: auch hier ist on godes gew. nur 'vor golt' (vgl. AASS jan.
i 577*" ut a solo domino Christo et sanctis angelis sciretur , quod
agebant). es sei hier auch noch auf vi 148 s. 156 hingewiesen:
Florus gründet da ein kloster and mid micelre dre pcet mynster
gegödode and priuilegium selte on swutelre gewitnysse. die Über-
setzung lautet: and wilh great favour he benefited the monastery,
and assigned privileges to it in clear testimony [thereof]. das
würde doch besagen dass Florus dem kloster Privilegien verlieh
zum beweis, dass er es beschenkte: so etwas konnte Ällric nicht
sagen wollen, on swutelre gewitnysse übersetze ich 'vor genügen-
den zeugen': zur Übertragung der rechte ans kloster muslen
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 279
DaUirlich zeugen zugezogen werden (Grimms RA 608). die zeugen-
schaft wird als swutol bezeichnet, weil sie lür immer das recht
des klosters klar machte, die quelle bietet AASS jan. i 1046'
scripto iiixta consilinm beati viri testamento tradidit ei omnia et
de sno iure in eins delegavit potestatem atque dominium.
38. III 285 s. 66. löcahü pü wylle 'wie auch immer du
willst' kommt zu den von Kluge Beitr. 8, 529 ff aus unserem
denkmal beigebrachten belegen hinzu, ich weise auch noch auf
Ällr. Gr. 58, 12 hie et haec et hoc uetus löchwcet eald s^ hin und
287, 21 decempes löchwcet halbe tyn fe't. auch mag hier noch
eine stelle aus einem bisher nicht gedruckten gebet stehen:
löchwcenne min tima beo and pin willa sp, pcet ic pis l&ne (hs.
hl(pne) lif foricetan scyle, Icet me mid gedefenesse nitne dagas
geendian (C. C. C. C. 391 =K. 10 s. 602).
39. III 333 s. 70. die rechtgläubigen und die ketzer er-
heben anspruch auf dieselbe kirche. da schlägt Basilius vor die-
selbe fest zu verschliefsen. die ketzer sollen zuerst drei tage
hindurch beten, und, wenn gott auf ihr bitten hin die kirche
öffnet, so sollen sie sie behalten: gif pone se cplmihtiga god nelle
hi eow geopenian, dann wollen die rechtgläubigen beten, die
Übersetzung ignoriert pone vollständig: if the Almighty God will
not open it to you. pone steht für ponne (der Schreiber unter-
scheidet die beiden Wörter nicht mehr streng, vgl. zb. pone lür
ponne iii 647 s. 88), und dieses ist hier, wie oft 'aber', ich ver-
weise nur auf Übungsb.^ vii 19 s. 14 . . . gif hit fuguldceg sie ; gif
hit donne festendtcg sie usw.
40. m 370 s. 72. der teufel fragt einen jungen mann, der
mit seiner hilfe die liebe der tochter seines herrn zu erlangen
sucht, ob er an ihn glauben und Christus verläugnen wolle, wid
pdm pe he' gefremode his fülan gälnysse. das wird übersetzt:
as soon as he had furthered his foul bist, die zweite hs. hat
allerdings sippan st. wid pdm pe, aber darum ist das letztere nicht
mit dem ersteren gleichbedeutend: es ist 'unter der bedingung,
dass', 'wofern' (v 185 s. 128 if only). in der antwort des jungen
mannes entspricht ihm gif (374, wo übrigens fremode ebenso
hätte übersetzt werden sollen, wie 370: dasselbe gilt von 380).
41. ni 408 s. 74. der junge mann erlangt mit hilfe des
teufeis die band des mädchens. die arme frau erfährt aber von
seinem bund mit dem teufel, eilt zu dem heil. Basilius and cydde
280 BEMERKÜiNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAIMS
him he endebyrdnysse hyre cnihtes wiperscec. die Übersetzung her
hnsband's apostacy ist uicht zu rechtfertigen, wenn man nicht,
was ich allerdings liir notwendig halte, ceorles st. cnihtes schreibt,
an dera verschreiben war wol der umstand schuld, dass der junge
mann vorher als se deofles cniht (403 und 401) bezeichnet wor-
den ist.
42. m 424 s. 74. der unglückliche junge mann, der sich
dem teulel verschrieben hat und den Basilius retten will, erzählt
dass die teulel zu ihm kommen and nie swide geegsiad and e'ac
swylce torfiad. der letzte satz wird widergegeben and also , as it
were, shoot at me. wir haben hier denselben fehler, dem wir
unter nr 30 begegnet sind, aufserdem ist torfian nicht 'schiefsen',
sondern 'werfen', vgl. Surius 329 nee ferre possum eorum cla-
mores, terrores et ictns lapidum.
43. HI 426 s. 74. lerner zeigen die leufel dem jungen mann
seine verschreibung und cwedad, pcvt ic cöme tö him and nd hi
tö me. die Übersetzung that 1 shall come to them and not they
to me beruht auf der durch die ne. form veranlassten annähme
von come st. mme (vgl, nr 59). dass aber cöme (conj. prät.) vor-
liegt, wird einmal durch 445 bewiesen, wo der teufel sagt: ne
söhte ic nd hine, ac hc sylf com tö me, sodann aber auch durch
Surius 329 tu venisti ad nos, non nos ad te.
44. in 469 s. 78. bei dem priesler Anastasius lebt eine
jungirau geond feowertig gedra (hs. yeare) fec ficgre gehealden.
die Übersetzung about the space of forty years ist nicht richtig.
ahout ist durch for oder during zu ersetzen, vgl. geond prittig
nihta (hs. nihte) vm 12 s. 196 'during thirty nights [a month]' ;
geond feoicer gedra (hs. geare) f(£c ix 9 s. 210 'for the space of
füur years.' ,,,.!» <
45. HI 480 s. 78. bei Anastasius lebt auch ein aussätziger
belocen on äuum clyfan. das wird übersetzt shut up in a cave
(vgl. auch 483). aber clyfa ist hier gewis 'kammer'. so ist auch
V 260 s. 132 071 minum hordclcofan 'in meiner Schatzkammer',
nicht 'in my treasure-chest' : vgl. habeo . . . cubiculum holovitreum
AASS Jan. ii 273''. vielleicht ist es, da mau vielfach in cleofa,
clyfa langen vocal angesetzt findet, nicht überflüssig zu bemerken
dass das altn. klefi, klifi seine kürze beweist.
46. HI 498 s. 80. der abt EITrem hört von den wundern
des heil. Basilius und bitlel gott ihm zu zeigen, hwylc Basilius
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 281
wwre on wurdscype mid htm, was übersetzt ist: what manner of
man Basil was in hononr [as compared] wüh hmself. aber schon
das, was Effrem sieht, da seine bitte in ertüllung geht (eine bis
zum himmel ragende feurige säule), beweist dass die Übersetzung
unrichtig ist. auch ist sie sprachh'ch nach meiner ansieht nicht
zu rechllertigen. hirn geht nicht aut Effrem, sondern auf god:
'in welchem ansehen Basilius bei ihm stünde.' bei Surius 330
heifst es nur petiit sihi a deo revelari, cuiusmodi esset Magnus
Basilius.
47. ni 506 s. 80. Skeat druckt basilinus mit nachfolgendem
(sie), auch in 549 s. 82 schreibt er basiliuus, aber die ab-
kürzung, die gewöhnlich für ms steht, wird doch mitunter hinter
M für blofses s gebraucht (Wattenbach Anleitung^ 22 des auto-
graphierten teils), es ist also basilius zu drucken.
48. m 507 s. 80. Basilius bewilikommte Effrem bei sich
swd swd he wyrde woes : das wird übersetzt forasmuch as he was
worthy. aber es ist das doch nicht 'weil' oder 'in so fern er
würdig war', sondern 'wie er (dessen) würdig war'.
49. m 513 s. 80. Effrem bittet Basilius, er möge sich bei
gott dafür verwenden, dass er (Effrem) griechisch sprechen
könne; dabei bemerkt er: ic wät , pwt pü byst tjjda, swd hwces
swd pü bytst fvt gode. die Übersetzung lautet: I know that thon
art a dispenser of whatsoever thou askest of God. ich weifs nicht
wie die Übersetzerin auf dispenser für tpda gekommen ist: es ist
vielmehr receiver , obtainer. vgl. Surius 331 sdo . . . te facile
impetraturum a deo, quidquid ab illo petieris.
50. m 537 s. 82. eine grofse Sünderin verfällt auf eine
recht eigentümliche art ihre Sünden loszuwerden, sie schreibt
sie alle auf ein blatt, versiegelt dieses und bringt es dem heil.
Basilius, zu dem sie sagt: ic bidde pe for godes lufan, pwt pü
me unlyse pd inscrglunge , ac ddylega pd synna tö dryhtne me
pingiende. das wird übersetzt: / j}7^ay thee, for God's love, to
unloose for me this seal, and blot out the sins usw. es ist also
ac durch and widergegeben worden , und in der tat wäre but da
unmöglich, aber ist denn ac im urtext weniger auffallend, als
but in der Übersetzung es wäre? me" ist unzweifelhaft verschrieben
statt we: Basilius soll die schrift nicht lesen, sondern nur durch
seine fürbitte die aufgezeichneten Sünden tilgen, vgl. Surius 335
omnia peccata et scelera mea seripsi in hac Charta eamque obsignavi.
282 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
tu aulem, sancte dei, illam, quaeso, m re sign es, sed tantum
precibus tuis dilue, quae in ea scripta sunt.
51. iv37f s. 92. die brautkammer des heil. Julianus lüUt
sich mit dem kostlichsten duCt, sodass auch in seiner jungen
gattin alle irdischen triebe ersterben, sie erklärt: me m'i ne lyst
ndnes synscipes, ac pws hcelendes geßeodnysse niid gehealdenre clen-
nisse. Skeat übersetzt: 7iow I have no desire for any sinfulness,
but (feel) only desire for the Saviour, with preserved chastity.
aber synscipe ist keine ableitung von syn siinde, sondern be-
deutet wedlock, ehe, coyiiugium ohne irgend welchen tadelnden
sinn, in den AASS jan. i STö** heifst es nee penitus desiderem
thori coniunctionem. v 176 s. 126 ist es richtig übersetzt, was
dann Ibigt, ist deshalb nicht geschickt übersetzt, weil to have
desire für lystan gebraucht wird und dann desire auch für ge-
peodnysse, das doch ebenfalls von lyst abhängt, die stelle ist
deutsch etwa so widerzugeben: 'nun verlangt es mich nach
keinem ehelichen verkehr, sondern nach Vereinigung mit dem
heiland bei bewahrter reinheit.'
.52. IV 129 s. 98. unter den gründen, mit denen Martianus
es versucht Julianus dem Christentum abtrünnig zu machen, ist
auch der hinweis auf seine edle herkunft: cwced, pcet he geare
wiste his Oidelborennysse. die Übersetzung said that he had for-
merly known his high rank nimmt geare für gedra. hat denn
aber Martianus diese kenntnis nicht mehr? geare ist natürlich
unser 'gar': geare %oitan betie nosse (vgl. zb. v 62 s. 120).
53. IV 273 s. 106. Martianus verlangt unter berufuug auf
Christi taten auch von seinen anhängern aufervi'eckung eines toten,
indem er Julianus so anredet: e'ower Crist drcerde pd deadan
to life: l&t nii geswutelian, gif he söd god sy and ge pisne
drasran, was so widergegeben ist: yonr Christ raised up the dead
to life, let it now be proved if He be true God, and do thou
raise up this man. zunächst halte ich es nicht für richtig ge als
auf den einen Julianus bezüglich zu nehmen: mir ist eine solche
Verwendung des ge aus altenglischer zeit nicht bekannt, so ist
natürlich auch iv 318 s. 108 ne purfe ge. us bemmnan nicht
durch thou needest not bemoan us zu übersetzen : obvvol der söhn
zum vater spricht, denkt er, indem er ge braucht, zugleich an
seine mutler und sonstige verwandte, ähnlich ist die stelle vii 196
s. 180. Agnes redet zwar nur zu dem heahgercfa, aber, wenn
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 283
sie sagt : ne syiid ge nd wyrde pcet wundor tö geseonne, so denkt
sie auch an seine begleiler; vgl. 198 gdd eow nü peak ealle ut.
auch hier ist also die Übersetzung: thou art not worthy falsch,
an der stelle, von der ich ausgegangen bin, wird ^e deshalb ge-
braucht, weil Martianus, der ja auch eower Crist sagt, auch an
die anderen Christen denkt, die vor ihm stehen, auch im lat. steht
vos (s. weiter unten), aufserdem ist drceraii wol nicht als impera-
tivischer conjunctiv zu lassen parallel mit Icet, sondern als con-
junctiv im abhängigen tragesatz parallel mit sy: Mass nun sich
zeigen , ob er wahrer gott sei und ihr diesen (toten) aulvvecket.'
im lateinischen finden wir auch zwei sätze mit st, von denen
treilich nur der eine ein Iragesatz, der andere aber ein be-
dingungssatz ist: hie apparebit, si vere deus ist, si vos istum mor-
tuum, sicut magister vester fecit, suscitaveritis 583'.
54. IV 280 s. 106. der vom tode erweckte rult: e'ald, M
andfcencge gebed and hü cloene mijegdhdd is an ßisum mceran
lulianel in der Übersetzung: lo, how acceptable is the prayer,
and what pure virginity is in this noble Julianus, scheint mir
mit unrecht andfcencge als prädicatsnomen getasst zu sein, wo-
durch der parallelismus gestört wird, vgl. auch das lateinische:
0 acceptabilis oratio! o Immaculata virginitas! quanta meretur! 583\
55. IV 295 s. 106. nach dem eigenen berichte des wider
lebendig gewordenen wurde dieser deshalb aus der höUe ent-
lassen, weil gott in lolge des gebetes des Julianus erklärte : tielle
ic hine geunrötian on wnigum pincge , was übersetzt wird : / will
not cause him a displeasure on any account. abgesehen davon,
dass on any account misverstanden werden könnte ('um keinen
preis'), scheint mir geunrötian nicht richtig übersetzt, so lange
wir nicht durch unzweideutige belege eines andern belehrt werden,
müssen wir doch annehmen dass geunrötian nach der zweiten
schwachen gegenüber dem transitiven geunretan nach der ersten
intransitiv sei. ich kenne sonst keinen beleg für geunrötian,
ebenso wenig einen für unrötian oder rötian. das erstere wird
allerdings von Bosworth mit der bedeutung to make sad angeführt:
es scheint aber nur auf der lesart im cod. reg. von Mt. 14, 9
geunrot für geunret in der vorläge und Mc. 6, 26 geunrotan in
cod. reg. und cod. hatt. für geunretan zu beruhen, also auf me.
formen, aus denen ein ae. (ge)unrötian mit trans. bedeutung
keineswegs folgt. Leo führt ohne beleg unrötian zweimal an :
284 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
s. 66 mit der bedeutuog 'traurig werden', 652 mit der 'traurig
machea'. was unsere stelle anbelangt, so spricht liir die intran-
sitive bedeutung auch das lateinische: in nullo eum volo con-
tristari 583*. wir haben hier die constr. des acc. cum infini-
tivo, wie zb. Luc. 1, 62 da bicnodon hi tö hys fcvder, hwcbt he
wolde hine genemnedne be'on == quem vellet vocari eum.
56. IV 323 s. 108. der Christ gewordene söhn des Mar-
tianus bittet diesen , falls er von dem teuer , in das er jetzt ge-
worten werden soll, nicht getötet würde, dann etwa drei tage
mit seiner mutter Zusammensein zu dürten: gepafa, pmt min
mödor me gesprcßcan and sume preo niht on mtnum rmle heon.
aber gesprcecan und be'on können doch nicht prädicaie zum sub-
ject mödor sein, ich glaube aber nicht dass gesprcüce und beo
zu schreiben, sondern dass vielmehr möte hinter me einzu-
schieben ist.
57. IV 331 s. 108. Martiauus überträgt die auslührung der
Strafe seinem Vertreter und geht mit seiner gemahlin nach hause,
foi' pan pe he ne mihte geseon, hü his sunu forburne. die Über-
setzung: in Order that he might not see how his son was burnt
enthält zwei fehler: mihte ist nicht ne. might der bedeutung nach,
sondern was alle, could (find in his heart), und for pan pe ist
because, nicht in order that. vgl. incendinm filii videre non to-
lerans 584*.
58. IV 332 s. 108. pä het se nndergerefa hi ealle gebringan
inlö ddm tunnum and ontendan hi mid dcuman, was übersetzt
wird . . . commanded them all to be brought (and placed) in the
tuns usw. aber gebringan bedeutet hier einlach to be placed:
herbeigeführt waren die Christen längst: vgl. 306. das lateinische
lautet: inbet singulos sanctos in singulas deponi cnpas 584*.
59. IV 37011" s. 112. he het pd gedwftan pipt deoßes templ,
and [)d hdlgan cöman pider on bendum, and ealle pd hwdengildan,
pe pcßs hüses gimdon, cöman tö pdm temple tögednes pdm criste-
num. in der Übersetzung wird ein ähnlicher fehler begangen,
wie an der unter nr 43 besprochenen stelle, indem sie lautet:
he bade then the devil's temple to be prepared, and the saints to
come thither in bonds, and all the idol - worshippers . . . to come
usw. statt cöman (des prät. pl.) wird coman als inf. genommen,
der aber cuman lauten würde.
60. IV 427 s. 114. nach dem märfyrertode des Julianus und
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAIINTS 285
seiner genossen kam unter donner und blitz ein gewaltiges erd-
beben, swd pwt pobra tndnfulra mycel dcel forweard and ndn
stow ne wtstöd mid pdm slcBnenum godum ne ndn hwdengyld
se hagol ne belwfde. die letzten vvorle werden übersetzt: 7ior
did the hau leave any heathen place of worship. aber dann
würde ja dieser satz das nämliche besagen, wie der vorhergehende:
and no place remained Standing with the gods of stone. dass
das lat. 585'' nur hat: nee qualicumque permissmn est stare, in
q%io idolum esse dinoscehatnr , beweist nichts für die richligkeit
der Übersetzung. Ältric hätte nicht einen ganzen satz hinzu-
gefügt, wenn er nicht einen neuen gedanken hätte ausdrücken
wollen, hoedengyld ist hier ohne zweifei 'gützeubild' : es wurden
die tempel und die götzenbilder vernichtet, ebenso ist das wort
V 31 s. 118 zu fassen: pcet hl hi gehigdon tö dam hwdengylde,
ße hi sylfe wurdodon, wo es durch heathenism übersetzt ist.
vgl. hier das lat. AASS jan. ii 265'' quatenus ad thurificandum idolis
consentirent.
61. V 60 s. 120. onginnad eower gefeoht ongedn da nnge-
sewenlican fynd. die Übersetzung: hegin your fight against the
invisible fiend wäre nur richtig, wenn für da dastünde dam.
aber es ist, trotzdem Sebastianus AASS jan. ii 266^ in der ent-
sprechenden rede snbiectas pedibus hostis deuicti cervices erwähnt,
doch nach meiner ansieht unnötig zu ändern: o/t^e«H kann auch
mit dem acc. stehen : f^nd ist also durch fiends oder vielleicht
besser enemies zu übersetzen, v 245 s. 132 ist pegnum wol
nur in folge eines druckfehlers durch den sing, servant wider-
gegeben.
62. V 120 s. 124. gelyfdon pd ealle endemes on Cr ist wird
übersetzt in the end they all believed in Christ; ähnlich v 345
s. 138 pä öpre ealle endemes ferdon awceg 'all the others at last
went aiDtty\ während zb. ii314 s. 42 und viii 178 s. 206 endemes
durch together übersetzt ist. dieselbe Übersetzung ist für die
zuerst angeführten stellen nach meiner ansieht die richtige, für
die bedeutung 'endlich', 'schliefslich' ist, soviel ich sehe, kein
beweisender beleg beigebracht, es hindert zb. nichts an den
bei Leo 472 angeführten stellen (Älfr. Hom. n 214 da wurdon
ealle endemes ddylegode, 516 da scealfran gewiton aweg tö holte
ealle endemes uüd pd wurdon hi ealle endemes dstyrede), an denen
Thorpe finally und at length, Leo 'endlich' übersetzt, es ebenso
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 20
286 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRIGS LIVES OF SAINTS
zu fassen , wie an den aus den Lives zusammengetragenen stellen
(vgl. auch noch iv 239 s. 104, wo es bei Skeat likewise über-
setzt ist: auch hier würde aber together passen).
63. V 169 fr s. 126. der christ Tranquillinus behauptet dem
heidnischen he'ahgerefa gegenüber dass die götter der beiden nur
schlechte menschen gewesen seien, der folgende satz ist dann
ohne zweifei eine frage: cwyst pn, lä, ßiet ncere ndn lyfigende
god, cer pan de Saturnus Ms suna dbite and heora ßcesc cete on
pdm iglande Creta? bei Skeat heifst es: lol thou sayest usw.
vgl. aber Koch II §574 und das lateinische: numqnid, antequam
Saturnus Cretensibus imperaret et füiorum suorum carnes com-
ederet, deus m cwlis non erat? AASS jan. ii 271''. auch etwas
weiter unten lä hü, ne dwadast pü? (z. 178) ist nicht: look
whether or no thou errest , sondern etwa: loell, doest thou not
err? vgl. das lat. non ergo erras? und Älfr. Hom. n 80 Id hü,
ne möt ic dön, pect ic icille? was Thorpe übersetzt: what, may
I not do what I icill?
64. V 268 s. 134. Chromatius soll gesund werden, sobald
alle seine götzenbilder zerbrochen sind: es stellt sich aber bald
heraus dass zu diesen auch ein astronomiscli- mathematisches
Instrument zu rechnen ist , das sein besitzer vergeblich mit den
folgenden worten zu reiten sucht, die ich gleich mit der mir
notwendig scheinenden kleinen Änderung hersetze: hw(Pt derad
pis miigum? nd we hü ne wurdiad mid gewuneUcum offrnngnm,
ac hü gewissad üs pui'h wisne Idreoxodöm tö gedrlicum tidum and
tunglena ymbrynum. ich habe nd an stelle des überlieferten ne
gesetzt, ein 7ie kann kein zweites ne verstärken und ne an erster
stelle ist durch den Zusammenhang ausgeschlossen: auch nü, an
das man denken könnte, würde nicht recht passen.
65. V 306 s. 136. ein engel kommt, um Chromatius mit-
zuteilen dass Christus ihn wider gesund mache, da ruft er und
sein söhn Tiburlius, indem sie sich Sebastian und Polycarp zu
fülsen werfen: Crist is söd god and wlmihtig godes sunu, pe gü
Pegnas göde bodiad, die Übersetzung and the son of Almighty
God wäre nur zu rechtfertigen unter der annähme eines compo-
situms wlmihtiggod, das aber sonst nicht nachzuweisen ist. aufser-
dem aber spricht das lateinische gegen diese auffassung: verus
deus est Christus, verus et omnipotens unigenüus fdius dei. weiter
zeigt das lateinische dass die lesart pegnas göde, die übrigens
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 287
schon durch die von V göde pegnas gegenüber der von C godes
pegnas gesichert ist, das richtige bietet, bei Skeat ist servant
of God übersetzt: aber godes in C ist gewis durch godes vor
sunu veranlasst, das lateinische lautet: quem praedicatis boni
ministri eins.
66= V 358 s. 140. Tiburtius findet einen mann, der so ge-
fallen ist, dass he his he'afod töbrcec and e'ac his bdn töcwi/sde,
was übersetzt wird: he had fractnred his skull, and moreover
crushed the bone. warum nicht his bones? bdn ist plural. vgl.
Caput et omnia memhra quassaverat 276^
67. VI 32 s. 150. als ausspruch Christi wird citiert: söd
ic eow scecge, swd hwcet swä ge biddad, eow bid getpdod untwy-
lice dces, gif ge gelyfad, pcet ge pd Idc underfön. in der Über-
setzung der Worte in der mitte durch whatsoever ye shall ask
shall certainly be granted you an this (condition), that usw. wird
dws mit unrecht als eine hindeutung auf den folgenden be-
dingungssatz genommen, während es von bid get^dod abhängig
ist und auf das vorhergehende swä hwcet swd zurückweist.
68. VI 63 s. 152. hwcet, dd Benedictus be his gebrödra rcede,
swä swä him god geswutolode, äsende pä Maurum, pe'ah de he
uneade mihte for heora micchim lufe hine him fram Icetan tö däm
fyrlenan lande, so interpungiere ich. in der Übersetzung wird
tö däm f. l. zu äsende gezogen , was eine ungeschickte satzbildung
voraussetzt, äsende kann sehr wol ohne nähere bestimmung
stehen , während der zusatz 'zu dem fernen lande' da besonders
passend ist, wo gesagt wird dass ihn Benedict ungern ziehen
iiefs. übrigens ist him in swä swä him god geswutolode nur auf
Benedict zu beziehen (vgl. secnndum quod spiritu sancto revelante
didicerat AASS jan. il042*), nicht auch auf die gebrödor; also
as God revealed to him, nicht to them.
69. VI 89 s. 152. die letzten worte Benedicts an Maurus
und seine begleiter sind: farad nn gesunde and gesßlige becu-
mad. zu der Übersetzung: fare ye now well, and be ye blessed
ist zunächst zu bemerken dass farad au unserer stelle noch die
volle bedeutung 'reiset' hat, nicht die abgeschwächte von ne. fare
in farewell. an der Übersetzung aber von becumad durch be ye
ist wol die gewöhnliche ne. bedeutung von to become 'werden'
schuld, die im ae. noch nicht vorhanden ist. becumact ist 'kommet
an': 'reiset nun gesund und kommt glückhch an.' vgl. AASS
20*
288 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
jao. I 1043'' iamque ualeas felix m profectione, felicior fnlurns
in peruenti'one.
70. VI 103 s. 154. es werden einige wunder erzählt, die
Maurus unterwegs wiirkte. eft he gehmlde on odre stöwe dnre
wydewan sunn, pe unwene da Iceg. in der Übersetzung wird
vnwene durch unconscious widergegeben, wahrscheinlich ist diese
Übersetzung nur aus dem Zusammenhang geraten: sie ist nicht
richtig; denn loen bedeutet nirgends 'bewustsein'. das lat. 1044*
quique tarn ultimum trahens flatum vicinam in lecto iacens oper-
iehatur mortem widerspricht ebenfalls; denn operiehatur setzt doch
bewustsein voraus, die richtige bedeutung hat schon Grein tür
Guthlac 1121 angesetzt 'ohne hoffnung (sc. auf genesung)'.
unsere stelle zeigt aber dass nicht unwen als nom. sing. m. an-
zusetzen ist, wie Grein getan hat, sondern untoene. ebenso
auch wwene, nicht wwen, wie bei Bosworth-Toller steht, obwol
der beleg (Deut. 28, 66 eow hid eower [gedruckt eoiore] 11 f wwene)
die richtige form an die band gibt, so ist denn auch orwe'ne als
sing, zu dem plural orwene in Oros. ed. Sweet 192, 4 anzusetzen,
vgl. ahd. anawdni, urwdni, uberwdne, md. unwene, altn. iivamn.
71. VI 121 s. 154. da Maurus an seinem ziel ankommt,
ist der bischof, auf dessen wünsch Benedict ihn geschickt, tot;
sein nachfolger denkt anders: he cwa>d, pwt he ne mihte embe
munucUf pd smeagan (hs. -gen) be ödres hisceopes dihte, ac wolde
beon embe his pincg be his dgenum dihte and gedreohlcecan his
hdmas. vgl. lat. 1045'' respondit se propriis magis, quam aliorum,
velle insistere coeptis, ne supra alienum aedificare videretur fun-
damentum; 'praesertim' , inquit, 'cum incumbat nobis ordinatio ac
dispositio tarn propriorum negotio: um , quam et ecclesiarum per-
vigil sollicitudo.' die letzten worte Älfrics werden übersetzt make
rules for his houses. ich kann mir nicht erklären, was zu
dieser Übersetzung des verbs gedreohlcBcan geführt hat. es steht
dieses wort weder bei Grein noch bei Bosworth-Toller: aber Leo
hat 332, 1 'gedreoglwcan trocknen' und 451, 45 'trockenhalten',
an der zweiten stelle mit dem hinweis auf Älfr. Hom. ii 316.
hier heifst es: menn dmftad heora hüs and wel gedreoglcecad, gif
hi sumne freond onfön loillad tö him, fxpt ndn undwsUcnys him
ne dürfe derian. diese stelle gibt nicht den geringsten anhält
für die von Leo angesetzte bedeutung 'trocknen' oder 'trocken-
hallen', die er dem worte wol nur gegeben hat, weil er an dri/ge
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 289
usw. dachte. Thorpe übersetzt wel gedr. mit are well content,
was offenbar nur ein notbehell ist. ich glaube dass aus den
beiden stellen mit Wahrscheinlichkeit zu entnehmen ist dass das
wort synonym mit dceftan ist, also 'in Ordnung bringen' be-
deutet (vgl. ordinatio ac dispositio im lat. und gedreog modestia,
gedreoh sobrius, gedreohlice prudenter in den lexx.). hämas aber
sind wol nicht 'häuser', sondern 'guter', 'besitzungen', die dem
bischol gehören (vgl. oben nr 5).
72. VI 211 s. 160. Maurus gibt einem arbeiter, der zur
strafe, weil er ihn geschmäht, plötzlich gestorben, das leben wider;
doch soll dieser niemals wider das kloster betreten: het hins
warnian, gif he wolde libban, pcet he ncere on ddm mynstre ncvfre
eft gesewen. die Übersetzung: gave Orders to loarn him, if he
wished io live, that he shonld never be seen in the monastery again,
geht davon aus, dass warnian schon im ae. die bedeutung von
ne. to warn hatte, bisher hat man, soviel ich weil's, nur auf
eine stelle hingewiesen , wo dies der lall sein soll , nämlich auf
Gen. 6, 6 (Bosworth s. v. warnian, Skeat Etym. dict. s. v. loarn).
dieselbe lautet: gode pd ofpühte, pcet he man geworhte ofer
eordan; he wolde pd warnian on wr and wces geJuepod mid
heortan sdrnisse widinnan. die worte, auf die es uns hier allein
ankommt, sind ein zusatz ÄUrics: he loolde pd warnian on wr.
warnian on wr soll nach Bosworth (oder Juniiis?) monere prius,
praemonere bedeuten, ich verstehe aber die stelle so: 'er wollte
sich da im voraus vorsehen.' mag man aber diese meine auf-
fassung billigen oder nicht, jedesfalls wird man mir zugestehen
dass an der obigen stelle gegen die bedeutung 'sich hüten , vor-
sehen, in acht nehmen' nichts zu sagen ist: 'er hiefs ihn sich
hüten, wenn er leben wollte, jemals sich wider im kloster sehen
zu lassen.' gegen die annähme einer mittelsperson , die im
namen des Maurus die Warnung erteilt, spricht auch das latei-
nische: ab eo mandatum accepit usw. 1047''.
73. VI 275 s. 164. sum ercediacon com e'ac hwilum tö Maurei
pd nwfdon hi ndn win, bütoti on dmim geioealdenan bntruce. ge~
wealden mrd in der Übersetzung durch large-sized w'idergegehent
aber schon Cockayne Leechdoms ni 362, wo diese stelle angeführt
wird, hat auf das lat. m uno parvissimo vasculo (1048^) hinge-
wiesen, vgl. jetzt auch Bosworth-Toller über dieses vor Cockayne
allgemein falsch aufgefasste wort.
290 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
74. VI 285 s. 164. Maurus findet einen mann, der am
krebs leidet: and his weleras (hs. weleres) wwron äwlä'tte mid
ealle. an der Übersetzung: his Ups were rendered loathsome
thereby ist wol der gedanUe an ne. withal schuld, aber mid
ealle ist 'ganz und gar'.
75. VII 37 s. 172. he , . . mid ormettnm tnynum me gefre-
tewode wird übersetzt: he hath adorned me with exceeding [rieh]
jevoels. aber myne = mene ist 'halsband', 'halskette', nicht all-
gemein jeioel. das adj. aber ist 'unermesslich'; vgl. immensis
monilibus AASS jan. ii 35 1\
76. VII 50 s. 172. die heilige Agnes sagt von ihrem himm-
lischen bräutigam: his mödor is mmlen, and his mihtiga fivder
wifes ne breac, and him d bugad englas = and to Hirn the
angels ever bow. mir scheint das 'immer' unpassend. das
original hat mi angeli serniunt 35r. ich ziehe deshalb dbügad
zusammen.
77. vn 611 s. 172. dieselbe heilige rühmt die vorzöge ihres
Verhältnisses zu Christus; darunter hebt sie auch hervor: pcer
b(prn ne dteoriad on ddm brydldce, fiwr is eacnnng bütan sdre
and singallic wwstmbwrnyss. dass vor dem zweiten pwr nur
eine schwache interpunclion stehen darf und dieses pcer relativ
ist, nicht demonstrativ, zeigt das lateinische original dbV : nee
deerunt post nuptias filii, übt partus sine dolore et foecunditas
quotidiana cumulatur. hieraus ergibt sich lerner dass brijdldc
hier nicht 'hochzeit' (bridal), sondern 'ehe' bedeutet und eacnung
nicht 'emptängnis' (coticeplion), sondern 'gehurt', weiter ist klar
dass sdr hier nicht 'kummer' (sorrow) bezeichnet, sondern 'schmerz'
in körperlichem sinne, childbirth without pain übersetzt Cockayne
Shrine 6 richtig, während er das, was vorhergeht (lohere chil-
dren weary not in the nuplials gegenüber there, in the bridal,
110 child lacketh bei Skeat), noch weniger richtig aulgelässt hat.
78. VII 89 s. 174. da die heilige Agnes aul die Vorstellungen
des Sempronius nicht hört, erklärt er ihren verwandten , ßa't heo
forscylgod wcHre for hire cristendöme , pe se cdsere onscunode. die
Übersetzung that she would be accused for her Christianity scheint
mir nicht ganz passend, die quelle 35 T lautet: . . . parentes
alloqnitur. et, quia erant nobiles et vim eis inferre non poterat,
titulum eis christianitatis opposuit. forscylgod (vgl. oben nr 16)
ist wol adjectivisch zu nehmen: etwa 'straltällig.'
BEMERKUNGEiN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS 291
79. VII 106 s. 176. h\i mwg ic hm (= mmnni Criste) tö
teonan tö päm deaditm anlicnyssum nie geeadmedan? die Über-
setzung to the dead image ist wol dadurch veranlasst, dass vorher
die heil. Agnes aufgetordert wurde sich vor pOBi^e gydenan [diese
conjectur Skeats statt gyldenan wird durch dea im original be-
stätigt] Yesta zu beugen, aber Agnes konnte doch in ihrer ant-
wort von den götterbildern überhaupt reden, und, dass sie dies
tat, geht aus den Worten des Sempronius hervor (109): pü twlst
nre godas. vgl. auch lat. SSI'' quomodo possum idola muta et
surda et sine sensit et sine anima colere?
80. vui 20 s. 196. die heilige Agatha ist in einem huren-
hause: aber die schlimme AflVodosia und ihre neun tochter suchen
sie vergeblich zur Sünde zu vertühren. sie erklärt ihnen: cowei'
Word syndon winde gelice, ac hi ne magon dfyllan min fwstrwde
gepanc, pe is gegrundstapelod. in der Übersetzung: your words
are like wind, but they cannot defile my steadfast will usw., ist
dfyllan 'umwerfen' mit dfylan 'beflecken' verwechselt, wodurch
das gleichnis verdorben tvird. vgl. AASS febr. j 615 mens mea
solidata est et in Christo fundata. verba vestra venti sunt, qiiae
quantumvis impingant in fundamentum domus meae, non poterit
cadere; fundata enim est supra firmam petram. , ;,
81. viii 43 s. 198. Quintianus tragt die heilige Agatha nach
ihrer herkunlt, und, da sie erklärt, sie sei aus edlem geschlecht,
fragt er weiter: hwi dest pü de sylfe durh wdce peawas, swilce
pü wyln sy? die Übersetzung dieser frage lautet: why destroyest
thou thyself by mean nsages, as if thou wert a bondmaid? aber dön
bat nicht die bedeutung von fordön. ich übersetze: 'warum tust du
selbst, indem du dich unfein benimmst, als wenn du eine magd
wärest?' vgl. lat. 615'' cur morihus te servilem personam ostendis?
82. vHi 53 f s. 198. eine weitere frage veranlasst die heilige
zu erklären dass die beiden sünde und steine verehren, nun
heilst es weiter: Quintianus cwa'd : 'pd cwealmboeran wHa magon
e'adelice gewrecan, swd hwwt swd du mid wedendum müde tcblst.'
so ist zu interpungieroo. die Übersetzung aber lautet: Quin-
tianus, the murderous tormentor, said, 'We may easily wreak' usw.
aber the murderous tormentor würde sein se cwealmbwra witnere.
pd cw. wita 'the deadly torments ist natürlich subject zu magon.
es ist kaum nötig auf das lat. 616* hinzuweisen: quidquid furioso
oro blasphemaveris , poenae poterunt vindicare.
292 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
83. VIII 59 s. 198. ehe Agatha gemartert wird, soll sie
noch erkläreo, 'hwi du iire goda (hs. goda) biggencgas forseo/
aber die heilige corrigiert sofort diese frage: ne cwiecT pü nd
'goda! (hs. göda), ac 'gramlicra deoßa'. vgl. die . . ., mr deorum
sancta contemnas . . . noli dicere 'deorum', sed die 'daemoniorum'.
die Übersetzung: 'speak thon not of gods bnt of eruel devils' ver-
wischt das vollständig, sie sollte lauten: 'say thon not, "of gods'\
but , "of eruel devils."'
84. VIII 72 s. 200. Quintianus erklärt der heiligen Agatha^
sie habe zu wählen zwischen martern und der anerkennung der
heidnischen götler. da wünscht die heilige, Quintianus frau
möge so sein, wie Venus, und er selbst, wie Jupiter, damit sie
auch zu den göltern gerechnet würden: für diesen wünsch lässt
sie Quintianus schlagen, aber Agatha spricht ihn sofort noch
einmal aus. da sagt jener: 'pn cyst, pcet du gecure pd tintregu
tö dröwigenne, nu pu minne teonan geedlecst.' zu eyst macht
Skeat die anmerkung: read ewyst, i. e. sayest , und dem ent-
sprechend lautet die Übersetzung: 'thon sayest that thon hast chosen
to snffer the tortnres, since thon repeatest insnlts against me.' aber
das widerspricht dem zusammenhange: die heilige sagt nicht, wie
sie sich entscheidet, sondern zeigt es durch ihr verhalten, vgl.
AASS 616^: apparet te hoc eligere , ut diversa tormenta sustineas.
wir erhalten den erforderlichen sinn, wenn wir cyst mit langem
vocal nehmen = Cjyidst von cijdan 'zeigen', der ausfall des d vor
st ist ganz so, wie in cwyst st. ewydst von cicedan.
85. vHi 77 s. 200. Agatha achtel aut die eben behandelte
äufserung des Quintianus nicht, sondern spricht ihre Verwun-
derung darüber aus, wie er an götter glauben könne, denen
er nicht gleichen wolle, sie fährt fort (ich setze vorläufig keine
längezeichen) : 'gif hi soda godes synd, godes ic pe gewisce', was
so übersetzt ist: if ihey be true gods, I wish thee to be as a god.
■dher godes ic pc' geivisce kann das nimmer bedeuten, was es nach
der Übersetzung bedeuten soll, sondern nur: 'ich wünsche dir
einen gott.' es ist unzweifelhaft gödes zu lesen: 'ich wünsche
dir mit meinem wünsche, du und deine frau möget eueren göltern
gleichen, falls sie wahre götter sind, etwas gutes, und du lässt
mich dafür schlagen.' man vgl. zum überfluss das lateinische 616*:
si enim veri dii sunt, bonum tibi optavi. es ist also zu schreiben:
gif hi söda godas (hs. godes) synd, gödes ic pe gewisce.
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRTCS LIVES OF SAINTS 293
S6. VIII 110 s. 202. die heilige fordert Quintianus auf
seinen göttern aus stein und holz zu entsagen , 'and gebide pe t6
pinuni scyppende, pe södtice äleofacV ich glaube, wir müssen
trennen d leofaä. dlibban heifst 'zu ende leben' oder 'erleben*
an den stellen, aus denen es mir sonst bekannt ist. aufserdem
erwartet man dass die heilige nicht blofs sagt dass der christ-
liche gott wahrhaft, sondern auch dass er ewig lebt, das latei-
nische entscheidet hier nichts: creatorem tnnm, qui te fecit, et
deiim verum adora 616'^.
87. vni 172 s. 206. während die heilige Agatha gemartert
wurde, entstand ein heftiges erdbeben and fe'ol se stwnena (hs.
-ne) wdh üppan pces stuntan rmlboran, pwt he celUöcwpsde and
sum öpei' cniht samod. die Übersetzung the stone wall feil upon
the foolish counsellor nimmt an dass üppan hier mit dem gen.
construiert sei, was sich sonst nicht nachweisen lässt (Koch ii
§ 429). aufserdem wSre pws sluntan rwdboran dann sehr über-
raschend, da wir hier zum ersten male von ihm erfahren: wir
würden dnes oder sumes st. pces erwarten, pces stuntan muss
auf Quintianus gehen und von rmlboran abhängen, vgl. das
lat. 617*^ pars parietis cecidit et oppressit consiliarium iudicis no-
mine Siluanum et amicum eins nomine Falconium, quorum con-
silio perpetrabat scelera. p(es stuntan steht iudicis entsprechend.
88. VIII 186 s. 206. zu dem in der hs. überlieferten ofpis
bemerkt Skeat: perhaps read od pis or od pces. die erste Ver-
mutung stellt ohne zweifei das her, was Älfric selbst geschrieben
hat: aber die Schreibung of st. 6d hier und in 595 s. 84 of
middceg ist zu vgl. mit me. sivyfe für swype udgl. (zu Guy 346).
eine änderung des pis aber ist ganz überflüssig: pces vollends
ist grammatisch unmöglich.
89. VIII 198 s, 206. nach dem tode der heiligen kommt
die gesammte bürgerschaft und begräbt ihre leiche mit grofsen
ehren on eallniwere pri/h, nach der Übersetzung in an entirely
new coffin. es kommt dann ein engel in begleitung von knaben
mit einem grabstein , auf dem sich eine inschrift befindet (202):
sette enne marmstän cet pces mwdenes heafde binnan pcere prph
pysum wordum dwritene (= - nne) = set a marble stone at the
maiden's head within the coffin usw. das lat. 618' lautet: au-
ferentes corpus eius posuerunt in sarcophago nouo . . . posxiit ergo
hanc scripturam intra sepulchrmn eius ad caput. es scheint mir
294 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
klar dass pruh hier nicht 'sarg' bedeutet, sondern 'grabmal',
'gruft', vgl. Ältr. Gr. 320, 7 mansoleum drüh odde ofergeweorc.
90. vni 202 1 s. 206. die von dem engel gebrachte grab-
inschrift der Agatha lautet nach der hs. : mentem sanctam spon-
taneam, honorem deo et patrie liberationem. aber dass Ältric
selbst sie ebenso hinschrieb, wie wir sie AASS 618* lesen: men-
tem sanctam, spontaneum honorem usw. geht aus seinem zusatz
hervor: pcet is on englisc: 'hdlig möd, sylfwüle wurdmynt pdm
wehcyllendan gode and eardes dlysednyss.' die neuenglische Über-
setzung von Ältrics altengiischer aber richtet sich nach dem von
einem Schreiber verderbten lateiu, indem sie 'a mind spontan-
eously holy, an honour' usw. lautet.
91. IX 25 s. 210. pd weard Lucia on slwpe and geseah
Agathen betwux engla werodum wnlice gefretewode , and clypode
hyre pus tö usw. die Übersetzung: Lucy feil asleep and sato
Agatha . . ., and called to her thus usw. lässt die heilige Lucia
als die sprechende erscheinen, während die dann tolgenden worte,
die mit min swustor Lucia anfangen, doch von Agathe kommen,
vgl. auch Surius xii 325 vidit in somno healam Agathen . . .
stantem et dicentem. bei ÄHric ist natürlich aus dem acc. Agathen
das subject zu clypode zu denken, mau wird wol dem ae. am
nächsten kommen , wenn man statt atid called bei Skeat who
called setzt.
92. 1x74 s. 214. ic eom pies celmihtigan pinen : forf)! ic
cwißd godes word, forpan pe he on his godspelle cwcvd: 'ne synd
ge, pe pcer sprecap, ac sprycp se hdlga gdst on eow.' die worte
zwischen den beiden doppelpuncten sind so übersetzt: and there-
fore I speak God's words, since He says in His gospel. beidemal
ist also cwivd als präsens gelasst, aber nur bei dem zweiten
cwwd wäre das sprachlich möglich, da hier cwwd lür cioed,
cweded stehen könnte, aber / speak müste natürlich ic cwede
sein, dass aber cwwd beidemal prät. ist, zeigt das lateinische 326:
ancilla dei sum, et ideo dixi verha dei , quia ipse dixit usw.
93. IX 125 s. 216. pd weard se wtvlhreowa wödlice ge-
ancsumod, piBt his mdgas ne mihton his mödleaste dcuman , nach
der Übersetzung so that this friends could not assuage his madness.
aber dcuman bedeutet hier ebenso, wie sonst gewöhnlich, 'er-
tragen', vgl. daslat. : tunc angustari Paschasium non ferentes
amici eius usw.
BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SÄINTS 295
94. X 18 s. 220. nii wylle we eow secgan sume Petres
wundra him tö wurttmynte and eow tö trymmincge, ac üre mwd
nys, pcpt we ealle his mcerda secgan. in der Übersetzung des
endes dieser stelle but it is not our task to teil all his miracles
ist moed nicht richtig vvidergegeben. nre mcbd nys (s. Grein unter
nukd} ist = hit is ofer nre mipde 'es übersteigt unsere krätle'.
95. X 47 s. 222. fram Petre, se pe hiefd pd mihte, pwt
he mceg unhindan (hs. -en) pd fwstan cnottan fyrnlicra synna. die
beiden letzten worte werden durch of olden sins widergegeben;
aber es kommt doch auf das alter der Sünden nicht wesent-
lich an. fyrnlic gehört nicht zu dem adj. fyrn == got. fairneis,
sondern zu dem sb. fyren = got. fairina. s. Grein s. v. firenlic.
vgl. auch Älir. Hom. ii 398 cefter fyiiiUcuni leahtrum, was Thorpe
ebenfalls mit unrecht durch after old sins übersetzt hat. die
fyrnlican leahtras stehen dort gegenüber den hjtlum dingum s. 397.
es ist also etwa of wicked sins zu übersetzen.
96. xr 47 s. 240. Christus selbst stärkt die 40 Soldaten
zum kämpf um den glauben, indem er ihnen zuruft: 'göd is
eoicer anginn and eower inngehpd: ac se bid gehealden, sepe öd
ende purhwunad.' die Übersetzung bei Skeat lautet: God is your
beginning (guide) and your encouragement usw. aber inngeh^d
ist nicht encouragement , und dass god und nicht god zu lesen
ist, beweist sowol der Zusammenhang, als auch das lateinische
AASS mar. n 19'' propositum vestrum bonnm est, sed, qui perse-
veraverit usque in fmem, hie salvus erit.
97. XI 166 s. 24S. von den 40 kriegern wird der eine, da
sie alle in gefrierendes wasser geworfen werden, Christus untreu,
stirbt aber deshalb alsbald, während die anderen singen: ne yrsa
dn, drihten, its on dysum deopum ßöduni ne pin hdtheoi'tnys on
pyssere ea ne sy usw. ich weifs nicht, wie die Übersetzung hot
displeasure für hdtheortnys zu erklären ist: hdth. bedeutet hier, wie
sonst, furor; vgl. das lat. aut in ßuminibns fnror tiins. auch z. 171
aus diesem gesange mag noch besprochen werden: we gec^gad
pinne naman, ponne pe södlice heriad ealle gesceafta usw. zuponne
macht Skeat die bemerkung: 'iMS. pone, alt. to ponne (wrongly/,
und dem entsprechend ist in der Übersetzung ^o/ie^e (nicht ^öonwe
pe) widergegeben durch Thee whom; aber das lateinische zeigt
dass die änderung von pone zu )&on/ie berechtigt ist (2r): nomen
tuum invocabimus, quia te, domine, landat omnis creatnra usw.
296 BEMERKUNGEN ZU ÄLFRICS LIVES OF SAINTS
98. XI 242 s. 252. die Wächter erzählen dass sie alle ein-
geschlafen seien aufser einem: he Iceg ßurhwacol, geseah dd
iDundra and wrackte üs siddan. pd gesdive we' pcvt leoht , and he
geli)fde söna usw. Skeat hat aber statt gesaioe we geschrieben
gesawe he, und so lautet auch die Übersetzung: then he saw the
light. aber, wenn he tür we gesetzt werden müste, wäre doch
auch gesdwe mit geseah zu vertauschen, doch ist durchaus nichts
zu ändern : der wachgebliebene weckt die übrigen : da sehen diese
das licht, jener aber wird bekehrt, im lat. 21'' heifst es denn
auch: vidimus lumen magmim.
99. XI 247 s. 252. es wird der bet'ehl gegeben die christ-
lichen krieger aus dem wasser zu ziehen und ihnen die beine
zu zerbrechen: pä ongunnan da ha'denan hi handlinga dteon. das
wird übersetzt: then began the heathen forthwith to drag them.
forthwith tür handlinga ist wol nur geraten, das richtige 'mit
bänden' bietet schon Leo mit zwei belegen aus Älfric, die jetzt
auch bei Bosworth- Toller stehen, das lateinische bietet kein
entsprechendes wort (21^): iussit autem praeses Agricolans tractos
eos dednci ad littns et crura eonmi confringi . . . cum autem con-
fringerentur crura eorum usw.
100. XI 259 s. 254. da gedyde se dema, swd swd se de'ofol
gebeotode, het hi ealle forbiernan on sioide brddum fyre usw. die
Übersetzung lautet: then did thejudge as the devil had commanded,
and bade burn them all in a very large fire. aber gebeotian be-
deutet nicht 'betehlen', sondern 'bestimmt in aussieht stellen
(drohen oder versprechen , geloben)', das lateinische hat nichts
dem salze swd sxüd se deofol gebeotode entsprechendes: Ällric weist
mit demselben zurück aul z. 227 ff mm ic wylle dxoendan pces
wwlhreowan heortan tö pan gepance, pwt he' pyssa hdlgena lic
ealle forbiprne usw.
Berhn, den 19 September 1884. J. ZUPITZA.
TÖLZER BRUCHSTUCKE AUS DEM BUCHE
DER VÄTER.
Die hier zur Veröffentlichung gelangenden pergamentbrnch-
stücke wurden vor jähren durch einen nunmehr verstorbenen Tölzer
bürger, Joseph Lechner, von den umschlagen einiger Tölzer rechnungs-
TÖLZER BRUCHSTÜCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTER 297
hücher abgelöst*; aufser bl. 2, welches dem söhne des entdeckers^
angehört, befinden sie sich jetzt sämmtlich in meinem besitze, es
sind reste einer zu an fang des lAjhs. geschriebenen foliohs. (27 cm.
hoch, 22 cm. breit) des Buches der väter; jede seite enthält 2 spalten
d 28 Zeilen, intact sind nur die bll. 3. 4. 7 ; bl. 1 ist die gröfsere,
bl. 5 und 6 je die kleinere obere hälfte eines blattes; von bl. 2
sind die erste und letzte spalte ganz, die beiden anderen zum
kleine? en teile vorhanden; 8. 10 bilden stücke aus der mitte eines
blattes, bei denen sich nicht entscheiden lässt, welches die Vorder-
seite, welches die rückseite war; von 9 endlich hat sich nur die
gröfsere obere hälfte der ersten und der vierten spalte erhalten,
für die bll. 1. 3— 7 gab die alte rote paginierung in der obern
rechten ecke der Vorderseite die reihen folge an, für bl. 2 bestimmte
sich dieselbe aus IVZingei^les Findlingen 2 (WSB lxiv (1870)
s. lAdff), deren einstimmung hier und sonst am rande vermerkt
wurde, bl. 8 gehört noch der Abrahamlegende an, fällt aber hinter
6 und 7, welche den an fang dieser er Zählung bringen, dagegen
liefsen sich bei dem mangel einer vollständigen ausgäbe des ge-
dichtes die bll. 9 und 10 nicht mit Sicherheit einordnen und wurden
demgemäfs an den schluss gestellt.
* um zu erfahren, aus welchem gedickte die bll. stammten, über-
schickte 1864 der damalige decan Pfaff'enberger in Tölz eines derselben
an FPfeiffer. dieser äufserte sich zurückhaltend, schlug aber einen
tausch der fragmente gegen einige seiner eigenen Schriften vor: man
leh?ite indes dies angebot von Tölzer seite ab.
Feldkirchen bei Aibling. G. WEST ERMAYER.
1. CCXXXI
a Vnd mir groze helfe tet Nach vier tagen also scharf
Sin engel wart mir schier kvnt Daz si mich gar dar nider warf
Der mich rurte an miuenunt fs/cj An vnsereu herre ich do schre
Mit einem vinger die geschach Do geschach mir recht als .e.
Do zvr gienc min vngemach Der mir ie half der half mir nv
Als ob ich hete da vor nie Sus
In gotes namen ich do gie
Gegangen noch gevastet Der gab vil guten geniez l
Do ich sus was gerastet Eime gar alten man
So genczlich mich auch dar lie Den ich sach dar obe stan
Vncz mich di mvde aber an vie Des bar was wicz als ein sne
298 TÖLZER BRUCHSTÜCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTER
Dekein cleit het er me
Niwao har vnd hart
Hi mit er vvol bedacht wart
Wan im dar an wol geovget
Swaz im got fvge' ^
Er was zv sehen grulich
Do ich in sach vnd er mich
Er wände ich wer ein trugener
Wan er in der wiltnis
Was genivet dicke vil
Von des leiden tufels spil
Durch den zwineHichenfsjcjmvt
Sprach er mit grozer demvi
c Hat mich got bracht h^ zv dir
Nv sprach er sage lurbaz mir
Sint noch di echter
Di mir leider swer
Di Christenheit pflagen
Ja mit manigem vlagen
Sp'ch ich" drucket man si noch
Manie swerliches loch
Wirt der reinen cristenheit
Von bösen luten auf geleit
Di si slahen vnd iagen
Durch got nv saltu mir sage
Durch bezzerung an tuget frvn
Wi dv her sist kvmen
In di wilden tovgen
Do vollenle im di äugen
Daz ich bleib an im stet
Nach vil vbel tet
In der man vienllich mich sluc
In manger pin groz genvc
Half mir got daz ich ledic wart
Ze haut hub ich mich an di vart
Daz ich di w'eld mit aller vluhe^
Vnd mich von den luten zvhe
Durch den minneclichen got
Des truwe helfliche gebot
Hat mir hie gewget
Dar an mir wol genvget
Fvnfzic vnd nvn iar
Hat mir zv der lipnar
Gedient des palmbovmes fruch'
Vnd des brunen eenvcht
a Weder tranc noch az
So wol tet im di fruntschaft
Mit der er got was behaft
Sin Hecht daz im vö got qua
Bewart er als im wol gezam
Sin vliz was dar an vil groz
Olei er in die lampen goz
Vnd behielt ez al sin leben
Daz im vö got wart hi gegebe
Er hielt auch furwart sich zv got
Steteclichen an sime gebot
• diese zeile von a7iderer hand am randc nachgetrageii
h auf rasiir ^ die zeile rot
CCXXXXl]
Von egypten land ein brvd^^
Ein einsidel ein guter man
Der ie got vndertan
Was in rechter demvt
Vnd an vil tuget wol behut
In egipten lande er saz
D^ gert an vnsere herre daz
Daz er im offenbart ein teil
Sin heimliches vrtail
Wi daz lut wer vugelich
Einer arm der ander rieh
2 vluhe]
TÖLZER BRÜCHSTLCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTER 299
Vil stel was die sin gebet
Vncz daz got sioen wille tet
Wan er hielt sin gebot
Zeimal sant vnser herre got
Einen engel der im quam
Vnd eine forme an sich nam
b Recht als c|
Durch got|
Vnd ein alt|
Der an got|
Durch der|
Er sprach . .' |
Brud' stan|
Aliain wo|
In di wustel
Wir woIle|
Beschauwij
Di hi got s|
Der alt vo|
Si quame kurczlich dar na^
Vor eines v|
Der mit a|
Genczlich|
Nach sine]
Si cloplte|
Vnd bateij
Do si der i|
Mit ganze|
Vnd fürt si|
Do ir iege|
AM Sin gebet|
D^ wirt hei|
Mit wazzej
In beden e|
5 Si fundenj
c |swaz er het
* undeutlicher buchstabe
zwischen den beiden spalten nachgetragen
die schliefsenden n durch löcher zerstört
hte 8
e lochte 7
nach siner macht
es nach d' nacht 10
scheiden 3
e beiden 3
lieber zvcht
itlicher frueht
t enhal 15
apf im stal
en pflac
gelac
baz
ic selbe vaz 20
behalten
dem alten
s meinet daz
die vaz
s tet so wol 25
gent voi
ewiset bat
en lan enphat
en misse var
t gewar 30
as genvme
nach in kvme
er do
Ganch sprach er den brud^en na d
Sprich daz si geben dir de napf 35
Do giench er nach ir fustapf
Vncz er qua do er si gesach
Zv dem engel er do sprach
Min vat^ sprichet daz ir mir
Den napf wider gebet de ir 40
In sinem hus benvmen hat
Sich sprach d^ engel wa dort gat*
diese zeile von anderer hand quer
' scheiden und beiden]
^ gat] a aus corr. vo7i o
300 TÖLZER BRUCHSTÜCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTER
Der briid^ der iu bi im treit
Ganc nim in er ist dir gereil
45 Indes tuget er sich bi in
Der wec da si giengen hin
Alle dri er waz smal
Er sties de ivngen hin zv tal
Von einer steinrosche ho
50 Des was d^ ander vil vnvro
Betrübet er in de h^zen sprach
Owe daz groz vugemach
Daz dirre alt hat getan
Dem reinen guten man
Der vnser also wol pflac 65
Sin Ion hat vbelen beiac
Disen genvget leider niht
Daz er mit dupHcher pflicht
Dem wirt sinen uapf stal
Ir enhabe doch nv hin zv tal 60
Geworlen sinen svn tot
3. ccxxxxii
iJ-62flrOwe herre got der not
Wir han niht wol geworben
Daz der mensch ist erstorben
65 Vnd sinen tot von uns nam
Owe daz ich ie vz quam
Si gengen aber furbaz
Vor ein hus dar inne saz
Ein alter man grise
70 An lügenden vil vnwise
Wan er ir was an
Idoch zwen vndertan
Hei er di mit im waren da
Di gest borten isa
75 Vnd baten lazen sich dar in
Warla wer di gesteh sin
Sprach der wirt der all
Do lief ein ivnger balde
Her uor- als er di gest sach
80 Zv dem alten er do sprach
Zwen bruder sin da für
Sal ich offen in di tur
Nein sp'ch • er ganc vn sprich
in zv
Do si gar vnledic nv
85 Do daz den geslen wart geseil
' geste] t aus s corr.
95
Mit grozer demvtekeil
Baten si den allen
Daz er si woll enthalten
Wan si des weges mvde
Niht woll furbaz entruge
Sit di naht doch her zv schein
Nein sprach der alt nein
Gat hin wec swer ev behage
Wan ich ev vorwarl sage
Daz ich ev laze niht her in
Waz wilder nvnch (sie) mac
die sin
Di so gar vngewar
In der wusle her vnd dar
Irrenl vnd vnslet varn
Zwar ir soldel ez bewarn
Wizzet daz auch fuget baz
Daz vch di fuze werent laz
Vnd ir in vren cellen blibet
Niht di zit hi vertribent
Gar (sie) hin wec vnd lat de spotlOS
Di gest sprachen ey dvrch got
Laz vns niwan dise nacht
Mit dime dach'' sin bedacht
Wan der lac ist vergan
h 90
100
TÖLZER BRÜCHSTÜCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTER 301
lloDurch got heize vns iu lan
Wir sin nv ser mvde
Swi ez sich doch gevuge
Ob vns beiibet der gesvnt
Wir rumens in der niorge slvt
115 Vor der tur si stende hüben
Swii gerne er het si vHriben
So wolden si doch nindert gan
c Hi nach d^ wirt der alt man
Zeime sinem ivngen sprach
l20Vure di gest an gemach
AI hi bi vns inen stal
Da sal ir ruwe vvMen smal
Als si wurden braht dar in
Da si al eine solden sin
125 Da was ez vinster drinne
In einem guten sinne
Lescheu (sie) si von im ein licht
128 Des wold er in auch gebe niht
Nv durst si vil sere
Durch di gotes ere
Baten si in wazzer holen
Do qua ir einer vil verstolen
Der bracht* in wazzer vnd brot
Er bat si ser vnd gebot
Daz si ez gar verdageten
Dem alten niht ensageten
VVan ez was niht sin wille
Heimichen (sie) vnd stille
Trvnken si vnd azen
Si lagen vnd sazen
Vncz di naht ein ende nam
4.
G^Ualr herze des vil ser erquam
45 Si dacht daz si selb vlucht
Vnd des tufels vnzucht
Alsus ZV wer kvmeu
'■ Swi] S aus corr.
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII.
Als der licht morgen quam
Sich machten aul di gest
Vnd wollen vö der rest
D^ engel zv eim ivnge sprach
Des Wirtes den bi im sach (^
Ganc hin zv dem alten
Der vns nv hat behalten
Sprich wir biten in daz er
Zv vns wol kvmen her
Vnd auf den wec vns segen
Ich wil dem gedene
Ein cleinot hi Verlan
Daz ich h^ mit mir bracht han
Do daz dem alten wart geseit
Er was des ganges vil gereit
VVan er di gäbe sold uemen
Er quam da hin an alles scheme
Als ie di giregen tunt
Sin äuge nach d^ gäbe stvnt
Der engel im den napf gab
Sus schieden si vö im her ab
Mit sinem segen den er sprach
Als der gut man ersach
Der mit dem engel gienc
Wi wund^ich er an vienc
Sin dinc" wi er ez ante
Sin gemvte er von im want
Daz schrei auch vz an im brach
Vil vnwirdikliche er sprach
Zv dem engel ganc von mir
Ich wil vurwart uit mit dir
Einen tüzstapten gan
CCLXXII
Vnd daz er aber si genvme
Hin het in siner svnde bant
Daz wart dem bischot erkant 5
Wi si weinet dise not
21
302 TÖLZER BRUCHSTÜCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTER
Sin trost rede er ir ir (sie) do bot
Vod sp'ch vil liebe tochl^ mia
Dv Salt des niht betrubel sin
55 Svnder vreu dich mit de eugel gots
Din tocht' wartet gots gebot
Als maria magdalena
Also bat auch pellagia
Von got erkoren daz best
tiO Nv vuren auch dise gest
Dis bischoffe alle sider
leglich^ heim zv hvse wider
Nach der zit vber drv iar
Do si volendet waren gar
65 Jacob den ich genennet han
Des gute mannes capplan
In einem gelubd sich v^bant
Daz er wold in daz heilige lät
Zv dem gotes grab kvmen
70 Durch ablaz vnd d^ sei vrvme
Zv bischof nünvm er quam
h Der uart vrlaub er vö im nam
Zv wandreu an daz belieb i grar
(sie)
Der bischof im sin vrlaub gab
75 Daz lart in sin reiner sin
Auch sp^ch er wäue dv kvmst
dahin
Vnd dein wart volleistes
Mit helf des heiligen geistes
So nim war vvi dir vv^de erkant
80 Ein mvnch pelagius genant
Der hat vil lang heimof
Gehabet in der einot cht
Der ist ein mvnch gancz vnd re^'
Vnd ein vater gotes kneht
85 Die was di gut pelagia
Doch saget er im niht me alda
Vncz ez sit dort wart volant
^ helich in lieilig corr. von and.
Vnd offenlich sich tet erkant
Sus quam iacob der gut man
Das sin gelubt was getan 90
Zv iherusalem an daz grab
Sin opter er da vrolich gab
Als ein gut pilg^im noch mach
Do ez quam an den andern tac
Sines herren er gedacht 95
Zv suchen er do gedacht
Den guten mvnch pelagiü
Hin vnd h^ vraget er dar vm
Zv ivngest wart er im erkant
Auf dem berg oliuet genant c lOO
Da auch vor siner mart^ vrist
Sin gebet sp'ch vnser herre
ihs crist
Da was der mvnch gehuset
ßeuestet vnd becluset
An siner cellen was kein tur 105
Ein deines venstergiene hin vur
Da durch er sin noturft nam
Da iacob an das venster quam
Vnd bort ez wart im auf getan
Mit dem vnd iener disen man 110
Gesach do wart er im erkant
Der wirt vb^arc (sie) sich zvhant
Daz ern ith ebnet (sie) au d^
gesiebt
Der gast enkant des vv^tes niht
Im waren sinv äugen hol 115
Di Wangen die .e. stvnden vol
Di waren nv gesvnken
Vngezze vnd vngelrvuken
Heter gepinet sich genvnc
Mit kestegung er den üb slucl20
Sin rot antlucz waz nv bleich
Sin crafl an vmacht im entweich
Sin gebin man mocht hä gezelt
kand
TÖLZER BRUCHSTÜCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTER 303
Sus heter sinen üb erquelt
125 Daz er im stet was gereit
Zu go. lieber 1 arbeit
Do ie.ch^ d^ gast des wHes sege
128 d Der bat got sin mit selde pflege
D' wirt sp^'ch zv dem gast isa
Lebet Dochdinbischofersp''ch ia
D' bit vur mich zaller vrist
Wan er '''° beilic pischof ist
Spracb pelagius vnd dar zv
Ein guter dyaken bist dv
Bit vor mich auch besvnder
Den gast uä raichel wunder
Wa von er si bekent
Daz er sus wol si nent
Beide den bischof vnd auch in
5.
a Vnd bat sin mit gebet pflege
Vnd swa er allenthalben qua
. in sulch re . . . vernam
Wi daz pellagius were
Gotes mvnch vnwandelber
allen . . . e wol
Do di zit was kvmen hin
Vncz an der tercien stvnd
Pelagius begvnd
Mit vreude spreche sin gebet
An reiner andacht er daz tet
Do schiet auch vö im iacob
Vil groz zv got was sin lob
Wan er vant auf d^ selbe stat
Den mvnch als er sin h^ze bat
Auch vreut er sich ser
Wan er rieh 1er
Von sinen worten enphie
Jacob der al vmbe gie
Zv clostre cellen clusen
Zv guter lut hvsen
lesch er ie der selge segen
ccLXXin
Daz manic äuge sich begoz
Mit stimmen hart vrien
Begvnden si ane schrien
Gnade lob vnd ere
Si dir immer mer
Ivil getruwer ihü christ
b Wi da erstorben wer
Der groz vater pelagius
alsus
Zv mvnst^en closlVen her vnd da]
Do sament sich ein michel s\
Von mangem reine muncl
Vnd ir tohter pelagia
Mit irem leben hi gewarb
Vnd welhes todes si erstarb
Daz tet der eptissin so wol
Daz ir di äugen beide vol
Vnd
6. CCLXXIIII
J/*t3aBegein vnd dvrch wi ez geschach
Er sprach es durch bezzervng
15 Sus hat auch min zvnge
Getithet vnd vz geleit
In dutsch dvrch zwo wisheit
* loch im pergavient
|erst sach ist ob wir han
Di andren sach ich mein
Auf daz snelle vrteil
Des manic h^ze ist zv geil
21*
18
h 41
304 TÖLZER BRUCHSTÜCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTER
Und sich v^grifet zv drat
45 Ist ein mensch mit vnvlat
46 Vnd mit vnlugent behaft
69 c Zv des nehsten vnheil
70 Verdient ein mensch dicke
Daz in der svnden striken
In got lezet vallen
Durch sin vnrechtes schallen
Sus lert got an im selber io 74
Wider vacht bi sinen tagen d 96
Daz wil ich ev zv duze sagen
Daz mir schemlich doch ist
Swan ich von im mangen list
An tvgentlichen dingen sag 100
Vnd ir dein an mir trag 101
7.
V 124 a An zvcht in siner ivgent
125 Er vreut sich der tugent
An dem schonen libe
127 Zv hant nach einem wibe
Began er im denken
Aut daz icht entwenken
Moht als er wurd ein man
Durch di list gedaht er dran
Vnd wold in vrv wiben
Er dacht an im becliben
Den stam siner kvnlschatl
Vnd weit gut vruntchaft (sie)
An vremden luten an im habe
Daz alsus wart erhaben
Ein ivncvrowen gut
D' vreunt waren wol behut
Vor vnvletickeit rein
Dem trvwet man abraham
Der edel knap rein
Was dannoch also dein
Daz er sich dar aul' niht v'san
Waz si von im wolden han
Bi in hestriket her ein clob
Doch luget ez got nach sine lob
Sit do er ez geruchet
VVan Abraham in suchet
Vru in siner kuntheil
Di wMf wart im bezit leit
CCLXXV
Daz quam do von wan er sach h
Weih dag weih not weih vn-
geraach
Si ren (sie) volgeren git
Immer an des endes zit
Vnd doch von luten algelich
Er sach daz niman waz so rieh
So Stare so schon vnd so gut
Daz er des todes wer behut
Er wer ivnc oder alt
Sus oder so gestalt
Es slant so gar in sinen giel
Der tod swan ez im geviel
Durch aller d^ weit vmerinc
Abraham der ivngelinc
Began denken auf daz leben
Daz got vil eweklichen gebe
Den di in lieb haben
AI di beger des gute knaben
Stvnd hin zv dem rieht (sie) gots
D' werlt vnd werltliches spots
Det er sich ab hie vnd do
Im waz zv der schrill go
Di lerent er mit girikeit
Wan er durch ir wisheit
Spurt ein gebant straze
Di man in rechter maze
Gienc zv dem himel
TÖLZER BRUCHSTÜCKE AUS DEiM BUCHE DER VÄTER 305
Vor aller svnden schimel
c Hütte 1 er sein mit der hilfe gots
Vz der lieb sines gebots
Trat er mit willeen (sie) seiden ie
Swa mit ein ander vrab gie
Des enwart er niht vil
Sin kurzevvil vnd sein spil
Was niwan aut den wistum
Wi er gevluhe der weide rvm
Do Abraham der gut
Mit grozer tugend blut
Zv einem ivngelinge wart
Vnd er nach wertlicher art
Di maget nemen sold
Als sin Vater wold
Dar ZV was im leide
Sin vater mvter beide
Rieten vnd baten
Als lieb si in baten
Daz er iren wille wolde tvn
Des wider stunt in der svn
Vnd bat mit allem vlize
Daz si des herzen wize
Im dar an niht wolden neme
Er mvst sich vor got Schemen
Sold er besulwet gen vor in
Daz wurde auch im groz TgewI
Alsus gienc er in lange vur
Wan sines herze willekur
St von der vv4de hin
Idoch wart sin ivnger sin
Von dem vatren vbergeboge^
Daz er mit volge wart v'zog (sie)
Als vater mvter baten
Wan si beide baten
An in geleit so groze not
Daz er sich dvrch der übe erbot
Er was ivnc vnd was ir kint
Vnd was lieb als di gute sint
Des leiten si in manger kvr
Im di reinen .e. vur
Swaz er rede wider bot
So taten si im so genat
Mit truwe mit betelich^ vle
Vncz si in brachte zv der . e .
et Vs3 wart d^ gut abraham
Recht als ein einvaldic lam
Mit listen hi gebvnden
Nv quam ez zv den stvnden
Daz man dv ivncurowen
Hin bracht an sin schowen
Si waz schon vnd gut
Mit allen zvchte wol behut
Wan man si vz weite
Da nam si gäbe dem beide
Do wart mit groz^ vrevde craft
Begange wol di Wirtschaft
a jfures hicze groz
|alsam ein wchs groz
jsmilczet vnd zvfluzet
|r werelt lob vergvset
Swaz der sei an seiden zimt
Swan si daz lob mit wille nimt^
N.
Ich twin I
Vnd wider slv
' Hütte] ut unsicher ^ vbergeboge] das zweite b aus i corr.
' S öOT rande schwarz vorgeaeichnet * darauf obere reste der
roten Überschrift Von abraham
306 TÖLZER BRUCHSTÜCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTEIl
Daz ich si griff |
Abraham do z j
Bruder so ist |
Erstorbe in ke |
eten bald v^nvme
ler mione
n sinnen
der . . . has
r haben das
jich entpfast (sie)
So wizze daz zv alle]
Daz noch der tuvel lebj
Von eim einsideU
T^In alter vater reine
Saz in iener eine
Ver von ein anderen
9.
a So wil ich auf dinem spor.
Volgen algemachsam
Do iener ein teil hi vor qua
Im begaint auf siner vart
Einer des tufels ewart
Mit einem craubel vor im lief
Der ivnger alsvs nach im rief
In einem schimpflichen spot
War laufstu tufels bot
Dicz began den ienen mvwe
Vnd an im sine zorne ergluwe
Vnd in auch d^ also v^re vHruc
Daz er den mvnch wol zesluc
Mit siner swere crauel
Macht er im mange bauel
Der mvnch al sin macht v'k|
d Mit ein ander manige lach
Daz er iegelicher pflach
Auf tugent gar sin lebe zern
ehe Der tufel wolt ez g'ne wem
lebe Wan er ser an in neit
s Ir vridesam eintrechtikeit
Verkert alle sine macht
Den tac vil gar vnd auch di na^ht
Beide vro vnd spot
TÖLZER BRUCHSTÜCKE AUS DEM BUCHE DER VÄTER 307
Wie er dar voder sat
Etlichen vnfride
Daz ir ein den andren nide
ach Auf daz di ein trech'ekeiti
Zwischen in wurd hin geleit
nan An einer spat ez zeimal qua
Daz d^ ivnger hruder nam
10.
die eine seile
|renclich dem sin orden stat
Dil
|i pimenem dem vater2
Wir|
die andere seile
leinen Di vns vor au.en ist ge|
|ien" Beide ir gelu . . nd ir i[
* das übei-ffesckr. t von anderer hand ^ die zeile rot.
ROSEGGER BRUCHSTÜCK AUS OTTACKERS
REIMCHRONIK.
Im XXIV Jahresberichte der staalsoberrealschule zu Klagen-
furt veröffentlichte ich 1881 em bruchstück aus der Reimchronik
Ottackers, welches auf dem pergamentumschlage eines quartbandes
in Klagenfurl gegen ende des Jahres 1879 gefunden war. schon
früher hatte vKarajan im 65 bände der Sitzungsberichte der aca-
demie der Wissenschaften in Wien s. 'b^bff ein bruchstück dieser
Reimchronik, welches ebenfalls in Klagen fürt aufgeftinden worden
war, mitgeteilt und dasselbe mit K bezeichnet, deshalb gab ich
dem von mir herausgegebenen fragmente die bezeichnung Ki. fast
gleichzeitig mit meiner -publication erschien im 11 bände der aca-
demieschriften ein von Schönbach publiciertes bruchstück dieser
Reimchronik, welches ans Strafsburg in Kärnten herrührt und
daher füglich mit St bezeichnet werden mag. am Schlüsse meiner
abhandlung bemerkte ich damals: 'sollten nicht aufser diesen beiden
fragmenten (K und Ki) noch einige Schicksalsgefährten in Klagen-
furt oder in Kärnten überhaupt auf dachböden oder als hüllen von
308 ROSEGGER RRUCHSTÜCK AUS OTTACKERS REIMCHR.
actenbündeln im staube der archive ein vergessenes dasein fristen? —
vielleicht fördert loider einmal ein glücklicher zufall einen der-
artigen fund zu tage.'
Ein solcher glücklicher fund wurde nun würklich im sommer
d. j. vom archivar des kämt, geschichtsvereines , Herrn ARvJaksch
gemacht, gelegentlich einer sonderung mehrerer im sommer 1882
von der fürstlich Lichtensteinschen herschaft Rosegg an das archiv
des histor. Vereins für Kärnten abgetretenen kanzleibücher fand
archivar Jaksch auf den deckein eines buches mit der aufschrift
Gerichts - Protokol der Herrschalft Rosegg 2 doppelblätter der Ot-
tackerschen Reimchronik aufgeklebt, so zwar, dass das blatt B den
Umschlag des vorderdeckeis, A den des hinler deckeis bildete, nach
leider nicht durchweg geglückter ablösung zeigte sich dass auch
bei diesem fragmente wie bei Ki die schere in rücksichtsloser weise
gehaust hat; daher fehlen auf A durchschnittlich 10, atif B 6 bis
7 verse in jeder spalte (nach Pez). staub und fäulnis endlich haben
auch ihren anteil an der Vernichtung einzelner partien geübt, wenig-
stens war die entzifferung stellenweise eine sehr schwierige, nach
dem fundorte bezeichne ich dieses bruchstück mit R.
Ergänzt man die höhe der columnen des blattes A mit den
durchschnittlich fehlenden 10 versen, so erhält man als gesammt-
^ höhe der spalten 20 centimeter, dasselbe mafs, welches ich als durch-
schnittliche höhe der schriftspalten von Ki aao. s. 24 gefiinden habe,
das gleiche ergibt sich auf blatt B durch hinzurechnung der fehlen-
den 6 — 7 verse. die durchschnittliche breite beträgt wie in Ki
X'i centimeter. die verszahl der columnen wechselt auf A zwischen
39 und 41, auf B zwischen 36 — 39 versen. der abstand der
einzelnen verse darf im mittel auf 3 mm. geschätzt werden, genau
wie in Ki.
Die anfangsbuchstaben der verszeilen sind meist rot durch-
strichene majuskeln, der anfangsbuchstabe jedes neuen verspares
ist etwas weiter hinatisgerückt , während der der folgenden vers-
zeile eng angeschlossen ist. auf blatt A sind in jeder columne die
vorgeschobenen majuskeln durch einen senkrechten roten strich ver-
bunden , wie in K und Ki ; auf B dagegeri ist jede einzelne dieser
majuskeln rubriciert. initialen kommen auf A gar nicht, auf B
dagegen fünf mit roter färbe ausgeführte vor. capitelüberschriften
fehlen, wie in K utid K%. die schriftzüge auf beiden doppelblättern
tragen den character jener aus dem ersten viertel des 14 jhs.
ROSEGGER BRUCHSTÜCK AUS OTTACKERS REIMCHR. 309
Leider lag mir auch diesmal zur vergleickung des textes nur
die ausgäbe von Pez in den SS rernm Austr. iii vor. dieser zu folge
fehlen zwischen dem blatte i und ii von A 318, zwischen A und
B 2343, zwischen in und iv von B 356 verse. das Bosegger frag-
ment ist unter den bisher in Kärnten aufgefundenen das umfang-
reichste, es enthält 488 verse. folgende von Pez abweichende les-
arten finden sich: A blatt i^ y. 15 ß Si — P Vnd; t». 18 Vil —
Wie; V. 20 genaedichleich — gemaiüchleich; v. 28 er — erz. i''
v. 41 hie — ou; v. 44 vnd warf da mit — INu warif man damit;
V. 45 dachh — Tag. i"" v. 59 sein ver derbn — auf sein verr Ver-
derben. 1*^ V. 100 Allez ensamt — allesampl; v. 108 da fehlt bei
Pez. — bl. II* V. 126 sich dem töde ist bei Pez versetzt, n^
V. 164 Vrlovbs — Vrlaub. ii'^ v. 178 Daz — Do; v. 180 vol —
wol; V. 196 . . . vermutlich dem vngerlant. ii'^ v. 216 mit ma-
nigem — manigeu; die verse 219 und 220 Im hall ovch zv der
zeit I Von Gurke bischolf Haertneid fehlen bei Pez; v. 221 bringt
das unstreitig richtigere Orluburch für Altenburg bei Pez; die
verse 225 und 226 sitid bei Pez vertauscht; v. 228 erst — aller-
erst; V. 229 chrieg — kunig.^ — B bl. iii* v. 239 güts fehlt bei
Pez; ü. 246 wer erwurb — wer slurb; v. 255 unsere handschrift
beginnt hier einen neuen abschnitt; ü. 263 sib.ch im ver chur —
Sig ym erchur; v. 2%S d., jedesfalls do, fehlt bei P.; gehörnt —
gebeerten, in'' v. 279 Mich hat verschundet — Durch mich hat
verschuldet; v. 287 waz fehlt bei P.; v. 295 began — bestan.
in'* mit V. 333 beginnt in B ein 7ieuer abschnitt, bei P. fort-
laufender text; V. 354 fehlt bei P. — bl. iv* v. 369. 370 saech,
gaech — sach, gach; v. 378 So vast vnd lang pat er — So lang
vnd so vast pat er; v. 380 Den helle rvden — Hell Hunden, iv''
V. 399 noch von — vnd von; v. 409 des — ez. iv*' v. 462 er
fehlt bei P.; v. 465 Daz dhainer — Daz jn dhainerslaht.
Die eigentümlichen Schreibweisen, welche in K und Ki gegen-
über Pez vorkommen, finden sich auch im Bosegger bruchstücke
wider, mitunter sogar in denselben worten. es sollen hier nur
die hervorragendsten erwähnt werden.
B verwendet richtig ae für e. so zb. y. 16 waer, 40 swaere,
61 abchaem, 62 naem, 113 waegn, 118 laere, 212 Chaerdnaer,
225. 226, wie 345. 346 laeg und phlaeg, 362 iranzoysaer, 387
braechten usw. P. schreibt in diesen fällen immer e. — h steht
* Pei aao. s. 276 bringt in der anmerkung gleichfalls die lesart kriejj.
310 ROSEGGER BRUCHSTÜCK AUS OTTACKERS REIMCHR.
für ch regelmäfsig in niht, 7^?^m^ ü. 11 bedahten, v. 40 zvht,
108 — 109 naht — mäht ua. — s wird richtig statt z angewendet
in V. 1 was, 18 des, 26 speis na7n. — R verwendet wie K und
Kl meist tz statt cz, so hertzog, v. 42 chatzn , 87 eulzeit, 122
schutzn, 236 Sallzburgaer usw. a wird statt o gesetzt: 300
mau(et), 423 art na. — ou für au zh. v. 12 tovfers, 18 chovm,
29 hovs, 43 ovf, 129 dovht, 196 ovz, 208 tovsent usw. — den
unechten umlant von o und 6 hat R ebenso häufig, wie er sich als
char acter ist isch in K und Ki vorfindet: v. \ vntroest, 2 erloest,
25 groez, 126 toede uö. — die in K und Ki beliebten abweichenden
formen wie: dehaiu für chain, kegn für gegen, wand für wao,
niemen für niempt, quam für chom, sowie die pron. swer, swaz,
swie, das adverb sus und die conj. sweüae treffen wir auch in R
ziemlich häufig an.
Es ist wol überflüssig , noch auf die gleiche Schreibung der
länder- und völkernamen in Ki und R hinzuweisen, es sprechen
ja alle momente dafür, dass ivir es auch hier wider mit einem
fragmente zu tun haben, welches mit den übrigen bisher auf-
gefundenen bruchstücken einer und derselben und zwar der ältesten
der bisher bekannten hss. der steirischen Reimchronik angehört,
dafür spricht auch der umstand, dass die biicher , zu deren ein-
bände die meisten dieser fragmente dienten, eintragungen aus ziem-
lich gleicher zeit enthalten, so besteht der inhalt des quartbandes,
dessen Umschlag Ki bildete, aus handschriftlichen aufzeichnungen
über die aufdingung von lehrlingen der Klagenfurter tischlerin-
nung , deren erste vom 18 mai 1664 datiert ist; St diente einem
Sterbeprotokolle in Strafsburg aus den jähren 1655 — 65 zum ein-
bände; im gerichtsprotokolle der herschaft Rosegg (R) beginnen
die eintragungen am W juni 1652. es liegt also die annähme
nahe, dass die bislang älteste hs. der steirischen Reimchronik um
die mitte des \1 jhs. vernichtet und zu den erwähnten zwecken
verwendet wurde.
Ich lasse nun den Wortlaut des bruchstückes R folgen, welches
der handschriftensammlung des kämt, geschichtsvereines einver-
leibt wurde.
A \ = Pez cap. cccxi p. 271.
a Daz was der vutiost. Mit seiner hell' Graf ybau
Daz sev uiht het erlöst Der also von dao
ROSEGGER BRÜCHSTÜCK AUS OTTACKERS REIMCHR. 311
5 An alle tat was geschaidn.
Als er den Grauen baidn
Diche vor gehiez
Als er sev in haz stiez,
Kegen dem hertzogn
10 Do si so warn belrogn
Do bedahten si sich pald.
Swaz sev von tovfers der alt
Vn ander herren tun hiezn.
Daz si daz nihtn liezn.
15 Si belibn dar an vest.
Daz waer in daz best.
Ich sag ev wi ez ende nam.
vil chovm man des vber quam.
Den fursten von Oesterreich.
20 Daz er tet so genaedichleich.
Alle die in dem hous waero.
daz er die liez varn.
Nach ir selber müt
mit ir varndem göt
25 Ez waer gröz oder chlain.
Newer speis alain.
Dev müst da beleibn.
Sus liez er tragu vTi treibn
Die daz hovs rovmen solden.
b 30 Des andern morgns vil vrö.
Des maentag^s in den tagn.
So man div chreutz siht tragn
Vmb daz hail der christenhait.
Do was der hertzog berait
35 Vnd für tür Sand Margreten.
Die selbe vnger hetn.
Do graf yban inz erlovbt.
In österich vil gerovbt.
Vnd begangen manige vugenuht.
40 Da von si nv swaere zvht.
Von dem fursten hie müzn leidn
Chalzn ebnhöh vnd pleidn.
Het man schir gerihtet ovf.
vnd warf da mit ze hovf.
Manich dachh vnd want. 45
Die turn wurdn entrant.
Daz man erdurch sah.
Div esterrich man ze brach.
Di die leut soldn schirmen.
Niemen moht gehirmen. 50
Vor des hertzogn zorn.
Si warn all verlorn.
V n ouch vlorn
Hietn si sich niht erg . . .
Dem hertzogn tet ant 55
Daz in seinem laut.
So groezer schad geschach
Da von im dev räch.
Daz f sein ver derbn c
Er s . . . palde werbn. 60
Wi . . . . s dings ab chaem.
Ob d . . von Osterrich naem.
Ovf . . . u g ... de daz hovs.
Daz . old . . ane povs.
Antwur . . all zehant. 65
Der be . . zzen Graf sant.
Nach d . . der er getrovt ge-
niezn.
Daz s . sich besprechn liezn.
Die chamen dar durch seinen
willen
Mit sw . . er moht gestillen. ^o
Des h . . tzogn vnmvt.
Swa . . m . ar ZV waer gvt.
Vnd ouch f . .. erleich
Des b . t . . sev all gel eich.
Daz si V gaebn rat. 75
Do sag ... si im drat.
Da waer .... anders .an.
Der i haem niht von dan.
312 ROSEGGER BRUCHSTÜCK AUS OTTACKERS REIMCHR.
Er . vs ovs habü inne.
80Daz er sinne.
. il ebn
. b aht
r des üihtn wesn.
85 Voigt ir lere.
wurd mere.
hhe enlzeit ab.
d Daz si inder beten
Von der Purch von sand Mar-
greten.
90 Als palde musl schaidn.
Ez wart zwiscbn in baidn.
Ovf ainn churtzu tag geret.
Dar inne der Graue tet.
Swes der iiirst niht vvold enpern
95 0b erz tet vngern.
So mäs ez doch also sein.
Swaz von speis vn von wein.
In der purch was zv der zeit.
Daz belaib ane streit.
AUez ensamt dar inne. 100
Daz ander er mit minne.
Fvrt swar in sein wille trüch.
e
Von Osterich der turste chlüch
Des hovses sich vnderwant
Vnd antwurt ez ze hant. 105
Aineni beide chekchen.
Frid^eichn dem Chrebzpechen.
VTi belaib da selbn dennoch
vber naht.
Des . . rgens mit aller mäht.
Fvrns kegn Ekkendor! 110
Do ieglich herre entvv . . f
Seinn rinch als er in habn wolt.
zehant man die waegn holt.
Die dev gerust trvegn.
Manigen maister chlugn. U5
Het er dar zv gewunnen.
i II = Pez cap.
a Daz als brait als ein hant
Ain stat da was nindert laere
Da von dev wer wart so swaere.
120 Daz si sich all mit all.
Vil nach ergab dem val
Vü daz vor der schulzn haz.
Niemen moht lur baz.
Ovt der wer gewesn.
125 ISv trovtens anders niht genesn.
Noch sich dem töde vor gehabu.
wand daz si sich ee ergabn.
Der lurst schul mit der vest.
Swaz in dovht daz pest.
130 Nach der rat seiner man.
Als mit den andern was getan.
Dirr vor gewunnen het
cccx[ p. 275.
Nv chom mit grözer het
Die herrn all geleich.
Di da warn von Oesterreich. 135
An dem edlm hertzogn.
Daz er geruecht haim zogn.
Wider kegn wienn
Daz woldns vmb in dienen
vnd taet er des niht. 140
. . solt er die . . ihl
Si wurdn vber ladn
Mit so chreligen scbadn.
Den si niht lang vber wundn.
Manigen Iruni si begundn. 145
Her lur zellen vnd sagn.
Vnd swaz si verlurn b
ROSEGGER BRÜCHSTÜCK AUS OTTACKERS REIMCHR. 313
Da haim oder anderswa
Ob si bei im belibn da.
150 Daz wolt im der fürst palt
Ver geltn zwivalt
Vod wolt siv des gewiss ma . .
Mit swiegetanen sachn.
Si dar vber gerlen.
155 Die hVen in des niht gewer . . .
Da warn sumleich.
Die durch in willichlich.
Hetn verchörn.
Swaz si hetn verlorn.
160 Da haim oder anderswa
So warn etlich da.
Die des niht woldn enpern
Der fürst müst sev gewern
Vrlovbs haim ze varn.
165 Da ZV sah man in gebarn
Playchleich ane mazen
Daz er sold lazu
Seine veind vnd . . we . .
Den er . , , was
17oDalz
Da wart gesemftet mit
Sein zorniger müt
175 Der dauht nach vngenadn g . .
Albrechtn den fursteu chlüch.
c Datz . . gern het vber wundn.
Daz w . . ZV den stundn
Die man haizt Sunewendn.
180 Nv sah man vol endn.
Den fursten von höher art.
D ten hervart.
Div des iars geschach.
wan v . , churtzlich da nach.
185 Do her.ert er mere.
Von s. getaner ere.
Han . . lang niht ver nom.
Daz . . sei bechom
Rain . erzog von Osterrich.
Daz er so gewaltichlich. 190
Hab z. ier gehervert
Div e. was beschert.
Albrehtn dem werdu fursten.
Den man in den getursten.
le sah vnde vand. 195
Ovz . . . vnger lant.
Fvr leich
Ha . . . . gn Oslerrich.
Da er die weil.
vn it palder eil. 200
Den in
win
g . . raid.
g . rn ze laid.
sein 6 han gedaht. 205
r er ze samne braht.
.>. aehtich vfi starch.
Manich tovsentmarchwartv'solt. d
Den herren vnd den lantleuten.
Ich mag ev niht bedeuten. 210
wie ernst dem herzog waer.
Herzog mainhart der Chaerdnaer
Als er pillich solde tun.
Herzog Hainrich sein sun.
Im zehilf do sand. 215
Mit manigem weigand.
Die manhait warn vol.
von chaerndn vn von Tyrol.
Im half ovch zv der zeit.
Von Gurke bischolf Haertneid. 220
Vnd von Ortnburch graf main-
hart.
Daz div gegend wurd pewart.
314 ROSEGGER BRLCHSTlCR AUS OTTACRERS RELMCHR.
Schuf der von österrich
daz von Hevnburch graf* vlrich.
225Datz Clmittelveld laeg.
Vn der gegeudn phlaeg.
Wand ir habt wol gehört.
wie sich von erst enbört.
Der chrieg manichvalt.
230 Des manich man enkalt.
B III = Pez cap.
a Die ev güls guunen.
240 Der hertzog wol versunnen.
Sprach 1 zv dem hertzogen.
Ich piu des unbetrogen.
Daz mir der chunich ze all^ vrist.
Ain vberlistiger veint ist.
245 Doch 6 ich so verdurb.
Daz ich mit chainer w^ ervvurb.
Nach meine 6rn vristung.
E er mich also twung.
Seins willen ze iehn.
250 e laz ich mich töten sehn.
Daz wil ich 6 werbn.
Daz er müz sterbn.
\n ist daz. daz geschiht.
So tut er mir doch denn niht.
255 Zv dem Markeis.
Sprach der hertzog weis.
Diser red ich ev niht gan.
Nu seit ir doch ein weis man.
Vn seit von chinthait gesund^.
260 Da von mich sere wundert.
Daz ir mit red euch vergezt.
Vn niht in ewerm sinn mezt.
Ob er den sib .ch im ver cluir.
Vii daz lehn ver hir.
265 Des got niht sol gerflehen.
• aufgelöste abkürzung. "^
Spiegels zu sehen. •* die obere
vorhanden, der rest /'ortgeschnitten.
An leib vnd an gut.
Do der helt Mt.
Herzog Albreht von Österreich.
vrlevgt so herlichleich.
Kegn hern Rudolf. 235
Der Saltzburgaer bischolf
Der ein mau was vner vorht.
Daz der iht args worht.
cccxxxii p. 295.
Ze haut b...de suchen.
Die f.rsten vber al.
Die d. gehörnt zv d^ wal.
Wa (si)2 ainenn man fundn
Dem si der eru gund.-^ 270
Wider des reichs huld. &
Grözer waer denn si nu ist
Do sprach * der Gräfe an der
Herre von tytschövv.
Dem von franchreich ich 275
Daz er sein ere an mir hege.
Als er hat getan 6.
Wand er im dise arbaeit.
Mich hat verschundet vn v
Ich getrov im der genadn. 280
Er nem s . . . frum oder schadn
Daz er mich niht vnderwegn laz.
Swenne so sich föget daz.
Daz man beginnet redn
zwischn den chunige ped.n. 285
Ouf staete vü ganlze sün.
Ach waz weit ir nv Ifln.
Sprachen i aber die h^tzogen.
ler wert da mit betrogen.
Als wir ev nu sagn. 290
Sweune ez chumt ze tagn
si nur am buclidcckel mit hilfe des
häll'te der /blgenden zeile ist noch
ROSEGGER BRUCHSTÜCK AUS OTTACKERS REIMCIIR. 315
So beginnet daz reich.
Kegen dem von tranchrei.
So gröz voderuug han.
295Möht er berihtung began
Vnd vmb daz werdn
Des das . . ich gegn im g . . . .
Durch ew^n geniez
Die ebeuung er n liez
300 Ain man. vnderw . . n
Da von r v ph . . . .
Daz ir ewer herschaft.
c volgen.
ir ist erpolgen
305 er chunich Rudolf
lösen der pischolf
auch baizt lan.
Daz w . . . . g^n tun.
3 10 Daz i . . antze sön.
Frevnts . . ft \n minne.
Von . em chunig gewinne
Pez cap. cccxxxHi p. 296.
Da . . . sah man die hVen
vb . . . elt ehern.
315 Da der . . nich vTi die seinn
hielten.
Die s . . . vü witze wielten
Die ba..erhHzog an den Zeiten
Mit ... V ... chvnige reiten.
Der hie melm
:i20Mit elm.
Do er tzogn chom sach
Er g vü sprach
Wie uu . . ag . . sagt mir
Wie la . . schuU wier
^ aufgelöste abkürzung.
Ewei" h 325
Ez is daz
Edl ch . . . ch hoch
Geden erchorn
Zv so ge
Daz 330
Gena
Daz
Zv dem chvnig Rudolf. d
Sprach! der hertzog vü d^ bi-
scholf,
Herre vernemt vnser gier. 335
Wier pitten ev daz i^r
V . . . unnet
Zwischen ev pedn
D . s habt sich der chunich
wid\
Doch vberchom in sidr 340
D . e fursten mit grozer pet.
Daz erz durch seu tet
Doch wold er der(?) . . . dehaiu.
Hörn gröz . . . chleiu
Dieweil er mit geturst phlaegSio
Daz er mit her kegn im laeg
Do paten si in sere.
Daz er taet chere
Von der stat die weil
Vber ain meil. 350
Des wold der chunich niht enlün
Weder vrid noch sün.
W'olt er der stat gebn niht
Vnlz daz man sich mit im
(vViht)2
Des möst man im den stre . . lazn 355
Nv was ez in der mazn.
Ouf den Abent chom.
Daz i' r dewede . . oht han ge . . om
- der vers fehlt bei Pez.
316 ROSEGGER RRÜCHSTÜCK AUS OTTACRERS REIMCHR.
Herberg ander wa.
360 Da von peliben si da
Da si vor lagen
Die tranzoysaer
B IV = Pez cap. cccxxxvi p, 300.
aVarn i*r vater sehen. Pez cap. cccxxxvii p. 300.
Do begvnd der elter iehn. Tzv dem vater er sprach h
365 Er wold die rais. Sag mi^r wie ez vmb di . . . .
Vermeiden vnd . . (vrais)i Ist dier santt oder w6. 395
S . . . en (vater) Vnd sag mi^r wi daz s
VVolt er niht geruehen.
Choemen do er in saech. Mit lembtigen ....
370 So waer er niht so gaech. Von mannen noch von ....
Daz er in sveht ienger Ist ez niht mer gehört 400
Der ivnger brvder waz st^ng^ De . vale . sprach an dem w . . .
Vnd maenleichz hertzen. Mi"r let so vv6 mein ar...
Nach dem vater het er smer- Daz ich vmb irdischs g-^ . .
tzen vnd dvrich reichtvms . . .
375 Do von bat er di vrouwen. Dem Tevfl leib vnd sei ga . 405
Daz si in liez schawven. Vnd swaz got rehtz het
Wi ez stvend vmb sinen vater. Svn do von sag ich dier
So vast vnd lang pat er Swaz dv von mir Gu
Vntz si ervollet sein gir. Ob dv des iht behaltest
380 Den helle rvden schier So vvirstu verlorn also ... 410
Dev maistrinne gebot Liewer vater sprich
daz si an aller hant not wi sol ich mit dem
Fvrten an vnderwint. Daz ich beleih in Go . . Su .
Zv seinem vater daz chint. der vater im do veria.
385 Daz ez in bort vnd sech. wi ez von erste geschach 415
vnd swenne daz geschech Daz er dem Tevfl vaigen
Da. si in braechte her wider Gab leib vnd sei ze aigen
.n di Er..n hin nider vnd wi daz ergie
Dise tzwen tvrt.. in Daz er von im zelon enphie
390 In ein schoens havs hin Di phennig mit den er . 420
D . sach der ivngliuch daz warb nach seines hertze
Daz sein vater dort saz daz gvet gew.
' die hier eijigeklammcrten worte sind meist vur mit hilfe des
spiegeis zu lesen. - der schreiber stellte das g verkehrt; desgl.
in gvet V. 422,
ROSEGGER RRUCHSTÜCK AUS OTT ACKERS REIMCHR. 317
c gers art
mich greiffea.
425 niht entsleiieu.
pald wider hin.
gers ende.
. nd wi pa! . er mit der hende
430 waz . . r dan
Dannoch im verpran
Hant vnd arm vnbetrogen.
Vntz . . den Ellepogen
All . . st daz tewer erwant.
435 Do si . der Sun also verprant.
Er vater sag mier.
I dinch da man dier.
Mit n mvg.
Oder . . . dier zefrvm lüg
440 Der sprach daz ist verlorn
Ich han . . . tauffe verchorn.
dev . . Crisleu zalt mich^
Vnd . . . marter manichvalt
Di . . . durich mich 2 erliten hat
445 dez Tivels werd rat.
wirt ouch rat- mein
g niht anders gesein
Sun . . dez also schaffen.
weiser phaffen.
450 mit dem gvt so werbest
D verderbest.
A sam icli
Damit schieden si sich.-*
Pez cap. cccxxxvni p. 300.
D . . . . hinus brahten
. . . selben ouch gahten.
aus wider
455
Wi e. den vater an rvrt. d
vnd wi er in het gesehu.
Dez begvnd er iehu.
Arm vnd reichen 460
An . era gvet er
Seinez tails er sich bewag.
Williger armvt er phlag.
In eim chloster vntz an seine
tot.^
Daz dhainer slahl not. 465
lerrt noch enweut.
Do mit hah daz maer ein ent.
Pez cap. cccxxxix p. 301.
Dez selben Jars geschach
Laid vnd grozze vngemach
In dem land Romaniola. 470
Div erpitemt da
So vnget'üge wart
Daz si zelvrt vnd zezart
Chastelle vnd pvrge hob
Daz volkch vo. .orihten vloch475
Avz den havseru ouls gevild^
Von der Ertpidem wild.^
Taten do nider val.
Wol aht pvrg mit der tzal.
• mich V071 miderer hajid an der seile hinzugefügt. - mich,
sowie V. 446 rat über der zeile vom Schreiber nachgetragen. ^ dieser
und die 3 nächsten vv. nur auf dem lederriicken des buches mittels spiegeis
zu lesen. ^ tot aus der vorhergehenden zeile herabgezogen. * ge-
vild mittels spiegeis gelesen. ^ auch in diesem verse u?id den nächsten
wurden fehlende buchstaben nur mit hilfe des spiegeis auf dem papp-
deckel gelesen.
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 22
318 ROSEGGER RRUCHSTÜCK AUS OTTACKERS REIMCHR.
480 der niht gantz belaib Di mfgen mir niht enlwenchen 485
Dez selben Jars ouch traib. Si gehen mir dev warhait
Groz vngefüg der wint. Als ich han gesait.
Di noch lembtige sint Daz in der payr lant.i 488
vnt die sein gedenchen.
^ der letzte v. mit spiegel auf dem lederrücken gelesen.
Klagenfurt im novemher 1884. R. DÜRINWIRTH.
BRUCHSTÜCKE AUS DES MÖNCHS VON
HEILSBRONN BUCH VON DEN SECHS
NAMEN DES FRONLEICHNAMS.
Im folgenden teile ich 2 hlätter einer handschrift mit, welche
das Buch von den 6 namen des fronleichnams enthielt, ich löste
sie schon vor längerer zeit in Znaim von dem decket eines alten
andachtsbuches,^ das mir zur ansieht übergeben worden war, ab,
muste mich aber blofs mit einer abschrift begnügen, da das ori-
ginal nicht feil war; ich bezeichne es mit Z.
Die beiden zusammenhängenden blätter gewähren einen fort-
laufenden text, bildeten daher den inneren teil einer läge, sie
sind 13,6 cm. hoch, der text hat 10 cm. höhe, der decket des ge-
betbuches 12 cm. ; in der breite misst der deckel 7,5 cm., die schrift
7,2 cm., auch der freie räum zwischen der schrift der beiden
' der titel des buches lautet: Kurtzer summarischer Innhalt geist-
licher Übungen der andächtigen Brüderschaft des zarten Fronleichnambes
oder Corporis Christi zu Brüu in Mähren. Allen Andächtigen derer in
Christo lieben Milbrüder und Mittschwestern zu Trost unnd trewhertziger
Nachrichtung. Gedruckt zu Brün bey Bartholomeo Alberto, die vorrede
ist datiert vom 6 februar 1607. — das buch gekürte ehemals dem stifte
Kliisterbruck bei Znaim. als dieses gegen ende des vorigen j'hs. säcula-
risiert wurde, wurde die klosterbibliothek in alle winde zerstreut; vieles
aber kam in die hände Znaimer bürger und liegt jetzt unbeachtet, ver-
gessen im finstersten xoinkel der rumpelkamnier. gelegentlich bringt
darin ein zufall, wie hier, eines oder das aridere ans tageslicht. ich
bin überzeugt, man würde von den deckein dieser bücher 7ioch manchen
mhd. text ablösen können, dabei vielleicht selbst ergänzungcn zu tmseren
fragmenten finden.
BRUCHSTÜCKE AUS DEM MÖNCH VON HEILSBRONN 319
aufsenseüen ist etwas breiter ah der rücken des buches, und so
hat der text jeder seile vollauf räum auf dem deckel, es gieng
nichts durch abschneiden verloren, auch nichts dadurch, dass es
an den kanten des deckeis abgerieben worden wäre; icol aber ist
der text der aufsenseiten bl. 1^ und 2' sonst an manchen stellen
durch schmutz und häufige benutzung ganz unleserlich geworden;
desgleichen sind durch löcher, die ins pergament gefressen sind,
einzelne buchstaben verloren gegangen. das pergameyit ist mit
feinen, schon verblassten strichen der breite nach liniert, und zwar
mit 23 strichen, innerhalb welcher sich 22 geschriebene zeilen vor-
finden ; die beiden untersten und die beiden obersten sowie der
mittelstrich (der zwölfte) gehen über die ganze breite des bogens;
die anderen sind seitlich begränzt durch Je 2 striche, die ebenfalls
die ganze länge der seite einnehmen, die schrift geht mitunter
über diese querstriche hinaus, die satzanfänge, überhaupt alle
grofsen buchstaben sind meist in senkrechter richtung in der höhe
der buchstaben rot durchstrichen, die sehr hübsche und sorgfältige
schrift weist mit bestimmtheit auf das lAjh.
Der dialect von Z bietet eine mischung md. und bairischer
demente, md. monophthongierung und bairische diphthongierung
erscheinen bunt durch einander; nur ist letztere doch noch viel
weniger sorgfältig durchgeführt als erstere. Z iceist jedesfalls mehr
bairische formen auf als M , aber weyiiger als P (vgl. Wagner
QF XV 6 und 8). wenn nun unmittelbar neben einander gemein-
mhd. und bairische formen stehen wie sinem ireuude (l*", 6) oder
wenn man 2% 3 mein liest, gleich darauf wider mehrere min 2*,
4. 5. 8. 10. 11 und dazwischen sei 2', 8, ujid damit zusammen-
hält dass nach Wagners Vermutung aao. s. 3 (vgl. auch Denifle
Anz. II 300 und Wagner Zs. 20, 92) der dialect des mönchs als
md. mit wenig bairischen elementen untermischt zu bezeichnen ist,
so drängt sich die Vermutung auf, das original von Z habe viel
weniger bairische formen gehabt als Z und dieselben seien erst
teilweise durch den abschreiber in den text gekommen, der, so
sorgfältig er sonst copiert zu haben scheint, dennoch unwillkür-
lich hin und wider die Wörter in der form seines dialectes nieder-
schrieb, gelegentlich entstand dann auch eine falsche form; über
puch brauchte er blofs ein o zu schreiben , um die bairische form
herzustellen; im Übereifer schrieb er dann a\ich für got 2'', 3. ist
meine Vermutung richtig, so war tatsächlich das original von Z
22*
320 BRUCHSTÜCKE ALS DEM MÖNCH VON HEILSBRONN
meh^ md. als bairisch, tcas wider umgekehrt zur bestdtigung der
Wagnerschen annähme dient.
Nunmehr will ich noch einen blick auf die gute des textes
von Z und seine Stellung zu dem der anderen hss. werfen, von
solchen standen mir zu geböte G und P, beide bei Merzdorf ab-
gedeckt, für P noch die coUation Wagners QF xv 74, W (s. Alem.
lii 115 — 116) utid M, dessen abschrift ich noch der gute Halms
verdanke (vgl. auch Wagner Zs. 20, 101). ich habe die lesarten
dieser codd. unter dem texte der fragmente zum zwecke leichterer
nachprüfinig zusammengestellt, dann auch darum, um mich im
folgenden blofs auf hinweise beschränken zu können, ohne die
ganzen stellen ausschreiben zu müssen.
Von würklichen fehlem finden sich in Z nur wenige, und
diese sind belanglos, meist nur verschreibungen 1% 5. 9. 11. 17;
2% 14. 19. 20. 21. Wichtiger sind die fehlerhaften auslassungen
l"", 5 und 2'*, 5; doch sind beide nur versehen; im ersten falle
stand in der vorläge von Z wahrscheinlich den niemant gebindeu
kan, und das äuge des Schreibers irrte von dem satze: den nie-
mant überwinden kan zu diesem so ähnlichen ab, so wie es 2^, 5
von dem ersten stafleln der minne mac der ... zu dem zweiten
mit diesem identischen satze übersprang, auch fehlerhaft, aber
weniger bede^ttend ist das fehlen von Z T, 11.
Characteristisch für Z sind die öfters erscheinenden fälle, dass
es denselben gedanken widergibt, der sich in den anderen hss.
findet, aber in bald mehr, bald weniger geänderter form, ich
veiioeise auf 1% 16; l^ 8. 12; 2% 19. 20. 21 ; 2^ 12. 21. hierher
gehören auch jene stellen, an welchen die loortstellung gegenüber
den anderen hss. geändert ist: 1% 16; l**, 1; 2'\ 6. 17. 21. mit-
nnter fügt da7in Z ein oder das andere woi^t hinzu: 1% 3. 7 ; 1'',
20; 2% 17; 2"", 12. 18. einmal aber bietet es auch einen anderen
gedanken als die übrigen codd.: 2'', 21 ; wiste gibt jedes falls einen
besseren sinn fl7s (ge)torste, das nicht recht zu begreifen ist; torste
kann auch ganz leicht aus ursprünglichem wiste verlesen worden
sein; freilich ist das umgekehrte ebenso leicht möglich, ebenso
zweifelhaft ist es auch, ob Z nicht an der oben angeführten stelle
1% 7 das richtige bietet.
Fasse ich danach das urteil über Z zusammen , so lassen der
mangel an gröberen fehlem, die Z allein eigen sind, sowie auch
die schöne schrift mit ihren netten zügen auf Sorgfalt des Schreibers
BRUCHSTÜCKE AUS DEM MÖNCH VON HEILSBRONN 321
schließen; die beiden erwähnten auslassungen sind leicht erklär-
liche verseheil ; dabei ist aber eine gewisse Selbständigkeit in der
icidergabe des textes bemerkenswert, die indes fast nie den text
verschlechtert ; in 2 fällen ist es sogar leicht möglich dass Z allein
das richtige erhalten hat. das ist dann natürlich nicht ein ver-
dienst von Z, sondern von dessen originale, es wird dann ilber-
lumpt fraglich, wie viel von den abweichungen von den übrigen
codd. der vorläge von Z, wie viel dessen Schreiber zuzmveisen ist.
die Sorgfalt, mit der die abschrift gemacht ist, würde eher darauf
schliefsen lassen dass der gröfsere teil der eigenheiten von Z sich
schon in dessen originale vorfand, daraus könnte man dann weiter
vermuten dass die hs., zu der unsere fragmente gehören, auf ein gutes
original zurückgieng. schade dass nicht mehr von ihr erhalten ist.
Die oben aufgezählten fehler sind freilich nicht die einzigen,
die Z aufweist; alle anderen hat es jedoch bald blofs mit einer,
bald mit mehreren der anderen hss. gemein, tind diese helfen uns,
das Verwandtschaftsverhältnis von Z festzusetzen.
Während nun Z mit M oder P oder W allein nur ganz un-
bedeutende berührungspuncte zeigt, so ist sein Verhältnis zu G
jedesfalls ein intimeres, ich notiere: l**, 1; 2^, 19; 2'', 13. 19.
fast alle diese stellen bieten Verkürzungen des in den anderen hss.
überlieferten textes, die sich in G auch sonst häufig finden (vgl.
Wagner QF xv 8) : dass diese nicht alle auf die rechnung von G
zu setzen sind, ergibt sich aus l"", 1 und zumal aus 2% 19; schon
der archetyp GZ hat gekürzt; G hat aber allerdings auf eigene
faust loeiter gekürzt, wie jene stellen erweisen, an welchen es im
vergleich zu den übrigen hss., Z eingeschlossen, einen kürzeren
text bietet; vgl. zumal 1\ 17. 20; l^ 15; 2% 18. — G und Z
stammen also nicht von einander ab, sondern beide aus einem
archetyp, der aber kaum ihrer beider unmittelbarer Vorgänger ge-
wesen sein wird.
Z zeigt nämlich auch berührungen mit anderen handschriften-
gruppen, an denen G keinen anteil hat. so haben MPZ zweimal
lichtiges gegenüber GW: 2^, 15 und 2'', 8; andererseits gehen wider
MWZ zusammen, zumal 1% 9 und 20. beides würde zu den von
Wagner aao. s. 92 gemachten bemerkungen stimmen, dass G und
W eine gemeinschaftliche quelle haben (s. oben 2% 15 und 2'', 8),
aus der aber andererseits auch P geflossen ist; letzteres erklärt
das zusammengehen von PG 1% 9 und 20.
322 BRUCHSTÜCKE AUS DEM MÖNCH VON HEILSBRONN
Auffällig bleibt dann nur dass Z mit W fast gar nicht ver-
wandt zu sein scheint, vielleicht ist W jünger als G und P und
geht enticeder direct oder durch mittelglieder auf G und P zu-
rück; denn dass P und W sich sehr nahe stehen, zeigt klär-
lich 2% 19.
Wiener- Neustadt, 26 nov. 1884. KARL TOM ANETZ.
bl. V
1 sp^cliet der wissage Als d' hirze . . . . re
dvrslet lehczet^ noch dem^ wazzer a.so dvr
stet mein sei noch dir.daz ist noch-^ dem lebe
digeo* prvnneu 0 heilige mlne 0 mioe
5 Gliche svzze 0 hymelicher^ honicsam^ 0 gö
tlicher iofluz' 0 aller engel kvneginue.^
wi9 sol ich dich iinerio erwerben Dv edels^^
h^cze sei 12 vfi leip Dv erhebest daz h^cze du
(br)aitest daz h^cze^-^ dai* machest kvne daz h'cze^s
10 daz ez mit diner raiczunge s. llioriß dinge
gert^" Deri^ aller creatur wan^^ dich wer vil^o z\
mvten Auch edelst dv di sele wan dv zierest
si mit gebender vü mit gewande aller tv
gent. daz si gen . . ne vii wirdick wirt. daz
15 si ahel . . . des kvniges aller kvni
ge wirt^i alse daz er'-2 sp^chet'-3 daz gescriben
ste24 in der minne püch^s Meinte frvndin mein 2"
zartiv. mein gemahel dv pist allenthalbe^s
schone Avch edelst dv den leip wan d\-^ zuh.
20 maistrinne^o vü sin maiezogen ^i bist . daz er
' leket G lehaczte P lechet ff^ ^ dem kuolen /^ ^ für noch
dir — noch: nach got GMPfT * lebenden fV ^ himelischer GMP:
hinielrich ff^ ^ honicsain P: honksam Jf^ ' fluz G ^ kunig GP
8 wi fehlt GMPJV 10 nimmer P »> edelst MP: edeloste G
*2 die sele hercze G " du braitest daz hercze fehlt GP " du GMH
•5 du — herze fehlt P: daz herze fehlt G '" solcher fehlt G
" an dich begert G »« der fehlt G i'-* an GMPfF ^o ^g y\\
GMP: fehlt W: cze vil war an dich MP: wer ze vil an dich 6'.- an dich
wer /^ 21 >virt:sl nach si GMPH' " er selbe G ^' spreche P
■^< stet MP1V ^5 daz gescriben — puoch fehlt G ^e n,ei„ f^ (;
^"^ mein f JF " enju q 29 ju sin GMPfF ^" sein czucht-
maisler pisl P: bist s. z. G ^' und sin maiezogen f. G
BRUCHSTÜCKE AUS DEM MÖNCH VON HEILSßRONN 323
sich ZV kainen swachen diugen^s Dimmer
naigel33 Vn sich an widersacz zv goies din . .
3* chainen swachen dinge GP: keime sw. d. ff"' ^3 geneiget Gff^
hl l"^
1 alle .... eraitet^ . . swenne- daz geschiht
so ist 6. geedelt daz er aller hande getat^
vf erden hVe ist. 0 svzze hohiv minne. 0
starckes kreftiges^ panl dv vb'windest
5 den 5 den niemant vbVinden kan^ wan also
stet gescribe daz got zv einem sine frevde
sprach La mich daz ich zvr. dv bist alein
d^ krefte da vo der mensche "* gotes gewal
tige wirt 0 kvneginne aller tvgent. ane
10 dich wirt niemant behalten . mit dir w . . .
niemant verlorn. Dv bist alein daz wid'
gelt, daz got mit gelichem gelt wider ^ ne
men wil vö dem menschen vmb sin min
ne. daz er doch an .n . . . . m'J and^io dJQc tut.^^
15 Wan 12 zvrte er mir ic. . . tar wid^
zvrnen. Svnder ich pide
. . n . straffet 13 er mich ich ... ar ... . niht
wid'' straffen Svnd^ ich muz mich svldig
geben, vrtailet er mich ich getar in nit
20 .rtailn.14 Erbarmet er sich ub^ mich . ich
mich niht vb^ in. Aber minnet
sol ich in zv wider gelt auch'^
1 bereit blutet ze gotes dienst alle zit 31ff.- beraitet und peutet ze
g. d. a. z. P: Z wol nur beraitet mit G, da die liicke nur für so reicht
mit MP ^ so swenne M: so wenne P: swenne GW ^ hanttät P
* krefteclichez M: chrefticleichez GP ^ den f.G ^ ?iach kan
f. in Z: wan du vb^köm (M; überkemd W; uberchomde GP) in des,
daz er uf erden mensche wart, du (da W) bindest den , den nieman ge-
binden (f. W) mac GMPfT ' allein die (alleidiv M alle di P) von
der kraft der (des Wj mensche GMPfF » widergelt GMPfF » en-
keinem G chainen P keime M deheime fV *° ander f. M " nit Äf^
*2 von da aö — z. 21 Aber f. G '^ „nj straffet W " ich
urteil in niht GMPW " wider G
324 BRLCHSTÜCRE AUS DEM MÖ^XH VON HEILSBRONN
hl 2'
1 minnei dv machest svzze vnd senile gotes
ioch2 Vn da vö sprach^ er hebet vt' euch*
meio ioch vnd lernet'' daz ich sentte*^ vn die
mvtich pin' wan min ioch^ ist svzze. vnd
5 min purde ist ringe^. Dv machest sich^" di
sele. als in der minne püch stetig gescribe
Ich beswer euch totteri^ vö iherusale daz
ir minen lieben kündet daz ich sei minne
sich. Dv vSvundest gotes h^cze. als er sei
10 be sp'chet in der minne püch Swester min
dv hast vHvundet^s daz h'cze min. mit din . .
rat geschul vns der valer noch sine pi.
de. mit diner^* manunge schuft sich der . . .
noch vnsern pilde der armen mensche .
15 da mit er vns erloste, von dinem^'^ gep . . J"^
git^^ uns d^ heilige gaist gvlen willen zv
gvten wecken. Dv lerest vns got ....
.n in vnsern h^czen. Vü lerest got . .
veren in sinen h^cze^^. Dv heizzet^o vns
2ü weinen -1 sulczen^^ klagen Vn-3 heizzet^" got
in24 barmheit^s .ü^c sin hercze-'' gegen vns
neigen. Dv pitest tur vns in vnse . . .
1 minnen in GMP ^ du m . s. g. i. und senfte 3fP ^ sprichet Gff^
" uch uf G 5 wenent ff^ ^ senftmutig G ' d. ich s. p. u
dem. P ^ iocii daz P ^ lichte G '" du machest die sele schöne G
^^ f. G «Mochter 3//* " vgfvvunt i»/^.- verwunte /* ^* Att GP
»* geschuf P '6 dem GIV »" gebete GW " geit er P
19 Vn — h^cze f. G; dieses schiebt hier einen späteren satz ein s. 2\ 1;
nach hercze lese?i: du pist unser vorspreche in unserm herczen und unser
gewererine in gotes herczen P/f: du bist unser für spreche in unserm
h*^zen M; herzen AfP/V ^o hgizzest GMPJf -^ weinen und GMP
22 s. und GMPIV 23 ju GMP ff -^ mit GMPff^ 25 erbarmherzi-
kait G hinter neigen; barmhertzigkeil //^ 26 eiioas dem entsprechendes
f. GMPff^ 27 sin hercze /: G
bl. 2"
1 h^czen Vn gewerest Ivr got in sine h^czen^'^ wer
sei do niht gedingen haben, da di minne fvr
* du bitest für uns in unserm herczen und gewerst für got in gotes
herczen f. in G hier, steht aber statt eines ausgefallenen satzes 2", 19
2 in gotes hertzen Gff"'
BRUCHSTÜCKE AUS DEM MÖNCH VON HEILSBRONN 325
uns pitet Div lür got gewaltichlichen mac
gew^en^ Diz^ sint di fvnfe staffeln der mlne^
5 mac d^ mensche komen gaistlich'' mit gotes
gnaden Vn mit sin selbes vleize . mer ab^'
vö* gnaden danne vö fleiz. Wan der vleiz
schaffet nit ane gotes 9 gnade so wil di gna
de niht ane des menschen vleiz. Div sehste ml
10 ne ist noch disem leibe i'' dise minne stet also
daz wir in di gotlichen minne so gar gesenc
ket^i w^den. daz wir vns selben nit en'^ min
nen danne dvrch goO'-^ Wan div heilige
Schrift sp^chet daz got elliv dinc geschaffen
15 hat durch sich selben. Da von ist elliu crea
ture di zv got komet vü nu vor got vroer
ist 14 dazi^ gotes wille an in er füllet ist . denne
daz^ß si dii^ gnade enpfangen habent^^ Da so^^
w^e wir in gotes minne so gar-'^ tief'-i gesen
20 ket daz wir in gote vü got in vns ain gaist
w'den. dez ich niht22 wist gereden^s wan^* daz^s
ez26 di scrift^"' sp^chet. d^ an^s got ist d^ wirt ein
3 geweren mac MP '' daz GPJV ^ nach minne f. in Z: zu
den der (ein MP) geistlich mensche hie uf erden (ertrich G) kumen mac.
Ze disen fünf stapfein der minne ^ der geistlich mensche GMPfV
' aber me fV « von gotez P ^ gotes /: GfF ^° leben MP
»1 versenket GW '^ g^ f_ GMPJV »^ g^t „„j j/^j/^- u jgt, vro-
wer GMPW »^ ja GP »e daz inen G " di f. GW »» haben
GMP 13 so f. GMPW 20 gai- ^, 3/^ 21 g^ ggr tief f. W
22 doch niht GW 23 i^i^a (gereden GP) getorste (torste P)
GMPW " denn GMPW 25 jg G '^^ f. G 27 geschrift G
28 in GP
DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES
FÜNFZEHNTEN JHS.
I MARINA.
(84^) Januensis was ein stat vil ubermenig vonu burgern,
uberflössig vonn guttern und aller libesnarung und vil vast frucht-
bar, davon machten die burger das gemein volck sorgfältig inn
1 Überschrift rot hystoria vonn einem Riehen kaüffmann.
326 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
deglicher ubuog und groszem flisz und besunder zu schieffen
über mere. under den allen was ein trefflieber burger mit
nameu Aronus, der semlicher listigkeit und klucheit in hantirung
vil jar durch ubung siner vernunlt und arbeit sins libs helt an-
5 gehangen und het nu grosz gut und huszrat überkommen, darumb
empfing er inn sin gemüt heimlich sorg, wer nach sinem tod ine
wurde erben, wann er het sin leben verfurt ane wiber und kind.
uff ein zyt waren gesamelt vil kinder und jungling nach gewan-
heit der statt und des lants zu begeen villicht ein hochzitlichen
10 tag, und machten da gegen einander spitzen und hauffen recht
als sie sollen gein einander stritten, zu dem schimpf (84'') kamen
gewonlich der kinder vetter und mülter, gefründe und ein grosz
menig des volcks und als sie sahen solich wise und thun , handel
und geberde: ettlich ringen lauffen springen danczen und ander
15 vil kurtze wile irer kinder, wurden sie sere und fast erfrauwet
und wolgemüt. da Aronus helt solich freude gesehen, empfing
er vil groszen smertzen und truvvrikeit und ging heimlich in sin
gemach trurig und redt zu ime selber also: o Arone, unselig
bistu alters halben! o du bist unselig und müde durch arbeil,
20 die du hast volbracht uff erden und uff wasser! ach Arone, du
bist rieh von gut, aber arme von gemüt! wie rieh schetz und
costlich wonung hastu dir gebuwet oiit harter arbeit und
mauiger verlerblichkeitl aber diu sorg diner nachkomen hastu
unwisslich vergessen, wem wenestu din grosz gut zu verlaszen?
25 welcher sone nach dinem tod wirt din gedencken? gut rette ein
huszfrauwen und kinder oder erben zu uberkomen hast du alle
wege versmehet. o selig sin die vetter, die da wise und fur-
sichtig sone hinder ine lassen ! o wie vil hau ich hüte vetter
gesehen, die sich selig (85^) schelzen, betten sie ein teil diner
30 gutter, die sie iren erben nach ine verUeszen ! nu bin ich by
lünftzig jarn. was soll ich mich nu getrosten oder was gedecht-
nisse oder lobes wird ich nach mynem tod verlassen ? wo ist
myn lieber sone, der mich in gedechtnisse wirdt behalten? selig
sint eelich verboutnisse und die elich lute, die ire gutter und
35 erbschaft und gedechtnisse in klug und wise kinder verziheu und
verfurn I
Diesze straff thet Aronus widder sich selber und ime was
3 bei HSachs (Keller 13,84/7) Aranus. 12 lies vetter, mutier
und gefründe? 13 sehen. 31 lies wes soll?
I MARINA 327
sere angst und leit. doch liesz er von der rede und trost sich
selber und sprach also: die vogel hant die art, dasz sie zu den
eisten nisten ee das sie eiger legen und sich darüber setzen,
also glicher wise wilt du auch thun. du hast gebuwet husung
und gnung darin, auch bistu nit als gar alt, du magst noch 5
erwarmen und erben ziehen, nu ist dir nit me zu thün , wan
zu besehen oder zu sorgen umb ein huszfrauwen.
Also ging Aronus usz sinem heimlichen gemach und rufft
zu ime zvven siner gutten trunde, die ime alle zytt truw warn
(Sb^) gewest. denn legt er vor sin meynung und bat sie umb 10
ratt. sie gehingen ime des zu und lobten sinen tursatze und
verhiessen ime sorg zii haben umb ein huszlrauwen, die ime
nutze und gut were.
In dem was Aronus bekomert, wo er under den tochtern
die manber weren ein lünde, die [er] ime zu einem wib mocht 15
lügen, in der vorgenanlen statt was ein doehterlin von adelichem
stam entsprungen mit namen Marina, ein junckfrau woU gestalt,
von lib schon und zumale kostlich an gesmide und aller zierheit,
also fast das alle, die ir wol gestalt bildung ansichtig wurdent,
verwonderten sich, ir jungfraulich autzlitz, ire spilende äugen, ir 20
wiplich form macht inn den hertzen der jungling durch einen
augenbliek [ine] ein unordelich begir. eins tages helltet Aronus
sine äugen in diese Marinam, nit in verwurfner und geyler be-
girde sunder mit clugkheit und wyszheit in alle sinem fursatze,
und begert ir durch inbrunstig lieb zu einer huszfrauwen. und 25
het das Aronus (86*) zu einer bequemen zytt offenbar iren
eitern, uff einen tag da Aronus bort, ob man ime wolt Marinam
geben zu einem wib, weren gesament ire frund, vatter und
mutier, die do alle einhellig nach einer deinen zweytraeht, die
bald gestillet ward, gaben Arono ir tochter Marinam zu einer 30
huszfrauwen mit glubde und gutter sicherheyt beider teil, also
nu das geschach, ward Aronus bekommen, wie er bereyt die
Wirtschaft der hochzytt kostlich nach nottorft und geburlicheit,
und hiesz bestellen aller bände zierheit und alles was dartzu
moeht dienen nach dem wegesten, und volbrachten da die hoch- 35
zitt dry tag inn allen freuden und wollust, in solchen kosten
und herhgkeit, das da nichts gebrast was da nott was und dar
2 dem. 16 vorgenaten. 22 ein] in. 36 solchem.
328 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
zu gehört, Marina die brut was schon und hübsche und über-
traf! alle junckfrauwen und Irauwen, die da zu der wirtschalt
waren geladen, ire cleider, ire gesmide und spenglin warn sere
kostlich, grosz ordenung und menig der diener und dienerin
5 da was, gnögsamkeit des wins und mengerley spise inn (86**)
guldin und silbern geschier, das gancze husz bewegt und er-
schellet durch pfiffen, harpfen, luten, bukeilen, singen, klingen
und alle seytenspill. da das alles verging, was Aronus erfreuwet
sins schonen wibes und vertreib also vill tag in wonnen und
10 freuden und groszem frolocken.
Da sie by einander betten gelebt ein jare in wollust und
müssiggeen , viel Arono in sinen sin das er oft begangen hat und
geflbet, das ist kauffmanschacze schieffen über mere gein Allexan-
driam, als er dan gewonheit helte von kintlichen jarn, also daz
15 er meint, es wer ime unmüglich davon zu lassen, er stall sich
aber gen Marina , als were ime darumb nicht uff das , das er
sie dardurch nit beswert, wann er erkant ir gemütt, die hiczige
und febrie jugent, ob er villicht ein zytt von ir were, das sie
ungedultig wurde zu behalden genczlicheit des elichen stats.
20 wann vvarumb? er sach an die jugent und blodigkeit siner
frauwen und gemeinlich aller frauwen, das sie ein umb sweyffend
gemi'it haben, auch forcht er, das icht qwemen die jungen,
(87*) stolczen knaben , die ane das alle tag pQagen zu komen
dwile er inn der statt was. was detten dan sie, wan er usz dem
25 land were? sie wurden ir heimlichen nach stellen, ein solichen
stahel und zwivel trug er heimlich by ime lang zytle. vil langer
betrachtung und disputeren widder und vor hett er mit ime selb
als lang das er swach und kranck ward, yedoch vill er uff ein
sin und sprach: es sy dann, das ich inn kurczen tagen fare
30 von hynnen, so musz ich sterben, du must sie laszen. sie behut
sich selber ob sie wil. thelt sie schon unrecht in dinem by-
wesen so du zu land werst: dannoch must du leben, ich will
nit verzagen, du soll din lip und solich totlich sorg nit legen
uff den lip einer frauwen. slach usz dinem mut angst und sorg.
.35 es ist nichts erger und swerer dem gemüt. hab umb die sach
kein betrubtnissze mer. hutt wil ich suchen myn gesellen die
mir vor langer zyt truw gewesen, die mir inn ubung und hantirung
5 güngsamkeit. 11 gelebten. 16 ti fehlt. 18 febrie = few-
ri(g)e. 26 stahel = Stachel. 34 dinen.
I MARINA 329
recht huselich sin gewest. dem vorsalze wil ich Dachkommen,
(87'') mit ine ein t'ry gemüt haben.
Da sich Aronus eins solchen het bedacht und testeghch t'ur
genommen, ging er zu sinen zweyen gesellen (die waren treffe-
lich fromme menner) und erzeugt sich frolich gegen ine und 5
meldet nichts siuer heimlichen anligenden sache und bekommer-
nisse, sunder er vermanet und hilt sie an, das sie sich bereiten
über mere zu tarn, also luden sie die schieif mit alle dem das
ine not was und machten nüwe glubde und warten also einer
beqwemen zyt und windes zu schiffen, aber Aronus was stet lO
und vest inn siuem Vorsätze sin husztrauwen da heim zu lassen,
und vor dem tag da er tarn soll , hiesz er bereiten ein abent-
essen, da er und sin hebe Marina allein heimlich verslossen by
einander warn. Aronus sach sie an und verwondert sich irer
schone und wol gesalzter hubscber rede sprach er zu ir also 15
'liebe huszfrau, myn liebe Marina, du bist die rüge myüs be-
trübten gemütes, ein einiger trost myns herczeu. ich bitt dich,
bisz trolich und habe ein irien niut. nym kein beswerung (88*)
darumb das ich ilzuut vonn dir tare. das ist alle zyt myn wandel
gewesen, durch den gewerb han ich überkommen schecze, husz 20
und hoff, lob und priesz und gesellschalt und vil gutter truude,
alle geschmid und zierheit, spengliu, ring, köstlich cleider, darinn
du alle trauwen inn dieser statt ubertriffest. das und alles kann
ich durch myn gewerb und hantirung überkommen, heruuib so
hab kein truwern oder smerczen umb diesz reisze, wann ich mich 25
wil bereiten bald widderumb z& kommen, das soll sin die letst
reisz, ist das es mir glucklich geet. dar urab habe ein men-
lichsz gemüt. alles das ich besitze will ich dir verlassen und
eigen geben, so ich doch weisz, das du die wile kein mangel
oder gebresten mogst han. zu dem ersten bitt ich dich, das du 30
trolich und gemüt sist. das ander: so uns doch nichts ver-
borgen ist, wan eins ere und nutz auch des andern ist, eins
schand und schad unser beider gemein ist, auch wisz, das ich
also töricht nit bin, das ich nit bedenck und erken, das du durch
din schon gestalt, adelich (SS'') geberd, lieplichen wandel vil lip- 35
hern vast begirlich bist und lieb gehast und ich dich ytzund
also einig ane man verlasze. und ich wene turware , myn lieb
huszfrau, du sollest einen kuschen vorsatz und ein rechten scha-
16 ruge = requies. 22 alle. 26 die] diese. 35 liphabern?
330 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
migen willen erapfahen und haben, yedoch so erkenne ich, was
solich jugent, lorme und gutt gestalte und die verborgen hitze
und fiiwer heischet, und weisz das wol, das du die wil ich usz
bin an man mit nicht mögest beliben, wann es ist unmöglich.
5 und nit gedenck, das ich darumb kein unmöt trag oder has,
wan alles das dir und diner natur nutz und frommen bringt,
das will ich alle zit. das ist, das ich dich mit aller bette flehe
und verman , das du unser bell und elich schäm kusch und
rein habest, als lang du vermagst, wan ich dich und din ere
10 sust niemand will emplelhen. sy du din selber hutterin, din
und diner ere. es mag kein hutt und sorg also flissig und enge
sin die ein trau möge bewarn widder iren willen, ist das sach,
das din geplut in dir wirt wüten , toben oder hitzigen (89") also,
das du dich nit lenger magst enthalden und behebig sin, bitt
t5 ich dich, liebe husztrau, versorg dich, bisz listig und behut, das
daz du tust icht ofl'enbar werd under dem volck, das dir und
mir und unsern kinden, die usz uns mochten kommen, sy ein
ewig schand und hintur ein ewig uffheben.'
'Wise und fromme, in diesen dingen wil ich dich leren.
20 du weyst, das in dieser stat ist manicher junger, starcker und
gerader, stolczer knab und jungling, usz allen den wer dir gnug
einen zu erwellen, mit dem du kurczwile mochtest haben und
spilen. aber kein unverschampten , unstetten, umb sweyffenden
lecker soltu mit nicht erkiesen, wan warumb? ein solicher offen-
25 hart din schand bald, wann solich keins iren glichen oder ge-
sellen verhelu. darumb bisz fursichtig und nym dir einen, der
da sy wise und verswigen, und ob ettwas vonn uch beiden ge-
schech, das er das nit mynner verswig und verberg wan du.
das ich dich bitt und ernstlich von dir begere. verheistu und
30 geredest mir das also zu hallen, fürwar so gibstu mir ein grosz
(89'') Ireude hut inn mynen mät. auch wil ich, das du mir nit
antworst als die andrn frauwen pflegen inn glichen Sachen, wan
man ine solchs vorlegt, so sprechen sie, was rede sy das: wes
kommerstu dich damit? wie mocht mir ein solchs ymmer in
35 mynen sin komen ! nein, nein! da sy got für! musz ich kein
tag nymmer geleben, wan ich das thfl oder doch gedenck zfi
thün! solcher antwort wil ich von dir nit. ich gleub sicher, du
sollest in solchem lursatz, als du ytzend bist, beliben yedoch
16 tust aiix trüst corrig-iert. 17 vor sy ist ist ausgestrichen.
I MARINA 331
als lang du mögest, auch bitl ich dich, das du das, dasz ich
dir ytzund verhenget hab, nit thuest, es sy dann, das du diner
jugent nit mögest widderstreben.'
Da Aronus hett geendet diesze rede, da ward das antzlitz
Marine siner huszfrauwen überdecket mit schäm und rot. nach 5
kurtze da sie verhesz die schäm, mit bleichem angesicht und er-
schrockner slymme fing sie an zu reden also 'myn liebster husz-
wirt, mit dinen worten hastu erschrecket myn vernuntt und ge-
möte, als das ich vonn dir han gehört, das ich nie vormals (90")
bann gelernt noch versucht zu gedencken. und duncket mich 10
recht unbillich und unmiltiglich sin gethan, das du ein junges
dirnlin mit solichen reden wilt reytzen, wan solich grosz laster
zu thun oder betrachten minem alter nit zu gehört, das du
aber sprichst, du wissest wol, das ich inn dinem abwesen min
elich schäm und kuscheit nit möge behalden, das piniget mich 15
also sere, davon ich auch gancz erzitter und weisz nit, was ich
reden oder antworten soll uff semlich diu vernünttig bewerung.
aber das ich dir itzunt sag, das ist mir nit mynner im herczen
wan in dem munde: ee vvolt ich sterben eins grüselichen todes,
wan das ich solt leben denn tag, das ich unser bett durch un- 20
elich werck beflecken solt — und mocht gescheen oder mir
Widder faren: das kan ich nit gedencken. aber das du diese
antwort und entschuldigung, die wir frauwen gemeinglich in
sulchen sachen pflegen zu haben, begerest vermyden, darumb
das ich nach diner begirde ettwas trosts in din gemiit trag, so 25
verheisz (90'') ich dir, das ich in gentzhcheit myns libes, in
schäm und zucht und vermydung aller unzimlicheitt eliches stats
diner widderlart wil truwelichen beiten und warten, und wer es
sach, das mir etwas widderwertiges dar über zufiel, das gott
nit woU, so will ich in alle dem diner regel und lere gehör- 30
samlich folgen, und ist ettwas mer das dich mocht beswern,
bitt ich dich, das du mir das gebittest, ich beger nit mer dan
das du minen willen alle zyt mit dem dinen vereinigest, wan
mir gebort zu thun was du wilt und nit was ich wil.'
Dieser wisen und klugen antwort ward Aronus als vast er- 35
frauwet, das er von freuden treher siner äugen kome mocht
verhalden. er sprach 'myn aller liebste huszfrau Mariua, alles
12 wilt] vnnd. 13 minen. 25 ich fehlt. dinem gemut.
36 kome.
332 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FLNFZEHMEN JUS.
das ich hann von dir begert das hau ich uun von dir verstanden,
nu halt din gUibde verslossen in dinem gemut, unbewegt.'
Da der liecht tag uff slosz die vinster nacht, da verliessen
Aronus und sin gesellschatt die statt, ir huszer und suszigkeit
5 ires (9P) vatterlands und sassen in den schitTen mit' usz ge-
streckten segeln, den weg, des sie dick und vill gewonheit betten,
turn sie snelliglich vor die ptort, thurn und huszere der Stadt,
aber der liebe Aronus wolt der reden siner trauweu nit ver-
gessen, sunder sletz hett er sie iun sinem müt und want sin
10 äugen nit von dem land, als lang bisz das schieff also witt geiurt
ward in das mere, das man keinen thurn der Stadt gesehen mocht.
sie betten einen gewinschten windt, also das sie in wenig tagen
reichten und kamen dahin sie begerten. Marina belib inn dem
husze ein hutterin mit aller dinstberkeil und was alle zytte in-
15 dechtig der rede ires huszwirts und irer verheissung und glubde
und iing au recht und kuschlich zu leben, sie hett nitt mer dann
funlzehen jare. davon in solchem jungen herczen mocht kein be-
triiglicheit noch arge list oder boszheit wesen. darumb: wer ir ett-
was Unzucht oder schaud begegenet, das mocht man biüicher haben
20 ZU geschriben wiplich blodigkeit(91^') oderkiutheit wan irer boszheit.
Darnach nach abscheit der schietT belib sie vil tag allein und
also gemach Aronus wenle sich und verrele sich voun ireu äugen,
also gemach viel er auch usz irem hertzen. wan schon und
zirheit dieser dirnen was erkant und ofl'enbar worden der ganczeu
36 Stadt, darumb in abwesen irs maus was teglichen menige der
jungling vor irem husz, ir zu einer reitzung, mit singen, klingen,
mancherley spil, zu fusz und zu rosz. tag und nacht da hol-
firten sie. sie hielt sich also zuchtig und wiszlich in irem husz,
das sie vonn keinem ward gesehen, ydoch sach sie by der wile
30 durch einen spald der venster wesz sie begunden, also doch sie
von inen nit wart gemercket noch gesehen, da sach sie die
lustigen, geilen jungliug und gerad, stoltz knaben singen, suUzen,
und alle wise und geberde der liebe merckt sie an ine und ward
nun off staczken in iren mutt. hitzig tuwer der liebe , innerlich
35 (92'') in irem gebeynde und marck verslossen, zwang sie und
drang sie zusameu. yedoch mocht sie des luwer lenger by
1 han fehlt, das habich empfangen AvEyb. 5 valterland.
12 geschwinschten. 25 leglicliem. 33 lies und ward nun ull" sie
strecken iren mutt? vgl. 334, 7. 36 lies das fuwer.
1 MARINA 333
einander nit behalden, sunder es nam iiberhandt und ward
lunckeln und flammen recht als dorre holtzlin jjy fuer, das nit
ist bedecket mit esche. Marina ward vervvurcket und bekom-
men mit vil sorg der lieb statt und zyt halb, sie wasz allein
in irem husz mit einer magl und gar ane hül. darumb vermerckt 5
sie beqwemlicheit der statt und der zytt. dar nach müssiggeen,
jugent und emssig gedechtnisse der lieb mereten in ir flammen
der begirde. beqwemlicheit der ubeltal statt und zyt halben
macht sie gehertzt und kiine. also hüb sich in ir ein mechtiger
kämpf und zweytrag der lieb und der kuscheit, ja woU ein 10
groszer krieg, wan aber in diesem kampl beqwemlicheit und
lug zyt und stat halben wird gezogen zu einem gezugen, so
vellet das urteill uff die kuscheit, also das sie unrecht gewynnet.
also wart das frolich hertze inn zwivel lang zit gepiuet (92'') und
betrübet, zum leisten viel ir inn das gelubde, das sie hett ge- 15
tan irem manne Arono, und bedacht nun die grosz wiszheit ires
mans, do er hett gesprochen, es were unmiiglich, das sie sich
mocht in kuscheit und ane mau in sinem abwesen enthalden.
sie sprach: volg wir rat unsers mannes in dem das er mir hat
laub gegeben oder erleubt hat und ich bann ime das geret und 20
verheissen an eids stat nit anders zu thün dann nach sinem ratt.
uu kanstu nit irren noch schuldig werden, so du thust nach
formen der verheissung. das ist die forme: ich soll keinen
buben oder unstetten , üppigen swetzer oder lecker erkiesen,
sunder einen der da ist klug und wise. also wird ich thiiu. in 25
dem bin ich dannoch mym man gehorsam, ist einer jung, so
mag er doch einem alten by der wile in wiszheit glich sin.
In den tagen kam für ire Ihür Dagianus, ein jungling er-
farn und beweret inn geistlichen und keiserlichen rechten, der
lang zyt zu Bononic (93*) inn schfll kunsten und züchten sich 30
gei'ibet bette, also fast das er inn der stat eines treffenlicheu
mannes namen und leumut bette überkommen , also das er vonn
allen burgern und groszen der stat und des lants hochgeschelzt
und geacht was. dieser Dagianus bette deglich gescheft uff dem
15 das gel.] die auf i'asur. 19 lies dem rat? aber auch so kaum
richtig überliefert. 20 laub von gleicher haiid geschrieben über rot
ausgestrichenes 1 . . b. 23 forme, fofiüe. 27 einen a. 28 Da-
gianus: 334,21 und von 335, 17 an immer Dagrhnus. bei Eyb und H Sachs
Dagmanus. 33 groszer. 34 geschetz.
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 23
334 DEUTSCHE PROSA^OVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
marckte, und ging ein weg in sin husz von der thiir Marine,
den er alle zylte geen müst. Marina sach ine deglich durch ein
spalten des fensters vor ir thiir geen und merckt an ime jugent,
schon, slerck und geradigkeit. sie erkaut in, den er hett einen
5 tapfern gang, ein ersame kleid, gutt sitien undwandel, und als
sie ine helle ytzund lang gehört riimen ein treffelichen wysen
man , davon wart sie gantz hegirde irs herczen uff ine strecken.
wie sie aber das anfing und zu brecht, handelt sie stell tag und
nacht mit flisz irer sinnen und nam war der stund und zytt, die
10 er pflag zu geen vor ir husz. da was sie allzil bereyt, das sie
stnndt an dem laden mit frolichem angesicht, mit aller wiplicher
zierung bereit und uff gemutzet, sin zu beyten und zu (93^)
warten, das del sie darumb, wau er sie ansichtig wurde, das
er wurd gefangen in lieb gegen ir, so er sehe zeichen und er-
15 zeigung der lieb, aber sie schafl't gancz nit damit, wan der
knab was dapfer und swer inn sineni gang und verhüt siner
äugen , also das er nit sähe noch woll sehen au den laden wo
sie sesz.
Also vergingen vil lag, das das freuwelin mercket, das sie
20 gancze wer beraubet irer begirde und alles vergeben were. eins
tags wart Marina gancz uogedultig der lieb, do sie sähe Dagria-
num her gan von irem husz, wan sie vor inbrunstiger liebe nichts
mocht geschaffen, sie rieff irer magt Anlhonia und sprach zu
ir 'gee hin und volg nach dem knaben , in welch husz er gang,
25 und sprich zu ime, Marina, Aronis huszfrau, hab dich geschickt
zu ime und bitl ine sere und vasl, das er Ihu ein gang zu ir
umb trefflich und herte sach die ir anlegen, das er das thu uu-
verzoglich ane alles hindernisse. wirt er fragen, was der sach
sy, sprich, du wissest daz nit, (94*) aber er werd es innen als
30 bald er zu mir komme, und zeug ime das husz und stat miner
wonung.' die dirn was gehorsam irer frau, wen sie ging da
sie ine fant sitzen über disch by sinen frunden in der wirtschalt
und warb ir botschafl uberlut, das allr meniglich bort. Dagiauus
hett Aronum und sin huszfrau vor lang zit woll erkant, wie woll
35 er des freulins kein kuutschaft halt, auch wist er woll, das
1 und fehlt, lies vor? 4 in l'eldt. 5 ersaine. 9 nacht fehll.
ires. 13 das erste sie l'ehll. Iti swer voi-ne/an, würdevoll.
23 Anlhonia, bei Eyb tingenannt, bei HSaclis Silpha, an deren stelle aber
später der narr Jockle trat, s. Keller 13,93. 25 Aronis, so auch
335, 35. 28 aller. 33 Dagyan' aus Dagi'ian' corrigicrt.
I MARINA 335
Aronus nit zu land was. darumb wenet er, das Ireulin hett ime
geruffen, das sie villicht mit yemants in krieg oder zweytrag
wer, darumb er ir soll das wort thiin an gericht, als er auch
andern luten by der wile pflag zu thün, wan er gebelten ward,
darumb sprach er zu der magt 'gee und sprich zu diner Irauwen, 5
ich wol kommen als bald ich gessen hab'. es vermerket auch
keiner anders dann es solich sach wer under allen, die mit ime
über tisch saszeu. die magt ging und sagt das widder irer
Irauwen. das Ireuwelin vonn rechten Ireuden ward als tro , das
sie recht erzittert, sie wenet nit anders, er hett verstanden, lo
warumb er beschickt (94"^) wer. sie ging in ir slaffkamer und
bereit ir bette mit köstlichen decken und küssen und umbhing
das mit schonen tuchern und zirdt sich mit aller zirheit als sie
vermocht, wie wol sie an ir selbs schon und hübsch was, das
nichts dar über was, und wie wol ein dein zytte was vergangen, 15
yedoch want sie, es wer ein lang will, als ungedullig was sie
zu beyleii. nicht laug kam Dagrianus. da sie sin ansichtig ward
an dem weg, ward sie gancz innerlichen tro und gab sich gantz
uff das bette, wie sie das köstlich bereit, die wil wart sin An-
Ihonia under der thur und öffnet ime die thur, also das sin 20
koecht her uszen beliben. do kam Marina ime engegen und
empfing ine mit allen eren und züchten und bot ime ir weichen
hendelin und sprach 'ich wil uch tur gan denn weg wysen.'
Dagrianus verwondert sich semlicher gestalt und schone der
frauwen, das er recht erschrack und volgt ir nach an das bett, 25
das sie zirlich und hochzitlich hett bereitet, do satzt sie sich
nyder vor das bett und hiesz (95*) ine neben sie sitzen, das
det do Dagrianus. do sassen sie by dem bett allein in verslossen
thorn. Dagrianus verwundert sich über des IreuHns und über
ander umbstend. sie flammet recht in furiger liebe die sie zu 30
ime hett, also das sie verstummet gantz und etlwan lang nit
redet, do liesz sich Dagrianus ettwas beduncken und hett ein
argwan. doch ting sie zuletst an und sprach 'Dagriane, du wiser
jungling, ursach darumb ich dich hann geheischen soltu ver-
steen. ich wen, du habest kuntschalt myns mannes Aronis, der 35
do ylzunt umb kouffmanschatz und gewerb ist gen Allexandria
und hatt mich hie gelaszen, also du mich hir sehest, ich acht
ine fast wise und klug, do er erkant mynn jugent und hett
10 tT fehlt. 13 tucher. 17 nichll nach, sin fehlt. 34 junling.
23*
336 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
vermerckt myn gelehenheit und wandel, do sprach er, ich mocht
mich nit in sinem ahwesen ane ein andern man verüben, da
nont ich zu der zylte, es wer unmüglich. aber itzunt halt ich
ganlz lur war, wan myn jugent und natur heischet (OS**) das.
5 auch mag ich die lang zyt nit allein also vertriben , glicher wise
die schonen blummen Ihund des glentzen. die giessend usz iren
suszen gesmack zu rechter zyt von ine selber, aber wann sie
wurden verhindert, so dorren sie und werden welck. also hat
mich min man auch geschelzet. er meint, das er nit Irolich
10 mocht werden, ich verhiesz ime dan, wer es das mich solichs
wurd anfechten, das ich mir erweit ein jungling, der wysz und
der sacli verswigen wer. nu han ich dich under allen in dieser
statt erkant und vermerckt also den aller beqvvemsten. ich holF,
du sollest mich nit versmehen. wie ich bin, also sichstu mich
15 ytzund. wiltu, so magstu myns mannes stat verwesen, wan du
will, gancz gib ich mich dir. wir sin einig by einander, es
vveisz niemants dan du und ich.'
Do Dagrianus also durch semlich rede des Ireulins ward
überkommen, nam er ir haut und erzeigt sich Irolich und hub
20 an diese schone geblümte wort und sprach also 'o woU mir des
gewonschten (96^) tags , des glichen ich alle zit begert und ge-
hofft habe! grosser gluck ist mir nie bekommen, wann an diesem
lag hüt hastu mich den aller seligsten gemacht! o du aller süste
Marina, ich bedenck, das wir vill manchen beheglichen und Iro-
25 liehen tag mit einander begeen werden, und soll doch niemant
vonn uns erlarn. hut bin ich der aller gluckseligest mensch!
ein dingk ist das do uns hindert und mag doch in einer kleinen
zytt gestillet werden, o Marina, du machest, das ich yetz offene
die heimlicheit myns herczen. dorumb solt du dich nit verwon-
30 dern, ob ich yetz zu diesem dinem willen nit volende. es wer
lang zu sagen, doch wil ichs verziehen in ein bcqwemlich zitt,
und ist mir nichts swerer. nym war, do ich wasz zu Bononie
in der schäle, do ward einer zyt ein grosz ufflaut in der statt
under dem gemeinen volck, und ward ich mit eltlichen minen
35 gesellen begriffen und in einen kercker gelegt, als wer ich ein
ursach des ulTlauffs. do Ibrcht ich verterblicheit myns (96'') libs,
so ich doch der sach gancz unschuldig was. do verhiesz und
1 gelehenheit = gelegenheit, 2S offent. 30 lies ob ich yetzu
diesen dinen w. n. volende?
I MARINA 337
glopt ich mit guttem willen und lutern hertzen got dem almech-
tigen, der da wol erkant min uDschult, wer es sach, das ich
gesunt und unverletzet kern vonn der gelencknisse heim zu
mynen Irunden, ich wolt ein gancz jare nit mer wann einer
spise uff ein stunde des tages gebruchen, das ist brot und wasser. 5
die glubde hann ich also bisz herre volbracht uff wenig tag und
hau da by min lip rein und kusch versichert, herumb bitt ich
dich, du lieb Marina, du wollest keinen andrn erkiesen wan mich,
und lasz dir die wenig tag nit swer und verdriszHch sin, bisz
das ich das jar miner glubde ertolle, ich rechen und ziel alle 10
die tag, wie lang ich noch hau zu dem end, und mag ich der
tag nit gekurtzen, es wer dann yemands, der dieser tag ein teil
nemme und sie mit solchen tasten behiit. wann da mit das ein
ander von mynen wegen thett, so hofft ich woll da mit bezalen
und mich entbinden (97*) als ich selber, nun hett ich grossen \b
zwivel, wem ich diesz hilff entpQlhe. das ich icht worde be-
trogen, hab ich das gancz jar uff mich allein genommen, dwile
aber thu nun zft mir solchen getruwen und so grosz lieb hast
emplangen, als ich nun an dir mercken und warlich erkenne,
so setze ich minen getruwen uff dich allein, das ich doch wolt 20
thün noch brudern noch trunden, also das ich die uberigen tag
miner last mit dir will teilen als terr du mir ane betruglickeit
will globen zu lasten, als ich gesagt habe, wann ich bin als
last zu dinem werck oder geschickt bewegt und begirhchen ge-
neiget, das mich die sechzig uberigen tag sere besvvern dann 2b
das ander teil des ganczen jars. ist dir nun zu sin, das wir
die zyt kurtzen, so nym zu dir die drissig tag und halt die in
ghcher masze mit tasten als ich. wan das geschieht, so werd
wir in groszen treuden uns gebruchung unser liebe ergeizen,
du globest mir das nit anders zu halten uff das, das ich (97'') 30
der lieb die du gen mir erzeigst betrulich sy. es sin kurcze
tag und schir vergangen, wiltu es thun, so verjehe.' dem
freulin thelt die lang zytt we. do sie aber hört die suszen wort,
hoffet sie, die tag solten ir kurcze vergeen. das macht unge-
stummigkeit der mechtigen lieb, mit triem Irolichen gemut ge- 35
redt sie ime das also zu halten und sprach 'die strengkeit der
fast ein solch lang zyt betrübt mich gar sere, yedoch so vellet
6 die auf rasnr. 9 dir fehlt. 14 woll] wolt. 18 thu
= du. 25 sere = serre coOT/zörafü'. 29 uns] vnnd. 31 der] die.
^38 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
ein tag bald uach dem andern, ich lasz da by blibeu als lerre
das wir hernoch dester wonsamer werden.' Dagrianus sprach in
inie selber 'nun hastu uberwondeu. — ich müsz diesen weg alle
tag geen uff den marckt. ich wil dich teglich besehen in dinem
5 husze, ob du dem also nachkommest' und schied also von ir
und ging mit sinen knechten widder in sin husze.
So belib die liebe Marina allein und gedacht in ir aller der
wort, die sie betten geredl mit einander, und die grosz leuge
der drissig tag bedacht sie mit grosser andacht und hinder ge-
10 dacht sie und beslosz in ir, sie wolt nit ee nemen wasser und
brott dann nach undergang der sonnen, den (98") audrn tag
kam Dagrianus gegangen inn ir husz, wann sie hette ine hitz-
lichen lieb, nach vill langem suszen gekose sprach Dagrianus
'belibstu mir vasten als du mir gerett hast?' sprach sie 'ja ich
15 irilich ane alles betrugen.' do sprach er also 'du min aller suste
Marina, wir wollen der wenig tag bald ein ende machen.' also
ging er vonn ir. das freulin hilt ir last getrülich und gaucze
ane alle beswerung umb trost wil der liebe, der sie hofft an
dem ende, do sie bette gelast sieben tag, do begunde in ir die
20 naturlich hitz abnemmen. als sie vormals in dem husze ging
in einem dunen lynen gewand, must sie yetzund sich gebruchen
winterwate und mocht dannach darin nit erwarmen, sie ver-
stünde doch nit die ursach und list Dagriani. der iunlzehent
lag nahet sich, das freulin mocht kom geen über denn oren.
25 Antonia ir magl verkundt ir, Dagrianus wer kommen in das
husz. do sie das bort, wart sie durch liebe widder woll bald
gesterckt, als ob ir nichts gebreste, und lieff ime bald engegen.
da sprach Dagrianus 'wie ist din antzlitz? wie hastu ein solchen
gang? ich weisz lurware du forchtest das tasten, o min lieb
30 Marina, hut sin wir kommen über die halb zit. ich bitt dich,
bisz steet und überwinde die din natur, das du mir iclil dar
nu bruchtig (98''j werdest. es sin noch hie vor funizehen
kurtzer lag, die wollen wir in Ireuden und wonsamer herlicheit
vollenden.' mit semlichen Worten erweichet er, mit solchen senilen
35 reden trost er und gab ein mül der trauwen. do sie nun hell vol-
bracht den sechs und zwentzigsten tag und hell nu verlorn ir
lebende l'arb ir antzlitz und gar vergessen alles bösen willen un-
18 wil am zeüensclduss , vielleicht willen. 20 sie] die.
23 funflzehtn. 31 die] den. 35 j-or und: v. 36 den] des.
I MARINA 339
kuscher, fleisclichen begirde, lag sie an irem bette und hett
nit mer als vast hitz der lieb als vormals und begund zu wegen
die grosz list, die Dagrianus mit ir hett begangen, und ward
erkennen wie ein wiszlich wercke daz wer, das er durch ent-
zihung liplicher spise alle wolluste irs libs hett verleschet. da 5
nun an ein den leisten tag Dagrianus kam sie zu besehen , hiesz
sie ine zu ir kommen an daz bette, da er sie sähe dort ligen,
sprach er also 'ach min aller liebste , ist das das gewonlich tro-
lich angesicht, das du mir vor hin hast gezeiget? es ist noch
ein einger kurtzer tag.' do verbrach sie ime die senfle smeichen- 10
rede und sprach 'du hast mich lieb gehabt in rechter volkommen
liebe, nit in snoder unerlicher liebe, als ich unselig hett fur-
genommen. ich will nun dich fort mer haben lieb und den
allerliebsten, du bist, der do mich hatt gelert halten min
kuscheit, min ere, min leumut, myns lieben (99^) huszwirts und 15
aller miner Irunde. mir genügt, das ich bin gehorsam gewest
des wisen, uff das ich erweite ein wisen, wan wiszheit straffet
alleweg die unwyszheit. gee selig und ymmer mer gesunt, du
aller klügster jungling, wen ich noch min huszwirt noch alle
die minen vermögen dir umb ein sulch ding nymmer mer vol- 20
dancken.' do nun Dagrianus sach, das er bei volbracht des er
begerl, do freget er an und vermanet sie mit suszen worten
und straft und lernet sie und verliesz sie also getroszt, als er ir
vviplich eelich kuscheit mitt fasten und enthalduog bette behalden.
6 an ein den letsten tag dh. am vorletzten tage, i'g/. 10. 7 sähe
er sie. 9 das] da. 13 dich fehlt. 17 lies des wjsen rate?
24 nach behaldenn: Deo gracias. \ ky,u\r, '€■ unijiii
Vorstehender text ist dem cod. Palat. germ. 119 entnommen,
der zuletzt und am eingehendsten von Kinzel Der Junker und der
treue Heinrich s. IQf besprochen wurde. ^ er enthält die 1. 2 und
3 translation des Niclas von Wyle, denen fol. 84 — 99* die Marina
unter dem titel hystoria voun einem Hieben kaüffmanu folgt, als
5 stück findet sich Steinhöwels (nicht NvWyles, loie Kinzel ver-
' die hs. mit 1 78 (nicht 1 83) blättern ist ein schöner lederband aus
der Sammlung des pfalzgrafen Otto Heinrich , dessen in gold gepresstes
hildnis oben die initialen 0. H., unten P. C. und die Jahreszahl IböS trägt,
ich durfte die lis. hier in Tiibijigen rnit mufse benutzen und spreche auch
auf diesem wege nochmals der verehrt. Heidelberger bihliolheksverwaltung
meinen dank für ihr gütiges entgegenkommen aus.
340 DEUTSCHE PROSANOVELLE> DES FÜNFZEHNTEN JHS.
mutete) Griseldis, als 6 die vor kurzem aus dieser hs. abgedruckte
Historia de sancto Gregorio papa (vgl. Anz.x 192. Zs.f. deutsche phil.
1 6, 300. 381), endlich als 7 das von Kinzel edierte gedieht. Niclas von
Wyle spricht in der ividmung seiner zweiten translation Guiscard und
Sigismonda an markgraf Karl von Baden von einer durch ihn ver-
fassten Übersetzung der Griseldis nach der lat. Übertragung des Pe-
trarca (wie dann üwer gnade die selben history nachmals aber von
dem latin zu tülsche gebrach von mir hat gehöret) und fährt dann
(79, l\ffj fort: sidher ist durch den hochgelerten man leonardum
aretinum vsser dem obgemelten buch (Griseldis des Boccaccio) die
histori von sigismunda sagende vnd aber von aim andern gelerten
die histori von marina lutend ouch zu latin gebracht worden, vnd
wann die selben hochgelerten man bedücht hat, sölich historien
der arbait wert sin , daz sy zu latinischer zungen gesetz wurden,
so hab ich gemaint sich wol gebüren daz die von dem latin zu
tUtsche ouch gemacht wurden usw. ich glaube mm dass mit
rücksicht hierauf die oben zum abdruck gebrachte Marina dem
Niclas von Wyle zugeschrieben werden darf, es ist dieselbe dar-
stellungsweise, der er sich bei seiner widergabe von Eurialus und
Lucretia und Guiscard und Sigismonda bedient hat. seine latei-
nische, auf ein italienisches original zurückgehende vorläge ist die-
selbe, die auch Albrecht von Eyb für seine freiere, inhaltlich ge-
kürzte (dise — histori oder label, — die ich auch auff das kurtzt
ausz latein in deutsch bringen wil, als ich denn dises püchlein
ausz latein an manchen enden genomen und geordnet hab) be-
arbeitung im capitel Wie sich ein Irawe halten soll in abwesen
ires mannes seines Ehestandsbüchleins benutzte (vgl. den abdruck
von Eybs Marina in den Beiträgen zur geschichte der teutschen
Sprache und nationallilteratur 1 (London Uli), s. 135 — 159 wnrf
vdllagens Germania 9, 239 ff), doch ist es auch mir trotz vielem
suchen nicht gehingen, die lateinische quelle ausfündig zu machen,
über sonstige behandlungen dieses novellensloffes und zwar im
anschluss an Goethes erzählung vom klugen procurator (Hempel
16, 65 //y vgl. Guhrauer in den Wiener Jahrbüchern der litteratur
bd. 116 (1846), anzeigeblatt s. 80/" und Düntzer im Archiv f.
d. Studium der neueren sprachen und litteraturen 3 (1847), 215 ff
= Studien zu Goethes werken 1849 s. 27 ff. nach Eyb erzählte
wider, wie Düntzer nachgewiesen hat, der unbekannte Verfasser
des Speculum exemplorum. (erster druck 1481, distinctio 10 cap. 14
I MARINA 341
Quomodo feraina de adulterio gravissime teniptata abstineiitie re-
medio liberalur; in der später als Magtium speculum exemplorum
(1605 gedruckt) von Johannes Major veranstalteten alphabetischen
umordnmig nuter dem titel nr 15 De abstinentia) mit der beson-
deren berufnng legi aliquando in iheutonicali libro, und auch
Hans Sadis hat seine 1556 verfasste Comedia Die schön Marina
mit dem doctor Dagmano (Keller und Götze 13, 84 ff) nach Eybs
geschichte bearbeitet.
Aus dem oben gedruckten , von einem md. Schreiber her-
rührenden (Kinzel aao. s. 26) texte merke ich betreffs des Wort-
schatzes folgendes an, gleichzeitig mit rücksicht auf die alters-
bestimmung nhd. wort formen^: abscheit 332, 21. abvvesen 332, 25.
333, 18. 336, 2. *antzlilz 327, 20. 331, 4. 338, 28. 37. *behebig
enthaltsam 330,14. bequeme, beqwemlich 327, 26. 329, 10. 336,
13. 31. beqwemlicheit 333, G ff (vgl. Transl. ed. Keller 60, 30).
betrüglicheit 332, 18. 337,22. *betrulich 337,31 (NvWyle liebt bil-
dungen mit berbeaügig 56, 5. 58, 32 uo. bezügniisz 178, 13). be-
weruog331,17. bilduog 327,19. bruchtig 338, 32 (bruchig Trans?.
26, 9). *bukel(l)e schw. 328, 7 (s. Lexer 2, 305 piikel). dinstber-
keit 332, 14. dwile 328, 24. 337, 17 (sehr oft in den Transl.). ein-
hellig 327, 29 (ainhellikait Transl. 195, 1). erzittern 331, 16.
335, 10. gebeynde 332, 35. gebruchung 337, 29. geburlicheit
327,33 (Transl. 108,38. 111,38. 119,27. 146,21). sie ge-
hingen ime des zu 327,11. gekose 338, 13. genczlicheit 328,
19. 331, 26. gerade 330, 21. 332, 32. geradigkeit 334, 4 (Transl.
17, 26). gereden versprechen, geloben 330, 30. 333, 20. 337, 35 f
338,14. geschickt 337, 24. glenlze schw. frühling dZQ, 6. gluck-
selig 336,26. gnügsamkeit 328,5 (Transl. 93, 14. 155, 20. vgl.
212, 30/"). grüselich 331, 19 (Transl. 38, 28. 148, 16. 259, 6).
hantirung 326, 3. 328, 37. 329, 24. hinder gedenken 338, 9/"
(vgl. VWB 4, 2, 1499). hitzigen verb 330, 13. huselich 329, 1
(Transl. 151, 2. 287, 23). husung 327, 4. hutterin 330, 10.
332, 14. indechtig 332, 15. laub erlaubnis 333, 20 (DWB 6,
* beiläufig sei bemerkt dass des Niclas von ff yle Translationen von
Lexer nickt berücksichtigt sind, was bei einem jnhd. wh. selbstverständ-
lich sein könnte; doch hat Lexer gelegefitlich andere denkmäler des
15 Jhs. lierarigezogen. das Dff'B sollte aber auf jeden fall mehr belege
aus Nvffljle bringen, schriftsteiler wie Nvff'yle, Steinhöivel , JvEyb
bieten vielfach die ältesten belege nhd. wortformen und Wortbedeutungen
(vgl. auch JGrimm im D ff ß \,wi\t).
842 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
287). lute 328,7. mit nicht 330,4. 24. müssiggeen 328,12.
333, 6. uff gemutzet 334, 12 (Lexer 1, 2261). oren hans-
flnr 338, 24. reilzuog 332, 26. smeichenrede 339, 10. slaczken ?
332, 35 lesarten. swer 334, 16 lesarten. truwrikeit 326, 17 iind
iruvvern 329, 25 auffallende Schreibung für trurikeit und truren.
*übermenig 325, 1. uffheben suhst. 330, 18. umbstend 335, 30.
uugestummigkeil 337, 34 f (Transl 62, 27. 63, 38. 64, 7. 104,
34). unmilliglich 331, 11. unordelich 327, 22 (Transl. 3, 14 f).
verbontnisse 326, 34. verheissung 333, 23. verhüten c. gen.
(siner äugen) 334, 16. sich verüben = bleiben 336, 2. verlerb-
lichkeit 326, 23. 336, 36. flammen verb 333, 2. 335, 30. vol-
dancken 339,20/'. frolocken 328,10. lunckeln 333,2. wan
warumb? 328, 20. 330, 24 (vgl. Transl. 11, 2). *wiuterwat
338, 22. zierung 334, 12. zweytrag (= zweytracht 327, 29)
333, 10. 335, 2. die arta^ leyö^eva habe ich durch * kennt-
lich gemacht.
Tübingen, den 4 augnst 1884. PHILIPP STRAUCH.
ARATOR UND PRUDENTIUS ALS VORBILDER
OTFRIDS.
Aufser der an könig Ludwig gerichteten dedication und der
lateinischen vorrede hat bekanntlich Otfrid noch zwei weitere
Widmungen vertasst, von denen er die eine, an den bischol Sa-
lomo, vor das erste buch, die andere, an die mönche Hartmut
und VVerinbert, hinter das liinfte buch gestellt hat. dass jene
ersten beiden zuschritten nach schluss des ganzen Werkes ver-
lasst sind, darüber ist man nie im zweilel gewesen, wol aber
gelangte man in betreff der abiassungszeit der beiden anderen
noch nicht zu einer allgemein gebilligten ansieht. Lachmann
sprach die meinung aus, dass die zuschritt an die münche ein
begleitscbreiben zum ersten buche gewesen sei, welches 0. trüber
vollendet und abgeschickt habe; dass terner die widmung an Sa-
lomo zugleich mit dem tüutten buche übersandt sei, welches
cbentalls zu den früher abgeschlossenen gehöre, natürlich meinte
Lachmann dies aus inneren gründen erschlielsen zu dürfen, und
CS will dagegen nichts besagen , wenn Piper die tatsächliche Stel-
lung der Widmungen in recht äufserlicher weise zu dem un)ge-
ARATOR UND PRUDEMlüS ALS VORBILDER OTFRIDS 343
kehrten Schlüsse beuulzte. Erdmann hält zwar noch daran fest,
dass die zuschrilt an Salomo schon vor voilenduug des ganzen
gedichtet und mit abschnitten des tünlteu buches übersandt sei,
weicht aber in betreff der anderen widmung von Lachmann ab,
ohne indes selbst eine bestimmte aüsicht auszusprechen.
Ich war schon längst der ansieht, dass sämmlliche Widmungen
von 0. erst nach abschluss des ganzen Evangelicnbuches ver-
tasst seien, indem ich mich dazu durch folgende anklänge be-
stimmen liefs: Hart. 77 thoh riat imo io druhtin mit sines selbes
mahtin erinnert an Ludw. 23 riat got imo ofto in notin und 43
riat imo io gimtiato selbo druhtin guato; Hart. 93 in Davides
dati nim bilidi zi noti an Ludw. 37 in imo irhugg ih thrato Da-
vides selbes dato und Hart. 166 mit in si onh mir gimeini thiu
ewiniga heili an Ludw. 5 themo si iamer heili joh salida gimeini.
also, schloss ich, ist die Zuschrift an die möuche wie die an
Ludwig nach schluss des ganzen werkes geschrieben, in der
Zuschrift an Salomo stimmt v. 40 — thar thaz gotes ewiniga jar
ilberein mit Ludw. 92 — thar thin ewinignn gotes jar; sodann
erinnert Sal. 39 rihte iwe pedi thara frna joh mih gifnage tha-
razua an Hart. 7 rihti pedi mine thar sin thie druta thine, und
Sal. 42* joh due nns thaz gimuati an Hart. 9'' dna mir thaz gi-
zami. darum setzte ich auch die zuschritt an Salomo in die
letzte zeit und liefs mich durch Erdmanns argumente ex silentio
nicht abschrecken; man darf nicht verlangen dass Otfrid immer
wider dasselbe sagt, positives lässt sich nicht dagegen anführen,
eine bestätigung dieser meiner meinung fand ich nun, als ich,
bewogen durch die erwähnung Aralors Liutb. 17 (in Erdmanns
grofser ausgäbe), dessen werk De actibus apostolorum einsah,
auch diesem sind zwei Widmungen vorangeschickt, eine dritte
ist hinten angehängt, in der ersten widmung an einen Fiorianus
abbas heifst es v. 5 fl":
ad Carmen concurre meum pedibnsque labanti
porrige de placido saepe favore manum.
ieiuno sermone quidem sed pinguia gesta
scripsimus ac pelagi pondere gutta fliiit.
intei- grandiloquos per mille volumina libros
10 maxima cum teneas et breviora lege.
23 ergo gradnm retinens et prisca volumina linquens
cede dies operi, quod pia causa iuvet.
344 ARATOn UND PRUDEMIUS ALS VORBILDER OTFRIDS
vielleicht darf mau ua. erinnern an Ludw. 87 themo dihlon ih
thiz buak, oba er habet iro ruah odo er thaz giweizü, thaz er
sa hsan heizit. jedesfalls ist des Aralor brief geschrieben, als
das gedieht lertig vorlag, der zweite brief gilt ^rimo omnium
sacerdotum papae Vigilio: dort lautet v. 19 ff:
versibus ergo canam, quos Lucas rettulit actus,
historiamque sequens carmina cera loquar.
alternis reserabo modis, quod littera pandit,
et res si qua mihi mystica corde datur.
metrica vis sacris non est incognita libris,
psalterinni lyrici composuere pedes usw.
auch hier möchte ich erinnern an Liutb. 24 interdum spiritalia
moraliaque verba penniscens und an i 1, 29 ouh selbun buak
froHO irreinont sie so scono. deutlicher stimmen aber folgende
verse: hoc tibi, magne pater, cum defero munus amoris,
respice, quod meritis debita solco tuis;
te duce Uro legor, te dogmata disco magistro,
si quid ab ore placet, laus monitoris erit überein mit
Sal.25 cheret thaz in muate bi thia zuhti iu zi guate,
joh zellet thaz ana wanc al in iuweran Ihanc.
ofto wirdit, oba guat thes mannes jungero gidnat,
thaz es liwit thrato ther zuhtari guato.
Auch diesen zweiten brief hat Arator nach beendigung seines
Werkes geschrieben , wie die zuletzt angeführten verse unzweifel-
haft zeigen: hoc tibi cum defero munus amoris — , meritis debita
solvo tuis, Worte, welche noch zu einer stelle aus der dritten
epistel, die wir gleich anführen werden, stimmen, es spricht
nicht dagegen dass Arator mit den futuris canam, loquar die zeit
vor dem beginn seines Werkes fingiert, dass nun auch die dritte
epistel (an einen Partheniiis magister officiorum atque patricius)
geschrieben ist, als das werk bereits fertig vorlag, zeigen die
verse: constitui, fateor, si quando forte mererer
ingenii fructus ad meliora sequi,
quo te cunque loci contingeret esse, mrorum
maxime, transmitti quod modularer opus,
iam stimulat promissa dies, ut debita tandem
Cjontractusque meos solvere, docte, velim.
Sume, quod ex nitida libavimus aequore Carmen
et licet exiguas suscipe gratus aquas.
ARATOR UND PRUDENTILS ALS VORBILDER OTFRIDS 345
Es wird dadurch wahrscheinlich dass auch 0. alle seine
Widmungen, wie Aralor, nach beendigung des ganzen Werkes
verlasst hat. an Arator als sein vorbild müssen wir darum zu-
nächst denken, weil 0. ihn citiert, sich wahrscheinlich remi-
niscenzen bei ihm finden, und die eine widmung bei beiden am
ende des werkes steht, sonst ist Arator nicht der einzige ge-
wesen , der so verfuhr, der bekanntere Ausonius zb. hat auch
drei dedicalionsepisleln an die spitze seiner gedichtsammlung
gestellt, eine an den kaiser Theodosius, eine zweite an einen
Syagrius, die dritte an einen schüler, welche beginnt mit dem
Catullischen verse qnoi dono lepidnm novtim libellum? auch Auso-
nius war mit dem buche iertig, als er die drei Widmungen
schrieb, schliefslich ist die zunächst aultällige anzahl der Wid-
mungen leicht zu erklären, es waren die dedicationsepisteln für
die exemplare seines werkes, die man den betreffenden adressaten
sandte; man nahm aber alle Widmungen in jedes exemplar auf,
damit ein jeder sie kennen lerne. 0. besonders wollte nicht
umsonst soviel mühe auf seine acrosticha verwandt haben.
In der lateinischen vorrede nennt 0. neben Arator auch den
Prudentius. nun hat schon Erdmann (einl. s. 67) vermutet dass
0. für die vierzeiligkeit an dem Diptychon des Prudentius ein
Vorbild haben konnte, das ist gewis richtig, wie genau 0. jene
merkwürdige dichtungsgattung kannte und wie er sie neben der
bibel als quelle benutzte, geht zunächst daraus hervor dass er
das dritte capitel des ersten buches, das die genealogie Christi
in vierzeiligen abschnitten behandelt, in anlehnung an die ersten
diptycha des Prudentius, welche von Adam und Eva, von der
arche des Noah, von Abraham immer in vier hexametern handeln,
verfasste. aber auch wo er in längeren capiteln Vorgänge aus
dem neuen testament erzählt, hat er den hieher gehörigen tetra-
stichen des Prudentius züge entlehnt, die sich in der biblischen
vorläge nicht finden, für 0. i 12, 13 — 16 lässt sich aus der
bibel als quelle nur anführen Luc. 2, 11 quia natns est vobis
hodie Salvator, qui est Christus dominus in civitate David, lesen
wir aber v. 15 in Bethlem — thiue kuninga thie warun alle tha-
nana, so entnahm 0. dies aus diptychon xxvi: Bethlem — , quae
'prolulit Jesum orbis principium, caput ipsum principiorum. und
wenn v. 14 hervorgehoben wird theist druhtin Krist guater fon
jungem muater wie v. 16 sin muater, magad sconiu, so fand auch
346 ARATOR UND PRUDENTIUS ALS VORBILDER OTFRIDS
dies 0. bei Prudenlius xxvtii: vis lunwüs angelici natum celebrans
de nirgine Christum, ferner hat 0. im 20 capitel de occisione
infantium eine viel ausführlichere ijeschreibung, als die bibel
sie bietet, es sind hervorzuheben v. 13 f sie zalatun siu io
ubar dag, thar iz in theru wagnn lag, v. IS joh zi im leidlusti
nem iz fon ther brusti, v. 1 1 thie brusti sie in ougtun, thaz fahs
thana ronftun, v. 19 ira ferah bot thaz wip, thaz iz muasi haben
lip, wofür 0, in des Prudenlius diplychon Occiduntur infantes
in Bethlem fand: fumant lacteolo parvomm sanguine cunae vul-
neribusque madent calidis pia pectora malrum. man darf nun
auch noch behaupten dass 0. i 5, 9 giang er in thia palinza,
fand sia drurenta nach des Prudenlius werten sedem virgineam
intrat geschrieben ist, Luc. i 28 steht nur ingressus ad eanu
dann wissen wir auch, woher 0. die vier verse genommen hat,
welche den anfang von capitel ni 6 bilden, mit v. 5 fuar drnhtin
inti sine ubar einan lantse beginnt die Übersetzung der bibel
abiit Jesus Irans mare; die voraufgehenden vier verse:
Thaz ih hiar nu zellu, thaz weiz thiu worolt ellu,
wuntar filu maraz joh thrato seltsanaz,
wio Krist nam finf leiba joh zwene ßska tharazua,
fon then gab follon muases finf thusonton mannes —
sind nach dem diptychon xxvii:
Quinque Deus panes fregit piscesque gemeUos,
his hominum large saturavit milia quinque usw.
gedichtet, wie 0. auch am schluss seines capitels noch gerade
vier verse hat, welche von der speisung der vierlausend handeln.
— gerade für solche von 0. öfter als aufschrilt vorangeschickte
oder als Unterschrift beigefügte vierzeilige abschnitte ist das
diplychon recht eigentlich vorbild. denn auch dieses ist oder
soll sein eine aufschrift oder Unterschrift für eine plastische oder
malerische darslellung von biblischen Vorgängen. Dressel , der
neueste herausgeber des Prudenlius, bemerkt dass das christliche
niuseum der vaticanischen bibliothek nicht wenige marmorne mo-
numente enthält, denen ähnlich, welche von Prudenlius beschrieben
werden, sicherlich hat auch OtlVid solche gekannt und natürlich
für solche Vorgänge, die er besonders anschaulich schildert, es
ist wol keine leuschung, wenn wir die verse v 17,37 — 40:
kapfetun sie lango, icas wuntar sie ihero thingo,
mit hanton oba then ongon, thaz baz sie mohlin scowon;
ARATOR UND PRUDENTIUS ALS VORBILDER OTFRIDS 347
sie irluagatun nan kumo zi lungist filu rumo;
thar wolkono obanentig ist, thar sahun sie tian nahist
und besonders den schönen sinnlichen zug, dass die jünger sich
mit der hand die äugen beschallen , um von dem blendenden
licht nicht am schauen behindert zu werden, aul eine dem dichter
vorschwebende bildliche darstellung zurückiühren , zumal wenn
wir bedenken dass gerade dieser zug bei der darstellung der
himmeliahrt in der maierei beliebt ist.
Es will mich auch bediinken als seien die worte ii 22, 9
sehet these fogala , thie Mar ßiagent obana nur mit hin weis aut
eine bildliche darstellung möglich, unerlreulich ist es freilich,
wenn gleich v 20, 63 wider steht: hanlon joh onh ougon biginnent
sie nan scowon, und somit die Vorstellung nur zur lüUung des
Verses verwandt wird.
Der drille christliche dichter, den 0. in dem lateinischen
Vorwort nennt, ist Juvencus, der eine Evangelica hisloria in vier
büchern geschrieben hat, und in der ersten praefatio in je zwei
Versen die vier evangelisten characterisiert, die er alle benutzt
hat. vielleicht war er dem 0. vorbild lür dasjenige verlähren,
welches er Liulb. 28 ff so characterisiert: scripsi inter quatuor
evangelistas incedem medius, ut modo quid iste, quidve alius cae-
terique scriberent, inter illos ordinatim, prout potui, penitus pene
dictavi. im einzelnen wird 0. den Juvencus nicht stark nach-
geahmt haben, da dieser mit der biblischen vorläge zu frei
schaltete, wenn 0. zb. vom Herodes sagt eities kuninges, joh
harto firdanes, wo in der bibel nur Herodis regis steht, so braucht
er bei einer so geläufigen Vorstellung nicht den Juvencus nach-
geahmt zu haben , dessen worte lauten rex fuit Herodes Indaea
in gente cruentus, ebenso wenig wie ihn zu den versen i 4,
19 — 20: ingiang er tho scioro, goldo garo ziero,
mit zinseru in henti thaz hus rouhenti
der vers des Juvencus veranlasst haben muss: sed cum sorte
adytis arisque inferret odores; es fand sich schon in der bibe
hora incensi.
Cöslin. WALDEMAR OLSEN.
348 Em SEGEN
EIN SEGEN.
(53'') Heute kh ns ge, min engil mit myr geyn, dry inyn
iDoldyn , dry mych behalden , dry mich heschyrmyn , czobende czn
gutyr herberge breugyn: das myr in den icogyn gesze keyn (54')
iüigenode, daz mich keyn wofen vorsnide, daz y gesmett worde
sint der heylige crist geborn worde. ab is mir ns den minen
loerde gennmen, daz is wedir in den selben seyn knme ; ab is mir
wedir xoerde in di min, daz beide steche nnde snide durch steyn
durch beyn. dem heyligen cruce zy ich bevoln , der heylige hymel-
helder zy mir obyn.
Dieser segen (vgl. dazu MSD- xlvii 3 und s. 469 t, besonders
471 ff den segen aus Muri nebst seinen parallelen; zum schluss
vgl. s. 283; zu dem reim wäge : ungnäde s. 472 v. 16 und den
5 vers des Weingarlner reisesegens) stellt in einer bs., vvelcbe
mir kürzlich von hrn landesarchivdirector vZahn geborgt wurde,
er hatte sie vor wenigen wochen aus Friaul mitgebracht, wo sie
sich im besitze des don Luigi Pascoli, plarrers zu Enemongo,
Carnien, befindet, ich lasse eine kurze beschreibung und inbalts-
angabe folgen.
Es ist eine papierhs. aus der 2 hallte des 14 jhs., 11 cm.
breit, 14 cm. hoch, 56 blätter (das 5^^ ausgeschnitten) in 7 quater-
nionen, eingeschlagen in ein blatt Schweinsleder; der hinterdeckel
ist keilförmig zugeschnitten , der dreieckige lortsatz eingesäumt
und war über den vorderdeckel geschlagen ; wahrscheinlich sollte
das ganze mittels eines (nicht mehr vorhandenen) bandes nach
art einer geldbrieltasche verschlossen werden, die sehr verschie-
denen bände des textes und der reichlichen Zusätze an den rändern
lassen sich nicht immer abgränzen.
Aut der rückseite des vorderdeckeis lat. segen. — anbäufung
griechischer namen und worte, durch f je z^vei getrennt — sis pax
et defensio michi f famnle dei Michaeli ab omni incursione dyaboli
— läuft aus in ein Verzeichnis von engelnamen, der namen der hl.
3 könige und den versuch , das wort abacadabra widerholt zu
schreiben, von 1" — 35'' stehen in verschiedenen gruppen , teils
alphabetisch geordnet, teils dem Inhalte nach, teils ganz ohne
jeglichen zusammenbang unter einander lateinische verse. in der
EIN SEGEN 349
übergrofsen mebrzalil siud es gereimte liexameter, aber auch
reimlose und disticlien kommen zahlreich vor. der iuhalt ist
sehr bunt: überwiegend sind es moralische sätze, häufig volks-
tümliche Sprichwörter, practische lebensweisheit, dann wider
theologisches, lobsprücbe aut Maria und heilige, viele versus
memoriales, welche geböte, sündencategorien, ehebindernisse,
monatsdaten (teile eines cisiojanus), gestirn - und windnamen,
astronomische und die Zeitrechnung betrelTende sätze, medizi-
nische regeln, botanische nomenclatur. geographische und histo-
rische notizen einprägen sollen, sie sind zu verschiedenen Zeiten
und mit verschiedener tinte autgezeichnet, am rande stehen überall
noten, welche zum teil auf die verse sich beziehen und sie er-
klären sollen , dann aber auch neue nachgetragene verse bringen,
unten gelegentlich glossen, recepte, liturgische notizen. sichtlich
das scrapbook eines geistlichen. SS*" beginnt ein lateinisches
vocabular: zuerst das lat. wort, dann lat. definition, dazu — an-
fangs selten, später immer bäufiger — die deutsche Übersetzung,
es ist alphabetisch geordnet, fängt aber mit I an und geht die
biichstaben durch bis V. 48"' hOrt es auf. antang: Ingratus
qui non vnlt regraliari (Ilia. orX- di lenden. Jngernm, s. spatium
campt s. eyn morgen. — indulgere . i . ignoscere s. vorgeben).
schluss 48"* üVo. as. pertinet ad pullos dum sedent sub sepe. s.
srapen. Vernat splendet. Vehwi s. instrumentnm. — dann be-
ginnt ein nach inlialtsgruppen geordnetes lateinisches vocabular,
in welchem regelmäfsig die deutschen worte neben die lateini-
schen geschrieben sind, anfaug 48'': Avus eldervater. Ava elder-
muter. Genitor vaier. schluss 53'': Cruniaculus hechele. Cal-
darum gramacnJa borisen. Compes vesser. Celtis. — damit bricht
es ab. daraul der o!)en mitgeteilte segen — 54% dann recepte,
über Asmodeus. 54'' kleines glossar von pflanzennamen (Arte-
misia byws — Celidonia schelwrcz). 55" legende: Sanctus Jo-
docns fuü de natione regali. 55'' recepte. 56"'' federproben,
verse, aber ganz verwischt.
Graz 8. 6. 84. A. E. SCHÜNBACH.
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVH. 21
350 MISCELLEIN AUS GRAZER HAiNDSCHRlFTEN
MISCELLEN AUS GRAZER HANDSCHRIFTEN.
I ZUM JÜPEL.
Die verschiedenen fassnngen der legende vom judenknaben,
xcehher wegen seiner teilnähme am christlichen ahendmahl von
dem erzürnten vater in eitlen (schmeh-)ofen geworfen, durch die
gnade der Jungfrau Maria jedoch auf wunderbare weise gerettet
wird, hat Eugen Wolter (Der jndettkmibe, Halle 1879) mit vielem
fleifse verzeichnet und zum grofsen teile auch herausgegeben, aus
dem handschriftenvorrate der Grazer Universitätsbibliothek teile ich
zwei unbekannte stücke mit , deren erstes durch alter und behand-
hmg interessant ist.
a) die handschrift nr 1432 (tiach der alten Signatur ^^j-ie 4^'),
116 blätter pergament, ende des xii oder anfang des xni Jahrhunderts
geschrieben, enthält lateinische sermone, besonders, und zwar gegen
den schluss immer dichter, des hl. Bernhard von Clairvaux. auf
bl. 99'' finden sich die folgenden hexameter eingetragen, bei deren
abdruck ich die kürzungen auflöse und die ititerpunction hin-
zufüge.
Quod relero res est, mihi credite, Tabula non est,
quam vidi prius ecciesia pictam super aram.
Jndeus quidam puer, olim chrislicolarum
conludens pueris et eorum taclus amore,
5 ibat in ecclesiam quo picta luit super aram
cum nato proprio Christi genitricis imago.
cumque sacerdos divideret populis sacra Christi
judeus puer inluitus relulit sibi visum,
cultro qui puerum sacrifex in trusta secaret
10 talem qualis erat, quem sancta Maria tenebat
depictnm gremio. propians suscepit et ipse
ore suo partem carnis C7'udis rediifque
tecta paterna. refert quid viderit attuleritque,
ostendit patri. pater indignalus in ira
15 succendi jussit clybanum, projecit in ignem
natum. quod cernens nialer lolerare nequibat,
(amor est matris, cum sit pater ad pielateni)
10 tpnebant 17 nialer
MISCELLEN AUS GRAZER HANDSCHRIFTEN 351
accurreos igitur aniens exdamat in altuni,
nndique vicini mox concurrere foresque
20 infringunt clausas puerum flanimis rapiimtque
in nullo lesum pro more trium puerorum.
sed miranlibns et querentibus omuibus istuci,
quomodo sit factum, respondü eis puer: 'illa
in mediis domina flammis secura sedebat,
25 ipsa suo gremio pie me suscepü et ignem
veste sua repulit, totum me relrigeravit.'
quid, fratres dominique mei. miramur ad ista?
est et enim genitrix illius sancta Maria
qui fuit in fornace irium custos puerorum.
30 hoc mater potuit, poluit qui fllius ejus:
ille tarnen per se potuit sed niater in illo.
hiis populus visis mirabilibus benedixit
magna voce deum sanctamqiie ejus genitricem.
patri vero nequam suadebant lonte lavari,
35 babtismnm rennü, quem dant flammis sine mora.
matrem cum puero baptizabant reliquosque
judeos, sancta celebris fit laude Maria.
sie nos eripiat incentivis vitiorum
39 sancta dei mater, sit laus et honor sibi semper.
22 mirantus 32 populis 33 ejus f'e/iU, aber Honovius hat es
Das stück steht ganz nahe der fassung, icekhe Honorius
Augustodunensis im Specuhim ecclesiae zur Purificatio Sanctae
Mariae vorbringt (bei Wolter nr 8 s. 43). sogar mehrere aus-
drücke sind gemeinsam, ich habe sie hiei' durch cursive schrift aus-
gezeichnet, welches der beiden stücke das ältere, ivelches das ab-
geleitete ist, wage ich nicht auszumachen.
b) dem miscellancodex 990=3^1^ A^\ papier, ibjh., entnehme
ich eine prosaische fassung der legende, welche bl. 113'' in einer
lateinischen predigt, ebenfalls zur Purificatio B. Mariae mit dem
texte Adorna thalamum tuum, Syon etc. als beispiel angeführt wird
(vgl. V. 27 in a), wie denn alle predigten dieser sammhing niira-
cula zur exemplification enthalten.
Inveuitur quod quidam judeus mansit in civitate quadam
Habens filium qui valde socialis tuit cuidam puero christiano et
24*
352 MISCELLEN AUS GRAZER HANDSCHRIFTEN
laiulabant (L ludebanl) sepe pariler. quadam die pascali iverunt ad
missam et puer christiaDUS inclinabat ymagini sancte Marie et ju-
deus similiter, et judeus siimpsit corpus doniini et christianus
similiter. cumque puer judeus venisset domum, quesivit ab eo
pater ejus, ubi tarn diu nioratus luisset. illedixit, se cum socio
suo christiauo luisse (ivisse?) ad missam et inclinasse se ymagini
sancte Marie et communicasse. audiens hoc pater iratus con-
posuit maximam ignem in lornace et inmisit filium in ignem et
clausa lornace discessit. cumque miraretur mater ejus, ubi filius
suus esset, quesivit undique, tandem invenit puerum in mediis
(erg. flammis) ludentem. quod notatum est universe civitati. cum
quererent ab eo, quis eum ab igne eruissel, dixit, quod illa
domina, cui inclinavi (l. inclinavit) in ecclesia , secum in lornace
luisset et eum a flammis detendisset.
Das stück hat manches eigene, so, dass der Jcnabe vor dem
Marienbilde sich verneigt, was unter den lateinischen fassungen
nur noch der Liber miraculorum bringt, aus loelchem Wolter
nr 10 die legende abdruckt (verwandt mit der Marienlegende vom
schaler), wenn hier die mutter Hbei- des knaben abivesenheit ver-
wundert ihn sucht und im ofen findet, so ist das lool nur eine Um-
gestaltung des ursprünglichen, wornach das wehgeschrei der mutter,
welche der- untat des fanatischen vaters zusieht, die christlichen
nachbarn herbeiruft.
II VERSUS DE BEATO HARTlVlANNO.
Die handschrift nr 350 (alte Signatur 4-/64 lol.), von M'atten-
bach in Pertzs Archiv 10,624 besprochen, pergament, \n Jahr-
hundert , enthält auf der letzten seile ein vielleicht am ansgange
desselben säculums aufgezeichnetes breviergebet: De sancto Harl-
manno ('])iscoj)o. In vita Conlessorum, nach welchem die fol-
genden Zeilen stehen:
Sancia MARIA Latte den dinen chapelan
der dir manch dinst hat getan,
de ist der biscol IlARTMan;
dem si alliu unseR iint gcchleit, KirieLeyson. —
gemeint ist Ilarlmann, 1141 — llü4 bischof von Brixen. es darf
niciu wunder nehmen dass in dieser aus SLarnbrecht stammenden
hs. Ilarlmann sich so bedeutsam erwähnt findet, denn dieser
MISCELLEN AUS GRAZER HANDSCHRIFTEN 35S
hrchenfürst hielt sich oftmals in der Steiermark auf, wie mau
aus vZahns Steirischem urkundenbuch i und ir, vMuchars Geschichte
des kerzoglnms Steiermark 4 und 5 band, besonders 4, 443 ff er-
sehen kann; er begleitete meistens den erzbischof von Salzburg
(Konrad i, Eberhard i), dessen suffragan er war.
Die Vita heati Hartmanni, welche nach vZeifsberg (Zur krilik
der V. b. H. im Archiv für österreichische geschichte 56, 463 f)
zwischeji 1190 und 1216 von einem anonymus (wahrscheinlich
einem chorherrn des klosters Neustift bei Brixen, das Hartmann
gegründet hatte) abgefasst ist, berichtet cap. 15 bei Petz SS rer.
Anstr. I 496 ff ausführlich , dass Hartmann die kirche des klosters
zu SLambrecht eingeweiht habe, bei dieser gelegenheit ereigneten
sich drei wunder, für welche der abt als zeuge angerufen icird.
das ist Berengar, der diese würde von 1180 — 1216 bekleidete und,
wenn ich Zs. 20, 191 /" recht vermutete, die herstellung vieler hand-
schriften veranlasst hat. das gebet für Hartmann erklärt sich
qlso leicht, es hat noch ein nebeninteresse , indem es vielleicht das
älteste Zeugnis dafür gextährt, dass Hartmann als sanctus be-
zeichnet wurde, die päpstliche anerkennung erfolgte erst 1784,
der 30 october wurde dem 'seligen' als gedächtnistag zugewiesen.
vgl. darüber Sinnacher Beiträge zur geschichte der bischöflichen
kirche Säben und Brixen in Tyrol, wo 3, 231 — 346 eine aus-
führliche, auf Urkunden gestützte darstellung von Hartmanns leben
zu lesen ist.
III SCHLACHTGESANG.
Die handschrift nr 224 (alt ^^y^ fol.), ein Priscianus major,
magistri Chunradi, pergament, xu jahrhunder^t , von dem es V
heifst: Hunc prisciauum ab Elbuino de Treues se sancte Marie
in Seccöe traditum. quisquis abstuleril etc., enthält auf dem-
selben blatte von einer hand des xm Jahrhunderts die verse:
Ave M., gotes muter unde maget,
elieu mein not sei dir gechlaget,
du hilie mir von sunde!
Ave M., aller genaden vol,
derbarme dich unde genade mir wol
und heile meiner sele ir wunden !
das ist wahrscheinlich dasselbe liedchen, welches in der schlacht auf
dem Marchfelde zwischen Rudolf und Ottokar, am 26 august 1278,
354 MISCELLEN AUS GRAZER HANDSCHRIFTEN
von dem deutschen heer gesungen wurde, und dessen beide ersten
verse der steirische reimchronist (Pez SS rer. Anstr. in 149) citiert:
Sant Mari, muoter unde meit,
al unsriu not si dir gekleit.
auch vor der schlackt hei Accon \2Q\ und der schlackt am Hasen-
bühel 1298 sollen sie nach demselben zeugen angeslimmt worden
sein, vgl. Hoffmann von Fallersleben Geschichte des deutscken Kirchen-
liedes^ s. 68 ff.
Dasselbe blatt dieser handschrift zeigt noch von einer kand
des \\ jakrhunderts gegen die fallende sucht die verse:
Caspar fert mirram, Uius Melchior, Balthasar aurum.
Hec tria sancta trium mecum lero nomina regum,
solvar iit a morbo domini pietate caduco.
Graz, december 1884. ANTON E. SCHÖNBACH.
ZU DER WIENER MEERFAHRT.
1. Lambel in den Erzählungen und sclivvänken s. 215 (die
zweite aufläge ist mir nicht zugänglich) lässt es zweilelhatt, ob
Hugo von Trimberg im Renner v. 10208 — 39, wo er den schwank
von der trunkenheit der 'Baiern' einführt, direct unser gedieht
benutzt oder nach der gleichen quelle erzählt, dass das erstere
der lall ist, beweisen die anklänge im ausdruck und in den
reimen, welche für die kaum 30 verse Hugos zahlreich ge-
nug sind.
Renner Wiener Meerfahrt
10229 Si hüben in auf ah er 398 und udmen ir ndkebnr
da lag
nnd trugen in an ein venster 400 und trugen in mit grimme
enpor
und wurffen in ab hin in 402 gni einem venster, daz
daz hör was kö.
von einer hüben, die was 545 der was gevallen hö enpor
koch. von dem venster in daz hör.
recht ungeschickt wird hier im Renner das local der Zecherei
erst im letzten moment genannt: von einer lauben, während
OS in WM gleich im eingang v. 98 heifst Üf einer louben dö
gesckach ditz vrölicke nngemack.
zu DER WIENER MEERFAHRT 355
10233 Jener arme wart nüchtern 445 Nu seh rei der burger sere
unde zoch ,
nach im ein bein, daz was 448 'min bein ist mir zer-
enzwei, brochen
und auch ein arm, vil Inte und min arm ouch en-
er schrei. . . zioei.'
in jemerlicher stimme schrei
der riche bürgere.
Wenn dann Hugo nach beendigung der geschichte forti'ährt,
äufserungen der trunkenheit zu berichten: Einer wil varn über
mere, der vierd wil gen Kumpostelle , so liegt auch
hier eine reminiscenz an das ältere gedieht vor: WM 144 f einer
sagete von dem mer unt von sant Jdkobes wege (d. i. Compo-
stella).
2. der Freudenleere hat den stoif zu seinem gedichte aus
dem munde eines burggraten Hermann (dieser vorname ist
durch den reim gesichert) von Devvin erhalten v, 3111. wo
der dichter, dessen dialect mitteldeutsch ist, zu diesem herrn
in beziehuug trat, sagt er nicht; denn wenn Lambel s. 214 die
begegnung nach Wien selbst setzt, so scheint er mir in den
Versen 44 ff der sagete mir ditz mere:
daz hat der Vreudenlere
gemachet als iz dort geschach,
als man im ze Wiene jach
von guter Hute worte,
dd er daz mere horte usw.
das im v, 47 und das er v. 49 falsch zu beziehen: es kann nur
auf den gewährsmann, nicht auf den dichter gehn , und folglich
müssen wir auch die nun einsetzende characteristik des Wiener
lebens als die widergabe fremder berichte ansehen, wie es denn
auch gleich v. 56 heifst: daz hdn ich dicke wol gehört, wo aber
war burggraf Hermann von Dewin zu hause?
Man hat anfanglich an Teben unterhalb Wien gedacht, bis
Rarajan Zs. 5, 243 ff einen uikundlichen Heinricus comes de
Hardekke burchgravinsque in Dewin nachwies, einen burggrafen
vonDewen, der erst durch heirat mit der witwe eines der 1260
gefallenen beiden grafen graf von Hardeck wurde, einen burg-
grafen Hermann von Dewin hat Karajan nicht aufgefunden , und
auch mein nachsuchen in neueren urkundenwerken ist vergeblieh
356 Zu DER WIE.NER MEERFAHRT
gewesen, die Hardecker sind ein österreichisches geschlecht,
über das näheres Zs. 4, 244 ff zu lesen ist. es verdient aber
diesen notizen Karajans hinzugetügt zu werden dass sie sich
viellach im gefolge der Premysliden nachweisen lassen und
auch in Böhmen begütert waren, so erscheinen in den Re-
gesta dipl. et epist. Bohemiae nee non Moraviae von Erben
und Emier i 293 (nr 626), 300 (nr 646), 345 (nr 735), 418
(nr 889), 422 (nr 903. 904), 596 (nr 1293) in Urkunden Otto-
kars i, Wenzels i, Oltokars n die gralen Luitold, Conrad und
Otto von Hardeck. i. j. 1220 macht Couradus comes de Hardeke
dem kloster Welegrad eine Schenkung (i 294 nr 628), Zarosice
in Böhmen; weitere belege siehe im register zu bd. n der Re-
gesta s. 1295. auch der von Karajan nachgewiesene steht als
zeuge unter einer Urkunde Ottokars u vom jähre 1260 zunächst
als Heinrims hirggravius de Dewin (Regesta ii 99 nr 262) und
erscheint dann von 1262 — 1273 als gral von Hardeck widerholt
im getolge Ottokars (Regesta u nr 363. nr 630. nr 650. nr 678.
nr 689. nr 694. nr 814). in welchem Verhältnis der vom dichter
der WM erwähnte burggral Hermann von Dewin zu ihm stand,
bleibt tür mich leider unentscheidbar. aber ich halte es schon
lür nützlich, diese beziehungen der Hardecker zu den Premy-
sliden hervorzuheben, weil sie den mitteldeutschen dialect unserer
dichtung am besten erklären, der dichter war höchst wahrschein-
lich ein Böhme, und als eine anregung für die deutsch-böhmische
litteraturgeschichte möchte ich diese notizen angesehen wissen.
in technik und spräche steht ihm keine dichtung näher als die
von Bartsch Mitteldeutsche gedichte s. 1 — 39 herausgegebene
Marieulegende des Heinrich Cluzenere, welcher tÜr den ßöhmeu-
könig Wenzel ii schrieb (Martin im Anz. m 108. HO), beide
haben den dreireim am scbluss der abschnitte (Wackernagel
LG^ s. 172 aum. 39) und bei dem Freudenleeren finden wir,
soweit es der geringe umfang seines gedichts erwarten lässt, die
gleichen dialectischen eigenlümlichkeiten wie bei Cluzenere. die
spräche der Meifsuer Heinrich von Krolewilz und Heinrich von
Freiberg ist in einigen puncten davon unterschieden.
Diese sprachliche beobachtung (die vielleicht im rahmen der
Bibliothek der mhd. litteratur iu Böhmen einmal berUcksichtiguug
findet) hat mich bewogen, eine andere spur aufzugeben , auf die
mich zunächst mein Interesse für das gedieht führte, es gibt
zu DER WIENER iMEERFAHRT 357
uämlich in jener zeit noch ein anderes burggralengeschleclit
(castellani, praefecti, burggravii) de Dewin oder Deicen, das in
dem heutigen Döben bei Grimma ansässig war. die daten, welche
darüber in einem aulsatze der Sammlung vermischter nachrichten
zur sächsischen geschichle bd. 9 (1774) s. 352 — 371 zu finden
sind, hat gesichlet und vermehrt Lorenz Die Stadt Grimma im
konigreich Sachsen historisch beschrieben (Leipzig 1S56) s. 101(311".
weitere uachweisungen lassen sich aus den registern der urkunden-
bücher des hochstifts und der Stadt Meifsen (Cod. dipl. Saxoniae
regiae iihauplteil, bd. 3 und 4) entnehmen, das geschleclu ist
als burggralen von Dewin bezeugt liir die jähre 11S5 — 1264,
der letzte nachweisbare ist auch hier ein Heinrich burggrat
von Dewin (1253 — 1264). einen Hermann autzutinden ist mir
auch mit hilfe des hrn prol. Knothe in Dresden, der mich bei
meinem suchen in liebenswürdigster weise unterstützte, nicht
gelungen.
Vielmehr hat gerade hr prot. Knothe meine aulmerksamkeit
auf Böhmen hingelenkt. Ireilich das Dewin, welches er zu
meinen scheint und das 1283 in den besitz des von Heinrich
von Freiberg geleierten Johann von Michelsberg übergieng (Emier
II 560 nr 1298), ist schwerhch das, nach welchem sich der
spätere grat von Hardeck nannte, mit welchem recht aber Ka-
rajan als stammschloss dieses das adriatische Duino bezeichnet,
kann ich nicht sagen , da mir die von ihm benutzte litteratur
hier nicht zur Verfügung steht.
Vielleicht ist einer unserer böhmischen germanisten so glück-
lich, die Wiener meertahrt der böhmischen litteratur entschei-
dend zu sichern.
Göttingen. EDWARD SCHRÖDER.
DIE SUMME DER TUGENDEN UND LASTER.
ZUM RENNER 2755. 56.
In seinen inhaltreichen Untersuchungen über Hugo von Trim-
berg und seinen Renner gibt Wöltel Zs. 28, 162 t auch eine kurze
Übersicht über die belesenheit des dichters. die trage nach dem
V. 2755 f
358 DIE SUMME DER TUGENDEN UND LASTER
Stoer hat gelesen der last er summen
Und der tugende, der vindet da wol
Waz er tun oder miden sol
genannten werke will ich hier beantworten, die religiöse lit-
teratur des ausgehenden mittelalters ist ungemein reich an beicht-,
lehr- und andachtsbüchern, an homiletischen und katechelischen
hillsmitteln, die sich als summa oder compendium bezeiclinen.
den tilel Summa virtutum et vitiorum speciell tühren zwei werke,
die zu den verbreitetsten ihrer gattung gehören, beider heimat
ist Frankreich, ihre abtassuugszeit die zweite hallte des 13 jhs.
Im jähre 1279 vertasste der domiuicaner frere Lorens als
beichtvater könig Philipps in von Frankreich in französischer
spräche ein beicht- und audachlsbuch unter dem litel Somme
des vices et des verlus (in einigen hss. auch Somme le roi),
das ungemein rasch bekannt und in die verschiedensten Volks-
sprachen übersetzt wurde. Quetit und Echard Scriptores ordinis
praedicatorum i 386 — 388 geben unter Laurentius Gallus die den
autor und sein werk betreffenden nachrichteni und führen ita-
henische, provencalische, catalanische , spanische, englische und
niederländische Übertragungen und bearbeitungen auf. in England
ist das buch von Dan Michel von Norlhgate in seinem Ayenbite
of inwit bearbeitet und später noch viermal übersetzt worden. 2
die niederländische Übersetzung des Jan van Brederode aus ^eni
jähre 1407 oder 1408' ist als Summe le roy of des couincs
summe schon im 15 jh. dreimal gedruckt worden, zwei dieser
drucke (Delft 1478 und Haarlem 1484) besitzt die Göttinger Uni-
versitätsbibliothek, von einer lateinischen Übersetzung finde ich
nichts erwähnt, ebenso wenig von einer deutschen, und wir
dürften also schon aus diesem gründe zweifeln dass Hugo von
Trimberg und seine leser dies buch gekannt haben, dazu kommt,
dass sich die erwähnung der Summe gerade da findet , wo von
dem misbrauch der pfründen und pfarreien und anderen Sünden
• nolizen über französische manuscripte findet man aufserdem in der
Hist. lilt. de la France 19, 397 — 405, bei Paulin Paris Les manuscrils de
ia biblioth.-que du roi ni 3S8, Romania S,323, Zs. f. rom. phil. l, .349, Engl,
stud. 1, 3S2 f.
* vgl. ten Brink Geschichte der engl. litt, i 353 11, Varnhagen Engl,
stud. 1 382 ff.
' proben aus hss. bei GelTcken Bildercatechismus, beilagon s. 81— S5
und neuerdings in Francks Mitlelniedeiländischer grammatik s. 214— 217.
DIE SUMME DER TUGENDEN UND LASTER 359
der kleriker die rede ist. das werk des Irere Lorens aber war,
wie schon die abfassuog in der landessprache zeigt , lür die laien
bestimmt und geht daher über die gebrechen der geistHchkeit
kurz hinweg.^
Anders die ältere Summa virtutum et vitiorum, welche für
Ir^re Lorens capitel von den 7 hauptsünden eine hauptquelle
gewesen zu sein scheint, ihr vertasser Guiliielmus Peral-
dus (Guillaume Perault) war gleichfalls dominicaner, aber nicht,
wie man früher annahm, erzbischof von Lyon; er starb vor
1275; vgl. die Bist, litt.de la France 19,307—316 und Quetif
und Echard i 131 — 136, wo über sein hauptwerk und seine
(vielfach fälschlich dem Guiliielmus Parisiensis oder Guillaume
d'Auvergne zugeschriebenen) predigten ausführlich gehandelt ist.
die Summa, von welcher die Hist. litt. aao. 22 hss. der Pariser
bibliothek und ebenso viel gedruckte ausgaben aufzählt, nennt
Cruel Geschichte der deutschen predigt im ma. s. 455 f unter
den wichtigsten Stoffsammlungen für prediger. einige hss. fügen
dem litel ausdrücklich hinzu omnibus praedicantibus stimmopere
necessaria. in der mir vorliegenden ausgäbe von RClut Col. Agr.
1629 4" umfasst das werk zwei bände; der erste enthält die
summa virtutum und handelt nach einer einleitung (de virtute
in communi) de fide, de spe, de charitate; de prudentia, de tem-
perantia, de fortitudine , de justitia; de donis; de beatitudinibus ;
der zweite, die summa vitiorum, nach entsprecheuder einleitung
de gula, de luxuria, de auaritia, de acedia, de superbia , de in-
uidia, de ira, de peccatis linguae. diese einteilung hat wenig
origiuelles und ich habe die reihenfolge nur angegeben , um
gleich zu erwähnen dass Hugo von der straffen, Indispositionen
und subdispositionen gegliederten einteilung des Stoffes bei dem
scholastischen prediger nichts gelernt hat. aber inhaltlich konnte
er namentlich dem zweiten teile des Werkes, dessen gegenständ
und gliederung ja im allgemeinen auch im Renner widerkehrt,
sehr viel entnehmen, so wird der hinweis auf die Summe in dem
abschnitt über den misbrauch der geistlichen stellen (v. 2660 ff)
speciell das capitel De auaritia ministrorum ecclesiae etc. Et primo,
* vgl. niederländischer druck 14TS bl. 3U" (eigener Zählung) Eh noch
seer veel ander dinghen is symonye glieheten. mer het behuert meest de
clerckf^ti toe. Eü dil boec is mcer ghemaect tot leihen luden behoef dan
totten clercUe. fVant die clerckt^n Iiebben boeken glienoeok leefden si wel
daer na.
360 DIE SUMME DER TUGENDEN UND LASTER
de Simonia (ed. 1629 i S7 ff) meinen; zu den versen Von closter-
leute leben v. 2933 ff und Von dosterleute nngedult v. 4055 ff kann
an das capitel De niurmure daustraliam (i 310 ff) erinnert werden»
und so tbrt. hätten wir freilich nicht von dem dichter selbst
eine ausdrückliche erwähnung der Summa , so würde der beweis,
dass sie im Renner benutzt sei, gewis schwer zu tühren sein,
denn einmal arbeitet Hugo niemals mit den quellen in der band,
und dann würden selbst einzelne wörtliche Übereinstimmungen,
wo sie sich landen, nicht viel bedeuten, diese compendien des
späteren miltelalters sind eben lediglich compilationen: ein autor
schreibt den anderen aus, und den erlolg hat der, welcher es
den Predigern am bequemsten macht, die klagen über den Über-
mut und die habsucht der soldknechte, über die putzsucht der
weiber, über spiel und raub und lausend andere dinge hat Hugo
mit vielen predigern ebenso gemeinsam wie mit Guillaume Perault.
aber dass er ausdrücklich eines der beliebtesten handbücher der
predigtlitteratur, und zwar ein noch nicht lange aus Frankreich
eingelührtes, nennt, ist immerhin ein interessanter beleg lür den
litte r arischen Zusammenhang der weltlichen salire mit der
gleichzeitigen predigt und bestätigt zugleich auis neue den inter-
nationalen character dieser ganzen litteratur.
Göttingen. EDWARD SCHRÖDER.
DIE IWEINHANDSCHRIFTEN IL
D. DIE PARISER HANDSCHRIFT.
Die handschritt Ms. all. 115 der bibliotheque nationale in
Paris wurde mir durch hochgeneigte vermitteluug des königl.
minisleriums der geistlichen usw. angelegenheiten zur benutzung
in die hiesige Universitätsbibliothek gesandt. Reiiaghels be-
merkungen über dieselbe Germania 22, 273 — 280 bedürlen in
nicht wenigen lallen der berichtigung und ergänzung.
Zunächst ist hervorzuheben dass die hs. p von zwei ver-
schiedenen Schreibern herrührt: der erste, bis bl. 106 (v. 4339),
hat 16 — 20, seltener 21 und 22 Zeilen in der spalte, der zweite
meist 22; der erste schreibt immer da%, ez, der zweite nur das,
es; die linle ist von bl. 107 an blasser, auch der rubricator ein
DIE IWEINHANDSCHRIFTEN H 361
anderer, während der zweite teil sicher in das 15 jh. gehört,
möchte ich den ersten lür mehrere Jahrzehnte äher halten und
glaube fast dass er in das 14 jh. zu setzen ist, wenn auch an
■dessen ende.
Die trage, ob einige der zahlreichen liicken auf verlorene
biälter schliefsen lassen , ist deshalb schwer zu beantworten , weil
der neue einband so fest ist, dass niemand ohne Zerstörung des-
selben die gröfse der lagen feststellen kann, wo ich zählen
konnte, habe ich sehr grofse lagen gefunden, bis zu zehn
doppelblättern, aber jede rechnung, die sich darauf gründen
könnte, wird zu nichte gemacht durch den umstand, dass öfter
sich die spur eines herausgerissenen blattes findet: bisweilen an
€iner stelle, wo eine lilcke im texte ist, jedoch auch an solchen,
wo entweder gar keine lücke vorhanden ist, zb. nach bl. S3, oder
eine ganz kleine, wie nach bl. 85, wo nur sechs zeilen fehlen.
Damit fällt Behaghels rechnung (s. 274), welche lagen zu
vier blättern als erste Voraussetzung hat , von selbst in nichts
zusammen, wenigstens soweit sie die handscbrift p selbst be-
tritft. das rechenkunststück über die vorläge von p scheitert
aber daran, dass Behaghels angäbe einer lücke 6668 — 6737 falsch
ist: die lücke umfasst nur 6711 — 37, also 27, nicht die 69 verse,
aus denen die spalten zu 23 zeilen gefolgert wurden, erheiternd
war mir dabei die entdeckung, dass das exempel auch in calculo
falsch ist: eine lücke 6668—6737 gibt nämlich 70, nicht 69 verse,
und ebenso wäre 388 — 504 doch 117, nicht 116, ganz abge-
sehen davon, dass auch hier die zahl 504 falsch ist und 505
heifsen muss, sodass tatsächlich US verse fehlen, zu denen die
spaltenlänge von 23 versen wol auch schwer passen wird.
Ebenso teils falsch teils unvollständig sind die übrigen an-
gaben der lücken (s. 273) und die erklärungsversuche s. 275,
sowie die hier ausgesprochene Vermutung, dass 7456 ein neues
blatt beginne, die Vermutung konnte auch überhaupt gespart
werden, weil der v. 7455 gar nicht fehlt.
Auf Behaghels bemerkuugeu über das handschriflenverhältnis
will ich deshalb nicht weiter eingehen, weil ich demnächst eine
alle hss. vergleichende Untersuchung zu geben gedenke; doch
hat auch hier Behaghel sehr vieles falsche, so s. 280 die lesart
hejecht für virjecht (z. 12), s. 278 die Vermutung, dass a mit EH
stimmt.
362 DIE 1WEINHA>DSCHR1FTEN 11
Von positivem ertrage kann ich noch mit einiger sicherheil
angeben :
Die hs. p ist nicht vollständig erhalten ; es fehlen nach hl. 9
drei biälter mit llSversen (388 — 505); nach bl. 65 ein blatt
mit 36 Versen, hier ist die spur eines ausgerissenen blattes deut-
lich und die beiden nächsistehenden spalten 65"^ und 66 haben
gleichfalls je 18 verse; drittens fehlt nach 180, wo gleichfalls ein
blatt ausgerissen ist, v. 7769 — 7812, also wahrscheinhch ein
blatt mit 44 zeilen , dh. der in diesem teile üblichen Zeilenzahl.
Von den unvollständigen spalten (Behaghel s. 273) steht eine,
bl. 92% mit 8 zeilen sicher am ende einer läge; ob auch 36'
(14 Zeilen), 120' (11 zeilen), 152'" (14 zeilen) eine läge been-
den, habe ich nicht feststellen können, die tatsache aber, dass
es solche unvollendete spalten bei beiden Schreibern gibt und
dass jedesmal auch auf solche unvollendete spalte eine lücke
folgt , möchte ich durch annähme von Kicken in der vorläge er-
klären, welche den Schreibern von p so auffällig waren, dass sie
zu einer etwa möglichen ergänzung räum liefsen. doch hat es
wenig zweck derartige Vermutungen auszusprechen, etwas sicherer
scheint mir die annähme, dass unter den verlorenen blättern sich
auch solche mit unvollendeten spalten befanden, dies möchte
vielleicht bei v. 3281 — 3300, welche nach bl. 77 fehlen, an einer
stelle, wo die spur eines ausgerissenen blattes erkennbar ist,
ebenso bei v. 4011 — 4027 nach bl. 97 der fall sein.
E. PERGAMENTBRUCHSTÜCK K.
Das früher Birlinger gehörende bruchstück ist jetzt nr 452
des fürstlich Ilohenzollernschen museums in Sigmaringen, von
welchem es mir hierher gesandt wurde, der text Germania 26, 99
bedarf wegen versehen beim druck einiger correcturen und er-
gänzungen.
F. PERGAMENTBRUCHSTÜCK M.
Der besitzer desselben, archivar dr GvBuchwald in Neu-
slrelilz, hat mir das stück zur benutzung für meine ausgäbe über-
lassen, der druck Germania 25, 395 ist fast diplomatisch genau.
G. DIE GIESSENER HANDSCHRIFT.
Die pergamenths. der Universitätsbibliothek zu Giefsen, welche,
wie ich später zeigen werde, für die Iweinkrilik eine eigentüm-
DIE IWEIMIANDSCHRIFTEN 11
36J
liehe bedeutung bat, war mir 1883 nach Berlin geschickt; meine
damals genommene abscbrili zeigte jedoch von der erst später
mir zugänglich gewordenen ßeneckes solche abweichungen , dass
ich zur lestslellung des talbeslaudes die handschrift 1884 noch
einmal erbat und erhielt. — die hs. ist von einem Schreiber
sehr schön geschrieben, jedoch mit einer gröfseren Unterbrechung
in der zeit; bei bl. 80 (v. 4115) beginnt blassere tinte, die ini-
tialen werden teils schlecht, teils lalsch , teils sind sie nur vor-
gezeichnet, während sie im ersten teile ganz vorzüglich ausge-
führt sind. — die hs. gehört unbedingt den ersten Jahrzehnten
des 13 jhs. an, das lormat ist gerade so grofs wie Benecke-
Lachmanns erste ausgäbe des Iwein und die zierliche form gibt
ein anschauliches bild von der äufseren beschaffenbeit der salon-
leclure im höfischen mittelalter.
Die angaben in Lachmanns Variantenapparat bedürfen an
folgenden stellen der berichtigung.
Lachmanns
apparat
handschrift B
107 ir fehlt B
neic ir vn
556. 557 tuost
du
tvstv
588 niht fehlt
B
[damit fällt
ich niht daz
auch die ganze
anmerkung]
871 erhebt
enheht
940 oder hat hier
auch B
ode
998 entriuwet
ern tri'icet
1094 beliehen
beliben
1150 daz was
des was
1440 drumme
drvmbe
1469 e für k B
ie
1557 Ez
E
1670 gesach
sack
1707 die
div
1842 danne
danne da
1845 iuwern
i'werm
1915 friden
fride
2099 rmlest du
rcetestv
2112 versten es
verstenes
2183 tr fehlt B
kvnde ir helfen
2212 ez enweiz
ezn wetz
2239 inwer für
ir
B
ir gevangen
364
DIE IWEINHANDSCHRIFTEN II
2242
icil gerne
wil vil gerne
2476
nie Idami'i lallt
die
an-
we [auch der
merkuug]
lalsch nie]
252S
sint
sin
2894
(hu
die
2931
ein ensnmde
ern svmde
3306
die in B beruht
aut
lal-
div
schem verstehen
3338
im
in
3689
salbe
salben
4328
diu
die
4472
diu tür den oITenb
aren
die
accusaliv
4964
die
div
5107
herre
herre n
5272
misseta'le
misser a>te
5284
gewinne
gewunne
5405
hedenthalp
bedenthalben
5520
mich wol
mich noch
5651
hast du
hastv
6002
min
mins
6137
daz enkunnet
dazn kvnnet
6552
wart er
was er
6575
selben
selbem
6741
vant er
vander
7512
si
si si
7551
e
ie
7905
vns
imz
Liudauer las
Zu V. 4164 bemerkt Lachmann: 'nach diesem verse setzt B
allein hinzu den man noch diu moire, wa er zevinden toa're.
höchst unsinnig aus z. 5763. 64.' ich iiabe schon Zs. 29, 115
angegehen dass die Lindauer abschriit von 1521 die verse nicht
übernahm, weil der Schreiber von B sie selbst gestrichen hatte.
Eine ganz merkwürdige stelle ist 3998. hier hat ADEl durch
in, Jabcdprz durclt mich, B beide lesarten über einander „,',".,j;
Lachmanu gibt im apparat gar keine Variante, weil Benecke
die doppelte lesart übersehen hatte. so gieng diese iür das
haodschrirtenverhaltnis sehr wichlige stelle der kritik bisher ver-
loren.
DIE IWEINHANDSCHRIFTEN II 365
Es verstellt sich von selbst dass die fehler in Lachmanns
apparat hier wie sonst auf Beneckes rechnung kommen, er
selbst machte überhaupt selten fehler, ich wenigstens habe im
Iweinapparat noch keine stelle gefunden, in der Lachmann eine
lesung Beneckes falsch widergegeben hätte, er hat sogar nicht
selten in Beneckes angaben den offenbaren fehler erkannt und
dann entweder, wie oben bei 588. 2476. 3306. 4472, seiner
Verwunderung ausdruck gegeben , oder aber die lesart gar nicht
aufgenommen, denn Beneckes abschrift der Giefsener hs. hat
viel mehr fehler als in den apparat übergegangen sind: in B mehr
als 80, dazu auf den vier durch e ergänzten blättern über 30.
Lachmanns angaben über die Schreibung von B (2 ausg. s. 365f)
werden auch mancher änderung bedürfen; wichtig ist wol noch
dass in B die accentuierten diphthonge den circumflex in der
mitte über beiden vocalen haben, also nicht ei.
Berlin. EMIL HENRICI.
HILDEBRANDSLIED 65
Do stoptun tö samane staimbort chludun
braucht das handschriftlich überlieferte stoptun durchaus nicht, wie
noch Braune Ahd. leseb.^ s. 77 v. 65 tut, in stopun, praet. von stapan,
geändert zu werden; ebenso wenig ist es nötig, dalür einen nicht
belegten inf. alts. *st6pian anzusetzen, es ist vielmehr gleich der
Ahd. gll. H 561, 7 verzeichneten ahd. form slouptnn 'instigant'
(genaue Übersetzung wäre 'instigabanl' oder 'instigarunt') , die
sich alts. entsprechend als stp'ftxn (dh. stöftun) ebenda 572, 38
findet. das Hildebrandslied hat in seinem stöptiin eine Ver-
mischung von alts. stöftun und ahd. stouptun, dem praet. von
stouben 'stäuben, staub machen — erregen, turbare'), vollzogen
und bietet damit widerum einen interessanten beleg für seine
dialectmengung. als object ist natürlich thiu hros zu ergänzen
und die in rede stehende stelle wäre zu übersetzen: 'da liefsen
sie ihre rosse zusammen stieben.'
Berlin, im Januar 1885. FERD. HOLTHAUSEN.
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 25
366 BEITRÄGE ZUR GERMANISCHEN LAUTLEHRE
BEITRÄGE ZUR GERMANISCHEN
LAUTLEHRE.
1. altn. hvi.
Der letzte versuch allo. hvi zu erklären ist von ANoreen,
Altisl. gramm. § 144 unternommen, die identilät mit got. hve,
die Paul, Beitr. z. gesch. d, d. spr. und lilt. vi 215 angenommen
hatte, wird auch hier vorausgesetzt, wenn nun got. sve = altn.
svd ist, warum lautet got. hve im nordischen nicht *hvä sondern
hvi? Paul glaubte aut 'verschiedene betonung' recurrieren zu
können, ohne zu sagen wie er sich dieselbe denke. Noreen
trägt die Vermutung vor, der dat. sg. der nominalen a- stamme
habe eingewiirkt: also nicht *hvd sondern hvi, weil — der dat.
sg. von armr auf -e, -i schliefse. das ist ein gewaltstreich der
Verzweiflung, der schon darum in die luft gehen muste, weil der,
der ihn tiihrte, nicht beachtele dass altn. hvi so wenig von alts.
hwt, ags. hwy wie altn.^«' von 9gs. py getrennt werden darl, aul
die sächsischen formen aber jene weither geholte erklärung nicht
anzuwenden ist.
Schneidet die identificierung des altn. hvi und des got. hve
einer annehmbaren deutung des altn. / den weg ab, so ist viel-
leicht an ihrer berechtigung zu zweifeln, hebt man sie auf, so
wird alles klar.
Ich gehe von dem durch Sievers, Beitr. vni 324 IT nachge-
wiesenen factum aus, dass das germanische eine form des loca-
tivus besessen hat, deren griechisches muster in el, öinXel, aij^ei,
navörj/u€i vorliegt, in got. hve sieht man seit langer zeit einen
instrumental, den man gr. urj gleichsetzt, nichts hindert in dem
aus altn. hvi, alts. hwi, ags. hwy zu erschliefscnden urgerm. hol
das Spiegelbild des dorischen rcel zu erkennen, dass lilr hwl die
locale bedeutung nicht mehr nachzuweisen ist, kann nicht ins
gewicht fallen: für gr. navörjfiei und viele andere ist sie es ja
ebenso wenig.
Die notwendigkeit altn. hvi von got. hve zu trennen erhellt
weiterhin aus der lautlichen ideutität von altn./i, ags. /».v und
BEITRÄGE ZUR GERMANISCHEN LAUTLEHRE 367
got. pei. es ist gar kein grund vorhanden pei aus *paei ent-
stehen zu lassen (JSchmidt, Zs. 1. vgl, sprachl. xix 284, Paul,
Beitr. iv 467), und gar keine möglichkeit, dass/ee instrumenlalis
von tja- sei (Bezzenberger, Got. adverb. und partikeln 88). wie
nahe %o\. pei und ags. py in der syntactischen Verwendung sich
berühren, lehrt ein blick in die Wörterbücher: goi. pei übersetzt
gr. ort und Yva, »gs. py bedeutet als adverbium 'deshalb', beim
comparaliv 'desto', als conjunclion 'dadurch dass, weil, auf
dass.' es liegt also keine veranlassung vor got. pei von ags.
py, altn. pi zu trennen, wir erhallen somit einen urgermauischen
localiv pl, der mit gr. zel in relöe sich deckt, neben demselben
steht der instrumentalis pe, dem gr. zi] in meg. rrjöe antwortet.
2. zur flexion der adjectivischen w-stämme.
Mahlow lehrt (Die langen vocale s. 30): 'bei den adjecliven
auf -u ist der /a- stamm nicht ohne weiteres für den m- stamm
eingetreten. . . . augenscheinlich ist er mit dem lateinischen
/-stamme in suüvis, gravis zu vergleichen, und da es im lateini-
schen suävis, nicht *suädis heifst, so muss gerni. *sva"tja- aus
*sva''tvja~ entstanden sein, mit verlust des v \or j.' ich glaube
den nachweis erbringen zu können, dass der hergang in der
hauptsache von Mahlow vollkommen richtig beschrieben ist. skr.
taniis, lat. tenuis werden im germanischen reflectiert durch altn.
piinnr, ags. pynne, ahd. dunni. bei der flexion des idg. adjectivs
t'^nü^ müssen im germanischen zwei stamme fungieren : im nom.
sg. der M-stamm: germ.^Mww-; in den übrigen casus der y«-
stamm: Mahlow zu folge germ. ^MWMJm-. die nachkommen dieser
beiden stamme leben in den genannten germanischen worlen
weiter. aUü. purmr hat *punr verdrängt; das nicht umgelautete
u ist alt, das doppelte n stammt aus den obliquen casus; die
nominative ags. pynne, ahd. dunni sind neubildungen zu den
obliquen casus (vgl. Behaghel, Germ, xxiii 275). das doppelte n
der letzeren kann, weil auch das altnordische sich an der ge-
mination beteiligt, nur aus nw hergeleitet werden: die silbe ist
unbetont, also stand der urgermanischen assimilation nichts im
wege. folglich war das alte stammhafte u vor dem i des m-stam-
mes noch als w vorhanden: mithin ist der weg von hardu- zu
hardia- allerdings über *hardwia- gegangen.
25*
368 BEITRÄGE ZUR GERMANISCHEN LAUTLEHRE
3. gutturale und labiale.
a) got. slcpa?i.
Fröhde hat iü Bezzeubergers Beitr. in 15 1' gr. Xrjyto (höre
aul) mit ahn. slakr, ags. sJäc, ahd. stach zusanimeogcbracht,
nachdem Curlius Grundz.^ nr 146 gr. laya^Sg (schmächtig), Xa-
yäaaai' arpeivuL (Hes.), hit. langueo verglichen hatte, das Ver-
hältnis des e zu kurz a ist von Saussure, Systeme s. 166 erklärt,
vun der ertährung aus, dass germ. f sehr oft aul vorgermaui-
schen guttural zurücklühre, hat Bezzenberger in seinen Beiträgen
v 172 altn. sZopa, ahd. sfep/? , mni\. slap an %v. h'jyio und ver-
wandte angeschlossen, in all diesen worten kommt der begriff
des schlaff seius zum durchbruche. ich trage daher kein bedenken
gr. lifyio mit got. sl^pan zu identificieren ; wegen des begriffsver-
hältnisses genügt es an die Verwendung von gr. avajtaveoä^ai zu
erinnern: q^aol de tbv S-ebv avxdv (poixav rs ig %bv vrfov y.al
a/^naveo^ai errl rrjg y.llvrjg erzählt Herod. i 182. — dass das p
in got. slepan auf vorgermanischen guttural gehe, hat auch schon
Fick durch die Zusammenstellung des wortes (Bezzenbergers Beitr.
v 169) mit lit. slygti, slygoti (schlummern) anerkannt.
b) got. stigqan.
Die Vermutungen , die Fick , Wörterb. in 343 über stigqan
vorträgt, können heute nicht mehr befriedigen, indes hat Fick
den weg zu einer correcteren ctymologie des deutschen verbums
selber gezeigt durch seine entdeckung, dass gr. ß aus idg. g er-
wachsen ist (Bezzenbergers Beitr. vi 210 ff), den dort angeführten
entsprechungen ist die gleichung gr. OTSf-ißa) (stofsen, stampfen)
= got. stigqan anzuschliefsen. der labial konuiit auch im deut-
schen vor: schon JSchmidt, Voc. i 128 verweist im zusanmienhange
mit gr. ax^ißio und anderen Worten, die man jetzt ferne hält,
auf ahd. stampf, stampfön.
c) geriu. widan.
Germ, loarmaz gegenüber von skr. gharmns ist bisher das
einzige sichere beispiel gewesen, welches man für die Vertretung
eines idg. gh durch germ. %o im aidaute hatte, beachtet man
aber dass der alten spräche leuchten und sehen für identisch
gelten , so wird man germ. wlltö (sehe) und germ. gUtö (glänze)
mit mir als nachkonunen eines ehemaligen verbums ghleidn, glänze,
betrachten, dessen anlaut verschiedene behandlung zuliefs und
auch erfuhr, sobald der begriff des leuchlens in zwei Itegriffe
sich gespalten halte.
Göttingen, 14. in. 85. F. BECIITEL.
ZUM RENNER 369
ZUM RENNER.
Am schluss seines interessanten aufsalzes über die verloren
geglaubte Tübinger Rennerhs. (oben s. 115 ff) meint Strauch, in
meiner aulzählung der Rennerhss. sei das Halberstädter bruch-
stUck unberücksichtigt geblieben, dasselbe ist jedoch unter nr 25
(Zs. 28, 176) genannt.
Ich benutze diese gelegenheit, um mitzuteilen dass hr proi".
IVZingerle mir mit dankenswerter treuudlichkeit nachrichten über
eine bisher unbekannte hs. verschafft hat, welcher der platz wahr-
scheinlich nach nr 20 (Zs. 28, 176) anzuweisen sein dürfte, die-
selbe befindet sich auf der Innsbrucker Universitätsbibliothek, wo
sie die Signatur nr 900 trägt, es ist eine foliohs. des xvjhs. auf
papier, 166 bll. enthaltend; auf der iunenseite des vorder- und
rückdeckels steht die jahrzahl 1534, wahrscheinlich der eintrag
eines früheren besitzers. die hs. endet mit den worten: Ein
püch hiez der samner genmit j Het ich getickt von maniyer hantj
Des ward ein sextern verlorn j Die selb vertust was mir zornj
Und macht darnach den renner / Got helff vns von aller swer. Amen.
Allen , welche mich auf bisher unbenutzte Rennerhss. auf-
merksam zu machen die gute haben , werde ich aufrichtig dank-
bar sein.
Leipzig. E. J. WÖLFEL.
EINE CONJECTUR ZU LESSINGS
DRAMATURGIE.
Gleich zu anfang des zweiten Stückes der Dramaturgie liest
man folgenden satz: der dichter kann die kunst besitzen, tms
durch Schönheiten des details über misverhältnisse dieser art zu
täuschen; aber er täuscht wis nur einmal, und sobald wir wieder
kalt werden, nehmen \oir den beifall, den er uns abgelauscht hat,
zurück, so lesen, soweit ich sehe, alle ausgaben, und es scheint
auch niemand an einem worte dieses satzes aostofs genommen
zu haben, auch ich las immer über die stelle hinweg, ohne
etwas auffallendes zu finden , bis mich dir. dr Schober darauf
aufmerksam machte, dass hier ein alter fehler, der schon auf
Lessings raanuscript zurückgehen müste, vorzuliegen scheine.
Es handelt sich um das wort abgelauscht. Grimm Wh. i 69
gibt für ablauschen folgende bedeulung an 'etwas ablauern , lau-
schend gewinnen', und belegt die erstere bedeutung mit unserer
stelle aus Lessing, die zweite mit dem beispiele ein der natur
abgelauschtes lied. ablauschen = ablauern passt auch scheinbar
zu dem oben angezogenen satze; aber eben nur scheinbar.
370 EINE CONJECTÜR ZU LESSINGS DRAMATURGIE
dass ablauschen in übertragener bedeulung = ablauern gebraucht
wird, ist nicht zu bezweifeln; aber es kommt auf die art und
weise des ablauerns an : es handelt sich bei dem worte ablau-
schen um die erforschung von modalitäten , unter welchen einer
zu demselben resultate kommen könnte, das ein anderer schon
erzielt hat. das lied ist vorhanden, das die vögel singen; aber
wie soll ich es nachahmen? die metallmischung ist da, die einer
erzeugt hat, aber wie kam er zu derselben? und analog: das
stück fand beil'all; wie lieug es der autor an, denselben zu er-
zielen ? jemandem beifall ablauschen kann also höchstens bedeuten :
'jemandem die art und weise ablauern, wie er den beifall hervor-
ruft,' ich kann aber unmöglich im gegebenen falle ablauschen
mit einem objecte verbinden, das mir den spontanen eftect einer
gemUtserregung anzeigt, dem an sich nicht das geringste ge-
heimnisvolle, unbekannte anhaftet, der beifall als resultat psychi-
scher Vorgänge ist ja ein ganz normales, genau beobachtetes pro-
duct, und nur die art und weise, wie diese seelenregungen her-
vorgebracht werden, die erst zum beifall führen, ist ein geheimnis
weniger gottbegnadeter, das ihnen eben abzulauschen wäre.
Wir würden hier erwarten : wir nehmen den beifall , den er
uns entlockt hat, zurück, und zwar wie entlockt hat? durch
täuschung! also: den er uns abgetäuscht hat. Lessing hat hier
oll'enbar ein Wortspiel mit dem kurz vorher zweimal vorkom-
njenden täuschen beabsichtigt, dieses abtäuschen ist eine neubil-
dung Lessiugs, aber eine ganz correcte neubilduug nach 'abhan-
deln, abschmeicheln' usw. = durch handel, Schmeichelei usw.
etwas einem anderen gehöriges in seinen besitz zu bringen suchen,
hier: durch täuschung. i
Dass ein solcher druckfehler sich einschleichen konnte, ist
leicht erklärlich; es war doch nichts leichter, als ein handschrift-
liches t als l zu lesen und dann für äu au zu drucken; auf-
fallend ist nur dass bis jetzt der fehler von niemandem bemerkt
worden sein sollte.
• leichter entstanden wäre ablauschen aus abtauschen, das auci) einen
guten sinn gäbe, sich aber docli nicht so empfiehlt wie ablauschen, abtau-
schen hätte dann die bedeutunjj von 'ein ding gegen ein anderes eintauschen',
und findet sich in dieser bedeulung als terni. techn. im Schachspiel; es
lässt sich auch mit einer stelle aus Wieland belegen , die Grimm Wh. i 69
s. v. citiert: ich r/iuste glauben, Jemand halte mir meine eigene i>erson
abgetauscht.
Wiener -Neustadt, 27 november 1884. K. TOM ANETZ.
ZU KLOPS^rOCKS WINGOLF.
In der ersten fassung des Wingolf (Au des dichters freunde)
V. 65 heilst es:
zu KLOPSTOCKS WINGOLF 371
Sing Freund noch Hermann. Jupiters Adler wekt
Dein Lied von Hermann schon voll Entzücken auf;
Sein Fittig wird breiter, der Schlummer
Wölkt sich nicht mehr um sein feurig Auge.
dazu bemerkt der neueste Klopstock-herausgeber dr RHamel
(iii 10): Ciamer hatte die absieht dergleicheu gesänge zu machen:
sie blieben aber unvollendet, diese notiz erbt sich, bald mit
gröfserer, bald mit geringerer bestimmtheit ausgesprochen, durch
alle Kl.-commenlare fort, während Hamel ebenso vorsichtig wie
schön von 'dergleichen' gesängen spricht, im anschluss an Pawel
(VVingolf s. 72), weifs sowol Düntzer (Kl.s öden s. 72) von einem
begonnenen heldenliede Hermann , wie auch Werneke (Kl.s öden
und elegien s. 74). diese angaben stammen alle aus einer notiz
Cramers, der in Klopstock.er und über ihn i 190 die unaus-
geführt gebliebene absieht seines vaters, gröfsere gedichte aus
der geschichte der älteren deutschen kaiser, deren Inhalt krieg-
und Schlachtgesang sein sollte, zu bearbeiten, erwähnt, schon
der präcise ausdruck der ersten beiden zeilen, das sing . . . noch,
sowie dein Lied von Hermann machen so vage behauptungen un-
wahrscheinlich, es existiert würklich ein Cramersches lied von
Hermann, wie eine ode in den Bremer beitragen zeigt (vgl. auch
Scherers Litteralurgeschichte s. 407). dort steht (1745 ii 47 ff) Der
gottesleugner. an herrn Job. Andreas Gramer, eine Strophe
daraus lautet (s. 54):
Dein Hermann, Freund, der Erde Rächer,
Yor dem die trotzigsten Verbrecher,
Die Räuber, die die Welt geplagt.
Die Herrscher, die von sieben Höhen
Monarchisch auf die Welt gesehen.
Der Völker Bändiger gezagt . . .
Was würde wol dein Hermann sagen.
Sollt er in unsern hellen Tagen,
Des Irrthums Nacht vertheidigt sehn.
dazu die anmerkung: iS. in den Belustigungen des Verstandes
und Witzes, Brachmonat 1744 Hermann, eine pindarische Ode
von C**. schlägt man nun nach, so findet man s. 554 diese
ode. Gramer führt in einer reihe von Sätzen, nachsätzen und
gegensätzen aus dass Deutschland Hermanns nicht mehr würdig
ist, und stellt die altgermanische tapferkeit in gegensatz zudem
jetzigen den Franzen dienenden geschlecht, doch vielleicht, meint
er, kann die dichtung noch die herzen umstimmen und ent-
flammen:
Tyrtäus singt: schnell siegt sein Heer:
Hat denn kein Lied die Kraft itzt mehr?
Klopstock gibt die antvvort:
Die deutsche Nachwelt, wenn sie der Barden Lied —
Wir sind ihr Barden — künftig in Schlachten singt,
372 ZU KLOPSTOCKS WINGOLF
Die wird dein Lied hoch im Getöse
Eiserner Kriege gewaltig singen.
So der wahre sachverhall. er konnte niemauclem, der sich
nur etwas mit Klopstock beschättigen will, entgehen, denn die ge-
naue kenntnis dieser zeitschritten ist uuerlässlich. doch wir haben
es bei dem neuen Klopstockcultus nicht mit wahren forschern,
sondern mit kritiklosen Schwärmern zu tun.
Berlin, märz 1885. DR A. VON WEILEN.
NACHTRÄOE ZU S. 288 ff.
1. s. 288 nr 70. vgl. Ält'r. Hom. 1, 86 he weard his lifes
orwene. 1, 332 se rka weard orwene his dgenre dlysednysse.
2, 150 sum . . . man IcBg a>t fordside his freondum orv)ene. be-
sonders aber 2,514 pd ivcBS d&r an awpa geaHtrod fmrh na>d-
dran, swide toswollen purh das wyrmes siege, unwe'ne his lifes.
2. s. 289 nr 72. ich kann jetzt eine stelle anlühren , an
welcher ae. warnian unzweifelhaft die bedeutung von ne. to warn
zeigt: Hom. 1, 334 se welega . . . gyrnde fordi, pcet Lazarus hl
(= his gebrödra) moste warnigan, pwt hi ne becömon to his süsle.
aber diese tatsache ändert nichts an meiner auüassung des dort
behandelten satzes.
3. s. 295 nr 94. vgl. Hom. 2, 188 nu wylle im e'ow sume
gesiDutelunge he da're gecydnysse (über das alte lestamenl) sceortlice
secgan, päd ge eallnnge pa's andgites orhlyte ne sjjn, fordan de
nre mä'd nys, fiwt we e'ow he fullum andgite hi geopenian magon.
Thorpe übersetzt richtig for it is not within our capacity usw.
4. s. 296 nr 99. meine Vermutung 'forthwith lür hand-
linga ist wol nur geraten', ist, sofern ich dabei an die Über-
setzerin dachte, glaube ich, falsch; denn ich tinde im alten Bos-
worth 173* 'handlunga, forthwith, Greg. 1,9' und so auch bei Ett-
müller 468 'handhmga, adv. confestim, statim' mit demselben citat,
das wol, wie vielleicht auch die angesetzte bedeutung, auf Ju-
nius zurückgeht, aber gerade für diese stelle in den Dialogen
Gregors^ wird die Unrichtigkeit dieser auffassung durch das
lateinische original erwiesen, die stelle lautet in der Haltonhs.
fol. 19': he weard pd mid pdm siege nyder dstreht, and Imie man
healfcwiccne handlunga panon dhöf. im original aber lesen wir:
ex qua percussione prostratus in manihus iam semivivus levatus
est. es ist klar dass handlunga = in manibns ist.
* eine ausgäbe dieses bisher noch nicht gedruckten werkes unter be-
nötzung der vorarbeiten von dr Krebs und OCockayne werde ich in Ver-
bindung mit prof. dr Johnson nächstens erscheinen lassen.
Berlin, den 28 lebruar 1885. JULIUS ZUPITZA.
DEUTSCHE PROSANOVELLEIS DES FLNFZEHMEiN JHS. 373
DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES
FÜNFZEHNTEN JHS.
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EVE.
Alles das man schraib got zu lobe und zu eren und zu bes-
serung den menschen, wann des menschen lursacz gut ist und
wirt gefurt durch vil mittel in ein guts ende, so ist es truchtpar
vor got dem herren. und darumb, als ich geacht habe in dieser
zeit cristenleut sieten und besunder der die in der ee sitzen und 5
haben nicht den glauben, noch der man dem vveibe und das weih
dem mau, so han ich von gnaden gots willen ein historien zu
schreiben und iur zu legen den eeleuten und allen menschen zu
pesserung, als ich sie dann gehöret han, und ich getraw gott,
wer die historien liest, das sie in raitz zu pesserung seins lebens, 10
wann er hört die lürsichtikeit des (97*) mannes, von dem die
red ist, und der diemutigen junckfrawen und frawen wunder-
liche stattikeit, gehorsam und sterck.
Nun hoer zu, man, und vernym, weih und auch junckfraw,
und lernet zucht und tugent. es ist gewesen gar ein edler reicher 15
lurst eins lands, von der gepurt ein marggrave, und der was
ausser masen guter sieten und mer dann es glaublichen ist und
darumb das es seltsam ist. und der selbig wirdig man hett die
gnad und selikeyt, das er ein junckfraw was des leibs, und keuscheit
und schäm die hett er gar lieb, wo sein nun in unseren Zeiten 20
der fursten kinder und nicht die allein, sunder auch gemeiner
leut, also reyne? und nicht die die jungling sein sunder so sie
kaum sein komen zu zehen jaren oder zu zwelfen: — und al
Überschrift rot (bl. 96') Gar ein schon lustige historienn von einem
tugenthafftigen weysen furstenn vnd einer demutigenn forchtsamen Junch-
frawenn mit dem namen Grisardis. Maria A Überschrift rot (bl. 176') Gar
ein schon lufstig jstoria zu höre vö eine tugenthafftige weifse mechtige
furfsten vnd herre ein markgraff vnd von einer demutigen gotfurchtige jück-
frawen mit dem namen geheifsen Grisardis B 1 schreibet B von
got J 4 und fehlt B 7. lü jstory B 8 furlege B
10 reifs B 11 furchtigkeit A, umgekehrt A bl. 146' gotfursichtig für
gotfurchtig, vgl. auch 378, 32 lesarten 12 wüdVlich stetikeit B
16 gepurte B 17 aufs d^r B und vor darumb fehlt B IS es]
er A 23 sint B zehe odV zwellff iare B [und] alzuhät so B
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 26
374 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
zuhant hat keuschait urlaubt von in und erstencken und verun-
raiuen iren leibe und gehrauchen nymmer zu dem pesten der
freien wilküre dann die esel (91^) ader ander vihe von irer na-
turlichen ordenung. dorumb ob diser historien umb gut sieten
5 zu lernen unterweilen etwas erlichs und doch das da straffpar
ist wirt ein gefurt, des sei nymmand verubel haben, ist er anders
vernuftig und mag begreiffen den fursaczt und guten willen, den
der dichter dietz puchleins hat gehabt duerch der posen zeit
willen die do ist in diesen gegenwertigen zelten, fint man aber
10 ymant dem es niifsvelt und wirt dor inn unmutig, so gee er
in sich selber, und vindt er sich dan schuldig, so volg er der
vernutt nach und nit unordenlich bewegung.
Wie die unterlhanen irem herren sollen lur legen der ge-
mein nucz, und in grosser nott sollen sie stett sein in dem
15 gewerb und was ein herre sol thön in dem pesten aufserwelen.
Also was unter dem sailigen tursten sein volck trolicheu und
wolgemut, das sie also von den gnaden gots einen (98') als tugent-
lichen herren betten, doch so waren unter ine etlich die die
salickeit der gemein gar weyfslichen bedachten und mainten, es
20 ^ver nucz dem land und der gemain, das der herre zu der ee
griff und nicht allein plieb. wann er hett nicht prüder den er
noch seinem tode mochl lassen sein turstenthum dann allein zwo
swester. darumb so lorcbt die gemain nit unpillichen die Zu-
kunft eins bösen herren, der in leicht fremde und unbekannt
25 vver und nicht gleich were irem herren den sie inzund betten,
sie bedachten auch das wort des heiligen ewangelij, das spricht
also: ein guter paum bringt gute frucht, und dorumb so gingen
sie oft zu ralt und gedachten, wie sie mochten einen weg finden,
das ir herre ein edel weih nemen von gar guten sieten als dann
30 ir herre wer, wann sie hofften das die frucht gut würd und ge-
riet nach dem stamme, aber die sach was ine gar swere, darumb
1 viiaub B d'rslrackeii B 4 dise jstori B 5 straffet B S po-
sen] pson J [} da B diesem A 1(» darjnne ß 11 vol A 12 nicht
vnredlicher B bewegung etc. J 13 die Überschrift rot AJi
iren A jre B 14 in dem gewerb] etc. A 15 aufsuerwelen B
hierauf etc. A 17 wolgemute B 18 herziTn A 22 zwu B
23 nicht fanl ausnahmslos B 24 fremde fehlt A 25 irn A
jre B icziit immer B 20 gedachten A 27 vgl. Matth. 7, 17
und vor darvnib fehlt B 28 bedachtn B 29 nem B gar fehlt B
31 slaine A vgl. 387, 1
II GRISARDIS \0^ ALBRECHT VON EYE 375
das sie nit westen des herren tursacz und (9S'') das man im des
nicht mocht für brlügeii mit giimpt. doch so versuchten sie ir
heyl durch nucz und beheltnufs willen der gemein und erweiten
auls ine von den haissen der gemeyn die furnemsten , die dem
fursten sollen lur legen iren rat. und körnen also lur sein oren. 5
und do er vernam den Avillen der gemein , seiner Untertanen,
alzuhant was er in seinen Worten suelsgutig und dancket ir liebe
und sorgkveltickeyt und sprach zu ine also 'es ist mein wille
nicht, das ich mug ein weih nemen, wann ich getraw got meinem
herren, das er nach meinem tode euch versorg mit einem fursten 10
der pesser ist dann ich. darumb das ir in meiner person habt
beweist ewer frümkeit und ewren glauben, über das alles bit ich
ewer aller tugent und messickeit, das ir euch mit mir leidet in
dem stuck, wann ich waifs nit, wie lang ich lebe oder wenn
mich mein schopfer von hynen holt, und dorumb so wil ich 15
keuschheyt und reynickeit in meinem leibe (99^) bewaren, die
mit den heiligen engelen gemeinschaft hat, und wil mein sei got
dem herren unbefleckt antworten und on alle begird der frawen
und ich schätz das für das aller grost, wann ich hab ewer wol
gepflegen, das ich mag komen zu dem ewigen reich an gros sorg 20
des weibs und der kinder. wist ir nicht,' sprach der fürst, 'das
die kinder unterweilen nicht volgen noch geraten nach den irum-
men iren eitern? ich bit euch, das ir gedenckt etlicher altveter
die frumm sind gewest, und doch ire kinder sind ab trelten ferre
von der frümkeit ir eiteren payd an dem dinst gots und auch 25
an dem glauben und in menschlicher wandelung. Moyses, Sa-
muel, David, Ezechias und Josyas gedencket in den altveteren,
die kinder die von ine bekomen waren — : und wanderten nicht
als ir vater, sunder dye tatten in allen iren wercken wider die
frumckheit irer eiteren, geytzig waren dye kinder Moyses und 30
Zamuelis und (99") unkeusch die kinder Davides, also das sie nit
1 ims [des] B i ine fehlt B 7 sufsgutig vnd genedig B ir' B
8 sorguellikeyt usw. B 9 imd öfters meine JB 10 einem]
meine, m ausgestrichen A 12 so pit B 15 schepfl'r v. iiinnen B
und fehlt B IS und fehlt B 19 wen B ew' hab B
20 gepflogen B 21 der] dy B 11 ff das folgende weitere aus-
fiihrung der worte Petrarcas saepe fiiii dissimillimi sunt parentum
24 gewesen B ireu usw. B abgetrelT. B 25 ir' B 27 Ese-
chias B gedencke A an den alte vettern B 2S und] die B
29 veiter B dye] sie B 30 irr B 31 Samuelis B Dauitz B
26*
376 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
schoDten irs aigeu pluls, als das offenwar ist on Abnou, der
seiner swester Thamar ir er benam. die kinder Ezechie und
Josie, der gaistlichen kunig, petten an die abtgotter.'
Do nun der jung lurst und margrave die poten, dye von
5 seinem volck , von der gemain zu im gesant waren , mit solchen
Worten nit mocht gestillen, und ir potschatt je wolten gelreu-
lichen werben und begerten ein gevellig antwort der gemein
wider zu bringen , do nam er ein ander sach lur sich , da mit
er sich von ine mocht brechen, und sprach also 'allerliebsten
10 bruder und Iriindt, ewer begerung und ewren guten willen zu
meiner person hab ich lang vor gewifst, aber inzunde so erkenn
ich ine volkumlicher. doch so geviel mir wol, das ir der zeit-
lichen hoffnung und luisacz in ungewissen Sachen, als ich euch
beweist habe mit trummen veteren und mit hosen kinden, ver-
15 gesset und mich ungehin(100^)dert last an der sailickeit meiner
sele und des leibes, wann ir habt syn mir zu nemeu ein plüm-
men, die mir in meinem leibe nymmer mer mag gewachsen, got
der vermag alle ding, aber das er wider mach aus der junck-
Irawen, die ir reynickeit verloren hat, ein juncklrawen , das ist
20 unmuglichen. warumb wolt ir ewerm herren nit turderlich sein?
sunder ir wolt ewrem tründ und bruder verderplich sein.'
Do antworten die poten dem iursten und sprachen also
'herre, wir glauben, das nit alleyn in das reich der himel komen
juncklrawen oder münch, sunder wir haben hoffnung das man
25 da auch vindet eleudt und witwen. auch so mug wir das vor
ewren gnaden sprechen, das juncklrevvlich reinickayt unter den
lugenden nit ist die grost, wie wol wir lesen das sie den lem-
lein nach gevolgt haben, aber es sterben vil junckfrawen die
in ir salickeit und in irem verdienen in dem ewigen leben vil
30 niynder (lOO*") haben dann Abraham der eman. darumb so ge-
traw wir ewren wirdigen sietten das ir unser holuung uns in
kein weifse last verliessen, wann unser keiner suchet das ime
nutz ist in seinem haus, sunder mit groser sorgtveltickeit forsch
1 Abnon dlt. Amnon 2 Esechie B 5 zu] von A •» ge-
prechen li 11 icznt i/ 12 volkümPlicher B der] des >^ 14 kiiid'n B
v'gissel Ä 16 leibes] lebens / pluiiie i^ IS mdev /'e/ill J
19 ein jückfraw B 2(t ew'n B furdeilicliFi B 21 ewren
fründen vnd bruderen y/ 24 nuiicli B 25 vinde B 26 jückfraw-
licli B 27 tugent B 29 irr B 31 unser] vnd'r B vns] vnd A
33 sorguellikeit fursch B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 377
wir geren den nucz der gemeio. gnediger herre, das wir euch
tur legen, das last euch zu hertzen geen mit vleis. so vindet ir
das ewer person in dem gefencknus der ee mer mag verdienen
der ewigen seHckeyt dann das ir ein miinch plibt. auch so trag
wir das ein zu aller vordrist: wir sind die ewren an gots stat 5
und alles, das ir uns gepiet in zimlichen und in erheben dingen,
des sein wir ewren gnaden willig zu thiin. auch so ist es zim-
lich und gepurt ewerm adel wol zu thun, das ir in der sach
den willen ewrer gemain volbringet und das wir uns nit Schemen
unser polschatt, das wir nit zu getrawen ewren bewarten und lo
frummen siten.'
Als nun der fürst das hört und bekannt ir begeruug aus
iren worten, do vil im ein das (101*) wort des weisen maus, da
er sprichet: ein senftmutig wort brichet den zorn. auch mer:
ein weiser mau der machet sich lieplich in seinen worten. do 15
antwort der herre und sprach also 'o ir menner und mein volck,
ich erkenn das ir nit wolt ab lassen von ewrem urtail, und das
ich rede aufs aigner diemut die got allein bevelhet, so dünckt
mich das ewer statickeyt in aller mafs nit redlich sey. darumb
ist es fuglichen euch und mir das wir uns bedencken. dar umb 20
so mugt ir nicht gedencken , das ich ewer pete versmehe und
das ich euch nitt wol boren, wann als lang bey einnander sein
die gelider meins leibs, so hab ich müt in ewer gunst und lieb
zu pleiben und will also erfunden werden, ist mir got gnedig,
bey ewer itlichem als ir mich halt in der gemein, dorumb so 25
beger ich von euch das ir mir von der sach nit mer zu sprechet
scherpflichen, sunder get zu den die euch gesant haben und ge-
denckt mit grossem (101'') vleis was in den dingen zu thün sey.
so wil ich auch sorgtveltiglich und mit vleis den willen und fur-
sichtickeit gotes an ruffen.' leren hie, amptman, mit kurtzen 30
Worten des fursichtigen mannes, das du magst in solchen dingen
deinen untherthanen antworten mit diemut, mit statickeyt, frunt-
lichen , fursichticlichen, nützlichen und guilichen.
2 \at B 4 eine müich B 5 zu a. stund v. J vorderst B
sein B 6 gepilet B 7 sey B auch bis 8 wol zu thun fehlt A
9 ew' B schämen B 10 bewertn B 12 erkafite B
13 Prov. 15, 1 14 senfft- gutig B 15 Sirach 2U, 29 18 red für
mich B wolgefellet B lies beveliet? 29 sorguellichen B 30 gotes
fehlt A 31 macht B 33 fursichtigen A nach gütlichen: Amen
(rot) A etc. B die folgende Überschrift rot AB
378 DEUTSCHE PROSAKOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
Von nieister Marcus, wie der von der gemein zu dem
fursten wart gesant und was er aldo warb von der ge-
mein.
Als die poteu komen zu den die sie gesant betten und
5 sagten des tursten antwurl, do verwunderten sie sieb all zumal
des herren fursatz , und als sie erkanten das ir anvveisung macht-
lofs war, so wolten sie docb den demutigen tursten und den
heiligen man von gunst und von lieb wegen, die sie zu im betten,
nit hart noten und betrüben , sunder iren rat und iren willen
10 den gussen sie in einen meister, der hiefs mit namen (102*)
Marcus, und an dem hingen des herren rete, und er was im vor
anderen relen gehorsam, leren hie gutickeit zu haben gegen
deinen pflegeren von diesem getrewen volck, besunder wen sie
trumme sein und tugentlich, und betrueb nit ir messickeit, ob sie
15 unterweylen nicht thun nach deinem willen, sunder leyde dich
mit ine und beyt auch irs wolgefallens zu Zeiten und an etlichen
Sachen.
Do nun maister Marcus vernam das pete der gemeyn, wie
wol er west und erkant den guten fursalzt seins herren, doch
20 so versprach er sich geu der gemein dy potschalt aut sich zu
nemeo, wann er vor in seinem willen sulch sache mit dem tursten
het zu reden , ee das er von der gemein darumb gebetten ward,
doch so bedacht er sich darumb das es baydes gutz was. und
er hatt es dem tursten als pald nicht tur bracht, wer die peth
25 von der gemein nicht an in komen. dann wann wir vil ding in
uns uberslahen welchs das nuczest sey zu der sele salickeit , so
vinden wir danuoch kaum das pest, darumb das wenig sein die
den menschen gut duncken, und der aulsganck unterweylen (102'')
iurt in den tot. auch so waifs uymant, ob er wirdig sey der
30 lieb oder des hafs gots, sunder alle ding die werden uns behalten
in Unsicherheit in die zukunltigen werlt. dorumb so sein die
gedancken der menschen lurchtig und unser tursichtickeytt ist
unsicher.
Also nam meister Marcus einen guten getrawen von seins
2 aldo fehlt B 7iach gemein: etc. A 4 Es geschähe als B
9 hartten , n rot ausgestriciwn B vor willen rate ausgestrichen A
K» mit de n. B 12 reten] lewte B 20 dy potschaft bis 22 voa der
gemein fehlt A 22 darumb er ^. A 23 gut ß 25 an in nicht//
Mann fehlt A dinges B 26 übersahen // nuczs A 27 wenig]
wog B 30 hafses gutz B 32 fursichtig A
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 379
ampts wegen und ging zu dem fursten , da er wont , und sprach ■
zu im also 'wir, alles dein volck, her, von dem grosteu bifs auf
den cleinsten, tragen dich in rechter gedult durch deiner frum-
keit willen , weisheyt und lursichtickeyt und wandelberheyt in
ordenlicher Schickung deins furstenthümhs. gnediger herre, lurst 5
und margrave, ich bitt dich durch meinen mundt mit eintracht-
licher stymm alles deins volcks, das du uns hörst, herre, nach
gutickeyt deiner gnaden, aller lewt munt redt von dir und
spricht, du seist in tugenden volkomen, und das ich nit auff ein
newes antahen und (103^ verdrossenlich sey deinen oren ein 10
zu treiben das du kurtzlich verstanden hast von poten, die dein
volck zu dir hetten gesaut, also bit wir noch alle, das du
unseren rate nicht versmehest und nemest dir ein elich weipp,
aufs der wir von dem willen gois mugen von dir erben haben.'
als in der fürst bifs auf das wort hört, do beltacht er sein wort 15
die er wolt reden und begund ine gunstlichen an lachen und
sprach also 'ich habe dich, maister, in wirden alzeit gehabt und
ich hab dich in meinem rechten getrawen funden. dorumb so
bistu wirdig das ich dich lieb hau und acht lewer. doch solt
du in der sach mein rede wol veruemen und solt sie mir auf 20
losen, wiltu anders ann endliche antwort komen zu den die dich
zu uns haben gesant.'
Von der beswerung die die muesse leyden so an der ee
sitzen, und sunderlich von hoffart der frawen.
(103'') 'Ich frag dich zum ersten als ein weissen philozo- 25
phum und einen besuudren meinen gesellen', sprach der fürst,
'warumb bedenckestu nicht das das allermaist zu furchten ist in
der ee, das die Irawe die mir wurd zugefugt leicht von etlicher
hindernufs ungeschickt plibe zu entphaen, und wenn ein solchs
geschehe, was smertzens ging dann durch mein hertz, das ich 30
erkennet das ich und ir alle unsere hoffnung hetten verloren
1 do 5 2 herr B 3 dem A 4 wandelbertikeyt B
5 vnordenlicher A herre /'eklt B 6 dich fehlt B 9 nichte B
10 anfahe ^ vertrossenlichen ^ 11 das|_dastu5 kurczlichn 5
14 vor der ist dem ausgestrichen A gehabü B 15 bedacht B
seine B 19 hab B tewer achte Zf 20 mir sie B 22 öm/" gesant
folgt elc. AB, dann Helena eua rot A, rot auch die folgende Überschrift
in AB 23 mufsen B so] die B 24 besüd'r B 25 zu dem e. B
eine B 27 bekumerslu mich das A zu] in B 28 frawen A
zugefurt^ 29 wan i^ 30 meinst das] so B 31 erkennt 5
380 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
und ich besuuder das verloren hett, das mir nicht raocht wider
werden, du vernymbst wol waifs ich meine, wann ich es auch
vor den zu antwort hab geben, die vor dir zu mir gesant woren.
nun las sein, das mein traw truchtpar were und hett doch bosze
5 sieten, also das sie hochvertig were von gepurt irs geslechts,
ader lafs sie sein aus demutiger gepurt: wenn sie erhöhet würde,
so wurd sie vil leicht unvertragenlich. über das alles sein vil
untugent der weiber , der ich gesweig. das du nit darlts ge-
den(104^}ken, das ich es lafs von erben wegen, doch so wil icli
10 dir von vor genanten Sachen etlich zaichen lur legen, in den
du mit mir solt gedencken zukunttiglich verderbnus. hastu uit
gelesen, das ersreckenlich ist zu reden, das die die got het aufs-
derwelt, darumb das sie den weyberen all zu huzlichen bey
stunden , haben sie sich gekert von dem hogsten werckmaister.
15 gedenck mit mir an den aller grosteu, an den ersten Adam, an
den aller strengsten Sampson, an den aller weisten Salmon, von
dem die geschrift spricht, das sein herlz was bofs. do er alt
ward , on zweivel von ausser mafsen groser lieb wegen der
weyber, petet er an die abtgotter und kert sich von dem er
20 hett geschrieben, das er im hat gegeben sailickeyt der vernutt,
der gedancken, der syn und zeitlicher eren und reichthumb über
alle die vor im warden oder noch im künftig würden, er het
auch solch macht von gold und silber (104''), das es nicht geacht
ward von der mennig willen, sunder er ward darumb nicht mer
25 gehaissen Idida, was spricht: er den got lieb hett, wann er was
ein liebhaber der weyber. und geschehe mir ein solchs — da
got vor sey! — , was wurd dan aus mir? darumb so wir nit
wiesseu zukunftige ding, so las wir das faren des der dinger
ein ursach ist. hast du nit das in deiner gedachtnus, das do
30 spricht Sextus philozophus: er ist ein eeprecher in sein weihe
2 waifs = was B 4 mein] dy 5 7 vnuertroglichü B 8 durst B
llbedenckenÄ 12 eischrockenlichii i? aufserwelt ß 13 liiczic-
lichen B, vielleicht hiczlichen? 14 gekart B 16 Salonit' B
17 fr vgl. 1 Reg. cap. 11 und 3 17 schiifTt B IS aufs d'r m. B
l{) er heit, logisc/ier wäre hl 2(1 im het i? 21 zeitlich ß 22 ward y/
23vonsilberÄ 2^ mer fehlt. i 25 Jedid-Ja 2 6'affi?/*?/. 12, 25 was]
das 5 er fehlt B wen B er] es // Tiini fehlt AB mffvgl.H(ier-
onijmus adversus Jovinianum) 1,4!) (Migne 23,281). Sextus philosophus
spricht: der ist ein eebrecher in seim wib der sie zu hicziglicheu lieb haut,
in eim fremden wibe ist alle lieb ein untugende und strafTlich und in dem
aygen wib ist grosse uberllissige lieb schenllich, wan lieb bringt unrate,
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 3S1
der sie zu begierlichen lieb hat. in ein fremdes weibe ist alle
lieb ein untugent und in das aigen weibe, so die lieb zu grofs
ist, das ist schenllich. die lieb der schon ist ein vergessenheyt
der vernutl. die lieb der weiber macht unratsamkeyt und bricht
hoch synn und gaist. sie württ die sele von grosen gedancken 5
und von vernüftigkeyt und pringt den menschen zu unendlichen
und verworffen synnen. es spricht Seneca , er hab bekannt ein
gelerl(105*)en mann, der mit fleischlicher lieb so hart gefangen
was, das er für sein brüst hieng der frawen furspan, wenn er
aus ging, er mocht auch on der frawen gegenwerlikeyt nit sein 10
auf ein punckt einer zeit, und ir keins unter den zweyen tranck,
es wer dann von im und von ir gekostet, der lieb orden was
sitlich, aber die gröfs der lieb die was strafflich, wann die sit-
lichkeit was unsinickeit. nun Marcus, du gebieter und schicker
meiner rete, was dunckt dich nun zu thi'in nutzlichen in den 15
Sachen?'
Do antwort meister Marcus und sprach zu dem fursten also
'herre, ich erkenn das ir vil beweisung bey euch habt, das ir
mugt bewaren ewren fursaczt. dorumb so wil ich mein antwort
verzihen, bifs das ewer gnad hat aufs gesprochen ir beweruug 20
ader bewegung, und weil ir das ihiit, so wil ich ewer wort mit
vleis mercken und wil dann dor auf antworten, und aus den
zweyen (105'') wol wir zihen das do nucz und weishait vol ist.
darumb was noch do binden hat ewer sinreichhait, das zihet herfur,
wann ich las mich beduncken, das ir noch mer habt zu reden.' 25
bricht tiohe sinn und gaist, nimpt den menschen von grossen guten
gedancken und bringt in zu unendlichen und verworffen dingen E(he-
standsbüchlein , ausgäbe von 1475, Conradus Mancz zu blaubürren) bl. 6"
t die folgenden in c. acc, namentlich an erster stelle bedenk-
lich, aber doch wol zu belassen; in E in allen fällen in c. dat. in]
vn A fremde B aller A d\\ B 1 /" in aliena quippe uxore omnis
amor turpis est, in sua nimius H 3 schentlichü B 3 — T vgl. H
1, 49 (Migne 23, 280) 4 und br.] sie prichet B 1 ff vgl. H 1, 49
fMg-ne 23, 281). Seneca spricht: er hab gekant ein gierten wisen man der
mit vlissiger lieb also gefangen wz daz er an sin brüst hieng einer frawen
finspang wen er uszgieng die in des uberret und geboten het dz doch vast
schimpfflich und sputlich zu achten wz £ 6/. 9" eine Ä 8 gelertiter^
fleifslicher^ 9 furspan fascia H 10 gesein B 11 einen B
12 erden origo//^ 18 her /lacA erken ^ 19 beweren 5 20 bewerung
ader tehlt B 21 bewegung vgl. 385, 8. 9. 387, 24] pewerung A
vnd do weil B ewreu B 23 das do] da do B 24 het A
382 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
'Nim höre', sprach der margrave zu mayster Marcus, 'leyd
mich ein wenig, so wil ich dir sagen was ich gelernet hab von
dem weisen Augustino. der heilig vater schreibt ein puch zwi-
schen im und seiner vernutt, do er under vil anderen tragen
5 die den menschen zu begird zihen, wirt gefragt von der vernuft,
ob in nit gelust zu haben ein weyb, besunder wenn die schone
und rein were, schemig und gelert und guter siten und von ir
mocht gelert werden und die im auch genung gebe in dem zu-
schacz und die ine auch nit hindert on beswerung des studirens,
10 und besunder das er sicher wer, das er zu keiner zeit von ir
betrübt würde, nun antwort Augustinus seiner vernuft und sprach
also : male mir ein weipp, wie schon du ymmer wilt, und hoffel
mir sie mit (106") allen lügenden, so wil ich doch keinerley als
ser fliehen als dy geselschaft der weiber, wann ich vind keinerley
15 das alle kunst und menlichen mut als ser dernyder druckt als
weybisch wort und ir begreill'en, an das nymant das weybe mag
gehaben, so nu also an gepurt das ampt eins weysen maus,
das er sol unkeusch versmehen, und der der ein weipp hat der
ding an ist, als ich gesprochen hab, des sterck ist zu verwun-
20 deren, aber ich getraw im nicht nach zu folgen, wer sich ver-
suchen wil, der thut gar torlichen, und der ist sailiger, der im
entpfleucht. darumb, als ich wene, so hab ich mir recht und
nuczlichen gepoten zw freyhait des leibs und der sele nicht zu
begeren und nicht zu suchen und zu nemen kein weihe, also
25 hast du, Marcus, starcke beweisung wider die enzunden wort
der frawen.'
'Nun bore, was ich rede wider die hofTart. Philippus, Al-
lexandri vater und künig zu Macedonia , wider den Demostenes
olVenlichen schreibt, der ging zu einen Zeiten nach seiner ge-
30 vvonheit (106'^) in die kammeren, und sein weibe die traib in
3 den B AugustW B h ff i\^l. Augustinus der selig vater ward
gefragt von der Vernunft ob in nit gelüstet zu haben ein wibe, besunder
wen sie scliune kusch und rein wer, schemig, Myfs gelert und guter siten
mit genuglichen zu schaczen die in an studiren und lernung nit hindert
noch sunst betrübet, antwurt Augustinus nach siner vernunflt mal mir sie
wye schun du wilt und hobel sie mit allen tugenden so wil ich doch kai-
nerlay so ser fliehen als wiblich geselschalfte, wan ich finde nichts dz men-
liclie mute und alle kunst so sere verleczt und nydertruckt als wiplich ge-
selschalft IC hl. 2' () die] sie li 8 ge|nög A 11 spricht B
Vi als ser bis 14 keinerley felilt A 16 worl] wirde A
IT ampts A 25 enczuntn B '11 ff vgl. H 1,4» (Mignc 23, 27!))
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 383
zorniglicli aufs, als sie die kameren nach im zu slug, do swaig
er und sein unrecht, das im geschali, das torst er mit einem
wort nit offenwaren, der relor Gorgias, der schraib den Kriechen
aufsermafsen ein schons puch von der ainlrechtickeyt, als sie
unanig worden, und las das in Olimpie. do antworte sein teinde 5
Melantius und sprach also: dieser gepewtet uns aintrechtickeit zu
haben , der sich und sein weyb und sein meidlein in einem
hause nicht eiutrechtig kan gemachen, wann sein weyb die
ueyd des meydles schon, und darumb hett sie mit irem keuschen
man teglichen krieg. Socrates der het zwo Irawen und die kriegten 10
offt mit einnander, und wenn er das hört, so spattet er ir, darumb
das sie umb einen stinckenden menschen mit halben nafslocheren,
mit einer kalen stirn, mit einer rauhen prust und der auff dürf-
tigen tüessen ging, kriegten, darumb so wurden sie eins unholt
on einnander und saczten sich wider ine und handelten ine gar 15
übel und (107^) lang zeit trieben sie iue umb. es geschah auch
eins mals, das der irawen ein stund ob im und sprach im gar
schemlichen und vil böser wort zu, und als es Socrates bort,
l zorniclichS B kämer B '1 f das torst er mit e. wort nit offen-
waren, vielmehr injuriam suam versii tragico coiisolatus est /^ 3 Gor-
gias] uergafs ^ '6 ff vgl. /^1,48 (Migne Ti,21%). Gorgias der rechtor
het ein wib die stetes mit in krieget von der megt wegen die im liusze
und hübsche was darum auch die frawe die niagt nydt und hasset, und
als Gorgias den Kriechen schrib und schickt ain buch von der eintrehtikait
als sie uneins waren, ward im geantwurt der gebeut uns eintrechtig zu sein
der doch sich sin wib und sin mayd dry in einem husz nit eintrechtig ge-
machen kan und teglich niytt krieg des wibs beladen ist E bl. 3'. das-
selbe erzählt Fischart Philosophisch ehzuchtbüchlein 1578 D 8" nach
Plutarch 4 aufs d'r m. B schon B 5 vneinig wäre B ant-
worte AB 6 sprachii B 7 haltii B und sein meidlein bis S wann
sein weyb fehlt A 9 meidleins B darvmb so ß 10 Soerotes AB
zwu B \{) ff vgl. /f 1, 4S (Migne 23, 278/). Socrates — der selb
hete zwu frawen noch gewonhayte des landes die kriegten täglich mit
ainander vm den alten mane. da spotet er der frawen dz sie vni in krigten.
also vertrugen sich die frawen ob dem manne und kriegten fürbas mit im.
dz litt er gedultiglich. ains mals heten sie grossen krieg mit im, gaben
im vil böser schentlicher rede, da gieng er usz dem husze. da begussen
sie in mit unraynem wasser von oben herabe. da wischet der gedultige
man sin haubt und sprach: ich west wol dz nach aim solchen durnen
kumen wurd ain regen E bl. 56*, vgl. auch Spiegel der sitten von 1511
bl. 37" 12 simis naribus H 13 rauhen prust : pilosis humeris H
der] dar A auf dürftigen fuessen : repandis cruribus H 14 unholt]
vnd holt B 18 schentlich B es] ir B Soerotes AB hört fehlt B
384 DEUTSCHE PROSAIS'OVELLEN DES FÜiSEZEHNTEN JHS.
antwort er ir, do begols sye in mit unreinem wafser. do ant-
vvurt er ir nicht mer, sunder er wischet sein haubt und sprach:
ich west wol das nach dem doner ein regen kome. Marcus, du
solt nicht vvenen , das der weiber hoffart und zorn die diemüt irs
5 geslachts stillen und gezeraen müge, wenn sie erhocht werden,
des ist ein zaichen in Chato Censorius, wann Actoria sein weibe,
wie wol sie was geporen von einem demütigen gesiecht, so was
sie doch aufser mafsen Irevel und unverschambt und das kaum
glaublichen ist was sie Cathoni hoffart beweist, wiltu auch, maister
10 Marcus, nit hören von einem anderen haimüchen leyden, doch so
wil ich dirs für legen, und las dir es zu hertzen gan. als die histo-
rien sagen, so ist zu Rom gewesen ein hubscher man, den (107'')
sein frunde strafften darumb das er hett urlaub geben einem
schonen weibe, dye keusch was und hett gnung an zeitlichem gut,
15 also das es kaum zu bedencken was, was ine beswert hett. so rackt
er einen fuefs von im und sprach also: secht, diefs schuch der
ist new, und er liget mir gar hubsclich an meinem fuefs, aber
ewer keiner [aus euch] wais nicht wo mich der schuch druckt
dann ich allein. Tullius Cicero ward gepeten von Hircio , das
1 antwuit fer ir] B do begofs — do antwurt er ir fehlt A
3 käme B 5 geslechtz vns (lies und) gepurt [stillen und] B 6 das A
Chato (katho B) vnd Censorius ^iß, gemeint ist aber Cato Licinianus,
der söhn des Cato Censorius t> /f vgl. H 1, 48 (Migne 23, 279) Actoria
Paula H 8 aufs der B 11 gen B jstorien B 12/7" vgl. H
1, 48 (Migne 23, 279). man list in den historien der Römer daz zu Rome
ist gewesen ain wiser man den sein freund darumbe strafften das er hete
usz getriben und von im getlian sin schönes wib die doch frum, gütig und
kusch WZ dz man nit gedencken mocht wz in beschwert solt haben wan
si auch gnug an zitlichem gute het. do man den wisen also straft, da reckt
er von im ain fns und sprach: secht lieben fründ der schuch ist nuw gjat
und hübsch aber üwer kainer waist wa mich der schuch druckt den ich
allain. da durch gab er zu versten dz er sin wib nit on ursach von im
gethan het E bl.Z'". gemeint sind Paulus Aeniilius und Papiria, vgl.
die litteraturangaben bei Goedeke Dichtungen von H Sachs 1^, 153. F'ischart
Philosophisch ehzuchlbiichlein 1578 B 6" 12 gar ein hubischer B
13 straffen A 14 zeitlichen A 15 es] er A zu fehlt A do B
16 difser schuhe B 17 hubschlichü B 19 Tuli't B Vj /f vgl.
H 1, 48 (Migne 23, 278). als auch Tulius hat gesprochen do er Hirtus
Schwester nit wolt nemen, wan es ist vil das den frawen zu gehört kösper-
liche klayder, hefftlin, ringe, bernlin und edel gestein, zerung, mayde und
mancherlay huszrat dar nach sind sie die ganczen nacht schweczig kippelen
und kiffen, grynen und zannen und sprechen zu den mannen: die ist bas
geklaydet dann ich bin. so wirt die niere geert und geladen dan ich und
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 385
er sein swesler neme seint den malen das er Terencia, sein
weihe, hett urlaub geben, des enwolt er nicht thün und sprach
zu im also : ich kan dem weihe und meinem studiren kain ge-
nung thuu. was sprichestu, Marcus, lieher maister, in diesen
Sachen? ich hit dich, das du mir antwort gehest, wann du wayst 5
vor allen leulen mein gescheft.'
Do sprach mayster Marcus zu dem tursten also 'ist, her, hie
das end ewer hewegung?' 'nein' sprach der herre. do sprach
meister Marcus: 'gnediger (108*) herre, ewer hewegung die müst ir
all aufs giessen, also das die geledigt stat mag in siech genemen 10
das frummen pringt und nucz ist.' do antwort im der marg-
grave und sprach also 'das ich nun wil, maister Marcus, aus
sprechen, dor innen soll du mich wol versteen und soll nit ge-
denckeu, das ich die ee woll verdammen, die heilig und von got
geschaffen ist. aber schilleng über ein aug straff ich do mit 15
heffliglichen pubin und ruffion und die bedachten eebrecher dye
alle mit der ee bedackt werden, das mir gar sere mifsvelt. Theo-
Irastus der heidenisch mayster schreibt ein puch von der ee, das
er nennet Aureolam. in dem puch fraget er under vil fragen,
oh ein weyser man sol ein weih nemen. zu haut tregt er ein 20
ich arme bin verworffen und verschmecht. mere sprechen sie warumbe
hastu die nachbiirin an gesehen? was hastu mit irer mayd geret? waz hastu
mir vom marckt gebracht und geliauffte? lade mir denn fründe. lade mir
den gesellen, du bist by der gewesen, du hast sie liebe und bist mir
veindt und so du ir das gancz husz befilchst, mSs ir yederman dinstlich
sin. beheltestu aber etwas in diner gewalte, so spricht sie du wollest ir
nit getruwen wirt dir hessig und gran, schilt und flucht dir und gedenckt
dich villichte zu toten und ist si ann so ist dir schwer sie zu erneren ist
si aber rieh ist dir peinlich si zu liden E bl. 2'. 3' 1 seintenmalen B
torencia AB 4 in] zu B 12 wil nach Marcus B 13 dar B
15 scliilhent Ä aug] lang, 1 ausgestrichen A 16ruffian^ be-
dacklFi B 17 bis 387, 12 vgl. Hl, 47 (Migne 23, 2'&/f), wo ein gröfserer teil
des Theophrasti de ?it/ptiis libcr aureolus aufnähme gefunden hat 11 ff
Theophrastus der ain iunger Arislotiles gewesen ist schribt über dise frag
in dem buch der hochzil und spricht: ist sie hübsch und von guten siten
von erberen eiteren geboren und fruchtber und so er ist gesund und rieh
so mag ain wyser man nemen ein wibe. so sich aber dise dinge seiden alle
begeben, ist eim wisen kain wib zu nemen, wan durch ein wib wirt ge-
hindert die lernung der geschrifTt und die wiszhait und mag kainer wol ge-
dienen den künsten und dem wib, der wiszhait und dem bette E bl. 2".
hieran schliefst sich in E unmittelbar das zu 384, \Si ff ausgehobene
19 Awerolam B
386 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
und spricht also: ist sie schon und hat sie gut sieten, ist sie
vonn guten leuten, ist sie gesunt und reich, ist sie geschickt
kinder zu tragen, also mag unterweilen ein weiser man (108'')
ein weih nemen. doraulT antwort er zuhant und spricht: das
5 vindet man gar selten, aber wenn du sie genymst, so hastu es
alles, dorumb soll kein weiser man ein weih nemen. zu dem
ersten hindert sie den vleis zu der weifsheit, wann es mag uy-
mand gewarten der wncher und des weibs. es ist auch vil das
gehört zu der notdurft des weibs: edel cleider, edel gestein, golt,
10 zerung, meide, allerley haufsratt, wagen, slietten und allerley
gülden gesmeide. über das clagen sie und reden dir nach und
sprechen also: die get auf der gassen pas gezirt dann ich, die
eren alle lewtt, und ich arme, wenn die trawen zusammen komen,
so würd ich versmecht. solcher clag ist vil. nun mug wir das
15 weihe nit gelassen allein, nymmest sie dann mit dir, so tregstu
ein pürde. ein arme mag man kawm erneren , ein reiche zu
tragen ist peynnig. secz dor zu , das du sie nicht beschawen
magst, dann als sie kumpt, also mustu sie behalten, ein weiser
man der ist nym(HJ9^)mer allein, wann im ist gegenwertig die
20 vernutt und die guten werck die ye gewest sein, die halt er
vor ime und er kert den freien mut wo er hin wil, und was er
nicht vermag mit dem leibe, das volendt er mit fursichtickeit.
gebrechen im lewt, so redt er mit got. also ist er nymmemer
allein, auch ob mau zu der ee greift von der kinder wegen,
25 das unser name nicht vergee, ader das wir haben unsers alters
versorger und gewies erben, das ist recht unsynnickeit. was
get uns das an, so wir von dieser weit scheiden, und das ein ander
I hat [sie] B 3 tragen] machii B 7 so hindert B
8 Wucher = bucher des] das A 8 — 17 vgl. 384, 19/7 lesarten
10 meide fehlt A wagen, slietten \isw. lecticae et esseda deaurata //
II guidein 5 14 wi'ird ./ = wird versincht y/ d'r ist ^
15 nymslu B i«j purdfi B arnieu dy B 17 peynnig = mhd. pinec
secz] das A sie nach du fehlt A H/falso beschlüsset Theophrastus
die fürgenummen frage dz kain wale und beschawen sey, ain frawe zenemen,
siinder wie die kumpt, so miistu sie behalten, sie si unlidelich, zornig, hof-
fertige, ain lorin oder wyse. wie sie ist, kan nit vor gewissen werden snnder
darnach in dem eelichen wesen. ain pferde, csel, ochs und ander ding werden
versucht vor ee man sie kafft. aber ain frawe die man zu der ee nemen soll,
wirt nit vor bewert, dz sie nit werde verschmecht und myfsfalle ee sie
werd genummen E bl.bb" 19 \n A 21 was fehlt A 23 nym' B
25 aber A, s. übrigens RKöhler Vier dialoge von HSachs s. I 14 x,u 62,3 1
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 3S7
genent wirt nach unserem namen ader stammen , so doch der
sone zu hant nicht gleich ist dem vater, und ir sein doch vil die
einen namen haben? oder was ist das nucz, das du do haymen
einen sone ernerest. der villeicht dir stirbt oder wirt unleyden-
lich? und wen er kumpt zu seinen jaren, so erpeytet er iiaum 5
bifs das dich der tot holet, darumb so sein pesser und gewieser
(109'') erben gut frunde und magen, die du getrew erfunden
hast dann die die du must haben, es sey dir lieb oder laide.
doch so ist das das gewiesser erbe, das du deins gutes wol ge-
bruchest die weyl du lebst, dann das, das dir mit deiner arbeit 10
und sorgen ist sawer worden, lest anderen leuten villeicht zu
Sunden. Marcus, das alles sein die wort Theotrasti des philo-
zophen. nun sag mir, was dir zu müt sey mit mir zu reden,
wann welchs cristenmensch bewegen des haidens wort nit, so
unser Wandlung sol sein in dem himel? und wir solten als vol- 15
komen sein in unserem leben, das wir alzeit sprechen mit Paulo:
ich begere zu sterben und zu sein mit Christo, ich sprich mer :
sol der begeren erben, der do teylhaitig ist des erbteils Crisli?
und sol er wünschen kiuder und kindskinder die villeicht der
entencrist vindet? und als ich den geantwort habe die dye pat- 20
schalt vor dir worbeu van der rete unser gemein , das Moises
und Samuel iren kinden ander lewt lurgesaczt haben, darumb
das sie (110") sahen, das ire kinder got nit woU gevielen. hye
sey das end meiner bewegung, wann ich wil dich mit meinen
Worten nit lenger aul halten, sunder ich bitdich, das du nicht 25
unterdruckest und versweigst deine gedancken und in gantzem
getrawen und mit nuczen reten unlerweifs uns.'
Von schemigen und keuschen Irawen und aufs in wirt
beweifset zucht und ere der ee und das sie nicht alle
lewt sollen versmehen.
1 unseren A ader stammen fehlt B 3 oder] dor A 6 bifs
fehlt B helet B 7 mag B & du fehlt A 9 gewifsest B
gutes wol fehlt A 10 die w.] da w. B 12 sint B ptiiiosopiii B
14—23 vgl. //1,48 (Migne 23,278) liaec et huiuscemodi Theophrastus
disserens, quem non suffundat Ctirislianorum, quoruni conversatio in coeiis,
qui quotidie dicunt : cupio dissolvi et esse cum Christo (Phil. 1,23)?
16 unseren A 18 begerer AB 19 er soi AB 20 entencrist
fehlt A 21 lies mit B den reten? 22 kindern 5 25 nicht]
mich A 26 deine A gantzen A 28 Überschrift rot AB schä-
mige B in wirt fehlt A 29 webeist A und ere fehlt B 30 ver-
sweigen A, hierauf rot Maria hillff aus nett A
30
' 388 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
Do swaig meisler Marcus ein wenig mit hangendeai ant-
luctz und gedacht sich, was er solcher weisheyt antwort soll
geben, darnach rieht er sich auff und ging den hern an mit
solchen werten und sprach 'gnediger herre, mich hat verwundert
5 (und bin ersrocken in mir) dye hohe der tursichtickeit ewres
hertzen rete, so ich schacz ewren fursacz, warumb ir habt bifs
aul die zeit gesessen on gesellschaft weyblicher art, und wie wol
ir (110'') von angeporner irumkeit und diemut oft mit mir, ewrem
diener, habt von der sach wegen geredt: — und han ich doch
10 uit volkumlichen die haimlickeit ewrs hertzen verstanden bils auf
diese zeit, hier umb alles das ir habt für gelegt, das ist wir-
dickeit vol und durchleuchtet mit warheit. doch pit ich ewer
furstenlich tugeut, das ir mir nitt verubel vvolt haben, das ich
antwort als das mir mein synne verleihen, wann ich, ewer diener,
15 bin zu antwort vol worden, also das es mich betzwingt, und
las ich nicht von mir zu verantworten frawen zucht und ere.
wer ist, der auch entpfangen rede bey im mag behalten?' do
sprach zu ime der marggrave : 'rede in gantzem getrawen, maister
Marcus, und behalt gar nichts nitt bey dir verholen.' do ant-
20 wort meister Marcus und sprach also 'herre, alles das ir vor
habt erzalt, als ich dann vor gesprochen han, das ist wol zu
furchten, sehe wir allein böse und torchte weiber an. aber das
ist nicht zymlichen albegen. wann ine aller mafs als vil zor-
niger (111*) und hoffertiger frawen sind, also thar ich gesprechen,
25 das man auch vindet gültig, zuchtig und verlragenlich frawen.
wer darumb will aller wind in acht haben , der sehet keinen
acker, und were all wolcken mercken wil, so hewet er das gras
nymmermer. also sprich ich, das die ee darumb ist nitt zu ver-
lassen und besunder wer vernuftiglich will schetzen den stant
30 vil lewtt und volckes. ab nun hose weiber sein zu furchten,
1 anhangenden y^ 2 bedacht Z? 3 darnach do j5 ging den hern]
uing A 7 die] difseu B 8 angeporn B 9 habt fe}ilt A wegen
fehlt B und] so 5 10 volkümenlichn Z^ 12niitd'ri? 15 worden]
wmdes A windes B es] er AB und fehlt AB 17 d'r enpfangen B
IS gantzen y/ 1!) iniV fehlt B 21 als — han /t-A/f ^/ 23 zim-
lich B in B 25 v'treglich B 26 in acht ziueimal A vgl. wer
allzeit auf den wind will sehen, der wird nicht säen und nicht mähen Sim-
i'ock D. sprichw. 11044 und Schuhe üie bibl. Sprichwörter s. 04 zu Eccles.
11, 4 27 vgl. IVander Deutsches sprichwörterlexicon 5, 385 s. v.
wölke nr 48. 50 2S nym' B nicht ist B 29 vernufticlichn B
schacze B stat B 30 voick A sinl B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EVß 389
wolle wir darumb all ptaffen werden oder niünch? Cristus,
unser herre und got, dem ward in seyn heiligs haubt getruckt
ein dornekron, da von illich stielt besunder sein tropfen namen
seins edlen und tewren pluts, in einem gleichnufs edels ge-
stains: was sein die slainlin der cron Cristi anders dan mani- 5
gerley statt alles cristenvolcks, die das haubt Cristi ziren? wann
er ist unser aller haubt und alles cristenvolck die sindt sein leibe
ewiglich on ende, darumb müessen (111'') in der zirde des hauls
gots etlich sein junckfrawen , etlich wittiben , ethch eelewt und
ander keusch menschen als niunch, pfalTen und closterfrawen. 10
und das obgnant volck wirt auch anders unterschaiden, und also
hab wir fursten und künig und ander prelaten, die der gemein
vor sein und auch die des leibs nott besorgen: also haben wir
ackerlewt, vischer, sneider und kauflewt, pecken und schuster
und gemeinlichen alle hanlwercklewt. und das alle ding orden- 15
liehen in der heyligen gemein des gaistlichen lebens stellen und
in zu nit kome ein schedlich tayllung, so ist es nicht zymlich,
das der vischer sei ein fürst, und herwider stund es übel, das
der konig were ein mulner. also begert die zimlickeit aller stat
furdinst und wirdickeit der gepurl eins itlichen geslachts, und 20
wer also got begert wol zu gefallen, der bleib in seinem orden,
dor ein in gott hat geschickt, und lebe dor inu tugentlichen, so
nymbt er nach seiner arbeit den Ion von got hie (112^) und
nach diesem leben dort, als nun ewer furstenlickeit ist allein
wirdig in ewer person des furslenthümbs , so ist es zimralichen 25
in allem gemerck, das ir volget dem pet der gemein, so die pete
ist in erheben dingen und nicht ist wider der sei selickeit. und
das ich das vor ewren gnaden rede: ir habt vil herein gezogen von
untugende der weyber euch zu aigner enlschuldigung. doch bort
mich in gedult, so wil ich euch überwinden mit beyzaichen frummer 30
frawen und wil mit macht Erkule den prugel aus der haut nemen.'
1 müich usw. B 3 durnein er. B itlichm B knmen B 4 tewerm
B einen A 5 Cristo A 7 cristenvolcks A 8 ewiclichn B
so mvfs B zeitt A 9 etlichen w. ^ 11 und] od'r B 12 künig
u. fursten B 13 versorgen B hab B 15 gemeincklichen B
16 in dem B stenn B 17 zu] yn B kümen B 18 sein A
so stund B 19 der] er A Tl darjnne B 24 dort fehlt B
furstenlich wirdikeit B 25 wirdig fehlt B 26 besvnd'r so B 28 das
vor vor fehlt A [ir] habe A 29 aigner] ein' B 30 pezeichil B
31 vgl. clavani Hercuii extorquere de manu H (Migne 23, 935) imd Her-
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 27
390 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
'Saget mir, was dunckt euch von den weiberen die got iu
der heiligen geschrieft hat geschrieben und uns gegeben zu einem
spigel, dar inn wir uns sullen beschawen , Sara, Rebecca, Lia,
Rachel und Debora, Johel, Judith, Ester und an zal ander vi),
5 auch in der new ee vil frawen aus der ee und in der ee und
vill junckfrawen, dye umb tugent durch das swert sind zu Cristo
komen ? was gedenckt ir besunder von Elizabeth , sant Johans
des tauffers muter, (112*') Anna, unsers herren Jhesu Cristi an-
fraw, Anna ein tochter Samuel, Placilla Theodosy des kaisers
10 weih, Elizabeth ein lantgratfin in Döring, Paula und Monica dye
muter Augustini, über die alle die muter gots, die rein maget,
die junckfraw Maria, dye alle haben an der ee gesessen, mit
unterschaid allein Maria mit irem gemahel Joseph? aber so ir
habt von haidennischen weyben ewer disputiren volbracht und
15 erzalt ir untugent, euch zu hilf, so wil ich nun mein antwort
thün auch von haidennischen weyben und wil aufsen lassen vil
wirdiger tiawen auch in dieser zeyt und wil aufs iu beweisen
solch keuscheit und frumkeyt, das ir must sprechen, das ir über-
wunden seyt, und müst volbringen das, das wir zimlichen und
20 erheben von ewren wirdigen gnaden haben gebetlen. das, das
pofs ist, das bewegt unterweylen einen menschen, aber das gut
ist das liget ob. darumb das gut das kompt nit besenlich aufs
dem posen, sunder das bofs ist das, das von dem guten bofs
worden ist.' do (113") sprach der marggrave 'Ihuslu das, Marce,
25 so thue ich deinen und des volcks willen.' do antwort mayster
Marcus und sprach also 'herre, ewer antwort hab ich nit mit
tauben oren gebort von ewrem mund , und das ir sie nicht wi-
derruft noch eintrag vindet, des secz ich euch selber zu einem
gezeugen.' 'ist mir got gnedig', sprach der fürst, 'so bin ich
30 ein gezeug und ein volbringer der werck, ob ich erkenn, das
cules lässt sich seine keule nicht leicht aus den händen winden Wander
D. sprichw.-lexicon 2, 52t) 1 dunck A den fehlt A 2 schlifft B
hat nach uns B geschrieben und /e/i/< B vns und A 3 jnne B
Lia fehlt A 5 auch in der (den B) new ee vil fehlt A 6 durch
fehlt A 9 Anna ein tochter Samuel (saniiel B) gemeint ist Hanna
die tochter Phanucls, Luc. 2, 36 — 38 Placilla vielmehr Flaccilla
theo II sy ^ 10 during B pawla B, Schülerin des hl. Hierontjmus,
vgl. Spiegel der sitten von 1511 />/. 130' 11 vnd über B maget die
fehlt A llweibern^ 17 aufsj auch ^/ 22 besenlich = wesen-
lich 23 nur ein das B 24 ist vor 23 von B 25 thun ich an
reite (i ausgestrichen) B 26 dy hab B 27 ewrnn A 28 das .'/
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 391
du mir hast genung gelhana in deiner antwort.' 'so vvil ich
euch lur legen weiber, herre', sprach Marcus, 'dye nicht allein
ir man in grosser keuscheit und reyuickeit haben lieb gehabt,
sunder sie sein also keusch und rein erfunden also, wenn in
der man starb, zu dem sie juucktravven waren komen , das sie 5
nach im begerten nit lenger zu leben, und sie schätzten es gar
für ein grose untugent, ab sie einen andern man betten ge-
nomen. und zum ersten zeuch ich herein Diedo, Pigmaleonis
swester, die nach irs mans tode sampnet ein grofs summa (113'')
gelts und für über mer und pawet dye stat Karthago, do das lo
sähe der konig Hiarbia von Libia, do warb er umb sie zu der
ee. aber sie schob es auff, bifs die stat volbracht ward, nicht
lange darnach und die stat volpracht was, do machet sie ein
gros fewer zu einer gedechtnus der lieb irs toten maus Siechei
und warf sich dar ein und wolt lieber verbrynnen dann einen 15
anderen man zu nemen. diese fraw in keuscheit pawet ein stat
Cartbago und verpran in dem leben der keuscheit. Hastrubalis
eines konigs weihe, als ir stat von den Römeren wart gewunnen
und an gezündet und was umbgeben, und umb das irem leibe
nicht unrecht geschehe, do nam sie ire kinder zu payden seyten 20
und viel von dem haus hernider in das fewer. aber höret, was
theit Nicerati weip: als ir man unrecht laid von seinen vein-
deu und wart getodt, do dottet sie sich auch, das sie icht
must smacheit leiden an ir keuscheit von den thirannen, die
Liesonnder hett auff gesetzt, do er Athenas gewan. Arthemisia 25
vor Zeiten (114^) ein weibe Mausoli, von der saget man gros
keuscheit. die was ein konigin von Carie und ist von edlen
poeten und ist von historienschreiberen ser gelobt und besunder
dorumb aller meinst, das sie iren man alzeit tot als lieb hett als
in dem leben, und sie pawet auff ine ein grabe von wunder- 30
Hoher schone und grose , das bifs auff disen tag all edel greber
2 her für Ä 5 jückfraw ^ 6 schätze./ ^sv fehlt B 8 zu dem
e. so B dido B % — s. 395, 27 vgl. H 1, 43—46 (Migne 23, 273—276)
8— 17 = £*/.14" 9suma^ sviTiÄ 11 sah «acÄ libia 5 hiazbi'a 5
Hyarba E 12 ader ^ nicht lange — 13 was fehlt A 14 siechn^^
sithei B Sichey E 15 prinne B 16 zu fehlt B. vielleicht zu ee
nemen? 17 verprant 5 17— 21 =JS i-Z-ll'. 12" 17 Baslubal ^
18 dem ^ 19 ire r/5 22 Niceratz [weip] .^ 25 lisander ß gesaczt5
Athenae^ Anthonas ß Arlhemia ./Ä 26 Mausolon ^ /)/> Mausolou
= MavaaoXov? mansoli /? 28 jstorienschreibfi B 30 wunderlichen A
392 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FCNFZEHMEN JUS.
von irem mann haissen Mausolea. Teuta die konigin Illiricorum
was lang ein gepieteriu ausser mafsen starcker man und sie zu-
brach Ott mit ir eim her der Romer sterck. das hett sie ver-
dient mit irer keuscheit. dye Juden und gemainiglich all haideu
5 haben vil weiber und sie haben unter in das gesecz, das die
allerlibst unter ine wirt verprannt mit dem manne, wenn er lodt
ist. und so der Icichnam aufl' der par ligt, so komen zu samme
all sein weiber auff das aller hochgst geclaidt. do hebt sich dann
unter ine ein krieg, welche die keuscht ist gewesen, und die
lu zeugnufs der (IH"") keuscheit beweist allein der tot. und die
die also ob leyt, die seczt sich in ir geziert bey dem manne und
halst und kust ine und versmeht das tewer nicht durch die lieb
der keuscheit. ich mein, dye also den todt nit versmeht, das sie
iren man lieb hat und keinen anderen nach ime habe. Alci-
15 biades der Socraticus der flöhe zu dem herzogen Farnabasum,
als Liefsannder Athenas gewan. der herzog nam lone von Li-
sandro und slug Alcibiade das haubt abe und sant es Lisandro,
und das ander teyl liefs er unbegraben. aber sein mayd ,
die bey im aufs der ee slieff, die ging wider das gepot des un-
20 parmherzigen feinds durch dye veind und waget iren leib und
begrub iren herren. das sollen ansehen cristenweiber, die trey
sein, und sollen den glauben iren mannen halten, den also hielt
1 mansolo heifsen niansolea B Teuta] Seneca A Teneca B , loitwe
des liönif^s Agvo7i vo?i Illyrien jliiicorum B 2 laniig zeit B
aufs d'r B zubracht A 3 ire if ein A, fehlt B 4 ir 5
Juden y^Ä, vielmehr die Inder, vgl. H \y\\ (Migne Ti,'ll'^] gemein-
cklichn B \ ff vgl. es schribt auch Valerius, daz in dem lande India
sey gewonhait dz ein man mer frawen (drrick fraw |1 ne) mfig gehaben, so
vil er mag erneren und so der man sterbe, kumen alle sin frawen für ge-
richt. do selbst ir yede Ursachen lYirbringt, dz sie dye liebste sey gewesen,
dz erkent der richter mit nrtail. welche dan die liebste wirt erkant, die
get mit früden zu dem feuer und legt sich (druck sie) ufT den toten man
mit im zu verbrennen, die andern gen dennen mit schänden vnd mit trwren
E öLb" 7 Samen B S aller fehlt B \) wider ine A Kl das
gezeucknufs /? tat ^ 11 jr' B den dote mä B Vi also fehlt B
nit fehlt B 14 und keinen anderen nach ime habe nicht ganz
logisch, puto ([uae sie moritur, secundas nuptias non requirit H 1,44
(Migne 'IZ,21\] 15 socroticus AB 17 lisandero B IS ]
abtides A Altidis B nach Plularch hiefs sie Timandra, nach Athenamis
Theodata. II nennt die c.oncy\h\n9 nicht mit namen 20 parmherzigen /
21 ff imitentur matronae et matronae saltem christianae concubinarum
fidem et praestenl liberae quod captiva servavit // 22 also] do B
II GRISARDIS VON ALBRFXHT VON EYB 393
ein unelich weipp umb gelanckniis. Abrailatas hell zu einem
weibe Panthiam, die ine aufser mal'sen lieb bett (115°). die
selbig Panthia, die was unglaublich schone, und Abradatas bett
gar ein guten fründe, dem saget er seins vveibs schon und ir
schemigkeyt. und zu einen Zeiten do weiset er sie seinen fruuden 5
also nackende, aber sie west es nicht, do kam es tur den
konig Cirum, als dann Xenophon der philozophus schraibt. der
liefs Abradatas dorumb dotten. do sprach Panthia sein w-eib:
der kunig hat recht sach gehabt zu meinem man, das er in hat
lassen toten, ich erkenn das er mich nit als lieb hat gehabt 10
als ich ine, darumb das er mich einen fremden hat als nackent
lassen beschawen. und darnach bekert sie sich in irs totten
manns lieb und sie leget sich zu den wunden seins leibs und
stach sich durch ir brüst, und ir wunden blut gofs sie in irs
toten maus wunden. Strato der konig in Sidon der forcht sich 15
also hart vor den von Persen, das er sich selber wolt toten,
doch enthielt er sich und bayttet mit forchten der zukunit seiner
(115'') veinde. und do sein weibe erkannt, das er zuhant würd
gefangen und von seinen veinden must zu gespot werden, do
nam sie im sein swert aus der haut und stach in durch payde 20
seyten seins leybs. und sie leget sich darnach auf ine und lottet
sich auch umb des willen, das sie nicht nach irem man must
eins anderen manfs gewalt leyden. Lucreciam, als dann die
historien sagen, dye layd zu Rome gewalt und auch grosen frevel
an irer keuscheit von dem jungen kunig Tarquino. darnach 25
wolt sie nicht lenger leben, umb das ir an irem man was un-
recht gesehen, sunder die vermaylung ir keuscheit wischet sie
abe mit irem aigen blutt. darumb do wart der kunig Tarquinus
mit seinem sone, der die unlugent an dieser frawen gethan helt,
aufsgetriben und das reich ward einem anderen und wart im ge- 30
1 — 15 =E bl. 12" 1. 3. S Abeadices A Abradices B , nach Xejio-
phon und H Abradatas, in E nicht mit namen genannt 2 panlbiä .IB
= Panthea aufs d'r B 3 selb B 4 eine B 5 sie fehlt A
freunt B 6 das k. [es] B 7 vrenophen A vxenophan B
9 meine AB 11 fremde mä B nacken B 12 beharret B sich
fehlt B ^^ ff Secrota A Socroto B für Strato regulus Sidonis H
in Sidon der fehlt A 16 persona 17 zu d'r z. b 21 erdotetÄ
22 auch] auff, u durchstrichen A ichl B 23 Lucronu B
23 — 30 vgl. die ausführlichere darstellung E bl. 12' — 13°, auch Spiegel der
Sitten von 1511 bl. 32' 24 auch fehlt B 25 jt' B 2S do] so B
TrackwinQ B
394 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
nomeu von den Romeren. herre', sprach meister Marcus, 'ich
lob dye keuscheit der frawen nicht, das sie sich selbs ha(116^)ben
getott, sunder solch tugenhch schäm, keusch und reyuickeyl
suUen cristenliche weyber au ine haben, herre, habet ir nun
5 ein genung' sprach maister Marcus, 'an den exempeln von groser
trew und frumkeyt frummer, keuscher frawen (wann die posen
sind vor gezali), so hat mein antwort hie ein ende.'
'Mich duuckt, maister Marcus', sprach der margrave, 'du
habst noch pey dir mer, und was das ist, das lafs uns vernemen.'
10 do sprach mayster Marcus 'herre, ich wil ewrem willen gnung
thün. Duilius der aufs den Romeren zu dem ersten in schieffen
mit streitten ob lag, der nam die junckfrawen Bilia zu der ee,
dye als groser schäm und keuschheyt was, das sie nicht allein der
vorgnannten weit sunder auch dieser gegenwertiger weit sol sein
15 ein lebendigs exempel. es leyt unterweylen , als dann von ewren
synlichen gnaden vor aus gesprochen ist, frewliche schäm und
keuscheit zu winzing(?), und das ich geswaig der pubin (IIG""), so
ist doch das ein Sprichwort, das die weih gemeinlichen legen ab
die schäm mit den claideren. so nun Duilius alt und kranck
20 was und an seinem leyb zittert, do hört er zu einen Zeiten von
einem seinem veinde, das er zu im sprach schentlichen : du
stinckendes maul, do er solch wort hett vernomen , do ging er
haim und clagt es seinem weib Bilia und sprach zu ir also:
Warumb hastu mir solch gebrechen als lang verswiegeu, das ich
25 erczney da für gethan hett? do sprach sein fraw Bilia gar gut-
lich: ich hett es vor laugest gethan, aber ich meint, das allen
mannen ir mundt also smecken. herre, diese traw ist loblich,
das sie also schämig und keusch was und als manig jare in
groser gedult getragen het irs maus stinckenden nuindt und das
30 der man solchen sweren geprechen seins leibs nye erlure von
beswerung seins weibs sunder von u beisprechen seins veinds. on
2 selbr// l herre] Hie, i ausgestrichen B 5 der exempeln
9 Hierbei A'wB 11 Duellius y/ß 15 exmpel y^ 17 keuscheit]
het AB IS weil)] well AB ob A. vgl. Herodotus hat inii dem fall
vnrecht gesagt, das ain Weib die Scham vnd zucht mit dem hemd auszihe
vnd hinlege. Dan welche erbar vnd züchtig ist, die zihet erst alsdan, wann
siie die klaider ab leget, an statt derselbigen die Scham an 7{sw. Fischart
Philosophisch ehzuchtbüchlein 1578 A 6' 19 do Ä Dulius^ duel-
liiisÄ 20 wart tf 21dasd'r/? 25 Biella //5 gutlichn 5
27 smechtn B :U pesserung ./
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 395
allen zweivel: welch traw zwen man (117^) erkannt habe, die
mag das nicht gesprechen von schamiger Unschuld. Martia die
tochter Cathonis dye junger, die ward getragt, warumb sie nicht
einen anderen mau nem, nach dem ir man was abgangen und
sie doch ein lieblich anllucz hett und einen schonen leyb und 5
grosen reiclithumb. do sprach sie: ich vinde keinen man der
mich lieber hat dann mein gult. mit der antwort hat sie höf-
lichen beweist, das man an den weyberen mer ansieht das gut
dann die keuschheyt und wirdig schäm, so wir nun, gnediger
herre, alle von euchwiessen, das ir nicht reichlhumb sucht in 10
den weyberen sunder gut sieten, keuscheyt und trumkeyt und
erlich schäm, so ist es nicht glaublichen, das euch got uit ver-
sorg mit einem tugenlichen weybe. die selbig Martia hett auch
also gros lieb zu irem toten man, das sie ine alle tag beweinet
und sich übel gehabt, do ward sie von anderen frummen fra- 15
wen gefraget, wann doch kome der leczt tag (117'') irs waynnes.
do sprach sie: au dem ende meins lebens. Ananias (?) dye
rayczten ire friinde, das sie einen anderen man solt nemen und
sprachen: du bist noch jung und hast ein lustig gestalt. do
sprach sie: des thu ich uit, wann fund ich einen als guten als 20
ich einen gehabt, so must ich besorgen das ich ine schier ver-
lüre, würde mir aber ein böser man, was get mich dann nott
an , das ich nach einem guten einem bösen solt untertanig sein !
Velleria, dye swester Messalorum, do der ir man Serfius ab ging,
do wolt sye keinen anderen nemen, und do man sie fraget, 25
warumb sie das thett, so sprach sie: mein Serfius der lebet
noch alle zeit in mir und in meinem hertzen.'
1 hat B 2 — 9 vgl. E öl. ii" und Spiegel de?' sitten von 1511
bl. 130* 2 Maria ^5. E bl. 14' keifst sie Marina, sonst richtig Martia,
die übrigens nicht tochter, sondern die zweite (junger) gemahlin des Cato
Litieensis war. auch Hieronymus Marcia Gatonis filia minor und im
Spiegel der sitten bl. 129' Marcia die wittwe ain tochter Cathonis, 130" ain
tochter Cathonis 3 Carönis 5 darvmb^ i nem fehlt y4 d'rir[man]i?
1 3 Maria AB 13—17 vgl. Spiegel der sitten bl. 1 29' 14 altag B
16wendok.fi weinens i/ 17 —23 Ananias: Annia //, vgl. auch
Spiegel der sHten bl. 129', dort aber ungenannt. Annia war die gemahlin
des Cinna, nach dessen tode sie M. Piso Calpurnia?ii/s heiratete, von dem sie
sich aber bald wider trennen muste. sie ist schwerlich die im texte ge-
viei7ile 19 jung zweimal A 21 gehabt hanfi 23 sol 5 24 Va-
leria A do fehlt A der fehlt B 24 — 27 vgl. Spiegel der sitten
6/. 130' 24.26 serfinus ^tf 27 alzeit [in mir und] 5 7iach hertzen
396 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
Hie besleul'set meister Marcus seiu disputatioa mit dem
tiirsteu , und tragen das zu samnien noch nucz.
'Wirdiger und edler herre, es ist nott, so wir haben zu
sammen getragen guts und bofses (118^), das wir auch erkennen,
5 was das uuczest ist und das peste in ewrer person sey uud der
geniain notdortt. erwellet euch das peste, doch also, das ir ewer
eynat nit solt hoher achten dann das, das ein grofs meuige volcks
für das peste heltet.' do sprach der fürst 'maisler Marcus, wir
wollen unter uns dye sach nitt weyter treiben, darumb das aus
10 meiner bewegung und deiner anlwort ist geolfeuwart das Paulus
spricht , wer seinem rate volgen wil , der pleybe allein , doch
nymbt er ein weybe, so thut ers an sunde. dye selben muefsen
sich aber an einuander leydeu, wann sie haben betrubnüs des
fleisch dye weyl sie leben, nun sag mir bey deinem glauben,
15 den ich zu dir habe', sprach der fürst, 'was dunckt dich das
uns zu thun sey, und was rats gibstu mir?' do sprach maister
Marcus also 'herre, wert ir ein aigen man uud wert eVver alein,
als ich dann erken dye salickeyt der keuschlichen sterck und
dye raiuickeyt ewrs herczen uud leibs, do riet ich in allen
20 trewen , das ir sie (118'') solt behalten und dar inne beharren,
wann in der ee ist der mensch also vergeben, das der man, als
sand Pauls sprichel, nicht hat seins leibs macht sunder die fraw,
und das weih hat auch irs leibs kein macht sunder der man.
aber als sich ewre eynat hell gegen der gemain, so rat ich mit
25 guter gewiessen, das ir gehorsam seit der gemain.' 'so die ding
sich anders nicht mugen ergeen', sprach der fürst, 'so verstee,
Marcus, was ich unverbrochenlich für mich gesalzt habe, uud
kein mensch sol das wenden, gee zu dem volck, das dich zu
uns gesaut hat, und besunder zu meinen swesteren, und leg in
30 für das letzt urtail meins tursaczes. wollen sy dann gunsllicheu
auf nemen die trauwen, die ich mir dann ausserwele nach meinem
rat allein an ir aller wiessen , sie sey wer sie sey, die unserm
rot Hie volget nacti A 1 dii- (ulgenden üOe/schri/'ten rot Ali, am
schliiss Jedesmal etc. in A disputatön ./ disputacio B 4 gut u.
pose B 5 nucz A ew' B 0 ein noUuifft B euch selb' B
7 eynät ./ vgl. z-, 24 9 wollen (woll Bj wir AB aus fvidt A
10 das das ^ 11 1 Corinth. cap. 7 )4 dye] da B 17 wirt .'Z
19 herczen fehlt B und felilt AB 2() jnnen B 22 pauM B
1 Corinth. 7, 4 24 ew' B 'li\ der gen B 27 vnii'prechenlichn B
2b d'r sol B 31 ich fehlt A
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 397
fiirsteüthum untertanig ist, so wil ich iren willen volbringen.
gevelt in aber das nicht, so sullen sie wissen all zu mal und
ein yeder besunder, das ich über all kein weybe wil zu mir
(119') lassen, ich waifs, das Salmon spricht: ein gut iraw ist
ein gut gab von got, und zuhant do bey spricht er: wen got 5
lieb hat, der entrynnet ir: das ist die pose. und also beweget
mich unser payder disputiren, und in des so wil ich mich gentz-
lich entptelhen mit grosem ernst unserem lieben herren Jhesum
Cristum von allen krelten meiner vernult. also ist es sein wil,
das der wil meins volcks sol vor gen, das er mir ein wip schick, 10
bey der ich mug sellig werden.'
Als nun maister Marcus hett verstanden des lursten unver-
wendeliich urteil, do ward er fro und danckt seinen gnaden und
mit urlawb kam er zu den, die in zu dem türsten gesant betten,
und zu dem ersten so nam er ein den gunst und den willen 15
seiner swester. darnach do leget er es Iure den reten in der
gemain offenlich, den edlen und auch seinen bürgeren, und saget
ine den willen des lursten, mit solcher unterschaide wer es,
das sie wolten zu einer trawen nemen (119'*) were die were, die
den äugen des fursten geviel, sie wer von wann sie were und 20
von welchem gesiecht, edel oder unedel, und von welcher sprach
und aufs welchem lande, das soll zu im selber sten und zu nye-
mand anders, und im sol von nymand dorein geredt werden,
gar mit kurczen worten gaben sie alle gemainglichen ire gunst
und guten willen dorzu, wann sie erkanten wol, das er in got- 25
lieber lieb und torclit lebet und kein tursichtiger noch weyser
lebt unter allem volck dann er. darumb do redt er nicht mer
domit das volck beswert mocht werden, als nun maister Marcus
wider iur den lursten kom und im saget den aintrachtigen willen
und gunst seins volcks, und wie sie im wünschten alles glucks 30
und sailigkeyt, do saczte meister Marcus dor zu, das das volck
gemeiniglich begert von seinen tugentlichen gnaden , das er den
tag seczt, wenn er die hochzeit wolt wirdigen. (120') do nun
3 zu mir wil iß 4 salomö B Sirach 26, 17 5 Eccles. 7, 27
6 begere A 7 peide B genczlichii B 8 vnd mit B 12 vn-
verwunderlich y/ 14 die] der Ä 16 er es] ers 5 17 oflenlichE Ä
20 wanne B 24 ir g. B 26 lieb und fehlt B nach A
weifs II te B 27 do] so B mer fehlt B 29 zu de B eintrech-
ticlichn B 32 gemeinckiichn B begert v. s. tugetiichen tweimal A
begerten B 33 seczet B
398 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
der margrave sähe, das er seiu gluebd müfst halten, do sprach
er 'in einem monat so sol alles mein volck sehen und erkennen
mein weihe und mein praut. gee', sprach der fürst zu maister
Marcus, 'in dein haus und in der zeit so frag nyemand was mein
5 geschick und gewerbe sey, und wann die zeit aufs ist, so wil
ich das volck lassen laden zu meiner hochzeit.' als nun meister
Marcus von dem fursten kam, al zuhant gepot er, das für ine
sollen kummen goltsmid, sneider und ander behenl lewt, die in
der zeit mochten berayten das sich zymet der lürstenlichen praut
10 von gefesse, furspan, ketten, gurtelen, vingerlein und kreucz
und kostenlich gewant zu claideren von seyden und samathen
und gülden tucheren, als das mufs sein in hohen dingen.
Von der prawt. das lert, das man sol suchen an den
weiberen gut siten und frumkeyt und nicht das gute des
15 gelts ader guter der reichlhum.
(120'') Es safs unter der purg des fursten, do er gemain-
lich wonhaft was, ein armer man, der was ein witwe. der het
ein wenig scheflein, von der er sich neret, und er nam von den
schaffen speyfs und claider. und der selben schaff wartet sein
20 tochter, ein junckfraw unglaublicher schon und guter geperde
und groser schäm und das sie auf der gassen aufswendig irs
vaters hawfs nye was gesehen worden, dye selben junckfraw
sähe der fürst und margrave zu zeiten aufs dem venster seins
pallasts do sie mit den schaffen umb ging, und in gehaym und
25 verswiegen so het er lange zeit hoffnuug gehabt auf den vater
und auch sein tochter, die junckfrawen, und het des iczund ge-
wiefslichen entpfunden, das die junckfraw ein leben au ir fürt
über die gewonheit ander menschen, und wenn er die junck-
frawen sähe, so went er, er sehe ein engel. und zu einen zeiten
30 do fürt er seinen sneider au das vensler, das er dye junck(12r)-
frawen sehe, und sprach zu im also 'nach dem leibe dieser armen
diern berayte und mache die claider, dye meiner zukunftigen
praut geboren, und das die clayder gemacht sein in der zeit,
die ich dem volck gelobt hau.' es geschähe als der fürst gepolt.
1 geiubde ö 2 mannet Zf 6 volk alles // 8 ander fehlt B
10 gefessen 2/ vnd gurtel Zf 12 guidein Ä 14 gute] gut 5
des — 15 reichthum feliHB 16 genieincklicliii /? 17 //e,v witwer Ä?
18 da von [der]/? 24 so R 25 aclilug/; 26 und er het /?
iczund] müt // 28 jürkfraw // 21) einö B 31 sähe B
3::( zu gehören B 34 het B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYE 399
in des nameii die tag ab und kam der tag des abeiits des ge-
satzlen tags, aa dem die hochzeit solt gesehen, und do wurden
bekümmert des fursten swester und maister Marcus und das volck
gemeinlichen mit ine von der hochzeit wegen, wann sie westen
wol al zu mol, das kein potschall nit was gethan keinem herren 5
noch fursten in kein ander land, das man mochl gesprechen,
das die prawtt auf's einem andern laut kommen was. darumb
nam sie al zu mal grol's wunder, und santen potschalt zu dem
fursten und sie Hessen in fragen mit solchen worteu also 'o aller
durchleuchtigster gnediger herre, wie stet es umb ewer und 10
unser sach, umb dye wir oft sein pey euch gewesen? wir (121'')
begeren alle mit groser hicziger diemut, das ir behaltet das uns
ewer gnade hat versprochen , wann wir noch sorgveltig darumb
sein.' do nun der marggrave hört das, als sie mit grosem ernst
mit ime redten, do antwort er ine mit den und anderen worten 15
und sprach also 'lieben fründe und bruder, hat ewer keiner
aus meinem muud ye gehört eyn lugenhaflig wort, ader hab ich
ewer keyneu ye übergeben mit hinderliesten , der straff mich
dorurab vor euch allen, das wil ich widerriiffen und wil es vier-
fach wider kereu.' do sie all antworten 'wir haben ein sulchs 20
von ewern gnaden nicht erkant', 'hab ich dann des ewer ge-
zeugnüs', sprach der fürst, 'das ich ewer keinem nye gelogen
han, so wile ich inzunde nicht anheben zu liegen der gemein
und wil sie auch nicht betriegen.' darnach do sprach der frumm
herre zu in also 'geet und heist kommen al zu mol die in der 25
stat sein und umb ine in der gegent , edel und unedel , reich
und arm, alt und jung, frawen und juuckfrawen, und gepieten
in, das sie auf morgen vor der (122") vesper alle gegenwertig
sein, und ir sullt besunder komen, das ir mein fraw und prawt
füret in mein haufs mit zymlicher ervvirdigkeit. darnach, ist es 30
der wil gots, so wollen wir schimpflich tage haben, als sich das
wol gepürt zu diesen Zeiten.' solch gepot das wart volbracht
mit grosen freuden nach des fursten begerung, und ein iclicher
4 genieincklich B 7 kom [was] B S so nam B sie fehlt B
11 bey euch sein 5 12 halltet B 13 sorguellig B 14 sie
als und mit B IS hinterliste B 22 sprach d. fürst cor 21 des ew' B
keinen. A keine B 23 hab B iczüt B 26 sint B ine
fehlt B Ti und junckfrawen fehlt A gepitett B 29 fraw und
fehlt B 31 nach wir aus z. 31) mit zimlicher erwirdigkeit toiderholt A
32 gepot fehlt A 33 itlich' B
400 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FLISTZEHNTEN JHS.
besunder unter seinem volck der uberwundert sich, was der
fürst verbanden hett, das also haymlichen bedacht was. audi
so berayt man zu der hochzeit wes man bedorit von vischen,
von wilprecht, von hasen, hnneren, von tieren, wild, zam,
5 vogel cleyn und grofs und edlem getranckl, das man an keinerley
mangel hete. der diemutig liirst liefs auch nicht gebrechen das
zimlich was zu der hochzeit. er liefs bestellen pusawmer, pfeuffer,
fidler, orgler, und ander trewden spil ward da gehört.
Wie die junckfraw ward gebeten , do sie der fürst im ver-
10 gemehelen woll.
(122'^) Als nun die zeit kome, dye der fürst dem volck het
auf geseczt, do waren alle die gegenwertig, die do waren ge-
laden von seinem gebott, und stunden vor des herren purg und
wartten seiner zukunft. al zuhant do ging der fürst aus, schon
15 angelegt mit kostenlicher watt, mit seiner ritterschaft und mit
seiner monschaft, und ir keiner mocht seinen willen und fur-
sacz erkennen und wo sein praut was. und do er dem volck
nach seiner gewonheit seinen grus gepoten hett, do sprach er
zu in also 'meyn allerliebstes volck und brüder, die zeit ist
20 kummen, der ir lang von mir gehart habt, nun geet mir al
nach in grosser stille, und ich begere von euch, das ewer keiner
in der zeit anders thw dann das ich haifs, und in des so bit ich
euch gemeinlicheu, das ir in ewer stille mit sambt mir got wollet
hielten, das er meinen fursacz schickd nach dem wolgevallen seins
25 gollichen willens im und uns zu eren. die plerd last hinter
euch, wan wir bedürfen ir nicht, (123^) darumb das die stat
nicht weyt ist da ich mir hab ein praut fursehen, und ein it-
licher pleib an seiner stat als lang das ich ewer zukunft euch
verkünde; und das thut in groser stille, und wenn euch ge-
30 sagt wirt, das ir ewer gegenwerlickeit beweist, so last euch
stercklichen boren mit ewer stymme und wünschet uns glucks
und in allen dingen das peste.' das thet der fürst darumb, das
2 bedackt B 4 vnd vö wiltpret B hi'inr B wilde vnd zaine B
5 edlen A edel getranck B (i mangeln B 7 pusawmen J pfeulfen ./
9 do sie] dye B im fehlt .1, i'or d. fuist B v'meheln B lies do sich d.
f. vergemcheln w.? 10 wolt] etc. hierauf gleivlil'aUs roMValtliizar von
der wag Ich glaub hin vb'(?) A \'l all [die] B 2(i gehabt, über ausge-
strichenem bt: rt A alle B 'l'i gemeincklichn usio. B 24 schick B
25 willen Zf dy iafset B 27 hab nach praut B 28 pleib sten B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 401
die juncklraw zu der ere wolt geen von evvszern eien nicht west
zu sagen, und wenn sie dann ein solchen herren in irs armen
vater hewfslein hett gesehen komen als einen konig mit grossem
geschrey des volcks, so wer sie leicht vor srecken in siechthfim
gevallen. und an der maid wart erlulet das die grost über alle 5
junckt'rawen vor hat gesprochen, aber in einer anderen geschieht:
got der hat erhöhet dye demutigen und hat dye gewaltigen ge-
nydert.
Also ging der margrave aufs seiner purg, und bey im ging
ein briester und sein sneyder, der trug das schon edel gewant 10
(123''), das die juncklraw solt an legen, und im volget nach
etwan verre ein grose menig volcks, den gab er ein zaichen
zu sten. und er kam zu des armen mannes liawfs und bestelt
aufsen die thure in huet mit dem priester und mit dem sneider.
do was das volck gemeinlichen in grosem verwunderen, was der 15
lurst da willen het zu thun, und sie meinten nicht, das ein wirdig
tochter mocht lunden werden in eins solchen armen mannes hewfs-
lein , die einem solchen mechtigen fursten mocht gleichen nach
halt in seinem iurstenthum. und als der fürst an clopiet an des
armen mannes hewslein und im dye thüre geöffnet wart, da zog 20
er die thur nach im zu, gleich als ob er allein komen were.
was meinstu, wie dye grofs menig volcks do gedacht haben, do
die den fursten allein sahen geen in des armen mannes hewfs-
lein? sie haben villeicht gedacht, das er gar mit heimlicher ein-
trag in des armen mannes hewfslein hab lassen bringen ein 25
ausermafsen edel tochter und hab sie dor inne verporgen und
wolle etwas selczams (124*) beweisen aufs der gewonheit ander
herren, das doch auff payde ort geschähe, wann da was ver-
porgen gar ein edler stein und selczam und tewer, aber er was
dannoch nicht gepalirt. 30
Als nun der arm man mit sambt seiner tochter den fursten
ansahen in kostenlicher watt, do ersracken sie payde. alzuhant
vor schäme flöhe dye junckfraw in ir kammerlein und liefs den
vater allein bey dem fursten. do sprach der alt, arm man zu
1 er j9 geen vnd von ewern e. A 3 vaters B sehn Ji 4 vor-
schrocken B 5 erfüllet B 6 Luc. 1,52 7 /" gedemutigel B
12 etwi B 13 bestallt^ 15 gemeincklich Ä IT armen fehlt A
18 einen A eine B fursten fehlt A 19 gancze furstenth. B
20 war^ 21 was 5 22 wie] wes Ä 23 die] sie B 26 aufs
dermafsn usw. B edeln 5 jnneÄ 28 da] das ^ 30 gepolirt B
402 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FLiNFZEHiMEN JHS.
dem fursten also 'aller durchleuchtigster turst und herre, was
ist die sach, das ir also kosteulich geclaidet und allein kernen
seyt in eins armen manfs hewslein, das unrein ist und smeckt
von den schaffen? ist auch ewer einganck tugentlichen und er-
5 liehen?' und wie wol der man gehört hett von dem lursten grofs
frumkeyt und erberkeyt, dann noch vil er in vorcht dorumb das
er allein kome und hett vil cleglicher gedancken in inie, dys
er alzumal offenwart dem herren. do der frumme lurst erkant
dye lorcht des armen manns, sähe er in an gar mit einem (124'')
10 lustigen und gnedigen antlucz und sprach zu im also 'guter und
frumnier man, treib dein torcht aufs von dir, wann an diesem
tag sal deinem hawfs ere und wirdikeyt erpoten werden darumb
das der herre in im wil wonen.' und der turst name den alten
man bey seiner hend und hiefs inn zu im siezen, als das ge-
15 schab und dem armen dye gedancken und sein crait widerkome,
die im entwichen was von torcht wegen des fursten zukunft, do
sprach der fürst zu im also 'guter und frummer man, ich vren
es sey dir wiessenlich und offeuware, das ich allein bin und
keinen gemahel nit habe, und die gemain meins lands die be-
20 gert von mir, das ich mir eyn weib neme. was sprichstu dor
zu, sol ich ein sulches Ihi'm oder nicht? gib deinen rate dor
zu.' al zuhaut als der arm solch wort vernam von dem lursten,
do Aussen im sein zeher über sein wangen , und mocht sich eins
sulchen nit lenger enthalten und alles sein gederm in seinem
25 leyb ward bewegt über seiner tochler verdurbnüfs und er wandt
seyn (125*) hendt und sprach also 'o wee mir unter allen
menschen der unseligst! wer hat mir das leben geben bifs auf
diesen tag! we mir das ich ye geporen warde! warumb ist mein
muter nicht mein grab gewesen ? warumb bat sie mich ernert
30 aufs iren prusten, das ich solchen jamer sol und muefs sehen
an meinem kind? ich han', sprach der arm, 'vil gebort von ewer
lugent und Irümkeyt, die ir ewrem volck beweist habt, wie wolt
ir euch [also] an mir armen mann also swerliehen vergessen und
wolt got und die gerechtickeit also zurückwerfen euch zu einem
2 kostenliclui B '6 in niei arem B 4 tugentlich B 5 aieni
mä ^ 6 erbruckeyl A erwerkeit B dannoch so // 7 kam B
8 al zuhät^ 9 do salie /f 10 genedigem ^ 11 focht ,^
13 im fehlt A 14 armen m. B 15 craft] trost A 18 wissent-
lichen B 21 eins A 23 sein] dy B 25 verderbnufs B 28 awe B
29 ein grab A 30 sulch grofsen j. B ;t;{ a. alten m. B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 403
bozem leymütt und in untugent meiner tochter!' 'nayn', sprach
der fürst, 'mein t'riindt, diese ding machen sich nit also das ich
frevel wol begenn an deiner tochter, siinder ich bin dorumb zu
dir kummen , das ich dich umb dein tochter wil pieten , das du
mir die wollest geben zu einem gemahel.' 'wie mag das gesein', 5
sprach der arm man, 'das ir solch sach von mir armen petler
begert (und also sein auch gewest mein allfordern) , und ir seit
von gepurt ein (125'') edler fürst? und als wenig sich mag ver-
eynen das golt mit dem eysen, als wenig mag das glaubhch wer-
den , das ich ewren w orten getraw. darumb so bit ich ewer 10
furstenlich tugent, ir lat mich von euch erfaren frumkeyt, das
ich mein schefflein , das ich got und mir erczogen habe und hab
das gelert und an geweist von seiner muter sailigen bifs auff
diese zeit, das ich das hinfur vor euch mug behalten an smehung;
und auch das nicht allein, sunder lat euch erparmen mein alter 15
und mein armut und das ich nicht hab noch begere keinen
trost in diesem leben, wann allen trost hat mir got geben in
der fursehung meiner tochter. mit versorgen so ist sie mein
muter, von liebe wegen so ist sie mein kint und ein ernererin
meins lebens, des dinsts ist sie mein meydt. sie ist auch von 20
weyshait mein vater. thut ir mir dar über keinen gewalt, so
furchtet got der des ein recher ist, und ee das sie keinen ge-
walt von yemand layd, so bit ich euch, das ir mir vor mein
leben nemet (126^), das ich nicht dürf ansehen, das volkumen
tugent von unrecht und von gewalt sol dernyder ligen.' do 25
antwort der marggrave dem alten frummen man und sprach also
'o man, der sein kinder wol kan aufsrichten! wann [ich] sieder
der zeit als ich han aufgenomen die beschirmung meines fursten-
thiims , so bin ich des vieissig gewesen , des sol got mein zeug
sein, das ich meinen veinden unrecht zu keinen Zeiten nye wolt 30
beweisen, wie mocht ich dann solcher untugent stat geben, das
ich dir dein tochter soll smehen ! auch so will ich nicht brauchen
des Urlaubs herlicher gewalt, das ich doch villeicht zu erlichen
Sachen dir dein tochter mocht genemen, mir zu einem eelichen
weybe, wenn das ir wil were. aber ich wil nicht anders thun 35
5 eeliche g. 5 7 gewese B 14 diefseu gegewertigen B
15 das ich allein bin A 19 so fehlt B 20 die ist auch A
25 lege 5 21 f wann — zeit] vnd 5 28 han] bin ^ aufsgenüme Ä
29 das sol AB gezeugt 31 daii nu B 32 geprauclien B
33 doch] dich A
404 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
dann mit gunst deins willens, darunib so bit ich mit demüt,
als ein mensch das ander thim sol, das du mir dein tochter nit
versagest zu geben in die geselschalt der ee.' do sprach der
alt man 'ist es also, herre, als ir got zu einem zeugen habt an
5 ge(126^)rulfen, so fursehet mein alter und mein armut mit einer
clainen notdorft , so wil ich nit allein mein tochter geben gern
ewer claren gepurt, sunder ich danck auch dem almechtigen
got mit innickeit, das er von seinen gnaden als grofs tugent
und Irümkeyt, dye ich waifs und erlunden han an meiner tochter,
10 also hohlichen \\\l belonen in diesem leben und das er erkannt
hat dye wirdickeyt seiner creatur.' do sprach er 'herre , ich wil
meiner tochter rutfen und wil boren iren willen.'
Do nun die juncktraw also stund vor dem tursten in armüt,
in swacher watt als halber nackend, do wart er in sie sein äugen,
15 wann vormals hett er dye juncklrawen von terrens gesehen,
do er nicht gewiefslichen mocht beschawen die schon irs ant-
lucz und irs leibs. aber do er sye nun aigentlich sähe, do vand
sie solch gnad in seinen äugen , das er kawm sweigent mocht
got seiner tursehung gedancken. do sprach der turst der junck-
20 trawen zu gar tugentlichen also 'sag mir, liebe tochter, wie ist
(127^) dein name?' und do sie im nicht snel antwort gab von
schäm wegen magtlicher zucht, 'Grisardis haist sie', sprach ir
vater. 'wiltu', sprach der alt, 'geen mit dem herren oder ken-
nestu ine?' 'ich kenn sein nicht', sprach die juncktraw. 'auch
25 so wil ich mit im nit geen.' 'tochter', sprach der alt, 'er ist
der l'urst und unser herre dieser lande, und er begert dich arme
dieru zu haben zu einem eelichen weybe.' 'vater', sprach Gri-
sardis, 'ich beger keinen man zu haben und von meiner be-
gerung so hab ich ein reyne sele, sunder du bist mein mau,
30 vater und ernerer, beschirmer und ein hueter meiner sele und
des leibs.' 'begerstu nit lieber, kindt', sprach der vater, 'das du
seist ein hohe iraw auff dieser erden?' 'neyn', sprach sie, 'vater,
dye weil du lebst, alles das diese weit mag gehaben, das schätz
ich iur nichlz gegen deiner lieb.'
35 Hye bort und vernembt, alle gesiecht und aller menner irdi-
4 alt arm ni. li 5 angeruflt ß 6 cl. clare B 10 lob-
lichen ^ 11 do] docli B 14 halb iiacket B IG er ir //
ira. ß 17 irs] des 5 eigentlichen/? IS sweigen ^4 19 jück-
fraw ß 21 im] nun ^ 31 nicht libs kint // 33 da weil iisiv. B
34 nichte B 35 alle m. // inrschti B
II GRISARDIS VOxN ALBRECHT VON EYE 405
sehen kinder, und lernt von Grisardis ewren eiteren anlegen
und beweysen (\21^) war lieb, wirdickeit und unlertenigkeyt.
nun sehet an ein unbekante, arme tochterl die scheczt den dinst,
den sie irem vater mag gethün mit vil arbeit und gebrechen, für
grofs herschatl und reichtümb dieser weit, o Adams kinder und 5
besunder Cam, ein verspotter deins vatters Noe, und die dir
nach volgen, wann wolt ir eweren eiteren lernen gehorsam seyn
und sie von lieb und trewen des hertzen wolt versorgen und
besunder so sie alt und beswert sein?
Da nun der lürst der armen diern Grisardis antwort ver- 10
uam, do viel er in grofs verwunderen als ein weyser man und
sprach zu dem alten, irem vater 'ich bit dich, hayfs Grisardis,
dein tochter, das sie mir antwort gebe als irem bruder.' alzu*
haut als sie das geheyssen ward von irem vater, do was sie im
gehorsam und sprach 'ich wil gern antwort geben nach meinem 15
vermugen.' 'mein liebe Grisardis', sprach der fürst, 'warumb
versmehestu zu sein mein eelicher gemahel?' 'do hab ich', sprach
(128*) Grisardis , 'einen gemahel , das ist mein naturlicher vater,
und seiner liebe der mag ich nit vergessen , und die vorcht gots
ist mir über alle menschenliebe.' do der fürst solch vernuftig 20
wort hört von Grisardis, do wuchs sein lieb gen ir, und sprach
zu ir also 'Grisardis, als ich an deinen worten vernym, so furch-
testu got.' 'ja', sprach sie, 'ich furcht got und hab ine auch
lieb über alle ding, also hat mich meyn vater geleruet und lert
michs auch teglichen.' 25
Nun hört ir versaumlichen veter dieser zeit, warumb lert
ir nicht ewer kinder zu dienen und erwirdigen got in seinen
heiligen gepoten , und unterweist sie zu lernen gut siten und
die forcht gotes? aber was und wie lernest du deine kinder,
wenn du selber ungeschickt bist und weist villeicht nicht von 30
got zu sagen ! nun mercket ir Pilaten , ich sprich nicht prelaten
des cristenlichen volcks, warumb sucht ir nit der sei sailigkait,
die euch Christus entpfolhen hat und die er mit seinem plutt
hat gekauft, mit seinen worten (128'') der predig und mit be-
2 was A 3 arme vnbekäte ß 6 Cain J Cam B 7 lernen
ewern e. 5 8 trewen vnd lieb 5 13 Z' als sie zu bannte 20 vor
aller B 23 ja — got fehlt A 24 gelert B 25 mich B
27 und zue. 5 29 lerstu ß 30 von got nicht i? 31 Pilaten —
nicht fehlt A 32 selb A
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVIl. 28
406 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
Weisung seiner werck? aber das wir all übel leben, darumb so
stet es in allen cristenlichen landen übel, wann in diesen bösen
Zeiten suchen sie nit nier dann das in nucz pringel, und lassen
die schefflein gots zu einer speyfs den wolfen. behutt sie, berre,
5 selber, wann die hirten sein wolf.
Aber sprach der fürst und marggrave zu der junckfrawen
Grisardis also 'tocbter, furchtestu got, so hat got gepoten den
kinderen , das sie iren eiteren sollen gehorsam sein, darumb
so mustu von uott wegen deinem vater gehorsam sein.' 'auff
10 dise zeit', sprach Grisardis, 'so hab ich von den gnaden gots
meinen vater in grosen noch in deinen Sachen nye erzürnet,
des vergihe ich sein zu einem zeugen.' von solchen vernütiigen
«vorten wart der alt gar irolich und sprach zu seiner tocbter
Grisardis 'ach liebe tocbter, ich bin deiner rede ein gezeug, das
15 ich von dir mit einem wort nye betrübt bin worden, und bist
mir all (129") zeit gehorsam gewesen meinen willen zu volbringen.
dorumb so beger ich von dir, das du auch inzund meinem willen
gehorsam seist.' 'alles das du wilt und mich haifst', sprach Gri-
sardis, 'vater, das wil ich erfüllen nach deinem willen, und was
20 dich das beste dunckt , das gepewt mir zu thün.' do lachet sie
der vater an mit vetterlicher suessickeit vor grosen freuden und
mocht sich do pey nicht enthalten, er verreret etwan manchen
zeber von seinen äugen , und sprach also 'mein ainige tocbter
und liebes kint, ich bit dich, das du eins starcken muts seist
25 und lafs dich nit bekumeren Übermacht der newen ding, die
unversehenlich sein komen, so der edel unser herre und fürst
dieser lande, dem wol mechtige kunigskinder zu der ee gegeben
wurden, hat dich arme aufserwelt im zu einer praut und zu
einem eelichen gemahel, und ich hab im an dich gegeben mein
30 gunst und guten willen und beger und pit dich, dastu auch
unfserm gnedigen hern dein gunst und guten willen darzu gebest.
von sulcher wort wegen mocht sich die tugenhaft junckfraw
(129'') Grisardis nitt lenger enthalten von züchtiger, junckfrew-
4 schefferey B den wolffen zu e. sp. B 5 die sein w, B
10 dieser A 11 meins vafers A 12 das B gezeuge B 13 fro-
liclien B 14 ach] also B 17 iczüt B, fehlt A meinen //
21 settlicher B 22 A ^ twi mangen zeiiern B 26 vnu'selienlichii B
27 mechtig' B kuniges kinder B gegeben zu d. ee, hierauf %t-
g(eben) ausgestrichen A 29 an fehlt A geben B meins A
30 und beger — 31 willen fehlt A
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 407
lieber schäm wegeu. des drungen ir die zeher aufs iren lichten
äugen mer vonn trawrickeyt dann von freuden wegen, als sich
das hernach geoffenwart, und sie antwort irem vater und sprach
also 'vater, dein wil ist mein wil. aber ich wird von dir ge-
schaiden, und wolt der erwirdig unser gnediger berre von seinen 5
gnaden ablassen und versehe im von gepurt ein edle juncklrawen,
die im gleich were, so ist mir doch dein vetterlich sorgvellickeit
und mein keuscheit lieber dann alle frewd, ere und trost und
aller reichtüm dieser werlt. darumb lieber vater, ich habe
lange zeit geswiegen und hab dein lere gehalten in mir, aber lo
du solt mir es inzund vergeben, das ich rede mein notdorft,
wann ich das nuczlichen erkenn, und ich bit euch, aller gnedig-
ster herre, das ir ewer mayd wort in diemüt vernemet.' do
sprach der fürst also 'Grisardis, rede, wann du hast deiner rede
gut macht (130") zu reden gen mir.' 'ich begere und bit', sprach 15
aber Grisardis, 'ewer hoch gepurt, das ir ewren gleichen wolt
suchen und last mich in meiner armut mit meinem armen vater
meyn leben zu bringen, das zimbt und stet ewren gnaden wol
an und ist euch erheben , als auch mir das zimbt und erlich ist,
das ich in meiner diemut und durftigkeit plaib.' 'neyn', sprach 20
der margrave, 'mein allerliebste praut und gemahel, nit als du
will, sunder gee her zu mir und gib mir dein handt.' al zubaut
do stund der alt, ir vater, auf und nam die hant Grisardis,
seiner tochter, und gäbe sie zusammen,
Do hiefs der fürst die Ihure auff thün und liefs allein ein 25
meister Marcus, den priester und den sneyder, und er sprach
zu der lugenllichen junckfrawen Grisardis also 'sehe, mein aller-
liebste tochter und praut, ich gib meinen willen dorein, das du
in der ee meins leybs solt gewaltig sein, nun frag ich dich in
gegenwertickeyt des (130^) briesters und deins vaters und der 30
anderen, ob ein solch auch dein wil sey.' do sprach Grisardis
'herre, es ist, so es meins vaters wil und gunst ist.' al zuhaut
do warf der fürst dye wort dor auf und sprach der junckfrawen
gar gutlichen zu also 'Grisardis, mein allerliebster gemahel, als
1 des] es B 3 offeuparrt B 5 sein B 6 fursehe B
edeleu jückfraw Ä 7 doch] noch J? sorguellickeit i? lObehalUen-ß
14 rede] wort^ 16 ir] ich^ IS ziunbty^ 19 wol t'or zimbt
rot ausgestrichen B erlichii B 24 zusammen] do dem hern B
26 vnd auch den sn. B 27 sihe B 31 sulchs B 32 es ist
mein will B 33 fürst die warfT der fürst A
28* .
408 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FCNFZEHMEN JHS.
du mir oun vertrewt bist, also beger ich nit mer von dir dann
das du mir inzunde gelobest, das dein wil sich meinem willen
zu allen Zeiten gleich mach.' 'guediger und aller Uebster herre,
eyn solchs zu ihün, das globe ich ewren gnaden unverprochen-
5 liehen zu halten', sprach Grisardis, 'und auch über das so mir
mein vater wirt genomen , so getraw ich ewer fursichtickeit , das
ir mich nymand eutpielhet nach den gnaden gots dann das ir
selber wollet sein ein behuter meins lebens und ein pfleger und
in allen Sachen meins lebens ein schicker nach angeporner ewer
10 frumkheit und tugent.' al zuhaut zöge man der tugentlichen
junckfrawen (131^) Grisardis abe ire zuriefsen rock und das
henfen hemd, das sie trug an irem leybe, und wart angelegt mit
sammat und mit guldem gewant von berlen und edlem gestein
durchworecht , als dann eins edlen fursten praut wol angepurt
15 zu tragen, und sie stund also vor irem herren und gemahel
durchgofsen mit liplicher weiser und roter varb in einer solchen
gestalt als ein wunniglicher engel.
Wie Grisardis von irem vater geleret wardt und sagt also :
Dornach gingen aufs dem hewfslein der priester und meyster
20 Marcus und rufften mit grofsen treuden in das volck, das sie
siech Hessen boren , wann al zuhaut wurden sie sehen den hoch-
gepornen fursten mit seiner wünicklichen praut, und sie sollen
im al zu mal entgegen schreien mit einer frolichen stymme zu
wünschen des aller pesten. zu haut do wardt (131'') gehört der
25 trumetten reysen mit aynickeyt der pfeuffer und ander spilleut
mancherley hotrecht, als das ordenlich bestalt ward, und solch
grofs geschrei vor frewden vor allem volck erhub sich alles da
auf die zeit, das sich das ertrich, ob es müglich were gewesen,
mit sambt dem volck mocht erfrewt haben.
30 Als nun solche stymme in des armen maus hewfslein ge-
hört wart, do sprach der frum fürst zu seiner praut also 'Gri-
4 vnuerprochenlich B 8 ein] mein A meins lebens fehlt B
und vor in fehlt A 10 do zoh jB 11 \vtn B 12 henffein 5
13 per'lein B vn edeln (edlen A) steine B 14 durch vnrecht A
durch vorcht B 16 durch grosem A müt ./ liplicher und w. A
17 vimiugiicher A 18 von fehlt B und sagt also fehlt B
20 riffen B grosem A 21 hochgepore B 23 im] nim A
24 der A vor gehört nochmals zuhannt A der t.] die t. A 26 horff-
recht B ordenlichn B was B 11 all B 28 müglichn B
29 gefrewet B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 409
sardis, diese frawde uud hubscheit, die sie inziind erhebent, die
gesehen ist deiner wirdickeit zu eren. darumb so gee nun aufs
dem hewfslein deins vaters in das pallast unsers furstenlhümbs,
und got der geb dir vil glucks und sailickeyt, und bifs lurbas
mein furstin.' darnach da umbfing die diemutige und tugentlich 5
junckfraw Grisardis gar lieplich iren frumraen vater mit iren
armen und dancket im seiner vatterlichen trewen und sorgvelti-
keit, die er von kintwesen an sie gelegt hett, wann sie west
und erkantwol, (132*) das er was ein frummer, gerechter, hey-
liger man. und in dem fruntlichen zaichen, das sie an im be- 10
weist, vermischet sie auch petliche wort und sprach 'vater, bit
got fruntlich an underlofs, das er mir bey geslee, das ich mit
dieser zeitlichen und ergencklichen erhohung aller tugent perge
mufs staygen.'
Da nun das hewfslein was vol worden von gedrang des volcks, 15
do sprach der alt zu seiner tochter Grisardis also 'mein aller-
liebste tochter und liebes kint, ich erman dich, das du ge-
denckest, wie du bist erzogen in armut und in groser durftickeyt
von meinen banden, und las das aufs deinem synn kein tzeit
Valien zu beheltnufs der diemutickeit. boffart und zorn: das sein 20
besunder untugent der frawen. die las in dich zu keinen zeyten
wurtzeln. hab deinen herren und gemahel mit fursichtickeit lieb
und bifs im mit willen der sele in allen dingen untertanig. bifs
ein fursichtige muter deins gesinds, die dir eolpfolhen werden,
und unterweyse sie (132'') mit grosser sittickeit. beweyfs dich 25
als ein pflegerin wittiben und waysen , ein trosterin bifs der
dürftigen, ein erloserin der gefangen und dye mit unrecht ver-
druckt werden, uud mit gantzer macht, als vil an dir ligt, so kumm
aufF pesserung zu hilf den die den tot haben verdient, dich selber
in allen deinen wercken also beweyse, das dich nymant straff. 30
almusen gib den armen notdürftigen nach deinem vermugen,
und dein haut kere von keinem armen, bistu gnedig armen
leuten , so ist dir al zeit got gnedig. hastu vil so gib vil. hastu
wenig, so verstofs es nit in verpunden sack, sunder das du
hast, das tayl in grosser diemüt mit den, an den es bestatt ist. 35
1 sich i. erhebet B 2 geschihet [ist] B 6 irem A 12 frunt-
lich] für mich 5 14 auff steigen j5 15 von] vol A 17 verman B
19 zu keiner B 22 wurtzeln] steige B 26 witwen vnd den B
28 kum auff] thu A 29 hilffen A 30 allen fehlt B
33 got alzeit B 34 in den B 35 den es] des A
410 DEUTSCHE PROSANOVELLEiN DES FCNFZEHMEiN JHS.
allen leuten, als es dann einer frummen frawen zimlich ist, bifs
in deinen Worten siiefs und leydenlich und vor allen dingen so
beware, das du keinem menschen versmehung beweisest, mit
keinem rede haimlich wort an dein man und on gezeugnufs vil
5 lewt. und alles das einer (133^) frummen trawen übel an stet,
das soltu aufs slahen. merck und vergiefs nit der kurczen wort,
die ich dir inzund sage, und schreib sie in dein hercz mit dem,
des ich dich vor unterweist han, und liefs alle tag in deme puch
deiner gedechtnus, dorumb das du mir also snel und ungewarnet
10 aufs meinen henden gezogen wirdest. das macht mir kummer
und sorgtveltickeyt , das ich nit lenger zeit habe dich zu lernen
das dir in deinem stant zu gepurt. sich', sprach er, 'die claider
deiner diemut, die du hast getragen in armut unter meinem besen,
die las dir legen an ein stat, das du sie teglichen mugest an-
15 gesehen, umb das sie dir werden ein vermeynung der diemut und
zemen dich vor aller hoffart.'
Als nun der vater seiner tochter Grisardis mit der verma-
nung ein ende hett gemacht, des dancket der fürst dem alten
gar mit groser demut und liefs im geben ein gab zu herngab,
20 als dann einem fursten in solchen Sachen zimbt zu geben , und
er hiefs (133'') ine komen zu seiner hochzeit. dar nach so nam
der fürst Grisardis sein praut und fürt sie mit grosser wirdickeyt
aufs dem swachen hewfslein irs vaters unter die gemain des volcks.
nun merckt, was mocht das tugentlich maydlein und das ge-
25 schemig junckfrewlein Grisardis gedencken , das solcher groser
erwirdickeyt und herschaft nye mer gesehen und erkant hett, als
ir auf die zeit erpoten wart? sie west auch von keiner hofl'art
noch von solchem prangen nichtz zu sagen, diese historie ist
dem leser ein ursach grofser diemut, ob er sie bedenckt mit
30 ernstlicher innickeit.
Als nun Grisardis zwischen den zweyen swesteren des marg-
graven und anderen edlen frawen, den sie entpfolhen was, stund
1 dummen /'ehlt B 2 leidenliclie Z/ das folgende um\ fehlt A
3 keinen^ 4 keine menschnÄ deine j9 und fehlt B 5 frummen
fehlt B S des] das ^ 9 deines 5 10 wurdest// 11 lere B
12 dir] das i? in] nu 5 13 pefscm // 15 vermeynung = ver-
manungÄ 18 des] do // 19 zu herngab fehlt A her gab ^
2 1 do ß 23 des] seines B 25 scliamig ß 26 erwirkeyt B und]
noch U 28 solche A prangire B historien A jslori B 29 leser]
laster // sich bedenck A 31 also zwischen B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VOxN EYB 411
und sie sie turten uach lurstenlicher lursichtickeit , do wurd eia
solch gedreng von dem volck die juucklrawen zu beschaweo, das
man kaum mocht für komen. es was aucli eyu solch grofs ver-
wunderen in aller (134'} menschen gedancken von der übrigen
schon des anllucz und des leibs und der zuchtigen guten sieten 5
und des erberen wandeis, damit Grisardis von got begäbet was,
das ein itlichs zu dem anderen sprach 'wie ist dem, das wir
dye juncktrawen bey uns nit haben gewiest noch erkaut, und
wie hat sie sich doch vor uns allen mugen verpergen?' also
ward die zuchtig juncklraw Grisardis mit groser erwirdickeyt ein 10
gefurt in die purg und pallast des edlen frummen herren. do
wart ein itlicher aufs gericht nach seiner wirdigkeit, als dann
das fursehen was von den pflegeren des furslen. als nun die
hochzeit angehaben wart, ist wol glaublich, das die muter Jhesu
und auch Jhesus mit seineu jüngeren von dem prewtigan und 15
auch von der prawtt auff dye hochzeit gepeten sein mit groser
innigkeyt irs hertzen und mit entpfelhung aller der ding, die
sie zu schaffen betten mit dem (134'') leybe und mit der sele.
es ist auch glaublichen, do die zwo juncktrawen, der edel er-
wirdig fürst und marggrave und Grisardis sein diemutig praut, 20
mit keuscher raynickeyt irs leibs wurden zusammen gefuget, das
sie payde mit groser schäme sich got und seiner wirdigen muter
der junckfrawen Marie entpfoUen haben, und haben sie gepeten,
das gesunt und lugenthaflig frucht und kinder von in bekomen
zu einer gedechtnufs ir eiteren und irem volck zu einem Irost 25
und zuvoran got dem ahnechtigen zu lobe und zu eren. do nun
dye hochzeit also volbracht was, do zog itlicher, der geladen
ward, wider heym, und wünschten irem frummen tugenthaftigen
herren und Grisardis seiner dienuUigeu prawt vil glucks und
selickeit zu beheltnus und beschirmung des lands und der gemain. 30
Von den grossen lugenden, der Grisardis vol was, das ir
nyemandt irer eren vergond.
l ein sie fehlt JB lies mit B fuisleal. wiidikeit? wart 5 3 kaum]
keinen A 6 erwergen B 11 des] den ^ fursten und h. B
13 fursehen] für schon B 15 preutigain 5 IT irr i? entphaung ^^
19 ZWUJ5 erwirdig edel i/ 22 sein wirdige^ 2'i Marie fehlt J
sie über ausgestrichenem das A 24 gesüte B fruclite B be-
kemen B 25 irr B 27 ein itlich'r B 28 was B hey A
30 zu] vnd A gemain amen A 31 den] der A also vol B 32 irr
herschafft vnd eren B
412 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
Doi'üach üit (135*) laug do kom die edel und tugeuthalt
furstiu Grisardis vou tag zu tag in solch grofs bekentlickeit dem
land und der gemein, das meniglich gute ebenpilde von ir nam,
uud die gnad gots stund ir also bey, das sie nicht allein gewallig
5 was irs tursten durch ir tugentlichs leben , sunder sie hielt sich
auch als demultiglichen und innghchen und gnadiglichen gein
armen und gein reichen, gen edel und unedel, die für sie komen,
das kein mensch was in dem turstenthumb , das ir nicht günd
der ereu , wirdickeit und herschatt, und auch als ich von ir
10 gebort ban , so w-as sie in ireu worten gnedig und lieplicb an
irem antlucz, behegenhch uud l'runthold, und alles das sie tbet,
das stund ir wol an und zuchtiglicbeu , das meniglich ein grofs
gevalleu daran bet. wann ir bercz bett mit der edlen Suzanna
ein grosen getraweu in got. sie ward auch erkant in iren
15 wercken einfeltig, mit groser fur(135^)sicbtickeyt, demutig und
getrew. gein gotl was sie innig au irem gepete, gehorsam uud
stet gen irem man. das alles kom in solch offenwarung gen
allen leuten, wer nur iren namen boret nennen, der wart von
der stymme erfrewet. man saget auch vou ir, das sie also ge-
20 dultig, leidenlicb und gehorsam was irem herren , als das geoffen-
wart wirt in vil dingen, die hernach komen und gebort werden,
das ein spricbworl aufs komen ist von iren lügenden in dem
land und ist auch noch do selben unter den frawen, wann wo
in den landen ein fraw , do vor Zeiten ist Grisardis gewest , irem
25 man ist widerspenig, boffertig und zornig, so sprechen die anderen
frawen zu ir also : du bist nicht Grisardis.
Darnach nit lang do nam got von ir die schäm der ee , und
gab ir aufs irem herren ein tocbter und zweu sone, und ob sie
ander kinder nicht mer pracbt bab, das beb ich nicht vernomen,
30 oder sie sein villeicbt als jung gestorben, das (136^ sie nicht
durch das verdienen der eiteren sehen die übel, die auf der
erden gesehen, und sein in das pardeifs komen durch die macht
der sacrament der heiligen crislenlieil.
3 meniclichn li 5 irs] des ß tugeiUlich i/ tj also cl. |uiiil| B
gen — gen B 7 arem B gen vnedel B 8 das] und A was
fehlt A 11 behegentlichn B 12 meniclichn B 14 grofs B
16 newrt B 20 olfenpar B 21 vil] d(^ B 22 kam B ist
fehlt AB 23 da selbst B 21 ein fraw in de lanndn B Gris.
ist B 25 und] od'r B 27 schand B 28 ir fehlt A 32 pa-
deifs A paradeifse B genüme B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 413
Nun bit ich und besunder einen itlichen, der diefs puchlein
und die historieu wirt lesen, und besunder irumme eelevvt und
auch clostermenschen, die unter dem gehorsam sein, das sie
mit gutickeyt hören die fursichtickeit und die scharpf Versuchung
des fursten , domit er die tugenthaftigen Grisardis, sein gemahel, 5
versuchen weit, und darnach die grosen sterck über weybisch
art und die bestenlickeytt der diemut, dor innen die tugenthaft
Grisardis mit groser gedult bestanden ist, auf das, ob des gleichen
auch einem anderen menschen widerfure, das er werd versucht
von seinem gemahel ader von einem gaistlichen vater, das er 10
dann solch Versuchung mit fursichtickeit und in grosser diemut
sei tragen und lernen von (136"') der tugenthaftigen Grisardis,
das du mit ir die volkumenheit der gedult macht besitzen, wann
sie hatt gelernt von sand Pauls, das sie al zeit sprach in allen
dingen zu irem herren also: herre, was wolt ir, das ich sol 15
thün? und das es leichter werd zu vernemen, was ich inzund
mayn , so sehen wir , das in unseren Zeiten gehorsam als tewer
ist under eeleuten und in den clostern, das der man mufs
oft sprechen zu seinem weyb, ab er wil fried haben in seinem
hawfs: was du wild das wil ich auch thün, und gar selten spricht 20
die fraw: mann, was wiltu das ich sol thün? was sprechen wir
dürftigen hie zu? dann Grisardis tot ist, und alle tugent sind
mit ir ye begraben worden.
Wie der marggrave die tugenthaftigen Grisardis in sweren
Sachen versuchet, und wie sie das gedultiglich uberwant 25
mit grofser stetikeit der libe.
Als nun Grisardis und des fursten kinder der muter (137'')
mangelen mochten, die Grisardis mit iren brüsten selber genert
hett, und keiner ammen narung wolt getrawen, darumb das sie
wol west, das die narung der kinder sich wandelt in der com- 30
2 jstory B 3 den geh, A der geh. B 5 seine B
10 elichen gem. B 12 das sol B tugenhafften B 13 du —
macht fällt aus der construciion machst B 14 wann der sie A
Paul*» B 15 Apostelgesch. 9, 6 18 den eeleutn B
19 wolt A 20 auch fehlt B 22 hir B dy sint B 23 ye
fehlt B 2if seine gemahel wolt v'suche vnd bewern an swern sachü
vnd wie sie all v'suchung tugellich üb' want B 26 mit grofser stetikeit
der libe] etc. hierauf rot marth A 27 d'r narung von d'r mut' ge-
inägeln B 28 brüsten, davor g(enert?) A 30 kind'r leybe (aus
weybe oder umgekehrt) wandeln B die A Gonplexen B
414 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
plexiou durch der zertlichkeit willen, und wann die aogeporo
coniplex wirt verwandelt, so schicken siech dann der kinder
sieten nach der narung, die sie von den hosen sundigen weyben
haben genomen, und werden denn nach der fremden muter sieten
5 geschickt in der naturlichen zuneygung, und aufs wolgeporen
kiuderen werden dann ruffian und puben , an den man het hoff-
nung herren zu werden.
Do nun der marggrave das sähe, das Grisardis sein gemahel
nicht allein tugentlich was, sunder das sie auch den perg der
10 lugenl innen hielt, do gedacht er mit grofser fursichtickeit, wie
er sie in herten und sweren sachen versuchen und beweren
wolt an iren tugenden, anderen frawen zu einer ewigen (137'')
lere und zu einem exempel und guten ebenpilde aller frumkeit.
es geschah, das Grisardis und der marggrave, ir gemahel, eins
15 nachtes bey eiunander lagen, und der herre entfand und erkannt
in einer stille, das Grisardis uit sliefl". do hueb er an gar swerUch
zu erseuffzen in im selber, das thett er Grisardis zu gehören,
er beweyst auch grofs angst mit seinem leibe uud war! siech von
einer seilten zu der anderen und sein arm warf er hin und here
20 wider, also das Grisardis an ime grofs bekummernüfs und angst
soll versteen, doch so thet es der weyfs fürst also verporgeu
mit solcher fursichtickeit, das ein itlicher, der diese ding recht
merckt, der vindet nicht ein lugenhaltig zaicheu dor iun. es
were auch zymlich nicht gewesen, das ein solcher frummer und
25 getrewer fürst soll siech mit lugen bekümmeren , suuder zaichen-
lich und schainperlich wolt er weysen in den wercken, das er
ein stet frawen von tugenden und (138^) von diemutt hett und
die von grund irs herczen iren herren uud gemahel lieb hett
und wider ine nicht were in keinen dingen, also thett unser
30 lieber herre Jhesus Cristus nach seiner heiligen aulfersteung,
do er on lugen erschain Maria Magdalena in eins gertners weyse
und zweien jüngeren unterwegen in einer anderen geslalt. do
1 zeillichkeit^ wan daii Ä 2 Cöplex /f 4AaäB 6 dem r/
hoffeiiüg hei B 7 der ^anze nhsatz entbehrt des nac/isatzes
8 das vor sähe fehlt B 10 het Z^ 11 bewaien A 13 eben-
pilden B 16 an e. falle A swei liehen B 17 gehoruiig B
18 dem I. B 19 auf die a. B die warde B 24 nicht zimlicli B
25 zcichPlichen /? 26 schcinperiichen, en rot au.'ii::cstriclieii, darauf
er B bewcifsen B Tl steten B 31 weyse] pilde // 32 do
nu d. f. B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYE 415
der fürst nuo gepart, als im grose bekummernufs was, do redet
er heimlichea mit im selber, das doch Grisardis vernam, und
er sprach mit solchen Worten also : warumb hastu das nit vor
bedacht? so nu das mufs sein, wer es nit pesser, das du das
licht der sunnen nie best beschawt? und get es für sich, so 5
wirf es eyn sach solcher betrubnufs, das alle die übel, die ich
ye gelieden han, die mugen sich diesem übel nit gleichen, als
nun Grizardis solch grofs bekummernufs an diesen worten ver-
nam irs herren, der sie vor nicht mer hett gehört von ime noch
erkannt het, do viel sie in swer gedancken und in mitleiden 10
mit irem (138") allerUebsten herren, und sie gab im ein zaicheu,
das sie wachet und das sie seine wort wol vernomen hett und
sprach zu dem herren also 'ach, meyu aller liebster herre und
bruder, van den tagen als ewer augeporne gnad das gutt daucht,
das ir mein diemüt erkannt habt und mich in ewer geselschaft 15
der ee habt genommen, so hab ich ewrs hertzen bekummernufs
und sorgvehikeit so grofs nicht mer gesehen und erkannt, auch
ob ir icht bekummernufs gelieden habt, so habt ir es doch vor
mir in ewrer diener gegenwertickeit verporgen und seit vor
meiner gegenwertikeit alle zeit frolichen gewesen, aber was das 20
inzund bedewttet, ist es ewrem willen nicht wider, so bit ich
ewer gnad, das ir mir solch bekummernufs zu erkennen geben
wolt, das ich mit sambt euch solcher betrubung ein tragerin
sey, und als ich mich in frewden mit euch gefreut han, also,
ist es muglichen, das ich ewer traurigkeit ein einnemerin sey.' 25
Do antwort der turst und sprach also 'Grisardis, die[se] purd
diefs jamers, die ist dir uutragenlichen zu tragen, und (139*)
du bist ir zu krauck. du pist eyn fraw. du bist in herten
Sachen unversuchet, und mich düncket, das du über dein macht
geest solch hert traurigkeit zu wiessen.' 'herre', sprach sie, 'alles 30
das, das euch beswert, das ist nicht über mein macht zu tragen
sieder der zeit als ir mich dann gnediglich habt an gesehen.
1 als er in grofser b. wer B 4 das nu B [das] leicht A
6 es vor eyn fehlt B sulchs B 7 hab 5 8 de i? 9 irs b.
vernam B von jm (hierauf Jiochmals nicht me, aber ausgestrichen) vor
[hett] gebort i? 11 vmb jren B 18 so habt] so seit ^ es fehlt A
19 in] \nA ew'n dienern.^ eiw ausgestrichen, dann ewer diren j5
verporgen — 20 gegenwertikeit fehlt A 20 alzeit B 23 wolt
geben B 26 antwurt ir B difseu B 28 fraw vnd [du] B
29 versucht A 32 genediclichn B
416 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜiNFZEHNTEN JUS.
darumb alles, das euch druckt, mag es gesein, so leget es auf
mich, wann ich bin beraytt mit ewer lieb zu geen bifs in den
tot.' 'o', sprach der fürst, 'mein aller liebster gemahel Grisardis,
dein grofs lieb, die du zu mir hast, die bezwingt dich solche
5 wort zu reden, aber du wirdest betrogen, ab ich dir sage diese
jamerliche ding.' nun wuchs und geniert sich die lieb in der
tugeuthaftigen Grisardis , und sie antwort irem herrn mit hayssen
zehern und sprach also 'ich weifs nicht was andere weyber
mugen getragen , aber die gantzheit meiner brüst waifs wol , was
10 Grisardis mug getragen, darumb, herre, so erparmt euch über
mich und schiebet (139'') mir diese ding nicht auff, wann mein
hertz ist in mir erwärmt, wann ewer gedackt wunden, die be-
sweren mich mer dann villeicht das gescheft an im selber ist,
wie hert und auch wie grofs es sey.' 'du überwindest mich,
15 Grisardis', sprach der marggrave, 'das ich dir das ofFenwar, das
vi! hesser geswigen were. nun sehe, war ein ich mufs meinen
willen und gunst geben, es haben mein reit das uberkomeu und
erkannt, das unser kinder zu wenig haben an der herschaft und
an dem adel , also das sie nitt mugen besitzen irs vaters erbe.
20 dorumb so ersrick nit, du maynst, du magst grose ding und
swere ding tragen, ee das der tag anbricht, so muessen wir
payde, du und ich, ansehen, das unser kinder werden von uns
getragen und genomen von den , die dor zu geschickt sein , und
sie werden mit ine thün als sie dann gehaissen sein durch die
25 macht der, die in ein solclis enlpfolhen haben.' wann der fürst
het verporgen ein fremds gesinde gewappent, (140*) von den
Grisardis nicht enweszt und die sie auch vor nicht mer gesehen
noch erkannt helt. als er den selben hett ein zaichen geben,
do clopften sie an das thor der purg und hiessen in gewaltig-
30 liehen geben die drey kinder des marggraven, als denn das er-
kant were. an den hett der fursl gar heymlichen beslelt, das
Grisardis da von nit enwest, das sie dye kinder selten füren in
ein ander land gar zu einer edlen frawen. die soll in grosser
7 tugenhafflen 5 haysseni ^ 9 /. brunst? 10 mag Ä 11 mein
[efdt A 12 bedacklcn B 14 auch nach es B wie fehlt B
16 were geswigG B sihe B mufst B 20 maclit B ding fehlt B
21 getragen B 23 sint B 24 [mit] ine nicht A sie] die A
geheifs // 25 in fehlt A eins A eiii B 26 fremdes B den]
dir A 27 nicht — vor fehlt A 31 an] mit B bestalt B
33 edinn A
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 417
still der kinder pflegen und solt sie lernen gut und hofl'lich
sieten als lang ir potschaft von dem marggraven kome. als nun
der kammerer dem fursten gar frw verkundt, das ein fremdes
volck vor dem thor wer und sprachen hochmuliglichen , das man
dem marggraven solt sagen, das er seyn glueb solt halten, als 6
nach dem urteyl seiner rethe wer aufs gesprochen: 'mag ein
anders nicht gesein', sprach der fürst, 'so thun ich iren willen,
wann des rats urteyl in der sach sol ich nicht straffen.' also
wurden die kinder des fursten und (140'') der tugenthaftigen
Grisardis den geanlwort, und die fürten sie mit ine hin, das 10
Grisardis noch nymant mocht erfaren , wo die kinder hin komen,
und wie wol das Grisardis in ir gegenwertickeyt must sehen,
das man ire kinder von ire name, doch so ward ir tugent so
manigfaltig und so grofs, das sie swaig und über solch sach nit
antwort gab. 15
Es was auch die diemutig tugenthaftig Grisardis nach der
zeit, als sie ire kinder hett verloren, irem herrn in allen dingen
also behegenlichen und gefellichen wiUig, schimpflichen in zuch-
tiger geperde und gein im suesse mit senftrautiglichen Worten
und wercken mer dann sie vormals ye gewesen was. sie het 20
auch alzeit in irer gedechtnüfs das gluebdt, das sie irem herren
gethan hatt zu dem ersten als sie zu im kome. auch so fragt
sie iren herren auf ein zeit nye, wo ir kinder weren hin komen,
noch von keinem menschen erforscht noch enfragt sie von irs
herren gewerbe, sunder in grosen fugenden (14 T) beslofs sie 25
in ir das muterliche wee, das sie trug von ir kinder wegen, das
sie gleich ein ander Hesster ist gewesen auff dieser erden, als
nun der marggrave sähe und erkant die ubergrosen sterck und
das vest gemüt seiner tugenthaftigen gemahel Grisardis, do be-
dacht er das muterlich wee und den herten smertzen , den sie 30
laide als mit grosser gedull, das er haynilich das mit groser "'
piltrickeyl bewaynet. doch so swaig er der sach vor ir, das ir
2 lang das B 3 saget gar frwe [verkundt] B fremde B
4 vor volck : tuch ausgestrichen A was B spreche B 5 gelubde B
6 ein]einny^ es 5 7 iren] ewren J5 10 die] sie Ä 11 hin]ir^
12 ir' B 13 ward] was B 18 vnd seh. B 19 senftea
tugentlichen w. B 20 siee h. A 21 alle zeit B jre B
gluedt A gelubde B 22 het B gefraget B 24 keinen B
26 das nach ir fehlt A 27 einnander A Esster B 32 ge-
sweig B
418 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
layd nicht geraertvvürd, und er iibet sich und auch sie auff das
allerhohsl. auch so west er wol, wenn man tugeot lobet in
einem lugentlichen hertzen, so nymbt sie zu. aber in dieser
sach , dorumb das alle tugent werden geschickt von der gerech-
5 tickeyt, het er dan mit ir da von geredt, so het sie recht und
stal gehabt, das sie het gefragt mer von irem schaden, also
wer dann sein fursacz aufs frag und aufs antwort zu ruwe gangen
und wer offenwar worden und wer nicht komen in das ende,
dorumb er es hett gethan, (HP) durch der frawen Versuchung
10 wegen, also sagen sie payde auff dye spitzen der tugent, und
dieser sach wart zehen jar geswiegen und sie liden sich doch
payde mit einnander in groser zucht und lieb, zug ich noch her
ein zu lobe der tugenthaftigen frawen Grisardis das der heilig
sand Ambrosius schreibt in dem ersten puch von den ampten,
15 do wurd die historie zu lang; dann were wil wiessen , wenn
oder wo, zu welcher zeit und was er reden sol, der lefs das
selb puch.
Wie der fürst die tugenthaftigen Grisardis aber ver-
suchet und sie von im aufs dem peth trieb wider zu
20 irem vater.
Es waren zehen jar vergangen , als die grofs Versuchung
leychter was worden, und ich waifs nicht, mit welcher kunst
der fürst das zu bracht, und ob es zimlich sey zu sprechen, das
ein solcher frummer, tugentlicher man also (142^) hertiglichen
25 wolt versuchen ein solche tugentliche, frumnie und diemutige
frawen , die unstrafflichen was in allen iren sieten , in Worten
und in wercken. aber ich main, das sey ein sach gewesen:
gol unser herre, der aller hertzen ist ein erforscher und er-
kenner, der spuret dye sein in mancherley weifs und er schickt
30 und beraittet und volbringt sie also durch diefs totlich leben zu
dem ewigen leben, wie er wil und durch wen er wil, das auch
der unterweylen nicht waifs noch erkent durch den er den
1 icht B 3 hertzen] nienschii B 6 ire AB 7 rwe A
rüge B 11 liden sich] hellen A 12 Zu gee ich jm vor ein B
14 dem A. gemeint ist die schrift De officiis ministrorum 15 do] so B
dihistoryi^ 18 die] der y/ tugethafrten 2/ 19 (reibe Ä 20 vater
etc., hierauf rot Maria A 25 tugenllichen nach frümen B 2(i vn-
slrefilichen B 29 die sporet B seine B 30 beraitlelj bewertt B
31 wenn .4 32 erkant A er] d'r her' B denn m. A
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYE 419
menschen bei kumet. we dir Assur, spricht der prophet Ysayas,
du pist der prugel meins Schlagers, got der droet im das ewig
wee und haist in doch ein zuchtiger des voicks gotes. aber das
enwoll got nicht, das diser wirdig fürst also gesant sey über
die tugenlhaftigen Grisardis. aber so nymant an sund ist, wer 5
was, was an ir zu straffen was, umb das sie hoher zu neme an
lugenden, und das do dein was, das geviel got nicht wol an ir.
also spricht Salmon: (142'') lachen wirt mit smertzen vermischt
und an dem ende der frewden waynet man gern, auch so got
seiner aller unschuldigsten muler und maid hat mit im selber, 10
der noch unschuldiger was, nicht geschonet und besunder an
dem tag seins heiligen leidens, so was Grisardis auch nicht zu
schonen, nach den zehen jähren do erdacht aber der marggrave
ein fremde sach in solcher weifs, als er vor hell gethan, do er
die kinder het versant, do mit er die tugendhaftigen Grisardis 15
versuchet, also beweist er ir eins nachts aber, als sie bey
einnander lagen und ruten, vil groser zaichen des inneren kum-
niers, und er redt als er sein sinne wolt verliessen, man kam
im dann pald zu hilf, do das die schamhaftig und tugentlich
frawe Grisardis vernam, die kein args erkannt, do ersrack sie 20
der grosen unversehen sach und wart aufsermasen jamerig und
sprach dem fursten zu also 'o wee mir! was ist das news und
was ubels hell euch, mein allerliebster herre, in ewer (143')
lieb und frumkeyt? wer sein doch die als untugentlichen lewt,
die euch also hart bekümmeren und geben arg für tugent? nun 25
fugt ir doch keinem menschen nicht laydesl 0 mich aller weiber
die aller betrübst, es sey dann, das ir alles ewer laid auff mich
leget, so wiesset, herre, das mir grofs wee und kummer ge-
schieht, und wolt es got, so wolt ich gern vor ewren kummer
und für euch sterben.' 30
Do nun der fürst solch grofs angst und kummernufs an
seiner tugenlhaftigen Grisardis erkannt, do gedacht er, wie er
1 bei kumet] bekennet y/ bei kulmt't ^ebesse7't ö7/s beschi|armet 5
Assur] aber y/ 1 f haias l(),b 2 slaheit jB slaheas'^ Steinmeyer
3 zuchtigen A Züchtigung B aber fehlt J 4 enwolt A 6 was
= weifs 5 8Salomon5 8 /" /'rot-. 14, 13 11 der noch] darnach ^
15 [het] versannte B 18 ab'r als ob B kom B 19 scha-
mig [und] tugenthaft B 20 argers B 21 vnu'sehe grofsen B
aufs d'rmafseni? 22 Awe5 was fehlt B 23 hell iB 28 mich i?
29 vor] für B 31 bekomernufs B 32 lugenthafften B
420 DEUTSCHE PROSAINOV ELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
sye mit groser hinterlisl ir betrubtnufs mochl benemen und sprach
zu ir also 'mein allerliebste Grisardis, ich bin nicht als thumer
synn noch als arcvvenig, das ich zweivel an deiner grosen lieb,
die du zu mir hast, darumb, wenn ich gedenck, was du vor
5 geliden hast, das da über die mafs aller frawen ist, und als oft
ich es für mich nym, so wundert mich, das du noch lebest,
wie mag ich dir dann geoffenwareu diese gegen(l43'')wertige
ding, die gar vil untregenlicher sein dir und auch mir dann
die ersten ? ' do anlwort die lugenthaft Grisardis gar mit suessen
10 Worten dem herren und sprach also 'allerlibster herre, das sich
vor vergangen hat, das ist hin, und ich han es got entpfolhen
und von seinen gnaden so trag ich es nach meinem vermugen.
aber iuzund diese gegenwertige ding, die sein mir untregenlicher
dann die ersten, wann ir seyt anders geschickt dann vor. darumb
15 so bit ich ewer fruntholcz hercz mit groser diemut, ist es nit
wider ewren willen , das ir mir mit teylt ewer angst , so getraw
ich got, ir tragt sie dester leichter.' 'Grisardis, ist, das ich dir
das sage und offenware und wer nit fursichtickeit des endes, so
were es nicht wunder, das wir pede abgingen.' 'herre', sprach
20 Grisardis, 'ist, das ir mir das saget und offenwart, seyt unbesorgt
und legt es alles aufl" mich, so werdet ir erfinden, das es alles
zu dem pesten wirt geschickt.' 'warumb', sprach (144^) der fürst,
'las ich mich von dir überwinden, das ich dir sage aller laid das
laydigst? oder warumb solt du umb mich und ich umb deinen
25 willen solch unrecht layden , dann das wir leychl peyde in grofs
sichtumb werden vallen? siehe, grosse dinck, die vergangen sein,
den volgen nach vil grosser, dann ich mufs dich aufs meiner
geselschaft sliessen. wenn ist das auff erden ye gebort worden ?
man wil dich nicht leyden, das du seist ein furstin, sunder ich
30 mufs dich stossen wider in dein armut, als ich dich dann funden
habe, und man hat mir aufs getretten gar ein edel junckfrawen,
die man mir von ferren landen in vierzehen tagen wirt pringen.'
Do nun Grisardis die wort von irem herren vernam, do wart
1 groser] sufser B gemefsigen B 2 thumer] myner B 'd ar-
wenig A 4 bedenck B 5 da fehlt B 6 verwüdert B 8 vn-
treglich'r /y d\T fehlt J mer /^ 10 herre fehlt J II vor fehlt A
12 gegenwerligen B 17 desler] des B 18 nit] mit // nicht //
20 ist — ofTenwart fehlt B 21 es fehlt B 22 pestem A 25 leych A
20 grofsen B 27 dem A der B wann B 28 wann //
yej wp, w m y f^eiindert A mer B 81 jürkfraw B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 421
sie fro und sprach zu dem fursten also 'aller liebster herre, seit
guls muts und unredlich trawrickeit treybet verre von dem hertzen
durch ewer heb und tugent. eins allein aufs genommen, das ir
(144'') mich gewirdigt habt in ewerm peth keuscher geselschaft und
gnediger fruntschaft, die ich han lieb gehabt und vvil auch lieb 5
haben dye tag, die ich lebe, und ich wil auch nymmermer un-
danckneme sein oder vergessen der grozzen lieb, die ir mir
von ewren angeporn tugenden beweist habt: das allein aufs ge-
slossen, so wist, das ich meins vaters armut und sein gegen-
wurtickeit also lieb hab, das es mir nicht swer ist, das ich zu 10
im kome, sunder schimpflich und lustlich für allen lust dieser
werlt ist es mir. auch so han ich reichtumb, herschaft bey euch
nye lieb gehabt , sunder die reynickeyt und keuscheit allein , die
zwischen uns payden ist gewesen, sehent', sprach sie, 'ich bin
nackende komen in die herschaft: auch so wil ich nackend wider ^^
komen in meins vaters hawfs. got der hat es geben: auch so
hat er es wider genomen, und als es im gefellichen ist, also ist
es auch gesehen. (145^) sein name sey gelobt!' al zuhant stund
Grisardis auff aufs dem peth und sucht die claider, die ir ir
vater entpfolhen hett als einen wolbewarten schilt wider die 20
hoffart, und wolt von dann geen, ee der tag an brach, und
als sie siech begund an zu legen in der gegenwertickeit irs
herren , do was ir das alt hemd , das sie in irs vater haws ge-
tragen hett, zu eng und zu kurcz worden, darumb das sie an
dem leibe lenger und dicker worden was, als dann den frawen 25
gemeinlichen geschieht nach den kinderen. do lachet die tugent-
haftig Grisardis und sprach gar schimpflichen zu dem herren
also 'lieber herre, es ist nacht, und ir muget nit erkennen was
mir pricht, doch so beger ich, das ir mir glaubig seyt, mein
altes hemd das ist mir zu dein worden, erlaubet mir, das ich 30
hie tuch neme, das ich mir in meines vaters hawfs ein ander
hemd mach.' als ir das von dem herren erlaubt was, da zöge
sie an den halb erfaulten rock und (145'') gesegent iren herren
2 dy treibet B 3 durch fehlt AB 4 in fehll AB ewrri A pette B
5 hab B 6 die] vnd B ich vor wil fehlt B nymer B 7 gesein B
die] do y^ 8 angeporn A tugent B 9 vater B 11 lustig vor
aller B 14 vgl. Hiob 1, 21 16 vaf 7tsw. B 17 ers [es] B
18 der sey B 20 ein unwolwebarter A 21 danne B anpreche B
23 herren fehlt A 25 dicker u. lenger B 26 gemeincklichn B
tugenthafft B 29 gepricht B 32 jre hern B wart B
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 29
422 DEUTSCHE PROSANOVELLEIS DES FÜNFZEHNTEN JHS.
und sprach 'von gantzem meinen herlzen bit ich ewer gnad,
mein aller liebster herre, das ir mich aufs ewrem gedechtnufs
treibet und keinen smertzen habt umb mich, wann mir ist nit
laid gesehen an dem verliessen zeitlicher herschatt.' 'bayt, mein
5 übe Grisardis', sprach der marggrave, 'bifs das ich mich an lege,
so wil ich dich allein füren an die stat, do ich dich hab ge-
nomen. nun hie ist gar wol zu bedencken der herzenlich grofs
jamer und waynen , das der fürst layd , do er sähe die als gar
uniiberwindtlich tugent seins weybs, gehorsam, anfalt, sterck,
10 dienuU und gedult mit dem hauffen eins volkomen lebens und
versmehung aller dieser werlt. also gingen sie payde mit ein-
nander in der vinsteren nacht und kamen füre irs vaters haus
und do sie payde also stunden in trawrickeit, do waynet der
fürst also sere, das er Grisardis nit mocht zu sprechen, aber
15 sie wünscht im hails und sprach also 'unser lieber herre und
got nach (146^) seiner manigfeltigen parmherzickeit, gnad und
gutickeit fursehe euch mit einem frummen weybe, die ewrem
adel und handel erwirdig ist, wan lebt auff disem ertrich ein
getrewer guter frummer gotfurchtiger man, der unschuldiglichen
20 lebet unter der hosen weit, das seit ir.'
Also schied sich der fürst von ir in grossem jamer, und
die tugenthaftig Grisardis clopfet an die thure irs vaters haus,
als der alt, irvater, erkannt die stymm seiner tochter und sähe
ir Zukunft, do vil er von grosen srecken vor ir nyder und lag
25 lang als er halber todt were. und do er wider zu im selber
kom , do hueb sich newe clag und waynen und er sprach also
'es ist recht komen das ich vor besorgt han, und das übel hat
mich begrieffen und alles, das ich dem herren vor gesagt habe,
das ist über mich komen. ich entpünd in deinem unrecht ein ver-
30 smehung des almechtigen gols und das alt Sprichwort, das layder
ich armer dürftiger unter totlichen menschen der (140'') aller un-
saligst man hab gebort von den alten: man sol den herren wol
1 und fehlt B sprach also B ganczen B 4 geschehen B
5 angelege B 7 nun fehlt B gar fehlt B den herczelichen [grofs] B
8 die fehlt B 9 einfalt gehorsam B 13 trawr|rickeit B
14 gesprechen yy 19 gotfursichtiger y/, vgl. 373,11 lesa. gotforchtiger //
21 grossen A 22 tugenthaft B die] dir A 24 vor grofsein ü
von ir A 25 lang fehlt yt was B '11 hab B 29 vn-
rechten A ein fehlt AB 31 armer dürftiger unter totliciien] alter vnd
torlicher y^ 32 dem a. A
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYE 423
dienen und übel trawen.' wie woll doch die bekümmert tugent-
haftig Grisardis aber einen säur senit hett versucht, dennoch
so thet sie iren vleis, das sie iren vater in dem alter nit ver-
lure in frevelen urtaylen über iren herren und sprach also 'lieber
vater, wie wol diefs geschalt an im selbs hat ein pofse gestalt, 5
darumb das ich es weder mit worlen noch mit den wercken nit
verschuldet habe, darumb das er mich, seinen eelichen peth-
genofsen, mocht verlassen, die er an underlafs in grofsen wirden
hat gehalten, so lafs doch von dem layd, wan ich erkenn den
herren also frum und getrew, wer es nit endlich sach, aufs der 10
er etwas nuczlichers zihen will, er thet es nicht, dorumb so
sweige wir und haben achtung auff das end und entplelhen es
got, der alle ding die bofse sein in das gut verwandelen mag,
und wenn es seiner erparmunge wol gefeilet, so wirt es (147^)
pesser dann es ye gewesen ist. do der alt solche wort hört von 15
Grisardis, seiner tochter, do swaig er, und do er pafs zu im
selber kam, do wart er also fro, das er sein tochter wider hett,
das er alles Unrechts vergafs.
Wie Grisardis wider kome und wie sie ire kinder erkant,
zu einer anweifsung den frawen von den lügenden Gri- 20
sardis.
Alzuhant als nun Grisardis von dem marggraven kam, do
gedacht er mit groser sorgveltickeit, das solch grosse sach nit
offenwar wurde, das er die frawen also hett von im getrieben,
die alles volck in also groser lieb hett und in also genem was, 25
und er hett es nicht mügen an schaden seins leymüts verant-
worten, und das grofs ergernufs wer auff erstanden unter dem
volck: darumb so bestellet er gar behendiglich, das die fraw zu
im kome und sein und Grisardis tochter, die inzunde manpar was
worden, mit iren bruderen , die (147*^) ir dann entpfolhen waren 30
worden und die sie erzogen hett, als ob sie ir kind weren , mit
ir brecht, und er het in grofs volck geschickt, die mit kosten-
licher gezirde mit den kinden komeu sollen, es het auch der
1 wenig getrawen B vgl. grossen herren und schönen frauen soll
man wol dienen doch wenig trauen Simrock D. sprichw. 4641 tugent-
hafft Ä 2 senffÄ 5 das geschefft if seib'r 5 6 das fehlt B
9 doch fehlt B 11 er e.] ee e. ß het es nicht getan 5 20 der
fr. A von den] vnd A Grisardis etc., hie?-auf rot katherina A
25 also] aller A heten B und fehlt A 28 behenndlichn B
31 jreu B 32 in] im A zu geschickt B 33 zirde B
29*
424 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JUS.
marggrave die sach also bestellet, das die lochler weder in noch
ir muler Grisardis nicht erkannt, dann allein hört sie von der
Irawen, die sie erzogen hell, die sie für ir muler hell, das sie
soll mit ir faren zu beschawen den niarggraven und sein weyb,
5 von der sie als grofs tugeul hell gehört und vernomen. als
man nun dem marggraven saget, im komen gefst, do schickt er
mit listen nach Grisardis, das sie zu im kome. alzuhant was
sie irem herren gehorsam und die aller diemuttigst Grisardis, die
lieff nicht voll zorns, als ob sie nicht komen wolt von wider-
10 spenickeil wegen, sunder alzuhant kam sie zu im. in dem ist
zu vermercken, was guts wurcket ainfalt und diemut. 'Grisardis',
sprach der fürst, 'du weist umb das geschefl meins hauses.
darumb so berayt alle ding (148") ordenlichen, wann die gesl
kummen mit der junckfrawen, die dich hat wider prachl in deins
15 Vaters hawfs, und gee ein weyl in mein kammeren , bils das ge-
dreng des volcks vergeet, und leg andere clayder an (wann es
stund mir nit wol, das ymant an meinem hoff übel geclaidel
were) und schacze die junckfrawen durch ein lochlein in der kam-
meren.' als Grisardis ein solch von dem herren geheyssen wurd
20 und das kaum volbracht hell, al zuhaut was das folck bey der
purg. der fürst ging her abe für die purge und enlpfing die
edlen frawen und die junckfraw mit iren bruderen mit grol'ser
wirdigkeyt und lurl sie an die stat, do sie wollen frolichen sein,
und als man saget, so was die junckfraw und auch ir bruder
25 aufsermasen schon und wol geschickt, gleicher weise als man
engel sehe in menschlichen leiben, aber die tugenthaft Grisardis
was beslossen und sie mocht die junckfrawen kaum durch ein
spalt gesehen, doch so (HS*") merckt sie ir sitlen und nam
irs antlutz wäre und irs leibs beweguug, und sie hell ein grofs
30 wolgefallen an ir. umb solch sache gewau Grisardis nye kein
neilt in irem hertzen, sunder grofs sorgvellickeit het sie, das
irem herren ichl ubels widerfure. mainstu, ab man ein frawen
1 bestall B weder zu A wider B 2 bekannte B 3 die
sie für ir m. hett feldt A 4 weyb vnd A 10 [in] dem //
11 mercken /^ Grisardis nadi 12 fürst ^ 12 du weist fehlt A 13 so
mach vnd bereilt B ordeniich B 17 übel cleid'r an het B
18 schaczt A schätz B jQckfraw B kamer B 19 suichs li
was B 20 het volpracht// 22 frawen] junckfraw// jQckfrawen tf
25 aufsderm. Ä 27 sie] die y/ jückfraw ^ eine ß 31 neitl]
nott B
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 425
auf der erden vind , do sie sähe ir gellen , das sie nicht bewegt
wurd? ich sprich nicht allein von neyde, sunder lege es an ir,
sie trieb sie aufs dem land. do versähe der marggrave, das die
sach nit aufs kome und das auch nymant nach Grisardis wurd
fragen, und do der tisch bedackt was, do man solt essen, do 5
holet er sie selber, und als sie mit im aufs der kammeren ging
on verliessen ir schonen gestalt und als sie die alle hett ent-
pfangen , die komeu waren , do hiefs sie der herre pey im pleiben
ob dem tisch mit im und mit den gesten. do bestalt der fürst,
das Grisardis safs ob dem tisch gegen im über zwischen den 10
zweien bruderen, und er safs zwischen der (149*) fremden
frawen, die die kind und junckfrawen erzogen hett und zwischen
der junckfrawen seiner tochter safs er, die Grisardis für die
prawtt het. und, als man saget, do sähe Grisardis die junck-
frawen, die dye praut solt sein, stettiglichen und oft an, und 15
sie verwundert ir übrigen schoene und ir zuchtigen geperde und
gut sieten die sie hett. auch so warf sie unterweylen ir äugen
auf die bruder, ir sone, das sie gancz enzundet was in muter-
licher Jieb , das sie einen solchen lust und wolgefallen gewan an
den kinden, das sie aller traurickayt vergafs und vor frewden 20
nicht mocht essen, und sie gedacht und trug zu sammen in
irem herczen irs herren fursichtickeit und sie erkannt in also
edel und gut, das sie in nye als in solchen grosen dingen wolt
urteyleu. dornach do begund die tugenthaft Grisardis zu uber-
slagen und bedencken das alter der junckfrawen und der knaben 25
mit den jaren, als sich ir kummer het angehaben, und (149'')
sie sähe auch etlich zaichen, die die muter an iren kinden pafs
wiessen dann nymand anders, und aufs den dingen allen begraff
Grisardis, das die kinder ire kinder waren.
Was die tugenthaft Grisardis redet, do sie ire kinder er- 30
kant und was an gegriffen wart mit irem vater in irr
bekentlichkeit.
Die weyl also Grisardis mit grosem vleis fursah, das sie
icht irret in gewieser bekentlickeit der kinder, und do sie auch
1 so die sehe also B 2 bege A 4 kern B 5 wart B do
man] das man B 1 m B 11 der] den zweien A 14 do] so jß
16 züchtiget 17 gute Ä \S gaacz fehlt B \9 sie fehlt B
22 herren] herczen^ 25 knab B 27 etlicheu // 28jmand B
31 wart — 32 bekentlichkeit] was amen A 33 Da weil B
M bekentlichkeit B
426 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
gewiefs was und erkannt, das ir Iierre alle vergangen ne ding
daruiiib hett gethan umb Versuchung willen der bestentickeit irer
gedult, do gedacht sie, wie sie den herren niocht furkomen in
der offenwarung. doch do hielt sie siech lange auf, besunder so
5 ir hertz begund zu priunen , das sie icht thet das wider gut
sieten und fraweu zucht were. also wuchs nicht in der tugenl-
haftigen Grisardis zorn nach der gewonheytt (150") der weyber.
sie gedacht auch uitt, wie sie den herreu raiczet zu untugeut,
das er ir solch unrecht beweist het, sunder sie hett ine dester
10 lieber und vergafs aller vergangen ding, als sie nye gescheu
weren, und sie beweist sich also gen im, das er sie durch ir
grosse tugent und diemut mufst lieber haben denn er sie vor
ye gehabt het. und do sie das fewer in irem herczen der libe
gen irem herreu und gen den kinden nicht lenger mocht ver-
15 pergen und getragen, so umbfing sie die kint itlichs mit Iren
armen und trugt sie gar zertlicheu an ir muterliche brüst mit
fruntlicheu küssen und sprach zu irem herren mit lachenden
äugen also 'gnediger herre, hab ich gunst von ewren gnaden, das
ich nach meinem lust mag geschimpfen mit meinen kinden?'
20 do der niarggrave sähe, das Grisardis was lurkomen und dye
kinder erkant hett, als sie das beweist mit irem Irolichen ant-
lucze, do sprach er 'Grisardis, mainst du, das diese kind dein
sind?' 'ja, herre', (150'') sprach sie, 'es sein meine kind, die
mir got durch euch geben hat.'
25 Was groser wünne und frewden do auff stund, do man hört
und erkannt solche fremde uubekante ding, wer mag das auls
gesprechen ? alzuhant must man bringen den frummen gerechten
man, Grisardis vater, der vor selten oder villeicht nye auff dye
purg was komen, nit darumb das ine der lurst versmehet (wann er
30 erkannt ine getrew und frumme) , sunder darumb allein das er
wolt, das dye Versuchung Grisardis soll verswiegen pleiben nach
dem fursaczt seins willens, als nun Grisardis valer pracht ward
und ee er in den pallast ging, do wart er geclaydet nach zim-
lichkayt seins alters, auch so liefs in der fürst nicht mer komen
2 bestenlickeit y/ 4 do] so B vnd bes. B 6 tugciitliaHteii B
8 raicztet^ 10 geschehe /^ 13 der libe — 14 herren felilt A
15 so] do /f 17 freuiiUichem // 21 ntn A Tl kind'r deine kint Z/
23 sind Ä 25 wQnen Ä 26 frenimde vnd vngehorte d.// 28 vor
fehlt A 2!) tt\i fehlt A nicht// 30 deriiannt i/ vngetrew, i\ aus-
gestriohen A so (jelrew B 31 versweigen A 34 hifs ß
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYE 427
in sein hewslein , sunder er ward eio anweiser seiner kinder zu
einem trost seiner tochter und das er im auch bey stund in
seinen t'urstenliclien rechten , aufszurichten den nucz der gemain,
und das er im (151') auch were als sein valer. also wart er
gefurt, do der marggrave und Grisardis sassen mit iren kinden 5
und bey iren gesten. do wart im eer und zucht erpoten, und
er wart unterweist aller sach, wie der herre sich selber und Gri-
sardis sein tochter hett in tugenden also an einnander versucht,
das sie bayde danck und lob von allen lewten betten gewunnen.
do der alt , Grisardis vater , die sach aigentliche vernam , do ver- lo
wundert in sere der grossen fursichtickeyt des herren. auch
alle dye gegenwertig waren , die lobten und eroten got, der irem
herren ein solch diemut, keusch, gehorsam, ainfaltig und tugent-
haftig frawen geben und beschert het. auch so kome das ge-
scheft Grisardis in alle land und der leymut der tugent ir und 15
irs herren wart von allen menschen gelobet, und wie wol dye
tugenthaftig Grisardis vor allen menschen was genem und aufser-
massen lieb, aber do man bort, das sie als in grossen hefftigen
dingen (151'') als gar tugentlich und diemutiglich hett über-
wunden sich, do wart der leymut irer Versuchung und frumkeyt 20
noch hoher auff gehaben, es sol auch ein itlicher leser und
zuhorer wiefsen, das diese histori nach diesem vorgeschrieben
synn sich also verlauffen hat und gesehen ist.
2 gestund B 3 reihen B 9 genomen A 10 eigentlichen B
12 erten B 13 und tugenth. fehlt A 14 gesiecht A
17 tugenthaft B aufsderm. B 19 demüliclichen B 20 sich
ub'rwQdn B TL jstory B 23 geschehen B
Vorstehender text ist dem Ms. germ. quarto 763 der kgl.
hibliothek zu Berlin entnommen, einer papierhs. [Ä] aus dem
j. 1470, die ich hier in Tubingen mit mufse benutzen durfte,
[über B siehe s. 436 zusatz.] sie enthält bl. 1 — 96 den roman
von den sieben weisen meistern in einer fassung, die im wesent-
lichen zu derjenigen in dem cod. phil. 22 der kgl. handbibliothek
zu Stuttgart stimmt (vgl. Keller Li romans des sept sages s. lxxiiv ff),
6?. 96"— 151'' die hier abgedruckte Grisardis, bl. 151''— 182" den
Ackermann aus Böhmen in einer in Kniescheks zweite hss.-gruppe
Cab einzureihenden, vereinzelt mit der hs. B correspondierenden
gestalt (vgl. Knieschek s. Ib und Kossmann Zs. 28, 29). der
428 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
Schreiber der hs. nennt sich zweimal: hl. 122* Walthizar von der
wag und am schluss hl. 182'' Hie hat diefs puch ein ende | Got
vns seine heiligen geist sende | Hillff got du ewigs worlt ] Dem
leybe hie der sele dortt. hierauf rot Walthizar Hubner, dann
schwarz Dieser Schreiber ist gnant Waltisar von der wag etc. des
alten glaubens finiui librü illü feria quarta post Symonis et iude
Anno Miinclxx'^.i
Die hs. zeigt bairische mundart, jedoch mit einwürkung des
mitteldeutschen.
Vocale. & für o: ader, spattet, patschaft, ab, van, gepalirt
401, 30, eynat 396, 7. 24; a für ai (ei): uuanig, anfalt, was
= weiz 419, 6, begratT. — e für umlaut des a und A, wenn
dieser überhaupt eingetreten ist; e für i: bevelhet 377, 18. e un-
organisch angefügt sehr häufig in declination und conjugation; e
als nebenton: geren, leren 377, 30, vgl. durchworecht 408, 14;
e durch zusammenziehung: gesehen; stärkere fälle der syncope,
verbunden mit consonantenausfall: euzunden = enzundenden
382,25, gulde[ne]m 408,13, getangen[en] 409,27, des fleisch[es]
396, 14. — i für ie oft; i der endung pubin 385, 16. — o für a,
ä: on, ob — noch, woren, rufüon; o für u: sone 387, 2. 4, Dö-
ring 390, 10; 0 rfer 2 schw. conjugation: eroteu 427,12. — u meist
umimgelautet ; für uo (gelegentlich n) ; ü = u mit beilaut blieb
im abdruck unberücksichtigt; ü -= i: würft 381, 5, würd 386, 14,
müt 408, 16 lesa. — ai, daneben selten ei, aber überwiegend -heit
(keuscheit) ; ai für a : waifs = waz 380, 2 { Weinhold BG § 66) ;
ai für ae (ä): sailig, sailickeit; für ei (i) : plaib 407, 20. — au für
ü (doch gebruchest 387,10) und ou. — ei = a: vermeynung
410,15; für i, nur stainlin 389,5, wip 397, 10; = eu (iu):
leimutt. — eu für iu; für ei (i): pfeutfer 400,7. 408,25.
— ie zur bezeichnung der dehnung von mhd. i (nhd. ie): dieser,
plieb, geschrieben, begierlichen, liefst, siehe 420, 26, aber auch
sieten, wiessen, slietten, pieten hielten, gewies, stielt, geliedcn
415, 7. 18. — ue = u: duerch 374, 8, glueb giuebd 417, 5.
398, 1 ; == uo (üe): fuessen 383, 14.
Consonanten. liquidae 1 für 11: erfulel 401, 5; 11 für Ih:
* die 1 Melibeus. 2 Sieben weise meister. 3 Alexander. 4 Acker-
mann aus Böliinen enthaltende, von einem Schreiber stamrneJide fis. der
kgl. Iiandbibliolhck zu Stuttgart cod. p/äl. 22 in klein 4°, «//t Schlüsse
defect, datiert sich gleichfalls vom jähre 1470.
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 429
schilleng 385, 15, entpfollen 411,23. — Umstellung des r: pittri-
ckeit 417, 32. — m für n: pusawmer 400, 7; für mm (mb):
Ihumer 420,2. — n für m: besen 410,13, prewtigan 411, 15; n
für nn: uosinickeit 381, 14; nn für n: mennig 380,24; ausfall:
vernuft, vernuftig; schwund im flect. infinitiv : irs waynnes 395, 16 ;
epenthetisches n sehr häufig: genung, meinst 391, 29, winzing
394, 17. — behegenlich 412, 11. 417, 18, kostenlicher 400, 15.
402, 2, furstenüch iürstenlickeit 388, 13. 389, 24, vertragen-
lich untragenUch 388,25. 415, 27, unleydenhch 387,4; n an-
getreten an die 1 und 3 sg. conj. praes.: anfahen 379, 10, nenien
374,29, abgefallen in der dpi. ind.: muesse 379, 23. — labiales:
p für h im anlaut häufig; epenthetisches p: sampnet. — b für p:
briester 401, 10; epenthetisch : nymbt, sambt, zimbt, unverschambt,
vernembt, furstenthümbs; epithetisch: reichthumb; b für w: albegen
388,23, besenhch 390,22, webart=bevvart 421,20 lesa., webeist
== beweist 387, 29 lesa. — ff: hoffei 382,12. — w fürh: offenwar,
offenwaren, wucher 386, 8, webart 421, 20 ?esa., webeist 387,29
lesa.; ausfall: ruten 419, 17. — dentales: t(tt) für d: trugt 426, 16,
betlacht 379, 15; ausfall dest: tugenlich 394, 3. 395, 13, wilprecht
400,4; epithetisch: fursaczt, betrubtoufs, sorgtveltiglich, sorgtvel-
tickeit, abtgotter, senft 423, 2, getranckt 400, 5, urlaubt 374, 1. —
d für t : gehedeu 415, 7. 18. — schickd 400,24. — der- rieben er- :
aufsderwelt 380, 13. — th im an- und auslaut gelegentlich für t. —
(t)zw für tw: betzwingt 388, 15. 416, 4. — z für s: Zamuelis
375,31, philozophum 379,25, bozem 403, 1. — s neben ss:
gewieser neben gewisser 387, 6. 9; s für z: masen 373, 17 ; aus-
fall des s nach seh : keuscht 392, 9. — sc und s für seh : hub-
sclich 384,17, ersrocken 388,5, srecke, ersrecken o/?. — seh:
fleischlicher =? flizlicher 381, 8. — gutturales: g für c: trugt
426, 16; g für h: sagen 418, 10, hogsten 380, 14, daneben
hochgst 392, 8. — ng für nd des part. praes.: schilleng = schil-
hend 385, 15. — h verschwiegen: entphaen 379,29; h bildungs-
consonant: sehet 388, 26. — ch eingeschoben vor t: wilprecht
400,4. — ck für g: gedackt 416, 12 (B jedoch XmAdicki).
Conjugation. imperativ sehe 407, 27. 416, 16 neben siehe
420, 26. 3 pl. praet. warden 380, 22. imperativ bils 409, 4.
part. gepflegen 375, 20. gewest 375, 24. 386, 20. 403, 7. du
best (= betest) 415,5. vergond 411,31. sal 402,12. du
dartts 380, 8. thar 388, 24. torsl 383, 2.
430 DEUTSCHE PKOSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
Wortschatz , zugleich als heitrag zur altersbestimmung nhd.
wortformen, die mit * bezeichneten Wörter sind sonst nicht belegt
oder icenigstens nicht in dieser bedeutung. altforderu 4ü3, 7. aQ-
iiaw 390, 8. aaweiser 427, 1. arcwenig 420, 3. man hat mir
* aufs getretten (abgetreten, zur gemahlin ausgesucht) gar ein edel
juQckiravven 420, 31. behuter 408, 8. bekentlickeit 412, 2.
425,32. beschirmuug 403,28. 411,29. bestellen an (B mit)
416, 31. beswerung beschwerlichkeit 382,9. betrubung 415, 23.
bevallen? 377, 18 /es«, bewaren aftsoZ. 410, 3. bewegung feeioe^i-
grund, begründung 374, 12. 381, 21. 385, 8.9. 387, 24. 396, 10.
brechen impers. fehlen 421, 29. clostermeoschen 413, 3. com-
plex , complexiou 414, 1.2. cristenmensch (neutr.) 387, 14.
cristenvolck 389, 6 f. *cristenvveibei' (matronae christianae)
392, 21. eynat einsamkeit, ehelosigkeit 396, 7. 24. *eiunemerin
415,25. einlrag (fem.) = eintracbt 401, 24. *ein tragen
377, 4. 385, 20. eman 376, 30. *ergencklich vergänglich
409, 13. erhohung 409, 13. erstencken 374, 1. erwirdigen
venerari 405, 27 (DWB 3,73). gantzheit 416, 9. gefesse 398,
10 (DWB 4, 1, 1, 2128 c). geytzig 375, 30. gelle 425, 1
(DWB 4, 1, 2,3042). gemahel masc. auch von der frau 405, 17.
407,34. 416,3. gemerck 389,26. *geschemig (B schämig)
410, 25. geschimpfen 426, 19. einen guten getravven nemen
378, 34, auch 412, 14 als masc. glueb (B gelubde) 417, 5
neben gluebd 398, 1. gotlurchtig 422, 19. gunst masc. 397, 15 vgl.
397, 24. 30. 406, 30. 31. 416, 17. gunsthchen 379, 16. 396, 30.
haymen adv. 387, 3. *haisse schw. masc. 375, 4. halt gehalt,
wert, stand 401, 19. sein heyl versuchen 375, 2 (DWB 4, 2,
818). herngab 410, 19. hinderlist 399, 18. 420, 1. historieu-
schreiber 391, 28 (DWB 4, 2, 1580). hoffein (== hobeln im druck
des Eybschen Ehestandsbüchlein, DWB 4, 2, 1589) 382, 12. ander
spilleut mancherley hotrecht 408, 26 (Lexer 1, 1365. DWB 4, 2,
1696). *huzlichen (vgl. mhd. hiuze, [B hicziclichen]) 380, 13.
inzund(e) 374, 25 usw. (nur 398, 26 iczund). kintwesen 409, 8.
kunigskinder 406, 27. lernen = lören 405,29. 410,11. meydle
(B meidlein) 383, 9. meuscheuliebe 405, 20. messickeit 375, 13.
378, 14. peynnig 386, 17. pete neutr. 378, 18. 389, 26. fem.
378, 24. 389, 26. pelhgeuofse 423, 7. philozophe schw. masc.
387, 12. prugel 389,31. rat stf.? 387, 21. recher 403,22.
der Irumelten reysen 408, 25. zu ruwe gau 418, 7. in ver-
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 431
punden sack versto/'sen 409, 34. saniaih 398, 11. 408, 13. sche-
niigkeyt 393, 5. schicker 381, 14. 408, 9. schilleug über eiu
aug 385, 15. sclilager? 419, 2 s. lesa. seint den malen 385, 1.
*sinreichhait 381, 24. sitliclikeit 381, 13. stamme schw. masc.
387, 1 vgl. 374, 31. statt, stat 389, 6. 19. stetteu 389, 16.
straffpar 374, 5. *suefsgutig 375, 7. tragerin 415, 23. iibel-
sprechen stn. 394, 31. *sich uberwuudern sich sehr wundern
400,1. undanckneme 421, 7. ungeschickt 379,29. *unrat-
samkeyt 381, 4. uosinickeit, unsynnickeit 381, 14. 386, 26.
untragenlich, untregenlich 415, 27. 420, 8. 13. unverbrochen-
lich 396, 27 (unverprechenlichen B). 408, 4. unverschambt
384, 8. unversehen 419, 21. unversehenlich 406, 26. unver-
wendelHch 397, 12. vergemehelen 400, 9. verbanden 400, 2. ver-
maylung 393, 27. von terrens 404, 15. versaumlich saumselig
405, 26. versorger 386, 26. verspotter 405, 6. vertrewt anver-
mählt 408, 1. verubel 374, 6. 388, 13. verwundern c. geyi. sich
verwundern 425, 16. fruuthold 412, 11. 420, 15. tursehung
403, 18. 404, 19. furstenückeit 389, 24. wandelberheyt (waudel-
bertikeyt B) fügsamkeit, geschicklichkeit 379, 4. weil 381, 21.
♦wenig stf.? 398, 18. werfen: sein äugen w. in 404, 14.
do warf der fürst dye wort dor auf 407, 33. widerspenickeit
424, 9. zu winzing ligen? 394, 17. die hochzeit wirdigen
397, 33. witwe vom mann (B witwer}? 398, 17. zimlickeit
389, 19. zuneygung 414, 5. zurückwerfen 402, 34. zuschacz
382, 8. zuvoran 411, 26.
Bei obigem abdruck wurden die bekannten abkürzungen auf-
gelöst, lediglich schnörkelhafte oder durch misversteheu herbeige-
führte (vgl. KKarg Die spräche HSteinhöwels 1884 s. 20) conso-
nantgeminationen wie vnnd, herrenn, edell, wandertlen usw.
vereinfacht.
Unter den von der italienischen renaissancelitteratur behan-
delten novellenstoffen , \velche seit der zweiten hälfte des \b jhs.
auch in Deutschland ihren einzug hielten und die geschichte des
deutscheti prosaromanes einleiten, hat sich die erzählung von der
Griseldis von anfang an einer ganz besonderen beliebtheit zu er-
freuen gehabt, ja in Italien selbst ist, wie G Voigt neuerdings in
seiner abhandhing über die Lucretiafabel (Berichte über d. verh.
der kgl. sächs. gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig, philo-
logisch-hist. cl. 35 (1883), 25 /y hervorhob, durch Petrarcas lat.
432 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
nacherzählung^ der Griseldis des Boccaccio (Decam. x 10) die no-
velle überhaupt erst in der humanistisch-lat. litteratur hoffähig ge-
worden, durch Petrarcas beispiel angeregt folgte dann Lionardo
Bruni von Arezzo mit seiner i'ihertragung der liebesgeschichte von
Guiscard und Sigismonda (Decam. iv 1), ihm wider Enea Silvio
Piccolomini mit Eiirialns und Lucretia. während die letztgenannte
novelle meines Wissens in Deutschland einzig von Niclas von Wyle
übersetzt wurde-, haben sich an Guiscard und Sigismonda ver-
schiedene versucht: aufser NvWyle^ der deutsche Übersetzer (Arigo*)
' eijien auszug aux Petrarcas erzählung gibt auch Jac. Plälippus
Bergoniensis in seiner schrift De pluriviis claris selectisque mulieribus
cap. 145: De Griselde Salutii marchionissa.
^ Nüff^ylcs translatio7i findet sich mich, was ffllken übersah, im
cod. pal. germ. 101 fol.lb — 100 und zwar von drei händen geschrieben,
deren erste bis fol. 97 dem Johannes de Weidea lector scolarum ibidem
gehört, von dein auch fol. 1 — 74" die abschriß der Gesta Romanoriun her-
rührt (fol. 74' Finitum est praesens opus Anno domini Ixx" (1470) se-
cundo nonas mensis nouembris in burgaw). die ztveite hand reicht bis
fol. 108, eine dritte sclwieb fol. 109". anfang rot: Hie vahet sich an ain
Jiepliche history die bapst pius der ander des namens gemacht hat von zwayn
liebhabenden menschen mit vercherten namen und langzeit vor seinem päbst-
lichem st'it als heniacli cifulicher das begriffen wirdL etc. Und den selben
pium papani hab ich iiü Ixi (1461) iar gesehen zu mantaw dominica infra
octavam corporis christi in bäpsllichen eren : zu letzterem vgl. meine
anm. 66 zu Pfalzgräfin Mechlhild s. 51 /f. die dann folgende yiovelle ist
nicht wie in der gesmmnlausgabe seiner verdeutschu7igcn der pfalzgräfin
Mechthild gewidmet, sondern wie in der vor 1471 geschriebenen Augs-
burger hs. (Keller Translationen s. 368) und dem einzeldruch (Pfalzgräfin
M. s. 60. 61. arim. 87. 97) der markgräfin Katharina von Baden: Geben
zu Efslingen auf Esto michi Anno domini millesimo quadringentesimo sexa-
gesimo secundo (die Widmung an die pfalzgräfin ist datiert: monlag
nach Estomihi 1462). m der deutschen Übersetzung der missiva Enee
Silvij sive proiogus (Keller 17,1 — 19,20) ist oft der Wortlaut des tat.
originales über- oder an den rand geschrieben, gelegentlich auch später
noch, der eigentlichen erzählung (Keller 21, 21 ff) geht Ä/. 79' die rote
Überschrift voraus Incipit Historia quam compilavit Aenas Silvius de Senis
que cognominatur Lucrecia ob simililudinem Lucrecie filie Tarquini senatoris
que se ipsam intereunt (sie).
^ beiläufig sei bemerkt dass nach gütiger mitteilimg des hei'rn biblio-
thekssecretärs dr Milclusack in JVolfenbüttel die hinter Steinhöwels Aesop
(Ulmer druck) befindliche novelle von Sigismunda und Gwisgardus mit
Nvff^ytes Übersetzung identisch ist, vgl. Scherer QF 21,11. Lessing ed.
Hempel 11,2,941/:
* das Zeugnis .Jakob Kübels (15;U), das Goedeke Grundriss P, 368.
370 für Steinhöwels auturschaft des deutschen Decamerone anführt, ist
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYE 433
des Decamerone, AvEyb in seinem Ehestandsbüchlein, MMontanus
(Scherer QF 21, 12 f). die häufigste Übertragung ist aber der
Griseldis zu teil geworden. ^ bekannt sind die Übersetzungen HStein-
höwels, Arigos und eines ungenannten mitteldeutschen (Schröder Gri-
seldis und Apollonius s. 3 ff). NvWyles behandlung (Keller 19, b ff.
meine Pfalzgräfin Mechthild s. 59 anm. 85) ist noch nicht wider auf-
gefunden, aber a\ich AvEyb hat diese novelle, deren heldin er Gri-
sardis nennt, verdeutscht oder richtiger ganz frei bearbeitet, dass die
obige ohne autornamen überlieferte fassung von AvEyb herrührt, er-
hellt aus folgendem, der eigentlichen erzählung von der Griseldis ist
eine umfängliche einleitung vorausgeschickt, in der der markgraf —
mit namen erscheint nur die trägerin der handlung — für die ehe-
losigkeit eintritt, während sein rat Marcus'^ die ehe verteidigt, beide
berufen sich dabei auf die alten kirchlichen und profanen Schriftsteller,
aus denen beispiele ausgehoben werden , die die fehler resp. tilgenden
des weiblichen geschlechtes illustrieren sollen , ein thema , das in der
italienischen wie deutschen renaissancelilteratur'^ in mode stand und
beliebt war. der Verfasser der Grisardis hat seine belege vor-
hinl'ällig. es ist natürlich zu interpinigiei'en der fabeln Esopi, Boccacij
vö den Erleuchten Frawen , der Chronica von Hertzog Golfrids hurfart zu
dem heylige (sie) lande ustv.
/' Übel' rniitelenglisvhe bearbeitungen s. jetzt Zupitza ifi derFiertel-
jahrsschrift für kultur und litleratur der renaissance /ig. von LGeiger 1 , 63.]
^ mich in HSachs comödie Gi'iselda nach Boccaccio (ed. Keller 2,07, 3)
führt der erste rat den namen Marco.
3 vgl. zb. des jSiclas von fFyle 16 translution , des HSachs Comedia
oder kampfgespi'Uch zwischen Jupiter und Juno (Keller i,'6 ff) und des-
selben Ob einem weisen mann ein weib zu nemen sey oder nit, nach Theo-
phrastus vgl, oben 385, 17 lesa. (folioausgabe 5 (1579), cccxxxi). Luthers
eintreten für die ehe hat gleichfalls zur behandlung dieses tliemas an-
geregt, vgl. ua. des Joh. Irenetis Pomeranus Lob und unschuldl der Ehe-
frawen 1543 jetzt aus Pomerischer Sprache in Meissnische gebracht vnd
mit etlichen schonen Historien vnd Exempeln gemehret Durch Andream
Hondorff Pfarrherren zu Drayssig , Leipzig 156S, wo in dialogform die
lugenden U7id fehler der frauen behandelt werden, avfser den bekannten
weiber feindlichen citaten aus kii'chlichen und profanen autoren alter zeit
wird hier namentlich vom Verteidiger der frauen gegen Sebastian Franck
polemisiert, der, obwol evangelisch , die schentlichsten vnd sclimehlichsten
Sprüche der Heyden von den Frawen verdeutschet vnd auch darneben die ge-
meinen Sprüche der Gottlosen Welt, damit die Weibesbilder vn der (im druck
den) Ehestandt auff das höchste geschmehet vnnd gescliandüeckt werden, in
einem Buch zu hauffe getragen vnd gesamlet hat, vnd redet auch selbst darnebe
so schmehlich vn spöttisch von den Weibern als kein Heyde gethan hat.
434 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
wiegend aus dem ersten buche des tractates des Hieronymus contra
Jovinianum cap. 43 — 49 (Migne 23, 273 — 282) geschöpft, den auch
Chaucer in der erzdhlung des gutsherrn ( Canter^bury tales, Poetical
works of Geoffrey Chaticer ed. hy Morris 3, 2iyfj benutzte, die-
selben beispiele wie in der Grisardis finden sich nun auch fast
ausnahmslos und wörtlich in AvEybs 1472 vet^ö ff entlichtem Ehe-
standsbüchlein wider, da unsere hs., die selbst copie und zwar
eine äufserst flüchtige, oft geradezu sinnlose (vgl. zb. 383, 3 lesa.)
copie einer älteren ist, aus dem jähre 1470 datiert, so kann über das
Verhältnis beider loerke zu einander kein zweifei sein, die Gri-
sardis ist das älteste (zwischen 1459 (s. unten) und 1472) unter
den erhaltenen werken des AvEyb. ihr folgt die Margarita poetica
(1472), das Ehestandsbüchlein (1472) und der im mai 1474 be-
gonnene, aber erst 1511, im ^^ jähre nach Eybs fode (1475) von
dessen neffen , dem Eichstätter bischof Gabriel von Eyb unter mit-
hilfe des Joh. Huff, canonicus an SWilbolds chor des Eichstätter
domstiftes — von diesem rührt die anordnung des werkes her —
zum druck beförderte Spiegel der sitten^ mit den bearbeitungen
der Menaechmi und Bacchides des Plautus und der Philogenia des
Ugolino von Parma als 3 und 4 teil, über AvEyb vgl. aufser der
iD5 6, 447/f- angeführten litteratur noch Ottmar FHSchönhuth
in der Zs. des hist. Vereins f. d. wirtemb. Franken, Jahrgang 1851,
heft 5 s. 1—15. Scherer LG s. 251/'. 742.3
' hiernach ist die auch in Wackernagels LG^ s. 433 übergegange7ie
in'ige noliz, nach der der Spiegel der sitten 'von AvE. selbst nur lat.
geschrieben und erst lange nach seinem tode verdeutscht worden sei', zu
berichtige?!, die in (iotha befindliche hs. eines Specultim morum Alberti
de Eyb (Jacobs und Ukert Beitr. 3, 18/) verlangt 'weitere mitersuchung.
so weit ich nach den dortigen mitteilungen urteilen kann, zeigt das Spe-
eulum morum weder mit der Margarita poetica noch mit dem Spiegel
der sitten berülwungspuncte.
2 AvEybs biograph Haenle enoähnt 7ioch als dem AvEyb zuge-
schrieben ein Gespräch zioischen dem tod jind einem bauern. die notiz
beruht auf der alten, irrigen, zuerst von Gervinus beztoeifelten annähme,
Eyb sei der Verfasser des Ackermann von Böhmen.
^ bei diesem anlass mag daran eriwiert werdeti, worauf ynich mein
freund Edward Schröder aufmerksam m.acht, dass auch AvEybs älterer
bruder Ludivig (1417 — 1502 ADB 6, 449) in seinen politischen denk-
würdigkeilen gelegentlich ein lebhafteres Interesse für die litteratur durch-
blicken lässt. er kennt SBrandts Narrcnschi/f tmd citiert furter der poet
dh. Ulrich Füetrer, vgl. Cllöflers ausgäbe der LvEybschen denkwürdig-
II GRFSARDIS VON ALBRECHT VON EYB 435
Vorarbeiten aus den jähren 1459/60 zu allen diesen werken —
Eyh hat seine massenhaften excerpte, ex omnibus fere oratoribus,
historicis et philosophis zusammengetragen, verschiedenlich durch
widerholung in seinen Schriften verwertet — finden sich in der
hs. nr 387 fol. der bischößichen bibliothek zu Eichsiätt, deren ein-
sieht mir durch die gute des dortigen bischößichen Ordinariates
ermöglicht worden ist. die hs. (vgl. über sie auch W Vogel Des
ritters Ludwig vEyb des älteren aufzeichnung über das kaiserl.
landgericht des burggraftums Nürnberg usw. s. 30 n.) enthält
Manuscripta miscelanea Joannis de Heldbiirg Sinn: quondam de-
cani Eystett und am schluss folgende vier stücke von der band
des AvEyb: 1. eitie abschrift der Griseldis Petrarcas: De insigni
obedientia et fide uxoria Johann] boccacio franciscus petrarcha
locipit leliciter (12 ss. = Petrarchae opera, Basler ausgäbe v. 1554
s. 600 — 606 haec muliercula passa est), die quelle für Eybs Ver-
deutschung.— 2. Clarissimarum iemiuarum laudacio 14 ss. anfang:
Albertus de Eyb Juris utriusque doclor Sigismundo de Eyh patruo
suo Canonico Eysteteii. s(alutem) d(icit). schluss: Vale Sigismunde
et tuum quod elflagitasti aiuuus accipe. Ex Eystel viii kl decem-
bris Anno LVini^ (1459). eiiie citatensammlung sachlich geordnet,
zb.: De pudicitia mulierum (als beispiele beata virgo, Lucretia,
Minerva, Cassandra etc. genannt). De fide mulierum erga maritos
mit einem zusatz am rande adducatur eliam hie hystoria pro-
ximo toho de Griselde et eius fide etc. De prudencia et sa-
pieutia mulierum. De literarum pericia mulierum usw. es sind
diese excerpte vorarbeiten für die Margarita poetica, in die manches
wörtlich aufgenommen wurde, vgl. ua. dort Secunda pars, tractatus
secundus, oratio 17 De laude et commendatioue clarissimarum
feminarum. — 3. In leuam invectiva, 5 ss. schluss: Valete coq-
tribules et lenas execratas habete. Ex Eystet v'<^ kl decembris
Lviuio (1459) A de Eyb doctor. — 4. An uxor viro sapieuti sit
duceuda, 22 ss. anfang: Albertus de Eyb Juris utriusque doctor
domino Georgio de Absperg decretorum doctori (s. über ihn
meine Pfalzgräfin Mechthild s. 56 anm. 73) s(aluteni) d(icit).
schluss: Ex Eystet viu januarij lx« (1460). die beweisstellen
sind entnommen den in allen werken Eybs reich citierten autoren.
auch hier handelt es sich um eine lat. vorstudie und zwar zum
ketten in der Quellensammlung für fränkische gesell. Iig. von dem hist.
vereine zu Bamberg 1 (1S49), 125. 15ü.
436 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
Ehestandsbüchlein, dessen disposition und einleitung von Eyh zu-
erst lat. aufgezeichnet und dann ins deutsche übersetzt wurde,
manche der hier gesammelten materialien finden sich auch in Eybs
letztem werk, im Spiegel der sitten verwertet.
[Zusatz, mein matiuscript icar bereits im besitz der redac-
tion, als ich durch Goedekes Grundriss 1**, 365 auf eine im cgm.
535 bl. 176" — 206" enthaltene behandlung der Grisardis (B) auf-
merksam wurde, die vermutete Identität der Münchner fassung
mit jener in der Berliner hs. wurde mir auf meine anfrage durch
gütige mitteilung des herrn dr W Meyer bestätigt, die hs. selbst
mir hierher zur benutzung gesandt, für Albrechts von Eyb autor-
schaft bietet auch die Münchner hs. anhaltspuncte , in so fern ihr
Ursprung nach Eichstätt weist, cgm. 535 (ibjh.^) stammt näm-
lich aus dem ^2 stunde oberhalb Eichstätt gelegenen Master Rebdorf
und enthält ua. bl. 1 — 381 ein martyrologium und heiligenleben
der monate Januar, februar, märz, april-, das für den Eichstätter
Sprengel bestimmt gewesen sein muss, wie fnich die vergleichung
mit einem mir vorliegenden älteren Eichstätter breviarium lehrt,
es genügt hier der hinweis auf die besondere Vertrautheit mit der
Eichstätter schutzpatronin SWalburga im texte selbst wie auch im
inhaltsverzeichnis der in der hs. behandelten viten. zu SWal-
burgen todestag (25 februar, Walpurg ein juncldrau) findet
sich in letzterem bl. 2** am rande folgender zusatz in rot Item
sut walpurg beget mä hewt als sie gestorbn ist vod als si er-
haben wart beget mä sie an de tag philip vnd Jacob der xiipoten
(1 mai). — die Grisardis ist unter dem 2d februar (nicht 13 februar,
wie im Verzeichnis der deutschen hss. s.Sl atigegeben ist^) zwischen
*■ </e/' alte einband trägt auf dem rücken zwei zettel. auf dem
oberen steht Legent der Heiligen, dan?i vo7i jmigerer liand Martyrologium
P 1 Jan. Febr. Merz. April; auf dem unteren wider von der älteren band
Teutsches Manual 1457. die von Sclimeller aufgeworfene frage Die An-
gabe '1457' hinten auf dem Rücken, woher? (bleistiftnotiz auf der rück-
seite des 2 sonst unbeschrieberien pergamentblattes) vermag auch ich nicht
sicher zu beantworten, ve7'?nute aber dass die Jahreszahl auf älterer tra-
dition beruht UJid nur als terminus a quo für die abfassungszeit der hs.
zu verwerten sein wird.
^ der cgm. 537 enthält martyrologium und leben der heiiigen der
7nunate septeinber bis december. der mittlere band hat sich laut einem
bleisti f teintrag Schmellers (s. die vorige anmerkung) noch nicht wider-
gefujiden.
^ daselbst ist auch der name Leupolt zu streichen, mit der Grisardis
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 437
Petri stnhlfeier (22 febrnar) und Matthias (24 febrnar) ein-
geschoben, der index führt die erzählung als Ein gut ebenpild
vö eim furstn vnd vo Grisardis auf. Stadler sagt Heiligenlexicon
2, 530 von Griseldis 'ein in neuerer zeit bekannt gewordener
name, von welchem wir jedoch nirgends, nicht einmal in bürger-
lichen kalendern, in denen doch sonst gar verschiedene namen vor-
kommen, etioas haben finden können.'
Wir sind darnach wol berechtigt, die auffallende einfngnng
der Grisardis in ein Eichstätt-Bebdorfer martyrologium und heiligen-
leben aus dem umstände zu erklären, dass ein angesehmer Eich-
stätter domherr diesen Stoff' behandelt hatte, an dem oben s. 434
angesetzten terminus a quo für die abfassungszeit der Grisardis
möchte ich einstweilen festhalten, sollte das Jahr 1457 auf dem
einbandrücken des cgm. 535 mehr beweiskraft besitzen, als ich ihm
nach s. 436 anm. 1 zusprechen kann, so würde das nicht viel ändern:
auf jeden fall ist die Grisardis die älteste unter den uns erhaltenen
Schriften Albrechts von Eyb.
Hätte ich von der existenz der Münchner Grisardis (B) früher
künde gehabt, so würde ich sie, weil sie weniger flüchtig geschrieben
ist als A, meinem texte zu gründe gelegt haben, nun sind nach-
träglich auslassungen und entschiedene fehler in A von mir aus B
corrigiert worden, alles andere, nur mit ansschluss des rein gra-
phischen und der dtirch apocope und syncope herbeigeführten ab-
weichungen, in welch letzteren A und B der zahl nach sich gleich-
berechtigt gegenüberstehen, wurde in die lesarten verwiesen, die
grofse zahl AB gemeinsamer fehler, namentlich in namen (380, 27.
383, 5. 384, 6. 385, 1. 387, 18. 19. 388, 15. 391, 25. 392, 1. 4.
393, 1/f. 7. 15. .394,25. 395,2. 13. 24.26. 396,9. 19. 421, 4),
muss bereits in der vorläge gestanden haben, die also selbst wider nicht
das original gewesen sein kann, dass B nicht aus A geflossen, erhellt,
ganz abgesehen von den vielen flüchtigkeiten , aus den zahlreichen
auslassungen ganzer sätze in A, die sich zumeist aus abirren des
auges erklären: 377, 1 f. 378, 20 ff. 382, 13 f. 383, 1 f. 384, 1 f.
390, 5. 391, 12^. 405, 23. 406, 30/". 410, 19. 415, 19/". 416, 27.
424,3; aber auch A nicht aus B: 398,14/". 408,18? 420,20.]
Es kann nicht in meiner absieht liegen, Eybs Grisardis im
hat nichts zu tun die geschickte vom kaiser Konrad und grafen (nicht mark-
grafen) Leupolt im cg"m. 536 bl. 126 (Goedeke Grundriss P,365 ist also das
citat cgm. 536 zu tilgen) und cgm. 542 bl. 361 (Goedeke aao. 1*, 302 nr 39).
Z. F. D. A. XXIX. N. F. XVII. 30
438 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTF:N JUS,
Verhältnis zu den übrigen bearbeitungen dieser novelle hier im
zusammenhange zu behandeln, so wünschenswert es ist dass auch
die geschickte dieses Volksbuches einmal eine bis itis einzelne
gehende darstellung erfahre, wie wir sie von Seuffert über die
Genovefalegende besitzen ; auch sie hätte in erster Haie die motive
der Veränderungen zu berücksichtigen, in RKöhlers artikel bei
Ersch- Gruber (erste section 91,413^ vgl. auch Gosches Archiv
für litteraturgesch. 1,409/f »nd Zs. für deutsche philologie 8, 102 n.)
ist das material für eine solche arbeit in musterhafter genauigkeit
und Vollständigkeit zusammengetragen, ich verweise aufserdem
noch auf Dnnlop - Liebrecht Gesch. der prosadichtungen s. 252 /f.
Morgenblatt für gebildete leser 1863 nr 38 (s. 885 — 892) und 40
(^s. 942 — 948). Eberts Jahrbuch 4, 113. MLandau GBoccaccio.
sein leben und seine werke s. 159 und desselben Die quellen des
Dekameron^ (1884) s. 156/f, wo ua. s. 160 auf ein hslich in der
Wiener Hof bibliothek ('nr 10108) beftndiiches lateinisches Schauspiel
Grisehdis aufmerksam gemacht ist. zu HSachs comödie vgl. noch
Arch. f. litteraturgesch. 1 1 , 56/". auch Georg Pfund (Pondo) verfasste
eine comoedie von Griseldis (1590), vgl. Goedeke Grundriss 1,329
nr 336. nach Petrarca [aus Abraham a Sancta Clara? s. RKöhler
aao. s. 417''] hat AJConlin (ADB 4, 438) in seiner Thorheit der
närrinnen, Öttingen- Augsburg (1709), 1, 111 /f die geschichte von
der Griseldis in das capitel von der Regiersichtigen närrin einge-
ßochten. vgl. endlich noch Een nedersaksische novelle van Griseldis
(mit eynre geestUke bedudenisse) door JHGallee in der Tijdschrift
voor nederl. taal- en letterkunde iv (1884).
AvEyh hat in seiner widererzählung einen ähnlichen weg ein-
geschlagen wie bei seiner Übertragung Plautinischer comödien: er
war bemüht , seinen originalen deutschen geist einzuhauchen und
namentlich ist ihm dies bei der altrömischen posse gelungen, wenn
ein gleiches streben bei der Grisardis nicht ebenso auffällig sich
geltend macht, so hat das seinen grund in dem Stoffe, der deutschen
anscliauungen weniger fremd gegenübersteht. Eyb hat alle orts-
bezeichnungen getilgt , desgleicheti erscheinen die personen aufser
der heldin Grisardis und dem erst von Eyb benannten obersten
rate des fürsten Marcus namenlos, die geschichte, wie Eyb sie
erzählt, könnte sich auf heimischem boden, in heimischen Ver-
hältnissen abgespielt haben, der gelehrte Verfasser (der dichter
dielz puchleins 374, 8) verfolgt lehrzwecke (373, 1 ff. 410, 28^;.
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYB 439
er wendet sich an beide geschlechter (hoer zu, mau, uud veruyui,
weib und auch junckfraw 373, 14. alle gesiecht 404, 35), insbe-
sondere an die frauen (424, 32 ff. 426, G f) und ehelente (373,
bff. 413, 2. 17 /^y, denen Grisardis und ihr gemahl vorbildei^ der
Keuschheit, einsieht, demut, des gehorsams und der geduld sein
sollen, die säumigen väter , die in ihren kindern keine wahre
gottesfurcht z\i wecken verstehen, weil sie selbst ihrer ermangeln
und 'von gott nicht zu sagen' wissen (405, 26 ff), verweist er auf
den allen vater der Grisardis, der seinem ki7ide, als es die elter-
liche hätte verlässt, gute und fromme lehren mit auf den weg gibt,
den kindern (aller nieuuer irdischeu kiuder 404, 35. Adams kinder
und besuuder Cani , ein verspotter deins vatlers Noe, und die dir
nach volgeu 405, 5 ff) ^predigt er gehorsam und liebe gegen die
eitern, wie Grisardis sie gezeigt, als sie in kindlichem gehorsam
dem markgrafen die hand reichte, wo sie doch lieber in armen Ver-
hältnissen geblieben wäre, der fßege des vaters ihr leben widmend
(404, 35 — 405, 9). dem amtmann hält er das benehmen des mark-
grafen seinen untertatien gegenüber als muster vor (377, 'SO ff) und
umgekehlt verlangt er von den untergebenen vertrauen gegen ihre
Pfleger (378,12yfj. er macht für die schlechten sitten der gegenwart
(373, 20 ff. 374, 8. 406, 1 f. 4 1 3, 17 /f; die geistlichen, die Pilaten, ich
sprich nicht prelaten des crislenlichen volcks, verantwortlich, die
nur ihre eigenen interessen im äuge haben und anstatt hirten zu
sein selbst wölfe^ geworden sind (405, 31 — 406, 5), und die closler-
menschen, die unter dem gehorsam sind (413, 3), sollen gleich-
falls aus der geschichte für sich nutzen ziehen.
Wie schon hervorgehoben ist, erzählt AvEyb die h\Mov\e , die
für ihn auf wahrer begebenheit berxiht {i21, 2{ ff), wenn er auch
an Petrarca anlehnt, doch ganz frei wider, ja ich halte es für
wahrscheinlich dass Eyb, der in Pavia zum doctor promovierte
spätere kämmerling des pabstes Pius ii, bei seinem auf enthalte in
Italien die geschichte hat erzählen hören und gelegentlich züge der
Volksüberlieferung in seiner arbeit verwertet hat, so zb. wenn er
412, 19/f berichtet (man saget auch von ir), Grisardis sei so
geduldig tind gehorsam gewesen, dass ihr name deshalb in ihrer
heimat sprichwörtlich gebraucht worden wäre, und (das Sprichwort)
ist auch noch do seihen unter den trawen, wann wo in den
* auch sonst begegnet bei AvEyb der vergleich mit dem wolf unter
den lämmern: Spiegel der sitten von 1511 ßl. 128". 153".
30*
440 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
landen ein fraw, do vor Zeiten ist Grisardis gewest, irem man
ist widerspenig, lioffertig und zornig, so sprechen die anderen
frawen zu ir also : 'du bist nicht Grisardis.' vielleicht beruht auch
die namensform Grisardis auf einer dialectischen Variante, so-
dann: Petrarca und sämmtliche mir bekannte behandhmgen geben
in Übereinstimmung mit Boccaccio der Grisardis zwei kinder. zu-
erst wird ihr das mädchen genommen, dann widerholt sich das-
selbe beim söhne, die widerholung ist geschickt von Eyb vermieden
(413, 27 /fj: er lässt die kinder gemeinsam der Grisardis nehmen,
aber es ist kaum einzusehen, weshalb es bei Eyb drei kinder, eine
tochter und zwei söhne, sind, falls wir nicht annehmen, Eyb habe
hier aus lebendiger Überlieferung geschöpft, letzteres wird noch
wahrscheinlicher durch den zusatz: ob sie ander kinder nicht mer
pracht hab, das hab ich nicht vernomen tisw. (412, 29). als leere
redensart wäre die bemerkung doch gar zu zwecklos, von zioei
Schwestern des markgrafen (374,22/". 396,29. 397, 16. 399, 3. 410,
31) weifs gleichfalls nur Eyb. auch davon, dass Grisardis beider
ankunft ihrer tochter, der vermeintlichen braut des fürsten, an-
fänglich nur vom nebenzimmer aus durch eine spalte dem aufzuge
der gaste zusieht, findet sich bei Petrarca nichts, bei Boccaccio
bestürmen die hofdamen den markgrafen , freilich vergeblich, er
solle wenigstens Griselda in einem besonderen zimnier bleiben lassen
oder ihr doch eines ihrer früheren kleider geben, damit sie nicht
so armselig unter den gasten umhergehen müste. angeführt seien
noch, ohne dass ich daraus etwas beweisendes schlie/sen möchte,
berufungen wie als ich von ir gebort han 412, 9 f. als ich sie
(die geschichte) (\anü geboret han 373,9. als man saget 425,14.
Im allgemeinen darf man sagen dass Eyb das unnatürliche,
das harte und rauhe in der erzählung um vieles zu mildern,
menschlich begreiflicher zu machen bestrebt gewesen ist. er sucht
es wenigstens eingehender , sorgfältiger zu motivieren und ist darin
noch weiter gegangen als Petrarca, der bereits seinem original Boc-
caccio gegenüber ein gleiches verfahren eingeschlagen hatte (Archiv
1, 409). wenn der markgraf, um Grisardis zu versuchen, grofse
trauer und kümmernis erheuchelt über den doch nur von ihm
selbst gefassten entschluss, sich von seinen kindern und seiner gattin
zu trennen (414,21//^, so empfindet Eyb dass dieses benehmen in
Widerspruch stehe mit dem sonst so edlen wesen des fürsten. er
meint, wer die dinge recht ins äuge fasse, werde dem fürsten des-
H GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYE 441
halb nicht lügenhaftigkeit vorwerfen, habe doch auch Christus sich
gleichsam verstellt, als er nach seiner anferstehung Maria Magda-
lena als gärtner und zweien seiner junger in anderer gestalt er-
schienen sei. oder: Christus ersparte nicht seiner muiter, die doch
gewis unschuldig war, den schmerz seines leidens und Sterbens: so
legte auch der markgraf seiner gemahlin schwere prüfutigen auf,
so wenig sie sie doch nach menschlichem ermessen verdient hatte,
gottes wege sind eben wunderbar und die Werkzeuge, die er sich
zu Vollstreckern seines willens ausersieht, erscheinen uns nicht
immer als die rechten (418,22 — 419, 13), vgl. noch 41S, 2yf.
423, 9 yf. auch darin weicht Eyb von der sonstigen Überlieferung
ab, dass es bei ihm nicht die freude an dem ungebundenen leben
ist, die den markgraf en der ehe abhold macht; die ehelosigkeit des
fürsten beruht hier vielmehr auf religiöser anschauung, ja die
erste hälfte der ganzen er Zählung, die fast ein geistlicher tractat
genannt werden könnte, ist ausgefüllt mit erwägungen der frage,
was gott wolgefälliger sei, die ehe oder die ehelosigkeit, und der ge-
lehrte Verfasser, der auch innerhalb der eigentlicheii novelle sich in
geistlich frommen Wendungen gefällt (400, 22)f. 401, 5 /f. 411, 14 /f.
412, 13/". 417,27j und mit biblischen citaten nicht kargt, sucht gerade
hier seine belesenheit an den mann zu bringen, es bedarf wider-
holter (375, 2ff. 378, iff. vgl. 399, 2 /fj directer anregung von
außen, bis der markgraf sich zur heirat entschliefst. — sodann
wird die Werbung des markgraf en (401, 31 ff) anders erzählt, im
einzelnen die vorläge vertieft, rührend ist, wie der arme alte
vater der Grisardis anfangs und gewis berechtigt zweifelt an der
aufrichtigkeit der Werbung, denn 'gold passe nicht zu eisen', wie
er seine tochter bereits in gedanken entehrt sieht und deshalb
wünscht, selbst nie geboren zu sein, wie er den markgrafen bittet,
ihm das einzige, das er besitze, das ihm vater, muttei', kind und
magd sei, nicht zu nehmen, bis er sich schlief slich von der red-
lichen absieht des hohen wej'bers überzeugt, auch Grisardis weigert
sich anfänglich auf das entschiedenste (404, 27 ff) , während sie
sammt ihrem vater ^ bei Boccaccio und Petrarca im ge fühle der
Untertänigkeit ohne weiteres einwilligt, sie will den vater nicht
verlassen, der sie liebe wie kein gatte sie mehr zu lieben ver-
möchte, die hohe Stellung , die ihr in aussieht steht , kann sie nicht
* dagegen willigt im dänischen und isländischen märchen der vater
gleichfalls nur mit widerstreben in die heirat seiner tochter (Arch. 1, 424),
442 DEUTSCHE PROSANOVELLEN DES FÜNFZEHNTEN JHS.
reizen, sie will die keuschheit bewahren, die sie höher schätze als
alles sonst in der weit, erst durch die bitten des valers und den
hinweis auf gottes gebot, nach dem die kinder ihren eitern ge-
horsam sem sollen, wird sie zum Jawort bewogen, rührend ge-
schildert ist auch der dann folgende abschied vom vater (409, 5 ff),
der seinem kinde gute lehren mitgibt, die sie in ihr herz schrei-
ben solle, läglich möge sie im 'buche ihrer erinnerungen' lesen
(410, hf); fein der zug, wenn der vater der Grisardis die alten
hauskleider mit in die ehe gibt , damit sie sie stets betrachte , allzeit
ihrer herkunft eingedenk und demütig bleibe (410, ^^ ff)- sie legt
später, wenti sie verstofsen wird, das 'halb verfaulte gewand wider
an (421,33). aber wie viel zarter empfindet Eyb, wenn Grisardis
in aller stille hei nacht zei t , vom galten geleitet, in die ärmliche
hätte des vaters zurückkehrt , während Boccaccio und Petrarca sie
vor dem ganzen hofstaat bis auf das hemd alles ablegen lassen,
was sie durch die gnade des fürsten an sich trägt. — endlich sei
noch der hübsche zug hervorgehoben , dass in Eybs erzählmig Gri-
sardis — sie sähe auch etlich zaichen, die die multer an iren
kiiiden pafs wiefsen dann nyniand anders 425, 21 f — ihre kinder
sehr bald widererkennt.
Stilistisch zeigt sich AvEyb auch in der Grisardis als der
gute erzähler und prosaist , als tvelchen wir ihn aus seinen
anderen erzählungen (Guiscard und Sigismunda, Marina und
Albanus im Ehestandsbüchlein , der geschichte ^ vom Streithandel
zweier römischer Jünglinge Publius Cornelius und Cajus (Celerius
bei Eyb) Flamineus, die sich um Lucretia, die locht er des Fnl-
gentius Felix und der Claudia bewarben, ersterer den adel der
geburt, letzterer den der lügend des gemütes verfechtend, im
Spiegel der sitten 1511 fol. 101^ im capitel Von edelen) bereits
kennen. AvEyb überragt NvWyle und Sleinhöwel durch eine leich-
lere und glättere darstellungsweise, die er sich zu eigen gemacht
hat durch emancipation von der römischen denk- und Schreibart,
wo er enger an lateinische vorlagen sich anschliefst, da ist auch
sein deutsch ungewandter , wie aus der ersten hälfte der Grisardis
deutlich wird, die zweite hälfte dagegen, die eigenlliche novelle,
die Eyb nicht übersetzt, sondern im grofsen ganzen sehr frei wider-
' dieselbe ge.schichte erzählt NvWyle in seiner 14 transhdion,
vgl. Heller 284, 35 ff und meine Pfahgräfxn Mechlhild s. 20 und Ol
ah7n. 93. 94.
II GRISARDIS VON ALBRECHT VON EYE 443
erzählt, ist ungleich besser und fliefsender geschrieben, ja ich stehe
nicht an, Eybs Grisardis unter den bekannten älteren behandlungen
dieses Stoffes in deutscher spräche stilistisch^ entschieden die erste
stelle einzuräumen.
* vgl. nuch die belebte darstellungsweiie 401,22//". 410,24/7". sprick-
wörtliche redensarten finden sich 388, 26 /f. 389,31. 394,18. 409,34.
412, 22/7", 422, 30. 423,2; ein hübsches bild 401, 29/"; das Wortspiel Pi-
laten ich sprich nicht prelalen 405,31.
Tübingen. PHILIPP STRAUCH.
RUODLIEB-MÄRCHP]N IN RUSSLAND.
Bei der sloffsammluug für ein werk über unsere abeud-
läudische märcheiulichluiig stiel's ich vviderholt auf die drei-lehren-
fabel iü fassungeu , welche bei Köhler -Seiler uicht verzeichnet
sind, auf eine derselben (Schleicher Litauische märcheu s. 39 ff)
ist kürzlich schon von Ferdinand Holthausen (Germ. 29, 336 f)
hingewiesen worden, und es wäre kein anlass, ihrer nochmals
zu erwähnen , wenn ihn nicht eine kleine exegetische Streitfrage
böte, die erste der drei lehren bezieht sich auf einen weg 'für
heute' und einen anderen 'für morgen'. Holthausen verzichtet
auf eine erklärung, Schleicher versucht eine solche, trifft aber
vvol nicht das rechte, wenn er deutet: 'für heute wol, aber weil
er zu schlecht ist, wird für morgen der andere gewählt.' es
scheint vielmehr eine paradoxie beabsichtigt ähnlich der bekannten
Eulenspiegelschen (wenn du laugsam fährst, kommst du früh an,
wenn schnell, spät), nur dass statt zweierlei geschwindigkeit auf
einem und demselben schlechten weg zwei wege von verschiedener
beschaffenheit gesetzt sind: der 'weg für morgen' wird ausdrück-
lich als der bessere bezeichnet, ist aber vermutlich länger als der
andere, wer ihn fährt, der bedenkt, dass er morgen weiter fahren
will, wer den schlechteren wählt, fährt nur 'für heute', weil er
das fuhrwerk beschädigt und in folge dessen aufenthalt bekommt,
jedoch ist die paradoxie uicht einfach so gefasst: längerer weg,
schneller am ziel, sondern in den namen versteckt: 'weg für
morgen', das klingt, als käme man erst morgen ans heutige ziel,
als sei er ein grofser umweg, während der doppelsinnige ausdruck
denjenigen meint, der 'für morgen' die weiterfahrt ermöglicht.
So viel über die litauische version. aus dem centrum von
444 RUODLIEB- MÄRCHEN UN RÜSSLAND
Russland, südlich von Moskau, südwestlich von Tula stammen
die im kreise Krapiwna gesammelten märchen , welche AAErleu-
weiu 1863 zu Moskau herausgegeben hat.i die nummer 16 ('vom
bauerusohn') s. 82 f erzählt: es war einmal ein bauernsohn von
kleinem wüchse, der vor dem gespött der leute in die weite
weit lief, als ihm sein vater eine trau gab. bei einem alten
männleiu verdingte er sich um einen rubel fürs jähr, nach
dreifsig Jahren verlangte er die abrechnung, und der alte stellte
ihm zur wähl , ob er die dreifsig rubel oder zwei worte als lohn
wolle, er wählte das letzlere, und der alte sprach: du wirst in
einen weiler kommen, da lebt ein alter bauer mit einem jungen
weihe, dort übernachte nicht; und zweitens: hebst du gleich
hoch, lass doch nicht niederfallen, der kleine zog ab, kam auf
das gehöft, sah die junge mit dem alten und wählte eine korn-
darre zum Unterschlupf für die nacht, es kommt ein bauer,
legt die kleider ab und läuft weg. während er fort ist, schneidet
der kleine aus dem liegen gebliebenen rock ein Stückchen heraus
und belauscht dann eine Verabredung zwischen jenem bauern
und der jungen frau, sie wollten den allen umbringen, am
anderen morgen wird als des mordes verdächtig ein kaufmann
verhaftet, der eben dort auf der durchreise war. unser kleiner
aber verspricht den würklichen mörder anzugeben, wenn sich
die gemeinde versammle, das geschieht, nur einer wird als krank
entschuldigt; der muss aber auch herbei und wird mit hilfe jenes
ausgeschnittenen läppchens der tat überführt, der kaufmann und
seine gefährten beschenken den rettenden zeugen, der dann noch-
mals gelegenheit findet, ihnen beizustehen: räuber fallen nämlich
über die kaufleute her, auf ihren hilferuf erhebt der kleine ein
geschrei 'da sind sie 1 da sind sie ! ', sodass die räuber erschrecken
und entfliehen, aufs neue beschenkt wandert er weiter und
kommt nach hause, dort findet er seine frau mit den nach seiner
abreise geborenen söhnen, er hält sie für frenide und hebt schon
das heil, ihnen die köpfe abzuhauen, erinnert sich aber noch
zu rechter zeit der zweiten lehre, weckt die frau und erfährt nun
dass er seine söhne würde ermordet haben, wenn er geld statt
der lehren genommen hätte.
Das märchen steht auf der fünften stufe (Anz. ix83), hat
' Uapo^HbiH cKa3KU, coßpuHHbiu cejbCKUMH yunTcaaMU. iiSAauie
A. A. 3p.ieHBeHHa. Mockbu 1863. 167 ss.
RIO DLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND 445
aber von den drei lehren die erste (ursprünglich zweite; vgl.
aao. s. Sl) vergessen und führt nur das zugehörige ahenteuer,
jedoch an falscher stelle, noch mit, indem die kaufleute aus der
band der rauher befreit werden, nachdem sie von dem verdacht
des mordes gereinigt sind, die reiheufolge der ahenteuer ist also
diese; altes drittes ahenteuer, altes zweites, heimkehrscene. das
motiv , dass der dienstlohu in ein brod eingebacken wird , ist wie
überhaupt auf dieser stufe vergessen, während es bei späteren
wider auftaucht, hat aber wol eine spur in den widerholten be-
lohnungen gelassen , die der held empfängt (vgl. das zu stufe iv
gehörige märchen bei Seiler, Ruodl. s. 54, d). beachtenswert
ist dass die lehren nicht den allgemeinen character von klugheits-
regeln tragen, sondern ein bestimmtes vorauswissen verraten : nicht
vor einem ungleichen ehepar überhaupt wird gewarnt, sondern
vor einem bestimmten an dem und dem ort, nicht mäfsigung im
zorn wird empfohlen, sondern die nachher eintretende Situation
eines zum tödlichen schlag ausholenden wird vorgebildet in dem
rate: hebst du hoch, so lass doch nicht niederfallen, dadurch
ist der novelle ein märchenhafter anstrich verliehen , der alte
dienslherr bekommt etwas von dem wesen übermenschlicher bei-
stände, da der für die fünfte stufe characteristische, übrigens
schon auf der dritten angebahnte zug vom ausschneiden eines
Stückchens tuch aus dem rock des mörders sich auch hier wider-
findet, ein directer Übergang vom keltischen auf slavisches ge-
biet aber kaum anzunehmen ist, so wird derselbe wol in Deutsch-
land hinzugekommen sein (vgl. über Deutschland als Station auf
der wanderuug unseres märcheus Anz. ix 91). ob die entdeckung
des mörders durch den hund im Ruodüeb eine Umwandlung
dieses motivs oder dessen quelle sei, kann um so mehr unerörtert
bleiben, als dieselbe nicht in den fragmenten überhefert, sondern
nur durch eine combination erschlossen ist (Zs. 29, 7), die nicht
jedermann wird gutheifsen wollen, so viel aber wird man zu-
geben, dass in die geographische lücke zwischen der cornischen
und der russischen Überlieferung sich dieser zug der deutschen
nicht uneben einfügt, es darf bei dieser gelegenheit daran erinnert
werden, dass auch in einem anderen märchen eine Übereinstim-
mung des europäischen Ostens mit dem westen gegenüber der
germanisch - romanischen mitte sich zeigt: Köhler behandelt Or.
und occ. 2, 107 den eingaug, welchen mehrere gälifjcbe fassungen
446 RÜODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND
des inäichens von der vergessenen braut haben, als einen zusatz,
der nur ihnen eigen sei. der nämliche zusatz findet sich jedoch
auch in russischen^ fassungen wider: Erlenvvein s. 29 (nr 6);
Afanasiew 5,96 (nr23); dieser fall bildet also eine nahezu deckende
parallele zu dem vorigen, allein zur gegenseitigen aufhellung
könnten beide nur dann dienen, wenn sie einer systematischen
Zusammenstellung ähnlicher beobachlungen eingegliedert wären,
noch aber sind wir weit davon eine märchengeographie zu
besitzen.
An das gouvernement Tula gränzt östlich das von Rjasan;
hier, im kreise Ranenburg, ist folgendes manchen aufgezeichnet bei
Afanasiew^ (5, 150 nr31, a): ein kaufmannssohn, der sein ganzes
erbteil verprasst hat und sich nach arbeit umtut, zieht die äugen
einer reichen kaufmannstocliter auf sich, die ihn von ihren eitern
ium mann begehrt, diese haben nichts dagegen , da ihre tochter
ja mit einem glückshäubchen zur weit gekommen sei, und so
findet die hochzeit statt, die junge frau versteht sich meister-
Hch auf Stickerei und übergibt ihrem mann einen teppich von
ihrer band, den er um hundert rubel verkaufen soll; treffe er
aber einen wackeren menschen, so solle er den teppich gegen
ein gutes wort ablassen, er wird handeis eins mit einem alten
männlein, das ihm dann aber statt des geldes ein gutes wort an-
bietet, darauf geht er ein und empfängt den rat: vordem tode
fürchte nichts, als er seiner frau erzählt, was er ausgerichtet,
dankt sie ihm und gibt ihm einen teppich zu 500 rubel, der
aber gleichfalls um ein gutes wort feil sein soll, diesmal lautet
es: weck auf, untersuche, hau keine köpfe ab. zu haus erzählt
er den handel, und die frau sagt nichts darauf.
Nun rüsten sich seine oheime zu einer handelsreise; während
sie hundert schiffe haben, bringt er zur not ein einziges auf.
wie sie auf dem meer fahren, erhebt sich aus diesem plötzlich
ein see-gorbylj3 und verlangt einen menschen, den man unten
* ein einzelner zug in diesen fassungen, das widerholte untertauchen
im nu-ere und die daran geknüpfte frage 'bist du erschrocken? — ich auch'
findet sich ähnlich in einem schwedischen märchen bei Cavallius und Stephens
s. 200, und wider in einem anderen dänischen bei Grundtvig Folke;eventyr
II 168 (s. 220 der Strodtmannschen Übersetzung), vgl. auch Asbjörnsen und
Moe nr 41 (s. 207 der 6 aufl.).
' ich benütze die dritte ausgäbe, von KSoldatenkow, Moskau 1863.
^ der herausgeber setzt ein fragezeichen zu dem wort, es wird ein
RUODLIEß- MÄRCHEN IN RUSSLAND 417
als Schiedsrichter brauche, die oheime wenden sich an den
neflen, und eingedenk der ersten lehre geht dieser ohne furcht
mit dem seegeschöpf. unten wird ihm die frage vorgelegt, was
wertvoller sei: gold, silber, kupfer? er entscheidet sich für das
letztere, weil nur aus ihm die Scheidemünze herzustellen sei.
man gibt ihm recht, und der gorbylj bringt ihn wider auf sein
schiff, das er mit edelsteinen füllt, als er die oheime einholt,
wirft er die streilfrage auf, ob seine oder ihre wäre kostbarer
sei. sie weisen auf die zahl ihrer schiffe hin, er aber bleibt
dabei, reicher zu sein, schliefslich legen sie die frage einem
könig vor, der den kaufmannssohn ohne weiteres will aufknüpfen
lassen, doch aber sich iiuister zeigen lässt und, als im ver-
dunkelten zimmer die edelsteine zu leuchten anfangen, dem neffen
den sieg sammt den schiffen der oheime zuspricht, zwanzig
jähre treibt er nun handelschafl und kehrt ungeheuer reich nach
hause zurück, dort findet er neben seiner frau zwei Jünglinge
schlafen, zieht den säbel, besinnt sich aber auf den zweiten
rat, weckt die frau und erfahrt dass es Zwillinge sind, die nach
seiner abreise geboren wurden.
Westlich von Moskau , am einfluss der Wasusa in die Wolga
liegt Subzow; in der umgegend wurde eine Variante aufgezeichnet,
die sich bei Afanasiew aao. s. 152 findet, einen kaufmannssohn
Hans Unstern (Ivan Nestastnoj) nimmt eine reiche kaufmanns-
tochter zum manne, schickt ihn dreimal nach seide und ebenso
oft mit Stickereien in die Stadt, den lohn für die handarbeiten
vert;pricht der alte auf einmal auszubezahlen und bietet dann
dafür die drei ratschlage: bei freude freue dich nicht; bei
schrecken erschrick nicht; heb auf, aber lass nicht niederfallen.
Hans verdingt sich als supercargo auf einer handelsflotte , die
dann mitten im meere nicht mehr vom flecke kommt, er steigt,
eingedenk des zweiten rates, als taucher in die tiefe, findet hier
fisch mit stark gewölbtem rücken (gorb) gemeint sein; g-orAy/y bedeutet
sonst allerhand gebauchtes, namentlich den anschnitt am brodlaib und am
baumstamm (den knaufs und den schwärtling); ein fisch, das Seepferdchen,
heifst gorbunok, ein anderer, salmo gibbosus, gorbuscka. nach einer
anderen vorsteliungsreihe hin führt der todkündende 'sargfisch' (MüUenhoff,
Sagen nr 334; vgl. Wolf, Deutsche sagen nr97), der einen sarg auf dem
rücken trägt, sarg heifst grob, was nach Fick^ 2,550 das gewölbte be-
deutet, also mii gorb im letzten gründe eins ist. übrigens wird {ür gorbyl/
auch die bedeutung homme bossii ou voüte angegeben.
448 RUODLlEß- MÄRCHEN IN RUSSLAND
eiu haus, darin eiüeo greis und ein mädchen (den meerköuig
und seine tochter, wie es in einer Variante heifst), davor einen
block mit richtbeil. der alte erklärt den stahl für vorzüglicher,
die junge das zinn. als Hans ihm beistimmt, nimmt der alte das
beil , haut dem mädchen den köpf ab und schenkt Hans drei bril-
lanten, die schiffe können nun wider von der stelle, Hans empfängt
die drei fahrzeuge, die ihm als lohn für sein vvagnis versprochen
waren und bietet dem eigentümer der flotte eine wette , dass er
in seinen drei schiften kostbarere wäre führe als der andere in
seinen 27. als nach Vorzeigung der brillanten der rheder sich
überwunden gibt, ist Hans eigentümer der ganzen flotte und
macht glänzende handelsgeschäfte. bei der heimkehr sieht er,
wie seine frau einen jungen menschen küsst, zieht schon das
Schwert, um beide zu töten, gedenkt aber des dritten Spruches
und erlährt dass er auf den eigenen söhn eifersüchtig gewesen.
Das märchen lässt sich bis ins gubernium Saratow an der
Wolga verfolgen, dort lautet es (Afan. 8,181, nr21): Hans
Unstern, ein armer teufel, der jeden anderen arbeiter mehr ver-
dienen sieht, als ihm selber gelingt, geht zum könig und fragt,
woher es komme dass er kein glück habe, der zar und seine
rate zerbrechen sich vergeblich den köpf, seine tochter aber
meint, man solle ihn verheiraten, dann werde ihm der herrgott
schon ein anderes los bescheren, weil du gar so gescheid bist,
sagt der könig, nimm du ihn; und so muss die prinzessin mit
Unstern ins elend ziehen, sie heifst ihn am meeresstrand ein
einsames hüttchen bauen, schickt ihn erst um seide, dann mit
dem teppich in die Stadt, und Hans nimmt lieber das geld als
den angebotenen rat, obgleich der alte ihn warnt, das geld werde
er doch verlieren, würklich verliert er unterwegs das geld und
wählt das nächste mal den guten rat. derselbe lautet: erheb die
band, doch lass sie nicht niederfallen, und halt dein herz fest.
mit diesem erlös traut sich Hans nicht vor seine frau zu treten
und läuft in die weite weit, er hört von einem lande, wo ein
zwölfhäuptiger drache die leute frisst, und seufzt, dass er kein
geld habe hinzugelangen, den verstand hätte er, zu wissen was
dort zu holen sei. ein vorübergehender kaufmann vernimmt die
klage, streckt ihm geld vor zum bau eines schilfes, und so ge-
langt Unstern, ausgerüstet mit kohlen, hauen, schaufeln und
blasebalg, bis zur höhle des drachen, der eben einen verdauungs-
RUODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND 449
schlaf hält. Hans häuft kohlen um ihn, zündet und lacht sie an,
bis das untier unter greulichem gestanke platzt, haut ihm die
zwölf köpfe ab, verkauft die zwölf drachensteine um fabelhafte
summen, kehrt nach hause zurück und findet seine trau mit
Zwillingen, in bösem argwöhn erhebt er schon die band wider
die trau, bezwingt aber sein herz und erfährt dass er der rechte
vater ist.
Gleich dem Erlenweinschen märchen setzen auch diese die
fünfte entwickelungsstufe voraus, weil die heimkehrscene aus der
alten rahmenfabei zu den abenteuern geschlagen und auf eine
lehre bezogen ist. alles vorhergehende aber ist durch eine neue
erfindung ersetzt, die nur eben das motiv von den ratschlagen
statt des lobnes festhält, die dreizahl der lehren und der abenteuer
ist vergessen , und wenn auch die zweite Version drei lehren hat,
so ist doch für die erste derselben kein abenteuer da , auch klingt
diese nur wie eine spielende erweiterung der zweiten, ähnlich
wie in der eben mitgeteilten fassung die einzige vorkommende
lehre zweigliederig ist, sodass man berechtigt scheint, jene drei-
zahl der lehren lediglich für eine unwillkürliche anlehnung an
die allgemeine märchendreiheit zu halten , nicht für eine nach-
würkung der unserem märchen zukommenden dreizahl, in der
fassung der lehren kommt wider das schon erwähnte specielle
vorauswissen zum ausdruck, und damit stimmt der zug der Sara-
towschen version, dass das männlein sagt: was willst du mit dem
gelde, du verlierst es ja doch, auf die schicksalsmächte im hinter-
grund deutet auch, dass nach einer version die frau mit einem
glückshäubchen auf die weit gekommen ist, dass in der letzten
die frage an den eingang gestellt wird , warum der held kein
glück habe, und dass er in den beiden letzten fassungen den
namen Unstern führt.
Dieses schicksalsthema ist ursprünghch unserem märchen
ganz fremd, es scheint aus dem russischen märchen vom reichen
Markus und glücklosen Vasilij (oder Andrej) zu stammen, doch
bevor dies erörtert wird, empfiehlt es sich, nach jenem Erlenwein-
schen märchen zurückzugreifen , das noch wesentlich den typus
der westeuropäischen fassungen zeigt.
Ein einzelner, kleiner punct ist nämlich vorhin übergangen
und hierher aufgespart worden, der jahreslohn bei dem alten
männlein in der fremde ist sehr niedrig ausgemacht, auf einen
450 RÜODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND
rubel nur. das gemahnt au die kopeke in dem märchen 'drei
kopeken' (Afan. 8, 179, nr 20) und an den pfennig in dem paral-
lelen märchen bei Vuk s. 60, nr 7. dazu kommt noch dass in
den nämlichen 'drei kopeken' dem beiden die wähl gelassen wird,
ob er reichtum haben wolle oder ein gutes weih, und mit dieser
Wendung, die der wähl zwischeu geld und lehren in unseren
Ruodliebmärcheü nachgebildet scheint, i der Übergang genommen
ist zu einem augeschweifsten stück, das aus einer ganz anderen
märchenreihe stammt, das hauptmoUv io den 'drei kopeken' ist
das von der katze des Richard Whittington (worüber zu vgl. KHM
nr 70, VVoir DMS nr 14, Gonzenbach nr 76), und so ergibt sich
mit den specitisch russischen lässungen desRuodliebmärchens noch
die allgemeine ähnlichkeit, dass auf einer seereise grofse reichtümer
gewonnen werden; bei Vuk wird das schiff mit gold und silber
gelullt, ähnlich wie wir oben den gorbylj das f'ahrzeug mit edel-
steinen füllen sahen, und ebenda baut sich vor der Seefahrt der
held ein kleines hültchen, wie in dem zuletzt mitgeteilten Saratow-
schen märchen; in einer russischen Variante (Afan. 5,156, ur32)
gewinnt er drei schiffe, womit sich die drei schiffe vergleichen
lassen , die durch das taucherwagestück gewonnen werden, sind
diese Übereinstimmungen nicht zufällig (und nachher wird sich
zeigen dass sie es nicht sind), dann erhebt sich die frage, auf
welcher seite entlehnung stattgefunden habe, die 'drei kopeken'
erscheinen im vergleich mit den westlichen lässungen des Whit-
lingtonmärchens verkümmert und unselbständig, auch begegnen
Züge aus anderen märchen darin, so findet sich der zug, dass
der kaufmann den erlös für die katze dem 'Richard Whittington'
vorzuenthalten beschliefst, aber durch einen furchtbaren stürm
zu anderen gedanken gebracht wird, worauf sich sofort die wogen
glätten, schöner motiviert wider in dem märchen 'kreuz als pfand'
(Afan. 7, 334, nr49); und die bei uns im bauernaufstand des armen
Konrad historisch gewordene wasserprobe wird nicht blofs mit
den drei kopeken vorgenommen , sondern auch mit dem lohn des
' die entsclieidung wird drei brüdein üiierlassen, die aber an iiiren
alleren bruder verweisen, und dieser ältere, jedoch überaus Jugendliche, rät
zu einer frau. hiermit vergleicht sich ein märchen im Tuti Nameii (Rosen
2,286), und das ist um so beachtenswerter, als dasselbe zu der Pantschat.
1, 395 anm. besprochenen gruppe gehört, die wir weiter unten noch werden
heranzuziehen haben.
RUODLlEß- MÄRCHEN IN RUSSLAND 451
treuen arbeiters in dem märchen von der 'prinzessin, die nicht
lacht' (Alan. 6, 283, nr 58).
Besteht sonach ein gewisser verdacht, dass die russische
iassung des W'hittingtonmärchens überhaupt aus verschiedenen
erzählungen zusammengeborgt sei, folgUch auch bei den Über-
einstimmungen mit den russischen Ruodliebmärchen den letzteren
die gröfsere ursprünglichkeit zukomme, so bleibt immer noch
zu erklären, woher diese ihre abweichungen von den westlichen
Versionen haben, dabei werden wir nun abermals auf das Whit-
tingtonmärchen zurückgewiesen, doch nicht in seinen slavischen
fassungen , sondern in der sicilischen , auf 'die geschichte von
Giuseppinu' bei Gonzenbach nr 76. ein kinderloses königspar
wendet sich im gebet an den heiligen Joseph und bekommt einen
söhn, der dann grofse Sehnsucht nach reisen empfindet und, weil
die eitern ihn nicht wollen ziehen lassen , heimlich davon läuft,
eine königstochter verliebt sich in ihn und begehrt ihn zum
manne, obwol er nur diener im schlösse ist. der könig bespricht
sich mit seinen raten und gibt seine einwilligung unter der be-
dingung dass Giuseppinu zuvor eine reise mache und grofse
reichtümer heim bringe, er rechnet aber im stillen darauf, dass
das schlechte schiff, das man ihm zur Verfügung stellt, unter-
gehen werde, der heilige Joseph macht jedoch als mönch ver-
kleidet die reise mit, bewürkt durch seine nähe dass das schiff
seetüchtig wird, und bringt seinen Schützling in ein land, wo
man kein salz kennt, die leute lernen den gebrauch dieses ge-
würzes, behalten die ganze Schiffsladung, die in lauter salz be-
steht, und füllen es dafür mit gold. aber nun gilt es eine
zweite fahrt; auf dieser geht es mit der VVhitliugton-katze ebenso.
auf einer dritten bilden soldatenanzüge die ladung, eine feind-
liche flotte mit vielen Soldaten bietet kämpf. Giuseppinu nimmt
ihn auf des heiligen rat an unter der bedingung, dass der sieger
das schiff des anderen bekomme, erst unterliegt Giuseppinu,
dann aber, als die ladung zum preis gesetzt wird, siegt er,
kleidet die Soldaten in seine anzüge und flöfsi nun heimkehrend
mit seinem beer dem könige solche furcht ein, dass er keine
weiteren ausfluchte sucht. — hier haben wir, wie in den russi-
schen Ruodliebmärchen , ein reiches mädchen , das sich in einen
armen Jüngling verliebt und die einwilligung des vaters erlangt,
der bräutigam (wie dort der jung»; gatte) gebt zur see und kehrt
452 RLODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND
mit schiffen voll gold zurück, auch ein streit auf dem meer
fehlt nicht, >vobei schiff und Iracht des unterliegenden dem sieger
zugesprochen wird — nur ist es hier ein streit mit waffen, dort
mit Worten, endlich haben wir in der person des heiligen Joseph
die waltende schicksalsmacht, die uns in den russischen Ruod-
hebmärchen so aullcillig gewesen ist. diese letzteren scheinen
ihre eigentümliche gestall einer mischung mit dem Whittington-
märchen zu verdanken, wie umgekehrt die slavische Fassung des
WhitlingtonmHrchens auf einer kreuzung mit mehreren andfivn
mcirchen beruht und speciell den eingang mit dem dienstverhältnis
aus dem Ruodliebmärchen entlehnt hat.
Was den anlass zu dieser doppellen kreuzung gegeben habe,
wissen wir damit so wenig, wie, woher der name Hans Unstern
und die scharfe ausprägung des gedankens stamme, dass der
held ein unglückskind, seine frau ein glückskind isl. schon
oben ward vorausgedeutel auf das märchen, das wir hier zu be-
sprechen haben , vom reichen Markus und von Vasilij Bezscasl-
noj, d. i. Basilius Unstern (Afaii. 1,13, s. S«» und 163: 2.35.
s. 294).
Verrät schon dieser name eine Beziehung zwischen beiden
märchengruppen , so wird dieselbe bestätigt durch den umstand,
dass in der erzählung vom reichen Markus das eingreifen der
schicksalsmächle den grundzug bildet, sie deckl sich nämlich
mit dem deutscheu märchen vom teufel mit den drei goldenen
haaren (KHM ur 29; Gonzenbach nr 47), gehört also einem
grüfseren verbreitung^bezirk an, und eine serbische version (Vuk
nr 13) enthält geradezu den wichtigen zug, dass der held, der
es trotz allen fleifses zu nichts bringt, sich aufmacht, das
Schicksal in person zu befragen, warum es ihm so schlecht
gehe — ganz denselben zug, welchem wir in der Saratow<chen
fassung des Huodliebmärchens begegnet sind, wo der held, dem
alles fehlschlägt, den könig um den grund seines Unsterns
befragt.
Das russische, deutsche und skandinavische (Asbjörnsen und
Moe nr 5) roärchen vom reichen und mächtigen , der den schick-
salsspruch vergebens zu hintertreiben sucht, scheint übrigens
auf einer combiualion aus älteren , einlacheren märcheu zu be-
ruhen, denn erstlich besteht die vordere hallte für sich in jener
schönen sage, die uns durch WHertz unter dem namen Heinrichs
RUODLIEB- MÄRCHEN IN HUSSLAND 453
von Schwaben geläufig ist (vgl. die nachweise ^ bei Oeslerley,
Gesla Rom. ur20), und hat in dieser abgeschlossenheit ein seiten-
stück an dem neugriechischen und litauischen märchen, worin
das verlolgte kind nicht ein knabe, sondern ein mädchen ist
(Bernh. Schmidt, Griech. märchen nr 2, s. 67; Veckenstedt, My-
then usw. der Zamaiten 2, 102, 4, s. 94). zweitens ist da, wo
an den 'Heinrich von Schwaben' ein zweiter teil angeiügt ist,
dieser nicht in allen tassungen der gleiche : statt der sendung
des verfolgten ins jenseits, wobei er von mehreren begegnenden
den auttrag übernimmt, antwort auf gewisse Tragen zurückzu-
bringen, und welche dazu tülirt, dass der habgierige vertolger
den alten lergen des unter- oder aufserweltsstromcs ablösen muss,
findet sich auch das Fridolinmotiv aus dem Gang nach dem eisen-
hammer (Hahn, Griech. märchen nr 20 mit der anm.; Alan. 2,
nr 35), und dies motiv scheint auch in der ersten hallte der
anderen tassung eine spur hinterlassen zu haben , sofern bei
Alan. 1, nr 13 der üriasbriel den aultrag enthält, den ahnungs-
losen boten in einen siedenden kessel zu stürzen, drittens end-
lich kommt jene Wanderung ins jenseits mit den tragen auch
losgelöst von 'Heinrich von Schwaben', mit anderer einleitung
vor (zb. Vuk nrl3; Gonzenbach ur47; Pentam. nr 38), und
es ist beachtenswert dass der vorhin erwähnte zug vom auf-
suchen des Schicksals, um den grund des beharrlichen Unglücks
zu erfragen, gerade aus dieser gruppe stammt, noch in einem
anderen punct verrät sich ein einfluss dieser gruppe auf die
andere, deren vordere hallte der 'Heinrich von Schwaben' bildet,
während nämlich im deutschen märchen bei Grimm (KHM nr 29)
der held in der glückshaut geboren ist, völlig angemessen dem
grundgedanken des 'Heinrich von Schwaben', zieht er bei Wolf
(DHM s. 184 0") vielmehr aus 'sein glück zu suchen' und führt
bei Afan. aao. geradezu den namen 'Unstern', diese umkehrung
ins gegenteil kann kaum wo anders herrühren als von jener fas-
sung, deren repräsentant Vuk 13 ist und worin der vom unglück
verfolgte held den grund davon beim Schicksal selbst erfragen
will, so wilrkt also diese gruppe, die an sich gar keine be-
rührung mit dem Ruodliebmärchen , auch in seiner russischen
* auf die vieifactien besprechungen dieser kaisersage, von Weber,
Köhler, Steindorff, Wesselowsky, Heydenreich, Mafsmann , hier einzugehen
ist kein grund vorhanden.
Z. F. D. Ä. XXIX. N. F. XVil. 31
454 RLODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND
fassuDg, hat, durch die verwandle griippe vom reichen Markus
hindurch auf die Ruodliebmärchen ein.
Fragen wir nun, wie diese ganze niärchentamilie vom reichen
Markus dazu gekommen sei, mit dem Ruodliebmärchen combiniert
zu werden , so ist zunächst nicht mehr zu erkennen als dass die
aussendung des verfolgten ins jenseits, damit er umkomme und
die reiche braut nicht gewinne (vgl. namentlich das eben ange-
führte märchen bei Wolf, sowie Bartsch, Meklenburg. sagen 1,
497 ff, Grundtvig, Folkesevenlvr i 131 ff = s. 95 ff der Leoschen
Übersetzung und Schleicher s. 7 l ff, wo der eingang nichts mehr
mit 'Heinrich von Schwaben' zu tun hat), die gröste ähnlichkeit
zeigt mit den gefährlichen Sendungen in dem weiter oben heran-
gezogenen sicilischen märchen aus der Whittingtongruppe, zu
welchem die erzählung bei Curtze, Volksüberl. aus Waldeck s. (33
in so fern einen Übergang bildet, als sie einen überirdischen paten
des armen knaben tälig in dessen geschick eingreifen lässt und
gleich der bekanntesten fassung des Whittingtonmärchens London
zum Schauplätze hat. da wir aber wol die Übereinstimmungen
dieses märchens mit den russischen Ruodliebversionen gesehen
haben, die brücke aber zwischen ihm und dem Ruodliebmärchen
überhaupt nicht zu finden vermochten, so stehen wir der lOsung
dieser frage noch so fern wie zuvor.
Da dringt denn ein lichtstrahl aus einer ganz abgelegenen
ecke, in Zingerles Lusernischem Wörterbuch findet sich s. 66 ff
ein märchen, das bei Seiler, Ruodl. s. 59 nur so weit angeführt
ist, als es die Ruodliebfabel enthält, nun besteht es aber aus
zwei teilen, der erste enthält die Wanderung ins jenseits ähnlich
eingekleidet wie Gonzenbach nr 47 und weiterhin Vuk nr 13.
ein armer mann geht, den lieben herrgolt selber aufzusuchen,
dies motiv der weiten reise aber scheint den anlass geboten zu
haben, als zweiten teil das Ruodliebmärchen anzuhängen, wo ja
der held aus weiter ferne zunickkehrt, diese koppelung zweier
ganz verschiedenen märchen nun muss den weg nach Russland
gefunden haben, so wenigstens erklärt sich, warum die speci-
fisch russischen Versionen des Ruodliebmärchens die vorhin be-
sprochenen züge tragen: die frage nachdem grund des Unglücks
(vgl. Vuk 13), den namen Unstern, der aus der Markusgruppe
stammt, und ebenso das eingreifen der schicksalsmächte; die züge
aber aus dem sicilischen Josephsmärchen sind hereingekommen,
RÜODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND 455
weil dies märchen ähnlichkeit mit dem von Markus hat. dass
daneben auch das Ruodliebmärchen selbständig autgelasst und
fortgepflanzt ward, beweist das märchen bei Erlenwein, auch das
eingangs erwähnte litauische ist hier anzuführen, da dort das
motiv vom guten und schlechten weg ähnlich behandelt ist wie
im lusernischen. dass aber dieses letztere selbst nur bezüglich
der characteristischen koppelung, nicht aber in bezug aul alle
einzelheiten den zustand widerspiegle, in welchem das Ruodlieb-
märchen nach Russland kam , zeigt ein vergleich seiner übrigen
Züge einerseits mit der Schleicherschen und der Erlenweinschen
fassung, andererseits milder westlichen tradition; denn der haupt-
sache nach ist es auf die achte stufe (Anz. ix 85) vorgerückt.
Es ist oben gesagt worden, das märchen vom leulel mit den
drei goldenen haaren sei in dieser gestalt verhältuismäfsig jung;
gegenüber den norwegischen und russischen parallelen aber er-
scheint es in so fern ursprünglicher, als in ihm der Verfolger
ein könig ist wie im 'Heinrich von Schwaben': die widerholten
angriffe auf das leben des gehassten kuaben und namenthch die
art, wie er seinen mordbefehl erteilt, passen besser für einen
herscher, der das gesetz nicht zu fürchten hat, als für einen
blofsen kaufmann, sei er noch so reich, auch dass in dem oben
erwähnten märchen aus Waldeck der ins jenseits geschickte bräu-
tigam seinem schwäher ein kleines beer mitbringt, deutet darauf
dass dieser ursprünglich nicht kaufmann , sondern künig war.
nach Scandinavien und Russland mag also das märchen von
Deutschland aus gekommen sein, dass der reiche im russischen
märchen den namen Marko führt, rührt davon her, dass dies
der name des reichen in der parabei vom armen Lazarus ist
(Afan. 1 und 2, 167, zu nr 13) — ob auch aufserhalb Russlands,
vermag ich nicht zu sagen; auffällig ist jedesfalls die endung o,
da die sonst übliche form für Markus im russischen Mark ist.
von dem weg, den das Ruodliebmärchen nach Russland genommen,
wird im folgenden die rede sein.
Wenn es richtig ist dass die Russen unser märchen nicht
in einfacher gestalt, sondern in Verbindung mit der reise ins
jenseits überkommen haben, so fragt sich zunächst, ob dieser
andere bestandteil dieselbe form gehabt habe, wie im luserni-
schen märchen. da die Saratowsche version den zug bewahrt
hat, dass der arme held zum könig geht, um den um sein mis-
31*
456 RÜODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND
geschick zu befragen, und der entsprechende zug bei Vuk nr 13
in einer version steht, die der lusernischen und sicilischen ver-
wandt ist, so könnte man geneigt sein die frage zu bejahen, er-
wägt man aber dass die Russen bei der eigentümhehen Umge-
staltung, die sie vornahmen, nicht diese version benutzt haben,
sondern die parallele vom teufel mit den drei haaren i so ist
doch wo! wahrscheinlicher dass der erste teil des märchens diese
letztere fassung gehabt habe; die Saratowsche Überlieferung hätte
dann jenen zug nachträglich aus der parallelen gestaltung her-
übergenommen, ob nun aber schon aufserhalb oder erst inner-
halb Russlands dem ersten teil das grundmotiv beizulegen ist,
dass ein armer bewerber um eine reiche erbin ins jenseits ge-
schickt wird, jedesfalls muste dies motiv eine änderung dahin
erfahren, dass die reiche erbin für ihn nicht erst zu gewinnen, ^
sondern mit ihm verheiratet war; denn der schluss des zweiten
teils, die heimkehrscene mit dem verkannten söhn setzt eine frau
voraus, dadurch sodann, dass die reise ins jenseits durch eine
erfindung nach dem Schema des Whittingtonmärchens ersetzt
ward, wo gleichfalls ein lästiger freier beseitigt werden soll, ist
der unterwellliche character der reise verwischt, doch sehen
wir ihn noch deutlich genug durchblicken in der scene, wo der
russische Ruodlieb ins meer hinabsteigt zum seekönig. wo mag
dieses eigentümliche motiv ursprünglich zu hause sein?
Dass ein fahrzeug, ein mensch plötzlich in der bewegung
gehemmt, 'gestellt' wird, ist ein weitverbreiteter sagenzug; so
bannt ein Wassermann einen menschen , der über eine brücke
will, in Veckenstedts Wend. sagen s. 199. griechische und ita-
lische fassungen des märchens vom Löweneckerchen,^ wo ein
vater auf reisen gehend die töchter fragt, was er mitbringen soll,
enthalten den zug, dass die jüngste für den fall, dass er ihren
* die nach dem 'Teufel mit den drei haaren' gebauten märchen lassen
zwar das par schon vor der reise vermählt sein, aber nicht alle (s. Grundt-
vig, Minder 1,162); auch in derjenigen gruppe, die den eingang ohne das
motiv aus 'Heinrich von Schwaben' erzählt, sind die beiden erst brautleute.
^ in dem zur gleichen gruppe gehörigen märchen bei Golshorn nr42,
s. 14ü ist vielmehr der vater bei errüliung des Versprechens an die stelle
gebannt so lange bis er sein kind dem frosch verlobt; die Situation ist also
dieselbe wie in dem nachher zu erwähnenden schwedischen märchen von
Messeria und scheint gegenüber den griechisch-italischen fassungen die ur-
sprüngliche bedeutung des motivs anzuzeigen.
RüODLIEB-iMÄRCHEN IN RUSSLAND 457
auftrag vergesse, sein schiff verwünscht, nicht von der stelle zu
können (Hahn 1, 97. 122; BSchmidt, Griech, märchen nr 10;
Pentam. 6. 18 == Liebr. 1, 82. 243; wozu etwa zu vgl. Müllenhoff
s. 402j. allein hier ist blofs vom anhalten die rede, nicht vom
hinuntersteigen. Wolf, Beitr. 2, 294 spricht die Vermutung aus,
Strudel und wirbel bezeichnen den eingang in die nixenwohnung.
damit vergleiche man folgende angäbe bei Bertram, Sagen vom
Ladogasee, Helsingfors 1872, s. 4, aus welcher zugleich hervor-
geht dass diese stellen die nämlichen sind , wo die schiffe auf-
gehalten werden, der Wassermann, heifst es da, wohnt tief auf
dem gründe des sees, und über seinem hause sieht man an der
Oberfläche des sees wirbel und Strudel, gerät ein fischer mit
seinem boot da hinein, so wird er immer im kreise herumge-
dreht und kommt nicht eher los, als bis er eine gäbe in den
see wirft, eine brodrinde oder salz oder was er sonst gerade bei
der band hat. aus der Vorstellung nun, dass der eingang zum
nixenhaus die schiffe festhält, scheint die andere hervorgegangen
zu sein, dass ein ankerndes oder aufgelaufenes schiff diesen ein-
gang versperren könne (Strackerjan 1,421 § 259 f; Wolf, Niederl.
sagen s. 610, nr 511), und damit berührt sich die weitere, dass
ein Schiffer zufällig ein loch ins nixenhaus stöfst (Norddeutsche
sagen s. 173, nr 197, 2; Schönwerth 2, 181). im riesengebirge
spielt eine sage von der wasserfrau, die einen über den see
rudernden Jüngling so lange nicht von der stelle kommen lässt,
bis er von hunger bezwungen sich entschliefst, in die tiefe zu
springen und bei der wasserfrau zu wohnen (Grohmann, Sagen
aus Böhmen 1, 147 f). bei Müllenhoff s. 333, nr 453, 3 taucht
während eines heftigen sturms ein Wassermann am Steuer hervor
und droht das schiff zu versenken, wenn nicht die frau des kapitäns
mit ihm herunterkomme und seinem weih in kindsnöten beistehe,
die frau entschliefst sich hinabzusteigen und kehrt nach einigen
stunden reich beschenkt zurück, in den schwedischen märchen
von Messeria, Singorra usw. (Cavallius und Stephens nr 14;
s. 255. 275. 378) hält ein meerweib das königliche schiff so lange
fest, bis ihr das kind versprochen ist, mit dem die königin geht
und das sich später zu ihr auf den meeresgrund begibt, nachdem
andere, untergeschobene opfer von der empörten see wider aus-
geworfen worden sind, nach der Vilcinasaga schläft könig Vil-
cinus in einem wald au der Ostsee bei einer seefrau , die dann
458 RUODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND
auf der heimlährt ihm nochmals erscheint, indem sie das schiff
am Steuer festhält und erst wider loslässl, als der könig sie in
seine heimat bescheidet; das weitere geht uns hier nichts an.
Vilciuus ist ein slavischer held; aber diese sage werden wir für
eine germanische halten dürfen, denn die absieht der ganzen er-
zählung ist nur, einem nordischen riesen- und heldengeschlecht
einen ahnherrn von gefürchletem namen zu verschaffen (Zs.
12, 342). ein Übergang deutscher sage nach Russland ist auch
sonst bezeugt (Zs. 12, 344 f); doch bei der nahen Verwandtschaft
beider Völker lässt sich ebenso wol an gemeinsames altes erbgut
denken: die vorhin erwähnte sage vom Ladogasee beruht schwer-
lich auf entlehnung, und ebenso beispielsweise eine andere (Ber-
tram s. 3), wo durch einen beilhieb in eine gewaltige woge der
Wassergeist verwundet wird, ähnlich wie dies nach Müllenhoff
s. 224 f (Vgl. Grässe, Preufs. sagen 2, 1075ff; Pröhle, DS- nr 89
mit d. anm.), Strackerjan 1, 325 (vgl. meine Nebelsagen s. 281)
in deutscher sage geschieht, und Afan. 8, 397 führt zu unserem
märchenzug nicht blofs ein russisches Volkslied vom kaufmann
S.'idko an , sondern auch ein schwedisches 'herr Feder', der Voll-
ständigkeit halber erinnere ich noch (aus Plinius, bei Lenz, Zool.
d. alten s. 518, vgl. 501) an die sage, wonach ein schiff, das den
kaiser trägt, plötzlich stille steht, die schiffer aber beim tauchen
den kleinen fisch Echeneis am Steuer festgesaugt finden, wiewol
die fabel vom schiffhalter durchs mittelalter fortgepflanzt ward
(KvMegenberg s. 251 f, vgl. Gesta Roman, ed. Oesterley ur 264),
so dürfen wir ihr doch schwerlich einen einfluss auf die nor-
dische Volksüberlieferung zuschreiben, denn Olaus Magnus 791 fl
erwähnt sie zwar, aber nur aus römischen quellen.
Alles in allem macht die taucherscene eher den eindruck
eines nordischen sagenmotivs als eines südlichen, um so auf-
fälliger ist ihre einschallung in den gang des Whittington-
märchens; denn dies liegt in südeuropäischer iässung zu gründe,
wie wir oben gesehen haben , und ein weiterer beleg dafür ist
dieser, ein griechisches märchen bei Hahn 1, 240 (nr 38) er-
zählt, wie einer mit einer ladung Schilfmatten nach Ägypten lährt,
wo doch diese wäre heimisch und wolfeil ist, und dennoch mit
schätzen beladen nach hause kommt — also eine gerade um-
kehrung des Wbiltingtonmotives von der fahrt in das land, wo
man die mitgeführte fracht vielmehr nicht kennt, die geschichte
RUODLlEB-xMÄRCHEN IN RUSSLAND 459
ist in kurzem folgende, ein mann widerholt beständig: ich habe
grütz im kopt, aber kein geld im sack, ein Jude hürt das und
schiefst ihm geld vor, damit er seine grütze bewähren könne,
der mann kauft Schilfmatten und fährt nach Ägypten, thürmt sie
auf dem Strand auf und verbrennt sie zu asche. da kommen
aus dem meere d\e yüid'/.oya,^ fressen von der asche und speien
dafür edelsteine aus, die der mann sammelt, als rückfracht lässt
er sich backsteine anfertigen; die eine hälfte, in der er die edel-
steine verborgen hat, legt er zu unterst in den räum, die andere
oben darauf, unterwegs entsteht ein stürm , und der mann wird
von den mitreisenden gezwungen, die hälfte seiner fracht dem
meere zu opfern, das schiff besteht nun den stürm, und wie sie
glücklich zu lande kommen , verlangt er entschädigung lür seine
steine, vor dem richter weist er den kostbaren inhalt der back-
steine vor, und da die anderen nicht im stände sind, nur für
den zehnten teil der ins meer geworfenen steine mit ihrem ver-
mögen aufzukommen, so werden sie obendrein dem mann als
Sklaven zugesprochen, der Jude bekommt nur das vorgestreckte
geld, keinen gewinnanteil. unverkennbar ist hier die ähnlichkeit
mit dem Saratowschen Ruodliebmärchen, wo der held klagt, dass
er verstand, aber kein geld habe, dieses geborgt erhält, die kost-
baren edelsteine durch anzünden eines grofsen feuers gewinnt,
worin der zwöUköpfige drache umkommt (diese Wendung scheint
echter als das aschefressen der xihäkoya) , mit dem ungeheuren
erlös zurückfährt und seinem gläubiger das darlehen widererstattet,
aber auch die anderen verwandten russischen fassungen haben
hier ihr prototyp. man beachte, wie mitten auf der see das schilf
gefährdet, aber durch ein opfer gerettet wird, wie sich um die
habe des klugen mannes ein rechtsstreit entspinnt und ihm das
vermögen und die personen der anderen zugesprochen werden,
und nehme noch hinzu, was vorhin bei der Inhaltsangabe über-
gangen worden ist, dass die kaufleute anfänglich spöttisch auf
die scheinbar wertlose fracht ihres gefährten heruntersehen , und
man wird zugeben dass hier das urbild vorliege iür die reichen
oheime des Hans Unstern, die bei der gefährdung der flotte ihren
neffen veranlassen , selbst als opfer in die see zu springen , die
' Hahn übersetzt, ohne eine gewähr übernehmen zu wollen, mit 'see-
pferd', womit er sicherlich nicht den oben in der anm. zu gorbylj er-
wähnten fisch meint.
460 RÜODLIEB -MÄRCHEN IN RÜSSLAND
ihn dann verlachen, als er die trage aulwirtt, ob er oder sie
reicher seien, mit ihm vor den richter gehen und, als sich her-
ausstellt dass der neffe die kostbaren edelsteine besitzt, diesem
all ihre schiffe abtreten müssen, zugleich erkennt man die stelle,
wo das taucherabenteuer angefügt ward: das opfer der halben
ladung wird umgewandelt in ein menscheuopler, und da sich an
das hinabspringen ins meer die erwerbung der schätze knüpfen
liefs, so fiel die blofs in der Saratowschen version erhaltene
Wendung weg, wonach es schlangensteine waren, ja, noch mehr:
die in ziegel gebackenen kostbarkeiten scheinen die Verschmelzung
des umgekehrten Whittingtonmärchens mit dem von Ruodlieb be-
günstigt zu haben; sie gemahnen an den in ein brod gebackenen
lohn, der in letzterem märchen eine rolle spielt, dass aber nicht
blofs in Russland diese Verschmelzung bekannt war, dafür findet
sich eine spur in dem siebenbürgischen Ruodliebmärchen bei
Haltrich nr 47 (2 aufl. nr 48), und dieses gewinnt hierdurch be-
sondere Wichtigkeit, obgleich es nur die heimkehrscene bewahrt
hat. ein kluger, aber armer mann zieht in die fremde, um geld
zu verdienen und damit auch seinem verstände zur geltung zu
verhelfen, er dient zwanzig jähre bei einem herrn, der ihm
seinen reichen lohn in ein ziegenfell nähen lässt und ihm den
rat gibt: wenn du heimkommst, lass dreimal deinen zorn ab-
kühlen, ehe du etwas tust, dreimal hat er schon die band er-
hoben, um sein vermeintlich treuloses weih zu töten, bezwingt
sich aber immer wider und erlährt schliefsiich den Sachverhalt
(dieses dreimal ist eine ganz verblasste erinnerung an die alte
dreizahl der lehren), als reicher mann nun macht er die er-
fahrung dass er seinen mitbürgern die tollsten dinge aufbinden
darf, während er zuvor niemals gehör für seinen verständigen rat
fand, dieser allen anderen fassungen unseres märchens tremde
zug, den die überschritt bei Haltrich so ausdrückt 'armul ist
nichts, reichtum ist verstand' kann doch wol nichts anderes sein
als eine reminiscenz an die klage des Saratowschen 'Ruodlieb',
dass er zwar verstand, aber kein geld habe, und stammt mit
dieser aus dem eben besprochenen griechischen märchen.
Die berechtigung, dieses letztere zu der Whittingtongruppe
zu ziehen, mag auf den ersten blick zweifelhaft erscheinen, da
sie sich nur auf den umstand stützt, dass die reise in das land,
wo die matten im überlluss vorhanden sind , sich als umkehrung
RÜODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND 461
des Whiltingtonmotivs darstellt von dem land ohne katzen, und
dass sowol über die katze als über die matten gespöttelt wird,
weil sie wertlose waren seien, allein wenn wir weiter oben
die scenenl'olge des sicilischen Whittingtonmärchens in den rus-
sischen Ruodliebmärchen widergetunden haben und nun diese
letzteren , nach ihrer Saratowschen w ie nach den um Moskau hei-
mischen Fassungen , als nachbildungen des griechischen märchens
erkennen, so gelangen wir aut dem weg der gleichuug dazu, das
griechische ebenfalls lür ein Whittingtonmärchen, wenn auch
für ein umgekehrtes, anzusprechen, dazu kommt noch dass, wie
schon früher erwähnt, das russische Whittingtonmärchen (die
'drei kopeken') von einem stürm berichtet, der nur dadurch be-
schwichtigt wird , dass unrecht angemafstes gut dem eigenlümer
wider zugewandt, ja in der nahestehenden erzählung 'kreuz als
pfand', die wir damals verglichen haben, geradezu ins meer ge-
worfen wird — ein zug, der bedeutsam genug an das opfer
der halben fracht an das aufgeregte meer in dem griechischen
'umgekehrten' Whittingtonmärchen gemahnt, erinnern wir uns
aufserdem dass die Erlenweinsche Ruodliebfassung, die doch im
übrigen mit den westeuropäischen Versionen geht, einen zug aus
den 'drei kopeken' zu bewahren scheint, so werden wir auch von
dieser seite zu der annähme gedrängt, die in Russland bekannt
gewordene Ruodlieberzählung, welche wir uns nach art der
lusernischen zusammengesetzt denken müssen, habe in ihrer ersten
hälfte eine gestalt gehabt oder wenigstens auf russischem boden
gewonnen , die es ermöglichte , in weiterer Umbildung sowol züge
aus dem Whittingtonmärchen als aus dessen griechischer 'um-
kehrung' heranzuziehen, ein einziger glücklicher fund (und viel-
leicht ist er sogar in Afanasiew zu machen, den ich noch lange
nicht völlig durchgemustert habe) lehrt uns wol einmal eine
Zwischenstufe kennen , welche die heute so wunderlich verfitzten
fäden nach herkunft und verlauf deutlicher zu überschauen ver-
stattet, einstweilen müssen wir uns mit der erkenntnis begnügen,
dass die russischen umbildner, welche aus den zwei lose zusammen-
hängenden hälften der lusernischen version ein neues ganze zu
schaffen unternahmen, von ähnlichkeit zu ähnlichkeiten weiter-
gleitend bei dem 'umgekehrten' Whittingtonmärchen halt machten
und von hier die hauptsächlichsten bausteine für die heutige ge-
stalt des russischen 'Ruodlieb' entlehnten.
462 RÜODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND
Das unterseeische abenteuer enthält übrigens einen zug, der
damit noch nicht erklärt ist: die schiedsrichterrolle in dem streit
um den wert der metalle. vielleicht handelt es sich ledighch
um einen reflex des Streites um den wert der Schiffsladungen,
der sich nachher zwischen dem nelTen und seinen oheimen ent-
spinnt: dass er schätze aus der tiefe mitbrachte, muste doch
motiviert werden, und als lohn für hebammendienste, wie in der
oben aus Müllenhotf angeführten sage, waren sie nicht darzu-
stellen, dabei ist jedoch folgendes zu beachten, oben haben
wir die Verwandtschaft hervorgehoben , welche zwischen dem ein-
gang des märchens von Messeria und unserer taucherscene be-
steht, in der dänischen lässung dieses märchens nun (Grundtvig,
Folkeseventyr n 81 = s. 106 der Strodtmannschen Übersetzung)
ist der zug bewahrt, dass das hinabgestiegene menschenkind sein
leben durch 'drei Wahrheiten' lösen muss — ein im norden sehr
beliebtes motiv, wie man aus Gering, Islendzk tevenlyri 2, iSOff
ersieht, und namentlich die nr 6 bei Gering enthält Wahrheiten,
deren formulierung mit der unserer Schiedssprüche genau stimmt,
eine gewisse ähnlichkeit zeigt auch das märcheu vom erbsentinder
bei Haltrich nr 32 (2 aufl. 33), bei Mite Kremnitz, Rumänische
märcheu s. 196 (nr 16) und bei Hahn nr 17 (1, 148; 2, 210).
da gewinnt einer, der auszog 'sein glück zu suchen', schätze da-
durch, dass er die von einem unhold ihm vorgelegten rätselfragen
löst; die scene gemahnt an Vafthrudnismal. die einkleidung sieht
widerum aus, wenigstens bei Hahn und Kremnitz, wie ein ableger
aus Whittington: denn die wäre, zu deren Verfrachtung eine
ganze flotte aufgeboten wird , ist nicht blofs wertlos wie die katze
und die schilimatten, sondern noch gar nicht vorhanden, da der
erbsenfinder, allzu phantasievoll gleich der frau mit dem milch-
topf, vergisst dass er immer noch die eine erbse in der tasche
hat, die daraus berechneten ernten aber vorläufig nirgends als
in seinem köpf existieren, nachdem er jedoch die schätze er-
worben, kriegt er doch noch seine königstochter. auch an
märchensituationen wie sie in der Aslauggruppe vorkommen
(Zingerle, Märchen 1", nr27; Colshorn nr 26), lässt sich erinnern.
die reiche entwickelung derartiger motive in der germanischen
dichtung hat Uhiand im dritten abschnitt seiner abhandlung zu
den Volksliedern gewiesen.
Wir finden das Erlenweinsche märchen in derselben gegend,
RUODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND 463
um Moskau, wo auch die anderen Versionen zu hause sind, da
die letzteren auf eine überheferung zurUckdeuten , welche dem
Ruodliebmärchen ein anderes vorangestellt hatte, ähnhch wie die
lusernische, so könnte die Erlenweinsche fassung einfach die ab-
gefallene zweite hallte sein, und die speciösch russischen tbrmeu
wären erst da entstanden, wo wir sie noch heute antreffen,
ebenso gut ist aber auch eine mehrfache einwanderung, von ver-
schiedenen Seiten her, vorzustellen, im einen wie im anderen
tialle weist aber die eigentümlich russische zu- und Umbildung
mit ihrem maritimen character auf demente hin, welche über
meer gekommen sein müssen — es fragt sich nur: über das
schwarze, oder über die ostsee. so deutlich nun die Verwandt-
schaft mit dem sicilischen Whittingtonmärchen und mit dem 'um-
gekehrten' griechischen nach Süden zu deuten scheint, so führt
doch das motiv mit dem angehaltenen schiif und was sich daran
knüpft, nach norden, da ist denn sehr beachtenswert dass eine
norwegische Whittingtonversiou (Asbjörnsen und Moe nr 59,
3 aufl. s. 306) genau wie die russische den seesturm kennt, der
erst dann nachlässt, als der kaufmann gelobt, den vollen erlös
aus der katze dem eigentümer derselben zuzustellen; und wenn
wir oben in diesem zug einen beweis der Verwandtschaft zwischen
dem griechischen 'umgekehrten Whittington' und dem sicilischen
'Whittington' erkannt haben, so trifft derselbe auch für den nor-
wegischen zu. ferner: der russische 'Ruodlieb' verrät durch
seinen namen 'Unstern', dass er auf dem wege zu seiner heutigen
geslalt den durchgang genommen hat durch das märchen vom
reichen Markus und vom armen Unstern , und aus der hier sich
findenden fahrt ins jenseits stammt auch seine gefahrvolle reise,
wenn nun diese reise in einzelneu Versionen, wie wir früher
gesehen , durch die aus dem Gang nach dem eisenhammer be-
kannte todessendung ersetzt ist, so kommen beide motive ver-
knüpft vor auf dänischem boden: bei Grundtvig, Minder 1, 170
redet der reiche Verfolger mit einem klog mand ab, er solle den
boten totschlagen, der mit einer bestimmten frage zu ihm komme,
die reiseabenteuer aber sind ganz die aus der reise ins jenseits,
drittens : die Verknüpfung des Ruodliebmärchens mit dieser reise
kennen wir bis jetzt nur aus der lusernischen fassung. sie muss
sich aber auch im norden gefunden haben, bei Grundtvig, Fol-
keaevenlyr i 39 (s. 20 der Leoschen Übersetzung) wird die reise
464 RUODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND
auf anstiften des neidischen ritters Rot unternommen; es würde
uns viel zu weit tüliren, wenn wir diesen, namentlich in Scan-
diuavien begegnenden zug durch zahlreiche andere niärcheu hin
verfolgen wollten , und nur das sei hervorgehoben , dass der nei-
dische rote abermals an Fridolin gemahnt, worauf es uns hier
ankommt ist etwas anderes: unterwegs begegnet der höllenreisende
einem hilfreichen raben, der ihm zum abschied noch den rat gibt
'nie von der geraden strafse abzuweichen.' die befolgung dieser
bekannten Ruodlieblehre ist in den weiteren verlauf des märchens
so äufserlich verflochten, dass der auffällige zug kaum etwas
anderes sein kann als ein stehen gebliebener rest aus einer älteren
bearbeilung, worin derselbe seinen guten sinn hatte, also wahr-
scheinlich aus einer der lusernischen verwandten fassung. aucii
in der Hakonsage ist das Ruodliebmärchen mit dem von Fridolin
verschmolzen ; über die herkunft des darin auftretenden 'roten'
sehe man Anz. ix 87, und danach ist zu bemessen , in wie fern
der erwähnte ritter 'Rot' des dänischen märchens eine Fridoliu-
figur heifseu kann: ursprünglich gehört er vielmehr der Ruod-
liebfabel an. das dänische märchen weist also mit jener lehre
und mit der figur des roten auf Ruodlieb als zweiten teil hin,
die Hakonsage auf einen ersten teil , der das Fridolinmotiv ent-
hielt, dessen Zusammenhang mit der reise ins jenseits wir kennen:
beide, das dänische märchen und die Hakonsage, dürften wol
niederschlage aus einer älteren zweiteiligen fassung sein, jenes
hält sich an den ersten unter benutzung einzelner züge aus dem
zweiten, bei dieser ist es umgekehrt.
In der Hakonsage weht dieselbe seeluft wie in den russi-
schen Ruodliebmärchen, und wenn Hakon seinen lohn in zwei
schiffen nach hause fährt statt eingebacken in brotlaiben, so
steht diese abweichung von dem alten Ruodliebmotiv der russi-
schen fassung ebenso nahe, wie seine kenntnis edler steine an
die bedeutung der edelsteine in den russischen Versionen erinnert,
dass er Viglüss heifst statt Unstern oder dgl., gehört zu seinem
lieldencoslüni, und dieses mag manchen zug der volksmäfsigen
Überlieferung zugedeckt haben, au dem lehrencatalog im Ruodlieb
haben wir ein beispiel, wie verschiedene Spielarten einer und
derselben geschichte von einem mittelalterlichen dichter bei seiner
neubearbeitung in erwägung gezogen wurden (Anz. ix88), und
so mag auch die Hakonsage durch Verschmelzung mehrerer Ver-
sionen entstanden sein: mindestens zwei muss der dichter ge-
kannt haben, wie schon Anz. ix 87 ausgesprochen ist, darunter
eine, die dem Ruodliebgedicht nahe stand, sollte in dieser auch
der 'hund des Aubry' vorgekommen sein , den ich Zs. 29, 7 für
das Ruodliebgedicht wahrscheinlich zu macheu suchte, so liefse
sich daraus ein bisher nicht besprochener zug der russischen
fassungen erklären, die frau des 'Unstern' nämlich lässt sich
durch ihren mann seide aus der Stadt holen und schickt ihn
RUODLIEB- MÄRCHEN IN RUSSLAND 465
mit kunstvollen handarbeiten daliiii , um sie zu verkaufen, da sie
eine verstofsene königstochter ist, so liefse sich denken, dieser
zug aus 'Bertha die Spinnerin' (Simrocks gleichnamige schritt s. 146
oben; Mafsmann, Ivch.3,976 anm. 3) sei durch die allgemeine ähn-
lichkeit der Situation hereingekommen, er findet sich aber auch
in der 'königin von Frankreich' (Mafsmann 3, 907), und hier in
Verbindung mit dem 'hunde des Aubry'. zu irgendwie sicheren
Schlüssen berechtigt das freilich noch nicht, aber zu weiterer
nachforschung kann es einen fingerzeig geben ; und unter diesem
gesichtspunct sei noch etwas anderes angeführt: wie 'Unstern'
statt des erlöses aus den Stickereien blofs lehren nach hause
bringt, so heifst es in der einleitung einer anzahl von märchen,
die teilweise zur Aladingruppe gehören (Erlenwein nr 20; Hahn
nr9; Haltrich- nr 21 = 1 aufl. nr 20), dass ein knabe statt des
geldes für das gespinst seiner mutter tiere nach hause bringt,
meistens eine schlänge, die er vom tode gerettet hat in ähnlicher
weise wie das im märchen von der tiersprache (Orient und occi-
dent 2, 164) vorkommt, die hier sich eröffnenden bezüge zu
verfolgen, müssen wir uns für jetzt versagen.
Untersuchungen wie die vorstehende sind ungemein erschwert
durch den umstand, dass das weitschichtige malerial dem einzelnen
vielfach unzugänglich bleibt, vielleicht kann jemand, dessen hilfs-
mittel ihm bessere einsieht in die Verzweigung des Whittington-
märchens verstatten, als ich sie habe, eine auskunft geben, die
uns ermöglicht, den beweis zu vollenden, dass sämmtliche de-
mente des russischen 'Ruodlieb' von den Ostseeländern her ein-
gewandert seien. 1 an ein umfassendes corpus von märchen-
überlieferungen ist ja noch lange nicht zu denken, und so lange
die ansieht herscht, dass die abendländischen märchen insgesammt,
wie das vorliegende, ziemlich jungen Ursprungs seien, wird das
bedürfnis einer solchen Sammlung schwerlich anerkannt werden,
allein die anzeichen mehren sich dass wir in einem grofsen teil
dieser erzählungen Zeugnisse aus den allerältesten zeiten, denk-
mäler der anfange der erzählungskunst zu sehen haben, und wenn
einmal diese Überzeugung durchgedrungen ist, wird sich wol
auch eine gelehrte körperschaft finden, die sich um den welt-
märchenschalz annimmt.
' nach abscliluss des ms. bin icti übrigens wider einiger mafsen zweifel-
liaft geworden, ob nicht doch die einwanderung von süden her wahrschein-
licher sei. denn ich sliefs inzwischen auf eine neugriechische fassung des
Messeriamärchens (Hahn nr 54) , welche den wichtigen zug vom angehal-
tenen schiff gleichfalls enthält.
München, märz 1885. LUDWIG LAISTNER.
466 ZUM PROLOG VON HARTMANNS GREGORIÜS
ZUM PROLOG VON HARTMANNS GREGORIÜS.
Nur in einer jungen liandschritt vollständig und stückweise
in einer anderen überliefert bieten die ersten 170 verse des Gre-
gorius manche Schwierigkeiten, von denen ich die in den vv.
76 — 80 enthaltene nicht zu lösen weifs. andere stellen hoffe ich
im folgenden zu berichtigen.
V. 29 liest Paul nach G loeren dne Sünden sJac, I hat werden
der Sünden slac. m der ersteren lesart bedeutet weren natürlich
'währen, dauern'; dann ist nicht ausgedrückt dass das 'ohne sünde
verharren' etwas treiwilliges ist, dass es eine grofsartige leistung
ist, welche allerdings durch den lohn des ewigen lebens an grüfse
noch überboten wird, diesen begriff erhalten wir, wenn wir aus 1
autnehmen den anstatt äne und werri als 'abwehren' auffassen: die
leistung der seele, die das unheil der sünde abwehrt, erreicht, auch
wenn sie damit seit der gehurt des ersten gebornen begonnen hätte,
nocli nicht die höhe des himmlischen lohnes. noch besser wird
der sinn, wenn wir das werden von I in loeiiden verändern: dies
hiefse nicht nur 'abwehren', sondern auch 'rückgängig machen',
und darum, um die bufse handelt es sich, übrigens ist v. 27
von Bech unrichtig erklärt: 'stammte er von Adam her gleich
Abel dh. gehörte er zu denen, die so rein und heilig sind wie
Abel.' hier ist ja im gegensatz zur kurzen bufse, welche ein
leichtsinniger Sünder in aussieht nimmt, eine unendlich lange
gemeint, Abels tod wird als eines der frühesten ereignisse auch
von Wolfram erwähnt: Wh. 51,30 sit Abel starp durch brnoders
nit. noch besser passen zu unserer stelle altfranz. parallelen:
Chev. au lyon IS 14 le plus bei qui onques fust del ling Abel, und
Montaiglon, Rec. de fahl. 4 p. 136 des lo tens Abel.
34 niemer nie: wegen der parallelstelle aus dem A. H. 114811
um daz ewige leben daz dd niemer zergdt würde auch hier wol
nie zu streichen sein, zumal der sinn von niemer me 'niemals
wider' den gedanken erwecken könnte, als ob das ewige leben
als ein schon einmal vergangenes bezeichnet werden sollte.
41 Paul liest müezikeit nach I missikait; G hat mälkhait.
ersteres scheint allgemein verständlicher, was ja aber gerade gegen
eine Variante spricht; es ist aher nicht ganz zutreffend: nicht
die unbenutzte, sondern die schlecht benutzte, dh. hier die zu
weltlicher dicbtung verwendete zeit will der dichter büfsen. dazu
passt mMe?«'c/«e?Y , was nicht als 'beschwerde, anstrengung, plage'
aufzufassen ist, sondern als 'mutwille, Übermut': in diesem sinne,
synonym mit tump, ungewizzen, frevel, geil kommt müelich oft
vor: s. Lexer. allerdings ist das subst. müelicheit sonst nicht
belegt; aber Hartmann gestattet sich auch das arcal eiqiq^Uvov
lügeiicheit : B. 1,282.
50 l hat Vnd si die nit wider niuwent. anstatt si die liest
ZUiM PROLOG VON HARTMANNS GREGORIÜS 467
Paul sich, indem er zugleich, und gewis mit recht, den sing,
des verbs hier und in der anderen reimzeile einsetzt, allein sich
ninwen ist erst aus späteren quellen belegt; häufig und alt ist
dagegen ein dinc ninwen. streichen wir daher die: 'wenn ihn
seine missetat reut und (er) sie nicht erneut.' dass ein casus-
wechsel des pronomens in verbundenen nebensätzen nicht an-
gedeutet wird, begegnet auch A. H. 808 ff.
84 1. Er enist mit I; G hat der enhat; aber ich hdn heiz
oder kalt heifst in der regel 'mir ist heils oder ich triere'; vgl.
j'ai chand, j'ai froid und s. die von Bech verglichenen stellen.
noch gewöhnlicher wäre da enist: vgl. Erec 1926 da wart niht
kalt noch heiz; und der vers 783 des A. H., den Bech anzieht,
stimmte völlig.
108 das nur in I überlieferte sigelös im reim aut gröz er-
gibt eine bei Hartmann unerhörte reimungenauigkeit. auch der
ausdruck ist ungenau, da ein kampt nicht vorhergegangen ist. beide
anstöfse vermeidet man, wenn das durchaus zutreffende wort bloz
für sigelös eingesetzt wird.
120 setzt Paul xvider ein, überflüssig und kakophonisch neben
nider. es ist anstatt doch zu schreiben noch 'noch jetzt', wie
1673 noch bekere dinen muot.
I22].wandaz der gedinge in machte (l machet jnn) also ringe.
128 süberten mit A ist die alte form (I sühertent): s. die
beispiele bei Lexer.
Zu 132 vgl. Beda zu Lucas 10, 34 alligat (dominus) vulnera
dum praecipit Poenitentiam agile: infundit oleum dum addit Ad-
propinquavit enim regnnm caelorum. Infundit et vinum dum
dicit Omnis arbor quae non facit fructum bonum excidetur et in
igneni mittetur.
148 begie bei Paul ist eine unnötige, ja wol unrichtige con-
jectur. sich eines d. begdn heifst 'von etwas seinen unterhalt,
seine nahrung haben.' dagegen haben wir ergdn in dem hier
passenden sinne 'loskommen, frei werden' in Karajans Sprach-
denkmalen 33, 22 swaz er widir goltes hulden hat getan erne
mage sich shi niht ergdn. in unserem verse ist wunden zu streichen ;
es ist aus dem vorhergehenden widerholf.
Zu dem übrigen texte des Gregorius bemerke ich nur dass
ich die in der vorrede zur 2 aufläge von Haupts A. H. vorge-
schlagenen alhetesen auch jetzt noch für richtig halte.
Strafsburg, den 1 april 1885. E. MARTIN.
WORTERKLÄRUNGEN.
1. feigi kommt nach Graff 3, 432 ahd. nur bei Otfrid, und
zwar zweimal vor, an beiden stellen in ganz ähnlicher Verbindung:
I 11, 10 ni si man nihein so veigi ni sinan zins eigi keime und
I 24, 5 ni si man nihein so feigi ther zuei gifnng eigi, suntar in
468 WORTERKLÄRUNGEN
rehtdeila gispento thaz eina. Graff übersetzt das wort durch unser
'feig', Kelle als 'arm, unbedeutend, gering', Piper 'gering', Erd-
mann 'gering, dürftig', diese autfassungen passen genau genommen
nicht in den Zusammenhang, wenn Augustus von allen menschen
zins verlangt, so kommt es nicht darauf an dass gerade die dürf-
tigen ihm gehorchen, und wer zwei mäntel hat, ist nicht dürftig,
vielmehr ist zu übersetzen 'frech, mutwillig, keck', eine bedeutung,
welche von der altgermanischen 'dem tode verfallen' ausgeht, nur
in anderer richtung als die uns geläufige, der verzweifelnde kann
allen widerstand aufgeben, er kann aber auch (wir sagen dann
'verzweifelt') den widerstand rücksichtslos auf das äufserste steigern,
vgl. zu dieser bedeutung die stellen im DVYB unter 3). eine für
unsere auffassung sehr bezeichnende stelle bietet das Siegfriedslied
143 Do ivard der held Seifride So grimmig vnd so fe.yg Seyn
schwerdt das gundt er fassen Ynd zno dem steyne steyg. in dem
von Grimm unter 3) angegebenen sinn begegnet das wort auch
in der vorrede von Katharina Zell zu ihrem gesangbuch, Strafs-
burg 1534 (PhWackernagel, Bibliogr. des kirchenlieds 554'') schant-
liehe buoben lieder vnnd feyge muotwillige sprach, zu beachten ist
dass in Grimms belegen besonders Geiler, also wider ein Elsässer,
vertreten ist.
2. bei Walther 18, 27 sins hnndes lonf, sins hornes duz er-
helle im, und erschelle im ivol nach eren kann die Verbindung des
worles lonf mit den verben leicht als ein starkes zeugma erscheinen,
an eine änderung, etwa zu lüt 'gebell' ist nicht zu denken: A
und C (hier steht der spruch zweimal) stimmen überein. es muss
bei hnndes lonf ein prägnanter sinn angenommen werden, sodass
es, etwa als kunstausdruck des Jägers, das in der hetze laufen,
das mit gebell hinter dem wilde herlaufen bezeichnet, so auch
in Tüngers Facetien (Litt, verein cxviii s. 97) als der pot mit den
hunden vor dem herczogen sluond, fragt der fürst nnder anderm
oh die lutt lüffen (lat. si vocibus clari essent). der herausgeber
vermutet rüefen, was gewis unnötig ist.
3. unter gelt im DWB bespricht Hildebrand auch die mis-
bräuchliche Verbindung dieses ursprünglichen angebots einer wette
'es gelte! soll es gelten?' mit du, ihr, sie. er schliefst: es ist
auch würklich ein zeitwort daraus rückwärts entnommen worden,
in der Schweiz, und zwar mit der angleichung, die sonst mittel-
deutsch, nicht oberdeutsch ist: daher bei Stalder gällen 'ein-
stimmen.' allein lür diese fälle ist eher anzunehmen dass das
mh(]. geheUen 'übereinstimmen, zustimmen' vorliegt, welches sich
wol schon früher (s. die beispiele aus Lindener und Fischart DWB
unter 3^") mit jenem gelt vermischt hat, sodass auch jenes geltet
ihr vielmehr als gehellet ir 'seid ihr einverstanden' aulzufassen
ist. die syncope der ersten unbetonten silbe ist alemannisch und
bairisch "anz in der Ordnung. E. MARTIN.
Drnck von .T. B. Uirschfeld in Leipzig.
ANZEIGER
FÜR
DEUTSCHES ALTERTHUM
UND
DEUTSCHE LITTERATÜR
UNTER MITWIRKUNG VON WILHELM SCHERER
HERAUSGEGEBEN
VON
ELIAS STEINMEYER
ELFTER BAND
BERLIN
WEIDMANNSGHE BUCHHANDLUNG
1885
INHALT.
Seite
Andresen, Konkurrenzen, von Strobl 229
vBahder, König Rother, von Roediger 109
Bernhardt, Vulfila, von Franck . , 230
Biedermann, HvKleists briefe an seine braut, von Minor .... 193
Bolte, BKrügers Spiel von den bäurischen richtern und dem lands-
knecht, von Minor 87
Brahm, HvKIeist, von Minor 195
Brunnhofer, Ursitz der Indogermanen, von Scherer 180
Gederschiöld, Fornsögur sudrlanda , von Heinzel 128
Cosijn, Altwestsächsische grammatik, von Zupitza 125
Crueger, Die erste gesammtausgabe der Nibb., von Litzmann . , . 176
Dielitz, Die wähl- und denksprüche, von Kochendörffer 171
EUinger, Verhältnis der öfTentl. meinung zu Wahrheit und lüge im
10. 11. 12 Jh., von Kaufmann 87
Gaedertz, Das nd. Schauspiel, von Minor 84
Goedeke, Grundriss i^, von Strauch 247
Götzinger, Das Lob der torheit, verdeutscht von SFrank, von Scherer 181
Hirzel, Verzeichnis einer Goethe-bibliothek, von Minor 138
Hruschka, Zur ags. namensforsch ung, von Schröder ...... 182
Jonas, Litt, korrespondenz des paedagogen FEvRochow, von Pniower 231
Kern, Goethes Torquato Tasso, von Werner 139
Khull, Beiträge zum mhd. wb., von Steinmeyer 89
Kinzel, Lamprechts Alexander, von Roediger 257
Kluge, Etymologisches wb., von Franck 1
Köstlin, Dichtungen von FHölderlin, von Minor 204
Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürgische landeskunde vi, von
Steinmeyer 89
Litzmann, Liscow, von Seuffert 70
Lobe, Wahlsprüche devisen und Sinnsprüche, von Kochendörffer . . 164
Lücke, Goethe und Homer, von Seuffert 282
Mannhardt, Mythologische forschungen , von Meyer 141
Muller, De oude en de jongere bewerking van den Reinaert, von Martin 122
Naumann, Über Herders Stil, von Seuffert 90
Paul, Mhd. grammatik^, von Scherer 99
Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts, von Kaufmann . . . 224
Penlzhorn, ThAbbt, von Seuffert 185
Perry, From Opitz to Lessing, von Steinmeyer 232
Piper, Otfrid ii, von Steinmeyer 183
Richter, Rabener und Liscow, von Seuff"ert 90
Riedel, Schuldrama und thealer, von Minor 192
Roediger, Kritische bemerkungen zu den Nibb., von Steinmeyer . . 31
Roetteken, Der zusammengesetzte satz bei Berthold von Regensburg,
von Strobl 232
Scholle, LMinots lieder, von Brandl 35
Seelmann, Valentin und Namelos, von Schröder 116
IV INHALT
Seite
vStein, Das bildungswesen ml, von Kaufmann 220
Strelilke, Goethes briefe, von Minor 132
Tobler, Schweizerische Volkslieder, von Köhler 7ß
Toischer, Die altd. bearbeitungen der Secreta - secretorum , von Stein-
nieyer 91
vTröltsch, Fundstatistik der vorrömischen metallzeit im Rheingebiete,
von Laistner 219
Vigfusson and Powell, Corpus poeticum boreale, von Heinzel ... 38
Voigt, Ysengrimus, von Laistner 211
Weinhold,. ..Mhd. grammatik^ von Franck 102
Zingerle, Über eine hs. des Passionais und Buches der niärtyrer, von
Strauch 233
Berichtigung 334
Notizen 98. 334
Verzeichnis der auf dem gebiete der neueren deutschen litteratur im
j. 1884 erschienenen wissenschaftlichen publicationen, von Strauch 283
Zur geschichte der deutschen philologie
briefe JGrimms an FWBergmann, von Martin 92
ein brief JGrimms an FHvdHagen, von Steinmeyer 95
briefe von Jacob und Wilhelm Grimm an KMüllenhoflT, von Stein-
meyer 235
miscellen , von Crueger 179
Zu Zs. 28, 376, von Fischer 98
ANZEIGER
FÜR
DEUTSCHES ALTERTHUM UND DEUTSCHE LIÜERATUR
XI, 1 JANUAR 1885
Etymologisches Wörterbuch der deutschen spräche von Friedrich Kluge.
Strafsburg, Karl JTrübner, 1SS3. x.xiv und42Sss. lex. S°. — 10,50 m.*
Wenn mau das etymologisieren systematisch betreiben, dh.
mit allen zu geböte stehenden milteln die geschichte der vvürter
verfolgen wollte, würde ein menschenleben nicht geniigen, um
ein Wörterbuch zusammenzubringen, fast jeder artikel leitet durch
ein weites sprachgeschichtliches gebiet mit einer schier unüber-
sehbaren fülle von physiologischen und psychologischen erschei-
nuQgsformen. allzu häufig wird der schritt durch Schwierigkeiten
gehemmt; nicht seilen steht der forscher vor wahren rätseln, die
ihn fast unwiderstehlich zu bannen versuchen, und das ist noch
das wenigste, der etymologe hätte auch das ganze gebiet der
kulturgeschichte im weitesten sinne zu durchwandeln, er müste
die religiösen anschauungen, den aberglauben, die Vorstellungen
über tiere, pflanzen, mineralieu, die formen und gerate des acker-
baues, der kriegsführung, kurz jede regung des geisles kennen,
deren spur in seinem material zurückgeblieben ist. mit vielen
fällen, in denen ein wort aulkam oder eine neue bedeutung er-
langte, ist ein stück der kulturgeschichte so eng verwoben, dass
man sagen darf, die elymologie sei eigentlich mehr eine aufgäbe,
welche jene mit hilfe der Sprachwissenschaft zu lösen habe, als
umgekehrt, vorläuflg ist nicht abzusehen, ob wir jemals zu dieser
systematischen erforschung der Wörter gelangen werden, so lange
es aber nicht geschieht, bleibt jede etymologie ein mehr oder
minder gelegentlicher einfall.
Man darf deshalb aber von dem, welcher, um einem fühl-
baren bedürfnis abzuhelfen, ein etymologisches Wörterbuch ver-
fasst, nicht verlangen dass er viel noch nicht bekanntes bringe,
was man von ihm erwarten kann ist nur, dass er das vorhan-
dene sammle, in sich aufnehme und wolgesichtet in knapper
form vorführe, bei dieser arbeit muss notwendig auch neues
resultieren , manche frühere Vermutung befestigt sich oder wird
definitiv beseitigt, dem blick, welcher zugleich die geschichte so
[* vgl. Litter. centralbl. 1S82 nr 24. — DLZ 1S82 nr 30 (MRoedigei). —
Gott. gel. anz.lS83 nr 13. 14 (ABezzenberger). — LiUeraturbl. f. germ. und
rom. philol. 1S82 sp. 365, 1883 sp. 118 (OBehaghel). — Neue Zürcher zeitung
1882 (HSchweizer-Siedler). ~ Köln, zeitung 2juni 1882.— Deutsche Rund-
schau, mai 1883. — Engl. Studien vii 358 (HHager).]
A. F. D. A. XI. 1
2 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
vieler würter übersieht, ergeben sich von selbst neue combi-
nationen.
Da das werk, welchem ich hier eine ausführlichere kritik
widme, diesen anforderungen entspricht, so war es schon des-
halb recht dass es von der öffentlichen meinuug mit fast ein-
stimmigem, lautem beifall aufgenommen wurde; und um so mehr
war es recht, als es Vorzüge hat, die weit über jene anforde-
rungen hinausgehen.
Einem anhänger der grammatischen richtung, welche das
ausnahmslose würken der lautgesetze so nachdrücklich betonen
zu sollen glaubt , muste es sich herausstellen dass wir von der
höheren etymologie, welche über die historisch beglaubigte ge-
schichte der worte hinausführt, beträchtlich weniger wissen, als
man noch vor einem menschenalter vermeinte, auch das war zu
erwarten, dass Kl., der den neuen anstofs, welchen die Wissen-
schaft der germanischen sprachen vor sechszehn jähren erhalten,
selbst so wesentlich gefördert hat, das material ausreichend be-
nutzen und sich als zuverlässigen führer durch die lautgeschichte
bewähren werde, aber gerade bei einem manne dieser richtung
ist es zu betonen , wenn er sich den bedingten wert der laut-
lichen Übereinstimmung klar gemacht hat. unsere etymologien
beruhen wol vorwiegend auf lautcombinationen , während sie
richtiger von begriffscombinalionen ausgehen würden, aber es
hat gute gründe, wenn wir in der praxis anders verfahren, und
es verschlägt ja schliefslich nichts, ob wir mit dem wesentlicheren
oder unwesentlicheren beginnen, sobald wir nur die objectivität
behalten, um den wert beider abzuschätzen, das hat Kl. ent-
schieden getan und es zb. in den artikeln dorf und lenz auch
ausdrücklich ausgesprochen, mit gleichem lobe muss man her-
vorheben dass der Verfasser der gewis sehr nahe liegenden Ver-
suchung nach neuen einfallen in nicht geringem grade wider-
standen, dass sein streben nach objectivität ihm zuweilen selbst
Zugeständnisse gegen seine innersten neigungen, zb. den wünsch
einen möglichst grofseu teil des Sprachschatzes als altes indog.
erbgut ansehen zu dürfen, abgerungen bat, dass ihm die arbeit
nicht blofs ein werk des Verstandes und der gewissenhaften for-
schuug war, sondern er mit innerster seele dabei ist (vgl. zb.
dieh). daraus fliefsl auch ein anderer Vorzug, in einem ctyn)o-
logischen Wörterbuch ist zwar jeder arlikel eine sache für sich;
aber sicher wird es jeder mit l'reudeu begrüfsen, wenn Kl. ver-
sucht das ganze überschauend umfassendere resultate für die ge-
schichte der spräche und des Volkes zu ziehen, er ist fleifsig
bestrebt, den einzelnen artikeln gesichtspuncte für die verschie-
densten Seiten der kullurgeschichle abzugewinnen, die manchmal
ebenso schlagend wie einfach sind (vgl. kochen).
Last not least sei das bestreben betont, das wesentliche
der würlgeschichte herauszuarbeiten, das tatsächliche oder ver-
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH ö
mutliche Verbreitungsgebiet scharf abzugränzeu, die mitteiluQg der
äufserea erscheinungsformen zu beschränken zu gunsten der
inneren begrün düng der Wörter und ihrer geschichte. es
gehört ganz gewis zur inneren geschichte des germ. adjectivurps
blind, dass die Indog. für denselben begriff eine andere bezeich-
nung, kaikos, hatten, welche mit veränderter bedeiitung bis ins
germ. hineinragt, wer an der berücksichtigung solcher momente
mäkeln zu müssen glaubt, der beweist dass er vielleicht ein mit
reicheren beweisen von Sprachenkenntnis gespicktes, aber sicher
kein besseres werk schreiben würde.
Treffender als mit worlen beweise ich meine anerkennung
vielleicht durch die tat bei der erfüUung des auftrages, welcher
mir, mit ausdrücklichem hinweis auf Kl.s werk, geworden ist,
das material der nl. spräche in ähnlicher weise zu bearbeiten,
wenn ich dabei abhängiger von meinem unmittelbaren Vorgänger
erscheine als er von den seinigen — ich kann das selbst am
wenigsten beurteilen — , so erklärt sich das einerseits daraus,
dass ich Kl. gerne als führer nehme durch die gebiete, welche
wir gemeinsam zu durchforschen haben, andererseits liegt, so weit
die Übereinstimmung reicht, bei dem auch mir gemessenen be-
schränkten räume darin die anerkennung, dass er das meiner
ansieht nach richtige und wichtige gegeben hat in einer durch
keine bessere oder nur gleich gute zu ersetzenden form.
Es begreift sich dass bei einer arbeit, welche unter der
wechselvollen Stimmung vieler jähre zu stände gekommen ist,
vereinzelt auch inconsequenzen in puncten begegnen , welche ich
als besondere Vorzüge herausheben konnte, so hat es keinen
halt, wenn hemme ohne jedes Zwischenglied, noch dazu auf eine
schwanke lautliche begründung hin, an eine sanskritwurzel 'kauen'
angeknüpft wird; ähnlich ist es bei flennen; auch bei kauz,
kauzen, keil steht man auf schwankem boden; die etymologie
von brüllen, die Vermutung einer wurzel 'weben, spinnen' unter
fitze wären besser unterdrückt (fat- für 'kleidung' braucht man
von fassen nicht zu trennen, die bedeutung kann ebenso erklärt
werden wie die des subst. fass). überhaupt werden die lautge-
schichtlichen Vermutungen manchmal doch mit zu grofser Sicher-
heit vorgetragen , und dasselbe gilt von den kulturhistorischen
Schlüssen, der unter dach zb. hat wenig wert; dach ist 'be-
deckung, deckmaterial', und wenn das germ. wort auch eine
besondere specialisieruog enthält, so kann daraus meines erachtens
nicht geschlossen werden dass die Indog. vor der trennung noch
keine behausungen gedeckt hätten, bestreiten lässt sich die Ver-
mutung, dass mit der aufnähme von fenster auch 'eine Umge-
staltung des begriffes statt gefunden habe', sicher kann ja nie-
mals geschlossen werden dass eine neue bezeichnung nur dann
an die stelle einer anderen komme, wenn sich auch ein neuer
begriff damit verbinde; die aufnähme eines fremdwortes kann zb.
1*
4 KLLGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
reine niodesache sein, hier aber ist noch besonders zu berück-
sicluigen dass ein einfaches wort an die stelle von compositis
tritt, auch ohne die abstraction aus 7iackt und seinen verwandten
wird man sich sagen können dass zu der zeit vor der trennung
*eine art von bekleidung' vorhanden war; zudem ist der schluss,
wenn man will, nicht einmal sicher, da nackt nicht zwingend
den begriff 'mit künstlicher kleidung versehen' als gegensatz
voraussetzt, der schluss unter rast ist kühn; wenigstens können
doch auch andere züge als gerade der von Asien nach Europa
in betracht kommen, und das wort trift 'weide' konnte zu jeder
zeit entstehen, da vieh zur weide getrieben wurde, in den
Schlüssen unter altar und kröne scheint mir sogar ein gewisser
Widerspruch zu stecken.
Dass man im einzelnen sehr oft anderer meinung sein wird,
liegt um so mehr in der natur der sache, als die etymoiogie
meist ja nur resultate von verhältuismäfsig geringer Sicherheit
erzielt, es geschieht nur im interesse der sache , wenn ich unten
meine abweichenden auslebten , so weit ich sie nicht in meinem
Etymolog. Wörterbuch vorzutragen haben werde, ausführlich ver-
zeichne.
Auch nur unter diesem gesichtspunct möchte ich es aufgefasst
wissen, wenn ich principielle mängel eingehender bespreche, teil-
weise fliefsen dieselben aus äufserlichen Verhältnissen hervor.
Dahin rechne ich vor allem dass der zwang so häufig be-
merkbar wird, den die raumbeschränkung auferlegte: überall wird
gespart, und ich irre wol nicht, wenn ich zu fühlen meine dass
der Verfasser manches unterdrücken muste, was er gern zur Ver-
deutlichung und Vervollständigung gesagt hätte, die kürze führt
manclmial bis zur unverständlichkeit, nicht nur für das gröfsere
publicum, auf welches das buch ja gleichfalls berechnet ist, son-
dern auch für eingeweihtere. so wird manchem got. usfarpö bei
fahrt nicht klar werden, es verfehlt den zweck, wenn nicht nur
germ., lat., griech., sondern auch ferner liegende Wörter (vgl,
kneifen), sogar arab. (pauke) ohne bedeutung angeführt w'erden;
was mit der Volksetymologie unter perle gemeint sei, werden viele
nicht verstehen, vom adject. stier erfährt man nur dass es jüngere
ablautsbildung zu starren sei, und von sticken, ersticken bekommen
wir nicht mehr mitgeteilt, als dass es zu sticken 'acu pingere'
und dies zu stechen gehöre, soll sich damit jemand zufrieden
geben? und wer hat nutzen von dem über urbar gesagten? vgl.
ferner ducaten, gebärde, gift, hübsch, inzicht (dessen in einer
erklärung bedürfte) ; unter kauen wäre widerkäuen zu erwähnen,
unter letzen (sich letzen) und plan die jüngere bedeutung zu ent-
wickeln; die unter -//cA. ausgesprochene beziehung zu gr. -Xi%og
müste deutlicher herausgearbeitet sein ; der artikel schüren ist
recht dürftig; schrot mit seinen gedrängten und unvermittelten
zusammenstellun'(en kann niemandem genügen.
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH &
Nicht selten hat Kl. aus der not eine tugend gemacht und
mit iüjerraschendem geschick verstanden, schon durch die an-
ordnung tatsachen hervortreten zu lassen und in knappster form
viel zu sagen, aber ob er bei vielen lesern das nachdenken fin-
den wird, welches er manchmal voraussetzen muss, möchte ich
doch bezweifeln, ferner kann es nicht fehlen dass unter dem
zwang nicht zuweilen auch der ausdruck leidet, indem er un-
schön (zb. bei embeere, am Schlüsse von kühn) oder ungenau
wird: 'zufällig fremd' bei mager enthält einen Widerspruch,
'stockende lautverschiebung' hätte von den älteren nicht über-
nommen werden sollen, eine ganze reihe von bemerkungen wird
dem grofsen publicum unverständlich sein, und ich muss ge-
stehen dass auch mir manches dunkel geblieben ist, an sich oder
im zusammenhange, in diesem sinne sind folgende artikel zu
rügen:! hord ; buch; auer; broäem; frau; frohn (schluss); frist
(und dann : wie kann man an Zusammenhang mit etwas 'eher'
denken, dessen bedeutung nicht klar ist?); gaden (wenn man
riskieren will, das wort aus altgerm. sprachgut zu deuten, so
* manchmal mögen druckfehler schuld sein, die überhaupt nicht seifen
sind: bei lagern fehlt etwas. — ebenso bei öicgen am schluss. — bitten]
st. gebeten 1. gebet. — bleiben] z. 11 1. das subst. fett. — boh] z. 7 1.
bhtildö-s, z. S 1. schliefsnagei. — brauchen] z. 3 fehlt etwas. — borte]
St. räum 1. säum, — braut] st.ghemon 1. ghomon. — dach] z. 4 und 3 v. u.
1. decke als verbum. — dichten] st. erinnern I. ersinnen. — dieb] 1. got.
piubipa. — drei] st. ii'dyus 1. trej'as? — dreist] 1. nd. driste und st. er-
mitteln 1. vermitteln. — ebritz] 1. abrotonmn. — ehe] st. Jahrhunderts 1.
jahrlausends. — ejite] am schluss fehlt etwas. — erbe] 1, alts. erti und
st. arbh 1. arb. — fahrt] 1. ns-farl)6. — faul] z. 8 1. verfaulen lassen. —
fechten] st. faühtan 1. faihtan. — fleyinen] vgl. und got. sind versetzt. —
flüstei'n] es scheint etwas zu lehlen. — franse] z. 3 v. u. st. bedeutung
I. herleitung. — froh7i] z. 9 st. vrö 1. vron. — gans] im ersten teile ist
der satz in Unordnung geraten. — gar] es ist wol etwas weiteres über
arwa ausgefallen. — gehen] z. 6 v. u. ist wol deutung st. bedeutung zu
lesen. — gelichter] st. stellen 1. stehlen. — 2 gelt] st. gale I. gald. —
habicht] st. gadel 1. gadelisch. — hacken] bei haw fehlt beziehung auf
hauen. — 1 hafen] I. vorgerm. khabh. — hageri] 1. alts. bihagon. —
kacken] st. drisen 1. driszen. — kaue] z. 4 st. zu I. aus? — klause] 1.
angustus. — kleie] st. mnl. I. mnd. — klotz] 1. das verbum ballen. —
knoten] z. 7 1. knuda. — könig] z. 15 v. u. 1. t-st. — krüppel] z. 3 1.
kreupel, — kuh] z. 8 statt st. 1. — ? — laufen] z, 9 1. unverwandt. — Hd
steht nicht an der richtigen alphabetischen stelle. — nase] 1. nl. neus. —
nüchtern] 1. nl. nuchter. — reuten] st. pflüg, sterz I. pflugsterz. — samstag]
1. nl. zatei'dag. — schuft] 1. got. skafta. — schal] st. den germ. I. — ? —
scharf] 1. sceorfan 'abreifsen'. — schluchzen] I. ).vy^ 'schluchzen' usw. —
schmaus] z. 2 st. nach 1. noch? — schnaue] 1. ^M. S7iacga. — segen] es
fehlt lat. Signum. — sitte] 1. altn. siä:r. — starr] z. 8 1. welches. — sühne]
z. 3 1. gericht. — taufe] z. 7 st. ags. 1. alts. — teil] z. 5 1. dai-Ii. — thun]
z. 10 St. idg. wol gr. zu lesen. — tragen] I. nl. dragen. — treiben] z. 8
1. idg. dribh. — trinken] 1. ags. drincan. — trocken] st. drük : germ. drug
wol zu lesen germ. druk.-drug. ist z. 10 dhrug richtig? — trotz] trotz-
dem ist an die falsche stelle geraten. — übel] 1. alts. util. — vei-lieren]
1. nl. verliezen. — wimpel] z. 4 1. brustschleier. — zwerch] z. 10 1. twerh.
— manchmal begegnen auch inconsequenzen in der Schreibung, beispiels-
weise in den got. formen unter ferse.
6 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
liegt die sippe voq gatte am nächsten; d wäre wie in baden, der
bedeiitiing wegen stände gemach zur vergleichung); 2 heide (in
dem satze: 'im got. schlösse sich das masc. heide genauer an das
femin. an' wird mau 'das femiu.' auf haipno beziehen, während
doch haipi gemeint ist. überhaupt ist die ganze auseinander-
setzung wenig h'chtvoll, auch nicht durchaus stichhaUig. wenn
got. haipno 'heidin' besteht, war doch auch ein entsprechendes
masc. vorhanden, und ferner hat man kein recht die bedeutung
von got. haipi, die zur erkläruug in anspruch genommen wird,
den anderen dialecten abzusprechen; vgl. meine anmerkung zu
Flandrijs r 473. gemeingerm. haipjö war vermutlich das weite offene
land im gegensatz zur unmittelbaren Umgebung der Wohnungen
und etwa des waldes, und davon ist heiden eine gemeingerm. ab-
leitung, die natürlich nicht zufällig bei den einzelnen stammen
in gleichmäfsiger weise specialisiert wurde; vgl. unten die be-
merkung zu fasten); hose; kaiser; knoblauch (schluss); kraus und
krolle; leinen; seide (schluss). ferner 'beide gruppen' bei bnde,
der erste satz s. 47% der schlusssatz von drehen (der ungeübte
leicht irre führt); der satz in parenthese unter dulden, 'natürlich'
unter friedhof, das 'erschlossene /(asw'«-' unter Ihaar, der schluss
von harnen, die parenthese am schluss von höhn, der schluss von
hummer, die Schlussbemerkung von inständig (übrigens gehört
das wort zu instandan 'in etwas bestehen , beharren'), von käfig,
das unlogische 'kaum' bei kahn, der zweideutige mit 'im ags.
bewahrte' beginnende satz unter kerl (auch wird mancher sich
den köpf zerbrechen, was die anführung von laut am Schlüsse
soll), der 'damit vereinigen' beginnende satz bei köder, der schluss
des artikels lob, die bemerkung bei rosmarin dass 'das wort im
deutschen vom Sprachgefühl zu rose bezogen werde' (die bewei-
senden formen dürften nicht fehlen), die anführung von ags. scrcef
unter scharbe, die Schlussbemerkungen von star und zunge; was
ist unter siech gemeint mit 'vgl. die bedeutungsverschiedenheit
zwischen siech : seuche' ? was heifst unter ivese^i '■ags. wesati, engl.
/ was ua. gehören in die grammatik'? mir hat sich dabei die
frage aufgedrängt, ob es nicht besser wäre, dem gröfseren publicum
nur eine auswahl anzubieten oder von der alphabetischen Ord-
nung abstehend den stoff in einer anderen form zu verarbeiten,
wenn die Verhältnisse würklich so liegen, dass man ein umfang-
reicheres werk nicht riskieren kann.
Die ferneren auflagen werden auch für eine vollere Über-
einstimmung zwischen den einzelnen arlikelu sorgen müssen;
jetzt sind noch manche ungleichmäfsigkeiten , sogar dirccle Wider-
sprüche, und darunter recht starke und auffallende geblieben:
in behagen : hayen , bleiben : leb er , doldetthal (in bezug auf gr.
■^oXog) , drehen : dann (in bezug auf gr. TQrjf.ia) , dumm : taub,
dünn : dunst (man sieht unter dem letzteren nicht, warum beim
erstercn darauf verwiesen wird), 2 fessel : fufs (ähnlich wie beim
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH 7
vorigen), gerste : grand, garten : gurt , garten: gras (in bezug auf
XOQTog), kruke : krug (wo mhd. krnke nicht ausdrücklich er-
wähnt ist), löschen : dreschen (wegen präsenssuffix sk), mit : tniss
(wo ein miss 'gegenseitig' nicht zu findeii ist; misslich fehlt ganz),
pfand:pfenmhg, pfarre : pferch , rechen : recken (liiiisichtlich öpe-
yeiv), sohle : schwelle, stützen : stände, taub : toben, thor : duseln
(in bezug auf dusig), traube : drücken (in bezug auf altn. priiga),
zer gen : zehren , zwerch : durch (in bezug auf durh). im arldiel
krampf scheinen zwei redactionen nicht genügend verschmolzen
zu sein.
Auch müste eine grOfsere gleichmäfsigkeit zwischen dem auf-
zunehmenden und auszuschliefsenden angestrebt werden; manche
composita und ableitungeu bedürften doch eines kurzen Wortes
der erklärung oder wenigstens einer Verweisung an der alpha-
betischen stelle auf die bestandteile, manches fremdvvort verdiente
ebenso wol oder eher die aufnähme als andere, denen sie zu
teil geworden ist, einiges fehlt sicher nur zufällig, gelegentlich
habe ich mir als nachzutragen augemerkt anfachen, anmaßen,
aufhören, ausbund, behäbig, beklommen (auch klemmen fehlt au
der aiphabet, stelle), bereits, bescheren, bestimmen, bö, böschung,
bügeln, dechant, deck, drüben (hüben), einhellig, fähig, feldwebel,
flanke, gehören, gelübde, geraten, geschwader, getümmel, herstellen,
hudeln, langen, metzeln, nachricht , patzig, picken, protz, redlich,
schürger, Sommersprosse, spion (nur unter spähen), stofs ('gefolge',
'actenstofs'), strolch, verschollen (nur unter schelle), verstauchen,
widmen; während zb. rubrik aufgenommen ist, fehlen element und
Schablone (s. unten), dagegen würde man einzelnes wie zores
und mampfen missen können. ^
^ ratsam wäre es vielleicht auch das engl, etwas mehr zurückzudrängen,
aus den Studien des Verfassers begreift es sich, wenn demselben ein so breiter
räum zugestanden wird, und manchem dürfte es zu besonderer freude ge-
reichen dass darin vielleicht die anfange eines etymolog. engl. Wörterbuches
zu erkennen sind, allein wer an die speciellen gründe nicht denkt, dem
verschieben sich in folge der Qbermäfsigen beriicksichtigung der einen spräche
vielleicht die Verhältnisse, hingegen dürfte das nl. etwas mehr beachtet
werden; ich beanspruche keinen gröfseren räum für dasselbe, aber gröfsere
genauigkeit: nl. durven (unter dürfen) bedeutet 'wagen'. — valsch wird
unrichtig zu einem Schlüsse benutzt, da ältere lehnwörter im nl. stets v
aus /"haben, wie vieren, venster. — mn]. flatteren (unter flatieni) ist flat-
teren 'schmeicheln'. — naauw (nah) ist nicht nelnvs. — spalten ist auch
nl.: mnl. nnl. spouden. — man schreibt nicht mehr ligt sondern licht und
entsprechend auch nicht mehr lagchen. — nnl. moei (muhme) ist mnl. moeie
ahd. muoja ^v. fxalu. — nl. liwee (nicht luve) aus kwede ist genau gleich
quitte. — deugdelijk (tüchtig) ist ableitung von deugd = tilgend. — be-
tamen (ziemen) ist kein st. zeitwort und entspricht nicht direct germ. ti^'man.
— nnl. torn (zorn) hat mit zorn nichts zu tun. — nicht nl. tocht ent-
spricht unserem zug, sondern nl. teng. — unter spi'eu wäre die erwähnung
von mnl. spraeien 'streuen, sprühen' sehr am platze, unter staunen die von
mnl. stünen 'sich anstemmen gegen, sich versetzen gegen' und von nl. steunen
'stützen'. — zu strälme vgl. mnX.strene nnl. streen, welches mit stringhe
'sträng' synonym ist. mittelniederländisches von bedeutung hätte noch öfter
S KLUGE ETYMOLOGfSCHES WÖRTERBUCH
Aus tieferem gründe fliefsen einige eigentumlichkeiten, die
ich als mäugel ansehe, es ist wol Hildehrands einQuss darin zu
erkennen, wenn sich so gewaltsam, muss ich sagen, das streben
geltend macht, Wörtern, die allgemeiu als entlehnungeu ange-
sehen werden, germ. Ursprung zu sichern, das Vorurteil führt
Kl. zu unWahrscheinlichkeiten, wie er sie sich sonst kaum zu
schulden kommen lässt. hei kämpf wird geltend gemacht 'dass
von lautlicher seite die annähme der eutlehnuug keine stütze habe',
ist das denn etwa bei Stiefel und manchen anderen Wörtern der
fall? selbst pfalz würde man trotz dem pf der lautgestalt nach
gewis eher für ein germ. wort halten, wer sagt ferner dass die
bedeutung 'eifer' nicht aus 'kämpf erwachsen könne? wenn die
Germanen noch so viele eigene Wörter für 'kämpf hatten, so
konnten sie, wie ja selbst Hildebrand zugibt, für eine specielle
bedeutung darum doch ein fremdvvort entlehnen, und selbst ohne
die specielle uüance der bedeutung. warum sollen die alten
Germanen nicht aus denselben motiven gehandelt haben, aus denen
die jüngeren Wörter wie darne, mamseU, charmant, miserabel und
so viele andere gebrauchen? man sehe nur die rede eines mo-
derneu mannes an, der sehr viel über seine germ. natioualität
reflectiert, wie viel geborgtes gut sie enthält, zu dessen gebrauch
eine nötigung nicht vorhanden ist! kamp heifst in den altgerm.
sprachen 'Zweikampf, dieselbe bedeutung hat mlat. campus, folg-
lich sind beide identisch, wer nun lust hat mlat. campus 'zwei-
Icampf von lat. campus 'kampfplatz' zu trennen, der mag es
riskieren, aber den altgerm. character des wortes würde er damit
immer noch nicht erwiesen haben, es sollte billiger weise doch
auffallen dass alle die mit k anlautenden und sonstigen Wörter,
bei denen die rettungsversuche augestellt werden, im got. fehlen,
es müste doch stutzig machen dass so oft, wie zb. bei köpf und
korb, germ. Wörter mit gleichlautenden fremden zufallig zu-
sammentreffen, sehr verfehlt ist es auch, aus ahd. vorst ein
germ. wort macheu zu wollen, welches zu führe oder gar zu
fairguni gehören soll, es fehlt dafür jeglicher anhält, da die
laulform forst aus lat. forest- oder forast- ganz correct ist. auch
wäre anders die bedeutung 'wilder wald' zu erwarten; aber so
weit das wort sich beobachten lässt, haftet ihm der begriff 'ge-
begterwald' an, und dieser begriff allein würde fast genügen,
um lal.-roman. enllchnung zu vermuten, was die mlat. formen
betrilft, so hat man nicht den mindesten grund an ihrer ablei-
lung aus lat. foris oder foras zu zweifeln; dass daraus forest-
hervorgehen konnte, beweist ital. forestiere 'fremder', auch die
bedeutung gibt keinen genügenden anlass, um die alte elymologie
zu beanstanden, warum stimmen die bedeutungen von lat. cupella,
aiiyelührt werden können, unter enthc/iren würde die rücksichtnahnie auf
miil. ontbercn, welclies 'unterlassen' bedeutet, eine lalsche elymolofjie er-
spart haben.
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖKTERBÜCH 9
ciipelliis nicht zu kübel? sie sind deminutiva von cupa und be-
deuten mithin 'kleine kufe'. und was weist positiv auf gerni.
kubil-? mit hoben 'enger räum' kann keine Verwandtschaft be-
stehen, denn der kübel ist kein enger räum, mnl. cövele 'kutte,
haube' (sie heifsen wide cövele!) ist a'ibüa und dies entsteht regel-
recht aus cnbella (cupella) — die namen von kleidungsstücken und
gefäfsen berühren sich öfter — , und so bleibt auch für ahd. *chubil
ein lat. deminutivum das wahrscheiulichste etymou. semmel
soll ein deutsches wort sein und zu ahd. Simon 'essen' geboren,
welches wol nur aus gisemon Olfr. iv 20,6 erschlossen ist! auch
*die frühe Verbreitung über die westgerm. sprachen' kann nicht,
wie es zb. bei tilgen geschieht, als entscheidender beweis gegen
entlehnung geltend gemacht werden, wir müssen sogar gemein-
same sprachgeschichtliche entwickelungszüge bei sämmtlichen Ger-
manen nach der irennung zugeben (s. oben die bemerkung zu
heide und unten zu fasten), und Kl. kann gewis nichts im princip
dagegen haben, da er seite xvi f der einleitung voraussetzt dass
'der fortwährende verkehr zwischen den ausgewanderten Indo-
germanen zu einem regen austausch von kulturerrungenschaften
führte' und zuweilen 'sprachliche Übereinstimmungen bei den west-
lichen Indogermanen nur auf Übertragung von einem volk zum
anderen beruhen (s. nähenf. aber wenn darin auch eine Schwierig-
keit liegen sollte, so darf sie doch nicht gegen eine so genaue
Übereinstimmung in bedeutung und form in anschlag gebracht
werden, wie sie tilgen mit delere zeigt, dass aus deleo diljö, di-
ligö, dtlö werden konnte, wird wol niemand bestreiten (Übergang
von lat. e im germ. zu i bespricht Kl. selbst unter feier); ganz
ebenso kommt ahd. bi-munigö 'ermahne' aus moneo. man vergl.
auch den parallelismus: Olfried dilön, crüzön, INotker tiligön,
chrüzigön. bei mancher anderen etymologie noch erkenne ich das
gleiche Vorurteil, recht grell tritt es bei hurtig hervor, wo der
vollständig genügenden, überzeugenden und anerkannten ableitung
von hurt, hurten ganz überflüssiger weise noch die au sich sehr
unsichere, jedes festen bodens entbehrende Vermutung augehängt
wird, das wort könne auch mit ags. hrced zusammengehören,
mhd. hurtedich wird man doch nicht von hurt trennen, und dass
dies das französische wort ist, wird zum überfluss durch mnl. hurt
(hurten) erhärtet, den methodischen fehler, welcher hier herein-
spielt, treffen wir auch wol aufserhaib dieses Zusammenhanges:
der gewöhnlichen etymologie von gatter wird noch eine lautlich
unmögliche und begrifflich keineswegs bessere beigegeben und der
überzeugenden von wort = verbum noch eine möglichkeit an-
gehängt, die danach keinen sinn mehr hat. es ist ja ein beweis
unseres geringen etymologischen wissens, wenn wir mehrere mög-
lichkeiten zugeben müssen; darum werden wir es aber auch nur
dann tun, wenn es absolut nötig ist, wenn die Wahrscheinlichkeit
in den verschiedenen fallen sich die wage hält, bei jener eut-
10 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
schiedenen neiguog des Verfassers wundert es mich dass unter
scherz nicht ruhig gesagt ist dass ital. scherzare nur deutsches
lehnwort sein könne, was ist gegen die vergleichungen hei Fick^
206 einzuwenden? auch hei schuf dürfte der germ. Ursprung
schärfer hetont werden auf grund von alternnl. scilf, scelfe, wel-
ches schwerlich dem deutschen entlehnt ist. gegen die Zusammen-
stellung mit Schelfe 'schale' (scilf 'pflanze, die sich leicht abschält')
ist auch nichts einzuwenden; vgl. nl. schilferen 'in dünnen blätt-
chen abfallen.'
Begreiflicher, aber darum noch nicht berechtigt, ist die
gröfsere beachtung, welche altgerm. Wörter gegenüber jung be-
legten und besonders jünger gebildeten finden, das interesse des
Verfassers erlahmt, wenn sich nicht die aussieht auf ein weites
gebiet der idg. Sprachgeschichte, oder mindestens ein interessan-
ter blick in die kulturgeschichte erötfuet. ein artikel wie schmutz
macht nicht den eindruck, als ob er sehr durchgearbeitet sei, und
sticht dadurch vom allgemeinen character des buches um so mehr
ab. das ist aber keine volle objectivität; das Proletariat, so weit
es in die Schriftsprache eingedrungen ist, sollte gleiches recht
haben wie der wortadel. auch ist es übereilt, zb. hei bahn zu
sagen: 'der älteren Sprachgeschichte fehlt ein hiermit identisches
wort und somit jeder anhält für die etymologie'; dass dem in
diesem speciellen falle nicht so ist, habe ich in meinem Etymolog,
wb. unter baa7i gezeigt, zu schnell fertige behauptungen hätte
ich auch sonst anzumerken, wenn beispielsweise unter fütif — und
ähnlich öfter — gesagt wird 'die versuche, die benennung ety-
mologisch zu ergründen, in ihr etwa ein wort 'haud' zu erken-
nen, haben keine berechligung. die idg. Zahlenbenennungen stehen
als feste bildungen vor uns, deren Ursprung dunkel ist.' wer darf
denn behaupten dass nicht einmal eine plausible etymologie gefun-
den werden könne? dass der Verfasser nicht etwa blofs sagen will,
die bis jetzt gemachten versuche seien verfehlt, scheint sich bei hatid
zu ergeben, wo es fast zum axiom erhoben wird dass ein solches
wort isoliert dastehen müsse, vgl. auch haber am schluss.
Aus den neigungen und abneigungen des Verfassers erklärt
es sich dass , auch abgesehen von verkannten lehnwörtern, man-
ches einfach als idg. oder doch altgerm. erbgut betrachtet wird,
was es nicht ist, von dem wir es wenigstens nicht beweisen kön-
nen, dabei ist ein principieller factor in der Sprachgeschichte
nicht gehörig zur geltung gekommen, bei dem ich etwas verweilen
möchte, ich meine die onoma topoeie, indem ich das wort
weiter fasse, als es in der regel geschieht, und dasselbe darunter
verstehe, was I'aul im 10 cap. seiner Principien der Sprachge-
schichte urschöpfung nennt und sehr gut hehanilelt (v^'l. dazu
auch Whitney Leben und Wachstum der spr. s. 318 IT und meine
bemerkung Zs. 27, 1421). Kl. hat in seinem Vortrag über ety-
mologie, gehalten auf der Karlsruher philologenversammlung, das
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH 11
cap. aus Pauls buche ciliert, aber ob er ihm die tragweite se-
geben hat, die Paul selbst beabsichtigte, möchte ich bezweifeln,
ich wähle die andere bezeichnung, weil sie bequem ist und das
wesen der sache trifTt. denn eine biklung ist nicht nur dann
als onomatopoetisch zu fassen, wenn die laute, aus denen sie
besteht, unmittelbar auf den geist einen ähnlichen eindruck
machen wie das zu bezeichnende object, sondern wenn die be-
deulung überhaupt mit dem laulgebilde eng verknüpft ist, wenn
jener eindruck durch eine association irgend welcher art zu stände
gebracht wird. Wörter, die buchstäblich einen schall ausdrücken,
kann es kaum geben, weil es keinen articulierten schall gibt,
wir sehen ja auch dass derselbe schall auf verschiedene weise
bezeichnet wird, die bezeichnungen aber gleichmäfsig für ono-
malopoetisch gelten, die gewöhnliche interjeclion beim fallen
eines schweren gegenständes ins wasser ist phimps, man sagt da-
für aber auch bums, und zuweilen kann man bei derselben ge-
legenheit das lautlich sehr verschiedene platsch anwenden; hautz
wird für einen schlag mit der faust gebraucht, bautzen ist aber
auch bellen, noch stärker werden die differenzen bei den bezeich-
nungen sehr sinnfälliger bewegungen, wo ja die onomatopoeie not-
wendig schon mittelbarer sein muss als bei schalhvörtern. ferner
wissen wir dass Wörter für sinnfällige Vorstellungen mit grofser
bestimmtheit onomatopoetisch aufgefasst werden, die zufällig die
betreffende lautgestalt resp. die betreffende bedeutung erlangt
haben; und in vielen fällen würde es wol sehr schwer zu er-
weisen sein, in wie fern die lautgestalt der Vorstellung conform
ist. das kommt daher, weil die conformität zuweilen erst auf
einer reihe von associationen beruht, die vermittelung kann nui^
auch dadurch zu stände kommen dass eine anzahl anderer Wörter
von ähnlicher bedeutung eine ähnliche lautgestalt haben, in der
ursprünglich gar nichts onomatopoetisches zu stecken braucht,
in dem sinne wäre es allerdings auch eine onomatopoetische
Schöpfung zu nennen, dass zu einer zeit der bahn als Sänger von
einer wz. kan *kanon benannt wurde, vorausgesetzt dass für das
Sprachgefühl der damaligen menschen mit der lautgruppe kan die
Vorstellung 'singen' nicht mehr blofs durch gedächtnismäfsige re-
productiou verknüpft war. ich glaube aber in der tat auch dass
es ganz unmöglich ist, feste gränzen für die onomatopoeie zu
ziehen, für das practische bedürfnis kann man ja den namen
auf diejenigen fälle beschränken , in denen eine neue lautliche
combination von der gestalt entsteht, welche wir in der regel als
Wurzel betrachten.
Mit recht betont Paul aao. dass diese urschöpfung zu jeder
zeit tätig sei, auch zu der unseren, es käme darauf an, ihr wesen
näher zu ergründen, ohne bis jetzt die zeit zu eingehenderer
Untersuchung gefunden zu haben, kann ich doch einiges bei-
bringen, was vielleicht nicht ganz ohne wert ist.
12 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
An deu zahlreichen onomatopoeien, die unsere Volkssprache
zumal in den frequeutaliven, intensiven uä. besitzt, lassen sich
einige beohachtuugen leicht anstellen, die nur durch concrete
beispiele noch besser zu stützen wären, es liegt ja im weseu
der onomatopoeie dass sie einen sinnfälligen begriß" enthalte, der-
selbe wird ohne zweifei sehr deutlich herausgeiiihlt; allein meist
ist er doch mit nebeubegrilTen so eng verbunden, dass er trotz-
dem etwas vages erhält, es kommt sehr häufig vor dass Wörter
onomatopoetischen characters eine ganze reihe von bedentungen
in sich vereinigen, die sich nicht immer nahe stehen ;. lerner gibt
es dabei merkwürdige parallelen, indem nicht nur derselbe begriff
durch mehrere lautähnliche oder laulverschiedene Wörter ausge-
drückt wird, sondern die einzelnen auch dieselbe mehrlache be-
deutung in sich vereinigen, daraus müssen wir jedeslalls schliefsen
dass es auch bei diesen lormationen dem Sprachgefühl leicht wird,
von einem begriff zum anderen überzugehen; denn die betreffen-
den parallelwörter werden schwerlich immer selbständig zu allen
bedeutungen gekommen sein, ein instructives beispiel ist fick-
facken, dessen onomatopoetischer character sich nicht bezweifeln
lässt, wenn auch An], ficchan 'reiben' an demselben beteiligt ist
und selbst nicht onomatopoetisch sein sollte; vgl. auch ßck, fick
als interject. beim rutenschlag, wofür sich auch fickfuck iindet»
und westf. fick di fack im rätsei vom besen gesagt, die sinnliche
Vorstellung muss die einer kurzen, schnell auf einander folgenden
beweguug sein, von fickfacken nun verzeichnet Weigand als nhd.
die bedeutungen 'ohne absieht hin und wider laufen; geschäftig
sein; eifrig böses anzetteln, ranke schmieden; blendwerk machen;
yuzuverlässig handeln oder reden; zur Züchtigung mit ruten
schlagen'; mit weilerer modification kommt dazu im nl. 'kleines
werk tun, trödeln', andere dialecte würden vielleicht noch andere
niodificationen ergeben, dazu tritt nun mit ziemlich verschiedener
Wendung im nfläm. (De Bo Idiolicon) die bedeulung 'mit färbe
bespritzen', die aber auch leicht erklärlich bleibt: das spritzen
selbst ist ungefähr dieselbe beweguug wie beim rutenschlagen, und
aufserdem wird die laulverbiudung fickfacken sich leicht der vor-
stellungdes gesprenkelten, welches bei dieser art des färbens ent-
steht, gefügt haben, wenn nun im wetsüä). fiksefakse für 'Schnick-
schnack, posse' gesagt wird (auch im DWB fixfax), so steht die
bildung dem spiachgefühl sicherlich mit fickfacken 'blendwerk
machen' im Zusammenhang, einerlei ob sie noch andere grund-
lagen hat oder nicht, und auch Schnickschnack wird nicht ganz
aul'ser beziehung zu jenen Wörtern sein, ist aber fixefaxe (fem.)
'posse', so kann auch faxe hier seinen Ursprung haben, und das
wort liefse sich dann nicht anders wie als onomatopoetische bil-
dung bezeichnen, denn man könnte es doch nicht unmittelbar an
ahd. ficchan anknüpfen, ferner kann man aber auch leicht zu
der Vermutung kommen dass die wurzeln des adject. fix zum teil
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH 13
in diesen botlen hineinreichen (s. unten), das schon einmal heran-
gezogene nfläm, scheint uns nun auch von ficken aus zu anderen
lautähnlichen biidungen überzuleiten, wenn dort fikkeji bedeutet
*mit einem schlechten messer an etwas herumschnitzeln', so stehen
wir in anbetracht von nl. fikfakken 'possein' vielleicht noch immer
bei derselben sippe; allein der gleiche begriff heilst im selben dia-
lect auch figgelen und viggelen, in anderen ßtselen, fitschelen, und
wenn ich nicht irre, wird auch futselen in der gleichen bedeu-
tung gebraucht, wie viel arbeit wird es noch kosten, bis dieses
mit wahren Schlingpflanzen überwucherte gebiet so weit zugäng-
lich gemacht ist, dass eine durch die exacte auflösung von laut-
problemen und kulturhistorisch interessantes material verwöhnte
Sprachforschung dasselbe gerne betritt!
Eine wichtige beobachtung besteht darin, dass der onomato-
poetische character nicht die ganze wurzel zu umfassen braucht,
sondern sich vielfach an einzelne lautverbindungen und selbst an
einzelne laute heftet (vgl. Paul aao. s. 188); diese können dann
zur grundlage partieller neuschopfungen werden, ja selbst die
vocalqu antität kann das Sprachgefühl in diesem sinne als dif-
ferenzierendes mittel auffassen, so kann der anlaut tr von treten
die grundlage einer reihe von Wörtern bilden, die mit tr begin-
nend verschiedene arten von treten bezeichnen, der zufällige aus-
laut X eines wortes eine reihe von anderen Wörtern mit ähn-
lichen bedeutungen beeinflussen, indem entweder x an die stelle
eines anderen auslautes tritt, eines verwandten oder nicht ver-
wandten, oder ein neues wort mit auslautendem x gebildet wird ;
auf grund eines Verhältnisses wie spatz : sperling oder einer bil-
dung wie spatz für sich kann das tz durch analogie weiterwürken.
so glaube ich dass schnautze sich nicht sowol an schneuzen,
sondern überhaupt an Wörter auf ze, z anlehnt, die öfter einen
etwas verächtlichen sinn haben (vgl. auch unten götze). ähnlich
ist es, wenn in den iterativen die vocale so leicht wechseln, sie
lehnen sich dann an andere iterativa oder an gruppen von solchen
an. ich glaube dass sich auf diesem gebiete mancher leicht selbst
beobachten kann, wie er iterativa gebraucht, die vorher noch nicht
da waren, oder wenigstens in einem neuen sinne, als ein beispiel
partieller onomatopoetischer Umbildung fasse ich posaune, das
historisch berechtigte bosine tritt auf einmal als bosüne auf, ohne
dass man das n erklären könnte, meiner ansieht nach ist -tme
an die stelle von -ine getreten, weil es für den posaunenton
characteristischer ist; vielleicht war dabei auch das ü von tam-
büre, tambnse mit von einfluss, so ist ohne zweifei i\\k\. schaukeln
für mhd. schuckelen nl. schokkelen onomatop. Umbildung, die sich
an baumeln, taumeln, gaukeln anlehnt; das au ist characteristisch
für eine schwebende, schaukelnde bewegung geworden, durch
partielle onomatop. Umbildung kann nach einem Verhältnis wie
biUken : biegen der schlussconsonant irgend eines verbums ver-
14 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
schärft werden; wenn daher bücken auch auf ein vorgerm. hhukn-
zurückgeht, so ist damit doch noch nicht gesagt dass jedes inten-
sivum mit verschärftem auslaut eine alte n-biidung erweist.
Es lässt sich weiter kaum bezweifeln dass sich neue worter
aus mehreren onomatop. elementen zusammensetzen, dass der an-
laut von a, der auslaut von b, der vocal von c zu einer neufor-
mation zusammengeschmolzen werden können, dass manchmal viel-
leicht eine ganze reihe von Wörtern bei der bildung eines neuen
beteiligt ist, die selbst nichts onomapoetisches zu haben brauchen,
nl. bluffen 'schlagen' könnte sich zb. ua. an blouwen 'bläuen'
lehnen, es hält hier freilich, auf einem so schwankenden boden,
sehr schwer einen beweis zu führen, aber principiell wird sich
die möglichkeit nicht läugnen lassen, ein beispiel ist vielleicht
gipfel, dessen jüngere entstehung die sprachgeschichtlichen tat-
sachen wahrscheinlich machen; als demente dazu würden einer-
seits gupf und giebel, andererseits wipfel, zipfel wol genügen, in
ähnlicher weise liefse sich holpern deuten: für den anlaul können
die gruppen von hinken, holzen, humpeln und von hobbel ('Un-
ebenheit'), höcker mafsgebend gewesen sein, für die weitere form
poltern (vgl. holter die polter), vielleicht auch tölpel; bei stolpern,
bei dem auch Kl. an onomatop. Ursprung glaubt, kämen stürzen
und straucheln in betracht. eine ziemlich deutliche onomatopoeie
scheint mir rutschen, rutsch ist ja mit den ablautenden litsch,
ratsch geradezu interjection für gleitende, schnelle bewegung. aber
auch hier hat die Schöpfung sicher noch weitere stützen, so in
rucken (wie batze : backen) bei der speciellen bedeutung 'rutschen
um platz zu machen', dialectisch sind rücken und rutschen in dem
sinne ganz gleichbedeutend, auch noch von anderen Wörtern liefse
sich ein einfluss nicht ohne Wahrscheinlichkeit behaupten, vgl.
auch unten die bemerkungen zu knospe und tüpfel.
Der bestand solcher Schöpfungen ist natürlich an ihre zweck-
mäfsigkeit geknüpft; woher sie kommen, weifs man nicht und
fragt man nicht; man könnte fast sagen, sie haben in der luft
gelegen, fix ist doch wol im gründe das franz. -lat. wort und
bestand zunächst in der Verbindung fix und fertig, die noch heute
lebendig ist. fix konnte hieraus leicht die bedeutung 'schnell
bereit' gewinnen, woran sich die von 'flink und gewandt' bequem
anschliefst, das Sprachgefühl hätte sich in diesem falle eines
importierten fertigen Wortes bemächtigt, weil die niitimportierte
bedeutung den Übergang zu einer solchen erleichterte, die ono-
matopoetisch aufgefasst werden konnte; s. oben.
Was nun bei jeder neiischöpfiiog der fall ist, die sich nicht
an naheliegende analogien lehnen kann, dass sie unter der ober-
flache der Sprache von langer band her vorbereitet sein muss,
das gilt auch für die onomatopoeie. derjenige, aus dessen mund
sie zuerst ertönt, ist sich nicht bewust dass er etwas neues sagt
und würde keine rechenschaft über ihre entstehung geben können.
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH 15
weil sie besonders zweckdienlich ist, darum ist sie bei vielen zu-
gleich in nicht geringem grade vorbereitet und kann sich be-
festigen, aber es ist denkbar dass die associationen, denen sie
ihre entstehiing zu verdanken hat, so compliciert sind oder so
versteckt liegen , dass auch der aufmerksam gemachte sie nicht
würde reconstruieren können, freilich fehlt auch uns dann jedes
mittel, um die onomalop. neuschöpl'ung zu beweisen, und ich
möchte ganz gewis nicht einer methode das wort reden, die schnell
bereit ist, sich mit einer Schwierigkeit auf diesem wege abzu-
finden.
Wer mit Paul annimmt dass die onomatopoeie zu jeder zeit
in der spräche tätig sei — wenn vielleicht auch einmal mehr,
einmal weniger — , der hat noch eine nicht ganz leichte frage
zu beantworten, heute erscheinen die meisten dieser bildungen
in der gruppe der iterativa, intensiva und ihrer verwandten, für
ältere perioden müsten wir aber notwendig auch die entslehung
einfacherer bildungen voraussetzen, der hauptgrund des Unter-
schiedes ist vielleicht in dem umstände zu suchen, dass die meisten
einfachen bildungsweisen nicht mehr lebendig geblieben sind, oder
dass wenigstens mit den lauten auch ihre bedeutung verblasst ist;
diesen Wörtern ist aber ein farbenreicherer character gemäfs. dann
ist zu bedenken dass jene wortgruppen doch nur spärlich in die
Schriftsprache aufnähme finden, die sie nicht nötig hat oder gar
nicht gebrauchen kann; es könnten darum entsprechende forma-
tionen älterer zeit spurlos vergangen sein, da ferner die mög-
lichkeit besteht dass aus frequentativen uä. nachträglich einfachere
formen abgeleitet werden, so besitzen wir vielleicht in einfachen
Wörtern die reste von früheren complicierten formationen. schliefs-
lich wird auch in betracht kommen dass die litterarische bildung
das in die spräche aufgenommene material vor Umbildungen —
und Umbildungen, nicht volle neuschöpfungen sind ja weitaus die
meisten onomatopoeien — in einem nicht geringen grade zu
schützen vermag, dass die höhere Verwendung wie die form so
auch die bedeutung festigt und läutert.
Kl. gesteht in den späteren teilen des werkes mehr onomatop.
neuschöpfungen zu als vorher, aufserdem nähert er sich dem
besprochenen gebiete, wenn er nicht selten doppelformigkeit der
wurzeln innerhalb des germ. oder auch schon im vorgerm. zu-
gibt, allein die jeder zeit lebendige urschöpl'ung muste in gröfse-
rem mafse berücksichtigt werden und zur vorsieht mahnen bei
der annähme unsicherer alter beziehungen und der construction
von Urformen.
Eng mit der modernen grammatischen richtung hängen die
schwächen zusammen, welche sich hinsichtlich der bedeutungs-
lehre in diesem werke fühlbar machen, zu Grimms zt-iteu hat
man alter tradition gemäfs noch mehr mit begriffscombinationen
etymologisiert als heute; aber dieselben waren nicht gezügelt
16 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
durch eine genügende lautkenntnis. die jetzige forschung geniefst
den Vorzug dass sie sich in viel engeren schranken bewegen
muss; doch ist die reaction, welche hierzu geführt hat, teilweise
auch zu weil gegangen, sie hat die lautlehre zu sehr in den
Vordergrund der Sprachgeschichte gerückt; mit der bedeutungs-
lehre beschäftigen wir uns viel zu wenig, wie wenig befriedigt
hier die begrift'senlwickelung im artikel bieten! rutschen soll zu
rütten, karst zu kehren 'legen' geboren! (unter der Voraussetzung,
dass karst md. nd. form sei, wäre eher an kratzen zu denken;
vgl. ahn. krota 'eingraben'.) auch der artikel kaum ist nicht vvol
geraten, germ. kümön bedeutet nichts anderes als 'klagen, jam-
mern, stöhnen', eine entsprechende grundbedeutung kommt der
nominalbilduug zu, deren adverbium kümo 'kaum' ist; die weiter-
gehenden bedeutungen des adjectivs — so weit sie vorkommen —
erklären sich wie in nhd. elend und jämmerlich, was bei altn.
kann geahnt wird, ist nicht ganz klar; zur annähme einer be-
deutung 'leiden' liegt keine nöligung vor. zuweilen wird sehr
starkes für möglich gehalten, ein andermal aber kurzweg erklärt
dass ein specieller bedeutungsübergang unmöglich sei. unter
schaudern heifst es 'die annähme, Schauder gehöre mit schauer zu
mhd. schür, ist unberechtigt, weil das mhd, wort die bedeutung
'schauder' nicht hat.' damit vgl. man zb. arg, wo es nicht nötig
gefunden wird , von nhd. ärgern mehr zu sagen , als dass es mhd.
ergern 'zum bösen reizen, verschlechtern, verderben' sei. ich
denke, hier steht die nhd. bedeutung viel weiter von der ange-
führten mhd. ab, als die des nhd. schauder von mhd. schür nlul.
schauer, heute gehen ohne zweifei dem Sprachgefühl vieler schauer
und schauder durch einander, damit soll was sonst bei schauder
vorgebracht wird nicht angelastet sein, auf dem gebiete des be-
deulungswandels ist es überhaupt mislich, von Unmöglichkei-
ten zu reden und die zuversichtlichkeit so weit zu treiben, dass
die entwickelung des begrilTes 'Wetteifer, eifer' aus 'z\veikam|)f,
kämpf (unter kämpf) für unmöglich erklärt wird ; wir haben doch
gesicherte beispiele genug, welche uns ganz anderes als möglich
zeigen, wir wissen dass die entwickelung selbst bis zu gegeu-
sätzen gehen kann, und es ist bekannt dass das überraschendste
auf diesem gebiete manchmal durch aufdeckung eines einzigen
mittelgliedes deutlich wird, wir sollten bescheidener sein, ehe
wir nicht aus einer umfassenden bedeutungslehre gesetze abstra-
hiert haben. Kl. spricht allerdings unter graf von 'gesetzen des
bedeutungswandels', aber wo findet man dieselben ?
Die anmerkungen zu den einzelnen artikeln lasse ich in
alphabetischer Ordnung folgen.
ahnen, die ableitung von der pr;i|)osilion: mich anet 'mich
kommt au' ist mir doch viel wahrscheinlicher als die ganz in
der luft schwebende von an 'hauchen', bei der enlslehung des
Wortes könnte auch der gedanke an a«e 'ahn' mil;i;ewürkl haben;
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH 17
man denke an die vorbedeutungsvollen ersclieinungen der alin-
frauen. — arm adj. würde der bedeutung nach vorzüglich zu
arbeit passen ; auch lautlich liefse sich die Zusammenstellung
stützen: armo aus *orbhmo; vgl, zb. ahd. hahno bei Kl. unter
halfter. mein freund dr Julian Kremer hat mir dieselbe etymo-
logie mitgeteilt, — hellhatninel ist sicher 'schellenhammel';
Kilian gibt dazu franz, monton d la sonnette. — bequem, eine
bedeutung 'sich ziemen' für das einfache qneman ist mir ebenso
wenig bekannt, als es notwendig ist, dieselbe wegen der compo-
sita vorauszusetzen, — beschummeln wird sich am nächsten
an die bedeutung 'fegen, abschuppen' schliefsen, welche schum-
melen, schommelen im nd, nl, hat, auch beschuppen ist ähn-
lich zu deuten (schuppen ist in verschiedenem sinne synonym mit
schummelen) und es besteht gewis kein so enger Zusammenhang
mit ags. scop, wie man nach Kl.s fassung zu glauben versucht sein
könnte, — blasen, 'die altgerm. worte' im letzten satze ist doch
zu allgemein gesprochen, — blut. was heifst got, blöpa- für
*blöda-? — 2 bremse, da die entsprechende nd, nl, sippe von
pramen, premsen durchaus mit p anlautet, kann mhd. bremse, wel-
ches sich an 1 bremse angelehnt hat, kein got. *bramisjd sein;
got, hätte vielmehr ein entsprechendes wort mit p anzulauten, —
brühe, ist bruch druckfehler? — brunft. Lessings ansieht
sollte doch etwas eingeschränkt werden, da der Übergang von
brumft zu *brumst und weiter zu brunst sehr wol lautgesetzlich
sein kann, vgl. meine Mnl. gr, § 109 anm, 2, — bühre (nl, buer
im wb. von Plantijn) wird wol das franz. bure (bureau) 'grobes
zeug' sein, — dar. übersehen ist nhd. f/ar = ahd. thara 'dort-
hin'. — diele, dass engl, thill 'deichsel' mit diele identisch sei,
ist schwer zu glauben, — dreist, die wurzelform braucht doch
nicht notwendig tris zu sein, — duft. ich glaube kaum dass grund
vorhanden ist, von der zubeziehung des wortes zu nd, nl, duf
und damit zu taub abzugehen; die sippe von dampf bietet für
die bedeutungsentwickelung die beste parallele, — bei deutsch
wird ohne not eine Schwierigkeit aufgeworfen, wenigstens kann
ich nicht sehen, was hier unklar ist: die Westgermanen bezeich-
neten ihre eigene art als 'volkstümlich' im gegensatz zu 'gelehrt'
und 'fremd', und indem die nachbarvölker die bezeichnung auf-
nahmen (mlat, theodiscus allfrz. thiois usw.), ward sie eben zum
volksnamen. engl, dutch beruht auf mnl. duutsch, und es wider-
holl sich hierbei im kleineren genau die entstehung von deutsch.
das ist alles ganz klar, die Deutschen waren dann allerdings
wider so gefällig, ihren namen den fremden formen zu lieb in
tiutsch umzuwandeln; denn diese erklärung von mhd. tiutsch für
diutsch ist kaum zu bezweifeln, darum ist auch der ausfall gegen
die verpöüung von teutsch nicht wol angebracht. — durch-
lau cht, erlaucht, das ü ist bekanntlich rückumlaut nach ana-
logie. — einsiedel mag man doch kaum eine nachbildung von
A. F. D. A. XI. 2
18 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
anacJwreta nennen. — elfenbein. das h in iliesem worte und
in der folge dann auch iu helfant kann sehr wol aus volksety-
mologischer anlehuuug au helfen entspringen, da dem elfenbein
ganz besondere heilkräfte zugeschrieben wurden; vgl. zb. Maerl.
^'at. bl. 2, 1390 ff. — empören. Kl. stellt empören zu empor,
jedoch die sippe von gebühren zu her 'tragen', aber bor von ge-
bühren zu trennen haben wir am allerwenigsten grund, burjan
bedeutet ja 'erheben' im eigentlichen sinne, ich würde allerdings
jetzt auch bor, und mithin auch gebühren, lieber zu empören ziehen
als zu her. — entrüsten berührt sich mit nd. nl. ontrusten 'in-
quietare' im begriff 'turbare', was für die geschichte des nhd.
Wortes wol nicht ohne belang ist. — erdbeere. was ist gegen
die ableitung von erde einzuwenden? — fach er. als feststehend
können wir annehmen: fächer zu fächern, fächeln, iterativ von
fachen in anfachen, dessen fach gehört vielleicht mit fakk zu-
sammen, welches in fackel steckt oder dies wort beeinflusst hat.
— faden, die nhd. bedeutung bleibt, wie auch in anderen Wör-
terbüchern, unerklärt; es ist offenbar 'so viel vom kuäuel, wie
man mit ausgestreckten armen abmisst'. — fahrlässig ist ganz
gewis nicht als ursprünglich 'lässig zu fahren, sich zu bewegen'
zu verstehen, wenn diese specielle nüance, die heute gar nicht
darin liegt, auch einmal aufgetrieben werden kann, besser begreift
es sich als bilduug zu 'fahren lassen' nach analogie von lässig
und nachlässig; am bequemsten wäre VYeigands Vermutung, dass
es aus verloezig umgebildet sei, und zwar mit anlehnung an
'fahren lassen' und zugleich an 'durch nachlässigkeit gefährdend'.
— faseln kann zu vase 'franse, faser' gehören und die bedeu-
tung von der Vorstellung des unstäten, schwächlich beweglichen,
zugleich vielleicht des verwirrten ausgehen ; vgl. zipfel für 'ein-
faltspinsel' und schwänz für 'narr'. — fast, das adverb fest ist
nicht erst nhd. — fasten, dass die enthaltung von speisen eine
religiöse übung auch des germ. heideotums gewesen sein soll, ist
unglaublich; fasten isl 'fest halten, beobachten', und wenn dieser
allgemeine begriff nach der bestimmten richtuug hin beschränkt
wird, so scheint mir daraus hervorzugehen dass gerade umgekehrt
die fasten den Germanen das allerauffälligste beim neuen glauben
waren, wenn die Ost- und Westgermanen gleichniäfsig aiigilus
und diabolns aufnahmen, wenn sie misericordia auf dieselbe weise
übersetzten , so ist es auch nicht auffällig dass sie ihr wort für
'eine religiöse Vorschrift beobachten' gleichmäfsig auf die fasten
anwandten; vgl. oben zu heide und s. 9. — feim. die früheren
vergleichungen (s. Weigand, Schade) sind aufgegeben, aber unter
farnkrant wird bezug darauf genommen. — f eisen hat sicher
umlauts-e, wie Schade auch bestimmt annimmt, sichere Zeug-
nisse dafür sind allfrz. (mnl.) falise, ahd. feiliso Gl. Ker. (Ahd.
gll. I 89), vils mit i aus umgelauletem e Schade Geistl. ged. vom
INiederrhein s. 320 v. 676 und die heutige schwäbische ausspräche
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH 19
mit geschlossenem e, während für e nichts spricht, in bezug auf
die Unterscheidung zwischen e und e wäre auch an anderen orten
zu reformieren, man schreibt überall e, wo kein umlaut des a
vorliegt, demgemäfs auch in fremdwortern. allein wir können
den auf die etymologie gebauten unterschied gar nicht aufrecht
erhalten, denn wir wollen doch sicher keine historische Ortho-
graphie in unsere Wissenschaft einführen; die Unterscheidung kann
nur in phonetischem sinne einen zweck haben, e ist nur berech-
tigt, wo ofTener laut vorliegt, deshalb muss es zb. in fenster
(und in quentiti 'quentchen') fallen, vermutlich hatte schon das
mlat. wort geschlossenen laut, wenigstens haben ihn tatsächlich
die lehnformen; in ahd. fenstar mnl, venstere klang das e unter
dem einfluss der nasal Verbindung (vgl. meine Mnl. gr. § 60) gerade
wie in gespejist, kennen usw., im rhein. dialect ist finster daraus
geworden, übrigens ist die Umwandlung bei diesem wort in ein
neutr. nicht allgemein, mnl. ist es noch fem. und ebenso in
deutschen dialecten. — fetzen, das dialect. sonntagsfetzen dürfte
irgend eine andere etymologie nicht hindern; der ausdruck kann
scherzhaft gemeint sein wie i^foten für 'bände', deckel für 'hut'
usw., und dass solche Übertragungen sich auch in der spräche
festigen, zeigen zb. köpf, franz. tete, manger. — flaum. es wäre
zu constalieren, in wie weit in dem worte der aulaut f volks-
tümlicher ist als in fert (pferd) uä., dh. ob er nicht blofs den
grammatikern angehört und etwa zur Unterscheidung von pflaume
eingeführt ist. wenn sie sich nicht darüber ausgesprochen haben,
wird ihr motiv schwerlich festzustellen sein; aber an beziehung
zu feder ist jedesfalls nicht leicht zu denken. — flügge, aus
mnl. vlugghe und engl, fledge geht hervor dass die form mit gg
in älterer zeit schon bestanden hat. — flunkern, die bedeutung
'gloriose meutin' hat ohne zweilel einen sinnlicheren Ursprung
als den durch vermittelung eines abstracten 'schein erregen'. —
föhn. die entstehung aus favonius darf man sicherer behaupten,
da aus fdvojijus sehr wol famijo werden kann. — froh ist auch
nl. (mnl. vro). — furcht, die nhd. form schliefst sich zunächst
an mnl. vriicht, welches ein schon älteres fnrht gen. fnrhti vor-
aussetzt. — die Schlussbemerkung bei gähren klingt fast so,
als wäre in dem g etwas von j grundverschiedenes (etwa idg. gh)
zu erkennen; mit rücksicht auf die parallelen guten, gicht und
die analogien nl. gien, gij , gene, mhd. gthe usw. war die sache
ganz anders auszudrücken, wenn, wie Paul (Mhd. gr.- § 63) ver-
mutet, der Wechsel zwischen g und j ursprünglich nur ortho-
graphisch ist, wäre in einigen der fälle ein entschiedener einfluss
der Schrift auf die ausspräche zu conslatieren, eine sache, die
im princip noch nicht gehörig beachtet ist. — guten, ahii.ßtu,
gajetan kann für germ. jepo, gajedan stehen (vgl. kneten) und zur
idg. WZ. jet in Cr^rtiv gehören, die bedeutung von 'jäten' ergäbe
sich leicht aus der von 'suchen, aussuchen' und in mhd. geten
2*
20 KLLGE ETYMOLOGISCHES \VÖRTERBUCH
'aussuchen' (Mhd. \vb. i 538'') könnte ein rest der älteren erhalten
sein, dazu auch altu. ff? (aus *y?j6/ö?j 'eifer'? — gedeihen, das
Simplex ßthan kommt nicht blofs im got. vor. — bei geländer
liegen die Verhältnisse verwickelter als zugestanden wird ; wir
haben in dem worte verschiedene dentalstufen ; vgl. einerseits
mhd. lander, geJender, gelenter, mnl. glend, ontglenden 'eröffnen'
(eigeutl. 'das geländer wegnehmen'), andererseits mnl. gelente, glente,
gletit , DÖäm. gelent , Teuthonista gelynt 'geländer', mnl. gegknt
'mit einem geländer versehen', die consonantenverhältnisse er-
innern au die von latte und der sippe von glänz, wenn man glatt
dazu stellt, die analogie der letzteren Verwandtschaft würde auf
geländer : latte weisen , was begrifflich sicher besser wäre als die
von Kl. ausgesprochene Vermutung. — gern eh. nhd. gerücht ist
und bleibt gahröfti. wenn auch einmal eine ableitung von riechen
in bildlicher Verwendung 'einen guten oder bösen ruf haben' l)e-
sagt, oder die nd. md. zu rufen gehörigen Wörter volksetymolo-
gisch an riechen angelehnt und teilweise umgebildet werden, so
berechtigt das den etymologen noch nicht dazu, ein besonderes
geruch 'ruf aufzustellen (Weigand) oder gerücht unter geruch ab-
zuhandeln (Kluge), unter berüchtigt war Kl. noch der richtigeren
ansieht. — unter geruhen wiivc ruchlos zu nennen. — die Zu-
sammenstellung von geschirr mit scharrest lässt sich schwerlich
umgehen, gegen die ableitung der allgemeinen bedeutung 'in-
strument, gefäfs, zeug' aus einer ganz speciellen 'beim scharren
gebrauchtes zeug' könnte nicht das mindeste eingewendet werden;
nhd. (anjschirren darf nicht irre machen , da es erst — was in
Kl.s formulierung allerdings nicht hervortritt — ganz junge ab-
leitung aus geschirr 'pferdegeschirr' ist. welches skerran könnte
es gewesen sein, von dem die bildung ausgeht? des hartes? der
pferde? auch ^e/a/s erwächst vielleicht ähnlich aus einem speciel-
len begriff. — unter gleich ist das jetzt st. vb. zu erwähnen.
— dass götze zu giefsen gehöre scheint mir denn doch durch-
aus nicht so sicher; eine ununterbrochene formtradiiion nötigt
nicht zu der annähme, und am nächsten liegt doch dass götz (so
wol ursprünglich, vgl. mhd. plur. götze) stets zu gott gehört hat
wie spatz : sperling, wie fotz : fud; die möglichkeit der bildung
beweist ja auch der eigenname Götz. — griesgram. nicht blofs
wegen ags. gristbitunge, sondern hauptsächlich wegen ahd. crist-
grimmön und alts. gristgrimmo soll gris- für grist- stehen, dies
grist 'knirschen' liefse sich übrigens zur sippe von greinen ziehen.
haft. 'schw. adj.' ist jedesfalls druckfehler; lies 'selbständig'?
aber auch sonst ist die fassung am anfang nicht klar, ich kann
nicht einsehen dass haft der bedeutung nach eher zu haben zu
stellen wäre; wie sollte es dann eigentlich zu fassen sein? Kl.
selbst umschreibt es nur durch 'behaftet mit'; wir wissen ja nach
der von Kl. angenonmienen elymologie von haben nicht einmal,
was dessen grundbegriff ist. — die Zugehörigkeit von hager zu
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÜRTERBICH 21
kahl würde für das letztere ein älteres hahal nötig machen, wäh-
rend die dialecte, wie schon ^Veigand betont, auf hal weisen. —
das wesen von nhd. hälfte ist meines wissens noch nirgends
richtig bezeichnet, das ursprünglich nicht hd. wort ist eine alte
dentalableitung, wahrscheinlich mit suffix ti. die mnl. nominativ-
form (helft, hell, helcht) hat den umlaut aus anderen casus, wie
geweit 'gewalt'; neben dem letzteren besteht mnl. noch gewout
(out aus ald; nnl. nur geweld); andere beispiele s. Mnl. gr. § 1S9.
eins, worin der umlaut ebenso fest ist wie in helft, ist der fluss-
name Scheide, mnl. Scelt, mlat. Scaldis, also älter Skald gen. Skaldi;
eine form derselben wz. ohne umlaut repräsentiert der name der
iusel Schonwen an der Scheldemünduug , früher Scouden. helft
kam mit dem bekannten jüngeren e, welches zb. auch in nhd.
ente, ins hd. — halle, an die deutschheit der ganzen sippe von
halle 'saline' glaube ich trotz Diefenbach nicht. — helligen.
wenn mhd. schellec zu schallen gehört, so könnte hellec 'abgehetzt'
als Jägerausdruck mit /ia/?e>i zusammenhängen. — bei herschen
scheint mir die Schwierigkeit doch überschätzt; herisön 'ehrwürdig
sein' könnte wol die bedeutung 'herr sein, herschen' erlangen,
wenn auch kein heriro 'dominus' daneben stünde; da das letztere
aber der fall ist, ist die entwickelung um so eher möglich, übrigens
fragt es sich, ob in der tat nicht das verbalsuffix -isön in weite-
rem umfange mit den comparationssuffixen verwandt ist; dann
würden die von adjectiveu abgeleiteten verba parallelen zu den
jüngeren bildungen wie ergern, mindern, nähern, verschlimmern
usw. sein. — ho de. mit recht wird an 6 gezweifelt, das einzige
ahd. haodo darf kaum in betracht kommen, um neben dem sonst
erwiesenen hodo noch eine andere form anzunehmen. — welche
dunklen puncte bleiben in der geschichte des Wortes hofieren?
— die jetzige bedeutung von hörst ist nicht erklärt und schwer-
lich jüngere Übertragung aus 'gebüsch' oder 'hügel mit gebüsch';
die Wahrscheinlichkeit spricht dafür dass sie alt sei. nehmen wir
dazu die bedeutungen 'dicker grasbüschel, busch von zusammen-
stehendem röhr', so scheint 'buschartiger, dh. verästelter gegen-
ständ, busch' der alte begriff des Wortes ('raubvogelnest' als aus
reisig geflochten), und dann ist Zusammenhang mit hürde sehr
wahrscheinlich, vgl. wurst : werden. — huntzen. die zu frühst
bezeugte bedeutung 'abschneiden, verstümmeln', welche in ver-
huntzen ja noch fortdauert, durfte nicht aufser acht bleiben, bei
unserer gewöhnlichen bedeutung mag man an hnnd gedacht haben,
und auch die andere hefse sich auf hund zurückführen: 'stumpfen
wie einen hund'. aber auch Zusammenhang mit nl. homp 'ab-
geschnittenes stück', hompen 'stun)pfen' ist möglich. — hutzel ist
'die geschrumpfte' und gehört zu nd. nl. hott 'molken, geronnene
milch', hotten 'gerinnen, schrumpfen' (Woeste Westf. wb. lOG'').
im selben stamme treten die bedeutungen 'schütteln, wackeln' auf:
fläm. hotteren, mhd. hotzelen 'schaukeln', hotze 'wiege', wie ahd.
22 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
scotto 'molken' zu schütten, schütteln gestellt wird, neben holteren
'schütteln' im nl. auch hotsen, hutsen in gleicher bedeutung; vgl.
auch franz. hocher 'schütteln' (Diez'^ 2, 346). vielleicht vereinigen
sich hott- und skott- in älterer zeit. — jetzt, so ganz unklar
ist es doch nicht, wie ie-zno die bedeutung 'jetzt' haben kann,
freilich wüste ich zwischen zwei möglichkeiten nicht zu entschei-
den, nämlich ob zuo zu fassen ist als 'heran, bis jetzt', oder als
'dazu, fortan'; jedesfalls aber ist die bedeutung 'in der gegenwart'
beschränkt aus der einer dauer, die den gegenwärtigen zeitpunct
in sich schliefst; vgl. mhd. iegenöte 'unausgesetzt', aber auch
'gerade jetzt' und nhd. nunmehr 'im augenblick', aber eigentlich
'fortan'. — kamerad. dass die Schreibung kammerad auf anlehnuug
an kammer beruhe, ist unwahrscheinlich; sie erklärt sich sehr
einfach aus der silbenkürze (vgl. Mnl. gr. § 105), wie auch afiw-
teke, palh'sade ua. vorkommen. — kastanie. ahd. /res^nma ags.
eisten verlangen kein lal. *castinia, sondern konnten aus cästanja
entstehen, wie zb. Köln nl. Keulen aus Cölonja, mnl. Böjien aus
Bönonja (Boulogne). — kehren, dass für md. karte (st. kerte)
ein ganz beispielloses Verhältnis von got. ai : e angesetzt wird,
ist kaum zu begreifen; dasselbe müste dann doch auch bei leren
gelten. — kitzeln, engl, tickle stellen andere richtiger zu ticken.
— klinge. Wolframs Wortspiel lässt sich doch nicht als be-
gründun g gebrauchen. — kluft. dass die mhd. bedeutung
'grufl' auf Vermischung mit cnjpta beruhe, ist meines erachtens
anzunehmen nicht nötig, da die noch nhd. bedeutung 'klaffender
spalt' (wovon 'zerklüftet') zur erklärung genügt; der begriff 'spalt,
aushöhlung' gehört aber dem abstractum von klieben eigentümlich
zu. doch sind die beiden Wörter kluft und crypta in der tat nicht
ohne berührung geblieben, wie am deutlichsten Kilian beweist,
wenn er klufte und krufte neben einander setzt. 'I'euerzange'
bedeutet kluft nicht als 'gespaltenes Werkzeug', sondern als 'klem-
mendes Werkzeug', vgl. die bedeutungen von kleben, kluppe und
dialect. kluft als 'gespaltenes holz zum einklemmen', der begriff
des 'klemmenden' haftet überhaupt so fest, dass sich die frage
erhebt, ob er nicht schon früh auch dem vb. neben 'spalten' eigne,
gegen got. *klubbö als entsprechung von ahd. chlnppa wäre nd.
kluppe anzuführen, welches vielmehr auf germ. kluppö (wie schnitzen
'.schneiden) weisen würde. — knirps. auf ^^ aus f oder b deutet
rhein. knirioes. der von Weigand angenommene Zusammenhang
mit nl. /»'»or/" 'knoten' ist denkbar; so steht rhein. /rn/wes 'knirps'
vermutlich zu kniiwel 'knoten'. — knittelvers. es liegt doch
ein Widerspruch in den beiden behauptungen, dass knittel für
knüttel stehe, und Ursprung und grundbedeutung dunkel seien,
von den angeführten parallelen sind die beiden ersten sicher von
keiner bedeutung. — knospe, den angestellten erwägungen liefse
sich eben so gutes und zum teil wahrscheinlicheres gegenüber-
stellen, zb. mit Woeste Weslf. wb. 136" dass sp für ps stehe;
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖKTERBUCH 23
<lann würde Weiterbildung von knop (knöpf) oder knoppe (knub-
ben) oder ableitung von einem zugehörigen vb. mit s vorliegen
(vgl. trespe : mhd. trefse); noch eher ist aber sp onomatop. Ver-
wandlung von p, Vgl. knappem und knaspern, knuspern, welches
nl. auch knorspen und knospen heifst. ein directer Zusammen-
hang zwischen diesen verbis und knospe ist sehr wol denkbar:
sie können dem Sprachgefühl vermittelt sein durch den ähnlichen
eindruck, den sie auf die entsprechenden sinne machen, damit
ist nicht ausgeschlossen dass bei den Wörtern für 'knuspern' auch
die WZ. knus in onomatop. Weiterbildung im spiele ist. — knüt-
tel. worauf beruht die annähme von knüttel 'strick mit knoten'?
nötig wäre sie nicht, vgl. knüppel: knöpf. — küren ist sicher
nicht erst nhd. entstanden, sondern vermutlich im md. schon
älter; vgl. mnl. mnd. cören, nnl. kenren 'wählen'. — 2 laden.
einen noch deutlicheren fingerzeig für den ursprünglichen begriff
als die got. nomina gibt mhd. hioder 'lockspeise', dessen beziehung
zu laden nichts im wege sieht, wie ich bei Ril. unter lore sehe,
hat schon Gessner luder zu laden gestellt. — laffe. warum
denn nicht zu nd. nl. /a/" 'lade'? — unter lauschen ist die
etymol. gruppierung der Wörter verfehlt, lauschen (belauschen)
hat noch heute mehr den begriff von 'verborgen sein' als von
'hören'; dass es nicht von ahd. losken 'verborgen sein' zu trennen
ist, zeigt mnl. luuschen 'verborgen sein', beide sind mit ahd.
lüzzen, welches genau dieselbe doppelbedeutung hat, zusammen-
zustellen. — leute. das augebliche ags. leden, l^den 'spräche' ist
wol dasselbe was man sonst, und wol mit recht, als leden, lyden
aus latinus fasst? — lodern wird bei Weigand deßniert 'sich
brennend leicht auf-, hin- und herbewegen', das stimmt wol
schwerlich mit dem gewöhnlichen gebrauch, dem zu folge es viel-
mehr 'flammend in die höhe schlagen' ist. gleichlautendes lodern
(hd. d stammt aus dem nd.) ist im westf. 'üppig wachsen' (et es
so gail dat et lodert Woeste Westf. wb. 163); das wort gehört mit
löde ahd. Iota 'schössling' zu liudan 'wachsen', dies aufs feuer
übertragen gibt den begrifl" von 'lodern', wegen altn. Lodurr
müste die Übertragung als alt gelten, wenn es anders Übertragung
ist: die wz. hat aufser 'wachsen' auch die bedeutung 'in die höhe
steigen' (Fick^* 172), weshalb die anwendung aufs feuer alt sein
kann. — lolch. es ist fraglich, ob 'gutturale Weiterbildung' vor-
liegt, wie in käfig, so könnte das scheinbare suffix ig, ich sich
auch in einer anzahl anderer Wörter aus / hinter consonant ent-
wickelt haben, vgl. mennig, eppich, dialect. ollich, olich 'öl'. —
bei 2 löschen wird der zweifei zu weit getrieben, warum soll
denn lossen nicht 'lösen' sein? die form ist mnl. nnl. ganz ge-
wöhnlich, wie auch das adject. lus. auch über die heimat kann
man sich entscheiden , da wegen der form (lossen) nur das nl.
und nd. in betracht kommen, die in diesem falle nicht weiter zu
trennen sind. — lüpfen ist mit 'heben' nicht gut umschrieben,
24 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
es ist 'el\Nas was schliefst los machen und in die höhe heben'
(Weigand 'ein wenig (zu freiem räum) in die höhe heben'), ein
'^luppjan kann sich lautlich sehr wol zu laufet 'hülse' stellen (s.
Kl. unter lauh), welches zu lit. litp-ti aslow. hipi-ti 'schälen',
skr. lup 'raufen, trennen' gehört (Fick^ 173. 605. Job. Schmidt
Zur gesch. des idg. vocalismus 2, 292). die bedeutung von lüpfen
wäre demnach zunächst 'loslösen'; Imib, falls es dazu gehört, eigent-
lich wol 'das sich loslösende, lüpfende', wenn die stelle Velth.
Sp. bist. 3, 26, 8 ende heeften van den perde geloeft (ihoeft 'haupt')
richtig ist, würde mnl. loven zur bestätigung gereichen für lüpfen:
germ. Inh. — bei 1 niandel würde ich nicht einfach 'getreide-
haufeu', sondern 'getreidehaufen von 15 garben' sagen (so geben
Weig. und Frisch an, Kil. bestimmt 12, De Bo Weslvl. idioticon 12
— 14 garben), da die zahl vielleicht wesentlich ist. die nahe-
liegende ableitung von mande 'tragkoib' (15 stück, die eine mande
lullen) bedürfte des beweises. — dass metzger mit roman. mazza
'keule, Schlägel' zusammenhängt, ist nicht zu bezweifeln, vgl. Wei-
gand, von dem überhaupt nicht abgewichen zu werden brauchte.
— mors er. ahd. mormri gehört mit mhd. morsel, rheiu. ?ner-
schel, mirschel, älternhd. mürsen, nl. morzelen 'zerreiben, zer-
stückeln, zermalmen', mhd. mnrsel 'stück' zu franz. morcean. —
nergeln (nörgeln, ni'rgeln) könnte in der form als frequentativ
genau dem ul. neurien entsprechen. — pfalz. die gründe ge-
nügen nicht, um die herkömmliche otymologie anzufechten, so
viel steht jedesfalls fest, dass begriff und name des palatium in
Deutschland bekannt sein konnten, ehe die kaiserlichen plalzen
entstanden, und dass man den namen auch schon auf irgend
welche andere gebäude übertragen haben konnte, was die Schwie-
rigkeit der form betrifft, so kommen auf verschiedenen gebieten
nasaieinschiebungen vor, die wir nicht zu rechtfertigen wissen;
hier speciell könnte anlehnung an die endung anderer Wörter im
spiel sein (vgl. Gr. ii 341. 345 f). schwerer wiegt der umstand,
dass pfalz mit palantium in der bedeutung 'söUer, terrasse' zu-
sanmien trifft; aber daraus ist höchstens zu schliefsen dass neben
palatium auch palantium ins deutsche aufgenommen wurde. —
pfuschen, ein iiüi p anlautender stamm ist für das wort nicht
abzusehen; ferner kann man von franz. housiller nicht auf pf
kommen, dem vielmehr dialect. bosseln, possein entspricht, darum
möchte ich fragen, ob pfuschen nicht eine Übersetzung von fuschen
ins schriftdeulsche sei. in meiner heimat sagt man fuschen gegen
pterd uä.; freilich ist das kein sicherer beweis, weil es schwer
ist, die schichten aus einander zu halten, indem fuschen aus der
gesellschaftsklasse eingedrungen sein könnte, welche ferd spricht,
das von Weigand angeführte wetterauische pnsche beweist jedoch
auch andererseits nicht sicher für pf. im dialect. nl. ist futselen
gleichbedeutend mit bosselen und deckt sich teilweise auch mit
pfuschen. — prüfen, woher weifs Kl. dass n\. proeven 'das zu
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖKTERBL'CU 25
erwartende d hat'? genn. ö und ö-j lauten im ul. gleich und es
ist vielmehr anzunehmen dass ul. proeven auf genau derselben
gruudl'orm wie nd. pröven hd. prüfen beruhe, der eintritt der
umlautwürkenden endung kann sich in dem werte sehr gut aus
analogie erklären , wegen seines so recht factitiven characters
'wahrscheinlich, annehmlich, deutlich machen'. — pudel gehört
wül zu pudeln, Weig. 2,403. — rappeln, das jetzige (nur un-
pers.) wir rappelt es (im köpf) ist das gewohnliche rappehi; man
denkt 'das werk ist nicht in Ordnung und rappelt', damit ist
nicht ausgeschlossen dass die redensart sich in älterer zeit an ein
anderes wort anlehnte. — reizen kann ich als factitiv von reißen
nicht begreifen; es ist wol ein nomen zu supponieren mit der
bedeutung 'reifsendes instrumenl (zum antreiben dertiere)'; vgl.
bei Kil. reete (ee = gerni. ai) 'instrumenlum dentatum quo strin-
gitur linum'. — bei riegel waren jedesfalls auch andere bedeu-
tungen anzugeben, da 'querholz zum verschliefsen' nur speciali-
sierung aus 'latte, querholz, schiene' ist. dieselben bedeutungen
hat lat, regtda, dessen eiufluss sich vielleicht in dem weiblichen
geschlecht von nfläm. regel, reih 'lalte, querholz, schiene' verrät.
Kil. hat merkwürdiger weise regel und lijhel 'regula, vectis', als
ob er an \\\\. rihen dächte; aber die zweite form ist wol nur ver-
druckt für rijchel, welches er gleichfalls für 'riegel' aufgibt, die
angeführten bedeutungen ermöglichen die beziehung des worles
zu reihen; zb. könnte es zunächst 'latte zum aufreihen irgend
welcher gegenstände' gewesen sein. — reuten, dass r?esfer dazu
gehört, wird wahrscheinlich, weil der pflugsterz auch pflugrente
Reifst, weiter kann riester 'schuhflicken' sehr wol dasselbe wort
sein wegen der formähnlichkeit: riester ist ganz speciell 'der am
ballen oder an der entgegengesetzten seile aufgenähte fleck', der
riester am pflüg aber 'ein umgebogenes eisernes blatt'. — rinde.
was berechtigt zu der gewisheil: 'Verwandtschaft mit rand ist
sicher'? bei rayid heifst es noch 'zum selben stamme gehört wol
rinde', und die deutung ist an sich doch nicht so gar überzeugend.
— Irost. ag&. hyrstepanne gehört schwerlich hierhin, sondern
zu n\u\. harst 'braten, bratofen'. — samstag. ahd. sanihaz und
franz. samedi beruhen nicht auf nasalierung, wenigstens nicht,
wenn damit *sambat für sabbat gemeint ist, sondern auf Übergang
des b in m (vgl. Weigaud s. v.). derselbe ist lautphysiologisch
leicht begreiflich unter der Voraussetzung, dass das zweite a schwin-
det; das noch nicht ganz einsilbige sabb-t wird dann durch assi-
milation zu sab"t und dies zu samt, wie nhd. haben t- zu ham t- ;
ahd. sambaz steht für samb-z aus sam-t. — Schablone fehlt,
die bei Weigand stehende etymologie (von campio 'kämpe' !) ist
unglaublich, man könnte eher scampelioen (scampioen) 'Schab-
lone' bei Kil. und im Teuthon. vereinigen mit scampen 'rädere,
scalpere' (Kil.), westf. schampen 'streifen, leicht verletzen, ritzen';
scampelioen 'scalprum, caelum' (Kil.). danach wäre schampelioen
26 KLLGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
'Schablone' eigentlich 'abriss' und Schablone vielleicht an schaben
angelehnt, die annähme eines Zusammenhanges mit gleichbedeu-
tendem franz. echantiUon gibt man nicht gerne auf. — schacht
ist gleichfalls mit hd. schaff identisch; schaft ist jeder hohle,
schachtähnliche gegenständ, zb. 'schaft am leuchter, stiefelschaft,
Oberteil der viereckigen hühlung eines hochofens', woraus sich
'schacht im bergbau' selbst erklärt; auch engl, shaft 'abzugsröhre,
hochofenschacht, brunnen, schacht'. weiter könnte auch Schach-
tel dazu gehören, wenn man an eine tiefe schachte!, zb. eine hut-
schachtel denkt, es stünde dann wol statt des neutrums schaftel
(Schachtelhalm) in folge von Vermischung mit ital. scatola. Schach-
tel in der bedeutung 'femiual' bedarf keiner besonderen erklärung.
— scharf, ital. scarpa, scarpella 'meifsel' stammt nicht von
scarp, sondern von lat. scalpere, scalpellnm. noch öfter dürfte Kl.
auch darin einen oben gerügten fehler verraten dass er zu schnell
bereit ist, roman. Wörter dem deutschen abgeborgt sein zu lassen.
— warum wird scheckig nicht mit anderen zu ital. a scacchi
oder besser zu franz. echec gestellt? dass das mhd. adject. sche'cke
eine jüngere liildung ist, geht ja aus dem vocal hervor. — scher be
kann doch eher oder wenigstens ebenso gut zu ags. sceorfan
gehören als scherflein. — schinden, uord. skinn wird selbst
nichts anderes sein als die 'abgeschuppte, abgeschundene haut',
jedesfalls ist die dentalis des wortes ableitend, wie hervorgeht aus
Kilians scheene {vQYm\\\\\ch=schene)= schelle, schinde 'häutchen,
hast, feir. hierhin gehört wol auch schiene, eigentlich 'stelle
mit der dünnen oder leicht zu schindenden haut' und andererseits
'dünne platte'. — Schleuder dürfte wol mit Schleier, u\. slnier
identisch sein, das nl. wort hat aufser 'schleier' die bedeutungeu
'schleife am arm, schlinge, in der ein verletzter arm getragen
wird, riemen, band' (s. De Bo, Kil. und das nnl.), woraus sich
'Schleuder' ohne weiteres erklären würde. Schwierigkeit macht
jedoch die form schiander und das genus; nl. slnier ist wie schleier
masc. — schmaus, im nl. begegnet ein verwandtes smuisteren
'schmausen' und 'schmieren' schon im 16 jh. Woeste Westf. wb.
hat smusteren für 'kosen' (eigentlich 'sich gütlich tun'), synon.
mit schmausen ist ferner nd. nl. smndderen, smodderen, zu denen
hd. schmudig 'drückend heifs' und westf. (Woeste) schmuden 'schmo-
ren' (mit smüd-) gehören, ähnliche begriffe berühren sich in der
sippc von nl. smullen, dessen II schwerlich aus germ. sl hervor-
gegangen ist. smnd- und smüs- können zusammengehören, die,
wie gewöhnlich, sehr verwickelt aussehenden wortgruppcn müstcn
noch näher untersucht werden, viel material steht bei De Jager
Frequentatieven n 573 — 579. — schramme, warum ist schram-
men erst nhd.? — schrot. vierschrötig, dessen bedeutung weder
aus schröt 'klotz' noch aus schroten leicht zu begreifen ist, steht
sicher in Zusammenhang mit ahd. fiorscoz 'quadratus', welches
in ninl. vierscoot die bedeutung 'vierschrötig', in vierschotigh bei
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH 27
Kil. und soDst (vgl. Frisch unter vierschrötig) die Weiterbildung
mit -ig zeigt. — schwänz ist nichts als intensivbildiing zu
schwingen, schwanken; eine zwischenform swangezen oder swanke-
zen mag bestanden haben, aber es ist auch verkürzte analogie-
bildung möglich, wenn schon die form die Vermutung nahe legt,
so erheben die bedeutungen diese zur Sicherheit, der grundbegriff
ist '(sich) schwingend oder wiegend bewegen'; vgl. mhd. swanzen
'sich schwankend bewegen, sich drehen', Teuthon. swantz 'tanz',
deutsch dialect. schwänzen 'sich umhertreiben' (daher 'die schule
schwänzen'), De Bo und sonst nl. (De Jager Frequ. i 956 f) swan-
selen (zwanselen) 'stark schwanken; schwankend ausschütten' ['viel-
leicht für swankselen' De Bo], Überfelder Kärtner. idiotic. schwän-
zen 'ausspülen', gerade wie rhein. schwenken (Weigand 'durch
schwingend bewegte flüssigkeit reinigen'); vgl. auch die bedeutun-
gen von scÄtoej/en, schweif. — s chic ätzen, über schwadronieren
drückt Kl. sich nicht vorsichtig genug aus, denn schicadron hat
doch wol den gröfseren anteil an dem worte, welches ursprüng-
lich wol besagt 'wie ein herumziehender reitersmann schwatzen'.
— seicht wird ohne not erschwert; es gehört zu sinken oder
sigan in dem sinne 'was eingesunken, gesunken, niedrig ist', wie
dicht 'was gediehen ist', müde 'sich gemüht habend' usw. westf.
sige 'seicht, niedrig' (Woeste) ist allerdings wol gleich altn. sictr
mnl. side 'niedrig'. — siedeln, ich verstehe nicht, wie ahd. sedal
nebenform zu germ. sitls (zu sitzen) sein kann, im mnl. hat
eensedele (eencedele) 'einsiedler' scharfes s, während ein germ. *ain-
sidiljo *eenzedele lauten miiste. ob das auf entlehnung von siedet
deutet, die dann nicht einmal sehr alt sein konnte? es bleiben
bedeutende Schwierigkeiten bei dem worte. — da solper vom
Niederrhein kommt, liegt nichts näher, als ein compositum von
solt 'salz' darin zu suchen, vielleicht solthrin (Kil. sontbrytie) von
mnl. hrine nnl. brijn 'salzbrühe'. — spröde, nfläm. sprooi, ist
schon im Teuthon., also 1475, bezeugt: sproe 'gebrechhch, spröde',
die beziehung zu spreu hat eine stütze an frühernul. spru in
der gleichen bedeutung. — star als 'augenkrankheit' ist gewis
nicht erst nhd. folgerung, sondern steckt wol schon in ahd. stara-
blint, fries. starublint; selbständig kommt es mnl. vor: Rein, ii
3566, Alex. 10, 1456, Lanc. 2, 11968 te stare (stak) staen; Kil.
verzeichnet ferner bei staelhlint ein 'germ. augstaV. — statt.
Stätte ist nicht pluralform, sondern der alts. nl. nom. sing, stedi.
— stauche gehört höchst wahrscheinlich zu alts. stnkan nl. stny-
ken 'stauchen, aufschichten, stofsen' und bildet so eine parallele
mit stofs (am kleid) : stofsen; vgl. De Bo '■stuikboord der umge-
schlagene säum unten am kleide, der mit streifen verzierte unter-
saum, synon. stootkani'. danach war stauche ursprünglich 'der vor-
stofsende teil am ärmelende usw.', und aus der ferneren bedeu-
tungsentwickelung liefse sich vielleicht ein schluss auf die altgerm.
kleidung gewinnen. — stäupe, wenn die bedeutung 'Züchtigung
28 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCU
mit der rute' (altfr. stiipa) die ursprüngliche ist, könnte man ao
Stupfen anknüpfen, doch ist ein anderer Zusammenhang vielleicht
sachlich hesser hegründel. die stäupe war jedesfalls bei den Ger-
manen wesentlich mit dem abschneiden des haares (teilweise auch
der kleider) verbunden, RA'^ 701 IT. 711 f. Kilian übersetzt stuype
'poena cutis et crinium'. bei diesem begriff käme man auf
stumpf, Stümpfen, westf. stuepen 'stutzen'; vgl. auch der locke
und der hare stimmein Diulisca 1, 458 (stümmeln und stuepen
sind ganz synon.). die grüste Schwierigkeit macht aber die be-
deutung 'schandpfahl' von stupe, die sich mit den übrigen gar
nicht so leicht vereinigen lässt; durch sie wird man leicht wider
nach einer anderen richtung geführt, nämlich zu mnl. nfläm.
stupen 'sich bücken'. — stiege, ich vermag nicht einzusehen»
wie ahd. stiega (dazu stiagil) 'eins mit steg' sein kann. — warum
wird stotz nicht mit anderen zu stutzen gestellt? — wenn Wei-
gand 2 straufs mit 1 straufs zu 'sträuben, struppig sein' stellt,
so ist diese etymologie nicht unsicherer als hundert andere. —
(nasen)stHher wird wol zu nd. stuf 'stumpf, altn. stüfr 'der
stumpf geboren, wozu sich auch dialect. nhd. und nd. stuhhen
'slofsen' (wie Stumpen 'stofsen' : stumpf) stellt, die worter ent-
halten die unuasalierte wz. von stnmmel. — trocken, es ist
ags. dryge anzusetzen aus drugi, worauf mnl. dröge rhein. drüg
führen. — troddel. ahd. trndo wird zu trödeln, trendelen ge-
hören , wie das syuon. nfläm. drendel 'draht, franse, faser, troddel,
schleppender fetzen' zu drendelen 'trödeln, trendein'; die bedeu-
tung der verba ist vielleicht erst aus einem nomen 'schleppender
fetzen' zu erklären. — tüpfel fügt sich der form nach der sippe
von tief, und auch die bedeutung steht nicht entgegen; vgl. ahd.
tnpfan fläm. doppen 'tunken, tupfen' und holl. doopen neben 'tau-
fen' auch 'tunken, tupfen'; 'tupfen' ist also eigentlich 'zum ein-
tunken tupfen', zugleich aber onomatopoetisch aufgefasst. — über-
winden, dass in ahd. ubarwintan nicht wintan 'winden', sondern
winnan mit präsensbildendem t stecken soll, ist unglaublich oder
wenigstens nicht zu beweisen. • — ulk. die analogie von nl. ni
'zwiebel' und 'spafs' weist auf identiläl mit ulk, nlch sicambr.
'Zwiebel' bei Kil. — verplämpern ist onomatopoetisch, das zu
gründe liegende plemp 'ins wasser werfen, wasser ausschütten,
weichtlüssige massen in bewegung setzen', fries. plempen, westf.
pUimpen usw. — dass verschlagen das active part. zu versiahen
'betrügen' sei, kommt mir wenig wahrscheinlich vor, vgl. ver-
schmilzt, mit allen hnnden gehetzt; weniger ist an eine begriffs-
eutwickelung wie in durchtrieben oder nl. doortrapt zu denken ;
s. noch unten die beinerkung zu geivand (wenden). — ver-
tuschen, tuschen 'zum schweigen bringen' ist onomatopoetisch
(tusch als interject., um stille zu gebieten), daher auch nd. tuschen.
das wctterauische dische bei Weigand ist mir auffallend, so weit
ich mich erinnere, habe ich am Rhein tische gehört. — ver-
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH 29
wegen ist weüig deutlich gemacht; verwegen : sich verwegen ist
eine parallele zu vermessen : sich vermezzen. — was an der ge-
wöhnlichen etyniologie von verwittern zu bedenken wäre, wüste
ich nicht; es ist der form und bedeutung nach untadelhaffe ab-
leitung von weiter. — warum wird Währung unter währen hQ-
handelt? — weichbild. da die gränze des icich wie auch der
feldgemarkung durch ein bild bezeichnet wurde, so bedeutet lokh-
bilde 'gränze des wich', und dies kann sehr wol in die bedeutung
von wich selbst übergehen, damit scheint mir das wort hin-
reichend erklärt. — wenden, die nhd. bedeutung des adj. ge-
wandt wird durch das angeführte kaum begreiflich, mir scheint
das wort act. oder pass. partic. von wenden in der sinnlichen
bedeutung: 'der sich gewendet, viel umgesehen hat', oder 'herum-
gewendet'; im letzteren falle wäre die bemerkung zu verschlagen
zu vergleichen, parallel sind franz. tourne, tournnre, die vielleicht,
wie etwa auch versutns, nicht ohne einfluss waren. — bei Winds-
braut wird mit recht der zweifei an einer mytholog, Vorstellung,
wofür nichts sicheres angeführt werden kann, aufgenommen, mit
recht auch auf beziehung zu brausen hingedeutet; freilich weifs
auch ich nichts weiter dafür geltend zu machen als die natür-
lichkeit der auffassung, das lautliche könnte sich auch so er-
klären, dass brüs (und brüsk) Weiterbildung aus *brü wäre,
wozu dann bi^üd eine geläufige bildung. im ahd. wäre das wort
erhalten in der Verbindung tointes brüt, indem sich möglicher weise
schon die unklare Vorstellung eines Zusammenhanges mit braut
eingestellt hätte, mit der wz. brus 'brausen' könnte leicht die
gleichlautende von ags. brysan 'zerschmettern' Zusammenhang
haben, und dann hätten wir vielleicht auch in ahd. brödi eine
spur für die gestalt ohne s. — der bei wittern ausgesprochene
zweifei ist schwerlich gerechtfertigt, dass der Jägerausdruck zu
der bedeutung, die eigentlich 'mit benutzung der Witterung rie-
chend aufspüren' ist, kommen konnte, dafür sprechen 'wind haben',
franz. vent engl, wind 'Witterung'. — wocken. da die eigentliche
bedeutung 'flachsbündel zum aufziehen auf den rocken' ('wickel')
ist, so kann man das wort mit Sicherheit zu wieche oder dessen
nebenform wicke stellen. — wollen, ahd. mhd. ist e anzusetzen
(Zs. 25, 221 fj, wie jetzt auch Paul Mhd. gr.2 § 173 hat. — zaser
könnte mit zart zusammengehören, wenn die grundbedeutung des
letzteren 'schmiegsam' wäre; vgl. meine anm. zu Alex. 6, 940.
— bei zerren sollte deutlicher gesagt sein dass ahd. zerren, nl.
terren, isl. terra 'extendere' nicht, wie gewöhnlich angenommen
wird, mit alts. terian identisch sein kann, im ersteren muss die
Verschärfung des r von dem j unabhängig sein (germ. tarrjan);
ob Zusammenhang mit zehren besteht, ist fraglich. — zimper-
lich, auf onomatopoetischen character von zimpern weist nfläm.
timpermeese = pimpermeese 'pimpelmeise' (zu pimpeln vergl. Zs.
24, 419). Woeste Westf. idiotic. führt bei zimpen, zimpern 'weinen'
30 KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH
auch ein schles. himpern 'weinen mit verschlossenen lippen' an.
auf die bedeutung von zimperlich (sich zümpern 'ängstlich sein'
Bruder Hans 976) war auch wol nrh. tinip (zu zipfel) 'zipfel' von
einfluss. — zote, die lautform spricht ebenso wenig für frem-
den Ursprung wie sachliches, mir ist immer noch Identität mit
zotte, welches mehrfach die bedeutung 'liederliche person, hure'
hat, viel wahrscheinlicher als entlehnung aus sottie. auch in
roman. ÖHrra (Diez3 1, 77. 94 f) berühren sicii die bedeutungen
'zotte' und 'posse'. — znber. warum got. ticibaür mit o? —
von zugleich würde man wol richtiger sagen: analogiebildung
zu zuvor, zuerst usw. — zirhel und zioirbeln wären äufserlich
in beziehung zu versetzen.
Dankenswerte register der berücksichtigten gr., lat., ital.,
franz. und engl. Wörter beschliefsen das werk; eine kurze vor-
treffliche eiuleitung setzt den standpunct des etymologen aus
einander und gil)t als notwendiges hilfsmittel für das Verständnis
eine übersieht über die geschichte unserer spräche bis in die
ahd. zeit hinein, auch hier dürfte den Schlüssen aus dem sprach-
geschichtlichen material manchmal etwas zu viel vertraut sein,
auch hier, in dem gesammtbilde tritt die urschöpfung der jün-
geren Perioden etwas zu sehr zurück gegen die bewahrung und
ausbeutung des aus einer urperiode entlehnten fonds und den
an nachhaltige kulturhistorische einflüsse geknüpften Zuwachs
fremder demente, einige Sätze lassen auch das andere moment
zu seinem rechte kommen; aber sie müslen mehr in den Vorder-
grund gestellt sein, damit die gewöhnliche ansieht sie sich nicht
so leicht entgehen lassen könnte, welche in der Sprachgeschichte
einen grofsen strich anbringt, um sie in eine conslruclive und
destructive periode zu trennen, in dem richtigen und wichtigen
satze Pauls (Principieu s. 118) 'gänzlich fallen lassen muss man
die für die geschichte der indogerm. flexion beliebte Scheidung
in eine periode des aufbaus und eine periode des Verfalls' dürfte
man 'flexion' ruhig mit 'sprachen' vertauschen, dann möchte ich
auch fragen, ob wir würklich irgend welche anhaltspuncte haben,
um die Sprachentrennung der Indogermaneu in eine bestimmte
und so auffällig junge zeit, etwa 2ü00 vor Chr., zu verlegen?
Wenn der Verfasser im eingang über die Vorzüge der roman.
etymologie vor der germ. redet, so zeigt doch sein buch dass er
es nicht l'ür unrichtig hält, wenn wir uns gewöhnt haben, lieber
Jahrtausende als Jahrhunderte der Sprachgeschichte zu verfolgen,
unsere erkenntnis nicht von zufälligen Verhältnissen beschränken
zu lassen, sondern dem trieb nachzugeben, der bis an die quelle
vordringen will, dass wir es nicht bedauern, so viel weiter gehen
zu müssen, sondern uns redlich bemühen, uns selbst und 'dem
gebildeten alle Schwierigkeiten darzulegen und zu beseitigen', ohne
rücksicht auf solche, die gerne, des eigenen nachdcnkens über-
hoben, einige interessante notizen empfangen, mit denen sie ge-
KLUGE ETYMOLOGISCHES WÖRTERRÜCH 31
legentlich einmal die amüsanteren anderweitigen Unterhaltungen
der gesellschaft unterbrechen können.
Wir würden unsere schuld nicht voll abgetragen haben, wenn
wir nicht auch der Verlagsbuchhandlung sowie der druckerei unsere
anerkennung zollten für die treffhche ausstattung des buches, —
abgesehen von der pseudodeutschen schrift — ein würdiges kleid
für den inhalt. möge der letztere immer vollkommener werden,
wenn die obigen bemerkungen etwas dazu beitragen können, so
haben sie ihren zweck erfüllt.
Bonn im mai 1884. J. Fraisck.
Kritische bemerkungen zu den Nibelungen von Max Roediger. Berlin, Weid-
mannsche buchhandlung, 1884. viii und 94 ss. 8". — 2,40 m.
Roediger erklärt nicht weniger als 55 von Lachmann bei-
behaltene Strophen für interpoliert: 86. 123. 124. 165. 198. 206.
271. 676. 736. 1000. 1001. 1015. HOL 1104. 1232. 1308.
1355. 1417. 1567. 1651. 1652. 1667. 1680. 1865. 2016. 2018.
2019. 2020. 2022. 2057. 2058. 2059. 2062. 2063. 2066. 2067.
2068. 2074. 2076. 2081. 2084, 2—2085, 1. 2088. 2144. 2169.
2170. 2171. 2174. 2198. 2222. 2251,3—2252,2.2253.2256.
2259. 2260. 2261, verteidigt dagegen die echtheit dreier von
Lachmann verworfener: 691. 695. 1521. aufserdem sieht er in
Str. 330, nicht aber in 454, 3 — 455, 2 einen jüngeren zusalz,
schlägt 178, 1 und 268, 3* texiänderuugen vor und entwickelt
(gegen Henning) seine auffassung über das stück 1836 — 57.
Ich halte zunächst die versuchten rettungen für falsch, auf
Str. 689 Erlouhet uns die hotschaft e wir sitzen gen: uns wege-
müede geste, Idt uns die wile sten. wir suln iu sagen mcere, waz
iu enboten hat Günther und Prünhilt , der dinc vil zierliche stdt
lässt Lachmann folgen str. 693 Do sprach der marcgrdve Gere,
ein riter guot, 'si sint in allen tngenden so rehte höhgemnot: si
ladent iiich ze Rlne an eine höhgezit; si swhen iuch vil gerne,
daz ir des dne zwivel sit. dazwischen hat er drei Strophen ge-
tilgt, von diesen will Roediger die mittlere, 691, wider einsetzen
'Nu lön in got', sprach Sifrit. 'ich getrüwe in lool triwen unde
guotes, also man friunden sol: sam tuot ouch ir swester. man
sol uns mere sagen oh da heime unser fritmde iht hohes muotes
tragen: dadurch, meint er, gewinne erst die scene rechtes leben,
zudem habe Lachmann nichts gegen diese str. vorgebracht, letz-
teres war auch nicht nötig: denn wenn Siegfried z. 3 sagt sam
tuot ouch ir swester, so wird damit die interpolation 690 voraus-
* denn 1103, "2 (nr xvni) wird nur ein druckversehen der jüngsten
Lachmannschen edilion gebessert: die mir zu geböte stehenden ausgaben,
die erste und die dritte grofse und der vierte und siebente textabdruck,
weisen sämmtiich das richtige diu auf.
32 ROEDIGER KRITISCHE BEMERKUNGEN ZU DEN NIBELUNGEN
gesetzt, in welcher Giselhers iiud Gernots erwähnung geschieht;
Kriemhild ist ja nur Günthers, nicht auch der BriinhikI Schwester.
— ferner behält Roediger str. 695 Do sprach aber Gere von Bur-
gonden laut 'twer mnoter Uote diu hat nick gemant , Gernöt und
Giselher, ir sült in niht versagen, daz ir in sit so verre, daz
hcere ich tegeliche klagen' hei, weil nur dann Siegfried 701 sagen
könne, dass Günther und sine mdge nach ihm gesandt hatten,
aber 695 ist, wie aus iioer mnoter hervorgeht, eine anrede der
boten an Kriemhild, nicht an Siegfried, dieser dürfte also, streng
genommen, darauf hin nicht erklären: es hat nach mir gesendet.
dass die einladung von Günther im namen seiner verwandten er-
geht, ist Str. 679 angedeutet; dass die boten das nicht mit klaren
Worten sagen, ist keine gröfsere Unterlassungssünde als dass sie
den ihnen ausdrücklich gewordenen auftrag an Siegmund ganz
vergessen, jedesfalls wäre aber der anstofs, welchen die beibe-
haltung der str. 695 verursachen würde, ein viel grüfserer: denn
von Gernots und Giselhers beteiligung an der einladung war nur
in der auch von Roediger als unecht anerkannten str. 690 die
rede. — was zwischen 1513 und 1527 steht, schied Lachmann
aus. Roediger verteidigt 1521 Do si daz schif entlnoden und
gar getruogen dan sicaz dar nffe heten der drier künege man,
Hagne ez sluoc ze stucken und warf ez an die ßuot. des hete
michel wunder die reken küene nnde gnot , indem er sich darauf
beruft dass hier ein alter sagenmäfsiger zug vorliege und dass,
wenn es dem dichter nicht überflüssig erschienen sei, 1512 die
beladung des schiffes zu erwähnen, er ebenso kurz auch die ent-
ladung habe berühren dürfen, das erste argument beweist nichts,
denn dass interpolaloren sehr wol sagenkenntnis besitzen konnten,
zeigt zb. INib. 1531 und anm.; das andere spricht sogar wider
Roedigers ansieht, nachdem nämlich die Burgunden str. 1512 ir
golt und auch ir wdt in das schiff getragen, fährt Hagen zunächst
1000 ritter und seine recken übers wasser, darauf (nach und nach,
wie man doch auf grund von 1513, 4 annehmen muss) 9000
knechte: das gepäck wird aber gewis gleich bei der ersten lan-
dung ausgeladen, nicht unnützer weise den ganzen tag hin und
her geführt worden sein.
Ich wende mich zur betrachlung einiger athetesen. 329 und
330 lauten: 'Daz xoil ich widerrdten\ sprach dö Slfrit. 'jd hat
diu küniginne so vreisUchen sit, swer ir minne wirhet, daz ez in
höhe stdt. des muget ir der reise haben guoten rat.' 'So wil ich
iu daz raten , sprach dö Hagene, 'ir bitet Sifride mit in ze tragene
die vil starken reise: daz ist nu min rät; sit ime daz ist kündec,
wie ez umb die frouwen stdt.' nur die erste dieser Strophen be-
zeichnete Lachmann als späteren zusatz und schloss sie in eckige
klammern ein; Roediger will auch die zweite für jünger ange-
sehen wissen, da sie in deutlichem gegensatz zur vorangehenden
gedichtet sei. dieser 'deutliche gegensatz' beruht indes nur auf der
ROEDIGER KRITISCHE BEMERKUNGEN ZU DEN NIBELUNGEN 33
armseligen widerholung des verbums raten an der gleichen stelle der
cäsur und des reimes rdtistdt; der inhalt des von Hagen erteilten
rates kann völlig ohne 329 bestehen, wenn wir aber zwei einander
in reimen und Wortschatz so ähnliche interpolierte Strophen vor
uns haben, werden wir immer eher die eine für das muster der
anderen ansehen als beide dem gleichen Verfasser zutrauen, ich
wende mich damit auch gegen eins der argumente, mit welchen s. 7
die echtheit von 198 angefochten wird, wenngleich ich diese Strophe
nicht unbedingt verteidige, im vorliegenden falle konnte 330, 4
zur einschiebung einer meinungsäufserung Siegfrieds anlass geben.
— die gründe, aus denen str. 27 1 Der wirt der hete die sinne, im
was daz wol erkant, wie rehte herzexUche der hell von Niderlant
sine swester trüte, die er noch nie gesach, der man so grözer schoene
vor allen junc fr ouwen jach verworfen wird, leuchten mir nicht
ein: 'hiernach weifs Günther dass Siegfried seine Schwester liebt,
obgleich er sie noch nie gesehen hat. trotzdem tut er nichts,
um eine annäherung zu ermöglichen , die ihm doch ganz recht
ist. denn als 272 f Ortwin rät, die frauen am feste teilnehmen,
und 287 f Gernot, den Siegfried durch Kriemhild begrüfsen zu
lassen, stimmt er sofort bei. was soll aber die bemerkung in
271, wenn sie keinen fortschrilt veranlasst, und die erwartung,
der könig werde die initiative ergreifen, geteuscht wird?' für meine
auffassung motiviert die Strophe die bereitwilligkeit, mit der Gün-
ther auf Ortwins und Gernots spätere wünsche alsbald eingeht.
— 735. 736 lauten: Nu ndheten zuo ein ander der zweier künege
icip. dd wart vil setel leere, maneger vrouwen lip wart von helde
handen erhaben nf daz gras, die vrouwen gerne dienden, waz der
dd nnmüezec was! Do giengen zuo ein ander diu minneclichen
wip. des was in grözen vröuden maneges riters lip, daz ir beider
griiezen so minnecUch ergie. dd sach man vil der recken der die-
nen vrouwen dd niht lie. dazu bemerkt Roediger s. 16 f: 'die
beiden Strophen halten so grofse ähnlichkeit, selbst in den reimen,
dass man eine als nachbildung der andern betrachten muss. und
zwar möchte ich die zweite ausscheiden, weil 1) das adjectivum
minnecUch ungeschickter weise zweimal in ihr vorkommt, 2} nur
der reimzwang in z. 4 den sing, der lie statt des plur. die liezen
hervorgerufen haben dürfte, 3) ihr Verfasser die beiden königiu-
nen sich noch einmal begrüfsen lässt, während doch von ihren
frauen die rede und die begrüfsung der Kriemhild und Brünhild
bereits 730 geschildert und als erfreulich bezeichnet ist.' dagegen
ist einzuwenden 1) dass in diesem Hede in einer und derselben
Str. zweimal auch vorkommt zb. das adj. stark 685, das parli-
cipium gezieret 775. 2) dass str. 730 von einer begrüfsung der
beiden köuiginnen noch nicht die rede war; es wird dort nur
von dem allgemeinen eindruck gehandelt, welchen der von Brün-
hild als landesherrin veranstaltete empfang auf die gaste macht,
ein empfang, der unmöglich so prächtig früher von seilen der
A. F. D. A. XI. 3
34 ROEDIGER KRITISCHE BEMERKUNGEN ZU DEN NIBELUNGEN
Kriemhild ausgefallen wäre; dann erst beginnt die Schilderung
der begrüfsuug im specielleu: zunächst die Siegfrieds, Sieg-
munds und Günthers, ^dann die der königinnen, jede durch nu
eingeleitet. — 1104 E der edel Rüedeger ze Bechldren reit tiz
der stat ze Wiene, dö wären in diu kleit rehte volleclkhen üf den
soiimen komen. die fuoren in der nidze, daz in wart wenic iht
genomen. Roediger sagt über diese str. s. 22: 'ist Rüdiger nicht
genügend für die gesandtschaft ausgerüstet und will dafür mit
shi selbes guote sorgen (1093, 4), so kann er seine bedürfnisse
nur den verraten in seiner heimat, in ßechlareu entnehmen, dort-
hin reitet er selbst, warum sollen also die kleider erst nach Wien
und darauf zurück nach ßechlareu transportiert werden, zumal
die strafsen unsicher sind (1104, 4)? ja wenn die neue garde-
robe gleich in Wien angelegt würde 1 das geschieht aber nicht,
auch nicht in Bechlaren (1114)... kommen nun die kleider
nicht aus Bechlaren — woher dann? es steht in 1104: uz der
stat ze Wiene. freilich meint Lachmann, der bau des satzes ge-
statte diese erklärung nicht, dö müsle fehlen, jedoch wenn ein
par Strophen vorher hin ze Bechelären dö sande Rüedeger ohne
anstand durchgieng, weshalb denn hier nicht der völlig analoge
satz uz der stat ze Wiene dö xodren in diu kleit komen?' darum
verwirft Roediger die str. und weist sie dem verf. von 1102 zu.
um gleich mit dem letzten zu beginnen: ganz analog sind die
beiden Sätze nicht, der zuerst angeführte ist ein reiner hauptsatz,
in dem andern verweist dö auf ein vorhergegangenes e. es ist
ferner eine willkürliche annähme, dass Rüdiger seine bedürfnisse
nur den Vorräten in Bechlaren entnehmen könnte und somit ein
unnützes hin- und herschicken hätte stattfinden müssen, die
formel endlich dö waren in .... komen bedarf keiner weiteren
angäbe des woher, das ersieht man aus 681, wo es von Gere
und den übrigen gesandten, die dem burgundischen hole angehören
und von dort aufbrechen, heifst: Si fuoren reisUche : ir pfert und
ir gewant daz was in dö komen, dh. fertig gestellt, in z. 2 be-
ziehe ich mit Roediger gegen Lachmann auf den markgrafen und
seine leute, nicht auf Göllint und ihre tochter (vgl, den plural
1105, 1). ich fasse somit den sinn der str. folgender mafsen:
ehe Rüdiger von Wien nach Bechlaren aufbrach, war die garde-
robe auf saumtieren bereit; diese saumtiere machten den weg
(von Wien nach Bechlaren) in voller Sicherheit (weil sie von
Rüdiger und seinen mannen geleitet waren), diesen sinn haben
auch die hss. CDIh in dem überlieferten gesehen und durch ihre
änderungen noch planer zu gestalten sich bemüht. — in dem auf-
trage, welchen Kriemhild den spielleuten erteilt, findet Roediger
einen directen Widerspruch zwischen str. 1355 Und swaz ir miner
friunde immer muget gesehen ze Wormez bi dem Rine, den sult
ir niht verjehen, daz ir noch ie geswhet betrüebet minen mnot;
und saget minen dienest den helden küene unde guot und 1356
ROEDIGER KRITISCHE BEMERKUNGEN ZU DEN NIBELUNGEN 35
Bittet, daz si leisten, daz der knnic in enhöt , und mich dd mite
scheiden von aller miner not. die Hinnen wdlent wcenen, daz ich
an friunde si: ob ich ein riter iccere, ich kwme in ettewenne bi;
er verwirft daher die erstere auf gruud von 1339, 4. wenn aber
Kriemhild den boten nichts weiteres anzuvertrauen hat, als was
Str. 1356. 57 besagen, dinge, die 1343. 45 zwischen ihr und Etzel
verhandelt sind, so ist nicht abzusehen, weshalb sie Werbel und
Swemmel tougenlichen in ir kemendten entbietet, auch würde
1356, 1 si bei wegfall der str. 1355 beziehungslos dastehen, im
übrigen ist der Widerspruch zwischen 1355 und 1356 nur ein
scheinbarer: Kriemhild wünscht dass ihre brüder glauben sollen,
ihre not bestehe einzig darin, dass sie von den Hennen als freund-
los angesehen werde, nicht darin, dass sie noch über Siegfrieds
ermordung trauere; von der zeitweiligen verdüsterung ihres ge-
mütes zu reden verbietet sie darum den boten, weil zwar nicht
die Heunen (1339, 4), wol aber ihre brüder deren Ursache leicht
erraten können. — der Vorschlag, 268, 3 muosen sit (statt si)
verklagen zu lesen, ergäbe für diese zeile ganz den gleichen in-
halt wie für 267, 4 ; in solchen fällen pflegt Roediger sonst eine
interpolation anzunehmen.
Ich könnte noch gegen verschiedene andere ausscheiduugen
von Strophen (zb. 1417. 2088) specielle bedenken geltend machen,
aber auch wo ich das nicht zu tun in der läge bin, erscheinen
mir häufig die beigebrachten gründe nicht stark genug, um eine
athetese zu rechtfertigen, meines erachtens hat Roediger sich
nicht immer des salzes, den er mit vollem recht in seiner vor-
rede ausspricht: 'nicht alles, was gestrichen werden kann, muss
auch gestrichen werden' erinnert, indes verkenne ich keineswegs
dass seine scharfsinnige schrift vielfach anregt und in manchen
puncten zu sicheren ergebnissen gelangt: dahin rechne ich ua.
athetesen wie die von str. 86 oder 206.
Steinmeyer.
Laurence Minots lieder mit grammatisch-metrischer einleitung von Wilhelm
Scholle. Quellen und forschungen 52. Strafsburg, Karl JTrübner,
1884. xLvn und 45 ss. 8". —2 m.
Minot ist schon lange ein liebling der anglislen gewesen,
die historische bestimmtheit, die spielmännische frische, der mäfsige
umfang und die gute Überlieferung seiner elf lieder haben ihm
schon vor Scholle 3 gesammtausgaben verschafft — abgesehen von
partiellen abdrücken in verschiedenen Chrestomathien — , und auch
über die spräche hat bereits FJRierbaum 1876 eine dissertatiou
geliefert, dennoch ist Sch.s buch durchaus nicht überflüssig:
jede frühere ausgäbe war nur eine copie der hs.. Seh. erst bietet
einen kritischen text. Bierbaum hatte metrik und lautlehre so
gut wie gar nicht, die flexion recht oberflächlich behandelt; über
3*
36 SCHOLLE LAÜRENCE MmOTS LIEDER
das end-e des adjectivs zb. bemerkt er schlecblweg: 'überbaupt
lässt sich mit Sicherheit nichts in diesem puncte feststellen.' Seh.
hat gerade diese partien mit akribie und Sachkenntnis erörtert.
Zum detail übergehend, muss ich mich vor allem mit der
dialectbestimmung unbedingt einverstanden erklären: südöstliche
gränze des nördlichen Englands, und zwar immer noch nördlicher
als STristrem. dies zugegeben ist der nachweis, dass das end-e
des adjectivs sehr oft, gelegentlich auch das des adverbs, noch
gesprochen wurde, von besonderem interesse, weil er die alte
ansieht, wonach das verstummen dieser e im nordhumbrischen
des 14jhs. allgemein war, einschränkt, man darf nun doppelt
begierig sein auf die einschlägigen Untersuchungen über STristrem,
welche auf s. lui von Kölbings vorsichtiger ausgäbe angekündigt
werden, vgl. inzwischen Schipper, Zs. f. öst. gymn. 1884 s. 212 f.
Ferner gebürt dem capitel über die metrik der kurzzeilen
das lob grofser genauigkeit. zweifeln kann man allenfalls, ob
nicht die arge differenz des wortaccents, öfters sogar der allitte-
rierenden hauptstäbe, mit dem versaccent in vielen vierfüfsigen
Versen einfach durch die annähme zu heilen wäre, dass auf der
cäsur die Senkung fehlen darf, zb. The nöbill düc öf Brabdnd
IV 22, wo Seh. als vor of einfügt; The feld it hat Flämengoye
IV 74, wo sich Seh. mit Flamengerije hilft; Suhl cum a bdre över
(Seh.: over) pe se vii 161; Pe %ü6rd of htm wdlkes (Seh.: walkes)
ful Wide VIII 29 ; Bot böth on hörs dnd on f'öte (Seh. : Bot both
ön hors) iv 59; For he was his frend fdühfnUst vii 161, wobei
mau allerdings zur Vermeidung des zweisilbigen auftactes das über-
flüssige For, das die Schreiber so gerne interpolierten, weglassen
müsle. dadurch wäre auch der bösen Strophe v 31 — 36 geholfen,
deren dreifüfsler sonst den vierfüfslern der ührigeu Strophen ganz
Singular gegenüberstehen:
Sir Philip pe Valdys
With his men in po ddgs usw.
für weitere härten gäbe es noch weitere heilmiltel. nimmt mau
schon elision des e von unbet. pe auf folgenden bet. vocal in
pe erle an, warum nicht auch in grdimt him grdce of pe höly
gast IV 8, wo man sonst mit veiiust zweier Stäbe grannt him grace
ö/" lesen muss? — kann das adv. e in sone gelegentlich nacbtönen,
warum nicht auch in lange (hs. lang) in 104, vvo sonst zu betonen
ist Als lang als p am lasted tnight? — niany und sorow gelten für
einsilbig; mit demselben recht kann es conig sein, wenn es sich
darum bandelt, einem Have ive nowper conig ne cat vni 75 aus-
zukommen, ebenso Philip in der formel sir Philip of Frannce iv55
und 88. — endlich sehe ich kein principielles hindernis, manch-
mal auch noch das tlexions-e des subst., gleich dem des adj., als
tönend, zu betrachten, zb. hi Frannce dnd in Flandres both m 6
(statt In Frannce dnd) oder a stede tö nmstride iii 69, wo Seh.
lieber to in for to verwandelt, doch muss zur Steuer der wahr-
SCHOLLE LAÜRENCE MLNOTS LIEDER 37
heit und zu Sch.s gunsten bemerkt werden dass es trotz alledeni
nicht möglich ist , alle Stabreime unter den versaccent zu bringen
oder alle argen fälle von schwebender betonung zu beseitigen,
wir brauchen eben zur entscheidung noch manche ähnliche Unter-
suchung verwandter denkmäler.
Die langzeilen machen trotz dem Scharfsinn, den Seh. auf
ihre systematisierung verwendet hat, einen verworrenen eiudruck.
ich bemerke nur zu s. xl dass der auffassung von kene men sal
pe kepe x 23 als dreifüfsig keine Schwierigkeit im wege liegt, da
ja das end-e von kene nach s. xxi f nicht zu tönen braucht.
Im text steht manche glückliche conjectur. doch hätte da
und dort ein conservativeres vorgehen nichts geschadet. Pai sal
maintene him — or eis to tat Jus frendschip fal vii 113 ff kann das
to ganz gut behalten, zumal da schon ein vom hilfszeitwort re-
gierter inf. ohne to vorausgeht; vgl. Zupitza zu Guy 1925. —
einige end-e hätten nach den normen, die Seh. selbst s. xlh auf-
stellt, geschrieben bleiben können, zb. m stoicre i 91, with Jiono-
wre m 21. — ae. d ist, \V\e die reime bezeugen, bei dem dichter
oft zu ö geworden, aber noch häufiger intact geblieben, die hs.
stimmt in den controlierbaren fällen zum Sprachgebrauch des
dichters. woher also die berechtigung, im Innern des verses
die Überlieferung anzutasten? consequenz war ja doch nicht
immer in der Schreibung eines und desselben Wortes herzustellen,
vollends zu fehlerhafter auffassung einer wichtigen conjugations-
erscheinung liefs sich Seh. verführen durch das bestreben, ae. a
vor /(/ und nasalen stets als a darzustellen, obwol doch sogar
bei RRolle die verdumpfung nicht unerhört ist, in allen nord-
engl. denkmälern, auch bei den reimen des STristrem, ist näm-
lich der ablautvocal des prät. sg. in den pl. gedrungen — dar-
nach hat auch Minots songen vii 138 das o aus dem sg. satig,
soiig entlehnt. Seh. hingegen lässt es aus dem u des part. her-
vorgehen und schreibt dafür simgen. hätte die hs. smigen, wir
müsten dafür songen lesen 1 — endlich bin ich mit der regel-
mäfsigen rückverwandlung des aus u besonders vor dentalen und
nasalen entstandenen o in u nicht einverstanden; denn dies schwan-
ken ist für den dichter durch einen festen reim erwiesen: pai
nomen : es cumen (statt comen) ix 53 f. Seh. suchte zwar auszu-
kommen, indem er numen in den text setzte; aber wo begegnet
im 14 jh. ein prät. pl. numen? Stratmann kennt numen nur
als part. der Schreiber hat vielmehr comen in cumen rückver-
wandelt; er selbst war dem o abgeneigt; wo ihm trotzdem o stehen
geblieben ist, würde ich ihm desto eher trauen, noch unglück-
licher war Seh., wenn er gegen seine eigene regel loun (ae. icnnnen)
VII 151 zu won änderte; denn das darauf gereimte part. bigun
streitet auf das entschiedenste dagegen.
Zu Sch.s entschuldigung muss übrigens gesagt werden dass
diese vereinzelten misgriffe wol hauptsächlich in der übertriebeneß
38 SCHOLLE LAÜRENCE MINOTS LIEDER
lugend wurzeln, alles anstöfsige aus seinem text zu verbannen,
im ganzen und grofsen ist seine broschiire eine tüchtige leislung
und zeugt von exacter Schulung.
Prag 21 juni 1884. A. Brandl.
Corpus poeticum boreale. The poetry of the old nortliern tongue from the
earliest times to the thirteenth Century edited classified and trans-
lated with introduction, excursus, and notes by Gudbband Vigfüsson,
M. A. and FYork Powell, M. A. vol. i Eddie poelry. vol. u Court
poetry. Oxford, al the Clarendon press, 1883. cxxx and 575; 712 ss.
gr. 8°. — 42 m.*
Ein werk, wol geeignet durch die fülle des hier zum ersten
mal vereinigten malerials, durch erstaunliche gelehrsamkeit, durch
reichtum an neuen ideen zu imponieren und durch lebensvolle
darstellung, durch stilistische und poetische feinfühligkeit zu fes-
seln und zu gefallen, uns Deutschen vielleicht noch besonders
empfohlen durch die begeisterte Verehrung Grimms und Goethes
(i s. xcui. xcLx f. cvL cxL cxvii. cxxHi, s. prolcgomcna zu Stnrlunga
s. Lxxvn), die uns nicht bei einem Engländer, den man in dem
buche oft zu hören meint, eher bei einem Skandinavier auffällt,
aber mehr noch als durch bewunderung und Sympathie können
die germanisten aller uationen Vigfüsson die dankbare anerken-
nung seiner leistungen ausdrücken durch eifrige bebauung des
von ihm erschlossenen arbeitsfeldes; das ist sowol durch sprach-
liche, poetische, kritische, litterarhistorische behandlung der von
ihm mitgeteilten texte, als durch prüfung seiner in der einleitung
und den excursen ausgesprochenen theorien.
Es ist mir unmöglich das neue werk nach allen seilen zu
beleuchten und über alle strittigen puncte — denn V. geht fast
überall seine eigenen wege und sein thema ist die ganze alt-
nordische poesie — ein begründetes urteil abzugeben, ich muss
mich begnügen , die äufsersten umrisse des Corpus zu skizzieren
und dann bei einigen partien zu verweilen, in denen ich dem
Verfasser nicht beistinmien kann.
Die einleitung gibt eine geschichte der altnordischen philo-
logie auf Island — viel ausführlicher für die ältere zeit als in den
prolegomena zu Stnrlunga s. cxli — , in der einige interessante
gestallen hervortreten, Arngrim und Biörn von Skardsa 1593 —
1643, vor allem aber bischof Brynjolf 1605 — 1675. es ist vielfach
noch möglich nachzuweisen, welche manuscriptc diese gelehrten
benutzten und in welcher reilienlolge ihnen dieselben bekannt wur-
den, denn die alte tradition war in Island so gut abgerissen als
anderswo, nur von der prosaischen Edda wüste man noch immer
[* vgl. DLZ 1S84 nr 2-1 (EKöJbing).]
CORPUS POETICÜM BOREALE 39
als einer gelehrten anleitung zur dichtkunst, s. die Zeugnisse aus
dem 15 und 16 jh. i s. xxvii und u 560. die poetische lernte BiOrn
erst spät kennen, aber er wie andere hatten ein ähnhches buch,
das sie auch Edda nannten, 'die ältere', 'die Uredda', schon vorher
postuliert. — es folgt eine beschreibung der vorhandenen und
für die ausgäbe verwerteten handschriften. — daran scliliefsen
sich betrachtungen über die altgermanische poesie überhaupt —
mit versuchen langobardische lieder aus den erzählungen des Pau-
lus Diaconus zu erweisen — und die Stellung des altnordischen
in derselben, die schon in den prolegomena zu Sturlunga aus-
gesprochene ansieht, dass die Eddalieder z. t. von den westlichen
inseln stammen, wird durch neue argumente gestützt (vgl. Edzardi
Paul-Braunes Beiträge 8, 349). — es folgt eine Verteilung der Edda-
lieder auf verschiedene aus eigentümlichkeiten des poetischen stils
erschlossene Verfasser. V. unterscheidet einen 'Helgidichter', einen
Hapeten-' oder 'monolog-' oder 'klaglieddichter', d. i. den verf. der
gedichte von Bruuhild, Gudrun, Oddrun, einen 'balladendichter',
von dem die erzählenden götterlieder, den aristophanischen dich-
ter, von dem Lokasenna, Harbardhsliodh, Skirnismal stammen, den
'sibyllendichter' ua. doch ist dabei nicht immer ein Individuum,
öfter auch eine poetische schule gemeint, s. lxiv. cxvin. — sodann
Zeugnisse für die Verbreitung dieser lieder und für bekanntschaft
mit ihnen, die wichtigsten sind natürlich die vor 1230, dem
höchstmöglichen alter der hs. R, s. xlii. lxxi, und vor 1150, der
zeit, in welche V. die Sammlung der lieder selbst setzt, es kom-
men in belracht Ulfr L'ggason c. 980, i s. lxviii, Eyvindr skal-
daspillir c. 970, s. lxv. 2, Arnorr iarlaskald c. 1064, s. lxxvii, Ivarr
Ingimundarson c. 1144, iarl Rügnvaldr etwa um dieselbe zeit,
s. LXXVII, könig Sverrir, s. lxxii. lxxvii. 314; — dann abgesehen
von Sn.Edda undVölsunga saga uä. die Skiöldunga saga (Sögubrot),
I s. lxxv. 349, Ynglinga saga, i 23, Flateyjarbok, i226, Örvar-Odds
saga, I 2. 226, Gisla saga, ii 331, Ilromundar saga Greipssonar, i
s. lxxvii ff (s. MüllenhofT Zs. 12,351). vgl. dazu die parallelen
zwischen Hymiskvidha und P'a^reyinga und Grettla i 511, zwischen
den liedern von den Nibelungen und Laxdoela ii 506, im dritten
excurs des zweiten bandes. — die folgenden paragraphen handeln
von der hofpoesie und stellen zur erklärung des umstandes, dass
die zwischen 970 und 1070 entstandenen gedichte oft nicht die
positiven angaben über persoueu, orte und facten enthalten, für
welche sie in den sagas citiert zu werden scheinen, die hypothese
von einer Überarbeitung derselben im 12 jh. auf, bei der eine fülle
von latsachen durch allgemeine poetische phrasen ersetzt worden
sei, s. Lxxxiii ff. vgl. II 27.258, — die älteren königssagas, Aris
arbeiten, hätten aber überhaupt keine verse gehabt, sie nur benutzt,
so schon prolegomena zu Sturlunga s. lxxix ; vgl. Dictionary unter
hlant, CBtla, Svöldr. eine ganz ähnliche theorie wird dann für die
SnorraEdda, deren ältesten text W gebe, s. xliv. xlvi. vgl. ii 6. 10
40 CORPUS POETICL'M BOREALE
(vgl. Müllenhoff Altertumskunde v 197 ff) aufgestellt: die verse sind
später eingeschoben und überarbeitet, das Siialdskaparmal rührt z. t.
nicht von Snorri her und ist unvollendet, s. xcvni. lxxxvii, s. ii 524
(vgl. Mülleohofl' aao. s. 170. 197). — auch für die antiquarische ge-
lehrsamkeit des formali und eptirmali ist Snorri nicht verantwort-
lich (vgl. MüUeuhoffaao. s. 203). — der folgende abschnitt über den
mythologischen gehalt der altnordischen poesie versucht die masse
der Überlieferung in chronologisch getrennte schichten zu sondern,
wobei nur für die letzte, die der VVikingperiode, directer einfluss
fremder, christlicher mythen und anschauungen zugegeben wird,
vgl. excurs i des ersten bandes. — den schluss der einleituug
bilden angaben über einrichtung, ziele und zwecke der vorliegen-
den ausgäbe.
Der text zerfällt in 10 bücher. die sechs des ersten bandes
enthalten meist Eddalieder, ich eitlere nach Bugge. buch i
'älteste nordische poesie' enthält Havamal in fünf nummern,
welche als selbständige gedichte auftreten: t) 'weisheit des gastes',
2) 'spruchgedicht', s. dazu i 400, — mit Sn. Edda i 108, die
prosaische angäbe über die fessel Gleipuir als strophe darge-
stellt, — 3) 'Loddfafnis belehrung', — dann Sn. Edda i 36, 1, —
4} 'Wodans liebeslehren', 5) 'Havamal'. letzteres umfasst str. 111.
138—164, also Runatal und Liodhatal (s. MüllenholT aao. s. 270).
— dazu als 'fragment eines zauberliedes' Sigrdrifumal 13,3 — 19.
— dann folgt unter dem titel 'heroische didactik' das 'Wölsungen-
spiel' d. i. Sigurdharkvidha n (Reginsmal), Fafnismal, Sigrdrifumal,
die in R ohne abschnitt folgen (aber der erste vers von Fafnismal
hat eine Überschrift s. Bugge s. 219). wie überall betrachtet
hier V. die prosaslücke von R als spätere zutat. — die ältesten
lieder erzählenden Inhalts bilden den schluss des ersten buches:
die grönländische Atlakvidha , Hamdhismal, d. i. Gudhrunarhvöt
und Hamdhismal (s. Bugge Zs. f. d. ph. 7, 385); s. dazu i 375, —
und das gautländische gedieht auf Theodorich den grofsen, d. i.
die Strophe, welche Bugge auf dem stein von Rok gelesen hat,
mit berufung auf Piaurikz — skati Maiinga = Deor v. 18 Peödric
dhte priticj wintra Meeringa bürg.
Buch II. älteste poesie der westlichen inseln, lyrisch-didac-
lisch. 1) mythologische didactik: Vafthrudhnismal, s. dazu i 376,
— Grimnismal, aus dem str. 18. 19. 20. 23. 36. 43. 45. 46. 49.
50. 54 als fragment eines selbständigen gedichtes ausgeschieden
wird (ganz abweichend von Lüning und Müllenholf aao. s. 159),
— versus memoriales aus Grimnismal str. 44. 27, — aus Völuspa,
uamen der zwerge, norneii, walkyrien (s. Müllenholf aao. s. 93 11),
— Alvissmal, — schliefslich zwei rätseldichtungen, die nicht in
der lieder- Edda stehen, könig Heidhreks rätsei aus der Uervarar
saga und Swipdagr und Menglüdh. — 2) 'der Aristophanes der
westlichen inseln': Lokasenna, Skirnismal, Harbardhsliodh, Ivar
und Üdhinn; das letzte stück stammt aus der Skiöldunga, FAS
CORPUS POETICUM BOREALE 41
I 372 f. — 3) mythologische briichstücke: Heimdalls zauber,
Niördhr und Skadhi, s. dazu i 381 Saxo, — Gna und Hofvarpnir,
— Thökk und Baldr, — Thorr und Geirrödh aus Sn. Edda r 102.
94. 118. 180. 286 f.
Buch HI. alte westländische epik. A. die Helgilieder, näm-
lich: 1) Helgi und Sigrun, d. i. Helgakvidha Hundingsbana i und
das meiste von ii 25—28. 30 — 48, — 2) Helgi und Svafa, d. i.
Helgakvidha Hiörvardhssonar, — 3) Helgi und Kara, d. i. Helga-
kvidha Hund. II 1 — 13. also die von den herausgebern sonst ver-
lassene Ordnung in R ist z. t. beibehalten, s. dazu i s. lxxviii,
und i 376. 502 (Aage og Else; s. Uhland Schriften 7, 416). —
dann Völsungakvidha in forna, d. i. Helgakv. Hund, ii 14 — 18, —
ein fragrnent eines zweiten gedichts von Helgi und Sigrun, d. i.
Helgakv. Hund, ii 29, — Atli und Hrimgerdhr, d. i. Helgakv. Hiörv.
12 — 30, — ein anderes lied von den Wölsungen, dessen frag-
mente in dem alten Wölsungeuspiel, buch i, zerstreut sind, —
Hialmars todessang und die ervveckung Angantyrs aus der Hervarar
und Örvar-Odds saga; s. dazu i 495.
B. 'Der balladendichter': Völundarkvidha, Thrymskvidha,
s. dazu IS. 501 Thord of Hafsgaard, — Baldrs tod, d. i. Vegtams-
kvidha oder Baldrs träume , von dem Verfasser der Thrymskvidha,
— Grottasöngr aus der Sn. Edda, — ßiarkamal aus Olafs saga hins
helga, Heimskringla ii c. 220, und Sn. Edda i 400, FAS i 112,
s. dazu I 381 Saxo, — fragrnent eines liedes von Hrolfr Kraki aus
Sn. Edda i 396, — fragrnent eines ilildebrandsliedes aus Asmun-
dar saga kappabana FAS 2, 484 ff, s. dazu i 387 Saxo (s. Müllen-
hoff Dkm.^ 264).
C. 'Der sibyllendichter': Völuspa, s. dazu i 377. ii 621. 642.
über V.s behandlung der Völuspa s. unten.
D. 'Der christliche dichter', d. i. Solarliodh nach hss. des
ITjhs., aus dem die 'parabeln' als rest eines besonderen gedich-
tes ausgeschieden sind.
Buch IV. historische gedichte, mit ausnähme von l)derHymis-
kvidha. s. dazu die parallele aus der F;ereyinga und Grettla i511.
— 2) genealogische gedichte : Hyndluliodh aus der Flateyjarbok,
als ganzes, das gedieht wird ii 515. 629. 652 in die 'kleine Vö-
luspa' und das eigentliche Hyndlulied geschieden. — Rigslhula
aus codex W der Sn. Edda; s. dazu i 379. — Thiodulfr hvin-
verski: Ynglingatal, erste hälfte des 10 jhs. dazu ein neuer text
II 655. — Eyvindr skaldaspillir : Haleygjatal, c. 976. dazu ein
neuer text ii 657. — 3) alte enkomien: Hornklofi : Rabenlied,
erste hälfte des 10 jhs., — Eiriksmal, bald nach 954, — Eyvindr
skaldaspillir :Hakonarmal, c. 976, von denen einige Strophen in
einen appendix verwiesen werden (s. Müllenhoff aao. 279 f). —
4) Egill Skallagrimsson: Höfudhlausn, 950 — 954, s. dazu i 379, —
lied auf Arinbiorn, c. 970, s. dazu i380, — Sonar lorrek, 975 — 980,
von letzterem ein neuer text u 544. — 5) 'Sigtryggs dichter' : das
42 CORPUS POETICIM BOREALE
Darradharliodh aus Niala, nach 1014 (vgl. Lehmann und Schnorr
Die ^Jalssage 1883 s. 139).
Buch V. jüngere lieder der heldensage. 1) 'der Siegfried-
dichter': Gripisspa (Sigurdharkvidha i). — 2} 'der Brunhikldichter':
'das lange Brynhildhed', d. i. Sigurdharkvidha in (oder Sigurdhar-
kvidha hin skamnia) mit Heh'eidh Brynhiidar als ein gedieht, wie
B anzudeuten scheint (aher s. Bugge s. 260), — 'fragment
eines kurzen Bruuhildliedes', d.i. Brot af Sigurdharkvidhu, —
Oddrunargratr, — Fragmente aus der lücke in B, eins aus der
Sverris saga FMS 8, 409, die übrigen aus der Volsunga saga. —
3) 'der Gudhrundichter': Gudhrunarkvidha hin forna, d.i. Gudh-
runarkvidha n, — Gudruns goltesurteil, d. i. Gudhrunarkvidha ni,
— Gudhrunarkvidha, d.i. Gudhrunarkvidha i, — Tregrof Gudh-
runar, d. i. liamdhismal 1, Gudhrunarhvöt str. 9 — 21. — 4) 'der
AtUdichter' : Atlamal in groenlenzku, — fragment eines Atliliedes,
d. i. Gudhrunarkvidha n 37 — 44. — 5) der hunnische cyclus: lied
von HlOdhr und Angantyr aus Hervarar sagia, s. dazu i 387 Saxo.
— 6) kaialogische dichtungen zur heldensage: liste der recken
Halfs FAS 2, 54 f, — die liste in Hialmars todessang FAS 2, 220,
— in Asbiörns lied FiMS 3, 220, — in einem Starkadhslied FAS
3, 19 f, — fragment eines Starkadhsliedes Sn. Edda ii 407; s. dazu
1 388 Saxo.
Buch VI. improvisationen und gelegenheitsgedichte. darunter
Torf-Einars gedichte aus der Orkneyinga und runeninschriften,
s. dazu I 400. 567. 571 ff, am letztangeführten orte auch eine neue
losung des steins von Tune.
Buch VII, das den 2 band l)e8innt. heidnische poesie im drott-
kvtett. 1) mythologische gedichte, Bragis schildlied aus der Sn.
Edda, — Thiodulfs von Ilvin Ilaustlöug, 950 — 970, aus der Sn.
Edda, — dazu ein par lausavisur aus Ynglinga saga, — Eilifs Gudh-
riinarsons Thorsdrapa aus der Sn. Edda, — Ulfs Uggasons Hus-
drapa, 975 — 9S0, aus der Sn. Edda, — fragmente dieser gattung.
— 2) enkomieu, natürlich meist aus den künigssagas. Ilornklofis
Glymdrapa, erste hälfte des 10 jhs., aus Heimskringla und Sn.Edda,
— Guthormr sindri: Hakonar (935 — 961) drapa, — Kormakr Üg-
mundarson: SigrOdhardrapa, 935 — 961, aus Sn. Edda und Ilakonar
saga, — Eyvindr skaldaspillir: improvisierte Strophen, — Glunir
Geirason : Grafeldardrapa ua. , c. 976 , — Einars skalaglamms
Vellekla, kurz vor 980, — Tindr Hallkelsson, — Eyjolfr dadha-
skald ua. — 3) und 4) dichtungen im drottkv;elt, mehr privaten
characters, darunter: Ilroniumh- und seine söhne, aus Landnama,
— Thorarins Mahli(lliing;ivisur, — Odds Illugadra])a ans Eyr-
byggja, — Kormaks und Bersis improvisationen aus der Korniaks
saga, — Egils improvisationen aus der Egils saga, — Vigaglunis
improvisationen aus der Vigaglunis saga.
Buch viii. 1) die poüten Olafs Tryggvasons, 995 — 1000, und
Eiriks, 1000—1012: llallfredhr vandraulhaskald. Halldorr ukristni,
CORPUS POETICUM BOREALE 43
Skuli Thorsteinsson, Thorrodhs Kolbeinssons Eiriksdrapa, Biörns
Hitdoelakappis , Gunnlaugs ormstungas uod seines feiudes Hrafus
enkomien ua. — 2) die poeten des lil. Olaf, 1014 — 1030, und
Knuts von Dänemark, lOOS — 1035: Sighvatr, von dem wir mehr
besitzen als von irgend einem anderen altnordischen dichter, selbst
Einarr Skulason nicht ausgenommen, ii 125 — 150, — Otlar der
schwarze, Thorarinn loftunga, Hallvardhr, Thormodhr kolbrunar-
skald , einer der fostbroedhr ua. — 3) die poeten Magnus godhis
und Haralds Sigurdharsons hardhradhis c. 1040 — 1070: Arnorr
iarlaskald ii 1S7— 19S, Thiodhollr Arnorsson n 199—212 ua. —
unter den poesien privaten characters wäre hervorzuheben ein
lied köuig Haralds selbst, eine art liebeslied. — 4) die poeten
Magnus berftettis und Eiriks godhis von Dänemark, 1093^1130:
Markus Skeggjason, lögsögumadhr von 1084 — 1108, Gisl lUugason,
Halldorr skvaldri, Einarr Skulason ua. — 5) die poeten der prä-
tendenten und Usurpatoren sowie der späteren könige, 1130 —
1200: Ivarr Ingimundarson, Halldorr skvaldri, Einarr Skulason ua.
— 6) gedichte des 12jhs. auf ältere personen und begebenheiten :
Einars Skulasons Geisli auf den hl. Olaf 1154, Hallarsteinarr (der
sonst auch Hallarsteinn genannt und mit Steinn Herdisarson als
identisch gefasst wird, s. Thorlaksson Udsigt over de norsk-island-
ske skjalde 1882 s. llSf), — bischof Biarnis lomsvikinga drapa,
— ein anonymes Konungatal. — 7) als anhang fragmente und
einige gedichte der Islendinga sögur, unter denen die Gislis als die
bedeutendsten erscheinen.
Buch IX. epigonenpoesie. 1) gedichte aus dem Sagenkreise
Ragnar lodhbroks: Krakumal ua., — einige gedichte der Fornal-
dar Sögur, darunter merkwürdig modern und ansprechend die
aus der Vigluudar saga. — 2) spruchpoesie: Malshattakva^dhi von
bischof Biarni? (s. Möbius ergänzuugsband der Zs. f. d. ph. 1874
s. Iff. 615f), — das Runenlied.
Buch X. buchdichtung ua. 1) Gunnlaugs (f 1219) Merlinus
spa nach Gottfried von Monmouth. — 2) letzte gedichte im forn-
yrdhalag.-Vülsathattr, ein phallusspiel, — Einars fostris Skaufhala-
balkr, c. 1450 (s. Külbing Beiträge 1876 s. 242, Germ. 21, 368).
— 3) ein par tanzlieder. — 4) rimur: Einars Glissons Olafsrima,
Einars fostris Skidharima, c. 1450 (s. Maurer Zs. f. d. ph. 3, 227),
kinderreime uä. — 5) und 6) katalogische dichtungen und eigent-
hche versus memoriales (ihulur): Hauks Valdisarsons Islendiuga-
drapa, mitte 13jhs. (s. Möbius Islendingadrapa 1S74), ein poetisches
Verzeichnis der Islendinga sögur ua., — dann die thulur aus Sn.
Edda, andere sogar in drottkvselt von Einarr Skulason? — 7) Skal-
datal aus Sn. Edda U und Kriugla.
Ein anhang sieht s, 547 ff, die verdächtigen Strophen der
Fornaldar sögur.
Einige prosatexte: die prosa der poetischen Edda ii 524. —
die Völsunga saga, soweit sie die lücke in R der poetischen Edda
44 CORPUS POETICUM BOREALE
ausfüllt, II 532, s. I 391, — die erzählung von Siegfried und
Gudrun ia Skaldskaparmal nach den hss. r und i eß, ii 590 ff,
— die Umschreibung des Hyndluliedes und anderer genealogien
in Flatejjarbok , Sn. Edda ua. ii518ff. 542 ff, — Sammlungen
von synonymen aus Sn. Edda ii 542 ff. dazu zwei ungedruckte
Sammlungen von kenningar i 574 f. ii 618.
Diese texte sind durch ausführliche litterarische und histo-
rische darstellungen eingeleitet, übersetzt und von notea am schluss
jedes bandes begleitet, dazu kommen inhaltsreiche excurse. die
des ersten bandes behandeln 1) altnordischen glauben und gottes-
dienst, tempel und opfer, orakel, ahnencult und eide, besessen-
heit und iucubation, kalender, — 2) altnordische und germanische
metrik; — die des zweiten bandes 1) die kenningar, ein sehr
umfangreiches Verzeichnis s. 447 — 486, — 2) Chronologie, im
anschluss an seine Untersuchungen im Timatal 1854 — 55 rückt
V. die älteste isländische und norwegische Chronologie um ein
gutes stück herab, sodass die entdeckung Islands und die thron-
besteigung Haralds harfagris c. 900 Helen , c. 945 Haralds tod,
c. 960 beendigung der isländischen colonisation und beginn der
sagazeit, 998 — 1000 isländische mission, 1001 tod Olafs Trygg-
vasonar, 1030 ende der isländischen sagazeit und tod Olafs des
heiligen, — 3) spuren von gedichten der heldensage in den is-
ländischen familiensagas, — 4) über die genealogien bei Tacitus
(Erdha, Tius, Mannus), im Hyndlulied, Ynglingatal usw., — über
die Worte Edda und Anses.
Was über Sprachgeschichte, poetik und realien in den noten
steht, ist aus deu indices zum zweiten bände leicht zu ersehen.
Über den umfang der Sammlung, die principien der auswahl
und auslassung von texten gibt der litel und eiuleitung s. cxi aus-
kunft. die worte 'von den ältesten Zeiten bis zum 13 jh.' — dieses
also nicht mehr — beschränken die zeit, — die ausführungen
der einleitung die gattung: buchpoesie, d.i. gedichte, welche nicht
zum Vortrag bestimmt waren, sind ausgeschlossen, aber weder
das eine noch das andere princip ist streng festgehalten, s. buch x
die gedichte des Einarr fostri aus dem 15 jh. und die Merlinusspa
Gunnlaujis. wenn Skidharima udgl. als 'lebendige poesie' auf-
nähme fanden trotz der späten zeit, so hätte man wol die gelegen-
heitsdichlung des 13jhs. wie sie zb. in der Sturlunga und den
Biskupa sügur reichlich vorliegt in der Sammlung erwarten dürfen,
jene wenigstens, die nicht von Snorri Sturlason, Olafr hvitaskald,
Sturla und anderen herrührt, welche nach V. 'buchpoeten' sind,
aber die Scheidung dieser beiden poetischen gattungen ist über-
haupt mislich , wie die verse der Islendinga sögur und auch der
Fornaldar beweisen, welche nach V.s ansieht meist buchpoesie
sind , aber den formen der 'lebendigen' nachgebildet, und wenn
Merlinusspa doch einen platz in der sammluug linden konnte, so
CORPUS POETICUM BOREALE 45
bedauert man wichtigere werke dieser art nun noch immer an
anderen oft nicht leicht zugängHchen orten suchen zu müssen,
so den Hattalyldll Rögnvalds, der nur in der Egilssonschen aus-
gäbe der Snorra Edda gedruckt ist, Hugsvinnsmal, d.i. die Disticha
Catonis ed. Scheving 1831, die Placidusdrapa ed. Egilsson 1833,
Bessasteder programme, und andere dichtungen des 12 jhs., — die
Placidusdrapa, zugleich das älteste manuscript, das altnordische
poesie enthält.
Festzustellen, ob würklich alles, was nach der ansieht des
verf.s in die Sammlung aufgenommen werden sollte, in derselben
steht, ist nicht leicht, denn um es nur gleich zu sagen, die
anläge des ganzen Werkes ist von einer raffinierten Unbequemlich-
keit, die principien der anordnung nach dem Verfasser, nach der
Chronologie, nach der poetischen gattung wechseln jeden augen-
blick. es ist gar nicht so einfach nachzuweisen, ob die Strophen
auch der berühmtesten skalden vollständig gesammelt sind. Einars
Skulasons gedichte zb. stehen an vier verschiedenen stellen ii 252.
267. 277. 283, ähnlich verhält es sich mit Thiodholfr hvinverski
I 242. II 9, Hornklofi i 254. n 27, Eyvindr skaldaspillir i 251.
262. II 33, — Kormakr, Egill, Thormodhr kolbrunarskald, Halldorr
skvaldri ua. auch die nach V. 'echten' verse der isländischen
familiensagas, abgesehen von den in ihnen vorkommenden bruch-
stücken enkomiastischer hofpoesie, sind zerstreut ii 57 ff. 63 ff.
331 ff. — für die bekannteren namen hilft eine aufmerksame
lectüre des dem ersten bände vorgesetzten inhaltsverzeichnisses
der einzelnen 10 bücher. aber die namen der kleineren dichter
findet man da nicht, und ein Verzeichnis der dichternamen fehlt
in den vielen und reichen indices am schluss des zweiten bandes.
hat man aber endlich die stellen gefunden, in denen Strophen
eines dichters stehen, so beginnt die quäl erst recht, denn ge-
naue litterarische angaben hält V. offenbar für unelegant, so würde
der leser sehr irren, wenn er meinte, ich hätte in der Inhalts-
angabe oben die Verweisungen auf den Buggeschen text der
Edda aus dem Corpus abgeschrieben, ebenso oder vielmehr bei
der verwickelten tradition viel schlimmer steht es mit den quellen-
angaben bei der höfischen lyrik. die bs., aus der ein gedieht
oder eine reihe von Strophen oder eine einzelne Strophe entnom-
men ist, wird zwar öfters in der litterarischen einleilung bezeich-
net, in den seltensten fällen aber, auch wenn ein abdruck der
hs. vorliegt, erfährt man, wo darin die Strophe oder strophen-
reihe zu finden ist. meist jedoch beschränkt sich die Verweisung
auf ausdrücke wie 'aus Sn. Edda', aus den 'königssagas'. da
suche man. bei gröfseren gedichten ist es demnach auch nicht
möglich, sich aus dem Corpus zu belehren, ob die reihenfolge
der Strophen auf der Überlieferung beruht oder nicht, ja auch
über die Zugehörigkeit einzelner Strophen zu bestimmten gedich-
ten, über die Zuweisung der Strophen wie des gedichts an die
46 CORPUS POETICUM BOREALE
einzelnen Verfasser bleiben dem leser zweifei, die er aus den
angaben des Corpus nicht lösen kann, die wichtigen iuquit des
prosatextes: 'bei dieser gelegenheit sagte N. IN. die Strophe' —
sind in den anmerkungen nur gelegentlich mitgeteilt.
Der name des verf.s bürgt wol dafür dass nichts wichtiges
fehlt, eine halbstrophe des Tindr Hallkelsson scheint ausgefallen
zu sein ii 49, s. FMS 1, 173, eine Strophe nach i 355 ni, s. FMS
3, 220. im buch vi 2) s. 371 vermisst man die Inschrift des Ton-
dernschen horns ua., in buch x 3) s. 39n die Ingolfstrophe aus
der Vatnsdoela (s. MüllenholY Dkm."- 364). daran liegt wenig, aber
die unvoUstäudigkeit in den angaben V.s über die grundlagen
seines textes erschweren nicht nur, wie aus dem obigen hervor-
geht, die beurteilung der höheren kritik, sondern machen auch
eine controle der wortkritik unmöglich, dass eine Strophe der
gewöhnlichen eukomiastischen im droltkvsett abgefasslen skalden-
dichtungeu in mehreren hss. der königssagas steht, erfährt der
leser in der regel gar nicht, also auch nicht in welchen, ob in
der Heimskringla-recension oder einer andern, wo in denselben,
vor allem aber nicht, wie ihre lesarten abweichen und in welchem
Verhältnisse die verschiedenen texte zu einander stehen. 2
Ich hebe aus einer unzahl nur ein par fälle hervor. Hall-
fredhr vandrsedhaskald Corp. ii 93 z. 73: Snmr vas dorr of cevi
'oddßagds' hinn es pat sagdi] uuter dem text: 73 Samr, Cd. —
dass die hss., s. FMS 3, 7, Heimskringla, Olafs saga Tr. c. 120
(130), aber oddbragds haben, wie V. selbst Forusögur s. 209
Str. 21 auch drucken liefs, wird nicht erwähnt, — u 93 z. 81:
Moendot pess, er Prdndir protthardan gram sötto ; keine lesart.
Prcendir ist aber coujectur V.s. in den Fornsögur s. 209 str. 22
stthl pegnar und ebenso FiMS 3, 8, Heimskringla aao. — Sighvatr
skaid II 130 z. 33 : Hngslöra bid ek heyra 'hress fors iaofors
pessar. keine lesart. in likr., Olafs saga h. c. 92 steht statt 'hress
fors : hressfoers , in FMS 4, 190, 1 auch die lesarten hresshjnds,
hresslyndr, hressför, hvers fors. — ii 133 z. 14: haofdom keypt an
heiptir Hdkon saman mcßudi. unter dem text 14 Read, sama
moendi. kein wort davon dass Flateyjarbok ii c. 208 statt moßndi
ihundit gelesen wird. — ii 139 z. 14 vaordr med väopnom skerda,
v'tkingom skaor, rikis. keine lesart. aus FMS 5, 27 ersieht man
dass aufser skerda auch skorna gelesen wird. — ii 145 z. 13
Fylgda-ek, peim-es fylgjo femildom gram vildi. keine lesart. FMS
6, 39 ist für gram auch die Variante gramr angegeben, es wäre
fast besser gewesen, gar keine Varianten zu geben als eine so
willkürliche auswahl. — dass V. die gesammte varia leclio ge-
kannt und gesammelt hat, muss man wol annehmen von einem
1 im metiisclien excurse i 436 ist sie citiert und verwertet.
- I)ei gediciiten anderer art werden die Varianten allerdings wie es scheint
vollständig angegeben, aber es geschieht dies leider nicht in der exacten weise
wie es in der classischen und deutschen philologie üblich ist ; s. zb. ir 1 0 z. 54,
i251 z. 180 (heiitom han\ heiitufn luvrri) fehlt Verweisung auf FAS 2, 100.
CORPUS POETICÜM BOREALE 47
manne, der mit den isländischen manuscripten auf einem ver-
trauteren l'ufse steht als sich dessen irgend ein anderer rühmen
könnte, ob aber seine texte auf einer philologischen Unter-
suchung der Überlieferung beruhen, ob die nicht mitgeteilten
lesarten würklich wertlos, dh. von den in den text aufgenommenen
abgeleitet sind, — darüber bleiben zvveifel. und conjecturen in
den text zu setzen, auch wenn sie evidente besserungen sind,
ohne die Überlieferung mitzuteilen, ist ein verfahren, das die phi-
lologie doch nach den humanistenzeiten mit gutem grund auf-
gegeben hat.
Die Unsicherheit des lesers wird noch vermehrt durch die
gar nicht seltenen druckfehler im text. ii 21 z. 52 snipo statt
gtiipo, 47 z. 88 aoro statt äoro, 93 z. 94 est statt es, 127 z. 13
ein sverda zu viel, flyja statt fryja, 129 z. 7 lyk statt lyk, 130 z. 44
heims statt küms, 133 z. 8 koiinngr statt konungs, 137 z. 9. 10
zwei klammern zu viel, 139 z. 15 niaogo statt maorgo, z. 27 sokn
statt söku, 140 z. 39 gunnar statt gumnar , 145 z. 18 ein bei-
strich, z. 7. 8 zwei klammern zu viel, 148 z. 71 rann statt r««.
bei so schwierigen texten ist das nicht gleichgiltig, besonders da
die Orthographie mitunter von den normen einer altertümlichen
gleichförmigkeit, welche im ganzen eingehalten wird, abweicht
und durch seltsame formen überrascht, s. ii 7 z. 2 moeri statt
mcBri, 49 z. 10 (Tindr) sankk statt sookk, 50 z. 12 saung statt
saong, 92 z. 55 iofurr statt iaofurr, z. 61 gcerva statt goerva, 95
z. 22 ticerir statt ncerir, 128 z. 40 mcettom statt moettom, 147
z. 56 hoefir statt hceßr, 211 z. 11. 12 hroekk , sceng stall hraokk,
saong, — 91 z. 39 fräoknir , aber i 50 z. 126 frcekn.
Einiges ist natürlich sofort als druckfehler erkenntlich, aber
wenn haoggva ii 147 z. 57 neben hceggnar 8 z. 28. 91 z. 30.
94 z. 15. 128 z. 36 gedruckt wird gegen den gebrauch, so ist
das wol wie taka tekinn zu verstehen, aber ii 115 z. 6 (Gestr)
wider haoggit (part.). — i und j, u und v werden gewöhnlich
geschieden, aber n 154 z. 50 midian, n 50 z. 24 nar. — es statt
er ist in den älteren gedichten^ durchgeführt, ii 134 z. 42 aber
gewis mit unrecht: es vid Alafr fiaorvi of vcBgir fe pcegü es
muss doch 7V den reim bilden, vgl. ii 247 str. 2 hvat 'r i
heimi betra. — dagegen hätte ii 35 z. 4 die form vdmna statt
vdpna gewagt werden können: fdoru til forma väpna fliött her-
saogo dröttni. der paragraph über Orthographie, einleitung s. cvuf,
gibt über diese fälle keine auskunft.
Ebenso schweigsam ist V. über die kritischen bestrebungen
seiner Vorgänger, am meisten citiert er noch Eddalitteratur, aber
Möllers, Rölbings, Edzardis arbeiten Germ. 20 — 28 zb. nicht, sonst
fast nur Egilsson, dh. in der allgemeinen einleitung wird seiner
Skyringar gedacht, — Cederschiölds Geisli und einiges andere, aber
fast nie wird eine conjectur anderer gelehrter mitgeteilt oder be-
sprochen, kein wort von Thorkelssons Skyringar Reykjavik 1868,
48 CORPUS POETICUM BOREALE
Wis6ns Urval Luud 1870, Gislasous untersucliuDgen über verse des
Skaldskaparmal Kopenhagen 1879, Arnorr iarlaskald 1S79, Yngliuga-
tal 1881, MöbiusIslendiugadrapaHauksValdisarsouar Kiel 1874, Lund
Über die skaldischen dichtuugen der Yugliuga saga Aalborg 1866,
Kyhlbergs und Ternströms editionen einiger gedichte Sighvats Lund
1868. 1871, Wennbergs Geisli Lund 1874, CederstrOms Hakonarmal
Stockholm 1860, Gullbergs Olalsdrapa Lund 1875, Rafns Krakumal
1826, den texten der lesebUcher. — auch niüchte man wissen, ob es
für englische oder dänische gelehrte würkhch genügt Kölbings aus-
gäbe des Skaufhalabalkr, Maurers Skidharima, Möbius Malshat-
takveedhi blofs durch die Jahreszahl zu bezeichnen, s. n 363. 381. 396.
Andererseits l'ehll es allerdings nicht an bestimmten angaben,
dass der herausgeber den handschriftlichen text verlassen habe mit
mehr oder minder ausführlichen begründungen in den einleitun-
gen I s. Lxxxiv. ii 27. 258, am fufse der seile oder hinten in den
noten, aber das gefühl der befriedigung, der eriosung von überlie-
ferten unbegreiflichkeiteu wird dem leser hierbei nur selten zu teil.
Alles dreht sich hierbei um die hypothese von der syste-
matischen Überarbeitung der älteren skaldenpoesie. einleitung
s. Lxxxin IT, II 27 f werden zum beweis einige fälle angeführt,
welche V. olfenbar als die einleuchtendsten beispiele betrachtet,
er citiert Einars skalaglamms Vellekla ii 44 str. 1, Heimskringla,
Sagan af Haraldi konungi gräfeld ok Häkoni iarli c. 6 (FMS 1,55).^
Häkon iarl lielt Pröndlieim med styrk frmnda sinna priä vetr
svd at Gunnhildar synir fengu engar tekjor i Pröndheimi ; kann
ätti margar orrostw vid Gunnhildar sonn, ok drdposk margir nienn
fyrir. ßess getr Einarr skdlaglam i Vellekln, er hann orti om
Hdkon iarl.
Ok oddneytir üli eidvandr ßola hreidan
gladr i Göndlar vedrum gramr svafdi bil hafdi,
ok randmäna reynir rögsegl Hedins böga
upp höf iöfra kappi etjulund at setja.
Varat of hyrjar örva oddavifs ne drifu
sverda sverrifiardar svanghjjadi at fri'/ja,
brakrögnir skök bogna, barg npyrmir varga,
hagl or Illakkar seglum, hiörs rakkliga fiürvi.
Mart vard el ädr Ala Austrlönd at mun banda
randar lauks af riki rcekilnndr um twki.
dann wider prosa.
Die verse construiert Egilsson FMS 12, 31 f auf folgende
weise: Ok eidvandr oddneytir hafdi nti breidan flota; gladr
gramr svafdi bil i Göndlar vedrum. Ok Hedins böga raudniäna
reynir npp höf rögsegl (af) kappi, at setja etjulund iöfra.
Sverda sverrifiardar svanglyjadi varat at fryja of byrjar
örva i drifu odda vifs. Brakrögnir skök rakkliga bogna hagl or
Hlakkar segli; öpyrmir hiörs barg varga fiörvi.
^ icli gebe die texte nach Heimskringla Uppsala 1870.
CORPUS POETICUM ItOREALE 49
Mart Ala el vard af riki, ddr randar lauks roekilundr of
toeki Austrlönd at mun banda.
Die phrase svafdi bil in der ersten Strophe erklärt Egilssoo
durch fresiadi ei uud verweist auT eiue Strophe Eyvinds skal-
daspillis PMS 1, 42, Corpus p. b. n 35 str. 2, wo es heifst ver
getnm hili at hölva 'wir hal)eü keine ruhe', etjulund puraphra-
siert Egilsson als kappgirni; vgl. etjnhundr Jagdhund , etjufoerr
hestr ein kampfpferd, tauglich zum hesta at.
V. aber schliefst : weil in der prosa — er nennt sie oft ge-
radezu paraphrase — gesagt wird, Hakon habe Tiirondheini drei
jähre gehallen, in den versen aber weder Throndheim noch die
drei jähre vorkommen , solche einzelheiten aber überhaupt nur
durch poesie bis zu Ari gelangen konnten , müssen Throndheim
und die drei jähre ursprünglich allerdings in den versen ge-
standen haben, wenn wir sie nicht mehr finden, so ist das
schuld einer Überarbeitung, unter dieser tünche ist hier das
echte noch zu erkennen, man lese statt svafdi bil in der ersten
slr o\)hQ Svaftiis böl, eine kenuiug für winter, und unter etjulund
liege cettlönd.
Im text druckt V. die zweite hälfte der zweiten zeile also:
gramr "svafdi bil" hafdi, als anmerkung dazu: Read: priü Sväfnis
hol. trotz der ungenauen ausdrucksweise kann man doch nicht
zweifeln dass nach ihm der halbvers heifsen soll: gramr priü
Sväfnis böl hafdi, nicht [mii Svafuis böl hafdi, denn gramr ist
nicht zu entbehren. — etjulund at setja in der letzten zeile der
ersten Strophe ist aber nur mit anführungszeichen, diesmal ein-
fachen, versehen ohne conjectur in den anmerkungen. dafür ist
Austrlönd in der dritten Strophe auch als fehlerhaft bezeichnet,
in den anmerkungen: Read: wttlönd.
Aber die hypothese V.s leidet an dem gebrechen , dass sie
nicht die einzige ist, welche die poetische allgemeinheit der poesie
gegenüber den concreten dingen der prosa erklären kann, sie
wäre die einzige, wenn seine behauptung stich hielte, dass
solche tatsächliche angaben nur in der poesie und zwar im texte
der citierlen Strophen hätten bewahrt werden können, aber es
heifst im prolog der Heimskringla ausdrücklich, dass der verf. als
quelle auch die erzählungen weiser männer benutzt habe svd
sem ek ließ heyrt fröda menn segja. wie viel einzelheiten diese
mündliche tradition bewahrt oder unbewust erdichtet hat, kann
niemand sagen, wol aber ist es bekannt dass die mit einer fülle
von detail versehene prosaerzählung auf Island schon lange vor
ihrer aufzeichnung eine gewisse litterarische befestigung erlangt
hat. ich brauche nur auf V.s prolegomena zu Sturlunga s. xxni.nx
zu verweisen, die Stoffe der kunslmäfsigen mündlichen erzählung
waren aber sowol königs- als Islendingasagas. und so fehlt es
denn auch in der Heimskringla durchaus nicht an capiteln mit
einer fülle von tatsächlichen einzelheiten, die nicht durch eine
A. F. D. A. XI. i
50 CORPUS POETICUM BOREALE
Verweisung anf ein gedieht gestützt werden, s. zb. Sagan Hä-
konar göita c. 3. 4, Olafs saga Tryggvasonar c. 15. 56. 87. wenn
nun der verf. unserer stelle aus einer historischen königssaga
wüste, dass Hakon iarl Throudheim durch drei jähre verteidigt
bat, so konnte er sehr wo! dazu ein par Strophen Eyvinds citieren,
welche natürlich nicht diese einzelheiten, sondern die dabei be-
wiesene tapferkeit Hakons illustrieren sollen, er brauchte nur
zu wissen oder zu meinen dass Eyvindr gerade diesen kämpf Hakons
mit den Gunnhildssöhnen von Throndheim im äuge hatte.
Trotzdem bliebe die berechtigung zur emendation vorhanden,
wenn die worte svafdi hü, etjulund in der ersten, Austrlötid in
der dritten Strophe dem sinne, der grammatik oder metrik nach
einen erheblichen anstofs böten, das scheint mir nach den an-
merkungen Egilssons zu der ersten Strophe nicht der fall zu sein,
und wie vieles singulare, mit keiner parallele sich genau deckende,
kommt in dieser art poesie vor. Anstrlönd in der dritten Strophe
für Norwegen ist nicht auffallender als Austrmenn für Norweger,
s. Egilssons Lexicon poeticum.
Corp. II 46 Str. 18, Heimskringla , Olafs saga Tryggvasonar
c. 18 (PMS 1,94):
Häkon inrl band lidi üt, pd er väradi, alt nordr or landi.
Hann hafdi mikit lid af Hälogalnndi ok Nanmndali , svd at alt
frd Byrdu til Stads hafdi hann lid af Öllum sidlöndum. Homim
dröst herr nm oll Prcendalög svd ok um Raumsdal. Svd er atkve-
dit, at hann hefdi her af 4 fölklöndum. Hönmn fylgdu 7 iarlar
ok höfdu peir allir ngrynni hers. Svd segir i Velleklu:
Hitt var ineirr at Maera mordfikinn let nordan
fölkverjandi fyrva för til Sogns um gurva.
ytti Freyr af ßörnni fölklöndum (sd branda
mir stod af /wi) allri yrpiöd Hedins byrjar.
Ok til möts d Meita miükhnrdum fram Jmrdu
med svörgoeli sörva siau landrekkar landa.
Glnmdi allr, pd er Ullar eggpings Hedins ve.ggjar,
gnött flaut nds fyrir nesjum, Nöregr, saman förn.
Egilsson FMS 12, 34 construiert die erste strophe: Hitt var
meirr, er mordfikinn Moera fölkverjandi let nm görva för fyrva
nordan til Sogns. Freyr Hedins byrjar ytti allri yrpiöd af fiörnm
fölklöndum. Ullr branda sd stod af pvi.
Dann wider prosa. — V. einleilung lxxxv und u 46 str. 18
sieht in stod und byrjar der letzten zeile der ersten strophe' spuren
der alten in der prosa auftretenden Ortsnamen Slad und Byrdo.
aber hier scheint sogar die j)rosa sich nur für die zahlen vier
und sieben auf die verse zu beziehen, und da stehen sie auch,
zugleich lehren die Strophen — mit unzähligen anderen s. zb.
' Inder kritischen anmerkung zu n 40 wird die conjectnr Ä///'?fir> aller-
dings auf den folgenden ersten vcis der zweiten slroplie bezogen, das ist
aber vielleicht ein druckfehler.
CORPUS POETICUM BOREALE 51
FMS6, 22 f. 2G. 40 t'. 66 — dass eine abneigung des 'Überarbeiters'
gegen solche positive angaben nicht angenommen werden kann.
Corp. II 45 Str. 12, Heimskringla, Olafs saga Tryggvasonar
0.28 (FAIS 1, 131). titel des capitels : Häkon iarl kastar trü
sinni, hlötar ok herjar d Gautland.
En er hann kom austr fyrir Gautasker , pä lagdi kann at
landi; gerdi hann pä bUt mikit. Pd könm ^ par fliugandi hrafnar
tveir ok gullu hält, pd pykkist iarl vüa, at Ödinn hefir pegit bUtit,
ok pd mim iarl hafa dagrdd at berjast. und in der tat besiegt
er Ottar und geht dann nach Norwegen. Frd pessu segir i
Velleklu :
Flötta gekk til frettar felliniördr d velli,
draugr gat dölga sägu dagrdd Hedins vdda,
ok haldbodi Eiklar hrcegamma sd ramma,
Tyr vildi sd tyna teinlautar fiör Gauta.
dann noch zwei Strophen , die nur von Hakons siegen handeln.
Egilsson FMS 12, 37 liest tyra^ des reimes wegen statt tyna in der
letzten zeile und construiert : Felliniördr flötta gekk til frettar d
velli; draugr Hedins vdda gat dagrdd dölga sngu ; ok Hildar hald-
bodi sd ramma hrcegamma, sd Tyr tyra teinlautar vildi fiör Gauta
und erklärt den letzten satz : der Tyrr des Schildes, d. i. der krie-
ger, Hakon, strebte nach dem leben der Gauten; teinlaut das land
der Stäbe, wenn tyra 'der schilde' bedeuten konnte, so wäre alles
in Ordnung, aber das können wir nicht beweisen, auch wenn
man tyi^va dafür best von tyrr m. oder tyrvi n. 'pechbaum', so
erlaubt die analogie von lind noch nicht in diesem baumuamen
ein poetisches synonym für schild zu sehen, vgl. Hallfredhr
vandrsedhaskald (Corp. ii 95 str. 9 Tyr var tiörva dyra tirar giarn,
wo Tyrr tiörva dyra auch nicht klar, aber deutlich eine krieger-
kenning ist. die ersten drei verse unserer Strophe beziehen sich
auf opfer und orakel, die vierte leitet auf die kriegerischen taten
über. V. aber behauptet, nicht wegen der dunkeln kenning son-
dern wegen der leerheit des Inhalts, dass die letzte zeile ursprüng-
lich den gedanken enthalten haben müsse: At the mouth of the
Gautskerries , he cast the holy lots, und druckt
Flötta gekk til frettar felliniaordr d velli
(draugr gat dölga Sdgo dagrdd) 'Hedins vdda'
ok haldbodi hildar hrcegamma tvd ramma;
tyr valdi sd tirar tein hlautar vid sker Gauta.
ohne ein wort über die sieben unverschleifbaren silben des letzten
kurzverses. Maut als femininum ist auch sehr zweifelhaft, wenn
man die citate in Cleasby- Vigfusson nachschlägt, im dritten
langverse ist im anschluss an die prosa sd in tvd verwandelt und
dadurch der zweite satz seines verbums ünitum beraubt worden,
was dann zur folge hat dass Hedins vdda in der zweiten zeile,
' der volle reim an dieser versstelle wäre nicht verboten, s. Gisiason
Om helrim Kopenhagen 1877 s. 1.
4*
52 CORPUS POETICüM BOßEALE
die bekannte kenniug für 'brünne', als verderbt erklärt werden
muss. es wird also in der letzten zeile gegen überliefeniüg und
metrik corrigiert, um eine Übereinstimmung mit der prosa zu
gewinnen, die nicht notwendig ist, und die hier überdies in den
ersten drei Zeilen schon vorliegt.
Corp. n 45 str. 11, Heimskriugla, Olafs saga Tryggvasonar
c. 26 (FMS 1,124). kämpf zwischen kaiser Otto und den Dänen
mit Hakon iarl um das Danewirke. Fell par mart af keisara
lidi, en peir fengu ekki at nnnü at horginni. Snyr pä keisari i
brolt ok leitadi par ekki lengr til. Svd segir i Vellekh:
h'tjmi' tmrd logs par er liigda leikmidjnngar Pridja,
arngreddir vard odda (FMS oddum) andvigr, saman rundir.
Sundfaxa kom Söxum soekipröttr d ßötla usw.
hier könnte man am ersten geneigt sein, die conjectur V.s 0<i(ia
statt odda, oddum zu billigen, da nach dem plural midjungar es viel-
leicht dem hörer nicht deutlich sein konnte dass unter arngreddir
Hakon gemeint sei , obvvol bei einem gedieht auf Hakon dieser
das natürliche subject jedes satzes ist und sonst die form Otla
gebraucht wird, aber zugegeben dass Odda hier statt oddum zu
leseu, so ist oddum ein gewöhnlicher schreib- oder lesefehler
und weist durch nichts auf eine absichtliche änderung.
Corp. K 140 Str. 11, Heimskringia, Olafs saga helga c. 260
(FMS 5, 114,, Olafs saga helga edd. Munch und Unger 1853 c. 248
s. 232 f). Olafr konnngr hinn helgi var pä hdlff'ertngr at aldri
er hann feil, at sögu Ära presls hius fröda. Ilann hafdi alt 20
fölkorrostur. Svd segir Sighvatr skdld:
Sumir trndu d gnd gumnar, grein vard lids d midli.
fölkorrostur fylkir framrddr tiogn hddi.
froigr bad hann d lusgri hönd kristit lid standa.
fedr Magm'is bid ek fagna floltskiörrum gud dröttin.
hier ist V. ganz unverständlich, prosa und zweite zeile des textes
decken sich doch ganz; vgl. Arnorr iarlaskald (Corp. ii 193
Str. 1). er aber sagt in der einleitung — s. auch n 584 — ,
der vers müsse den gedanken enthalten haben: 'He bad thirty
bodies of forty men' — weil die legeudarische Olafs saga edd.
Keyser und Unger 1849 c. 90 s. 67, welche unsere Strophe gar
nicht bringt, dieses strategische detail mitteilt — , und bezeichnet
ihn in der ausgäbe ebenso wie den vierten als überarbeitet, der
zweite vers ist allerdings ohne näheren Zusammenhang mit deoi
übrigen, aber wol als parenthese gemeint.
Corp. H 140 Str. 10.12, Heimskringia, Olafs saga helga c. 225
(FMS 5,65, Ungers ausgäbe 1853 c. 210 s. 210). die prosa be-
schreibt Olafs rüstung. am schluss: Ilann hafdi hringabrynju.
f^ess getr Sighvatr skdld:
Öld vann Olafr felda, üßgan sigr, hinn digri
gekk sökuporrinn s(vkja sinjör fram i brynju.
COKPUS l'UKTICUM BüUEALE 53
En peir er austau neuna, öx hildr med gram mildum,
mart segi tk bert, i hiarta blödröst Sviar udu.
V. behauptet, die letzte zeile abfjesehea von der pareiitliese mart
segi ek bert müsse bedeuten: 'The Swedes from ihe East stood
ou bis lelt haud.' offeubar um einen gegensalz zu der früher
besprocheneu Strophe zu gewinnen, welche in seiner ausgäbe
der zweiten hälfte dieser unmittelbar vorhergeht, aber nichts
kann diese ablolge beweisen, und der vers stimmt, wie er ist,
ganz gut zur prosa. er ist nur der brünne wegen citiert. — V.
allerdings sagt, die erste zeile habe einst die bedeutung gehabt 'the
slout king bore a golden heim.' warum , ist nicht zu ersehen.
Corp. n 138 str. 10, Heimskringla, Olafs saga helga c. 21
(FMS 4, 69, Olafs saga helga edd. Munch und Unger 1853 c. 30
s. 27). Erlingr var opt d sumrum i hernadi ok fekk ser fidr,
[)vi at hann hell tekuum hcetti um räum ok stör mensku. —
Erlingr var allra manna fridastr ok mestr ok sterkastr , vigr hver-
jum manni betr — ok hinn mesti hermadr. Pess getr Sighvatr:
Erlingi var engi annarr lendra manna
örr sd er dtti fleiri orrostur stodporrinn.
prek bar seggr til söknar sinn pviat fyrst gekk innan
mildr i marga hildi mest en or d lesti.
trotz der worte der prosa an unserer stelle und c. 44 (Heims-
kringla) behauptet V., Erlingr sei ein friedliebender mann ge-
wesen, der wahrscheinlich nie eine schlacht mitgemacht habe,
deshalb seien unsere verse Überarbeitung einer Strophe, welche
die ausdehnung seines gebietes zum gegenstände hatte, in den
letzten zwei langversen liege frd Sogni sunnan — til Rygjarbitz
vestan verborgen, wenn Erlingr auch nicht die Nesjaschlaclit mit-
gefochten hat, so kann der dichter doch die in der prosa unseres
capitels angedeuteten häudel als orrostur und söhnir autlasseu.
Für ebenso evident scheint V. ii 28 folgendes zu halten:
Corp. ,11 31 Str. 6, Heimskringla, Saga Häkouar göda c. 20 (FMS
1, 39). Hdkon konungr för til skipa sinna ok hell austr eptir
Gunnhildar sonum; förn pd Iwdrir iveggju sem mest mdttu, par
til er peir kömu d Austragdir. Padan sigldu Eireks synir d haf
ok jüdr til Jötlands. Pess getr Guthormr sindri:
Almdrauga vard cegis oylsinn, en ek pess minnumk,
barma öld fyrir Baldri bensiks vila rikis.
bödsoekir helt brikar broedr sins ok rak flwdar
undan allar kindir d haf snekkjum.
hier soll undan aus Jötlandz hervorgegangen sein ; aber die Über-
einstimmung mit der prosa liegt schon in rak d haf.
Aber ich glaube mit V. eiuleilung lxxxvi dass weitere bei-
spiele zu häufen nutzlos wäre, und dass wir schon aus den ge-
wählten die Überzeugung schupfen dürfen dass auf diesem wege
die Wahrheit nicht gewoüueü, wenigstens nicht bewiesen wer-
den kann.
54 CORPUS POETICUM BOREALE
V.s krilik der skal(len|?edichte hat eine gewisse iihnlichkeil
mit seiner behandlung derVöluspa, dh. mit seinem zweiten text
n 621 ff, s. dazu die anmerkungen n 642 ff und einleitung i
s. xcvii ff. seine ansieht ist: Snorri hatte bei abfassung der Gyl-
faginning den verlornen echten text der Völuspa, der zwar schon
die auch von V. als unecht erkannte episode von der schOpfung
der zwerge str. 9 — 15 (R) enthielt, aber sich in anordnung
der Strophen und zeilen sowie in den lesarten beträchtlich von
unserem unterschied, und richtete sich in seiner erzählung nach
der abfolge der begebenheiten dieser poetischen vorläge, ohne sie
selbst zu eitleren , — wie es Ari mit den skaldengedichlen ge-
macht haben soll, später wurden einzelne Strophen des unter-
dessen ganz aus dem gefüge gekommenen und im einzelnen ver-
derbten, interpolierten und verslümmelten gedichtes, unserer Vö-
luspa der hss. R und H, in die prosa eingesetzt, diese Verderbnis
und Unordnung ist aber auch an stellen , wo uns Snorri im stich
lässt, zu erkennen.
Und so erhält V, einen text, der abgesehen von den lesarten
in folgender weise dem von R (s. den abdruck bei Bngge) ent-
spricht: 1. — 2. — 3. — 5,5.6.9. 10.7.8. — 4.-5,1—4.—
6, 5—10. — 16, 5—12. — 7, 1. 2. — 8, 1. 2. — 7, 3. 4. 7. 8.
5. 6. — 8, 3—8. — 18. — 19. — 20. — 16. — 29, 5—10.
28,5—8. 1-4.-45,3. 4.-29,11. 12.-21, 1—4.— 32.—
33, 1—4. — 34, 5—8. — 21, 1. 2 (s. oben). — 25, 5 — 8.
1—4. — 24. — 27, 5 — 8. — 26. — 27, 1—4. — 35. das
sei das lied von der Vergangenheit, welches die erste Sibylle er-
zähle. — es folgt : 23.-21,5.6. — 22. — 30. — 29,1— 4. — 43,
5—8. — 44, 1—10. — 54, 1—4. — 47, 3—8. — 45, 5—8 usw.
das ist das lied der zweiten Sibylle Heidhr, welche den Welt-
untergang prophezeit, und in einem zweiten teil die platze der
seeligen und verdammten schildert: 61, 1 — 4. 36,9 — 12. 5 — 8. —
16,5 — 8. — 37. — 36, 1—4. — 38. — 62. — den schluss
bildet das lied der dritten Sibylle über die neuschöpfung der weit.
56. — 59. — 60. — 57 (nach H). — 58.
Man sieht sofort dass nur ein kleiner teil dieser änderungen
in der abfolge durch Snorris prosa gestützt wird, die wichtigsten
Übereinstimmungen liegen in lolgendcn zwei puucten. 1) weder bei
V. noch bei Snorri c. 8 erscheint der Widersinn wie str. 4.5 derVö-
luspa, dass der sonne erst eine bestinunte stelle am liimmcl ange-
wiesen ist (smman), während sie im folgenden noch ratlos heruni-
irrt, — ebenso wenig die mindestens sehr auffallende Vorstellung,
dass di(! gütter auf dem Idhafelde sich ihr goldenes Zeitalter einrich-
ten Str. 7.8, bevor die menschen erschaffen sind str. 16. — 2) stimmt
V.s text zuSnoriis prosa in der abfolge der begebenheiten beim Welt-
untergang, in der Völuspa ist die Ordnung: Raldrs tod und Lokis
beslrafung str. 32 — 35, sitze der verdammten und seeligen str. 36 bis
38, die Wölfe und andere Vorzeichen str. 39 — 43, sittliches verderben
CORPUS l'UETICUM liOREALE 55
der menscheo str. 44, die aseo rüsten sich, Heimdallr bläst str. 45,
die rieseu ziehen heran str, 46 — 50, die kämpfe str. 51 — 53, ver-
dunkhing der sonne, fallen der sterne, versinkender erde, welt-
brand str. 54, neue weit str. 56 — 60, Gimle als sitz des guten
Str. 61, — während bei Snorri auf Baldrs tod und Lokis bestrafung
in c. 50 das sittliche verderben folgt, dann Vernichtung von sonne
und mond, fallen der sterne usw., anzug der riesen, Vorbereitung
der äsen, Heimdallr bläst, die kämpfe, weltbrand c. 51, — neu-
schöpfung, Wohnungen der guten und bösen, Gimle, Brimir,
Sindri, IVäströnd c. 52.
Aber von keiner dieser beiden reihenfolgen bei Snorri lässt
sich beweisen dass sie auch der ihm vorliegenden Völuspa eigen
war. — von der ersten schon deshalb nicht, weil Snorri bei der
geschichte von der weltschöpfung c. 8 neben der Völuspa allem
anscheine nach auch eine andere quelle benutzte, — die tötung
Ymis und die Verwendung der teile seines Jeibes kannte oder ver-
wertete der dichter der Völuspa nicht, ebenso wenig wusle er
dass die gestirne funken aus Muspellsheim seien, und jeder an-
stofs verschwindet, wenn man mit MüUeuhoffi Altertumskunde
v 76 ff die Strophen 5 und 16 als iuterpolationen ansieht, ebenso
wie die Strophen 9 — 15 von der Schöpfung der zwerge.
Auch für den zweiten fall ist eine andere erkläruug der in-
congruenz zwischen unserer Völuspa und Snorri ebenso gut mög-
lich als die V.sche, die annähme nämlich, dass die erzählung,
wie sie im gedieht vorliegt, von Snorri nach den forderungen
pragmatischer darsteliung und nach analogie der christlichen escha-
tologie umgeformt worden sei. sittliches verderben, Verdunklung
der sonne usw. unter den fünfzehn zeichen, dann jüngstes ge-
richt, himmel und höhe, ist ja eine bekannte reihenlolge, s. zb.
Gleinker anlichrist und frau Ava. — dazu kommt dass hier wie
oben Snorri durchaus nicht allein die Völuspa vor äugen hat,
sondern auch eine darsteliung, nach welcher Tyr mit dem liunde
Garmr kämpft, der Völ. str. 55 nach dem weltbrand noch bellt
(ebenso Heimdallr mit Loki), und die sonne von dem wolle Sköll
verschlungen wird, Sn. Edda c. 51 s. 190. 186f. vgl. c. 12, —
in Völ. Str. 54 dagegen söl ter sortna. — schliefslich darf man
wol fragen, wenn die sonne verdunkelt, die erde versunken, die
sterne vom himmel gefallen sind str. 54, vor dem kämpf der
götter und riesen, wo denkt sich der dichter diesen? doch nicht
im Weltraum, nach der Völuspa wie z. t. auch nach Snorri wohnen
die götter auf der erde.
Die übrigen teile der prosa-Edda können für die frage nach
der Strophenfolge der Völuspa nicht wol in betracht kommen, da
sie keine fortlaufende erzählung sind, sondern Schilderungen und
beschreibungen , welche gelegentlich auch die Völuspa benutzen,
* MüUenhoffs kritik der Völuspa konnte V. natürlich noch nicht be-
kannt sein.
56 CORPUS POETICÜM BOREALE
SO Str. 50 für c. 4 (später c. 51 wider), oder str. 37 für c, 17
(später c. 52 wider).
Aber die ganze hypothese V.s gründet sich auf die an-
nähme, dass die Strophen der Völuspa erst später dem Snorri-
scheu prosatexte zugesetzt worden wären , dass also auch die
reihenfolge — wenn mehrere an einer stelle citiert werden —
nicht jene sein müsse, in welcher Snorri sie gekannt habe, dass
sein text der Vüluspa nicht, wie die im wesentlichen zu der Ord-
nung in R stimmenden zehn Strophen vom Weltuntergang in c. 51,
die verlinsterung der sonne, das fallen der Sterne usw. nach dem
kämpf der götter und riesen sondern vorher angesetzt habe. — aber
die annähme ist nicht gestattet. — die composition der prosa-Edda
zeigt auch abgesehen von deutlichen Zusätzen, s. Mogk Beiträge
7,215.238, eine künstlerische lockerheit. ein plan ist da, aber
die Übergänge sind oder scheinen oft ganz zufällig, c. 44, es
war vom schiff Skidhbladhnir die rede, sagt Gylü: gott skip
er Skidbladnir, en allmikü fiölkyngi mun vid vera höfd, ddr svd
fdi gert. Hvdrt hefir Pörr hvergi svd farit, at hann haß hitt
fyrir ser svd rikt eda ranit , at hönum hafi ofreßi i verit fyrir
aßs sakar eda fiölkyngi. dieser Übergang von Skidhbladhnir zu
Thorr ist doch nur durch den begriß' 'Zauberei' vermittelt, es folgen
ja Thors abenteuer mit riesen und Zauberern. — oder weil Loki
til ragnarökrs gefesselt bleiben soll, c. 50 ende, begehrt Gylü c. 51
aufschluss über den Weltuntergang, s. Wilkens Untersuchungen
s. 174.1 — oder weil die äsen über Bifröst 'reiten', folgt eine
angäbe über ihre pferde c. 15. — nun wird c. 41 zum beweise
dafür, dass Odhinn der höchste gott sei, eine Strophe über die
besten dinge aus Grimuismal citiert, in der auch Sleipnir als das
beste ross, Skidhbladhnir als das beste schilT vorkommt,'- c. 42
fragt nun Gylü nach Sleipnir, c. 43 nach Skidhbladhnir. die
Strophe in c. 41 ist also ein notwendiger bestandteil des texles,
nicht erst später eingeschoben.
Aber wenn auch Snorri die Völuspa nur wie wir in einer
R oder H ähnlichen gestalt gekannt hat, so ist es immer noch
möglich dass dieser text weit von seiner ursprünglichen gestalt
sowol in den lesarten als in der strophenfolge abgekommen sei
und dass V.s kritik dennoch das richtige getrolTen habe, wenn
wir auch die zeugenschaft Snorris, welche er anruft, ablehnen
müssen, es müsle nur gezeigt werden dass die überlieferte ge-
stalt der Völuspa eine unmögliche sei und dass auch die annähme
von Interpolationen, der ja V. nicht abgeneigt ist, nicht zur
heilung einiger olfenbarer schaden ausreicht, aber eben das wird
nach dem erscheinen der Müllenholfschen recension wol niemand
' iit U felilt die wörüiche responsioii. anfang c. 51 wird nur ßiiibul-
vr.tr, nicht rag/iarökr [genannt.
^ s. die vier besten din|,'e Norwegens in der propiiezeiung Mostrar-
skeggis FMS 2, 285.
CORPUS POETICÜM BOnEALE 57
behaupten, selbst wenn es geläuge, durch eine andere Ordnung
einen bessern dh. für uns leichter versländlichen Zusammenhang
zu gewinnen , so müsten wir darauf verzichten , wenn wir uns
nicht der gefahr aussetzen wollen, den dichter statt der Über-
lieferung zu corrigieren. aber der text V.s zeigt gar nicht jene
verführerische zugänglichkeit, er liest zb. v. 47 ff seiner Zählung:
pndan koma nieyjar margs vitanäi
priär ör peim sal es und polli stendr;
Urd heto eina, adra Verdandi,
— skdro ä skidi — Skuld ena pridjo :
pcer log logdo, pcer lif kuro,
alda-bornom, orlog segja.
unz priär koma or pvi lidi
iöd-disir As-hmgar . . . at hüsi.
also aus der schar der drjei nornen, virelche den menschen (doch
bei der gehurt, wie die allgemeine Vorstellung ist) das Schicksal
bestimmen, kommen drei, welche bei der gehurt des menschen
eine rolle spielen! oder v, 64 ff die lötung Baldrs, der krieg
mit den Vanen, die auslieferung Freyjas au die riesen, — dann
erst die bestrafung Lokis, die räche für Baldrs tod. — v. 94 ff
wird Heidhr als name der zweiten Sibylle gefasst — vgl. Bugge
Norrosn fornkvaidi s. 38 fl' — , die in Odhins halle dreimal ver-
brannt wird — warum ist ganz unverständlich. — dass der v. 113
söl nmn sortna, soekkr fold i mar vor dem götterkampf bedenk-
lich ist, wurde schon oben s. 55 bemerkt.
Schlielslich ist eine solche Zertrümmerung, ja auflösuug des
gedichtes in seine kleinsten bestandteile, wie V. sie annimmt,
selbst wenn es, wie er meint, unstrophisch war, unglaublich,
sie konnte nur unwillkürlich geschehen sein und nicht im un-
getreuen gedächtnis eines einzelnen, wer die echte Ordnung so
vergessen hätte, der würde sich auch nicht so vieler einzelner
verse und verszeilen erinnern, vor allem müste er wissen dass
er das gedieht nicht inne hat und es nicht vortragen oder auf-
schreiben. ^ es bliebe übrig, sich vorzustellen dass durch unzäh-
lige vortrage erst ein vers au eine andere stelle kam, dann ein
zweiter und so fort, das wäre allenfalls begreitlich bei einem
lustigen trinklied, einem lügenmärchen oder lotterspruch — etwa
auch bei einem wallfahrtslied , aber nicht bei einem gedichte wie
Völuspa, dessen erhabene gedanken und Vorstellungen immer nur
einem kleineu erlesenen kreise zu religiöser und ästhetischer er-
bauung gedient haben können.
Ich muss darauf verzichten, noch weitere texte des Corpus
zu besprechen, so stark die Versuchung auch ist sowol bei den
gedichten der Edda — ich verweise den leser besonders auf die
Helgilieder — als bei den werken der hofdichter, — und wende
mich zu den excursen.
^ s. skipa (kvaii) in Gieasby-Vigfussons Diclionary.
58 CORPUS POETICÜBI BOREALE
I 401 ff sucht V. zu erweisen dass die Skandinavier keine
liturgischen götterhilder gehaht haben, so gern mau auch zu-
gibt dass die gegenteiUgen berichte in den königssagas und sonst
jene anschauungen verraten, welche von den ersten kirchenvätern
über das römisch-griechische heidentum festgestellt worden waren,
so vermag ich doch nicht einzusehen , warum in der von V. als
classisches Zeugnis angerufenen stelle der Eyrbyggja c. 4 der satz,
der von den götterbildern zu sprechen scheint, ei-ngeschoben
sein soll, ein grofser tempelhof wird gebaut. Innar af hofinu
var hns i pä liking , sem nü er sönghns i kirkjom ; ok stöd par
d stalli ä midjo gölßno sem altari. nun von eidriug und opfer-
kessel auf dem stalli. dann: Umhverßs stallann var godonum
skipat i afhüsmo. damit ist die beschreibuug des tempels zu
ende, das heifst doch, der tempel war ein längliches viereck
und hatte an einer Schmalseite eine apsis hüs, afhns, in deren
mitte der altar stand, in einem räum um den altar herum waren
die götterhilder aufgestellt, dass i afhüsino hinzugefügt wird, ist
freilich unnötig, aber doch begreiflich, wenn es dem autor sehr
daran lag, dem leser eine genaue Vorstellung zu geben, auch
das bekannte zeugnis Adams von Bremen wird zu geringschätzig
behandelt, da er, wie V. selbst anerkennt, von dingen berichtet,
die in römisch-griechischen tempeln keine analogie haben, und
unwahrscheinlich kann uns die existenz liturgischer bilder gar
nicht vorkommen , wenn wir uns der gutbezeugten schnitzwerke
und Zeichnungen zu ornamentalen zwecken erinnern; s. n 6. 14.
22. 64 Str. 4, alles gedichte des 10 jhs. — s. auch Cleasby-Vig-
fusson Dict. 307''.
S. 426 beruft sich V. auch auf die abwesenheit eines alt-
nordischen Wortes für götterbild (idol). aber musten sie dafür
ein besonderes wort haben? konnten sie sich nicht mit dem
Ukneski begnügen, dessen begrilT allerdings weiter ist. dazu ist
es altn. Sprachgebrauch , wenn von der statue Thors zb. etwas
erzählt wird, nicht 'bildnis des Thor' sondern 'Thor' selbst
zu sagen.
Die parallele söu und skr. soma s. 405 ist vvol nicht ernst
gemeint.
In dem abscimitt über divination durch rulen vermisst man
den biuweis auf die notae des Tacitus. V. sagt nur: Tacitus und
Ammianus erwähnen die divination durch ruten. aber Aminianus
31, 2 (V. citierl natürlich nicht) spricht von Alanen und sagt
nur: rectiores virgas vimineus colligentes, easqne cum incantamentis
quihnsdam secretis praestüuto tempore discernentes aperte quid por-
tendattir norunt. dass die Scandinavier wie andere (iernianen
diese ruten mit runen versahen, ist nicht bezeugt, man möchte
es aber wol vernmten ans dem gambanteinn in Skiinismal , auf
den nach str. 36 runen geritzt werden, also zum zauber; \^\.kefli,
rista rünar d kcfli in Cleasby-Vigfussons Dict.
CORPUS POETICUM BOREALE 59
Bei dem abschuilt über ahnencullus s. 413 iX erinnert man
sich an nr 25 des Indiculus paganiarum : de eo qnod sibi sanctos
ßngunt qnoslibet mortiios Heyne Kleinere altniederdeulsche deuk-
mäler 1867 s. 87.
In dem metrischen exciirs i 432 ff vermisst man vor allem
berücksichtigung der litleralur, sowol der des 13 als 19 jhs., ob-
wol V. nicht grundsätzlich citate meidet; so wird Bugges ge-
setz den liodhahatt betreffend s. 439 erwähnt, in der einleitung
s. cxix auch Edzardi Paul -Braunes Beiträge 5, 570. aber keine
auseinandersetzung weder mit Snorris Hattatal noch mit Sievers
Beiträge 5, 449. 6, 265. 8, 54, Gislason Njala ii, Om helrim 1877,
Müllenhoff" De carmine Wessot'ontano 1861 über den liodhahatt
aufserhalb des nordischen, Hildebrand ergänzungsband zur Zs. f.
d. ph. 1874 s. 74, obvvol dessen Edda gelobt wird, — meist
auch keine beziehung auf die in diesen Schriften besprochenen
latsachen und erörterten probleme, nichts über den malahatt, das
eigentümliche versmafs der Hymiskvidha, das Verhältnis unserer
skaldischen texte zu Snorris regeln, Edda i 596, — nichts über
hragarmdl, verschleifung. aus der behandluug der texte sieht man
dass V. Sievers grundgesetz d. i. vielmehr Snorris ausspruch hverju
visuordi fylgju vi samstOfur mit den notwendigen consequenzeu,
welche sich aus den überlieferten sieben- und mehrsilbigen versen
ergeben, nicht anerkennt, hragarmdl uä. wird kaum angewendet.
Über den begriff des altn. verses wird kurz entschieden, es
sei darunter die langzeile zu verstehen, und so hat V. auch den
text gedruckt, ohne die cäsur zu bezeichnen, was doch Miilleu-
hoff, der auch dieser ansieht ist, Altertumskunde v279, in der
ausgäbe der Völuspa tut. kein wort über die entgegenstehende
terminologie Snorris im Hattatal Edda i 596 und der Hallfredhar
saga Fornsögur 96, 29 (s. Corp. n 458) , nach welcher vimord
der kurzvers ist, der langvers aber nur durch seine beziehung zur
Strophe, visa, als fiordiingr bezeichnet wird.
Nicht mitteilsamer ist V. über die von ihm in den texten
angenommenen unstrophischen compositionen. wenn man auch
mit ihm einen diplomatischen abdruck von B als sehr wünschens-
wert ansieht, so kann man doch nicht zweifeln dass die Strophen,
wie Bugge s. ii ua. angeben, würklich durch gröfsere anfangs-
buchstaben ausgezeichnet sind, es müste nach V. zb. die ursprüng-
lich unstrophische Völuspa erst die früher erwähnten Schicksale
erfahren haben, und dann die versprengten verse zu Strophen
zusammmeugefasst worden sein.
Die drottkv;ettliuie, den langvers, teilt V. in sechs tacte. aber
er verbietet s. 448 diese tacte als gleich zwei silben , also über-
haupt als gleich, zu fassen, wenn dadurch schwebende betonung
notwendig würde, das visuord: Alfifu son drifa soll also abge-
teilt werden AI- \ fifu son \ drifa nicht Alfi- j fu son \ drifa. —
60 CORPUS PÜETICUM IlOREALE
denu 1) würde der reim sonst auf den schlechten tactteil lallen,
— 2) würden uuacceuluierte silben den zweiten tact zu füllen
haben, — 3) würde der tactschluss in die mitte eines wertes
fallen, der erste und dritte gruud sind offenbar unrichtig, gleich
auf der folgenden seite sagt V. dass der erste reim zuweilen ab-
sichtlich in die Senkung gedrückt werde: fleygjendr \ at gram\
rendo, — und in die mitte eines wortes fällt tactschluss auch
bei scansion Äl~ \ fifu. er wird w ol nur unzusammengesetzte worte
gedacht haben. — der zweite grund bezieht sich auf fälle wie
(jrams erßngjom hverfa, wasY. scand'ierl grams \ erfingjom \ hverfa.
es ist von vorn herein nicht einzusehen, warum die andere scan-
sion, nach welcher der zweite tact -ingjom wäre, nicht gestattet
sein sollte, aber gegen V.s scansion spricht vor allem der um-
stand, dass im gewöhnlichen drottkvsett nie eine silbe einen tact
füllt, aufser wenn die folgende drei silben hat, nie: - | - w|
-^. das heifst doch mit anderen worten: der tact hat zwei
silben und die worlbetonung kann in der versmitte vernachlässigt
werden, es genügt auf Sievers Beiträge 5, 455 f zu verweisen.
Aber V. fügt noch einen vierten grund hinzu, bei dem ich
etwas verweilen möchte: the distribulion of sentences, the chief
and intercalary one, farther tends to show that docked first and
fourth measure , especially the latter , foUowed by - w w or — ^
were favourites with the old poets. — V. hat fälle im äuge, die
Snorri im Hattatal unter hiästwlt, ordskvichihättr , dlagshäUr be-
spricht, Sn. Edda i 618. 636, Möbius Hattatal ii s. 8. 13:
Manndyrdir fä mcerdar, mcet old, fira givti
hjtr audgiafa itrum oll. Stöd scer of fiollum usw.
oder: Fnss hrytr fylkir eisu fens; — hregdr hnnd d venju;
rdnhegnir gefr Rinar rof; — spyrr cettat iofrnm; usw.
oder: Iskalda skar'k oldu eik, var süd in bleika
reynd, til rcBsis fundar riks; em'k küdr at sliku.
hriötr pd hersis heiti Mit, dugir samd at vdtta,
auds af iarla prydi Urs; vara siglt til litils.
S. Corp. II 33 z. 5 ff. 231. oder mit verschlingung zweier
Sätze II 125 z. 22:
Rett es ^atsökn in setta: snarr penyill band Englom
at pars Aläfr sölli Yfifis Liinduna-bryggjur.
d. i. snarr pengill haud Englom Yggs at (Odini incitatiouem,
pugnam), pars Äldfr (= pengill) sötti Lunduna-bryggjur.
Für V.s these, glaube ich, beweist, diese beobachtuug nichts,
warum sollte man nicht at pars \ Aldfr \ sötti und Yggs Lun\~
duna-pryggjur scandieren , also den syntactischen einschnitt zwi-
schen hebung und Senkung des ersten fufses fallen lassen? vgl.
das mhd. oder englische enjanibement Edolanz sie von danne
Dranc, sie muosten entwichen Zs. 25, 273 v. 24 f, oder Shakespeare
Tempest: You (auglit ine language and my yrofit Is, i know how
CORPUS POETICLM BOIIEALE 61
to curse. aber sie steht in Zusammenhang mit einer regel der skal-
dischen poesie, welche sich so formulieren lässt. wenn im 2.4.6.8
kurzvers (visuord) des gewöhnlichen dreitactigen drottkvcctt einem
Worte ein besonderer nachdruck verliehen werden soll , entweder
weil es einen salz schliefst 1), — oder weil es, ohne den satz zu
schliefsen, bei verschränkung der sätze vor einem Satzglied eines an-
deren Satzes steht 2), — oder weil es mit einem entweder unmittelbar
vorhergehenden 3) — oder durch andere Satzglieder getrennten 4) —
ausdruck des oder eines früheren kurzverses syntaclisch zusammen
gehört (meist attributivische Verbindungen, aber auch adjectiv und
regierter casus, verb und adverb), — oder weil es eine apostrophe
ist 5), — so geschieht dies dadurch, dass dieses wort träger des
ersten oder zweiten reimes ist. fällt es auf den ersten reim, so
kann sich ihm noch ein attribut, seltener dem verb ein adverb
vorne a) — oder rückwärts b) — anschliefsen 6), — fällt es auf
den zweiten reim , so kann ihm ein solcher ausdruck voran-
gehen 7). — sind zwei derartige Wörter vorhanden, so fallen sie
auf den ersten und zweiten reim 8), — bei dreien muss eines
dieser auszeichnung entbehren 9). — es darf also weder vor
dem ersten reim noch nach demselben vor dem zweiten ein wort
stehen, dem der oben beschriebene nachdruck zukommt, falls
nicht, nach 9), die reime auch auf solche Wörter fallen.
, 1) erster reim. Sn. Edda i 278, l.i Corp. ii 16 z. 53
Ok at isarnleiki lardar sxiiir , en dundi
(mödr svall Meila hrödur) niana imjr und hännm.
Sn. Edda i 428, 4. Corp. ii 40 z. 41
Heinpynntan let hvina hryneld at pat hrynju
foldar vördr, sä er fyrdum, fornhardan, sik vardi.
s. Sn. Edda i 232, 3. 326, 1. 430, 2. 446, 4. 450, 1. 454, 2.
468, 3. 474, 4. 5. 476, 2. 504, 4. 512, 1. 514, 1. 526, 2. 528, 2.
Für den zweiten reim ist es wol nicht nötig beispiele an-
zugeben, da satzschluss oder stärkere iuterpunction nach dem
vierten und achten kurzvers geboten, aber auch nach dem zweiten
und sechsten häutig ist. s. Sn. Edda i 346,2. 526,1.
Inhaltssätze nach hykk und ähnlichen ausdrücken gelten,
scheint es, auch wenn sie mit at eingeleitet werden, nicht als
selbständige sätze.
Sn. Edda i 458, 1. Corp. u 230 z. 22
Fullaßi beid fyllar, finn ek opt at drifr minna,
hilniis stöls, d hwla hüskarla lid iarli.
2) erster reim. Sn. Edda i 252, 2. Corp. vi 8 z. 47
Vadr Id Vidris arfa vilgi slakr, er raktist,
d Eyneßs öndri, iörmmigandr at sandi.
Sn. Edda 346, 3. Corp. u 271 z. 18
Par er Mardallar milli, nie ginhur dar , liggr skurda,
Gauts herum galla prültinn, grätr, dalreydar Idlra.
' ich zähle nach de» anfangen von diottkvajltstiophen jeder seile.
62 CORPUS POETICÜM BOREALE
s. Sn. Edda i 232, 2. 248, 3. 428, 2.
Zweiter reim. s. unter 'erstem reim' und Sn. Edda i 248, 3.
3) attributivische Verbindungen. erster reim. Sn. Edda
I 232, 3. Corp. ii 75 z. 35
Lattist herr med höttu Hangaty s at ganga,
(pöttit peim at hcaita pekkiligt) fyrir brekku.
Sn. Edda i 242, 1. Corp. ii 33 z. 13
Algildan bid ek aldar allvald of mer halda
ys bifvangi Yngva nngr. Für llröptr med Gutigni.
s. 232, 4. 238, 2. 246, 1. 2. 250, 1. 252, 1. 254, 2. 256, 1. 2
(nach Corp. n 27 z. 8). 258, 2. 3. 260. 268 f. 278, 1. 2. 318, 1.
3.4. 322,1.3.5. 328,3. 330,2. 338. 346, 1. 348, 1. 350, 1.
372, 2. 398, 1. 400, 1.
Zweiter reim. Sn. Edda i 326, 1. Corp. ii 167 z. 21
foerir biörn, par er bära brestr, undinna festa
opt i Ymis kiöpta ürsvöl Gymis völva.
Sn. Edda i 370, 1. Corp. ir 9 z. 55
Fd er forns Litar flotna d fangbo da öngli
hrökkviäll of hrokkinn hekk Völsunga drekku.
gewöhnlich trifft dieser fall aber mit anderen zusammen, Sn.
Edda I 320, 2. 328, 2.
Adjectiv und regierter casus. Sn.Eddai410,2. Corp. n 300 z. 8
Ek hefi odar lokri Ölstafna per skafna,
vcen mörk skdla, verkt vandr, stefknarrar branda.
4) attributivische Verbindungen, erster reim. Sn. Edda i
232, 2. Corp. ii 76 (Havardhr halti)
Nu er iodraugum ^Egis arnar ßaug ok banga,
hygg ek at heimbod piggi hangagod s, of vangi.
Sn. Edda i 234, 1. Corp. n 40 z. 43
Har var, prafna byrjar peim styrdu gud beima,
sidlfr i soekidlß Sigtyr Atals dyra.
Sn. Edda i 256, 1. Corp. ii 9 z. 49
Hamri forsk i hcegri hönd pd er allra lau da
eygir ößugbarda endiskeids of kendi.
s. So. Edda 240, 2. 256, 4. 316, 1. 322,5. 324,3. 330,2.
332, 2. 338, 1. 346, 2. 348, 2. 370, 2. 514, 2.
Zweiter reim. Sn. Edda i 320, 2. Corp. n 161 z. 1
Knütr verr iörd sem itran alls dröttinn sal fialla.
Sn. Edda i 326, 1. Corp. n 167 z. 21
Fcerir biÖrn, par er bära brestr, undinna festa
opt i Ymis kiöpta ürsvöl Gymis völva.
Sn. Edda i 406, 4. Corp. n 220 z. 43
Ilir d vidrgramr medgerdnm gullvörpudr ser holla.
Sn, Edda i 512, 2. Corp. n 166 (Gizurr)
Fylkir gledr i fölki flakk ok svan Illakkar,
Olafr of vidr Hnm Vgg^ g^gl fegin Sköglar.
s. oben Sn. Edda i 234, l.
CORPUS POETICUM BOREALE 63
Verb und adverb. Sn. Edda i 248, 2. Corp. ii 48 z. 11
Eisar ,vdgr fyrir visa, verk Rögnis mer högna.
Pytr Odreris alda aldr hafs viel fles galdra.
Sd. Edda i 474, 1. Corp. ii 270 z. 7
Verja haudr med hiörvi hart döglinga biartir,
hidlmr spiitigr opt fyrir ölmri egghrid, framir seggir.
Corp. II 147 z. 59
Ofigr hafdi svd ungum ddr bragningi rädit.
5) Sn. Edda i 332, 3
Upp skulnm örnm sverdum, ulfs tannlitudrl glilra
eigum ddd at drygja i dal-mishinn fiska.
Sn. Edda i 506, 1. Corp. n 239, v; text abweichend
Swgs mun ek sidr en eigi (sd er illr er hrag spillir)
solar sverri mdlan, slidrdls reg in! nida.
s. Sn. Edda i 250, 2.
Oder mit trennung der glieder des ausrufs. erster reim.
Sn. Edda i 320, 1. Corp. ii 194 z. 19
Sadr stillir, hidlppü sniöllnm, söltialda! Rögnvaldi.
Sn. Edda i 496, 1. Corp. ii 161 z. 2
Vestr Uzt pü iliaf, hristir, hardviggs, svikulgiardar,
umhands allra landa, issl framstafni visat.
Sn. Edda i 514, 3. Corp. ii 142 z. 101
Ldt auman nu niöta Nöregs, ok gef störnm,
mal halt, svd sem scßlati, sinnjör! laga [nnna.
Sn. Edda i 526, 4. Corp. n 155 z. 69
Engl vard d iördu, ögnbrddr, ddr per nddi,
austr sd er eyjnm vestan, Ytiglingr! und sik pryngvi.
s. Sn. Edda i 318,5 und Corp. n 140 z. 49.
Zweiter reim. Sn. Edda i 432, 2. Corp. ii 36 z. 21
Litt kvödu pik Idta, landvördr, er brast, Hör da!
brynj'u hagl i benjum (bngust dlmar) ged fdlma.
Sn. Edda i 462, 2. Corp. ii 196 z. 45
Bitu sverd, en par purdir, jmnngiör fyrir Mön sunnan
Rögnvalds kin d , und
randir, ramlig folk, ens gamla!
6) a) s. oben die beispiele unter 2) Sn. Edda i 252, 2, unter
5) Sn. Edda i 332, 3. dann Sn. Edda i 318, 5. Corp. ii 197, vu
Hidlp pü, dyrr konnngr,
dyrnm dags grün dar! Hermnndi.
Sn. Edda 428, 2. 450, 1.
6) b) s. oben die beispiele unter 1) Sn. Edda i 278, 1, unter
5) Sn. Edda i 506, 1. dann auch Sn. Edda 1 254, 2. Corp. ii20 z.40
Reidr stöd Rösku brödir. Vd gagn fadir Magna.
Skelfra pörs ne pidlfa prbttar steinn vid otta.
Sn. Edda i 254, 4. Corp. ii 26 z. 4
Sin biö Sifjar rüni snarla fr am med karli
(hornstraum getum Hrimnis hroera) veidar foeri.
64 CORPUS POETICDM BOKEALE
Sn. Edda i 254, 5. Corp. ii 20 z. 6
Svd brd vidr, at, sijjur seidr renndi fram heidar
iardar, nt d hordi Ulis mdgar hnefar skullu.
s. Sn. Edda i 478, 1. 492, 3. Corp. ii 148 z. 71
Rdn mnn seggr hinn er sina selr üt i pvi telja.
s. auch Sn. Edda i 248, 1. 256, 2. 268. 346, 1. 372,2. 458, 1.
460, 3. 478, 1. 492, 3.
7) s. oben unter 4} Sn. Edda i 320, 2, unter 3) Sn. Edda i
326, 1. 370, 1.
8) s. oben unter 1) Sn. Edda i 278, 1. 428, 4; unter 2) Sn.
Edda I 252, 2. 346, 3; unter 3) Sn. Edda i 232, 3. 326, 1; unter
4) Sn. Edda i 232, 2. 234, 1. 256, 1 usw.
9) Sn. Edda i 464, 1. Corp. ii 197 z. 70
y^tlboeti firr Uran allriks (enn ek hid likna
Irüra ti/ggja dyrum) Torf -Einars, godl meinom.
Sn. Edda i 504, 4. Corp. ii 271 z. 16
Nemi hiodr, hve ek fer floidar fiardbdh of hlyn mdli.
Sn. Edda i 526, 1. Corp. ii 192 z. 21
Sikiinga venr snekkjur sidlklar konr üti.
s. noch Sn. Edda i 248, 2. 256, 6. 316, 3. 328, 5. 416, 3. 432, 2.
474, 1. 526, 3. Corp. ii 134 z. 40. 139 z. 14. 145 z. 14.
147 z. 59.
Eine ausnähme können machen die parenthesen , die zu-
weilen auch relativsätze sind. Sn. Edda i 388, 3. 416, 3. Corp.
II 156 z. 41
Ileltu par er hrafn ne svalla, (hvatrddr erlu) Iddi,
ögnar stafrl fyr iOfrum ygr tveimr vid kyn heima.
Sn. Edda i 500, 4. Corp. ii 155 z. 9
Skdrut sköfnu slyri (skaut) sylghdr bylgjur
(lek vid htm d hreini hlnnns pat er drösir spnunu).
s. Sn. Edda i 372, 1. 474, 2 und Corp. u 140 z. 49. im ersten
heispiel fällt auf den zweiten kurzvers ein wort, welches den
oben beschriebenen nachdruck hat , das ist ertu als schluss eines
Satzes, s. oben 1). aber nicht dieses sondern hvatrddr hat den
reim, wozu ertu nicht so nahe wie eine atlributivische bestim-
mung gehört, s. oben 6). — im zweiten heispiel fallen auf den
zweiten kurzvers zwei derartige Wörter, skaut als glied eines satzes
vor dem glied eines anderen satzes, s. oben 2), bylgjur als schluss
eines satzes, s. oben 1). letzteres hat zwar reim, ersteres aber
nicht, also der schluss der parenthese gilt nicht notwendig, wie
der der apostrophe, als ein einschnitt, der durch den reim be-
zeichnet werden muss. ebenso wenig das letzte wort des nicht
eingeklanuiierten satzes vor dem anfang der parenthese.
Corp. II 138 z. 41
Eitm vissa ek per annan Jdlks briktöpud glikan,
(vilt red gumua gwtir) Gudbrandr het sd (latida).
s. auch Corp. ii 132 z. 88. 134 z. 34. Sn. Edda i 488, 3. in dem
COnPLTS POFTICUM nOREAF.E 65
vierteD kurzvers des beispiels sind zwei Wörter, welche sonst den
reim tragen müsten , sd und banda als satzschliisse; aber Godr-
brandr trägt den ersten reim. — man muss sich wo! vorstellen
dass die parenthese wie jetzt mit anderer stimme gesprochen
wurde, sie war ja auch als besondere salzgattung bekannt, wie
der name stdl zeigt. — doch ist diese ausnahmsstellung der paren-
thesen facultativ, dh. die in den ausgaben eingeklammerten sätze
werden sehr häufig wie andere sätze nach der regel behandelt.
Ebenso bilden eine ausnähme versformen wie sextämncBlt;
Sn. Hattatal str. 9. Sn. Edda i 614, Möbius Hattatal ii 7
Vex idn, vellir rodna, verpi^ lind, [mmu snerpir,
fcBsk gagn, fylkir eignask, fair hUnar, sedz vitnir.
s. Sn. Edda i 506, 6. verpr lind, primu snerpir versteifst gegen
die regel, da von den zwei satzschliissen nur einer durch den
reim ausgezeichnet wird, die form ist selten und der paren-
these verwandt.
Schwanken herscht auch bezüglich der adverbien , indem
ihre nahe beziehung zum verbum gegen den oben angegebenen
gebrauch mitunter vernachlässigt wird.
Sn. Edda i 308, 2 (Corp. ii 14 z. 20)
En af hreidnm biödi bragdviss at pat lagdi
ösvifrandi Äsa upp piörhlnti pöra.
So. Edda i 472, 1. Corp. ii 212 (xu)
Örr IcBtr odda skurar opt her dir giör verda
hrings, ädr hann of pryngvi, liörd et, nnd sik iördu.
in beitlen beispielen sind, wenn man die beziehung des adverbs
zu dem vorhergegangenen verb mitrechnet, zwei hervorzuhebende
Wörter (im zweiten keine interpunction nach verda), — aber das
adverb erhält doch keinen reim.
Es werden demnach folgende formen von langversen vermieden
— ich bezeichne jedes wort mit einem buchstaben, teile attributivi-
scher und anderer naher Verbindungen, s. oben s. 61, durch den-
selben, die reime durch accente, jede art interpunction durch
einen punct — : a b c d' e. f oder a b c d. e' f, oder a b c c d' e' oder
abc d'be', oder abc bd'e'. beliebt dagegen sind: abc de'.f,
a b c d'. e f, abc c' d e', abc d b' e', abc b' d e' usw.
Es ist demnach nicht zu billigen, wenn Sn. Edda i 250, 4
(s. Corp. ir 23 z. 1) nach r gedruckt ist:
Hoddmildum ter hildar hugreifum Oleifi,
kann vil ek at gjöf Grimnis, ged, Njardar Id, kvedja.
wenn man den satz hann vil ek at giöf Grimnis kvedja nicht als
parenthese fasst, so sind im vierten kurzvers zwei hervorzuhebende
Worte, zwei satzschliisse. das zweite hat richtig den reim, nicht
so das erste Id oder Niardarld s. 6) b). es ist mit ,den übrigen
hss. zu lesen Hialdrgegnis tel ek hildar hugreifum Oleifi, hann
vil ek at giöf Grimnis, gedfiardar Id, kvedja, der beistrich nach
ged ist jedesfalls unrichtig.
A. F. D. A. XI. 5
66 CORPUS POETICUM BOREALE
Oder Sn. Edda i 326, 1 (s. Corp. ii 167 z. 21)
Fcerir hiörn, par er hära brestr, nndinna festa,
opt i u:Egis kiopta nt, svöl Gymis völva.
man sollte reim auf «? erwarten , obwol er nicht unbedingt nötig
ist, siehe s. 65. aber es ist besser mit U und V. ürsvöl zu lesen,
auch abgesehen davon wäre der beistrich nach nt zu tilgen.
Sn. Edda i 326, 2 (s. Corp. n 167 z. 23)
En sjd gnipu sleipnir slitr ürdrifinn hvitrar
Ränar, raudum steint runnit brjöst, or innnni.
1. siägnipu Sleipnir, streiche die beistriche in der zweiten langzeile.
in der zweiten kurzzeile ist ein hervorzuhebendes wort ürdrifinn,
das sleipnir aufnimmt, aber slitr und hvitrar haben den reim,
1. z. t. nach U und 757: slitr vindrifnum hvitrar. vindrifnum
'durch den wind aufgerissen' ein passendes beiwort zu dem nackten
munni, bei Sleipnir würkt es neben siägnipu tautologisch.
Heimskriugla, Olafs saga helga c. 14 (s. PMS iv 52, Corp. ii
126 z. 32)
Sinn mättut hce hanna, borg Kantara ^sorgar
mart fekkst prtuhmi Partum port, greifar Oleifi.
Egilsson construiert zu EMS Greifar mdtlot banna Oleifi sinn
bce, Kantaraborg ; priidum Pörtnm fekkst mart sorgar port. dann
trüge das erste hervorzuhebende wort des vierten kurzverses, der
satzschluss por^, keinen reim, lies mit EMS und Vigfusson port-
greifar und setze komma nach Kantara und Pörtum.
EMS I 122 (Corp. ii 45 z. 26)
Hitt var auk er eykir aurhordz d vit nordan
und sigrunni svinnoni sunnr Danmarkar runno.
das adverb sunnr trägt sehr auffälliger weise den ersten reim,
ohne sich auf ein vorhergegangenes verb zurückzubeziehen , und
auch dann wäre die beziehung keine nahe, während Danmarkar,
das zu d vit gehört, ihn entbehrt, ich vermute Sunndanmarkar
wie Sunnmcßrr, Sunnhördar.
Die bedeutung der parallelen zwischen erzählungen der helden-
sage und der isländischen sagas im dritten excurs ii 501 ff
(s. I 565 f) ist verschieden, höchstens von Grettir und Beowulf
könnte man zugeben dass die sage von dem einen auf den anderen
übertragen sei. sonst sind es nur mehr oder minder ähnliche
motive, die in deutscher und nordischer Überlieferung wider-
kehren, und selbst das nicht immer, die parallelen Thorsteinn
in der VatnsdoL'la und Alboin bei Paulus Diaconus i c. 2311, Gunn-
laugr Schlangenzunge und Waltharius werden kaum jemand über-
zeugen, die ähnlichkeiten liegen inuiier in den von V. ange-
nommenen oder wiirklichen lücken der Überlieferung. — Guun-
laugr und Ilrafn kämpfen, letzterer ist am fufs verwundet und
erschöpft und bittet seinen gegncr ihm einen trunk wasser zu
verschaffen, aber während ihm (iunnlaugr den mit wasser ge-
CORPUS POETICÜM BOREALE 67
füllten heim reicht, schlagt ihm Hrafü eine tödliche wunde, nun
berichtet das Chronicon INovaliciense ii c. 9: nach dem kämpf mit
Walther sind Günther und Hagen sehr ermüdet, da sehen sie
eine Weinflasche an Wallhers saumsattel. hiermit hi'icht die er-
zählung ab. V. vermutet nun, die Walthersage habe hier von
einer der Hrafns ähnlichen hinterlist Hagens gewust. aber die
sache verhält sich wol anders, das Chronicon erzählt bis v. 577
ziemlich genau und mit reichlichen citaten die geschichle Walthers
nach Eckeharts gedieht, von da ab keine citate und nur ein
auszug der erzählung, wobei es nrcht ohne misverständnisse und
lücken abgeht, der kämpf Walthers mit Günther und Hagen findet
nicht am zweiten, sondern an ersten schlachttage statt, die charac-
teristischen wunden (v. 1364. 1382. 1393) kommen nicht vor. der
schluss ist n c. 9 s. 92: Q^l^ (Günther und Hagen) diu multum-
que invicem pugtiantes ac pre nimia lassüudine et siti (Walther
v. 1345) deficientes iam nou valebant virorum fortissimum superare.
Et ecce respicientes viderunt a sagma Waltharii vasculum vini de-
pendere. das nächste capitel benutzt eine andere quelle über
Wallhers leben. — aber von der Weinflasche an Walthers saum-
sattel weifs unser Waltharius nichts, ich vermute: die hs. des
Waltharius, welche der chronist vor sich hatte, war am schluss
verstümmelt und vorher beschädigt und schwer zu lesen, das
letzte, was er herausbrachte, waren die verse 1401 — 1403:
Postquam finis adest , insignia quemque notahant:
lllic Guntharii regis pes, palma iacebat
Waltharii, nee non tremnlus Haganonis ocellus.
wenn wir uns die interpunclion wegdenken und die lesarten von
h annehmen, v. 1401 quaeque statt qnemque (v. 1402 pes regis
statt regis pes), v. 1403 hagononis (oder agononis) statt haganonis,
so konnte ein mehr phantasievoller als gebildeter beaibeiter in-
signia quaeque notahant Uli lesen und verstehen 'sie bemerkten da
alles merkwürdige', — dann salma iacebat Waltharii\h lag der saum-
sattel Walthers'; wenn dann folgte nee non tremuV agononis ocel-
lus, so meinte er wol noch lagona zu erkennen, eine neben-
form für lagena wie lagoena, laguna. wäre das folgende in seiner
vorläge noch erhalten gewesen, so hätte er die flasche wol mit
dem fröhlichen gelage v. 1410 ff in Verbindung gebracht.
Zs. 17, 6 f habe ich ein par beispiele ähnlicher benutzung
von misverständnissen der lateinischen texte zu zwecken poeti-
scher ausführung vermerkt, ob unser chronist bei erwähnung
der Qasche an mehr gedacht hat als eben an die flasche, und an
was, kann niemand sagen, unmöglich wäre es nicht dass er
meinte, es solle dadurch eine kriegslist Günthers und Hagens vor-
bereitet werden, jedesfalls gehört dann dieser unausgesprochene
gedanke ihm, nicht der Walthersage an.
Wol aber zeigt diese beeinflussung durch die erzählungen
von einem anderen nordischen beiden, durch die Starkadhssage.
5*
68 CORPUS POETICUM BORKALE
schon der beiname Wallhers 'niaaufortis' bei Eckehart in den Casus
SGalli klingt wie eine Übersetzung von Starhant; vgl. 'forlis'
in den versen des Chronicon, die der zweiten quelle angehören,
'wdaty', 'robustus' bei Boguphal. — ferner Starkadhr wie Walther
sind berühmt durch ihre grofsen reisen, Saxo 6. 8 buch, —
Waltharius, die reise nach und von dem Hunnenland, Chronicon
II c. 7 s. 85, Thidhreks saga c. 242. — beide kämpfen siegreich
gegen viele, Saxo vi s. 294, — Waltharius v. 581 ff, Thidhreks
saga c. 244. — beide sind unempfindlich gegen wunden, Saxo vi
s. 294, — Waltharius v. 1382 ff. — beide werfen mit knochen
nach jenen, die sich ihren zorn zugezogen haben, Saxo vi s. 302,
— Thidhreks saga c. 244. ^ — beide hinterlassen nach einem glück-
lichen kämpf den abdruck ihres leibes in einem stein, Saxo vi
s. 294 (235), — Chronicon ii c. 12 s. 94 die percussio oder ferita
Walthari. — beide brauchen grobe worte, Saxo vi s. 287. 300.
302 ff, — Chronicon ii c. 11 s. 94.
Die lästige pädagogik und aufdringliche barbarei des altnordi-
schen turnvaters linden wir allerdings in unserem Waltharius nicht,
obwol es auffällt, wenn er v. 282 die geliebte ermahnt: Tu tarnen
interea mediocriter ntere vino, allerdings in bestimmter absieht,
deutlicher ist der schlussvers, welchen die hs. h hinzugesetzt hat:
Waltarius clarus virtutibus at vir amarus. das weist auf eine
andere durch Starkadhr beeinflusste Vorstellung, die im Chronicon
II c. 7 s. 86 unverkennbar ist: die gute schul- und kirchen-
zucht, welche er nirgends so gefunden, bestimmt ihn im kloster
Novalese zu bleiben.
Vielleicht darf man diese daten zu folgender Chronologie ver-
werten, das gedieht W^altbarius aus dem 10 jh. zeigt noch keine
beeinflussung durch die dänische sage von Starkadhr. wol aber der
beiname 'manufortis' bei Eckehart iv und der zusatz der hs. h. also
im beginn des lljhs. wird die Starkadhssage nach Deutschland
gekommen sein — vgl.MüUenholf Zs. 12,339, Altertumskunde v 320
— , mau übertrug züge aus ihr auf Waltharius, der mit Starkadhr
die grofsen reisen und den siegreichen kämpf gegen eine mehrzahl
von gegnern gemein hatte, schon vor 1027 (s. Bethmann vor
der ausgäbe) steht die neue Vorstellung von Waltharius im Chro-
nicon fest, also wahrscheinlich auch am uordrande der alpen,
während die sächsische tradition noch im 12 jh. die alte auffassung
fast unversehrt erhalten hat, — wol nur neben der uns zufällig
verlorenen mit dem durch das Chronicon vertretenen typus. dieses
aber hat bekanntlich die person und geschichte Walthers auch
mit dementen der sage vom hl. Wilhelm ausgestattet, das mönchs-
ieben Walthers ist einfach aus einer chanson de geste von Guil-
laume au court nez übertragen, über die priorität der episode
bei diesem s. Jonckbloet Guillaume d'Orauge 2, 138 IT. die ver-
anlassung zu dieser Übertragung liegt otfenbar in der beiden
' vgl. den l)attr Thorsteins uxafots FMS 3, 105 ff.
CORPUS POKTICUM BOREALE 69
sagen gemeinsamen entführung einer princessin aus dem heiden-
lande durch einen Aquitauier.i ob der Moniage Walters iu
Deutschland oder in Italien entstanden ist, bleibt zweifelhaft.
in beiden ländern wäre es wol die älteste einwürkung franzö-
sischer litteratur. s. meine ausgäbe Heinrichs von Melk s. vii,
Rajna Origini dell' epopea francese s. 456; vgl. Henning Ni-
belungenstudien s. 19 ff. der mönch llsan, Wolfdietrich und
Heime (Thidhreks saga c. 429 ff) im kloster zeigen entferntere Ver-
wandtschaft mit Waltharius im Chronicou und Guillaume d'Orange.
Der vierte excurs ii 509 ff ist zum teil entstellt durch
Vorliebe für abenteuerliche lesarten und gefährliche etymologien,
s. 510 mamninn Ertham, also die Holtzmannische conjectur statt
in commune Nerthmn Tacitus Germ. c. 40; s. Holtzmann Altertümer
1873 s. 254, Mythologie 1874 s. 128, — s. 511.514 Righ, Rights
bei Jordanes, also Hoblers genealogie: Gmit, Haimdal, Rigis, statt
Gapt, Hnlmnl, Augis Jord. c. 14; s. MüUeuhoffs index zu Mommsens
ausgäbe, — s. 515 A7isis für Alcis Tac. Germ. c. 43.2 — vgl. auch
I 496 Tac. Germ. c. 46 scrita gestant von den Finnen, statt sciita
gestant. — ganz unglaublich ist auch die etymologie von Edda
s. 514, es sei erda, ein fremdwort aus dem hochdeutschen, kein
wort von gotisch aitkei und verwandtem.
Doch das steht nicht in näherem Zusammenhang mit den
eigentlichen zielen des buchs.
Wenn mau zusammenfasst, so muss man sagen, V. hat durch
seine Sammlung es uns erst möglich gemacht, das grofsartige
und reich gegliederte gebäude der altnordischen poesie zu über-
sehen, und das einzelne in seinem Zusammenhang mit dem vor-
hergehenden und nachfolgenden zu verstehen, eine fülle von
litterarhistorischen problemen bietet sich sofort dar mit den mittein
zu ihrer lösung. er hat aber auch selbst die erklärung des ganzen
wie des einzelnen durch eindringende Untersuchungen, durch
glückliche besserungen und feinfühlige Übersetzungen mächtig
gefördert, ich habe ja oben fast nur von dem gesprochen, was
mir verfehlt schien, das schlimmste ist wol dass er die hand-
schriftliche Überlieferung nicht vollständig mitteilt, so bedeutet
das Corpus poelicum boreale einen gewaltigen fortschritt in den
Studien, welche die altnordische poesie zum gegenstände haben,
— nur leider nicht, was man erwarten durfte, deren grundlage.
* schon vor jähren hat mir ein Student diese oder eine ähnliche Ver-
mutung mitgeteilt.
2 eher könnte man an Jstis (Mastis) denken; Ic statt st verlesen?
s. MüUenhoff Zs. 12, 347.
Wien, mai 1884. Heinzel.
70 LITZMANM LISCOW
Christian Ludwig Liscow in seiner litterarischen laufbahn von Berthold
LiTZHANN. Hamburg und Leipzig, LVoss, 1883. xii und 155 ss.
gr. 8". — 4,50 m.*
Litzmann will den 'lilterarischen enlwicklungsgaog L.s so
verfolgen und darstellen', dass er dabei 'die widerholung von be-
kanntem vermeidet wie auch alles das bei seile lässt, was mit
L.s beziehungen zur litteratur nichts zu tun hat.' es liefse sich
über diese propositio rechten, es ist mislich dass der verf. nicht
den ganzen L. zeigt; für seine arbeit mislich, weil er doch für
die Schilderung des Schriftstellers L. einige lebensdaten braucht,
also Stückwerk gibt, und weil er zudem biographische einzel-
heiten aus abgelegenen und zuvor uueroffueten quellen, vorzüg-
lich auch aus den briefwechselu Gottscheds und Hagedorns neu
erschliefst, die nun beiwerk sind; mislich aber auch für die,
weiche sich über L. unterrichten lassen wollen und nun doch
noch die zerstreuten nachrichteu aus verschiedenen, überdies nicht
leicht zugänglichen Schriften zusammensuchen müssen. Litzmauns
Selbstbeschränkung ist um so bedauerlicher, als man nicht wün-
schen kann dass über L. noch eiimial ein buch geschrieben werden
soll, der verf. selbst warnt bei der allgemeinen characterislik L.s
in der vorrede sehr mit recht vor Überschätzung dieses autors.
wenn er trotzdem im verlaufe seiner schrift da und dort etwas
zu sehr ins loben verfällt, so erklärt sich das aus dem eifer, den
er auf die Untersuchung wendet, gleich der erste abschnitt, noch
mehr der zweite gibt Zeugnis für die mühsame gründlichkeit der
forschung.
In jenem werden hauptsächlich L.s Schriften über Manzels
naturrechl und CULanges pietismus behandelt , ohne zvveifel die
bedeutendsten producte L.s. nach des verf.s erneuter Unter-
suchung ist die Epistel an Lauge sicher eine echte schrift L.s
und 1730 entstanden, er stellt sie an wert noch höher als die
Anmerkungen über Manzels abriss eines neuen rechts der natur,
während ich die umgekehrte rangordnung für richtiger halte;
jedesfalls ist L. wenn irgendwo in seinem Anti-Manzel mit Les-
sing vergleichbar, nur dass er auch hier wie innuer zu spitz-
ündig ist und Lessings kraft vermissen lässt. die eutslehungs-
zeit dieser 1735 erschieneneu Streitschrift setzt L. ins jähr 1726;
und es ist glaubhaft dass er damals den plan dazu gefasst. ein
ander mal sagt L. dass er seine anmerkungen zu Manzels natur-
rechl 1729 aufgezeichnet habe und Litzinann hält demnach diese
für die ersllingsschrift L.s. ich habe bedenken dagegen, in der
Epistel an Lange (1730), den Anmerkungen über die geschichte
Jerusalems (märz 1732), der Vitrea fracta (c. april 1732), dem
Briontes (ocL 1732), der Stand- oder antrittsrede (märz 1733)
[* vgl. Gott. gel. anz. 1884 nr 4 (JMinor). — Akadeni. biälter i 171 f
(LGeiger). — Litt, centralbl. 1884 nr i;5. — DLZ 1884 nr23 (liSchniidl). —
Arch. f. litleraturgesch. xu 51)211' (FMuncker).]
LiTZMAiMv Lrsr.ow 71
und den Sottises champetres (märz 1733) werden nur citate aus
römischen und wenigen griechischen auloreu eingemischt (Bayle
und Boileau werden Sammlung s. 13 und 77 nur flüchtig ge-
nannt), in dem Sich seihst entdeckenden XYZ (zwar sept. 1732
geschrieben, aber erst sept. 1733 gedruckt) treten französische
schriftstellen dazu; und diese mischung bleibt in allen folgenden
Schriften aufser im Bericht eines arztes, wo die maske das ei-
tleren verbietet (nur in die vorrede sind zwei lateinische citate
eingestreut), in der Vortrefllichkeit der elenden scribeuten (1734)
wird zum ersten male, wenn ich nichts übersehen habe, Mon-
taigne citiert; derselbe auch im Anti-Manzel; hier ist zum ersten
male Le Pays genannt, den auch die vorrede der Sammlung (1739)
erwähnt, wäre nun die schrift gegen Manzel 1729 verfasst, so
würde die auffallende, bei der manier L.s aus dem Stoffe der
einzelnen satiren nicht erklärbare erscheinung zu tage treten, dass
der Verf., der so gerne citiert, in den sechs zunächst edierten
stücken 3 jähre lang die Franzosen vergisst und erst 1733 auf
sie zurückkommt; das ist nicht unmöglich, aber auch nicht wahr-
scheinlich, nehme ich dazu die für L. ungewöhnliche kürze und
prägnanz der schrift gegen Manzel, die auch Litzmauu als auf-
fällig für ein erstlingswerk bezeichnet, so möchte ich glauben
dass dies 1726 vorübergehend geplante werk 1729 zwar ent-
worfen, aber erst 1735 so ausgearbeitet wurde, wie es in druck
kam. wer zudem das ziemlich stetige wachsen der zahl der citate
beobachtet, findet dass die Schriften von den elenden scribenteu
und gegen Manzel die meisten enthalten; auch dadurch wird ihre
nachbarliche abfassung wahrscheinlich, beide Schriften sind theo-
retische abhandlungen, ohne dass ein künstlerisches motiv zu
gründe liegt, und so bin ich im gegensatze zu Litzmann der
meinung, dass L. als parodist begann und als ernsthafter Schrift-
steller seine laufbahn beschloss. die ironischen Wendungen gegen
das ende des Anti-Manzel wären sonach nicht Vorläufer seiner
hauptmanier, wie Litzmann annimmt, sondern nachklänge.
Aus dieser ganzen beobachtung glaube ich ferner auf die
historische ausdehnung der lectüre L.s schliefsen zu dürfen, dass
er die ersten verse aus Boileau als motto zu dem Sich selbst
entdeckenden XYZ bringt — und ich vermute dass die Boileau-
citate erst im sommer 1733 eingeflickt sind — ist der beachtung
nicht unwert, weil Litzmann s. 7311 die bisher nicht genug be-
achtete beeinflussung L.s durch Boileau erörtert.
Er weist diesem geradezu die erste stelle unter den auf
L. würkenden autoreu an und bekämpft die verbreitete ansieht,
L. sei ein nachahmer des Swift, widerholt, indem er grofses ge-
wicht darauf legt (s. 13), dass L. den englischen Satiriker nur
einmal angeführt habe, lediglich den einfluss Swifts auf das
kostüm der Vitrea fracta will er nicht läugnen; darüber hinaus
aber erstrecke sich die einwürkuug Swifts nicht; der grund-
72 LITZMANN LISCOW
character beider und die ziele ihrer satire seien vielmehr einander
fast entgegengesetzt (s. 46). wenn auch Litzmanu au anderer
stelle (s. 74) allgemein die formale beeiuÜussung L.s durch Swift,
Arbutbnot und Pope zugesteht, so bleibt doch die einschräukung
derselben viel zu eng.
Von Hagedorn und anderen kritikern der L. sehen schritten
wurde widerholt die iüinlichkeit derselben mit Swiftischen be-
hauptet und L.s bruder hatte interesse für Swift (Litzmann
s. 151); so scheint es mir unglaublich dass L. sich dem gemein-
samen hinweise seiner litterarischeu freunde sollte entzogen haben,
ich erwäge dazu dass beide Satiriker von der theologie ausgiengen,
in ihr nicht befriedigung fanden und antikirchliche Schriften ver-
fassten. das muste bei L. das gefühl geistiger Verwandtschaft
hervorrufen, und in der tat hat L. mancherlei von Swift ent-
nommen, die Anmerkungen über die geschichte Jerusalems er-
innern an den Virgilius restauratus des Martinus Scriblerus Swifts
und seiner freunde, von eben derselben Narrative of dr Robert
Norris concerning the frenzy of mr. John Dennis konnte L. das
motiv des besuches eines arztes für seinen Glaubwürdigen be-
richt eines medici lernen, ebenso die idee, den lebenden Phi-
lippi widerhoit tot zu sagen, aus The accomplishment of the
first of mr. ßickerstaffs prediction und The vindication of Isaak
Bickerstaff. lässt L. den sterbenden gegner seine Sünden be-
kennen, so ist das vorbild dazu in der ersteren dieser Schriften
und ferner in An account of the revenge by poison on the body
of mr. Edmund Curll. sonderbar ist dass nach einer anecdote
L. den hier erzählten Vorgang an seinem eigenen leibe erfahren
haben soll, die angriffe L.s auf die academie erinnern an den
besuch Gullivers in der grofsen academie zu Lagado (p.3 chap. 5 ff),
schreibt Swift: 'Squire Bickerstaff delecled, so bildet L. den
titel nach in dem Sich selbst entdeckenden XYZ usf. auch all-
gemeinere Züge teilt die schriftstellerei beider: das persönliche
der angriffe, die widerholung der Verfolgungen desselben gegners,
die form des briefes, die fiction, man schreibe auf den wünsch
eines hohen herrn, die vorauslellung von motti usw. um eine
erschöpfende parallele ist es mir nicht zu tun; so viel steht fest
dass L. von dem viel bedeutenderen und gewis auch vielfach ihm
unähnlichen Swift nicht nur einmal und nicht nur im formalen
gelernt hat. in dieser anlehuung an Swift liegt so ziemlich alles,
was an L.s satiren künstlerisch ist. nimmt man dazu Litzmanns
beobachtung (s. 33f), dass L. seine eigentliche mauier, die maske
des gegners vorzunehmen und diesen dabei ad absurdum zu führen,
von einer englischen schrift absah, so zeigt sich dass er in erster
linic ein schüler der Engländer ist.
Boileau dagegen lehrte ihn nicht sovvol die art zu satiri-
sieren als die aufgäbe der satire, ihre berechligung und ihre
gränzen. an dem satze Boileaus: 'La satire ne sert qu'h rendre
LITZMA>.\ LISCOW 73
un fat illustre' hält er ebenso wie BMencke nur zu strenge fest,
aber darum zu behaupten, L. stehe seiner ganzen weltauffassung
nach vollständig unter der herschaft Boileaus, sei eine copie
desselben (Litzmann s. 74), ist eine starke Übertreibung, die ab-
hängigkeit von Boileau ist nicht viel gröfser als die von Cicero.
Litzmanu selbst macht darauf aufmerksam dass L.s theorie über
die materies ridiculorum mit Cicero übereinstimmt, überhaupt
ist das häufige eitleren Ciceros auffällig; nur Horaz wird ähn-
lich oft erwähnt; dann in minderer zahl Virgil und Seneca; aber
alle diese sind häufiger genannt als ßoileau und neben ihnen
noch viele andere römische dichter, widerholt zb. Juvenal und
Persius. es verdient diese classische bildung wol eine erwähnung,
weil gerade mit diesen classischen citaten eine art von witz er-
zielt wird, den auch die humanisten übten.
Litzmanns Untersuchungen gelten fast ausschliefslich dem
Inhalte und der allgemeinen composition der stücke, gründlich
erörtert er die Stellung L.s zu seinen Stoffen, die personeu,
welche verspottet werden, characterisiert der verf. und legt den
äufseren anlass und die art der angriffe dar. die ausführungen
in dieser richtung scheinen mir durchaus richtig und abschliefsend.
die anorduung allerdings, besonders der Streitschriften gegen
Philippi, ist nicht sehr übersichtlich geraten und manches wird
nur dem völlig verständlich sein , der L.s Schriften genau kennt,
auch stellen sich die zusammenfassenden urteile über die einzelnen
Satiren etwas schematisch und superlativisch ein. s. 14 heifst
es von der Epistel an Lange, sie werde an lebendigkeit der dar-
stellung, schärfe der begrilTsentwicklung, geschlosseuheit der com-
position, witz und laune von keiner anderen schrift L.s über-
troffeu. s. 43 die vorrede zu den Anmerkungen über die ge-
schichte Jerusalems gehöre nach der formalen seite mit zu dem
besten, was L. geschrieben, man bedauere nur dass so viel
geist und witz an einen so nichtigen gegenständ verschwendet
werde, s. 58 die Unparteiische Untersuchung gehöre zwar dem
gedankengehalte nach zu L.s besten Schriften, dagegen in der
composition zu den schwächsten, s. 69 f diese schrift müsse,
was die ästhetische form anbetrifft, zu L.s schwächsten pro-
ducten gezählt werden , wenn aber der inhalt allein in frage
komme, so sei sie geradezu als epochemachend zu bezeichnen.
s. 82 f der zweite teil dieser schrift sei ein kleines meisterstück
feiner Ironie, wer überhaupt sinn für humor habe, könne sich
dem reize der Situation nicht entziehen, s. 65 sicher gehöre die
Stand- oder antrittsrede zu dem witzigsten, was L. je ge-
schrieben habe; ohne die breite wäre sie ein meisterstück iro-
nischer Satire, über den meines erachtens rohen Bericht eines
medici sagt Litzmann s. 88 f, es zeichne ihn gedrängte darstellung
und unwiderstehlich packende laune vorteilhaft vor manchen
früheren Schriften L.s aus, und er übe von allen L. sehen satiren
74 LITZMANN LISCOW
noch heute wegen der drastik der Situation den unwidersteh-
lichsten lachreiz aus. ich verkenne nicht dass die eintönigkeit
des L.schen witzes die gleichförmigkeit der urteile veranlasst hat;
für den leser des huches aber hat sie etwas verwirrendes und in
ihrem starken lobe auch etwas verwunderliches, da doch Litz-
maun selbst im allgemeinen gegen eine Überschätzung L.s ein-
spräche erhebt.
Am schlechtesten und kürzesten kommt L.s verbreitetste
schrift weg, die Weitschweifigkeit der abhandlung Von den elen-
den scribenteu ist unläugbar und wenn man ermüdet von L.s
älteren Spottschriften an diese herantritt und im ganzen und ein-
zelnen keiner neuen auffassung begegnet, weil hier die realisti-
schen Züge persönlicher angriffe fehlen, so wird allerdings kein
besonderes gefallen erweckt, aber es ist doch ein fortschritt, dass
L. hier sich des persönlichen fast ganz enthält; 'er zieht gewisser
mafsen die summe seiner bisherigen erfahruugen auf litterari-
schem gebiete' (Litzmann s. 97) und schält aus dem, was er ver-
einzelt beobachtet hat, das gemeingiltige heraus, so entsteht ein
gesammtbild , dessen striche zwar weniger scharf sind als die
der caricaturen, aber doch den Zeitgenossen — und die haben
in dem falle das sicherste urteil — tretfend erschienen, ist also
auch diese schrift für L., der es besser verstand sich mit 6inem
persönlichen gegner herum zu beifsen, nicht so characteristisch
wie die älteren, so steht sie doch als satire höher als die pamphlete.
in einem betracht ist sie aber doch auch recht bezeichnend für
ihren verf. ausführlich behandelt er auf 50ss. die den elenden scri-
benten eigene Unvernunft, kurz auf 9ss. die Unordnung, noch kürzer
und am schwächsten auf 5ss. die unzierlicbkeit ihrer Schreibart; L.s
kritik geht allemal mehr auf den geistigen inhalt als auf die form.
Am Schlüsse des zweiten abschnittes und im dritten erweist
Litzmann an Streitschriften, an den äufserst seltenen Neufränki-
schen Zeitungen aus Gottscheds lager und an Hamburgischen Jour-
nalen — Zeitschriften, über deren äufsere geschichte und innere
richtung lehrreicher aufschluss gegeben wird — , wie eifrig L.s
manier nachgeahmt wurde, es wäre lohnend, diesen weg weiter
zu verfolgen, nachdem L. selbst seine feder in den dienst der
gegner Gottscheds gestellt hatte, worüber die quellenmäfsigeu
mitteilungeu Litzmaniis über sein Verhältnis zu Gottsched, König,
Rost (im 4 abschnitt, im anhang und sonst) neues licht verbreiten,
schreibt Pyra, mit dem L. die beschäftigung mit Virgil und die
ablehnung des reimes (Sammlung s. 175) teilt, seinen Erweis
sicherlich unter L.s einfluss. Pyra sagt in diesem Sendschreiben
s. i : ich habe Ihr schriftchen und damit das recht, Ihnen meine
gedanken zu sagen gekauft, weil L. ihm vurgebetet hat (Samm-
lung s. 238): wann ich ein buch kaufe, so erkaufe ich zugleich
das recht, davon zu sagen, was ich will, und auf L., nicht auf
Loheuslein, wie VVaniek s. 9 meint, geht Pyras stil zurück, über-
LITZMANN LISCOW 75
haupt wurde der ganze streit zwischen Leipzig und Zürich von
beiden seiten vielfach mit L.schen waffeu geführt; mit bewuster
absichllichkeit wurde eine reihe der L.schen motive ausgenützt,
darin sehe ich den grund, warum L.s Schriften selbst eine weitere
rolle nicht spielten, nicht in L.s abhäugigkeit von ßoileau (Litz-
mann s. 74). L.s gegner konnten auf die dauer nicht interes-
sieren und seine manier fand man in jüngeren Schriften wider,
deren gegenständ der herschenden generation wichtiger war. auch
als dieser streit endlich sich legte, ward L. und seine kampfweise
nicht vergessen. Riedel hat seine satire (zb. Der sich selbst ent-
larvende schutzverwandte, Briontes der dritte) an L. geschult und
besafs Verehrung genug für seinen meister, eine biographie des-
selben zu planen (Über das publikum 1768 s. 1211". vgl. 163 f).
wie andere streitlustige Zeitgenossen an L. anknüpfen , zeigt die
Bibliothek elender scribenten von 1768. Wieland möchte L. von
den toten auferwecken (1772 Ausgew. briefe m 121 und 1773
Allg. Ztg. 1878 beil. nr 211), vielleicht durch das 2 stück des Unzer-
Mauvillonschen briefwechsels Über den wert einiger deutscher
dichter 1772 an ihn erinnert, aus den 80er jähren führt Litz-
mann (s. ix) einige enthusiastische äufserungen über L. an. vgl.
auch LMeister in den Schriften der kfstl. d. gesellschaft in
Mannheim 1787 n 227 ff. 1795 bedauert Herder den Verlust
der besten Sachen L.s (Böttiger Litt, zustände und zeilgenossen
I 119. der sachliche inhalt der stelle geht vvol auf Schubarts
Leben und gesinnungen zurück), ein jähr zuvor erneuert StoU
L.s Lob der schlechten Schriftsteller. 1803 leitet Pott den
druck der Epistel an Lange mit der behauptung ein, jeder
freund der deutschen litleratur kenne den namen L.s. 1806
folgt Müchlers ausgäbe der werke L.s, und dass sie gelesen wurde,
mag zb. die nennung des verf.s im Morgenblatt 1808 nr 57 be-
weisen, so lässt sich schon an diesen gelegentlich aufgerafl'ten
wenigen Zeugnissen L.s nachwürken und andenken ohne Unter-
brechung durch Jahrzehnte verfolgen, ins volk freilich konnte die
hlterarische klopffechterei L.s nicht dringen ; aber die gelehrte
weit, für die allein L. schrieb, vergafs den scharfen kämpen nicht.
Ob man ihm heute die ehre einer kritischen ausgäbe, die
Litzmann plant, erweisen soll? es gibt deutsche Schrift-
steller genug, die einer solchen würdiger wären, jedesfalls
wird man dankbar die nachweise über Veränderungen in L.s stil
und über dessen beitrage zu Hamburgischen Zeitungen und zu
den Dresdner nachrichten , die Litzmann verheilst, aufnehmen,
allgemeines Interesse erregt endlich das versprechen der heraus-
gäbe von Hagedorns briefen. ich kann den wünsch nicht unter-
drücken, dass Litzmann und Hermann Schuster, der in seiner
dissertation über Hagedorn 1882 gleichfalls briefpublicationen in
nahe aussieht stellte, sich zu gemeinsamer arbeit verbinden mögen.
Würzburi?. Berinuakd Seuffert.
76 TOBLER SCHWEIZERISCHE VOLKSLIEDER
Schweizerische vollislieder. mit einleitunj und anmerkungen herausgegeben
von dr Ludwig ToBLER. Bibliothek älterer Schriftwerke der deutschen
Schweiz iv. Frauenfeld, JHuber, 1882. cli und 234 ss. S". — 5 m.*
LTobler bietet uns in seinen Schweizerischen Volksliedern
eine auswahl sowol schon gedruckter, als bisher ungedruckter
Volkslieder, die mehrzahl der schon gedruckten sind solche, die
bisher in zahlreichen zum teil , besonders aufserhalb der Schweiz,
schwer zugänglichen büchern und Zeitschriften zerstreut und des-
halb wenig bekannt waren, aus bekannten, jedermann leicht zu-
gänglichen liedersammlungen sind nur einige lieder hier wider ab-
gedruckt, bei denen besondere bemerkungen oder textänderungen
anzubringen waren, die mitgeteilten bisher ungedruckten lieder
sind teils älteren, handschriftlichen Sammlungen entnommen, teils
erst in neuerer zeit aus dem volksmund aufgezeichnet worden,
die lieder sind in 'historische' und in 'allgemeine' eingeteilt, die
'allgemeinen' wider in 'geistliche' und 'weltliche', und letztere in
'epische' und 'lyrische', denen sich dann noch als 'anhang' einige
gebete, alpsegen, nachtwächterrufe und reimsprüche anschliefsen.
aufser diesen mit sprachlichen und sachlichen anmerkungen reich
ausgestatteten 'texten' (s. 1 — 218) enthält das buch aber noch
eine 'eiuleitung' (s. i — cli), die in folgende abschnitte zerfällt:
'historische Volkslieder, begriff und quellen derselben;
grundsätze der auswahl und behandlung. chronologisches Ver-
zeichnis, allgemeine Volkslieder, eiuleitung: i. alter und
Verbreitung, ii. sprachform. ui. metrische formen, iv. quellen und
bisherige Sammlungen, v. auswahl, behandlung und anordnung
der texte, übersieht: i. geistliche lieder. A. epische. B. lyrische.
II. weltliche lieder. A. epische. B. lyrische. 1. liebe und kiltgang.
2. hausrat und hochzeit. 3. stände. 4. sitte und geselligkeit; jahres-
zeitfeste; tierleben, anhang. Verzeichnis (1) der in der eiuleitung
angeführten , aber nicht in die texte aufgenommenen allgemeinen
Volkslieder, welche in der Schweiz verbreitet, aber meistens be-
reits aus anderen Sammlungen bekannt sind. Verzeichnis (2)
einiger in der eiuleitung vorkommender, in der inhaltsübersicht
nicht angegebener gegenstände von allgemein lilterarhistorischer
bedeutuug.' diese einleituug ist ebenso wichtig und interessant
als es die texte sind, insbesondere die übersieht der lieder, welche
nicht nur die in der Sammlung gedruckten, sondern überhaupt
alle dem verf. bekannten gedruckten und ungedruckten umfasst.
beim lesen dieser übersieht bedauert man dass der verf. von
den ihm bekannten, — anderwärts gedruckten oder auch noch
ungedrucklen — liedern nicht noch mehr in seine Sammlung
aufgenommen hat. er sagt selbst s. x f: 'ich bin auf den
Vorwurf gefasst, dass ich mehr oder gar alles vorhandene hätte
geben sollen, sollte das begehren danach würklich in weitem
[* vgl. AUg. Zeitung 1882 nr 353 beilege. — DLZ 1883 nr 11 (MHeyne).]
TOP.LER SCHWEIZERISCHE VOLKSIJEDER 77
kreisen laut werden und sollte — was ich jetzt noch nicht zu
zu hoffen wage — trotz der uuvollstäudigkeit des jetzt gegebenen
eine zweite aufläge nötig werden, so könnte jener wünsch er-
füllung finden, indem dann die einleitungen weggelassen oder
verkürzt und dafür mehr texte aufgenommen würden.' wir wün-
schen lebhaft dass eine zweite aufläge nötig werde und dass dann
die texte beträchtlich vermehrt werden mögen, wir möchten dem
herrn herausgeber für eine zweite aufläge aber auch empfehlen,
der nachweisung und vergleichuug der nicht schweizerischen Va-
rianten zu seinen texten gröfsere aufmerksamkeit zuzuwenden
und deshalb die gesammte deutsche volksliederlitteratur daraufhin
gründlich durchzugehen, in der gegenwärtigen aufläge hat er
sich, wie er selbst s. lxxxix gesteht, fast nur auf vergleichung
und citierung der bekannten Mittlerschen Sammlung l)eschränkt,
'welche ihrerseits die meisten anderen Sammlungen citatweise in
sich aufgenommen hat.' Mittlers buch ist aber 1855 erschienen,
und sind nicht seitdem zahlreiche neue und wertvolle liedertexte
veröffentlicht worden? übrigens hätte herr T. Mittlers Sammlung
auch noch öfter zur vergleichung heranziehen können.
Es sei mir nun gestattet, zu einer anzahl der allgemeinen
(dh. nicht historischen) lieder nachweise anderer texte und Varian-
ten, die jedoch keinen anspruch auf Vollständigkeit machen, und
einige andere anmerkungen hier mitzuteilen.
S. 74 nr 1. in mitten der nacht, vgl. HPfannenschmid,
Weihnachts-, neujahrs- und dreikönigslieder aus dem Ober-Elsass,
Colmar 1884, s. 5 — 7, und WPailler, Weihnachtslieder und
krippenspiele aus Oberösterreich und Tirol , 1 bd., Innsbruck
1881, nr 145, und die nachweise in der anmerkung.
S. 77 nr 3. reich und arm soll fröhlich sein. vgl. Pailler i
nr 84, und die anmerkung.
S. 81 nr 5. ich lag in einer nacht und schlief, vgl. von Dit-
furth, Fränkische Volkslieder i nr 15, Pailler i nr 308, und die
nachweise in der anmerkung, Pfannenschmid s. 20.
S. 86 nr 8. Lazarus und seine schioestern. vgl. APaudler,
Nordböhmische Volkslieder, B.-Leipa 1877, nr 1, und APeter,
Volkstümliches aus Österreichisch -Schlesien i 353.
S. 88 nr 9. Regina, vgl. Meier, Schwäbische Volkslieder
nr208 (Regina ging in garten), KJSchröer, Wörterbuch der mund-
art von Gottschee s, 193 (Wan dort da stet oin gartle, mit roasen
ists angesdn — str. 6: Main name der hoifset Regina), ASchlos-
sar, Deutsche Volkslieder aus Steiermark nr 308 (Eine Jungfrau
ging in garten) und CMündel, Elsässische Volkslieder nr 22 (Chri-
stina ging im garten). Uhland s. 1037 bemerkt zu dem verwandten
lied von der Jungfrau und Jesus, dem 'plümelmacher', (nr 331):
'vgl. lied "Von der h. jungfrawen Regina usw." fl. bl. München
bei Anna Bergin 1619, auch in (Auerbachers) Anthologie deutscher
katholischer gesänge aus älterer zeit, Laudshut 1831, s. 219.'
78 TOBLER SCHWEIZERISCHE VOLKSLIEDER
S.90 nrlO. die heilige Tnr'tiUa. in den 'nachtragen' (s. 228)
bemerkt der hg. dazu: 'Turtilla ist mundartliche entstelhing von
Ottilia. mit diesem namen ist das lied in Schwaben bekannt.
s. Schwab. Volkslieder, Freiburg i, B. 1864, s. 50.' nicht nur
in Schwaben, sondern auch am Rhein und in Franken, s. die
nachweise bei GScherer, Jungbrunnen zu nr 53. ich erinnere
auch an einen segensspruch bei FWSchuster, Siebenbürgisch-
sächsische Volkslieder usw. s. 311, der beginnt: Duidelgh die
ward blind geboren.
S. 92 nr 11. 's will eine Jungfrau reise, vgl. Meier ur 199:
Es wolle eine Jungfrau xcandern.
S. 102 nr 10. Tannhäuser, vgl. auch ABaumgarten, Aus
der volksmäfsigen Überlieferung der beimat ix (Linzer museal-
jahrcsbericht xxix) 150, Pogatschnigg und EHerrmann, Deutsche
Volkslieder aus Kärnten ii nr 593 und 594, Schlossar nr 316 und
dazu die anmerkung s. 434. — interessant ist die 3 Strophe der
von Tobler gegebenen version des Tannhäuser-liedes, wonach die
drei schönen Jungfrauen im Frau-Vrenesberg am sonntag Ottern
und schlangen sind, es ist dies ein neuer beleg für den glauben,
dass feen oder ähnliche wesen in jeder woche an einem gewissen
tage oder auch an mehreren schlangen sind, die belege, die
ich dafür beibringen kann, sind folgende, in dem italienischen
roman Guerino Meschino (cap. 145) wird die Sibilla Cumana in
der höhle von Norcia alle Sonnabende eine schlänge und erhält
erst montag menschliche gestalt wider; mit ihr verwandelt sich
ihr ganzer hofstaat in verschiedene hrxitti vermi. INiccolö Euge-
nico, einer der alten commentatoren von Ariostos Orlando furioso,
bemerkt zu der gleich zu erwähnenden stelle dieses gedichtes:
Nelle montagne di Norsia e un' enlrata, dove si va, dopo molto
travaglio, nella spelonca abitata della Sibilla Cumana con molte sue
donzelle, le quali ogni venerdi si cangiano con lei in serpenti
(s. Panizzis ausgäbe des Orlando furioso vol. iv p. 305). Ariosto
lässt nämlich im Orlando furioso (xliii 98) die fee Manto sagen,
es sei allgemeines loos der feen,
Ch' ogni settimo giorno ognnna e certa
Che la sua forma in biscia si converta — ,
in den Cinque canti aber (ii 117) erzählt er von der fee Medea,
die in einem alten wald in Böhmen hauste,
Dove ogni ottavo di sua hella forma
In Innttissima serpe avea a mularsi.^
Giuseppe Parini (1729 — 1799) sagt in seinem gedieht II mattioo
gegen das ende hin :
Fama e cosi, che il di quinlo le fate
Lora salma immortal vedean coprirsi
* auf diese stelle der Cinque canti bin icii durch Pl^ajna, Le fonti
df'li' Orlando furioso, Firenze tSTO, s. 50!) hingewicscti wonlen.
TOBLER SCHWEIZERISCHK VOLKSLIEDER 79
Gtd d'orribili scaylie, e in feda serpe
Volte strisdar sul suolo usw.
allbekannt ist die sage von der fee Melusine, die alle Sonnabende
zwar nicht ganz, aber doch vom nahel an zur schlänge wird und
welcher graf Raimund vor seiner Vermählung mit ihr das versprechen
geben muss, sie nie am Sonnabend sehen zu wollen, mit der Me-
lusinen-sage stimmt auffallend ein ehstnisches märchen (FKreutz-
wald, Ehstnische märchen, übers, von FLöwe, Halle 1869, nrl6),
in welchem eine meermaid alle donnerstage vom nabel abwärts
zu einem fisch wird und in dieser gestalt von ihrem sterblichen
mann nicht gesehen werden darf usw.' ich begnüge mich hier
mit dieser blofsen, meines wissens noch nie gemachten Zu-
sammenstellung. 2
S. 118 nr 25. vom Schötzerschmied- Anneli. früher schon
in Lütolfs Sagen usw. aus den fünf orten s. 70 f, hier aber mit
benutzung einiger nachträglich von Lütolf dem herausgeber mit-
geteilten Varianten. der herausgeber sagt s. 121, er habe zu
dem lied keine parallele Qnden können, ich kann aber deren vier
nachweisen, nämlich Prühle, Weltliche und geistliche Volkslieder
nr 10, von Ditfurth, Fränkische Volksliedern nr 28, Peter, Volks-
tümliches aus Österreichisch-Schlesien i 278, und ein ostpreufsi-
sches lied bei ASchottmüUer, Die krügerin von Eichmedien (Bericht
über das königl. gymnasium zu Bartenstein), Bartenstein 1875,
s. 18. es sind diese, so viel ich weifs, noch nicht zusammen-
gestellten fünf lieder^ sehr verderbte und stark von einander ab-
weichende Varianten eines liedes, welches man bezeichnen kann
als das lied von der schmiedstochter, die der teufel in ein pferd
verwandelt, auf dem er reitet, und die er von ihrem vater, dem
sie sich dabei als seine tochter zu erkennen gibt, beschlagen
lässt. Lütolf bringt s. 468 eine mit seinem lied im wesentlichen
übereinstimmende localsage: lied und prosa ergänzen die local-
tradition. s. 76 aber hat er als verwandt mit seinem lied eine
sage bei Vernaleken , Mythen und brauche aus Osterreich s. 46,
und die ihm nur aus Nork, Mythologie der deutschen volkssagen
' sowol das ehstnische märchen als auch die stellen über die Sibilla
in der höhle von Norcia , die aus Ariosto und Parini und dem Tannhäuser-
lied sind dem verf. der neuesten schrift über die Melusinen-sage unbekannt
geblieben, die schrift, die recht verdienstlich ist, auch wenn man nicht
alle ansichten des verf.s teilen kann, ist betitelt: Le mythe de la Mere
Lusine (Meurlusine, Merlusine, Mellusigue, Mellusine, Melusine, Meleusine).
Etüde critique et bibliographique par le dr Leo Desaivre. Extrait des
Memoires de la societe de statistique, sciences, lettres et arts des Deux-
Sevres. Saint -Maixent 1883.
2 in meiner anmerkung zu Kreutzwald s. 364 habe ich auf Melusine,
die Manto im Orlando furioso und die Sibilla im Guerino hingewiesen.
3 bei Chr. Petersen , Hufeisen und rosstrappen oder die hufeisensteine
in ihrer mythologischen bedeutung, Kiel 1806, s. 68 sind nur die von Pröhle
und Ditfurth veröffentlichten lieder zusammengestellt, und Schottmüller weifs
nur von dem schweizer lied, von dem er jedoch nur die Inhaltsangabe bei
Henne am Rhyn, Deutsche volkssage s. 447 kennt.
80 TOBLER SCHWEIZERfSCHE VOLKSLIEDER
s. 88 bekannte, seitdem von Scholtmiiller aao. ausführlich be-
handelte sage von der krügerin von Eicbmedien herangezogen.
nach der österreichischen sage weckte einst in einer winternacht
ein unbekannter mann einen schmied und forderte ihn auf, sein
ross zu beschlagen, und als er den ersten nagel hineinschlug,
sagte das ross: 'gevatter, nicht so tiefl' ob das teufelsross früher
ein mann oder ein weib gewesen und weshalb die Verwandlung
erfolgt ist, berichtet die sage nicht, nach der ostpreufsischen,
in mancherlei Versionen überlieferten sage holte der teufel die
betrügerische schenkwirtin von Eiclimedien , als sie sich eines
abends verschwor, der teufel solle sie holen, wenn sie die zeche
falsch gemacht habe, verwandelte sie in ein ross und ritt auf ihm
zum schmied in Schwarzenstein, den er weckte und aufforderte,
sein pferd zu beschlagen, das pferd aber sagte zum schmied:
'nur sachte, gevatter, ich bin die krügerin von Eichmedien 1' ehe
der erschrockene schmied sie beschlagen hatte, krähten die bahne,
und sie erhielt ihre menschliche gestalt wider. — viel näher
unserem lied von der schmiedstochter steht aber eine lateinische
erzählung, die WJThoms aus einer hs. des 13 jhs. in den Alt-
deutschen blättern n 76 herausgegeben und die dann ThWright
in seine Selection of latin stories nr xxxv aufgenommen hat. sie
lautet: Contigit in Anglia, quod daemon in specie hominis seäens
super jumentum nigrum venit nocte ad domuni cnjnsdam fahrt,
excitans enm, nt jumentum sunm ferraret; et cum clovos in pedes
feriret, exdamavit aninial illud, dicens: 'Leniter age , fili, qnia
niultum nie gravas.' Quo stnpe facto etdicente: 'Quis es tu?' re-
spondit: 'Ego sum mater tua, quae quia fueram sacerdotis forni-
caria, facta sum daemonis vectura.' Quo dicto disparuit cum ses-
sore suo. Merito enim fuit daemonis jumentum quae ad modnm
vixit jumentormn. — mit dieser erzählung vergleicht sich wider
ein im vergangenen jähr in der Romania xii221 — 23 zum ersten
mal herausgegebenes fabliau, welches in einer hs. aus der 2 hälfte
des 13 jhs. steht und nach dem jähr 1239 gedichtet sein muss,
da es ein ereignis dieses Jahres erwähnt, nach diesem fabliau
kommt ein teufel eines nachts zu einem schmied in der Nor-
niandie auf einer schwarzen stute geritten, lässt sich von ihm
das pferd frisch beschlagen und teilt ihm auf sein befragen mit,
er sei der teufel Maqiierel, die stute aber sei früher eine priesters-
frau (prestresse) gewesen und werde nun nach ihrem tod zur
strafe von ihm als pferd geritten. Nous amon mieus, sagt er,
a chevauchier preslresses et plus les avon chier qne destrier a roi
ne a conte, por fere leur asez de honte. — die lateinische er-
zählung und das fabliau' — sind die ältesten mir bekannten be-
lege für den in katholischen landen bis in die neuzeit verbrei-
teten glauben , dass die concubinen von geistlichen nach ihrem
* der herausgeben des fabliaus, GRaynaiul, hat s. 220 die lateinische
erzählung zur verglcichung milgcteiU.
TOllLER SCHWEIZERfSCHE VOLKSLIEIIER 81
tod des teufels rosse werden.' — ferner vergleiche man eine sage
in den von MTscIieinen und PJRuppen herausgegebenen VVal-
liser-sagen, Sitten 1S72, s. 255. nach ihr kam einst ein reiter
zu einem schmied und forderte ihn auf, sein pferd zu beschlagen,
während er im dorfe geschäfte zu besorgen habe, als er fort ist,
hebt das pferd zu sprechen an und sagt, es sei des Schmiedes
tochter, die er verwünscht habe und die deshalb der teufel reite,
es sei heute der letzte tag, an dem sie dem teufel entkommen
könne, wenn sie über 99 l'riedhöfe setze, der schmied lässt sie
natürlich frei, nach 3 tagen kehrte die tochter in ihrer wahren
gestalt wider zurück und erzählte, auf dem 99 friedhof sei der
teufel ihr nachgekommen und habe sie am schweif erfasst, sie
sei aber, den schweif in seinen bänden lassend, über die mauer
gesetzt und so entzaubert und frei geworden. — endlich habe
ich noch eine sage anzuführen, die IVZingerle, Sagen, märchen
und gebrauche aus Tirol s. 284 nr 505 aus Ulten mitteilt, auf
dem Larcherberg — so berichtet diese sage — wohnte einst eine
durch ihr ausgelassenes leben berüchtigte dirne. da kam eines
tages der teufel in gestalt eines Jägers zu ihr, ergrifl" sie, führte
sie durch die luft herab zu einem schmied und befahl diesem,
ihr eisen aufzuschlagen, als dies geschehen war, setzte er sich
auf sie und fuhr so durch die lüfte von dannen. in dieser sage
fehlt, dass die dirne in ein pferd verwandelt ist, aber es ist dies
wol nur vom erzähler vergessen. — dies sind die mir bekannten
erzählungen von dem teufelsross, das ein schmied frisch be-
schlagen muss und das vorher ein mädchen oder eine frau —
und zwar in den meisten erzählungen des schmieds tochter oder
mutter oder gevatterin — gewesen war. ob in unserem, wie
schon oben bemerkt, nur in entstellten Varianten überlieferten
lied die schmiedstochter ursprünglich auch als sacerdotis forni-
caria teufelsross geworden, muss dahingestellt bleiben.
S. 121 nr 26. der schioanewirt spnmg zum thor hinaus.
vgl. Meier nr 182.
S. 137 nr 39. untreue (und dass der loald so ßister ist).
vgl. Simrock, Deutsche Volkslieder s. 342 nr v, Pröhle nr 42,
Erk nr 229.
S. 145 nr 48. kiltspruch. vgl. HSchuchardt , Ritornell und
terzine, Halle 1874, s. 62.
S. 149 nr 54. undjetz fängt das früejahr an. vgl. Scherer,
1 man vgl. FLiebrechts nacliweise in der Germania xviii 180 — auch
von Tobler ciliert — und Petersen aao. s. 73. nach den Evangiles des
quenouilles (nouvelle edition, Paris, AJannet 1855), journee vi chap. xi —
worauf Liebrecht hinweist — soll man einem pferd, weiches sich nicht be-
steigen lassen will, folgende worte ins ohr sagen: cheval, aussi vray que
meschine de prestre est cheval au dyable, tu vueilles souffrir que je
monte sur toy. dieselbe besprechung deutsch findet sich bei KBartsch,
Sagen, märchen und gebrauche aus Meklenburg u 447 nr2056: pferd, so
wahrhaftig als des pfaffen magd des teufels pferd ist, so lass dich be-
schreiten !
A. F. D. A. XI. 6
82 TOBLEH SCHWRIZF.UISCHF, VOLKSIJF.IlF.rj
Juiiglirimnen nr 107 und die uachweise dazu, und aufserdem
vLeopiechting, Aus dem Leclirain s, 272, und C[hristop!i] Weifs,
Aus dem Volksleben, Nürnberg 1863, s. 9.
S. 151 nr 56. ei du mein schöne Margret! hättest du mich.
vgl. die von mir herausgegebenen Alten bergmannslieder nr xvi,
bes. Str. 10.
S. 152. wie-n-i ag' fange ha huse. vgl. dazu Rocidiolz,
Alemannisches kinderlied und Kinderspiel s. 156 (T (der mutter
hausbestand), worauf hr Tobler verweist, und aufserdem noch
Münsterische geschichten, sagen und legenden s. 272, LStra-
ckerjan, Aberglaube und sagen aus Oldenburg ii 81, PhWege-
ner. Volkstümliche lieder ans Norddeutschland nr 180 und 181,
Fiedler, Volksreime und Volkslieder in Anhalt-Dessau s. 36 nr 39,
Firmenich, Germaniens vülkerstimmen m 65, JDiermissen, üt de
mulskist nr 88 (vgl. auch nr 23 und 201), Korrespondenzblatt
des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung ni 58, iv 22, vnr 20,
Peter, Volkstümliches aus Üsterreichisch-Schlesien 1 47, Schleicher,
Volkstümliches aus Sonneberg s. 105, ßirlinger. Schwäbisch-augs-
burgisches Wörterbuch s. 453, Schuster, Siebeubürgisch-sächsische
Volkslieder s. 364 und 403, Schroer, Wörterbuch der mundart
von Gottschee s. 67, Hoflmann von Fallersleben, Niederländische
Volkslieder nr 184, JvVloten , Nederlandsche baker- en kinder-
rijmen , 3 veel verm.druk, Leiden 1874, s. 116 nr 24 und s. 117
nr 26, WDykstra en TGvanderMeulen, In doaze fol aide snypsna-
ren, oarde en folle fermeardere druk, Frjentsjer 1882, s. 13,
Thiele, Danske folkesagn ni(lS20) s. 163, Grundtvig, Gamle danske
minder i folkemunde ni 187, JMadsen, Folkeminder fra Hanved
Sogn ved Flensborg, Kjöbenhavn 1870, s. 144.
S. 154 nr59. niedersingerlied (wo kommt denn au der ehstand
her?), vgl. auch JHSchmilz, Sitten und sagen, lieder usw. des
Eifler volkes i 132, und RSztachovics, ßraut-sprüche und braut-
lieder auf dem heideboden in Ungern s, 42.
S. 156 nr 61. chan i nit gar ordeli tänzele? vgl. Simrock,
Kinderbuch, 2 verm.' aufl. nr 950 = 3 verm. auü. nr 1043, Pröhle
nr 93, Erk , Liederhort nr 193, Zingerle, Sitten, brauche und
meinungen des Tiroler Volkes, 2 verm. aufl. s, 239, HUunger,
Kinderlieder und kinderspiele aus dem Vogilande nr9l und 92.
S. 163 nr 67. rot, rot sind alli mini chleideli. vgl. Peter
I 220, Pogatschnigg und Hermann u nr 598, ELemke, Volks-
tümliches in Ostpreufsen, Mohrungen 1884, i 147.
S. 163 nr 68. friscli auf lool in das fehl, nicht nur auf
Mittler nr 1442, sondern auch auf nr 1510 war zu verweisen,
vgl. auch Zurmiihlen, Niederrheinische Volkslieder nr 57.
S. 172 nr 75. (streit zwischen dem ivasser und dem wein.)
vgl. Schlossar nr317 und die dazu in der anmerkung angeführten
lieder und aufserdem Sztachovics s. 137. 140. 141. Schuller,
Das todaustragen und der muorlef, Ilermannstadt 1861, s. 10
TOBLER SCHWEIZERISCHE VOLKSLIEDER 83
verweist auf einen von Schüler von Lihloi in dem von Transchen-
fels hg. Magazin für geschichte, litleratur nnd alle denk- und
merkwfirdigkeiten Siehenbürgens i 1 s. 24 mitgeteilten Wettstreit
zwischen wein und wasser.
S. 174 nr 76. o tannehanm, o tannebaum. vgl. AReiffer-
scheid, Westfälische Volkslieder nr 24 und die anmerkung s. 176
dazu, nebst meinen nachtragen im Anzeiger vi 272.
S. 176 nr 77. ich armes hdsli im wite feld. vgl. Mittler
nr 610 und Erk, Liederhort nr 57''^'' und deren nachweise und
aufserdem noch Pröhle nr 58.
S. 196 nr 8 (86). iez wei mer nidergö , achtzehn engeli mit
is 16. vgl. meine aufsätze in der Germania v 448 und xi 435 und
im Jahrbuch für romanische und englische litteratur vni 409.
S. 197 nr 10 (88). heiliger Andreas, ich hitt di, bettJaden,
i tritt di. vgl. HHarrys, Volkssagen usw. Niedersachsens ii 26
(bettspond, ich tret dich, Sand Andres, ich bitt dich), AVVitzschel,
Sagen, sitten und gebrauche aus Thüringen s. 156 (bettbret, ich
tritt dich, heiliger Andreas, ich bitt dich), EKöhler, Volksbrauch
usw. im Voigtlande s. 383 (bettbret, ich tret dich, heiliger Andreas,
dich bitt ich).
S. 197 nr 11 (89). alpsegen. vgl. JGrimm, Myth.* anhang
s. cxxxvH, ^ s. 1189, Zeitschrift für deutsche mylhologie iv26— 28,
Germania xx 437 — 39, Mannhardt, Der baumkullus der Germanen
und ihrer nachbarstämme s. 274.
S. 199. jetzt steh ich auf der abendwacht, vgl. DJäklin,
Volkstümliches aus Graubünden in 201.
S. 200 nr 3. losed, was ich euch will sage: die glogg hat
zehn uhr gschlage! lösched für und Hecht, dass gott alli mensche
wol bihüetl vgl. Jäklin aao. in Bartholomäus Krügers Spiel von
den bäurischen richlern und dem landskuecht (1580), hg. von
JBolte, Leipzig 1884, ruft der Wächter die stunde also aus
(v. 1634):
^un hört, ihr herren, last euch sagen.
Der seiger der hat zwölf geschlagen,
Bewahrt das feur und auch das Hecht,
Damit der Stadt kein schad geschieht.
aus meinen kuabenjahren erinnere ich mich des nachtwächter-
spruches in folgender fassung:
Hört, ihr herrn, und last euch sagen:
'S hat . . . geschlageti.
Bewahrt das feuer und auch das licht,
Dass kein schade geschieht.
Lobet gott den herrn!
S. 200 nr 4. stönd uf im name Jesu Christi vgl. Jäklio aao.
S. 202 nr 8. hört, ihr Christen, und lasst euch sagen: unsre
glock hat zehn geschlagen! zehn geböte schürft gott ein: lasst U7is
ihm gehorsam sein! usw. vgl. Erk, Liederhort nr 196 und
6*
84 TOBLER SCHWEIZERISCHE VOLKSLIEDER
Scherer, Jungbrunueii nr 167 imd deren nachweise und aufser-
dem ABirüuger und WCrecelius, Deutsche heder, Heilbronn 1876,
s. 30, und Jäklin aao.
S. 208, 3. wenn ein mit chatze z'acher will, so spann er
d'mns vorns. vgl. meine nachweise im Anzeiger vi 274.
Weimar. Reinhold Köhler.
Das niederdeutsche Schauspiel, zum kulturlehen Hamburgs, von Karl
Theodor Gaedertz. erster band : das niederdeutsche drama von den
anfangen bis zur Franzosenzeit, zweiter band: die plattdeutsche
komödie im neunzehnten Jahrhundert. Berlin, AHofmann & comp.,
18S4. XVI und 253 ss., xvi und 281 ss. 8**. — ä 4 m.
Wir haben bisher kein anderes die geschichte des deut-
schen drama behandelndes werk , welches in gleicher weise wie
das vorliegende auf genauer kenntnis und erforschung des zu
gründe liegenden stofl'es, bis auf die soufflierbücher und die aus-
geschriebenen rollen der Schauspieler, beruhte, ein umfängliches
und nicht leicht zugängliches material hat der in gelehrten kreisen
durch seine monographie über Rollenhagen vorteilhaft bekannte
Verfasser in der weise zu verwerten gesucht, dass er nicht nur
die geschichte des niederdeutschen Schauspiels, sondern dieses
Schauspiel selbst in ausgewählten proben dem leser vor äugen
führt, ohne die richtigkeit dieses grundsatzes anfechten zu wollen,
kann ich doch mein bedenken gegen die art, wie Gaedertz den-
selben durchzuführen gesucht hat, nicht zurückhalten, ich hätte
mir eine organische Verbindung beider aufgaben gewünscht, welche
durch eine künstlerisch abgerundete characteristik der einzelnen
dramen wol erreichbar gewesen wäre, statt dessen finde ich, je
länger ich in den beiden bänden fortlese und je mehr ich mich
der modernen zeit nähere, dass die geschichte um so mehr
zurücktritt, die characteristik hinter den banalen schlagwortern
der zeitungsrecensenteu verschwindet und oft recht äufserliche
inhaltsangaben und am anfange oder am ende herausgehobene
Stichproben von seitenlanger ausdehnung die eigentliche gelehrte
arbeit ersetzen, die historischen gesichtspuncte zumal verliert
der Verf., je näher die gegenstände zeitlich an ihn heranrücken,
um so mehr aus den äugen: er sieht blofs mehr gipfel und
Schluchten; als gipfel erscheinen ihm die Zeiten, wo das nieder-
deutsche Schauspiel gepflegt wird, als Schluchten die zeiten, wo
es von den theaterdirectoren vernachlässigt wird; an die klage
um die Vernachlässigung und den verfall schliefst sich das refrain-
artig widerkehrende und zuletzt ermüdende 'herlicber als je blühte'
usw. unvermittelt an. auch das ästhetische moment kommt hierbei
vielfach zu ktuz, wie denn bei dem verf. überhaupt das sprach-
liche und kulturgeschichtliche intcresse im Vordergründe steht.
GAEDEKTZ DAS MD. SCHAUSl'IEL 85
ohue die lobenswerte begeisterung des vert.s für seine aufgäbe zu
verkennen, wird man doch oft das gefübl nicht unterdrücken
können, dass er dem plattdeutschen drama, was das ästhetische
urteil belriÖt, kritiklos gegenüber steht; dass er alles, was platt-
deutsch ist, einfach auch für schön, und alles, was dem volke
gefällt, auch für volkstümlich im edlen sinne des wortes hält,
während in den älteren perioden die Übereinstimmung dieser be-
griffe eine gröfsere ist und die gefahr eines fehltrittes deshalb
ferner liegt, muss in den neueren zwischen den echten volks-
dichtern und volksstückeu und denen, welche dem geschmacke
des Volkes dienen , wol unterschieden werden und man wird sich
kaum entschliefseu können , jeden erfolg einer hamburgischen
posse als einen triumph der Volksdichtung zu betrachten und in
den annalen der litteraturgeschichte zu verzeichnen, die be-
geisterung nun gar, wie es Gaedertz i 21 Off tut, auf die im platt-
deutsch abgefassten kinderstücke zu übertragen, möchte noch
weniger unseren beifall finden. G. bricht, indem er eine recht
kindliche scene aus einem dieser dramen mitteilt, in welchem
der gesunde bauernbursche seinem verzärtelten stadtfreunde
gegenüber tüchtig herausgestrichen ist, in die worte aus: 'werde
jeder so gesund und vergnügt wie der kleine bauer!' — sowie er
es auch sonst an rückblicken auf die gute alte zeit oder an
klagerufen über die Verfeinerung oder die teuerung in den
modernen städten nicht fehlen lässt. es darf aber wol kein
zweifei darüber bleiben, dass die teilnähme, welche er durch
solche exclamationen heraufbeschwört, eine rein stoffliche ist
und über den künstlerischen wert oder unwert des niederdeut-
schen Schauspiels nichts entscheidet, auch an seiner eigenen
darstellung und ausdrucksweise erkenne ich dass ihm nicht der
rechte sinn für das volkstümliche und populäre iune wohnt: ich
ziehe den ton seiner ersten arbeit, welche sich nur oder haupt-
sächlich an den gelehrten wendet, dieser gattung von populärer
Schreibart weit vor, wie mich G. als forscher überhaupt vorzüg-
licher dünkt denn als darsteiler, mich stört nicht blofs die ge-
würzte zugäbe aus dem theaterjargon , wie wenn der verf. die
probe aus einem drama des 17 jhs. mit dem ausrufe 'o diese
männer!' unterbricht, sondern noch mehr das schauspielerlatein,
welches im zweiten bände so auffallend herschend ist ; beide weifs
ich an ihrem orte zu schätzen, halle aber ein werk, welches
litteratur behandelt und zur litteratur gehört, nicht für den ort,
an welchem sie zutritt haben sollten, oder findet man etwa einen
kalauer wie den folgenden etymologischen eines im edlen sinne
populären werkes würdig: 'vor allen dingen war er auf eine
äufsere restaurierung, erweiterung und Verschönerung der soge-
nannten bühne bedacht, — bedacht im vollen sinne des
Wortes, indem er auch für eine bessere schützende bedachung
sorgte'? ebenso trivial niuten uns oft die kurzen sätze an, mit
86 GAEDERTZ DAS ND. SCHAUSPIEL
welchen der verf. die mitgeteilten proben unterbricht, ind(Mn er
zugleich die niotivierung deutlich zu machen sucht; zb. i 106:
'wie kann sie das ahnen, geschweige denn wissen?'; . . ,
'und mühsam stottert sie ihren glückwunsch'; . . . 'Severin will
nicht allein glücklich sein, auch seine schwesler soll wider
imter die haube kommen; daher die diplomatische frage
an Jan:'; . . . 'der gibt die richtige und vernünftige ant-
wort:'; ... 'jetzt fasst Severin den handel beim rech-
ten ende:'; . . . 'Jan spricht lachenden mundes die grofse
Wahrheit aus'; . . . 'damit ist Severin im princip ganz
einverstanden' usw. kann man Volksdichtung ärger zerstören
als durch eine solche richtige, vernünftige, diplomatische, prin-
cipielle auslegung?
An wissenschaftlichem werte steht der erste band weil über
dem zweiten, welcher eine fleifsige, aber äufserliche aneinander-
reihung der in unserem Jahrhunderte aufgeführten plattdeutschen
comödien, mit inhaltsangaben und reichlichen proben — auch
aus ungedruckten stücken — , enthält, dagegen sind die capitel
des ersten bandes über die niederdeutschen demente in Risls
dramen und in der hamburgischen oper ausgezeichnete litterar-
historische Untersuchungen , welche manchen dunkeln punct auf-
hellen, namentlich Rists tätigkeit auf dem gebiete des drama
wird , nachdem G. seine autorschaft an der Irenaromachia aufser
zweifei gesetzt und den Perseus wider herangezogen hat, in
unseren litteraturgeschichten eine gröfsere rolle spielen, man
wird ihn als verf. von Zwischenspielen im dialecte vor dem verf.
der Geliebten Dornrose zu nennen haben und auch bei Weise
auf ihn zurückgreifen, sollten die sterbescenen, in denen baupt-
niann Hans Knapkäse eine mannschaft von lahmen und blinden
anwirbt (Gaedertz i 50), vielleicht durch Vermittlung der engli-
schen comödianten mit den entsprechenden scenen in Shake-
speares Heinrich iv, 2 teil in Verbindung stehen? hoffentlich
werden uns die versprochenen neudrucke aus dem niederdeut-
schen nicht lange auf diejenigen schaupiele Rists warten lassen,
welche Schletterer nicht vorweggenommen hat. in dem capitel
über die hamburgische oper vermisse ich die bezugnahme auf
die italienische opera bernesca und ihre intermezzi. ein solcher
hezug ist mir zb. bei dem 'carneval von Venedig' schon dadurch
deutlich, dass die bandlung nach Venedig verlegt ist; das nieder-
sächsische mädcheu Trintje ist, wie sich i s. 104 herausstellt,
nur eine in den dialect übersetzte Vespetla ; Prätorius, der verf.
des Hamburger Jahrmarktes und der Hamburger schlachtzeit, hat
auch italienische intermezzi übersetzt (vgl. meine monographie
über Weifse s. 135); 'die amours der Vespetta oder der galan
in der kiste' (i 161) verweisen deutlich auf ein italienisches Vor-
bild, das kammermädchen Margo ist wie Vespetta (Weifse 135)
die vertraute ihrer berrin in deren liebessachen usw.
GAEDEKTZ DAS ND. SCHAUSPIEL 87
Im einzelnen bemerke ich folgendes: zu i 116 Moni', is dat so,
so sunt er goden Dage nht (auch ir 204 Dien gooden Daag sünd nn
vorhi) vgl. Des knal)en wunderhorn (Arnims werke xiv 14). — 1 1171:
ähnliche actiuneu mit dem falleji lassen der schüssel usw. schon
in Weifses Mariinsgans. — i 138: dass sich Gesche als haronesse
aufspielt, ist ein motiv, welches in Weifses Projektmacher (meine
mouügraphie s. 114) widerkehrt; ebenso findet man in dessen
Singspielen widerholt ein loyales lehehoch auf könig und künigin,
wie bei Gaedertz i 160. — ii 24 zeigt ein Bärmaunsches stück
den einfluss der beliebten schicksalstragödie. — ii 258: da die
posse 'Hamburg an der Aisler' schon einmal so ausführliche be-
rücksichtigung gefunden hat, so sei auch erwähnt dass die epi-
sode von der durch Antonius mishandelten leiche Cäsars, welche
sich nicht enthalten kann , lebenszeichen von sich zu geben , auf
eine würkliche geschichte zurückgeht, welche sich bei der von
Laube bewerkstelligten wideraufnahme des Julius Cäsar in das
repertorium des burglheaters abspielte und deren beiden der wol-
beleibte alte Auschütz und der feurige junge Dawison waren (vgl.
Laube, Das burgthealer s. 166).
Vöslau, ende juli 1884. Mi>or.
LiTTERATÜRNOTIZEN.
Johannes Bolte, Bartholomäus Krügers Spiel von den bäurischen
richtern und dem landsknecht. 1580. Leipzig, Carl Reifsner,
1884. XVI und 136 ss. kl. 8^. 2 m. — mit dem märkischen
Stadischreiber und Organisten Bartholomäus Krüger hat sich die
litteraturgeschichte in der letzten zeit vviderholt beschäfligt. einem
hinweise Goedekes folgend hat Tittmann die Aclion von dem
anfang und ende der well in den Schauspielen aus dem 16 jh.
verütfentlicbt; Hans Ciawerl hat in den Hallenser neudrucken
einen sorgfältigen abdruck erfahren. Scherers artikel in der
Allgemeinen deutschen biographie gab ein wolabgeruudetes ge-
sammlbild der dichterischen täligkeit des mannes. der vorliegende
neudruck macht nun auch das wellliclie drama Krügers in will-
kommener weise dem leser zugänglich, die einleitung beschäftigt
sich kurz mit der person des dichters; stellt die quelle richtig
(nicht Schieidanus, sondern Lauterbecks Hegentenbucb); berührt
das sprachliche momeut und gibt schätzenswerte anmerkungen
zum Verständnis des einzelnen, genaueres eingehen 'auf die
innerlichen gemeinsamkeilen' der beiden Krügerscheu spiele ver-
spart der verf. auf eine zusammenhängende darstellung des märki-
schen drama im 16 und 17 jh., welche unser inleresse schon durch
die ankündigung erregt und hoffentlich bald befriedigen wird.
J. MmoR.
Georg Ellikger, Das Verhältnis der öffentlichen meinung zu
wahrheil und lüge im 10. 11 und 12 jh. dissertation. Berli»,
88 LITTERATÜKNOTIZEN
WWeher, 1884. 112 ss. 8«. 2 m. — bei benutzuug millel-
allerlicher quellen \\n\\ mau oft in erstaunen gesetzt durch die
leichtigkeit, mit der sonst ehrenwerte und fromme mäuuer lüge,
nieiueid und hiuterlist jeder art begehen oder bei ihren lielden
eutschuUligeu, und es ist ein gliickUcher griß", dass Elliuger diese
frage einmal im zusammenhange zu untersuchen unternommen
hat. ei' entwickelt dabei eine umfangreiche belesenheit in der
millelalterlichen litteratur und erörtert auch die einzelneu fälle
so, dass man zwar nicht immer aber doch meistens einverstanden
sein wird, dagegen hätte ich die auswahl und gruppieruug in
mancher hinsieht anders gewünscht, die Urkundenfälschungen
des mittelalters zb. bilden einen so bedeutsamen bestandleil der
tatsachen, um die es sich handelt, dass sie eingehender berück-
sichtigt werden musteu als hier geschehen ist. es war zu zeigen
dass die menschen damals, namentlich die mönche und geistlichen,
durch die Verhältnisse oft geradezu gezwungen wurden, Urkunden
zu fälschen, es gab oft kein anderes mittel, gutes recht vor
brutaler gewall zu schützen, wie ich das Allgemeine zeitung 1884
ur 14 s. 194 bei gelegeuheit der Widerlegung von Graueits theorie
über die enlstehung und tendenz der Constantinischen Schenkung
kurz angedeutet habe, es fehlt nicht an material zu einer solchen
ausführuug, und damit wäre ein wichtiger beilrag für die ge-
schichtliche Würdigung der frage geliefert gewesen. E. weist
behufs solcher Würdigung mit recht auf die gewöhnung an das
spielen mit sittlichen begrilfen in den scholastischen dispula-
tionen und auf die gewissensverwirruug hin , welche der streit
zwischen Staat und kirche erzeugte, weiter gehorte dahin die
Unsicherheit und unbestinmitheit der staatlichen Ordnungen im
feudalslaat, die doppelten und nicht auszugleichenden verptlich-
tungeu gegen verschiedene lehnsherrn, und endlich der kriegeri-
sche zustand der periode. im kriege gilt jede list, und eine zeit,
die so beständig im kample lebt , die selbst von dem rechtsgang
die Vorstellung des parteikampfes — sei es mit eiden sei es mit
wallen — noch nicht gelrennt hatte, freute sich der list und
billigte sie leichter auch da, wo ein au regelmäfsig friedliche
und geregelte Verhältnisse gewöhntes gewissen nur entrüstuug
empfinden kann, indessen zu einer eingehenden geschichtlichen
würtligung wäre der rahmen einer dissertation zu eng, E. hätte
deshalb besser ganz davon abstand genommen, dann wäre auch
die irrige behauptung unleiblieben, dass im 13 jh. ein um-
s(;hvvung in der öllentlichen meinung eingetreten und die sitt-
lichen begrill'e strenger geworden seien, was zum beweise an-
geführt wird, reicht entleinl nicht aus, und hier scheint mir die
methode E.s durch den ihm nun einmal einleuchtenden gedauken
gefährdet zu werden. eb(^nso wenig war grund vorhanden , das
8 und 9jh. aiiszuschlielsen. der iuuweis auf Ilincmars fälschungen,
;mf PstMulo-isiilor, auf Einharls erzählung von der erwerbung der
LITTERATÜRNOTIZEN 89
gebeioe der heiligen Marcellinus und Petrus und ähnliche Vor-
gänge aus dem 8 jh. hätten genügt, um den schein zu beseitigen,
als sei diese gleichgiltigkeit im 10 — 12 jh. besonders stark, da
es sich um eine tüchtige erstlingsarbeit handelt, so schliefse ich
mit der waruuug, dass der verf. gefahr läuft, seine sorgfältigen
Sammlungen und scharfsinnigen Untersuchungen des einzelnen
durch zu früh angestellte vergleiche und allgemeine urteile zu
gefährden. -*
Strafsburg. G. Kaufmann.
Kerdinand Khüll, Beiträge zum mhd. wörlerbuche. Separatabdruck
aus dem 15 Jahresberichte des zweiten staatsgymuasiums in Graz
vom jähre 1883/84. 40 ss. gr. 8*^. — in zwei alphabetisch ge-
ordneten Verzeichnissen legt der verf. die lexicalische ausbeute
vor, welche er aus der durchsieht der Renner hs., in der allein
Heinrichs von Mügeln Übersetzung der psalmenerklärung des Ni-
colaus de Lyra auf uns gekommen ist, und des cgm. 12, der
eine Umschrift der Notkerischen psalmenversion aus dem 14 jh.
(proben bei Docen Mise. l,32ft) enthält, gewonnen hat. aber
wenn es nach s. 4 seine absieht war, blofs solche worte nach-
zuweisen , welche in Lexers Handwb. entweder gänzlich fehlen —
diese wurden mit einem stern versehen — oder die dasselbe nur
spärUch belegt, so hätten gar manche von den angeführten, zb.
ebengetvaltic, edele, ersam, gemihtsam, die hinlänglich bekannt und
überall verbreitet sind , fortbleiben dürfen, auch werden mehr-
fach worte durch den stern ausgezeichnet, die ihn nicht ver-
dienen, zb. geezzen s. 9 vgl. L. 1,1009; geloubhaft s. 9 vgl. L.
1, 823; dtirchnehticUche s. 26 vgl. L. 1,496; gebiurde s. 27 vgl.
L. 1,764; raechaere (sic^ s. 33 vgl. L. 2,358; rnotac s. 33 vgl.
L. 2, 553 (umgekehrt entbehrt des slerns zb. bodendarm s. 7).
das hängt zum teil damit zusammen dass K. mundartliche oder
altertümliche nebenformen, zuweilen auch Schreibfehler wie haber-
scherke s. 11, principiell als selbständige und bei Lexer mangelnde
worte auffasst. die bedeutung der einzelnen beigebrachten vo-
cabeln erhellt zumeist aus dem mitgeteilten zusammenhange, in
welchem sie vorkommen, oder aus der beigefügten lateinischen
Übersetzung; hin und wider indes reichen diese stützen für das
Verständnis nicht aus (ich wenigstens errate nicht, was mit Egelant
s. 7 gemeint ist; noderwint s. 32 soW \\o\ norder loiiit sein), ganz
falsch ist s. 10 der ansatz: '*gerere st. neutr., mugitus. herre,
refse die tyer des gerbrs 107'.' aus Ps. 67, 31 increpa feras arun-
dinis entnimmt jeder sofort dass das bei Lexer 1, 886 mehrfach
belegte geroere an der stelle vorliegt. St.
KoRREsporsDENZBLATT des Vereins für siebenbürgische landeskunde.
sechster Jahrgang. Hermannstadl 1883. 152 ss. 8^. 2 m. —
der inbalt dieses bandes ist überwiegend localgeschichtlicher natur;
nur weniges berührt sich mit den interessen, welche der Anzeiger
vertritt, davon nennen wir die mitteilungen über neujahrs-
90 LITTERATUKNOTIZEN
brauche s. 5, al)erglauben s, JOO, sagen s. 133, ferner die bei-
trage verschiedener zum siebenbürgischen wörterbuche s.7 und 67,
endlich die gesundheilsregeln eines, freilich erst dem 17jh. an-
gehörigen kalenders s. 1 11".
Ernst Naumann, über Herders stil. Jahresbericht über das kgl.
Friedrich -Wilhelms -gymnasium zu Berlin (progr. 1884 nr 55).
Berlin, druck von AWHayns erben, 1884. 32 ss. 4^. Im. —
der titel kann nur in so ferne gehen, als diese scbrift teilweise
eine Vorarbeit zu einer Untersuchung des H. sehen Stiles ist. die
einleilung stellt dazu richtige allgemeine gesichtspuncte auf. der
kern des programms s. 9 ff ist ausschliefslich eine darlegung
der stilistischen Wandlungen der Ältesten Urkunde des menschen-
geschlechts. die textrevision dieses Werkes in Suphans ausgäbe
bd. VI und vn besorgte der verf. ; was er hier bringt , sind wichtige
ergänzungen zu dieser ausgäbe, die in bd. vi s. xvi f gegebene
characteristik des stilistischen Verhältnisses der beiden letzten
redactionen trilft im wesentlichen auch für die forlbildung der
älteren entwürfe zu, wie aus N.s wolgeordneter beispielsammlung
ersichtlich wird. s. 18 — 22 trägt N. zeitgenössische urteile über
den Stil des 1 bandes der Urkunde zusammen, s. 23 folgt die
erörterung, in wie weit H. bei der ausarbeitung des 2 bandes
den ratschlagen eines censors des ms. — N. macht wahrschein-
lich dass es Lavater ist — folge leistet; neben stilistischen
änderungen werden auch sachliche aufgewiesen, die der censor
empfahl, zum Schlüsse ist ein stück der in den Werken vi s. xvii
anni. 1 erwähnten paraphrase mitgeteilt, die ganze schrift ist für
die entstehuug der Urkunde, für H.s stil und den der sturni-
und drangzeit überhaupt äufserst iehrrefch. B, Seüffert.
Paul Richter, Rabener und Liscow. ein beitrag zur litteratur-
geschichte. Separatabdruck aus dem programm des gymnasiums
zum heiligen kreuz in Dresden. Dresden, vZahn & Jaensch in
comra., 1884. xxiv ss. 4". 1 m. — der verf. zieht scharf gegen
Gervinus, Vilmar, Kurz ua. zu felde, die Rabener zu gunsten
Liscows herabgesetzt haben, und beabsichtigt eine rettung R.s.
sie ist ihm gelungen und musle ihm gelingen, weil er R. kennt
und weil R. unendlich viel feinsinniger, abwechslungsreicher,
fruchtbarer an ideen und motiven ist als L. der verf. hat recht,
dies ergebnis aus seiner betrachtung der gegenstände und der
einkleidung der R. sehen Satiren zu ziehen; hat recht, das all-
gemein ethische und absichtlich unpersönliche in diesen Satiren
als einen Vorzug zu bezeichnen, wenn er auch im eifer mit L.
etwas allzu strenge ins gericht geht, R. ist zwar kein vollendeter
künstler in seiner gattung, doch innner mehr künstler als L.
irgendwo, in stolfen — vielleicht weil beiden Swift ein muster
ist — und in der auffassung der satire besteht zwischen R. und
L. manche Übereinstimmung, wie Richter geschickt nachweist, für
die beurleilung L.s lernt man aus d(!r schrift nichts neues, desto
LITTERATURNOTIZEIS 91
mehr über R. sie ist eine tüchtige Vorarbeit zu einer umfassen-
den liehaudlung R.s, woran es noch maugelt, wer sich diese
lohnende aufgäbe stellt, darf ESchuiidts fiugerzeig (Anz. v 156)
nicht übersehen. B. Seüffert.
WToiscHER, Die altdeutschen bearbeitungen der pseudo - aristote-
lischen Secrela-secretorum. separat -abdruck aus dem Jahres-
berichte des k. k. Staats -ober- gymnasiums Prag -Neustadt. Prag
1884. 36 SS. 8^. — seiner ausgäbe von Aristotilis heim-
lichkeit (vgl. Anz. ix 231) lässt hier Toischer zwei weitere in
mehreren hss. überlieferte umreimungen der Secreta folgen, ihr
ästhetischer und sprachlicher wert ist gering; dank verdient aber
die voraugeschickte einleitung, in welcher der verf. eine Zusam-
menstellung sämmtlicher deutscheu poetischen und prosaischen be-
arbeitungen des pseudo-aristotelischeu buches zu geben versucht,
freilich beansprucht dieselbe keine Vollständigkeit, sie kann schon
auf grund der gedruckten Münchner cataloge vermehrt werden,
die codd. latini 17188 und 26713 enthalten mit unerhebhchen
abweichungen eine und dieselbe prosafassung; ich setze den an-
fang nach der erstgenannten hs. (f. 97^} hierher : Daz ist die
potschaft die Aristotiles saut Alexandra dem mehligsten vnd dem
hohsten kvng wie er moht behalte seinen leip vor sichtvm die io-
hannes von hyspanne des erst vö krichisch in arabicü praht vnd
praht ez von arahico in latein vnd sande ez der k'vniginne vö
hyspanne vnd haizzet daz tavgen d^ tangenn Aristotilis I Alexander,
seit ff menschleich leip sei zeprechleich vnd seit dev selbe zeprechunge
gescheh vö dem widersatzze vn von der widerwertikeit der vier
veuhten od^ der vier dvnst so dvnket mich an disem werk daz ich
dir wolle schreiben etleichev nutzze dinc vnd aller dinge nutzze
von haimleichen kvnsten der ertznie aber ob dv an sihest daz
ebenpilde vnd die teuren stellvnge beheltest so darft dv kaines
arcztes on ob dir geschehe in streiten oder in and^n leiden daz dv
mohtest v'^meide mit kaine suche usw. dieser Epistola des Aristo-
teles schliefsen sich in beiden hss. Vorschriften über aderlass,
bemerkungen über den nutzen des Wacholders, über urin, monats-
regeln, wetterprophezeiungen, lofsbüchlein und recepte, nament-
lich gegen augenleiden, an, erst dann findet sich im codex 17188
die Unterschrift Expliciunt secreta secretorum aristotilis ad alexan-
drum , während ohne eine solche die zweite hs. mit den recepten
und einem deutschen Macer fortfährt, ferner bemerke ich dass
die s. 9f erwähnte vollständige Übersetzung der Secreta zum ersten
male 1530 im verlage Heinrich Stayners zu Augsburg erschien,
vgl. die allerdings mehrfach fehlerhafte beschreibung von Zapf,
Augsburgs buchdruckergeschichte n 191. bei demselben drucker
kam dann im nächsten jähre die von Toischer angeführte aber
ungenau beschriebene ausgäbe heraus (bl. 48^: Gedruckt zu Augs-
purg durch Heynrich Staynerj Am l.jltag Martij des M. D. xxxi. Jars),
92 LITTERATDRNOXrZEN
und 1532 eine dritte, deren titel sorgfältig von JFDegen, Nach-
trag zu der litteratur der deutschen Übersetzungen der Griechen,
Erlangen 1801, s. 82 verzeichnet ist, während JHaupts notiz VVSB
Lxxi 515 anm. und die Graesses im Trösor i 220"* verschiedene
Unrichtigkeiten enthalten. St.
Briefe JGbimms an FWBergmann in Strassburg,
MITGETEILT VON ErNST MaRTIN.
I
Cassel 18jau. 1839.
Hochgeehrter herr professor,
Ihre Zuschrift aus Paris vom 26 oct. ist mir über Leipzig
erst am ende des jahrs zugekommen, empfangen Sie für die
Übersendung Ihrer Edda meinen herzlichen dank: es ist die erste
gründh'che arbeit, die in einem dort so wenig angebauten fach
erscheint, ich finde darin gelehrsamkeit, Scharfsinn und geschmack
vereinigt. Sie legen gefühl für die poesie des alterthunis oder
der sogenannten barbarei so lebhaft an tag , dass Sie es holfent-
lich auch andern einzuflüfsen wissen und den historisch -philo-
logischen Studien dadurch beträchtlichen Vorschub leisten werden.
Bei der behandlung des textes und in den erläuterungen haben
Sie ungemein viel feines und schönes wahrgenommen. Zu einigen
fehlem hat der vorzugsweise gebrauch (den ich sonst ganz billige)
der Stockholmer ausg. verleitet, p. 328 beruht })ik sigli gaf auf
nichts als auf einem druckfehler bei Rask statt |3er; die copenh.
ausg. hat das richtige und nirgend ist ein Variante angegeben,
folglich kann auch Ihre bemerkung p. 316 nicht gelten, auf der
nemlichen p. 328 lässt sich biorreisan nicht vertheidigen,
hei Rask 62'' steht genau zugesehn auch biö r rei f a n , der millel-
strich in dem f ist zu schwach ausgefallen und liefs es Ihnen wie
ein f erscheinen, p. 322 v. 12 halte ich das en wiederum für
blofsen druckfehler, die copenh. giebt e c.
Sie reden eindringlich von dem gehalt der Lokasenna, doch
hätte ich das wesen des gedichts nicht einem lucianischen geistc
verglichen (wie allerdings nah lag, auch fassen es die meisten
so), noch weniger daraus einen schluss gezogen auf die zeit der
abfassung. Ich gestehe, dass mich überhaupt keiner der gründe
befriedigt, aus welchen Sie den Ursprung dieser lieder dem 9 und
10 jahrh. zuweisen. Freilich ist es keine kunst, sie weit älter
zu machen und vor die Völkerwanderung oder gar über Christi
geburt hiuaufzurückeu, und wer mag so unbestimmte äufserungen
billigen? Aber im 10 jahrh. war auch schon im Norden andere
Sinnesart und poetische neigung, als dass so einfache dichtungen
erst damals hätten entspringen sollen. Derber spott herscht nicht
nur in Lokasenna, sondern, was Sie auch anführen in Ilarbardsl.
und andern liedern und sai^en , aber kein sokliei' der den glauben
BRIEFE JACOB GRIMMS AN BERGMANN 93
aufheben, untergraben will, sondern daneben besteht, etwa wie
das kathol. mittelalter narren- oder osterspiele verstattete. So
schelten sich im Waltharius die beiden bitter aus, ohne dass sie
dadurch an würde einbüfsen. Verträgt doch auch die homerische
einfalt Vorstellungen des Hephästos, oder die scene von Ares und
Aphrodite, wobei gelacht und gespottet wird, ohne dass es auf
eine herabwürdigung der götter hinausgeht, wie es nach unsern
heutigen oder nach Lucians auslebten der fall sein müsste. Ich
für mein theil halte mich überzeugt , dass dem urheber der Lo-
kasenna noch keine ahnung von Christeuthum vorschwebte, und
sein werk kündigt mir noch keinen nahen verfall des heidenthums
an. Ich wage nicht ohne äufsere daten , die uns mangeln, die
abfassung der edd. lieder in sichere Jahrhunderte zu verlegen,
aber der allgemeine tact, den wir uns endlich für die beurtheilung
der alten poesie erwerben müssen , verlegt sie höher hinauf als
das 10 und 9jahrh. Ihnen leuchtet selbst die analogie zwischen
einer stelle der edda und des wessobrunuer gebets ein, das in
Deutschland dem ausgestorbneu, früher vertilgten heidenthum zu-
fällt, also viel weiter zurück weist. Die phasen der nord. mythe
und poesie verlaufen weit ruhiger und stetiger. Zu recensionen
bin ich jetzt unaufgelegt, habe auch fast alle früheren liter. Ver-
bindungen abgebrochen; mit freuden werde ich aber sonst jede
gelegenheit ergreifen Ihnen auch ofl'entl. meine aufrichtige hoch-
achtung auszudrücken. Jacob Grimm.
Ich habe kein wort über Ihr glossar gesagt: es ist sehr
tüchtig und zeugt von Ihren forschungen auf günstigste, doch
hätte ich manche einwendung wieder die mir zu weit getriebne
freiheit Ihrer etymologien.
n
Cassel 10 sept. 1839.
Hochgeehrter herr und freund,
Sie werden natürlich finden , dass ich in einer angelegenheit,
derentwegen ich gerne selbst nach dem Elsass reiste, wenn ich
jetzt könnte, mich zunächst an Sie wende. Der gegenständ muss
Sie selbst fast gleich stark reizen , und wenn Sie etwas dafür zu
thun im stände sind, so bedarf es keines weiteren sporns.
Im alten Benedictinerkloster Murbach bei Gebweiler im Ober-
elsass stecken noch unbekannte handschriften , unter welchen
möglicherweise etwas von der auf Carl des Grofsen antrieb auf-
gezeichneten altdeutschen poesie zu entdecken sein könnte. INem-
lich es fand sich ehemals daselbst ein band betitelt: de carmi-
nibus theodiscae, und warum sollte er sich nicht bis auf unsere
tage bewahrt haben ? Der jetzige bibliotbekar oder Verwalter dieses
Schatzes soll darauf wie Fafnir auf dem golde liegen, mitunter
aber pergamenten an Strafsburger Juden verkaufen. Es ist daher
vorsieht nöthig und behutsamkeit. Wer zu Colmar, Gebweiler,
^ wie man sagt, ich weifs nicht ob ausgemacht.
94 BRIEFE JACOB GRIMM? AN BERGMANN
Miirbach oder sonst in der nähe Verbindungen hätte, und ohne
aufsehen zutritt zu den handschriften erlangen könnte, würde
der Sache leicht auf den gruud kommen , und dann wäre wol
geld anzubieten.' Auf einer kleinen reise würden Sie sich bahl
gewisheit verschalTen. Vorher aber bitte ich in Strafsburg hei
andern nichts verlauten zu lassen. Mir wären ein paar zeilen
lieh, in welchen Sie mir antworten, ob Sie sich damit zu be-
fassen lust tragen? —
Ich ermittle eben, dass nichts mehr zu Murbach selbst,
sondern alles zu Colmar liegt, wohin seit der revolution alle
Murbacher hss. gebracht worden sind. Auch der catalog bei
Montfaucon bibl. bibl. 2, 1176 redet von einem prolixum carmen
heroicum auonymum.
Wie herrlich, wenn endlich noch stücke der alten epen an
den tag kämen!
Ihnen, der Sie die altnord. dichtung kennen und lieben,
gönnte ich die freude des auffindens.
Mit aller hochachtung und ergebenheit
Jac. Grimm.
Aufser dem hibliothekar sind zu Colmar wohl noch andre
employes, von denen einige auskunft zu erlangen wäre, die Sie
nicht compromiltirt.
Das Nonnenkloster Erstein Heresteiu bei Benfelden (zwischen
Strafsburg und Schlettstadt) ist die abtei, welche im gedieht von
Reinhart Fuchs, der Olbente (dem cameel) verliehen wird. Gibt
es vielleicht in Strafsburg Ersteiner Urkunden, ausweichen sich
der grund dieser tiction entnehmen liefse? Der dichter des Rein-
hart, Heinrich der Gliches.'ere, war ein Elsässer und lebte um
1150. ich trachte sehr nach näheren umständen und wäre dank-
bar für jede noch so kleine nachweisuug.
Ich lasse gegenwärtig auch Elsässer scheffenweislhümer
drucken.
in
Cassel 31 dec. 1839.
Indem ich Ihnen, hochgeehrter freund, den herzlichsten
dank erstatte für Ihre bereitwilligkeit mir über die in Colmar
vermutete alte handschrift auskunft zu geben (und Sie werden
die Sache nicht aus den äugen verlieren) ; ergreife ich eine ge-
legenheit, um Ihnen zwei angelsächsische gedichte zu übermachen.
Dem Inhalte nach sind sie freilich weit minder anziehend als die
eddischen lieder, aber ihr alter (wenn ich mich nicht teusche)
und ihre form verleiht ihnen werth genug.
Ich habe nur noch zeit die Versicherung meiner aufrichtig-
sten hochachtung zu wiederholen. Jacob Grimm.
' man niösste scheinbar nacli einem Gregorius turonensis fragen, der
aucli zu Murbacli war und nebenbei nach gedichten oder theol. hss.
EIN RRIEF JACOR GRIMMS AN FRIFDRICH HFJNRICH VDHAGF.N 95
Ein BRIEF Jacoh Grimms an Friedrich Heinrich von der Hagen.
Den nachfolgenden hrief JGrimms an vdHagen habe ich jüngst
käuflich von der buchhandlung J AStar gardt in Berlin erworben ;
ich werde ihn spüler unserer bibliothek zur außewahrung über-
geben, er ist mit deutschen huchstaben geschrieben und füllt einen
grofsen quarlbogen. man ersieht daraus dass vdHagen nach den
früheren dijferenzen noch einmal eine anknüpfung versuchte und
(kiss Jacobs hrief vom 7 februar ISll nicht der letzte zwischen
beiden gelehrten gewechselte war, wie man bisher vermuten musle
(Anz. VII 461). St,
Cafsel 13 Nov. 1819
Herzlichen Dank für Ihren Brief vom 1 August; es sey
ebenfalls vergefsen | und vergeben; womit wir Sie wifsenllich
oder unwifsentlich beleidigt haben | sollten , das bitten wir Ihnen
aufrichtig ab. Hätten Sie das Schreiben nicht ( mit der lang-
weiligen Buchhändlergelegenheit gesandt, so wäre es nicht erst)
vorgestern eingetrolTen, folglich die Antwort viel früher in Ihren
Händen | gewesen. Wie viel leichter wird man doch Irrlhiimer
los, als Fehler 1 jene | überwunden und gehegt zu haben, kann
einen ordentlich freuen, | während diese eine herbe Erinnerung
nachlafsen. Diese vergüten | Sie damit, dafs Sie zuerst den Frieden
wieder angeboten haben, | denn ich gestehe offenherzig, so ver-
söhnlich ich von Natur bin , lag mir | doch der Gedanke an eine
Aussöhnung nicht nahe, vielleicht weil ich \ Sie vorher weder
persönlich noch genau gekannt hatte, blos schrift-|stellerisch.
Es ist mir lieb, dafs alles so gekommen ist. Ihre über-[sandte
Abhandlung' ist schon vor mehrern Monaten von mir ge-|lesen
worden, die hervorbrechende milde Stimmung gefiel mir gleich |
und ich sprach damals mit Wilhelm darüber. Gegenstand und
Aus-|führung der Abhandlung kann ich hier nur mit wenigem
beurtheilen, | noch weniger werden Sie Sich durch mich in Ihrem
Wege stören lafsen; | auch ist mir verschiedenes einleuchtend
und recht, anderes nicht. | Kannes Schriften habe ich vor fünf
oder sechs Jahren mit Begierde | gelesen- und bin seitdem davon
abgekommen. Seinen frommen | Ernst ehre ich noch höher als
seine Gelehrsamkeit; Schubart (Alles und | neues pp) ist mir aber
viel lieber und ansprechender gewesen. | Die Resultate der kan-
nischen Methode zu etymologisiren kann | und will ich nicht
leugnen und glaube wohl, dafs sie noch halten | können, wenn
man ihre anscheinenden Stützen wegräumt, | denn sie haben im
Grund andere, sodafs jene nur als Noth-| (^s. 2) Nolhbehelf (sie)
betrachtet werden müfsen. Dieses Wegwerfen, dieser Nolhbehelf]
' üie Nibelungen: ihre hedeutung für die gegenwart und für
immer, Breslau 1819. ^ vgl. hrief an Gö/'res vom b december 1811
(ii 261 ^^, auch Freundesbriefe 212 und Scherers JGrimm s. Gl f.
96 EIN BRfEF JACOB GRIMMS AN FRIEDRICH HEINRICH VDHAGEN
hat für mich aber etwas unbehagliches, Kanne arbeitet mir nicht |
irdisch genug, zu geschwind und unsicher; ich finde, sobaUl ich
mein | eignes Studium, das mir, wenn ich es mit Treue und
Ernst I gelrieben habe, doch etwas werth seyn muf's, in sein
Gerüste ein-|tragen will, keinen rechten Platz; ja seine Vorrich-
tungen erschei-lnen mir dann deutlich im Einzelnen falsch. Zu
Gottes Erkenntnifs | braucht es keiner Wifsenschaft, wir spüren
ihn in allen Dingen | und dem Blinden reichte sein Ohr, dem
Taubstummen sein Auge | hin, um ihn zu fühlen; was wir
Menschen Wifsen u. Gelehrtheit nennen, | ist, dafs wir uns, jeder
nach seiner Gabe und Weise, eigenthümliche | Wege bahnen, auf
denen wir ihn auch fühlen können; die Mittel dazu | sollen wir
aber einschlagen mit gröfster Wahrheit und Genauigkeit, | ohne
welche alle menschliche Untersuchung werthlos bleibt. Um auf |
Ihre Betrachtung der Nibelungen zu kommen, so würde mir,
nach dem ] jetzigen Standpunct, eine beschränktere und genauere
Erforschung des | Einzelnen auch für das Ganze mehr beweisen;
so mufs ich manches | für in die Luft gebaut, manches für par-
teiisch halten; die Heraus-lhebung eines christl. Princips ist zu
weit getrieben und ich zweifle, dafs | Schubarth (defsen vor-
nehmer, Gothen geschickt nachgeahmter Ausdruck | mir noch
mehr misfällt, als seine Ansicht der Sache) oder Güthe | dadurch
zu Ihnen bekehrt werden. Doch haben Sie Sich der Schrift |
nicht zu schämen , sie enthält scharfsinnige und einzelne | über-
zeugende Wahrnehmungen. Einiges hatte ich meinerseits | auch
bemerkt, zB. die merkw. Einstimmmung altdeutscher Zahlen-|
verhältnifse zu den indischen.
Der Beifall, den Sie über meine noch sehr mangelhafte |
(s. 3) Grammatik äufsern , thut mir wohl und ist mehr als ich
aus dem | Munde eines bisherigen Gegners je erwartet hätte.
Meinerseits | gebe ich mir alle Mühe , das etwas (darauf in aus-
gestrichen) geschmeidiger gewordene | grammatische Eisen warm
zu halten und seit dem Jahr, das nach | Beendigung des ersten
Theils verflofsen , ist kaum eine Woche ver-|flofsen, wo ich nicht
umzuarbeiten und zu befsern vollauf gefunden | hätte. Bei näherer
Bekanntschaft mit dem Buche werden Sie schon | merken, wie
oft und wo es hapert. Der zweite Theil soll, so Gott will, | das
nächste Jahr folgen und denke ich etwas heiser werden. Auch
in I der äufsern Anordnung; der erste mufste bogenweise ohne
Concept I in den Druck geschrieben werden, so dafs sich befserer
erlangter | Einsicht ungeachtet vieles gar nicht ändern liefs. Ein
Haui)tfehler | ist das VVegbleibeu der Buchstaben und Lautlehre,
die umständlieh hätte | dargethan und überall (wie nicht geschehn
ist) befolgt werden sollen ; doch | holTe ich nun viele Begeln
befser entwickeln zu können. Zum Theil | gebrach es an Typen.
Mittlerweile lerne ich aus Rasks a. s. Gram-|matik, aus der
schwedisciien Aufl. seiner isländischen und aus seiner 1 Preisschrift
EIN BRIEF JACOB GRIMMS AN FRIEDRICH HEINRICH VDHAGEN 97
vieles zu ; dieser Rask ist in einigen Puncten gelehrter | und tüch-
tiger, als wir alle. Meine Meinung vorn Irans, und intrans. |
Verbum wird Theil 2. umständlich vorgelegt, in der VVortbil-
dungs-|lehre hat dieser Unterschied Einflufs, aber keinen in der
Formlehre oder | eigentl. Coujugation. Viele Transitiva stammen
allerdings | vom Prät. Intrans., andere müfsen aber auch aus dem
Präsens | abgeleitet werden. Meine 3 u. 4te schwache conj. be-
fafsen | gröfstentheils wahre Intransitive. — Glauben Sie, dafs
sich in ] einem altdeutschen Denkmale beide Formen f'rug und
fragte zusam-jmen und in verschiedner Bedeutung vorfinden?
ich zweifle. Aber | ich hoffe jetzt selbst Spuren eines Futurums
nachweisen zu | (s.4) [können,]^ das io unsern ältesten deut-
schen (über der zeile nachgetragen) Sprachen so unbegreiflich
ausgegangen | zu seyn scheint. — Ein blofses Versehen war es,
dafs die Part, Prät. | gewizzen, gegunnenpp nicht angegeben
worden sind, Sie werden | bemerkt haben, dafs merkwürdiger-
weise von einigen derselben | die (consequentere) schwache Form
daneben im 13 Jahrb. be-^standen hat, namentl. gewist. Es
darf heifsen: ich han gewizzen | und ich han gewist.
Auf den vierten Band Ihrer Reise,- worin S, Galler Excerpte|
seyn werden, bin ich begierig. Ihre Recensionen von Arndt)
und Mone in den Wiener Jahrb. ^ habe ich zwar gelesen aberj
zu flüchtig (und ich halte die Zeitschrift nicht) als dafs ich | dazu
Bemerkungen machen dürfte, wiewohl ich gegen manche | Be-
hauptungen etwas auf dem Herzen habe, z. B. Ihre Erläuterung]
des doppelten u. Es ist mir erfreulich, dafs Ihre grofse Nib, |
Ausg, sobald fertig wird; Schlegel hat sie wohl für immer auf-
gegeben. I Wegen der Übersetzungen , ob sie heilsam oder nicht,
wollen wir uns | nicht unnülhig bestreiten, ich leugne unsrer Zeit
innern Drang | dazu ab in Fällen , wo Sie ihn (ausgestr. a) an-
nehmen. Gegen den deutschen ] Shakespeare bleiben mir aller-
dings Einwendungen übrig und ] Vofsens neuer, steifstelliger
bietet wohl neue Argumente her; ) der deutsche Calderon^ ist
noch weniger zu schützen, und die Müllner, | Donna Diana p^
machen jetzt unsre Bühne noch langweiliger, Über-lsetzungen,
wie ich sie gelten lafse, müfsten auch nach ihrem ümdichterl
(wozu ein wahrer Dichter gehört) überschrieben werden, nicht
mehr nach | dem alten Autor, Es scheint mir, dafs ich in
unserer heutigen Poesie | schnäupischerf- bin, als Sie; au Fouque
kann ich mit dem redlichsten | Willen nichts, was mich er-
baute, finden,
Seyn Sie aufrichtigst gegrüfst. Jacob Grimm.
' fehlt. 2 Briefe in die heimat, Breslau 1S21 ; enthält indes
nichts über oder aus SGallen. ^ 1 (1818) s. 170, 5(1819) *. 262.
* es kann sowol die iibersetzung von Gries wie die von vdMals-
hurg gemeint sein. ^ vgl. Goedekes Grundriss iii 372. 574. ^ Hil-
mar Idiotikon 361.
A. F. D. A. XI. 7
98 NOTIZEN
Zl- Zs. 2S, 376.
KBreiil hat aao. deu separatabdnick des Schillerscheu auf-
satzes Über den moralischen nutzen ästhetischer sitten in genauer
Zusammenstellung aller abweichungen mit dem Wortlaut des hetr,
passus in den briefeu an den herzog von Augustenburg verglichen,
zu dieser höchst dankenswerten leistung möchte ich nur eines
bemerken, und zwar zu dem aufangssatze, 'schon Urlichs' habe
darauf hingewiesen, dass jener aufsatz diesen briefeu entnommen
sei: es hat nämlich bereits KTomaschek (Schiller in seinem Ver-
hältnisse zur Wissenschaft 1S62 s. 245 fj vermutet dass der
aufsatz aus den briefeu an den Augustenburger stamme (wie die
andern, auch von ürlichs, Rundschau S, 381 f, genannten auf-
sätze Von den notwendigen gränzen des schönen , Über die ge-
fahr ästhetischer sitten und Über das erhabene), diese Vermutung,
die Tomaschek aus inneren und äufseren gründen, aber ohne
striugenten beweis, geschöpft hatte , ist durch die auffindung der
briefe glänzend bestätigt worden. Urlichs und Breul haben sie
übersehen; es mag aber wol am platze sein, bei dieser gelegen-
beit dem gehaltvollen, den grösten in der Schillerforschung ge-
machten fortschritt darstellenden werk Tomascheks die gebürende
ehre nachträglich zu geben.
Stuttgart. Hermann Fischer.
Schönbach macht darauf aufmerksam dass die soeben in der
Germ. 29, 402 f nach einer abschritt des hrn AJeitteles mitgeteilte
reimerei über die 15 zeichen des jüngsten gerichts längst aus
der gleichen Grazer hs. in der anm. zu s. 283, 1 fl' von Diemers
Deutschen gedichten gedruckt steht.
Der in Wagners Archiv i 332 ff beschriebene druck der
SDorotheenlegende, welcher später (s. Germ. 24, 3S2) von Albert
Cohn in Berlin ausgeboten wurde, befindet sich zur zeit im be-
sitze der antiquariatsbuchhandlung Gilhofer &Ranschburg, Wien i,
Bognergasse 2.
Am 7 august 1884 ertrank beim baden zu Binz auf Rügen
Franz Lichtenstein im fast vollendeten 32 lebensjahre. seine
lehrer beklagen den tod eines dankbaren und treuen schülers,
seine freunde den eines jeder zeit zuverlässig erfundenen ge-
nossen ; die Wissenschaft hat einen ihrer hoffnungsvollsten jünger
verloren.
An der Universität Göttingen wurde der privatdocent dr Fried-
rich Bechtel zum ao. professor ernannt.
tXc evA^^^ fU^venf pCl^f^W^t^
^^^^Ä rmSar««"«-'^**' '^**^ '•**"
Huodlieb'Fol. 26b und 12b.
ANZEIGER
FÜR
DEUTSCHES ALTERTHUM UND DEUTSCHE LIHERATUR
XI, 2 MÄRZ 1885
Mittelhochdeutsche giammatik von Hermann Paul, zweite aufläge. Halle,
Niemeyer, 1884. iv und 1G2 ss. 8". — 2,60 m.
Die erste ausgäbe erschien 1S81 und ist in unserem Anzeiger
VII 305 von Franck kurz characterisiert worden, ich muss mir
vorwerfen dass ich durch eine höse einzelheit, die mir gleich ins
äuge fiel und die meinen lebhaften Widerspruch herausforderte
(sie soll sofort uäher erörtert werden), den geschmack an dem
buch überhaupt verderben liefs. ich habe jetzt beide ausgaben
gelesen und eine menge wertvoller bemerkungen, auch den Vor-
trag im allgemeinen klar und vielleicht nicht für anfänger überall
auf das zweckmäfsigste eingerichtet, aber für unser einen durch-
weg anregend gefunden, die beständige rücksicht auf das nlid. ist
nicht nur didactisch sehr richtig, sondern ergibt immer zugleich
wissenschaftliche beobachtungen zur characteristik unserer heu-
ligen spräche, wenn ich das buch so im ganzen schätze, so
muss ich freilich den Widerspruch im einzelnen um so schärfer
geltend macheu.
Wir waren bisher doch in der läge, mittelst der grammatik
eine elementare tatsache, die jedem in der mhd, poesie bald ent-
gegentritt, vollkommen befriedigend aufzufassen: den unterschied
zwischen einem zweisilbigen stumpfen und einem klingenden reim,
wie soll man dies mit Pauls grammatik in der band bewerkstel-
ligen? wir durften sonst in der metrik an die grammatische Un-
terscheidung zwischen tonlosem (nicht unbetontem, wie Paul s. 7
schreibt; Beitr. 8, 187 stand noch das richtige) und stummem e
anknüpfen, diese aber ist hinfällig, wie Paul s. 7 erklärt, und
wir werden auf Beitr. 8, 187 verwiesen, wo derselbe Paul sie für
'nichtig' erklärt, einen beweis dieser nichtigkeit kann ich durch die
belehrungen, die wir aao. empfangen, nicht erbracht finden. Paul
liebt es seine gescheidheit in ein glänzendes licht zu setzen, in-
dem er annimmt dass alle anderen leute gedankenlos wären und
von den meinungen dieser anderen leute ein bild entwirft, wel-
ches eine solche annähme in der tat rechtfertigen würde.
Ich überwinde mich auf dit; betrachtungen der Beitr. 8, 181 ff
noch ein w^nig einzugehen, obgleich ich auf Roediger DLZ 1881
sp. 1699; Anz, ix 333 verweisen könnte.
Die ofTenbarungen auf s. 181 f fassen sich in dem satze zu-
sammen: 'wir dürfen den mhd. dichtem keine anderen formen
zutrauen als solche, die aus der Volkssprache aufgenommen sein
A. F. D. A. XI. 8
100 PAUL MITTELHOCHDEUTSCHE GRAMMATIK
können', es handelt sich um gekürzte formen : vgl. Mhd. gramm.
§ 62, Zusatz der zweiten aufläge, man sollte nun meinen, Paul
werde eine Sammlung gekürzter formen, die sich in handschriften
und reimen finden, angelegt und daraus Schlüsse gezogen haben,
das fällt ihm aber gar nicht ein. wenn er Zs. 21, 481 f auf-
schlagen will, so wird er sich überzeugen dass ich die erwägungen,
die er Beitr. 8, 181 f anstellt, notwendig auch muss angestellt haben,
dass ich aber um eben dieser erwägungen willen nach beispielen
von starken kürzungen suchte und auf solche verwies, auch ich
glaube dass die kürzungen der dichter auf kürzungen der Volks-
sprache beruhen; kürzungen sind verhältnismäfsig spärlich über-
liefert, weil die Schreiber nicht die gesprochene spräche getreu-
lich widergaben; aber die kürzungen, die ihnen entschlüpften,
reichen aus, um die kürzungen, die Lachmann annahm, zu recht-
fertigen, wie viel ein dichter zuliefs und wann, das können wir
allerdings nur aus dem metrum entnehmen, wir haben also nicht
den mindesten grund, hier von Lachmann abzuweichen.
S. 183 'sobald ein e durch die lautentwicklung verschwun-
den ist, kann es doch für den dichter ebenso wenig in betracht
kommen, als wenn es niemals vorhanden gewesen wäre.' ganz
gewis! und Lachmann war so dumm, das nicht einzusehen? er
war natürlich der ansieht dass ein dichter, der ein e au einer
bestimmten versstelle nicht schwinden lassen wollte, die form mit
e nicht blofs noch kannte, sondern auch für die eigentlich regel-
mäfsige hielt. Lachmann suchte aus der metrik die feinere eigen-
heit der spräche zu lernen, während man heute, im cultus des
buchstabens befangen, die metrik nach der zufällig überlieferten
Schreibung beurteilt.
S. 185 'jedenfalls ist silbenverschleifung nichts als ein wort,
dessen erfindung und anwendung man beklagen muss, wenn es
zu der meinung verführt, dass es nun nicht mehr nötig sei sich
die Sache selbst klar zu machen.' soll doch wol heifsen dass sich
noch niemand die sache recht klar gemacht habe. Paul fragt,
ob das e in einem solchen falle ausgesprochen werde oder nicht,
er entscheidet sich für ausspräche und ist dann so freundlich zu
erlauben dass man auch künftig von silbenverschleifung spreche,
'so lange man damit keine andere Vorstellung verbinden will, als
dass in einem dreisilbigen fufse die beiden ersten silben nur so
viel Zeitdauer in anspruch nehmen dürfen als in einem zweisil-
bigen die erste allein.' dies alles und vieles andere in einem tone,
als wenn es noch niemand gewust hätte, da es wol hauptsäch-
lich wider die 'Lachmannsche schule' sein soll, welche sich, in
blinder nachbetung mit einem worte zufrieden, die sache nicht
klar gemacht hat, so darf ich bitten, nicht ganz übergangen zu
werden, was zGDS'' 633 über die verschleifung steht, genügt viel-
leicht um zu beweisen dass ich darüber nicht viel anders als Paul
denke und dass ich selbst seinen s. 190 geäufserten ansichten über
PAUL MITTFXHOCHDEÜTSCHE GRAMMATIK 101
die verschleifung in der Senkung nicht principiell feindlich gegen-
über stehe; aber dass man Lachniann so kurzer band widerlegen
könne, wie sich Paul das denkt, glaube ich allerdings nicht, in
meinen Vorlesungen über metrik habe ich die verschleifung immer
ähnlich erklärt, wie es Paul s. 186 und 190 tut (vgl. auch zGDS' 81).
sehen wir die hebung als eine halbe, die Senkung als eine Viertel-
note an, SO wird bei verschleifung auf der hebung die halbe note
durch zwei viertel, bei verschleifung auf der Senkung die Viertel-
note durch zwei achtel ersetzt, die siiben, welche den beiden
achteln entsprechen , müssen von besonders leichter nalur sein,
welche Silben leicht genug sind, darüber haben möglicher weise
verschiedene dichter verschieden gedacht, umfassende beobach-
tungen darüber wären erwünscht; aber ob sie ein reines resultat
liefern werden, darf man bezweifeln, es werden vermutlich manche
fälle übrig bleiben, die einer doppelten beurteilung unterworfen
sind, da mit der möglichkeit starker kürzuug gerechnet werden
muss.
Den unterschied zwischen tonlosem und stummem e nun (s. 187)
hat meines wissens nie jemand anders aufgefasst als Paul es tut,
dh. man hat immer den hauptwert auf die uatur der vorhergehen-
den silbe gelegt, soll die lerminologie getadelt werden, so lägen
berechtigte bedenken eher gegen die bezeichnung 'tonlos' als gegen
die bezeichnung 'stumm' vor. denn im sinne der Lachmannschen
betonungsregeln entspricht das tonlose e einer tieftonigen silbe
des ahd. und trägt noch im mhd. einen nebenaccent. aber ich
halte jede terminologie für gut, sobald sie unzweideutig und ein-
gebürgert ist; und die freude an neuen terminologien, welche bei
manchen gelehrten so grofs ist, habe ich nie begriffen, dass nun
das tonlose und das stumme e auch ihrer eigenen beschaffenheit
nach verschieden sind, darüber hat Roediger hinlänglich gespro-
chen; und die neigung zum verstummen rechtfertigt den namen
des 'stummen' e.
Noch weiter als Paul scheint hier Wilmanns im Widerspruche
gegen Lachmann und im cultus des buchstabens zu gehen, indem
er (Walther^ s. 44) versetzte oder schwebende betonungen wie
sumer, dise annimmt und sie auf eine linie mit bettet singet stellt.
Indem ich auf eine weitere discussion des zweiten dem ac-
cent gewidmeten capitels verzichte und mich dem übrigen inhalte
des buches zuwende, lege ich Verwahrung ein gegen das jähr 1100
als gränze zwischen ahd. und mhd. (s. 2) und gegen die äufse-
rungen auf s. 3, welche des verf.s längst widerlegte ansieht über
die mhd. Schriftsprache festhalten, die baierischen diphthonge,
wenigstens ou für n, sind nicht 'schon im xnijh.' (s. 42), son-
dern bereits im lljh. vorhanden.
In bezug auf die ausspräche des e und e acceptiert Paul s. 5
die ansichten von Franck Zs. 25, 218. vgl. dazu § 43 anm. (zu-
satz der zweiten aufläge).
8*
102 PAUL MITTELHÜCHDELTSCHE GRAMMATIK
Die sonstigen abweichungeu der zweiten von der ersten auf-
läge innerhalb der laut- und flexiouslehre zu erwähnen, bietet
kein hinlängliches interesse dar. dass jetzt von o-släuimen statt
von a-stämmeu geredet und demgemäls auch die urgernianischen
grundfornien angesetzt werden, kann ich durchaus nicht hilligen ;
der standpunct des germanischen wird damit ganz unnötig ver-
lassen (lies § 132 'rf-stämme', § 135 und 136 'a-dechnation'; § 133
'wo das nhd.').
Die hauptabweichung der zweiten aufläge von der ersten
besteht in dem versuch einer mhd. syntax, durch welche Paul
das buch bereichert hat. Paul gefällt sich zwar in einem absicht-
lich unsystematischen Vortrag; das System von Miklobich ist für
ihn nicht vorhanden, obgleich sich leicht zeigen liefse dass seine
eigene betracbtungsweise darauf hindrängt, aber wenn der Vor-
trag auch noch viel unsystematischer wäre , wenn man auf we-
sentliche liickeu oder arge fehler stiefse: so niiiste jeder gerechte
beurteiler sich des geleisteten freuen und dem verf. dafür danken,
hier ins einzelne zu gehen, ist mir zu meinem bedauern unmög-
lich, an der wunderlichen ausdehnung, die im § 183 dem he-
grilTe der adverbialen bestimmungen gegeben wird, muss sich nie-
mand stofsen: die sache hat keine schlimmen folgen.
Berlin, 11 november 1884. W. Scherer.
Mittelhochdeutsche grammatik von dr Karl Weinhold, zweite ausgäbe. Pa-
derborn, Schöningh, 1S83. xii und 604 ss. S**. — 8 m.*
Wenn ein buch von der anläge des vorliegenden bereits nach
sechs Jahren eine neue aufläge erlebt, so spricht das deutlich für
seinen grofsen wert, wie schon in seiner früheren ist das buch
daher auch in seiner jetzigen, äufserlich und innerlich verbesser-
ten gestalt von allen Seiten mit beifälligstem danke aufgenommen
worden.
Jede Seite der neuen ausgäbe lässt die nachbessernde band
erkennen; die beispiele, die den hauptwert des Werkes ausmachen,
sind teils aus früher schon benutzten, teils und hauptsächlich aus
neu zugänglich gewordenen (juellen stark bereichert worden, der
umfang des buches ist von 523 auf 604 selten gestiegen, in so
fern die bcreicherung besonders dem md. und fränkischen zu
gute kommt, legt sie zugleich Zeugnis ab für die erfreuliche tat-
sache, dass das interesse sich jetzt mehr diesen dialecten zuge-
wandt hat. in sprachlicher hinsieht ist zu wünschen dass ihr
Studium sich immer selbständiger vom mhd. mache, namentlich
[* vgl. Litt, centralbl. 1881 nr 4. — Gott. gel. anz. 1884 nr 11 (MRoe-
diger). — Litteraturbl. für gerni. und rouiaii. philologie 1884 sp. 89 (üBe-
hagl.el).]
WEirSHOLD MIII». GRAMMATIK 103
der geschichte der diphthougieruug des t^, u und in uüd den
schicksaleu der diplilbouge ie und uo ist jetzt ein grüfserer räum
gewidmet; Bechs arbeit (Zeitzer programm 18S2) hat zusätze ver-
anlasst in § 373 und 401 (gegen '356 und 384; aber Gregor 775
ist sicher ellipse anzuuebmeu) ; einiges neue steht auch § 495 und
§ 509 im letzten absalz. vgl. ferner zb. die belege in § 204 gegen
M86, § 236 gegen '218, § 394 s. 425 gegen '§ 377 s. 371. eine
nicht zu billigende änderung findet sich im § 73; die erkläruug von
vennf Vidi, in '§ 119 war richtiger, sehr zum vorteil des buches ist
das register beinahe aul den doppelten umfang gebracht, nach dem
Vorgang der Kleinen mhd. grammatik ist in einem puncte auch
die aoorduung wesentlich geändert worden: in der darstellung
des vocalismus werden jetzt die einzelnen laute unter den ihnen
zu gründe liegenden ahd. oder europ. behandelt, während in der
ersten aufläge die gleichartigkeit der resultate das einteiluugsprin-
cip bildete, in folge dessen behandeln nun die §§ 76 — S8 auch
die vocale der nebensilben im Zusammenhang; freilich finden sich
dieselben merkwürdiger weise zwischen den kurzen und langen
vocalen mit dem nicht passenden titel 'irrationale vocale' eingefügt.
Was die erste aufläge lehrte, ist also in seiteneu fällen mo-
dificiert, in sehr vielen durch weitere belege befestigt, aber man
kann nicht sagen dass der Verfasser viel seitdem neu gelerntes
vortrage, die grammatischen arbeiten der letzten jähre, welche
von ihrem allgemeineren staudpunct aus gerade auch die erkennt-
nis der germ. sprachen so sehr förderten, sind zwar grofsenteils
eingetragen, aber mau merkt nur selten dass sie befruchtend ge-
wüi'kt haben, sogar ein rückschritt gegen die frühere aufläge ist
zu verzeichnen, während in dieser der § 330 sich dazu verstand,
die reihe a 6 von den e-reihen zu trennen, nimmt jetzt § 346 die
erstere wider als vierte a-reihe auf. also ein allseitig anerkanntes
resultat der Sprachwissenschaft, die lehre von dem schon in der
grundsprache waltenden unterschied zwischen a und A, die auch
von eminenter practischer bedeutung ist, indem sie dem lernen-
den da harmonie zeigt, wo er sonst durch eine lästige dissonanz
gestört werden würde, ist geopfert, wozu, muss man fragen, an
auslebten festhallen, die endgiltig von der Wissenschaft zurück-
gewiesen sind, zb. au den grundvocaleu aiu, an den § 17 be-
sprochenen nebentönen ? warum soll durchaus das md. mit e gegen-
über hd. i einen älteren zustand bewahrt haben, während es doch
tatsache bleibt dass i bereits gemeingermanisch war? wie muss
sich W. im § 46, und doch ohne erfolg, der entgegengesetzten an-
* gegenüber dem aus der seltentieit der bindung von neuem mit altem
ei gezogenen Schlüsse, dass die dichter das erstere als 'nicht Schriftdeutsch'
gemieden hätten, ist vorsieht geboten, es hat ja, wie W. selbst vermutet,
Wahrscheinlichkeit dass die laute sich nicht ganz deckten (vgl. s. 107); mit-
hin besteht die mögiichkeit dass die reime deshalb gemieden wurden, die
s. 102 (vgl. § 118) dargelegten tatsachen scheinen mir mehr für diese auf-
fassung zu sprechen.
104 WEINHOLD MHÜ. GRAMMATIK
sieht ZU liebe wiudeu ! wenu indog. i md. zu e wird, warum dann
nicht auch germ. i? in 6inera lalle dürfte das tränk, e allerdings
älter sein als hd. i, in der 1 p. sing. ind. praes. der verba wie
geben, Stelen, tcerfen. aber die Zimmer-Paulsche erklärung wird
nicht etwa angenommen, ist denn diese erklärung des nur hd.
und Sachs, i gegenüber dem lautlich gerechtfertigten und in den
anderen germ. sprachen würklich vorhandenen e in der tat we-
niger wahrscheinlich und gesichert als die herleituug der partikela
dd und sä aus tati^d und satrd (§ 24) oder vieles andere hier ohne
bedenken vorgetragene? dass die verbalabstracta wie trip, grif,
hiz keine «-stamme sind (§ 54), müssen schon die analoga hrnch,
Spruch und guz, ßuz, zuc lehren; auf ihre eigeuschaft als «-stamme
ist oft genug hingewiesen worden (vgl. Braune im Litter. centralbl.
1882 sp. 575; Auz. viii 318; Sievers Ags. gramm. § 263; meine
Mnl. gr. § 176). das richtige über das b in zimbar (aus zimr-)
(§ 260) lehrte bereits Holtzmann Altd. gr. s. 314. das nicht sehr
schwierige Verhältnis von quellen und queln behandelt im Zusam-
menhang Paul Beiträge 7, 114 If; hier aber heifst es, queln sei
'aus dem positiouslangen quellen in der regel gekürzt', meine Un-
tersuchung über e und e (Zs. 25, 218) wird zwar erwähnt, aber
die richtige ansieht (die, nebenbei bemerkt, auch Heyne in seiner
Altgerm, gramm. deutlich ausspricht) zurückgewiesen; ohne rück-
sicht darauf figuriert loellan weiter, für welches Sievers jetzt (Bei-
träge 9, 564) in allerdings wol unvermeidlicher consequenz loal-
jan als grundform ansetzt, was hat man denn — ich erwarte die
antwort auf diese frage — für e geltend zu machen? bis heute
ist auch nicht die spur eines gm u des beigebracht worden, und
die annähme von xoellen setzt, ob man nun e richtig als ä, oder
falsch als e' fasst, in den talsachen die crassesten Widersprüche
voraus.
Dass der referent die volle anerkennung der resultale der
Sprachwissenschaft bei grammatischen darstellungen für notwen-
dig erachtet, hat er früher deutlich genug ausgesprochen; vgl. be-
sonders die recension Anz. viu 312 fl". demgemäfs muss sich auch
sein urteil über dieses buch gestalten, wenu Weinholds werk
vielleicht auch für alle zeit genügend bleiben sollte als übersicht-
lich angelegte materialsammlung zum Studium der mhd. und md.
litteratur, so ist doch das problem einer mhd. grammalik in dem-
selben nicht gelost, weil es sich aber um eine trotzdem wert-
volle leistung handelt, fühlt referent, getragen von dem wünsche,
auch die mangelhaften seilen noch einmal ergänzt zu sehen, sieh
veranlasst, auf früher gesagtes zurückzukonnnen.
Warum will man mutwillig die schranken, welche in folge
der ausbreitung der eiuzelnen disciplinen leider schon vorhanden
sind, noch vermehren? mau hat in nnvcrblilmter weise von einem
unterschiede gesprochen, der tatsächhch nicht besteht, wenigstens
nicht so, wie man ihn darstellt, einem unterschiede zwischen philo-
WEINHOLD MHD. GRAMMATIK 105
logischer und sprachwisseüschal'tlicher oder liuguislischer grain-
matik. wir wollen davon absehen dass darin eine unberechtigte
beschränkuDg für die philologie liegt, der, sobald sie sich uni-
versell fühlt, die spräche, als äufserung des menschlichen geistes,
auch unmittelbares object sein muss, geben wir aber einmal
zu dass dem philologen die spräche nur mittel sei. er konnte
sich allerdings mit einer kenntnis des jeweiligen Sprachbestandes
begnügen, mit einer übersieht, so weit sie erforderlich ist, um
eine vorkommende form zu rechtfertigen, seine grammatik hätte
sich nicht darum zu kümmern, ob ein e jemals ein a war, von
der lautverschiebung würde sie nicht berührt, die deutsche gram-
matik hat sich nie in diese schranken gebannt, weil mit der germ.
philologie zugleich die Sprachwissenschaft geboren wurde und
weil bei der darstellung sowol wie beim lernen die genetische
methode unendliche vorteile bietet, hat man nun das recht, auf
halbem wege stehen zu bleiben? die practische grammatik darf
sich beschränken, soweit sie es für practisch erachtet, aber sie
darf nichts lehren, was den resultaten der Sprachwissenschaft wi-
derspricht; sie hat kein recht, dinge als gleichartig zusammen-
zustellen, von denen man weifs dass sie nichts mit einander zu
tun haben, oder ein e als epeuthetisch zu bezeichnen , von dem
nachgewiesen ist dass es schon vor tausenden von jähren bestand,
den beweis, dass die practische grammatik ihre zwecke bei Ver-
meidung solcher fehler nicht ebenso gut erreichen würde, ist man
bisher schuldig geblieben, wer nach anderen richtungen hin
solche leistungen aufzuweisen hat, wie W., dem darf man es nach-
sehen, wenn er die speciell sprachwissenschaftliche litteratur nicht
ganz umfasst; aber nicht ist es verzeihlich, wenn er sich mit ab-
sieht den resultaten anderer verschliefst, seine gruppeu von bei-
spielen sind häufig keine würklichen belege für bestimmte erschei-
nungen, sondern zusammenfügungen nur äufserlich ähnlicher
dinge, die der forschung zu entwirren und im einzelnen aufzu-
klären bleiben, dieses äufserliche zusammenfassen verleitet ge-
rade dazu, notwendige Scheidungen und Untersuchungen zu un-
terlassen, und es verschwimmen dabei sehr leicht die perspectiven,
die durchaus notwendig sind, so steht im § 45 hrengen unter
sporadischem e für i, während es sich tatsächlich mit ihm ganz
anders verhält: es ist in gewissen gebieten regel, wo e für i nur
ganz vereinzelt oder auch gar nicht auftritt, und andere schliefsen
darum mit recht auf eine grundform brangjan (alts, brengian).
unter ä für a § 24 hnden sich ganz verschiedene dinge zusam-
men , grofsenteils sogar echte alte längen, unter der scheinbar
erklärenden rubrik 'umlaut, nach analogie' vereinigt § 28 fälle,
die nichts mit einander zu tun haben, zum teil noch der erklä-
ruug harren (irrtümlich darunter auch meiere mit e, umlaut von
d). im § 33 verführt diese art zu einer höchst bequemen erklä-
rung des md. mimen, nomen (nl. noemen); die linguisten, denen
106 WEINHOLD MHD. GRAMMATIK
diese l'urm begegnete, haben keinen augeublick gezweifelt dass das
verbum, nebst chinomidm Isid. 15, 21, echten alten ablaut 6 von
a (iiamo) bewalire. § 90 bespricht den eintritt von ü für ä in
Wurzelsilben; dabei steht auch iü«n</fe 'worauf, das doch sicher-
lich nicht aus wdtaffe, sondern aus in der ersten silbe unbetontem
und geschwächtem w'ruffe zu erklären ist. ebenso wenig ist in be-
schiiren 'schoren' ä zu ii geworden, das verbum vielmehr in eine
andere coujugationsclasse übergetreten (vgl. Mnl. gramm. § 149).
§ 114 wird kölnisch bunyarL 'baumgarien' als beispiel von « für
d (ou) gegeben, während es die ganz gewöhnliche kürzung hon -
gart, bongert <^ bungart, buugert darstellt, auch bezüglich der
consonanlen ist dies vvort § 218 in ein falsches licht gerückt;
es hat nicht n für m, sondern in begreiflicher assimilatiou gut-
turalen nasal für labialen (aus mg ng, daraus n). lufer in § 114
hat gleichfalls nicht ü für ou, sondern alten ablaut u, wie das
{»art. geloffen (vgl. Kluge Etym. wb. unter laufen), es ist jetzt rhei-
nisch In ff er , liffer. auch kuchzler 'gaukler' hält in diesem zu-
sammenhange nicht stich, altes ü ist durch mnl. gükeler und unl.
guichekn gerechtfertigt, vage ist die defmition von formen wie
suich 'vide' § 50 (vgl. § 53), sie haben keinen 'schwebelaut' —
die 'schwebelaute' sind überhaupt eine böse erfindung — , sondern
echtes ü, resp. u. sie kommen in den verbis auf -ehaii bekannt-
lich vielfach vor (auch im heuligen nd. und nrh. : koln. hä süt,
imper. sMc/i (gekürzt)); die erklärung, dass die verba in folge der
Übereinstimmung der Infinitive (sien : zien, resp. sen : ten) in die
M-klasse übergetreten seien, genügt vollständig.
Es kommt mir nicht darauf an, diese liste zu vervollständigen.
da ich aber nun doch einmal meine aufgäbe, über das Verhältnis
der zweiten zur ersten aufläge zu berichten, überschritten habe,
so sei es mir gestattet, noch diejenigen ansichten kurz zu be-
sprechen , die meines erachtens auch von Weinholds standpunct
aus nicht zu halten sind.
Zunächst wende ich mich gegen drei puncle, die mit Vorliebe
falsch dargestellt werden, dem md. und nd. schreibt man 'sprOdig-
keit gegen den umlaut' zu (hier § 2. 27). ich habe das für das
mnl. in meiner granunatik, für das mnd. Anz. vui 319 f zurück-
gewiesen und muss dasselbe hier für das md. tun. richtig kann
der satz höchstens in beziehung auf einzelne längen und diph-
thonge heil'sen. das zeigen die heutigen Verhältnisse, die den
wichtigsten mafsslab für die beurteilung abgeben müssen , wäh-
rend man sich allzu sehr an die älteren sclu'eibungen hält und
vergisst dass, vom umlaut e abgesehen, die vocalnüancierungen eben
häufig unbezeichnet bleiben, auch ist es etwas anderes als sprö-
digkeit gegen den undaut, wenn derselbe durch ausgleich, durch
neubihlungen beseitigt, wenn also zu varen eine neue 3 person
vart gebildet wiid. die am Schlüsse des § 27, in § 28 und am
ende von § 383 angeführten talsachen sprechen auch gar nicht
WEINHOLD MllÜ. GRAJIMAliK 107
für die spiödigkeit. iu diesem zusaninieuliange wäre aucii das e
für 0, w zu ueuneü (§ 67), welches ein iü ganz Milleldeutschlaud
bekannter, in folge des r statt ü, i eingetretener unilaut ist:
ferschi, werscht, scherz, berscht, verderschle, derfe usw. (vgl. Mnl.
gr. § 35). — zweitens meine ich die vocak|uantität vor cht. die
neueren sprachen zeigen deutHch genug eine neigung zur kür-
zung; dem entsprechend nimmt denn auch W. § 102 kürze in
brechte usw. an (§ 122). dagegen tritt § 121 ein fräuk. dockte
(dünkte) (-.mochte!) mit unmöglichem ö für ti trotz Behaghel Eneide
s. XLH auf, und § 90 sollen im Bresl. Williram gehrohta, sogar im
Trierer Floyris brockte uä. beweise für 6 statt d abgeben; selbst dem
mnl. werden brockte usw. zugeschrieben, obwol dieselben neben
dem regelmäfsigen brockte kaum spurvveise existieren (Mnl. gramm.
§ 41 l). es ist überall kürze anzunehmen; im Litteraturbl. für
germ. und roman. philologie 1S84 sp. 423 meint Kögel sogar
für rs'otker kürze coustatieren zu dürfen, umgekehrt geht es mit
den vücalen vor rt und rd. ubwol sich eine verkürzende wür-
kuug dieser Verbindungen kaum constatiereu lassen wird, die deh-
nende dagegen aus den neueren sprachen wider sattsam bezeugt
ist, nimmt man hartnäckig reime wie gekart (von keren) : vart,
larte (von leren) : arte (§ 96. 97. 101), anderwärts auch korde (von
hören) : ivorde an ; W. lässt sich sogar durch seine eigene bemer-
kung am ende des § 101 nicht davon abbringen.
§ 63 steht unter den beispielen fälschlich beclummen. — § 99
und 136. es muss darauf geachtet werden, ob sich nicht für den
INiederrhein eine andere lautliche form als priester (freister?)
rechtfertigen lässt. schon die viermalige bindung priester : meister
bei Veideke, der sicher nicht so viel unreine reime brauchte, wie
Behaghel ihm zuschreibt, macht ihre existeuz wahrscheinlich; auch
im mnl. ist preester belegt. — wie kommt § 133 bongen, böugen
(*bangjan) unter die beispiele von on f^lr iu? auch die übrigen
werden wol verschwinden, der reim a""-^ dem Pilatus ist zweimal
(als Zeile 9 und 7) verwertet. — warum § 151 die äufserliche
formulierung 'd geht nach dem kurzen vocal in t über', die ja
bei queden und werden gar nicht stimmt? — ganz rätselhaft ist
mir die fassuug von § 167; im 1 und 2 absatz ist alles dunkel
und teilweise falsch trotz tatsächlich klaren Verhältnissen, bei dup-
pinne ist § 164 vergessen; ein analogou ist mhd. ivülpitme 'wöl-
tin'. die Verwirrung setzt sich fort in § 168. 170. 171, und die
Veränderung des Wortlautes gegen § 154 der 1 ausgäbe trägt uur
noch mehr dazu bei. so viel erkennt man, dass der Verfasser
germ. pp und p zusammenwirft; er sagt 'nach kurzen vocalen
wird p gewöhnlich verdoppelt' (appel usw.), daher haben ihm
(§ 170) aphel und klaffen, trophe und laufen ursprünglich den-
selben wurzelcousonanten, und daher schreibt sich vielleicht auch
der satz (§ 169) 'ph (pf) ersetzt hochdeutsch die tonlose lippen-
aspirala, welche durch Verschiebung des gemeingerm. p entstehen
108 WEINBOLD MHD. GRAMMATIK
sollte (pflegen usw.)', — § 205. das heutige urh. heschen, hiesch
(heifseu) beweist dass seh nicht schril'tzeichen für z ist. — § 206
werden aleraan. reime wie laste (von leschen) : glaste gewis richtig als
laschte : glaschte gefasst. ich möchte daraufhinweisen dass auch die
st für sct bei Notker wol bereits auf gleiche weise zu deuten sind.
— im capitel von der Stammbildung, wo W. sich allerdings reser-
viert, steht sehr viel unhaltbares, aber warum die inconsequenz,
Verlust mit suftix t anzusetzen, wenn durst und ttirst sufüx st haben
sollen ? — § 303. es ist eine Verwechslung des vers- und prosa-
accentes, wenn die richtige tatsache formuliert wird, das praeüx ge
sei im partic. der Wörter auf -ieren [und anderer participia fremden
Ursprungs mit dem ton auf der 3 silhe] 'hochtouig'; hochtonig ist
nur die silbe ie(rt). — im letzten satze vom § 312 stimmen detini-
lion und beispiele nicht zusammen. — $ 323. zehants ist sicher aus
zehant entstanden, hat also nur adverbialisches s. — § 351 und
371. die angäbe, dass die Zeitwörter der klasse tragen den imper.
auf e bildeten, beruht schwerlich auf vorurteilsloser beobachtung.
ist dasselbe Vorurteil — das suftix ja sei characteristisches stamm-
zeichen dieser klasse — auch schuld an der ungerechtfertigten
behauptung (§ 368), die reduplicierenden verba hätten den Um-
lauf im praes. nur nach analogie der klasse varen? — der Wort-
laut im eiugaug von § 356 ist unverständlich , jedesfalls nicht
alles erschöpfend (wo bleibt der typus sldffan?). a scheint nicht
druckfehler zu sein, es steht auch § 357 trotz valdan, hannan usw.;
warum? weifs ich nicht. — § 383 werden Wörter wie gerwen
zu den kurzstämmigen gerechnet: auch im folgenden § ist die
Scheidung nicht überall richtig. — § 425 steht verglichen unter
den St. vbb. mit schw. nebenformen, glichen unter den schw. mit
St. nebenformen. — zu § 504 ist zu erinnern dass die neutrale
adjectivendung -et nicht nl. ist. auch s. 128 ist was über das
mnl. gesagt wird nicht richtig; vgl. Mnl. gramm. § 64 IT. — ein
merkwürdiger lapsus hat sich in § 522 aus der 1 aufläge fort-
geerbt: Gregor 1165 er funten dürftige als beispiel für 'nomina-
tive form auf prädicativen acc. übertragen'; es hatte sich wol ein
zu § 517 oder 518 gehöriger zeltel verirrt.
Einiges wenige habe ich in der sonst durch Vollständigkeit
ausgezeichneten darstellung vermisst. in der Übersicht auf s. 6
ist (las ahd. e, welches sich diphthongiert, nicht berücksicbtigt,
§ 384 nicht auf die 'rückumlaute' nach analogie lüchte, stnrte,
turte hingewiesen (Gramm, l^ 947. 950 f) ^; das Gramm.- 967 und
' in diesem Zusammenhang waren dann aucli karte, Idrle aus der laut-
lehre zu widerlioien, denn ihre eiklärung aus 'rückumlaut' nach analogie ist
die einzige i)is jetzt gegebene, und sie ist in der tat so wahischeinlicii, dass
schwerlich aus der lösung der rätsei im wurzelvocal von kcren die organ.
bcrechtigung eines d und damit eine bessere deutung zu erwarten stellt, an
der construction: md. kärde von k('ren nach brsivdrdc, verr/idrdc von //c-
sweren, uernioren ist niciils auszusetzen, wie ja am besten das mit erlaucht
und durclilauclU bis ins nhd. iiineinragende mhd. lüchte zeigt. Grimm
WEINHOLD MHD. GRAMMATIK 109
sonst neben hete angenommene Mte (hete könnte in der minder-
betouten stelle aus hwte entstehen, wie hete aus hete oder hette),
sowie das ebeudort statuierte, schwer begreitliche tele neben tete
bleiben unberücksichtigt; die im mhd. gewöhnliche l'orm biten
neben bitten tindet keine ervvähnung; auch beide für beidiu, wie
überhaupt die flexion des wortes hätte in der formenlehre berück-
sichtigung verdient; das erstere ist viel häufiger als andere -c lur
-in und stammt wol aus dem unmittelbar vor dem substantivum
stehenden beidiu (nnde).
Der sorgsamen correctur ist nur ein störender druckfehler
entgangen : s. 142 z. 10 v. o. mhd. st. md. aufserdem 1. 44 z. 2
V. 0. iet; 71 z. 3 v. u. vor-; 200 z. 3 v. o. 2 wird zu s; 201 z. 23
v. 0. seht; 256 z. 1 v. u. wkleme; 490 z. 3 v. u. abne.
Das werk hätte sich mancher unklaren definition zu ent-
äufsern; müsfe es vermeiden, Vorgänge der lautgeschichte und
formenbildung durch symbolische ausdrücke und nicht zutreffende
bilderzu verschleiern; bedürfte überhaupt einer gründlicheren Um-
arbeitung, wenn es auch ein späteres geschlecht mit derselben
daukbarkeit gebrauchen soll, mit der wir es bisher benutzt haben
und weiter benutzen werden, ratsam wäre es auch, den schwie-
rigeren belegen die angäbe der bedeutung oder ein erläuterndes
wort beizufügen, so verliert manches für viele seinen wert und
nen, gen § 43 wird überhaupt niemand, ohne die citate nachzu-
schlagen, begreifen; in der 1 aufläge (§ 64) war gesagt dass sie
für nemen, geben stehen.
aao. 950 meint auch dass dauern, bedauern auf den falschen 'rückunilaut'
tiirte von tiuren zuiückgelie. das ist für diesen sonst etwas rätselhaften
ablaut sehr zu beachten, in düuckten haben wir ja auch einen fall, in wel-
chem, wenigstens nach der gewöhnlichen annähme, die form des praet. ins
praesens übertragen ist. freilich müste man bei tiiren eine viel frühere
Übertragung und ferner die neubildung der nomina tür und iure zugeben,
auch das wäre nicht unglaublich, wenn wir bedenken dass die bedeutungs-
entwickelung das vb. früh von dem grundworte tiure getrennt haben konnte,
übrigens wäre auch die möglichkeit in erwagung zu ziehen, dass das wort
sich in md. form, mit ü für tu, verbreitet und gefestigt habe.
Bonn, 1 dezember 1884. J. Franck.
König f^other. herausgegeben von KvBahi>er. (Altdeutsche textbibliothek
herausgegeben von HPaul. nr 6.) Halle, Niemeyer, 1884. iv und
162 SS. 8«. — 1,50 m.
Diese ausgäbe weicht von den übrigen in derselben Samm-
lung erschienenen dadurch ab, dass sie keine kritische ist. sie
'will nur einen lesbaren abdruck der Heidelberger hs. geben',
sagt der herausgeber s. ni, 'die von mir nochmals nachverglichen
worden ist. ... sie behält namentlich auch die sprachformen der
hs., so bunt zusammengewürfelt dieselben auch sind, unverändert
110 KÖNIG ROTHER ED. BAHDER
bei. ... so blieb nicbts anderes übrig als diese durcbgelieude
bewahrung der Überlieferung, die zablreicben fehler der hs. habe
ich mich zu verbessern bemüht mit Verwertung der schon früher
aufgestellten Verbesserungsvorschläge. . . . alle worte und buch-
staben, die in der hs. nicht stehn . . . sind cursiv gedruckt' —
der hg. hätte noch hinzufügen können dass er in diesen fällen
die la. der hs. s. 160 — 162 angibt.
So weit wäre alles gut. wenn hr vBahder keine kritische aus-
gäbe machen wollte und glaubte für einen neuen, verbesserten
abdruck der hs., mit accenten und interpunction ausgestaltet, ein
publicum zu tindeu — warum sollte er ihn nicht veranstaU'en ?
das üble ist nur dass er das versprochene nicht geleistet hat.
denn im letztcitierten satze macht er eine einschränkung. alle
änderuugen sind cursiv gedruckt, 'von der regelung der Ortho-
graphie und besserung von schreibversehn abgesehn' [so, zweimal
sehn], wo bleibt da der 'abdruck der hs.' und die 'durchgehende
bewahrung der Überlieferung'? wer kann wissen, ob eine abwei-
chung von Mafsmanns abdruck auf herrn von Bahders neuer col-
lation oder auf seinen willkürlichen correcturen beruht? dieser
sogenannte handschriftenabdruck ist also unbrauchbar, und wer
genau wissen will, was in der hs. steht, muss diese selbst ein-
sehen.
Ebenso unüberlegt ist der hg. bei Verbesserung der fehler
vorgegangen, welche seiner ansieht nach nicht auf schreibver-
sehen beruhen, er hat dieselben nämlich nur dann corrigiert,
wenn sie nicht im reime stehen, sollte auch nach s. m 'nicht
versucht werden, das gtulicht in die dem dichter zukommenden
sprachformen umzuschreiben (ein unternehmen, das ich für un-
ausführbar halte, da der dichter sich keines in sich geschlosseneu
dialectes bedient hat)', so gibt es doch reime genug, in welche
der dialect nicht hiueinspielt und wo durch das eine reimworl be-
wiesen wird dass das andere vom Schreiber verderbt ist. bei
herrn vBahder reimt aber ungestört 522 gut : gebot (für got). 820
Thiderkh : riclie : gelkhe, als ob es keinen acc. auf -e oder auf -en
gäbe. 1537 lieb (entsprechend das Ermlitzer bruchstück h'ep):
einer hocgezUe (st. höcgezd). 1832 alle samen : geivant, während
in unmittelbarer nähe 1874 und 1890 al intsamt : gewant reimt.
1959 ziodre : intfdn (st. intfd(h)in). 1999 gdn : anne (=^ an oder
ane). 2003 vile : iville (statt wil oder noch wile = ahd. nuili).
2029 acc. sg. Aspridn : qudmen. 2153 dat. sg. manne : gun. 2451
zeswellit : göl (für zeswcllöt). 2457 umbe ; schonwende (st. schou-
wunde). 2565 Babilöne : kuninge trotzdem dass 30 verse weiter
(2595) Babilonie : hininge und so noch öi'ter gereimt wird, neben-
bei gesagt macht dieser reim walu'scheinlich dass nuui Babilonie
mit kurzem o und nicht wie hr vBahder mit langem anzusetzen
hat. 2725 dat. sg. manne: quam. "211b zage : swie her um here
gewisit hevel (für have, welches einzusetzen doch schon die bvulax
KÖNIG UOTHER ED. JJAHDER 111
notigle). 2784 wider dat. sg. manne : bestdn. 3586 Alse die he-
lede gtiote : geherbegeten (so !}. dies wort soll eiuen ganzen vers
fülleu. wie ist das aber möglich, wenn man nicht geherhergöten
schreibt? 3100 gnote : schonwete (&l. schouwöte). 3910 knningin:
inne (für knninginne). 3934 koningis : heris (für herigis). 3957
gienc :hir. wäre es zu kühn gte : hie zu schreiben? 3961 lif: sint
(st. Sit). 4001 Röthete van: he woldin sehe hdn. beide verse
haben nur 3 hebungen, mithin wüv väin : hdiji zu schreiben, he
im zweiten kann keinen ganzen tact lullen: ich halte es für falsch,
he = er, wenn es im satze nicht betont ist, als lang anzusetzen,
hr vBahder schreibt ebenso durchgehend he, als er se (= sie) du
nü, auch zd = mhd. ze mit dem längezeichen versieht (zb. 58
zö samene, 683 dir zö helfe unde zö vromen, ja selbst das präfix
zo- (zb. 1013 zöbreche). in Poderamns hof setzt er auf der ersten
silbe bald kürze (893. 1587), bald im anschluss an Rückert länge an
(4586), zu welcher letzteren nichts nötigt. Cotistantinopole ist auch
bedenklich, da Constojiopole 464 nur auf Constinopok, Constenopole
mit kurzem i zurückgehen kann, jedesfalls ist Constönopole, wie
hr vBahder schreibt, unmöglich, dass der reimvers zu 4005 fehlt,
hat unser hg, so wenig gemerkt als Rückert. 4103 vast : bresten
(st. veste). 4:21 \ dannenian (für dan). 4817 wez got (hr vB.
schreibt das in ein wovi) : geUnei (st. gelönöt oder -ot). 4871 Po-
len : begdn (st. Pöldn). gleich der quanlität der ersten silbe in
Polen ist dem hg. auch die der ersten in Beheim unbekannt —
und also auch wol die herkunft des Wortes — , denn im ange-
gebenen verse liest man auch Behein. 4968 keime : weinite (st.
weinde). 5102 irbeiteireit (für irbeit).
Hat denn aber abgesehen von diesen falschen reimen der
hg. 'die zahlreichen fehler der hs.' verbessert oder wenigstens
immer erkannt, sodass er in seiner 'scheu' 'vor gewaltsamen än-
derungen' wenigstens 'in einer anmerkung auf das Verderbnis im
texte hinzuweisen' nicht versäumte? ich will nicht alles aufzäh-
len, sondern nur durch proben belegen dass hr vBahder keines-
wegs alle fehler erkannt, ja sogar den von ihm edierten text nicht
einmal immer verstanden hat.
159 iz quam in nie nichein laut, natürlich nie in nichein.
wie kann man sich einbilden dass nie zu nichein gehöre! — 262
sine sint der antworte nicht gewone die du tos manigen boten vore.
was hier steht, kann man nur begreifen, wenn einem eine ant-
wort vore tuon — den mischmasch des dialectes lasse ich bei
meinen anführungen auf sich beruhen — mhd. ist. bis mir diese
formel nachgewiesen wird, deute ich vore als früher und glaube
dass dann das praet. twte nicht entbehrt werden kann. — 264 ich
loene daz nie so manic man schöne in diz lant nequam. hr vB.
scheint schöne für das nachgestellte adj. zu halten, solch eujam-
bement kommt im Rother nicht vor. schöne ist also adv., und
dann fehlt so oder alse dabei. — 333 du tdtes wislkhe, du vur-
112 KÖNIG ROTHER ED. BAHDER
reditis nmbe die bodescap, dune bescöhetis anderis nimmer mir den
tac. dazu folgende anmerkung: 'du hast weislich gehandelt, dass
du vorher um die botschaft redetest [eine elegante Übersetzung IJ
(dh. batest, dass dir gestattet werden möchte sie auszurichten),
sonst würdest du niemals mehr das tageslicht sehen (dh. sofort
getötet werden)', hiernach ist tntes i n d. praet. hr vBahder be-
findet sich bei dieser auffassung in Übereinstimmung mit Weinhold
Mhd. gr.=^ s. 380, welcher hier, Roth. 1992 (= 2000 vB.) und
in Buschs Legendär 160 tdtes thddis dedes für ind. erklärt, die
letzte form für einen ind. 'mit conj. umlaut'. es sind aber würk-
lich lauter conj. (die bei Weinhold aufserdem citierten Trehnitzer
psalmen sind mir nicht zur band), weiter heifst vnrreden nim-
mermehr dasselbe wie vore 7'eden. würkliche composition von
vore mit reden ist unmöglich, es müstc lauten du reditis vore nmbe
usw. demnach steht vnrreden für verreden uod vur- ist die ganz
gewöhnliche nebenform von ver-. das alles sollte doch jemand
wissen, der schon seit jähren an einer Universität andere zu be-
lehren sucht, der satz bedeutet also: 'du hättest weise ge-
handelt, wenn du die botschaft ausgeschlagen hättest, unter der
Begründung dass du sonst (nämlich wenn du sie nicht ausschlü-
gest) das tageslicht nie mehr schauen würdest'. — 527 knninc,
du7ie mochtis nimmer so göte sinne habe, ichne wolde dir gerne
gevolgich sin. anmerkung: 'welche guten gedanken du auch haben
magst, ich will dir gerne folgsam sein, die gleiche negativ-hypo-
thetische ausdrucksweise auch 765.' dort steht deme nitete nie-
man einin zorn, er nehette den Üb virlorn, ein ganz simples gefüge,
negierter ind. im Vordersatz, negierter conj. im nachsatz; an unse-
rer stelle aber doch wol zwei conjunctivsätze, von denen der zweite
positiv sein muss, damit sich der nötige sinn ergibt: 'wenn du
auch nicht so einsichtig wärest, so würde ich dir doch folgen',
was hr vB. herausinterpreliert, setzt Berthers mut und ergeben-
heit in ein sonderbares licht, 'ich gehe mit dir durch dick und
dünn' — das sagt er. — die anmerkung zu 739 ist auch sehr
tiefsinnig: 'warum Berchter befürchtet, dass seine regentschaft zur
Verheerung des landes veranlassen werde, ist aus dem gedichte
nicht ersichtlich', warum verrät uns denn der hg. nicht dass
Berther sich als zu alt und schwach hinstellen will? — 1002 nnde
vordirle sin wicgewete. her sprach 'mau bütit uns M vm echte, an
der correctur wicgewete für wicgewere ist kaum zu zweifeln, der
reim aber so bedenklich wie die formel unrechte (adv.) bieten mit
dat. der person. das Badner bruchstück hat tcit gexoele und m.
b. u. h. unrede stete, es bessert die reime und dadurch wird stete
verdächtig. Einrede aber passt, denn Constanlin entschuldigt sich
nachher, er sei trunken, sodass er negeine göte rede könne, in
der vorläge stand vielleicht unrethe. dehnung kurzer Stammsilben
mehrfach in den reimen des Rother. — 1146 eitien leweu vreissam,
der newolde niemanne vor nicht hdn wird durch den folgenden
KÖNIG ROTHER ED. BAHDER 113
vers her nam den knechten daz hröt verdächtig, wol Idn statt Arfn. —
1449 'daz her den besten hof gewinne den man m der stat vinde'.
'in trouwen' sprach Aspridn 'her sal auch minen hdn, dar inne wil
ich ime usw. statt minen hat die hs. eineji, das Ermhtzer bruch-
stück mine stiure. dies nennt hr vB. die bessere la,, nimmt sie
(oder das gleichbedeutende minen rat) aber nicht auf. in seinem
text kann sich auch minen doch nur auf hof 1449 beziehen, und
einen hof schenkt Asprian dem grafen gerade nicht. — 1502 äne
die riken herzogen : die irldzis daz liet. daz liet ist die poetische
quelle, sie kann aber nicht erst gebeten werden, es ihnen zu
erlassen, sondern sie hat es ihnen schon erlassen : die irldzit is,
mit sehr erklärlicher verschreibung. vgl. Erml. hs. als uns chun-
det daz liet. — zu 1505 swaz der anderen vrome was die zugin
usw. bemerkt der hg. vrome 'entweder als adj. zu nehmen = vrom
oder als subst. 'vorteil nutzen' und dann zu dem vorausgehenden
zu ziehen : 'wie viel vorteil auch die andern davon hatten', vrome
kann nur adj. sein, und was hr vB. sonst noch als möglich hin-
stellt ist ungrammatisch und unsinnig, 'wie viel vorteil auch die
andern davon hatten' heifst swilch der anderen vrome was, und
wenn das da stünde, so würden die andern in gegensatz zu die
im nächsten verse treten, mit die könnten nur die riken herzogen
gemeint sein, welche hr vB. zu Dietrich ziehen liefse, obgleich
eben von ihnen erzählt ist dass sie das nicht taten. — virsenden
1521 übersetzen Rückert und der hg. mit 'fortschicken', dass es
'verbannen' bedeutet ist aus der anm. zu MSD^ xliv 1, 1 zu er-
sehen, vgl. aufserdem Rol. 49, 21. Kaiserchr. 172, 16. Alex. 3573.
Greg. 567 (739). — 1558 ich wille haven geste, daz man immer
sagete mere, waz hie schalles we're. conj. praet. ist unbrauchbar,
sage muss es heifsen, und so liest auch das Ermlitzer bruchslück.
— 1608 iz trögen elphande wile in den geheine, wie der hg. das
wol verstanden hat? soll in dat. commodi sein, so wäre geheim
masc. ; soll in präpos. sein, so hätten die elephanten das gestühl
in den knochen getragen, ohne änderung kommt man also nicht
durch, wilin daz liegt am nächsten, und wenn dies hrn vB. zu
'gewaltsam' war, so muste er doch 'in einer anmerkung auf das
Verderbnis im texte hinweisen'. — 1787 hätte der hg. nicht stöle
in gestöle zu verwandeln brauchen, weil das md. oft das collec-
tive ge- spart. — 1801 ist das part. gevlogin nicht 'entstellt aus
gevlohin', sondern dem dialect des gedichtes durchaus gemäfs. be-
lege findet der hg. in Weinholds Mhd. gr.^ § 224. — 1865 den
düchtiz schöne also ein gras, der vergleich grüene als ein gras er-
scheint so häufig, dass hr vB. wol auf gröne hätte fallen können.
— 1915 also der eine inne was der ander vor den turin was,
wante die magit so vil virnam, daz sie den tuginthaftin man . . .
hegunde minnen. der andere war draufsen weil die Jungfrau so
viel hörte, dass sie sich verliebte? ein sonderbarer grund! ich
setze punct nach dem zweiten was — welches ich auch nicht mit
114 KÖMG ROTHER ED. BAHDER
hrn vB. in saz ändern möchte — und vermute van de für wante:
deshalb. — 2125 ich gescheffe ein gestille von der kuninginne. an-
merkung: 'ich mache, dass man die konigin in ruhe lässt. ge-
stille ist inf.' es ist wol eher substantivum. und wäre nicht vor
dem von vorzuziehen? — 2454 nnde newolde doch nicht weinen
vnibe die botin lossam. für umbe hat die hs. nnde, die conjectur
rührt von Rückert her. aber sie erregt bedenken , weil weinen
umbe = uhd. iiher ungebräuchHch scheint, nnde ist nur aus
dem anfang der vorigen zeile widerholt, der acc. genügt. — zu
2485 Die eilenden geste lodrin han(t) feste bemerkt hr vB.: 'wol:
Rother in die band gegeben und nur so gebunden', diu hant-
veste ist eine Sicherheit oder Versicherung, die jemand in die band
gegeben wird, meist eine schriftliche, doch darf man auch eine
Versicherung unter handschlag so nennen, die gefangenen sind
hantveste (adj.), weil sie auf eine Versicherung unter handsch'ag
oder allgemeiner eine bindende Versicherung hin Dietrich anver-
traut sind. — 2678 unde Idzet man mi die hende min (:sin). der
hg. 'wol vti siall miti. wozu denn? 'wenn ich meine bände be-
halte'. — 2754 vor zö den herbergin in allen den geberen alsiz
ime nicht gesehen were. hs. aliz, Rückert als iz. das pron. mnss
wegfallen. — 2799 die den herren dne not zö verre habin gevals-
cöt. ich schlage vor so verre. — 2822 her bevalch in ime unde
sinin. ohne den artikel vor sinin kommt man nicht aus, und wie
leicht konnte den nach unde weggelassen werden. — 2962 iz
nequatn van eineme [sinin] kunne also manich türe wigant. hier
muss man eineme betonen, vermisst dann jedoch eine stärkere ne-
gation: iz nequam nie. allein sinin sieht wie correctur von eineme
aus, und dann muss ne fehlen: iz quam van sinin kunne. dies
diinkl mich wahrscheinlicher. — 2981 hat die hs. die riese Wolf-
rammen erwant, unser text der reise Wolfrdt enenoant. ei in reise
müste cursiv gedruckt sein, dem überlieferten liegt näher niene
erwant. — 2987 Sich höf der Int over den döz. over den döz
soll nach der anm. 'nicht genügend erklärt' sein, over beifst
'über hinaus': der Int war noch lauter als der döz, der döz war
überlnt konnte man umgekehrt sagen. — 3103 dö loas . . . liö-
there hine zo Riflande mit sinin vianden. welche gefährliche iie-
gleitung! warum nahm er nicht lieber seine wigande mit? — 3213
%Dand ich loeinger (lies weiniger) man sin da michel leit hdn. sin
Rückert, si en hs. sin bezieht sich auf die lange krankheit der
kindcr, welche 3211 genannt sind, den gleichen sinn ergäbe das
der Überlieferung näher liegende bi en (^= in), die präp. der
nähe geht hier in die des grundes über. — 3249 die vronwe ge-
hdtin sich ovele. hier muss nicht vronwe in den plur. gesetzt,
sondern der plur. des verbums weggeschan't werden, denn es
handelt sich nur um Rothers gemahlin. — 3266 her inachte nf
ire sprechin ni(e)t. anm.: 'so wahrscheinlich mit Bartsch für m-
hatte, da tif enlhahen 'aufhalten' sonst nicht vorkommt', aber iif
KÖMG ROTHER ED. BAHDER 115
haben, in ist negation und hatte steht für habete. — der Vorschlag
des hgs. für die folgende zeile ist annehmhar, der für 326S aber
müfsig. — 3403 so hettich och einin michelen louf verlorn kann
sprichwörtlich (anm.), aber auch ganz eigentlich gemeint sein:
'dann hätte ich einen weiten marsch oder weg umsonst gemacht'.
— 3666 ist um eine hebung zu kurz. — 3744 Röther [der] gerne
virnain. der kann bleiben: es ist = dar. — 3756 arme kint
heiz her vazzin Wide baden, vor sich nffe den tisc tragin. nicht
vor (= für) sie? — 3788 fehlt das object se, 3877 das object
iz. — 3874 ff. Rother gibt seiner gemahlin heimlich einen ring,
auf welchem sein name geböchstavet steht, aisin die vrouwe ge-
las, daz Röther in deme sah was. zum ersten vers passt der
zweite nicht: es fehlt 'und bemerkte', entweder alse die vr. ge-
las oder eher alse die vr. gesach. die 'buchstaben' haben mög-
licher weise die änderung veranlasst, durch welche zugleich der
reim besser wurde. — 3936 daz her nns beide behöde . . . von
der heidenschefle. behileten wird mit vor verbunden. — Basilistium,
Ymelots söhn, will Rolher ertränken lassen, dieser bittet aber,
ihn vor allen königen zu henken. 3991 daz ist dir ere getan,
[dö gieng Ymelötis (nicht o) man] du hast dich wol gerochin'. zu
dem eingeklammerten verse bemerkt hr vB.: 'passt durchaus nicht
in den Zusammenhang und beruht vielleicht auf einem misgUick-
len versuch des Schreibers ein unvollständig überliefertes verspar
zu ergänzen', gienc ist verlesen aus gient == jehent, und dies zog
die änderung von so in dö nach sich. — 4043 fehlt vor gebiiwit
das subject einer oder ein. — 4350 slme kunne duz tö imer vor-
sten namen hat. was soll tö sein? mhd. dö? mhd. dar dd? mhd.
zuo? soll tö imer so viel wie nhd. immerzu bedeuten? die stelle
wäre einer anmerkung wert gewesen, jedesfalls muss in daz ein
iz stecken oder hinzugefügt werden. — 4395 virmissit sin der helet
göt, wir Idzen immir äne not. hr vB. mit Rückert Idzenz. näher
liegt, Idzen als Idzen en (== in) zu deuten oder so zu schreiben!
— 4414 mit sinin mdnkrefte. 1. sinir. — 4488 hätte daraufhin-
gewiesen werden können dass trndis ••== trndedis ist. — 4500
Des koningis geköse was ime valslöse hr vB. mit Edzardi. hs. dne
valslöse, dh. dne vals löse. — 4503 done dorsten se vor den scan-
den gereden nehein helet göder. wie kann man einen so hand-
greiflichen fehler stehen lassen! dorste vor: der Schreiber achtete
nicht auf das folgende. — 4599 dar lüchte ein karbnnkil — dar
newart nimmir dunkil — ovene üz der krönin. den zweiten vers
verwandle ich ohne bedenken in einen relativsatz. das dunkir
der hs. aber würde ich lieber nicht antasten. — 4625 intgegin
di : Constantin. nicht gen.? 1328 her sazte sie inebin sin (: in)
ist sin statt in notwendig, weil es reflexiv ist. — 5104 das com-
positum rosfert ist zwar durch andere stellen gesichert, hier aber
kann ich mich des verdachtes doch nicht erwehren, dass der
Schreiber zuerst ros gesetzt, es dann in fert corrigiert und ros
A. F. D. A. XI. 9
116 KÖNIG BOTHER ED. lUHDER
nicht getilgt habe. — für 5123 ff fände ich gern eine erklärende
anmerkung. die Rückertsche hebt die Schwierigkeiten (mit göte
virdiemn ohne object, von (User werlde endin) nicht, es ist frei-
lich etwas 'gewaltsam', wenn man schreibt daz sie mit gote (cum
deo) virendin (conj. praes. besser als conj. praet.), so sie von
diser werlde wendin.
Ich fürchte dass ich mich schon zu tief in die corrector des
vBahderschen pensums eingelassen habe und übergehe deshalb die
einleitung. indes wollte ich recht deutlich zeigen, wie wenig es
hrn vBahder gelungen ist, die aufgäbe, welche er sich selbst —
unil wahrhaftig leicht genug — gestellt hatte, nur einiger mafsen
befriedigend zu lösen, je weiter man in den text hinein liest,
desto mehr weicht der unmut der Verwunderung über die arm-
seligkeit des geleisteten, was uns hier geboten wird, erinnert an
die anfange der deutschen philologie.
Schon das ziel ist zu nahe gesteckt, lässt sich erkennen
dass 'der dichter sich keines in sich geschlossenen dialectes be-
dient hat' (s. in), so muss man diese mischung wenigstens rein
zum ausdruck bringen und vor allem einen text herstellen, welcher
den leser nicht an allen ecken und enden zwingt, dem hg. bei-
zuspringen, die vorliegende kritik bat mir lust gemacht, dies
auszuführen oder ausführen zu lassen, was uns hr vB. spendete
ist nur gut zu kritischen Übungen, in welchen die Studenten den
herrn privatdocenten corrigiereu. zu solchem zwecke gebrauche
ich jetzt diese Rotherausgabe mit erfolg.
Berlin. Max Roediger.
Valentin und Namelo?. die niederdeutsche dichtung-. die hochdeutsche prosa.
die bruchstücke der niitlelniederiändischen dichtung. nebsl einleitung,
bibliographie und analyse des romans Valentin und Orson. von WSeel-
MANN. auch unter dem titei: Niederdeutsche denkniäler. herausge-
geben vom verein für niederdeutsche Sprachforschung, bd. 4. Norden
und Leipzig, Soltau, 1SS4. lx und 13S ss. 8". — 5 ni.*
Die mit Koppmanns Seebuch und Seelmanns 'sogenanntem'
Gerbard von Minden schön begonnene reihe der Niederdeutschen
deukmäler ist 1880 mitten in der ausgäbe des Flos von Wälzobit
auf den sand geraten, jetzt kommt Seelmann, einer der rührigsten
auf dem gebiete der niederdeutschen philologie, und macht das
schiff wider flott, und wir freuen uns der Weiterreise, wenn sie
auch nicht immer an anmutige gestade führen kann.
Der etwas umfangreiciie titel des neuen bandes soll auch die
aufmerksamkeit derjenigen wecken, die sonst der nd. litleralur an
sich wenig beacbtung schenken, in der tat reicht das Interesse,
welches sich an die vorliegende publicalion knüpft, über den
engen kreis dieser litleratur weit hinaus, denn einmal ist das
allfraiizösische gedicbt, von dem das mittelniederdeutsche eine
directe Übertragung gibt, verloren, und dann hat das mnd. werk
[* vgl. DLZ 18S4 nr 52 (JFranck).]
SEELMANN VALENTIN UND NAMELOS 117
wider mehrere bearbeituugen gefundeu, eine in schwedischer und
zwei in milteldeutscher spräche; die eine von diesen, eine prosaische,
triil hier zum ersten male ans hcht als ein beilrag zur geschichte
des ältesten prosaromans und zugleich nicht ohne wert für die
kenntnis der schlesischen mundart. sodann handeln s. xxv — xlvi
der einleitung ausführlich über das jüngere französische Volks-
buch aus dem ende des 15 jhs. , das in seinem ersten teile auf
die verlorene dichtung zurückgeht, eine ausführliche inhaltsangahe
ersetzt einiger mafsen die lectüre desselben, und an der band einer
sorgfältigen und überraschend reichhaltigen bibliographie (die ge-
rade hier sehr notig war) können wir die zweite Wanderschaft des
wunderlichen romans durch die europäische litteralur verfolgen,
die Vollständigkeit dieser bibliographie zu prüfen , bin ich nicht
im Stande, ich hebe aber noch hervor dass S. auch den übrigen
quellen des Volksbuchs nachgegangen ist, und dass er auch den
commenlaloren des Don Quijote mit dem nachweis zweier anspie-
limgen des Cervantes auf dasselbe zu hilfe kommt. — zu den
quellen der älteren frz.dichlung hier nur zwei litlerarische notizen:
über die unserem gedichte und dem Roman de la violette gemein-
same episode (s. lix) hat RKöhler Litteraturbl. f. germ. u. rom.
phil. 1883 nr 7 p. 270 ff aus anlass einer kümmerlichen disser-
lation von Rochs sehr reichhaltige nachweisungen gegeben. — die
treue gattin als spielmann verkleidet (s. lx) findet sich auch im
Graf im pflüg (Goedeke Mittelalter s. .5680).
Das mittelniederdeutsche gedieht ist uns in der be-
kannten Stockholmer sammelhs. (S) und im Hartebok (H) erhal-
ten; mit diesem ist es 1731 von Staphorst, nach jener 1846 von
Klemming hinter der schwedischen prosa gedruckt worden. Seel-
mann gibt einen kritischen text, bei dessen herstellung er auch
die mitteldeutschen und die schwedische bearbeitung herangezogen
hat. die aufgäbe war nicht so schwer als beim Flos, aber sie ist
hier auch weit besser gelöst als dort, mit der bevorzugung von
S bin ich fast durchweg einverstanden, nur habe ich ein par
mal nachlässigkeiten in der angäbe der lesarten von H gefunden,
die mich zwangen , den geschmähten Staphorst doch wider her-
vorzuholen: nach 1169 hat H Mit siner roden dwanck he dat deer.
— s. 32 z. 4 V, u. ist 1204 zu streichen, da dieser vers sich
ebenso in H findet wie im texf. — v. 1230 stimmt die angeführte
lesarl von H mit S und dem text. — in den la. zu v. 1770 I.
dre H st. dre S. — nach v. 2334 schiebt H einen vers ein: Suß-
dane rede he anvengh.
Ich schliefse hier gleich ein par bemerkungen zum texte
selbst an. nach v. 85 tilge den punct. —
V. 430 fl' dat er dat blöt al gedichte
to neseu nnde to munde ntviöt vil,
dat dnchte Blandemere nen spiL
der überlange v. 431 und die anstöfsige tautologie al gedichte —
9*
IIS SEELMA>> VALEMl.N UND NAMELOS
vil wird leicht beseitigt, wenn wir vil streichen und statt spil
spot lesen, der reim vlöt : spot ist nicht anstöfsig, vgl. got : not
V. 1595 f. — V. 565 — 568 (wo übrigens der setzer die interpunc-
tion über den häufen geworfen hat) möchte ich als ursprüngliche
Worte des erwachenden Blandemcr vermuten:
Uco is mi im gesehen?
edder bin ik nu nntse'n?
edder druckt mi de alf?
jo bin ik dul also ein kalf.
st, sldp : schilp. — v. 735. 736 ist wie sonst vorwdr : ndr (st. vor-
ivare : nare) zu schreiben, überhaupt wäre die Schreibung der nur
in H überlieferten verse etwas an die bevorzugte Schreibweise von
S anzunähern gewesen. — v. 976 heifsen de kristen von H in
S de kortyuere und dies oder etwas ähnliches muss doch wol im
text gestanden haben: es scheint dass die spanischen chrislen als
Cordobaner bezeichnet wurden. — v. 1205 würde ich den subst.
inf. scherent beider hss. nicht durch das schermes der md. bear-
beitungen ersetzen: Valentin dat scherent kos 'Val. machte sich
ans scheren', jedesfalls aber wäre doch die nd. form schermest
einzuführen gewesen. — v. 1207 hat B eine besonders interes-
sante lesart: notvar gegenüber not H, var S. — v, 1406 würde
ich den dreireim (auf welchen auch die schwedische Übersetzung
führt) nicht durch ausscheidung von Unde de harden schylde clouenS,
sondern durch fortlassung von v. 1407 nnde ere swerde se bede togen
beseitigt haben, dann ist die stelle gleich v. 467. 68, und unser
dichter widerstrebt durchaus nicht wie etwa Ilartmann der ge-
nauen wilerholung zweier verse. — v. 1770 indem Seelmaun
sclireibt dar vunden se twe wegescheiden st. twe wege scheiden, be-
geht er in auffassung der stelle die gleiche llüchtigkeit wie das
Mnd. wb. ; zwei wegscheiden? doch wol nur eine, wie es auch die
prosa 92, 18 widergibf.
v. 1799 ff sin nmnt was wit also eine kanne
sine oren beide also eine icanne
sine ogen swart also ein pik . .
in v. 1800 ist natürlich breit zu lesen. — v. 2076 ist doch wol mit
H Sit des gemant 'verlasst euch drauf zu schreiben ; ghenant für
ghemant wio hier hat S auch im Verl. söhn v. 76S. — v. 2353
schreibe nnde stnt dar na mit aller macht (II) statt jacht (S);
einmal passt jacht 'eile' hier gar nicht, und dann sagt der dichter,
wo er es anwendet, in groter jacht, so v. 1553 und v. 769, wo
mit aller macht: in groter jacht zusammen stehen.
Die anmerkungen zum mnd. text sind von sehr verschiede-
nem werte, ich sehe nicht recht ein, an was für ein publicum
S. gedacht hat, als er sie zusammenstellte, bezweifele aber mit
grund dass dies gedieht von leuteu gelesen werden wird, die es
nötig haben, sich einen ausdruck wie bi der weden (v. 1649) er-
klären zu lassen, durch eine bemerkun'' aber wie die zu v. 209
SEELMANN VALEMLN UND NAMELOS 119
werden, fürchte ich, aiicl» die nichtphilologischeü leser zur heiter-
keit gereizt werden. Phila wird von der bösen Schwiegermutter,
die sie des kiudesmordes beschuldigt, kurzweg mit einer lowin
verglichen : dadurch fühlt sich S. zunächst an den werwolfglauben
erinnert, spricht dann von den 'erfahrungen unserer zoologischen
gärten' und ciliert schliefslich Brehms Tierleben I ebenso unnütz
ist die bemerkuug zu v. 1056, wo in der zwölfzahl der begleiter
ein anklang an die zwölf pairs gefunden wird, diese zwölfzahl
ist einfach eine der formelhaften zahlen, die in jeder Spielmanns-
dichtung vorkommen, vgl, Vogt Morolt s, clv, Flos v. 224, Oren-
del v. 72, Oswald ed. EttmüUer v. 9. 2039 usw. zum eingang
konnte auf Laurin v. 1. 2 und Müllenhoffs anmerkung verwiesen
werden, zu v. 53 ist mit einem citat aus RA auch ein anstöfsiger
druckfehler frie st. frien herübergenommen, ein grofser teil von
S.s anmerkungen ist würklich am platze, einige sprachliche beob-
achtungen sind recht wertvoll und ergänzen die einleitung in
wesentlichen puncten, aber dazwischen stehen eine auzahl 'wort-
und Sacherklärungen', die uns an die Deutschen classiker des
mitlelalters erinnern.
Auf s. 72. 73 ist aus dem Deutschen museum 1784 rVyerups
kleines bruchstück einer jämmerlichen Umschrift in md. spräche
widerabgedruckt. das pergamentblatt selbst war nicht mehr
aufzufinden. es war aber wol nicht nötig, die fehler des
vorigen drucks unangefochten passieren zu lassen. Nyerup in
Kopenhagen hat gewis keine correctur bekommen , sonst würde
das war st. was oder waz in v. 1234. 35, hone st. hone v. 1239,
stant st. stunt v. 1261 nicht zu lesen sein. v. 1254 war jedes-
falls im texte geselle durchstrichen und dafür hulfer an den rand
oder übergeschrieben.
Die mitteldeutscheprosabearbeitung s. 74 — 104 ist
nur in einer Rhedigerschen hs. zu Breslau erhalten und nach dieser
(was S. s. XI zu sagen vergisst) im Litterarischen grundriss von vdHa-
gen undBüsching s. 163 erwähnt worden, die in der gleichen hs.
enthaltene Ungarische chronik des Heinrich von Mügeln (so ist statt
Megeln zu lesen) ist dasselbe werk, welches Kovachich bereits 1805
herausgegeben hat, s. Lorenz Geschichtsquellen i- 254 ff. — zum
texte hier ein par kleinigkeiten : 75, 24 1. Jürrin st. horrin (vgl. 74,
12. 75, 3. 20. 30. 31). — 78, 14 steht hier würklich hustu st. hastu
und 103, 14 vuste st.vaste in der hs. ? — 80, 38 1. twaltrank wie 88,
18. — 81, 20. 21 vnd smüte en an mit hendin vnd mit fussen
vnde mittene yn der wüste. S. möchte veste bessern, aber
wir müssen doch wol den sinn haben 'mitten um den leib', also
vermute ich: (wiihst, md.) wüst eine jüngere bildung neben -wahst
wie nhd. wuchs neben -icahs. — 82, 14 1. durch logen iDille. —
85, 36 1. goldis. — 92, 40 vnd is czwene heivnen dy seyn bruder
ist wol nicht nach is ein seyn zu ergänzen, sondern vnd dis zu
schreiben. — 94, 39 darf begenet nicht in begegenet geändert wer-
120 SEELMANN VALE>T[>' UND KAMELOS
den, vgl. 95, 3 geseynete st. gesegenete und das mehrfache morne.
— 98, 15 1. weybe. — 100, 7 1. nohen. — 100, 22 ist nach lyß
das verhum: bloßen ausgefallen. — 101, 2 wird durch S.s falsche
interpunction die einschiehung eines noch nötig; ich lese viel-
mehr: — bekannte uff dy kemmerynne, dy lebete dannoch. man
brachte sy vor recht.
Es folgen nun noch auszüge aus der schwedischen
prosabearhei tung (s. 105 — 108), deren naive erzählungsweise
mit den eingestreuten z. l. neugereimten versen an spätere schwe-
dische Volksbücher erinnert, und in neuer, im nachtrag s. 133
— 137 noch wesentlich verbesserter lesung die mitt eluieder-
ländischen bruchstück e. nach ihnen zu urteilen scheint
das gedieht der zeit des Verfalles der mnl. kunslepik anzugehören.
In der einleitung sind für die deutsche litleralurgeschichte
wichtig besonders die abschnitte v. vi. vii. in v wird nachgewie-
sen dass im mnd. gedichte eiuwürkungen des mitteldeutschen so-
wol wie des niederländischen reimgebrauchs hervortreten, auch
im Innern der verse ist der einfluss mnl. Sprachgebrauchs deut-
lich sichtbar: das lehren S.s anmerkungen. diese tatsachen lassen
sich aber nicht aus benntzung der mnl. dichtung von Valentin
und Namelos erklären, denn S. zeigt (abschnitt vn) dass der Nie-
derdeutsche dies werk, wenn er es auch gekannt haben und da-
durch zu seiner arbeit angeregt sein sollte, nicht übersetzt hat,
sondern dass er höchst wahrscheinlich direct nach dem frz. ori-
ginal arbeitete, er kommt nun des weiteren zu der Vermutung,
diese und andere nd. dichtungen seien in den kreisen hausischer
kaufleute in den Niederlanden und zwar speciell in Brügge entstan-
den, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Niederdeutscher in Brügge,
wie S. meint: für seine dort ansässigen landsleute, die doch ge-
wis der landessprache kundig waren, in der heimischen mundart
poetische Stoffe der niederländischen litteratur behandelte, scheint
mir au sich nicht sehr grofs zu sein, man sollte wenigstens
denken, er würde dabei an einen andern leserkreis, an die lands-
leute daheim und in Skandinavien gedacht haben, für S.s ansieht
spricht allerdings eine andere hübsche beobachtung, die er ge-
macht hat. ähnliche eigentümlicbkeiten im Sprachgebrauch und den
reimen finden sich nämlich in mehreren anderen niederdeutschen
gedicliten, zunächst im Dieb von Brügge, im Verlornen söhn und
im Flos, die mit VN zusammen auch in der Stockholmer lis. über-
liefert sind, diese dichtungen zeigen ferner unter sich mehrfach
wörtliche anklänge und beziehungen, ohne dass es möglich wäre
zwei von ihnen dem gleichen Verfasser zuzuweisen, zu S.s paral-
lelstellen füge ich, weil er gerade für Flos keine notiert, hinzu:
VN V. 137 f Dar na in körten tiden
scolde Phila arbeit liden.
Flos V. 87 f Dar na in körten tiden
de vrouwen mosten arbeit liden.
SEELMANN VALEMLN U.ND NAMELOS 1*21
(beide male ist von den wehen vor geburt der beiden die rede.)
die relative Chronologie dieser dichtuugeu wird sich wol durch
eine gründliche stilistische Untersuchung feststellen lassen, die
jüngste scheint mir der Flos zu sein, der gegenüber VIN ungemein
arm ist an formein, phraseu, beiwörtern, die aus der höfischen
oder volkstümlichen erzählungspoesie der bessern zeit stammen,
auf eine stilistische erscheinung, die für VN besonders charac-
teristisch ist, sich sonst nur ganz vereinzelt findet, möchte ich
hier hinweisen; ich meine die häufige anwendung von ktmt und be-
kant in der weise, wie wir sie aus Wollram von Eschenbach kennen:
556 van en so teert uns vrowede kunt
2434 des wart mengeme vrowede kunt
2590 dar van so wart em vrowede kunt
610 dar so wart en dröfnisse kunt
1549 dar van so wart er pine bekant
178S dar wart en jamers ivol bekant
2396 leve loart dar gröt bekant
1892 dar wart en wunder gröt bekant
746 dock worden en vele siege kunt
1229 do em de kolve ums bekant
1505 doch tcas er de slnp bekant (vgl. Verl. söhn v. 338)
1527 dar er de mort is mede bekant
2639 dar na xcart de döt bekant
Crisostomus in Ungerlant (vgl. Verl. söhn v. 247)
ferner 2313 f /fr schal allohant
de sprdke dön eme bekant.
es liegt sehr nahe, anzunehmen dass der Vermittler, durch wel-
chen diese eigentümlichkeit in die niederdeutsche poesie aufnähme
fand, Wolframs uiedersächsischer nachahmer Berthold von
Holle war, für den diese Verwendung von bekant von Bartsch
anm. zu Crane 1492 durch eine lange liste von beispielen belegt
wird, es verdiente überhaupt einmal untersucht zu werden, wie-
viel die niederdeutsche erzählende poesie des 14. 15 jhs. von Ber-
thold von Holle gelernt bat. sie verwendet vielfach ähnliche Über-
gänge wie dieser (so besonders durch Zeitangaben), bedient sich
der gleichen flickreime (sunder wdnl) und der nämlichen prädi-
cate für rilter und frauen. erst kürzlich hat W'alther Kd. jahrb.
6, 29 f durch den uachweis, dass die Lübecker für eines ihrer
fastnachtspiele (im jähre 1444} den stoß' aus Bertholds Crane ent-
nahmen, das Interesse der niederdeutschen litteraturgeschichte an
ihrem einzigen böfischen epiker gesteigert, aber erst wenn es ihr
gelingt, den oben angedeuteten beweis zu vervollständigen, dass
Berthold auf die niederdeutschen dichter einen stilistischen ein-
fluss ausgeübt bat, der ihm für Mittel- und Oberdeutschland ver-
sagt blieb, wird sie ihn entschieden für sich in anspruch nehmen
dürfen, ebenso wie die mhd. litteralur den Mastrichter Heinrich
von Veldeke.
122 SF.ELMA^> VALEMIN UND NA.MELOS
Ich glaube, wir köuneu in dem wort- und pbrasenschalze
der niedersächsischen poeten zwei fremde bezugsquelleo ziemlich
deutlich unterscheiden: die eine ist die oberdeutsche epik, spe-
ciell Wolfram, durch Bertliold von Holle erschlossen, die andere
die uiederrheinische und niederländische poesie. von den stehen-
den beiwortern der frauen zb., dar und fin, stammt das erstere
aus Wolfram-Berthold, das letztere vom Niederrhein.
Doch ich muss es diesmal bei andeutungen und Vermutungen
l)ewenden lassen. — gern hätte ich mich bei dieser gelegenheit
auch noch über einen punct geäufsert, der die äufsere herrichtung
mnd. texte betrifft, aber ich kann heute nur mein bekenutnis
ablegen, dass ich ein entschiedener gegner der circumflectierung
mittelniederdeutscher denkmäler bin, und muss die begründung
meiner ansieht auf eine andere gelegenheit aufsparen.
Göttingen im november 1SS4. Edward Schröder.
De oude en de jongere bewerking van den Reinaert. bijdrage tot de critiek
der beide Reinaert-gedichten. akademisch proefschrift . . . aan de rijks-
universiteit te Leiden door Jacob \Nijbra.nd Muller. Amsterdam, Fre-
derik Muller et CO., 1SS4. iv und 209 ss. 8". — 4,50 m.
Willems gedieht Van den vos Reinaerde hat auch in den letz-
ten Jahren immer von neuem die kritik angezogen, den Nieder-
ländern de Vries, Verdam, Beets (s. Tijdschrift t, 1 — 29. 2, 21.
77 — 80. 206. 3, 221) trat JFranck rühmlich zur seile, indem er
in den lesestücken zu seiner Wnl. grammatik den schluss des Rei-
naert I von V. 3081 ab kritisch behandelte. Franck hat auch den
Verfasser der oben genannten dissertation beraten und ihm eine
stattliche, auf s. iv aufgezählte reihe von Verbesserungsvorschlägen
mitgeteilt, die freilich grofsenteils die handschrifilich überlieferten
grammatischen formen gegen die von Grimm aufgebrachte, in
meiner ausgäbe durchgeführte normalisierung herstellen, der Un-
terstützung durch Franck und de Vries zeigt sich der verf, der
obengenannten dissertation durchaus würdig; er bringt zahlreiche
wolüberlegle und oft sehr scharfsinnige emendationen und be-
merkungen vor. seine arbeit gliedert sich in 4 capitel, von denen
das erste die kritik von Reinaerl i und n, soweit der erstere reicht,
enthält, das 2 die fortselzung in Reinaert n behandelt, während
das 3 und 4 die beiden recensionen mit einander vom litterar-
historischen gesichtspunct aus vergleichen, das 3 soweit sie neben
einander stehen, das 4 wider die fortsetzung. dr Muller wendet
dem umarbeiler und fortsetzer mehr als bisher geschah anerken-
uung zu. ein anhaiig behandelt die eigennamen im Fleinaert.
Neue hilfsmillel kommen bei diesen uuttrsuchungen nicht in
gebrauch, nur dass dem verf. von der hs. b eine abschrift im be-
MULLER DE OUDE EN DE JÜNGERE BEWERKLNG VAN DE.N RELNAERT 123
sitz von de Vries zu geböte stand, widerholt und vielleicht etwas
allzu stark setzt er dieser abschrift gegenüber die Varianten meiner
ausgäbe in zweifei. dass eine abschritt meist genauer ist als eine
collation wird jeder kundige zugestehen: immerhin möchte für einen
künftigen herausgeber doch noch eine revision der hs. an den
differenzpuncten sich empfehlen, übrigens ist ein guter teil der
von Muller angeführten fälle auf die verschiedene auffassung eines
einzigen Zeichens, ob n oder u, zurückzuführen, und wie nahe sich
diese in hss. des 15 jhs. stehn, ist bekannt genug, völlig unver-
ständlich ist mir, wie Muller auch den Gräterschen abdruck der
hs. a meiner collation entgegen stellen kann: die vergleichung,
welche ich in Stuttgart 1870 eintrug, war doch hoffentlich keine
Verschlimmerung, allerdings habe ich s. ix meiner einleitung be-
merkt dass ich gewisse orthographische abweichungen nicht ein-
zeln angeben würde: hätte ich doch sonst meine lesarten über-
häufen müssen mit Varianten, deren Verbesserung selbstverständ-
lich war. und freilich gehören hierher die von Muller s. 26 und
94 angeführten fälle, in denen ich dort (v. 239 und 3468) in
daert verändert habe: dazu glaubte ich mich damals mit Grimm
berechtigt, wenn schon inzwischen durch Franck auf die Verschie-
denheit hingewiesen worden ist, die zwischen dem auslaut von dar
und sal besieht und welche es unwahrscheinlich macht dass dar bei
inclination ebenso gedehnten vocal erhielt wie sal. ähnlich steht
es mit dem bei v. 1640 bemerkten, meinerseits muss ich dem
verf. vorhalten dass er öfters versäumt hat, da wo er meine les-
art verwirft, die autorität namhaft zu macheu, der ich dabei ge-
folgt bin, mit unrecht schiebt er mir ferner s, 75 unter dass ich
I 2543 gheloofdic als 'glaubte ich' aufgefasst hätte: wo habe ich
etwas derartiges gesagt? auch dass gheloveti = mhd. gelouben und
gheloven = mhd. geloben verschiedenen Ursprung haben , wüste
ich schon damals, als ich noch glaubte die beiden mnl. Wörter der
ausspräche nach einander gleichsetzen zu dürfen, besser unter-
blieben wäre auch die bemerkung auf s. 65. ich hatte in der
anmerkung zu v. 6028 smeken ende smeren gesagt: 'smeren wie
Salven vom bestechen gemeint? oder hängt es mit mhd. smieren
zusammen ?' dazu äufsert sich M. aao. 'wat Martin t. a, p. wil met
'oder', is niet duidelijk. En sahen en smieren is volgens kern = om-
koopen.' mhd. smieren, (smiren, wie Muller auch schreibt, kommt
nicht vor) ist durchaus nicht = nhd. schmieren, sondern eine
nebenform des mhd. smielen 'lächeln': wie dies jedes mhd. Wör-
terbuch ausweist, endlich, um mit meiner abweisung unverdien-
ten tadeis aufzuhören, macht mir dr M. s. 68 folgenden Vor-
wurf: 'Waarom M. echter hier (v. 2239) Hermeline, 2566. 2615
Ermelinc schrijft, vat ik niet: verwijdert men de Vlaamsche aspi-
ratie overal consequent, waarom dan ook niet in eigennamen? Dat
de uitspraak van den naam toen waarschijnlijk ook geweifelt heeft
en de beteekenis natuurlijk onbekend was geworden, doet niets ter
124 MULLEn DE OUDE EN DE JONGERE BEWERKING VAN DEN REINAERT
zake: ook bij de appellatieven zal de h nu eens icel, dan eena niet
zijn nitgesproketi, maar bij critische nitgaven Jioiidt men zieh aan den
regel.' der grund meines Verfahrens ist doch wol nicht schwer
zu finden, wielMuller auf der vorhergehenden seile ausführt, hahen
im V. 2239 die hss. a und h fehler, welche mit notwendigkeit ein
// in ihrer vorläge voraussetzen; dagegen an den heiden anderen
steilen geben sie den eigennamen ohne H. dieselbe inoonsequenz
zeigen die hss. und ausgaben beim namen [H] Ermeline, wogegen
Muller s. 196 nichts einwendet, vgl. auch das schwanken in Her-
sini; bei welchem namen übrigens Muller s. 197 vergisst, auch die
nebenform Herses (gen.) aus 1 112 anzuführen.
In bezug auf Hermeline übt Muller eine kritik, deren er-
wägung uns weiter führen wird, er will Hermeline gegen das in
der hs. b einmal und in der prosa durcliweg überlieferte Ermerijc
vertauschen, welches zu Ermericus in der lateinischen Übersetzung
stimme, er fragt, ob selbst ein clerc damals auf wissenschaft-
lichem wege etwas von Ermenrich hätte wissen können, ich ant-
worte, warum nicht? haben doch Gotfried von Viterbo und an-
dere historische quellen den alten namen des Gotenkönigs be-
wahrt, hat aber der bearbeiter (n) diesen einmal an die stelle des
sonst mit Willem gemeinsamen Ermeline eingesetzt, so haben wir
einen fall vor uns, in welchem er teils mit a, teils mit 1 stimmt,
möglicher weise also beide neben einander benutzte, eben dies Ver-
hältnis ist auch sonst anzunehmen, damit ist aber das fuudament
erschüttert, auf welchem eine reihe von conjecturen Mullers ua.
beruht: der satz nämlich, dass, wo b und 1 gegen a übereinstim-
men , sie auf eine gemeinsame grundlage zurückgehen , w eiche
besser als a sei. ein solcher fall ist gleich zu anfang der erzäh-
lung vorhanden: gegenüber der einfachen Schilderung des frühlings
in a stehen b und 1 mit ausführlicheren darstellungen, welche ein-
zelne Züge gemeinsam haben, aber die ausführlichkeil ist so wenig
am j)latze, dass auch Muller s. 20 hier bl nicht für ursprünglicher
halten will als a. ebenso urteilt Muller s. 59 über eine aufzählung
von tiernamen. vgl. auch s. 61 anm. 2. Muller construiert s. 9. 11
einen Stammbaum, in welchem a auf der einen, 1 und die grund-
lage von b usw. auf der anderen seile vom original ausgehen, den
fall, dass der verf. der Umarbeitung neben der grundlage auch
die lat. Übersetzung hat benutzen können, zieht er nicht einmal
in hetracht. wie es aber auch mit den Übereinstimmungen zwi-
schen b und 1 steht, so viel ist gewis, dass überall, wo beide
quellen a gegenüber stehen, nur das in den text aufzunehmen ist,
was durch inhalt, spräche, vers und reim sich als ursprünglicher
ausweist, in zweifelhaften fällen würde ich auch jetzt noch ein-
fach bei a verharren, ohne die strenge dieses grundsatzes würde
meine ausgäbe schwerlich die anerkennung verdient haben, welclie
Miillcr s. 4 ihr zu teil werden lässt, dass sie nämlich eine recht
siclicre grundlage (viij stevige grondslag) für den weilerbau ge-
MULLER DE OÜDE EN DE JOINGERE BEWERRfNC VAN DEN REINAERT 125
Währe, was ich seitdem für emendation und wol noch mehr für
Interpretation des gedichtes habe tun können, gedenke ich ein
ander mal für sich vorzulegen.
Strafsburg 18 sept. 1884. E. Martin.
Altwestsächsische grammatik vo» PJCosijn. erste hälfte. Haag, Nijhoff,
1S83. VIII und 116 ss. gr. 8°. — 3, 25 m.
Ich habe bereits DLZ 1884 nr43 auf diese verdienstliche arbeit
hingewiesen und an einigen beispielen, die mir das Wörterbuch
zu meinem Übungsbuch au die band gab, gezeigt, wie, trotzdem
unsere bisherige keuntnis von dem altwestsächsischen vocalismus
in betonten silben , welchen die erste hälfte behandelt, durch
dieselbe im wesentlichen nicht verändert wird, doch so manche
einzelbeit aus den sorgfältigen Zusammenstellungen des Verfassers
zu lernen ist. ich beschränke mich daher hier auf die dort eben-
falls in aussieht gestellten bemerkungen zu einzelnen puncten.
S. 1 fuhrt C. unter den fremdwörtern mit kurzem a in be-
tonter silbe auch papa an: allein das erste a in lat. papa war
lang, und dass es beim eintritt des w-orles ins englische nicht
gekürzt wurde, beweist die ne. form desselben pope, die nur
aus pdpa zu erklären ist, während sie bei kurzem a im alteng-
lischen jetzt 2)ape lauten würde, langes a ist ferner gewis auch
in der ersten silbe von hwara und data anzusetzen, sodass diese
Wörter zu s. 83 (§ 58, 4) gehören ; vgl. me. liwore, pore. nicht
ganz sicher bin ich rücksicbtiich der quantität des stammvocals
in dem s. 2 angeführten arafad. C. nimmt in Übereinstimmung
mit Sievers Beitr. 9, 280 denselben als kurz an. ich glaubte
dagegen Zs. 21, 44 anm. zu 1165 dräfian schreiben zu müssen
wegen altn. reifa (B bei Vigfusson) 7o rip np, disdose.' auch
bei Bosworth-Toller wird langer vocal in der Stammsilbe ange-
nommen und das wort jetzt, wie schon im alten Bosvvorlh, ua.
durch to unrove erklärt, to rove bedeutet (nach Lucas) 'einen
faden, strick, ein seil oder eine schnür durch eine Öffnung
ziehen', vgl, rove als sb. 'eine ausgezogene und lose gefloch-
tene wollrolle', ich finde weder bei Müller noch bei Skeat eine
elymologie dieser Wörter: sie könnten auf ae. *rdfian und *rdf
(oder *m/e oder *rdfa) zurfickgehen und würden dann eben-
falls für d in arafian angeführt werden können.
Langes cb setze ich an in strcec (s. 4. 5), da ce in allen
formen bleibt (s. s. 6). vielleicht ist altn. strdkr 'a landlouper,
vagabond' zu vergleichen, auch me. strek, strik spricht eher für
langen vocal im ae., bei kurzem ce würde strak die gewöhnliche
me. form sein, dagegen ist es sicher dass ce in slced kurz ist
und also aus urgerm. a entstanden ist, obwol C. s. 5 zweifel-
haft zu sein scheint, da er dem citat ein 'hier?' hinzufügt.
126 COglJN ALTWESTSÄCHSISCHE GRAMMATIK
sl(Bd gab me. iiud ne, poet. und dial. slade, das sich zu jenem
verhält, wie zb. blade zu bloBd. den phiral mwgon neben magon
will C. s. 6 als mcegon nehmen, das zu mceg gebildet wäre nach
analogie von Iceg loegon. liegt es nicht näher das ce aus dem
ce des conjunctivs zu erklären? man vgl. namentlich scylim in
der nordhumbrischen aufzeichnung des hymnus Cädmons gegen-
über dem sculan in der westsächsischen und mhd, niegen und
mügen usw.
Ich sehe ferner keinen grund , weord 'carus' von weord
'dignus zu trennen und bei dem letzteren, sowie bei den com-
positis mit ar-, gelte- und steor-, zu fragen, ob nicht als nom.
weorde anzusetzen sei, wie C. s. 40 tut, da bei den sicher dem
ya-stamm angehörenden formen die behandelten denkmäler stets
t'e, i oder ^ zeigen (s. 61. 65). auch ist das citat bei gelkweord
zu berichtigen : statt der fetten zitier ist eine gewöhnliche zu
schreiben und statt der kleinen 21 vielmehr 19. wenn sodann
C. s. 41 meint, dass feoh , pleoh, geseoh vielleicht lauge vocale
aus den syncopierten formen angenommen haben, so ist dagegen
geltend zu machen dass die Schreibung bei Orm fehh kurzes eo
zur Voraussetzung hat. was hat ferner C. bestimmt, das prät.
gesceop in § 26 (s. 44) zu erwähnen ? warum soll dieses prät.
ein unorganisches eö (dh. eo nach meiner bezeichuung) haben?
das me. schoop setzt sceöp voraus.
Langes o und nicht kurzes, das C. s. 69 ansetzt, haben
kok (trotz des hd. koch) wegen ne. cook und, wie Kluge gesehen
hat (Beitr. 8, 537 ff), gecöp und cöpenere wegen ce'pan. geJioltan
aber hätte wegen me. haben, ne. hale und ahd. halÖ7i neben
holön usw. (C. erwähnt selbst nl. heilen) nicht s. 70, sondern
s. 22 f § 8 behandelt werden sollen, s. 70 schwankt C. ferner,
ob icrenc oder wrence als nom. sing, anzusetzen sei (es handelt
sich um lotwrenc), während er s. 29 wrenc angenommen hat.
ich bin der ansieht, dass wrenc richtig ist, da in me. denkmälern,
die noch kein stummes e kennen, als nom. oder acc. bisher nur
u-rench nachgewiesen ist. dazu kommt dass wir auch nach dem
mild, rojic, renke im ae. einen /-stamm, nicht einen ya-stamm
erwarten, langes o gebührt weiterhin zwei ebenfalls s. 70 be-
handelten Wörtern, zunächst verlangt ne. school trotz des nom.
Str. scolu (Chronik 816; vgl. scolu aus scol in einer hs., während
alle andern scol haben, Ällr. Gr. 304, 12} ein langes o, das ja
auch unser schule voraussetzt, ebenso inuss man töltan schrei-
ben wegen des ne. to toot 'to pry or search' ; vgl. Nares s. v.
und Skeat s. v. toiit, das einer allgemein gewordenen, ursprüng-
lich aber nur dialectischen ausspräche von toot seine form
verdankt.
Mit unrecht wird s. 75 byrel als nom. sing, angesetzt, wie
zb. auch Grimm Zs. 6, 191 getan hat: schon Grein hat byrele
als nom. nachgewiesen, auf derselben seite führt C. cylle, kylle
COSIJX ALTWESTSÄCHSISCHE GRAMMATIK 127
an, sieht also in y umlaut aus w. das wird vvol richtig sein ;
denn dieses m. cylle ist wol = altn. kyllir 'sack' und aus dem
lat. culens oder vielmehr adleus entlehnt, es mischt sich aber
(vgl. Kluge s. V. kelle) damit das fem. altwests. a'elle. mit dieser
Schreibung liegt dieses wort vor in der Oxforder hs. der Dialoge
Gregors fol. 14': pa gefyllde he mid xoöBtere ealle pcBve cyrcean
ctellan. aus dieser stelle stammt das angebliche schw. m. ciella
in den Wörterbüchern ; vgl. aber aufser den belegen (für cille,
cylle) bei Bosworth-Toller und in Wright-Wülckers Glossen die
bei Wright-Wiilcker fehlende glosse der Cambridger Sammlung
lancola cellae (Academy vom 3 mai 1884 s. 317''). neben dem
schwachen fem. kommt aber auch ein starkes cyll vor und dieses
entspricht genau nhd. kelle, ahd. chella. — dagegen scheint es
mir nicht richtig auch bei ryft s. 76 y als umlaut von u zu fassen,
das Epinaler glossar 20 B 5 bat palla rift, das Cambridger 29,
28 laena rift und 37, 29 falla rift; bei Layamon steht rift
{mch\. ruft), dazu kommen alto. ript , ahd. peinrefta und Isidors
replus.
S. 80 steht aus versehen zweimal strcete st. strwt als nom.
sg. ebenda fragt C, nachdem er her 'hie' angeführt: 'hieher das
her (hoc anno) in der Cbron.?' mir scheint das ganz unzweifel-
haft; denn auch bei annalislischen aufzeichnungen in lateinischer
spräche finden wir hie neben hoc anno: so in den von Lieber-
mann (Ungedruckle anglonormanniscbe geschichtsquellen, Strafs-
burg 1878, s, 1 — 8} herausgegebenen teils englischen, teils la-
teinischen annalen:
McxiHi. Hic Radulfus rofensis episcopus snscepit archiepi-
scopatnm cantuariae. vi. A Mai. _
McxxFi. Bic radulfus archiepiscopus ohiit. xni. kl Nov.
Mcxxxv. Hic ohiit Henricus rex anglorum usw.
sehr wolbegründet ist aber C.s s. 81 aufgeworfene frage, ob nicht
celenge und nicht wleng als nom. sg. anzusetzen sei, dass celenge
die richtige form ist, wird, um andere gründe nicht erst anzu-
führen, durch me. elenge, elinge bewiesen, wie schon Stratmanu^
18* gesehen hat. celengness fastidium usw. (Wright- Wülcker
235, 14) verhält sich zu celenge, wie zb. swetness zu swete.
S. 87 führt C. grin unter den Wörtern mit langem i auf.
aber der accent in der Hattonhs. 317'^ ist nicht beweisend, da
die handschrift öfter kurze vocale accentuierl. dass ferner auch
aus dem nom. grin, der n, sein kann, nicht länge folgt, wie
Sievers Beilr. 1, 490 und 494 geschlossen hat, ist mit recht
von Zimmer Nominalsuff. a und d s. 302 bemerkt worden, für
kürze des vocals spricht aufser dem von Zimmer geltend ge-
machten pl. ntr. grynu der umstand , dass das wort im me.
nicht blofs als grin und gryn, wie es allein lauten könnte, wenn
der vocal lang gewesen wäre, sondern auch als gren, grün, gron,
gran usw. (Mätzner VVb. ii 318'') vorliegt.
128 COSIJN ALT WESTSÄCHSISCHE GRAMMATIK
S. 101 nimmt C. in drafian uud dem davon abgeleiteten
drafinuj langes a au, wie dies seit Grein, der auf alln. p reif a hin-
wies, wol ziemlich allgemein geschieht, ich glaube aber zunächst
dass das ae. und das altn, wort in den bedeutungen zu ver-
schieden sind, als dass ihre identität unzweifelhaft wäre. altn.
preifa bedeutet 'mit der band berühren, tasten', das ae. prafian
aber 'autreiben, zu etwas anhalten'; vgl. aufser den belegen
in den lexx. auch Bl. hom. 45 se bisceop sceal . . . prafian pa
mcessepreostas mid lufe ge mid lape, pCBt hie healdan godes cewe
on riht. ich halte das a in dem englischen worte für kurz,
dafür scheint mir schon der umstand zu sprechen , dass es im
dialect von Lincolnshire nach Skinner to thrave wurde (vgl. Halli-
well s. V. und die 6 publication der Dialect society: John Ray's
collection of euglish words ed. Skeat, 1S74, s. 69) und nicht zu
to throve. aufserdem glaube ich dass es unser traben, mhd.
draben, draven ist. die entwicklung der bedeutung ist ganz ana-
log, wenn aus ae. prician 'stechen' (Älfr. Gr. 180, 10) me. prikien,
ne. dicht, prick 'rasch reiten' wird: zuerst sagte man transitiv
ein ros draben und Iwrs (mid pdm spiiran oder spnrum) prician
(vgl. he'ow poet Jwrs mid pdm spuran Alfr. De n. test. ed. Grein
18, 21), dann mit ellipse des acc. iutr. draben, prikien. — langes
a hat natürlich drag: aber, wie will es C. rechtfertigen dass er
das wort unter denen anführt (s. 101), deren d aus ai entstan-
den ist? man kann drdg doch nicht von prwgan und dieses von
got. pragjan trennen : drdg gehört also auf s. 83 (§ 58, 4). —
dass geddl und gemdna ohne umlaut sind (C. fragt s. 101 'warum
ohne umlaut?'), erklärt sich aus dem abfall des Stammesauslauts
i vor dem suffix o, resp. an. — dass das cb in hhene auf ai und
nicht auf w zurückgeht (C. scheiut nach der frage s. 103 zu
schwanken), dafür spricht ne. lean und die ausspräche mit e-laut
im 16 jh. (EUis 895).
Möge der verehrte verf. an diesen anspruchlosen bemer-
kungen wenigstens erkennen, mit welchem Interesse ich sein
buch gelesen habe.
Berlin, den 29 august 1884. Jclius Züpitza.
Fornsögur suilrlanda. Magus saga jarls, Konrads saga, Boxrings saga, Flo-
vcnts saga, Bevers saga med inledning utgifna af Gustav CEDERscniöLD.
Lund, FrBerlings boktryckeri och sülgjuteii, 1884 (i kommission hos
FABiockhaus, Leipzig, Berlin, Wien; CWKGleerup, Lund). cclii und
273 ss. 4°. — 17,50 kr.*
Den freunden altnordischer litteratur sind wol die in den
Jahrbüchern der Lunder Universität band xiii — xix erschienenen
ausgaben der fünf auf dem titel angegebenen romantischen sagas
1* vgl. Litt, centralblatt 1884 nr 47.]
CEDERSCHIÖLD FORNSÖGUR SUBRLANDA 129
bekannt, aber erst in diesem jabre sind sie von dem herausgeber
zu einem stattlichen bände zusammengefasst und mit einer um-
fänglichen einleitung versehen worden, welche über die principien
der ausgäbe rechenschaft gibt und die litterarische Stellung und
geschichte dieser denkmäler bespricht, weniger die geschichtc
der in ihnen behandelten Stoffe und somit der mittelbaren oder
unmittelbaren quellen, zum teil weil hierüber bereits von andern
gehandelt worden ist, so besonders über die Magus saga von Wulff,
GParis, Suchier (Germ. 20, 273), Köhler (Germ. 21, IS), Kölbing
(Germ. 21, 354), zum teil weil dem herausgeber die französischen
originale nicht zugänglich waren, so nicht einmal die ausgäbe
des Renaud de Montauban s. lxxxii, aber wol hauptsächlich weil
ihm andre probleme wichtiger schienen, es soll damit durchaus
kein Vorwurf gegen die treffliche einleitung ausgesprochen, nur
das germanistische und romanislische publicum auf ein noch un-
angebautes arbeitsfeld aufmerksam gemacht werden, welche ge-
stalt der geschichte von den vier Haimonskindern der Verfasser
der Magus saga, welche von Loher und Maller der der Konrads
saga gekannt habe, wie die originale der eigentlichen Übersetzungen,
d. i. der Bsrings, Flovents, Bevers saga beschaffen gewesen seien,
wie das der beiden letzleren sich zu den bekannten dichtungen
von Floovent und Beuves de Hanstone verhalte, kann noch den
gegenständ mancher Untersuchung bilden, für welche die von Ge-
ring in deutscher spräche beigesteuerten ausführlichen analysen
der Konrads, Baerings, Bevers saga eine willkommene erleichte-
rung bieten, ich will nur auf eine auffallende Übereinstimmung
der Bevers saga — ob auch einer der französischen, italienischen
oder englischen Beuves de Haustone, ist mir im augenblick nicht
möglich festzustellen i — mit unserm Grafen Rudolf hinweisen, cap.
v — XVII : Bevers wird ritter eines orientalischen und heidnischen
fürsten, in dessen dienst er grofse waffentaten vollbringt, zum
lohn erhält er ein ausgezeichnetes pferd, dessen Schicksale neben
denen des beiden bis zu beider lebensende erzählt werden, in
folge eines liebesverhältnisses mit der tochter seines herrn gerät
er in harte gefangenschaft, in welcher er besonders von hunger
zu leiden hat, sodass er auch, nachdem die flucht aus dem kerker
gelungen, gefahr läuft zu verschmachten, er kommt nach Jeru-
salem, von da zu seiner geliebten, die unterdes gezwungen worden
war einen andern zu heiraten, mit hilfe von deren treuem diener
Bonifrey gelingt es ihm sie zu entführen, sie lagern in einem
waldversteck, während Bevers ein wild zu erlegen trachtet, wer-
den Bonifrey und seine herrin von zwei löwen angegriffen, welche
Bonifrey töten, dieser letzte zug so wie der name Bonifrey er-
lauben auch die vorhergehenden allgemeineren Übereinstimmungen
als mehr denn zufall aufzufassen. — cap. xxiv bis xxvi bietet eine
* die Histoire litteraire 18, 700. 74S, Ra.jna Oiigini s. 382 und Warion
ed. Hazlitt 2, 142 ergeben niclits.
130 CEDERSCHIÖLD FORNSÖGÜR SÜBRLANDA
Variation der Eustachiuslegeode. — auf eiue zusanimeogesetzte
vorläge weist cap. xiii und xx. wälirend an der ersten stelle Jo-
svena, Beyers geliebte, im besitze eines gürteis ist, der jeden an-
griff auf ihre jungfrauschaft vereitelt — sie verwertet ihn gegen
den ihr aufgenötigten gemahl — , benutzt sie an der anderen stelle
ihren gürtel um einen bedränger ihrer ehre zu erdrosseln, dazu
brauchte ein gürtel doch keine zauberhaften eigenschaften zu
haben, man beachte dass nur cap. xiii innerhalb der mit dem
Grafen Rudolf übereinstimmenden parlie fällt.
Aber ein herausgeber hat in der tat näher liegende aufgaben,
die gestaltung der texte und die eiustellung der ganzen werke
wie der einzelnen redactionen in die reihe sonst bekannter litte-
rarhislorischer tatsachen. nach beiden richtungen erscheinen die
Forusögur sudrianda als eine sorgfältige , umsichtige und resul-
tatreiche arbeit.
Das princip der ausgäbe wird von Cederschiöld s, lxui an-
gegeben und gerechtfertigt, da die handschriften zum grofsen teil
bearbeilungen, und zwar mitunter sehr weitgehende sind, so wäre
es aus practischen gründen untunlich gewesen, neben dem text die
abweichungen der handschriften von demselben in form von les-
arten mitzuteilen. Cederschiöld veröffentlicht also nur die ihm die
älteste scheinende redaction, welche durch eine oder mehrere
hss. repräsentiert sein kann, mit den lesarlen dieser redaction un-
ter dem text, während über die anderen redactionen und hss. in
der einleiiung gehandelt und eine auswahl der wichtigeren lesarten
derselben nach verschiedenen gesichtspuncten mitgeteilt wird, wo
die redactionen allzu weil auseinandergehen, müssen die jüngeren
allmählich auch selbständig ediert werden wie dies zb. mit der
gröfseren Magus saga durch l*ordarson, Kopenhagen 1S58, schon
geschehen ist. das princip, das wir auch bei gedichten der helden-
sage anwenden, ist mit einigen wolbegreiflichen modificierungen
— s. darüber s. lxiv* — streng durchgeführt bis auf die capitel-
einteilung, die in der ausgäbe mitunter einer anderen als der ge-
wählten redaction entnommen und deren inhallsangaben durch
zilfern ersetzt sind, die wie es scheint nicht in den hss. stehen,
s. s. Lxvni. ich sehe den grund dieser ausnähme nicht ein. die
capitelüberschriften gehören ebenso zum toxi einer redaction als
zb. die aventiurentilel in unseren Nibelungen oder die inhalts-
angaben in den werken mancher didacliker. abgesehen davon
und von der durchgefiihrten modernen interpunction und Ver-
wendung grofser buchstaben erscheint der text der gewählten re-
daction , wie er von dem Schreiber der ältesten oder besten hs.
derselben dargestellt worden wäre, wenn dieser ihn mit gleichmüfsig
gespannter aufmerksamkeit corrigiert hätte, die absichtlichen feh-
ler, d. i. abweichungen vom ursprünglichen, wo es erschlossen
werden kann, sind beibehallen worden, s. einleitung zur Magus
saga s. cxxx und die lesarten zu 22, 40. 25, 35. 35, 11.
CEDERSCHIÜLD FOR^SÖGUR SüftRLANDA 131
Nicht iü gleichem mafse einverstanden kann mau sich mit
der methode erklären, nach welcher die Verwandtschaftsverhält-
nisse der redactionen und hss. in der einleitung erörtert werden.
es scheint zwar dass die gruppierungen richtig sind — Stamm-
bäume aufzustellen war nicht immer möglich s. s. cv — , aber die
als beweisend angeführten stellen sind es zum grolsen teile nicht,
so zur Magus saga s. cxxivff. die hss. A,B, C, D, G, AM gehören
zu einer redaction, A aber soll den besten text enthalten, dies
wird bewiesen durch anführuug von 'läsarter, som med tämlig
visshet kunna betecknas som mindre ursprungliga an de motsva-
rande i A'. aber in der nun folgenden Sammlung von Varianten
der hs. B sind kaum zwei, die man als abweichungen vom ur-
sprünglichen, hier A, ansehen kann, s. 9, 58. 59. 27, 34. 35.
eiieuso s. cxxx eine Sammlung von stellen, aus denen hervorgehen
soll dass auch A mitunter geändert, das ursprüngliche sich in
den übrigen hss. der redaction erhalten habe, neben fällen wie
s. 5, 35. 33, 16 ua. eine menge anderer, in denen das echte ebenso
gut von A als von den anderen hss. geboten werden kann, be-
sonders wenn diese unter sich auseinandergehen, in einigen
dieser fälle möchte man geradezu einen beweis für die ursprüng-
lichkeit der lesart in A erblicken, so wenn es s. 12, 10 dort
heifst: Keisari reidir iipp taflininginn oc ä nasar Rögnvalldi, wäh-
rend B vor d nasar ein reAr einschiebt, CO setr, und die zu der
längeren redaction gehörige hs. F sker.
Sehr gut wider sind die lilterarhistorischen characterisliken der
verschiedenen redactionen, wie die erzählungsweise, welche in den
ältesten fassungen jener der Islendinga sögur noch ziemlich nahe
steht, allmählich durch die ausführlichere aber die phantasie we-
niger anregende, dabei von den empfindungen des bearbeiters ge-
färbte darstellungsart der romantischen sagas ersetzt wird, s.
s. cxvnif, wie unbestimmte reminiscenzen aus der Thidreks saga
dem späteren bearbeiter anlass geben, diese aufzuschlagen und
auszuschreiben, sogar mit beibehaltung eines falschen tempus s.
xci. cix'.
Mit Scharfsinn und besonnenheit behandelt Cederschiöld die
Vorgeschichte der uns erhaltenen Überlieferung und weist zb. in
der Magus saga, nachdem er die entstehung der jüngeren redac-
tionen der saga durch hinzufügung von pcettir in der mitte wie
am ende des ursprünglichen textes beschrieben hat, s. s. cif, auf
deutliche spuren hin, welche auch die älteste durch A repräsen-
tierte redaction als Verbindung zweier ursprünglich selbständigen
sagas erscheinen lassen, s. cxv f.
Nicht das geringste verdienst der einleitung ist schliefslich
der dem Verfasser durch seine reiche belesenheit in der altnordi-
schen litteratur ermöglichte nachweis, dass die Übersetzer und
bearbeiter dieser südeuropäischen stotfe mit ihrer nationalen lit-
teratur vielfach sehr vertraut waren und durch benulzung schon
A. F. D. A. XI. 10
132 CEDEUSCHIÜLD FORNSÜGÜR SU-frRLANDA
vorhandeuer litlerarischer typen ihren fremden Stoffen ein natio-
nales gepräge zu geben wüsten; so über Magus als skeljakarl
s. xciv, über Magus als Vidföndl, d. i. der ISornagesttypus s. xcii
— xcv. cxxxvm.
Traunkirchen, august 1884. Heinzel.
Goethes briefe. Verzeichnis derselben unter angalie von cjuelle, ort, datnm
und anfangsworten. darstellung der beziehungen zu den empfängern.
inhailsangaben der briefe. mitleilung von vielen bisher ungedrucklen
briefen. herausgegeben von Fr.Sxr.EHLKE. Berlin, Gustav Hempel (Bern-
stein und Frank), 18S2-1884. drei teile. 496, 543, 247 ss. S". — 27 m.*
Es ist gewis ein lobenswertes iinternebnien, die arg verzet-
telte litteralur der Goelliebriefe unter einem rahmen zu einem
ganzen zusammenzufassen, über die nolwendigkeil und nützlich-
keil desselben wird kaum jemand einen zweitel laut werden las-
sen, der herausgeber hat ileifs und mühe nicht gespart, um die
schier endlose und nicht immer anregende arbeit in verhältnis-
mälsig kurzer frist zu bewältigen, dass berichligungen (vgl. be-
sonders Biedermann im Archiv für litleraturgeschichte xi 307 ff.
425 if. 599 f. XII 154 IT. 455 f. 612 If) und nachtrage notwendig
wurden, wäre für jeden anderen ebenso unvermeidlich gewesen :
genug dass die lücken dem nachprüfenden nicht öfter entgegen-
gähnen und die fehler meistens die biographischen angaben be-
treffen, welche ohnedies nicht zur eigentlichen aufgäbe des heraus-
gebers gehören, hier fragt es sich blofs, auf welchem wege der
herausgeber seine aufgäbe gelöst hat und ob dieser weg der rich-
tige war.
Die einrichtung des Verzeichnisses ist die folgende: voran
steht eine einleilung, welche in allzu gedrängter kürze eine chro-
nologische Übersicht der lideiatur des Goelheschen briefwechsels
gibt, ohne sich zu freier übersieht oder allgemeinen gesichts-
puncten zu erheben, darauf folgt das Verzeichnis der öfters ci-
tierlen quellen, in welchem die widergabe des litels der aus anli-
qua gedruckten Schriften mit letteru derselben gaUung doch wol
eine unnötige typographische erschwerung war. endlich als kern
des ganzen werkes das Verzeichnis der briefe, nach den adrcs-
saten geordnet, wobei incousequent der Frankfurier senat unter F,
der magislrat von ISürnberg unter M, und der ausschuss zur er-
richlung eines Blücherdenkmals unter A zu finden ist. jeder adres-
sat erhält einen besonderen arlikel mit eigener Überschrift, bio-
graphischen nolizen, kürzeren oder längeren angaben über sein
Verhältnis oder seine beziehungen zu Goethe, einem speciellen
quelleuverzeichnis für die an ihn gerichleteu Goelheschen Iniefe,
worauf dann in chronologischer reiheidbige diese selbsl nach da-
lum, brielanfang und druckorl angegeben werden, in seilenden
(* vgl. DLZ 1&84 nr 39 (R.\l Werner).]
STREHLKE GOETHES BRIEFE 133
fällen, wo es gestattet wurde oder ntilzlich schien, findet auch
abdruck der hriefe nach dem manuscriple oder nach einem schwer
zugänslichen ersten druck statt: ein billigeuswcrles vorgehen,
welches sowie überhaupt das sorgtäUige aufspüren und benutzen
der originale der briele lob verdient, dem sammelfleirse StrehlUes
wird die schuldige anerkcnnung in den äugen aller billig den-
kenden dadurch nicht entzogen, dass man hie und da zu den
quellen einen früheren oder späteren druck , vielleicht wol gar
eine eigene publicalion anmerken kann, und bei dem kurzen brief-
wechsel zwischen Goethe und Klopstock (i 347) wird uiemand
Schraidliu und die übrige abgeleitete Klopstocklitteratur vermis-
sen, eher möchte man vielleicht die angaben über die adressalen
überhaupt für entbehrlich halten: sie sind oll unzureichend (dass
Hammer-Purgslall anfangs der 90er jähre in Jena studierte i 236,
wäre aus der Schillerlitteralur leicht zu belegen gewesen), mit-
unter falsch, meistens weitläutig und selten für den, welcher über-
haupt ein solches Verzeichnis zu benutzen versteht, unentbehrlich,
am Schlüsse endlich (band 2, 525 ff) wird eine gruppierung der
hriefe 'nach bestimmten gesichtspuncten' dh. nach den gesichts-
puncten, von denen aus die adressaten für Goethe von bedeutung
sind, versucht, warum hier die briele an Knebel, Schiller, frau
von Stein und Zelter weggelassen sind, da sie doch unter die
rubrik 'persönlicher oder freundschaftlicher verkehr' mit män-
nern und frauen ungescheut hätten aufnähme finden können,
wird niemand begreifen, auch die 'gesammtresultate, welche aus
Goethes briefen hervorgehen', sind nicht viel mehr als bekannte
gemeinplätze, welche wenig tief greifen und besser entbehrt wor-
den wären.
Damit hat Strehlke, welcher alle zwei jähre einen nachtrag
zu geiien verspricht, der uns willkommen sein wird, seine arbeit
geschlossen, auf grund derselben liefert die veiiagshandlung im
dritten bände ein chronologisches Verzeichnis von Goethes briefen ;
also das, was am meisten not tut und bedürfnis ist. es ist kein
zweilel dass Strehlke geschickter zu werke gegangen wäre, wenn
er die chronologische anordnung gewählt und sich an das musler
Redlichs in dessen ausgäbe der Lessiugschen hriefe gehalten hätte,
denn erstlich hätte er die haltte des ziemlich mafslos in anspruch
genommenen raumes erspart, dann hätte er auf diese weise auch
die antworten in seine arbeit einbeziehen können, und endlich
wäre durch nummerierung der chronologisch auf einander folgen-
den hriefe und anführung der nummern in einem Personenregister
der briefwechsel Goethes mit einzelnen jiersonen ebenso leicht zu
übersehen gewesen, während das umgekehrte nicht der fall ist.
man wird doch auch weit öfter in die läge gesetzt sein, Goethes
briefe aus einem bestimmten Zeitraum nachschlagen zu müssen,
als über den fortgang seiner beziehungen zu dieser oder jener
persönlichkeit bclehrung zu suchen, ein chronologisches ver-
10*
134 ÖTREHLKE GOETHES BRIEFE
zeichnis zu Goethes briefen stellt eine fortlaufende selbstbiograpliie
des dichters dar, während die Slrehlkesche anordnung uns nur
untergeordnete tragen zu lüseu erlaubt.
Möchten auch Schillers briefe mit gleichem fleifse gesammelt
und verzeichnet werden, aber in chronologischer reihenfolge.
Zum Schlüsse ein kleiner nachtrag. das germanische museum
in Nürnberg besitzt (aus Böttigers nachlass, dessen autographen-
sammlung sich dort befindet) eine Sammlung von Goethebriefen,
welche mir aut mein ansuchen von der direction bereitwilligst
zur einsichtnahme an die hiesige Universitätsbibliothek zugeschickt
wurden, es sind die folgenden, grostenteils bereits gedruckten
briefe :
1) Rom den 17 november [1786] an Wieland: Ich vinfs
dir doch mich; gedruckt in Litterarische zustände und Zeitgenossen,
in Schilderungen aus KABöttigers handschriftlichem nachlasse, hg.
von RWBöttiger (Leipzig, Brockhaus) n 148 ff; Italienische reise
(Hempel) xxiv 687 f; vgl. Strehlke n 385. — 2) [etwa juli 1788]
an Wieland: Indem du heschäfligt List; gedr. Lit. zust. ii 151 f;
vgl. Strehlke ii 385. — 3) d. 26 sept. 93 [an Wielnndj: bey-
h'egende drey Gesänge Reinkkes; gedr. Lit. zust. ii 152 und bei
Strehlke ii 386 (nicht nach der handschritt). — 4) Weimar den
12 august 1796 [an Böttiger, abschritt]: Etc. Wohlgeh. ist be-
kannt; gedr. Lit. zust. n 141 f und (mir unzugänglich) in den
Grenzboten 1857 nr 5, Berliner Sammlung n; vgl. Strehlke i 81.
— 5) W^eimar den 12 august [an KABöttiger]: Beykommendes Blatt
haben Sie wohl; gedr. Lit. zust. ii 141; vgl. Streldke i 81. —
6) Weimar d. 16 jan. 1797 [an KABöttiger]: Für das epische
Gedicht; gedr. Lit. zust. ii 142; vgl. Strehlke i 81. — 7) Wei-
mar d. 28 jan. 97 [an KABöttiger]: Für die Mittheilung der
Gott. Anzeigen; gedr. Lit. zust. ii 142 f; vgl. Strehlke i 82. —
8) Weimar d. 10 april 97 [an KAHöttiger]: Hier kommen end-
lich die vier ersten Musen; gedr. Lit. zust. ii 143; vgl. Strehlke
I 81. — 9) Jena am 26 mai 1797 an herrn oberconsistorialrat
Böttiger: Es ist mir sehr angenehm zu hören; gedr. in den Zeit-
genossen, dritte reihe, vi band, 3 und 4 lieft s. 99; vgl. Strehlke
I 82. — 10) Jena am 3 juni 1797 [an KABöttiger]: Den letzten
Gesang schicke ich Morgen; gedr. Lit. zust. ii 144 f; vgl. Strehlke
I 82. — - 11) Weimar d. 26 juli 97 an KABöttiger: Vom Vie-
ivegischen Almanach; bisher ungedriickt, folgt unten. — 12) Wei-
mar am 16 juli 1797 an KABöttiger: Die Griechen haben ein Spiich-
wort; gedr. Lit. zust. ii 146; vgl. Strehlke i 82. — 13) Weimar
den 19 juli 1797 [au KABöttiger]: Für den übersendeten Mar.\i/as;
gedr. Lit. zust. ii 146 f; vgl. Strehlke i 82. — 14) den 20 juli
1797 an KABöttiger: Ilierhey übersende das Käfighaus; gedr. Lil.
zust. II 147; vgl. Strehlke i 82. — 15) fehlt. — 16) ein exemplar
des einzeldruckes des in den Nachgelassenen werken 1833 unter
dem litel den Freunden gedruckten gedichtes (Hempel iii' 348), wel-
STREHLKE GOETHES BRIEFE ISS
ches im einzeklrucke Am achtundzwanzigsten August 1826 über-
schrieben isl. darunter von Goethes band links Weimar, rechts
Goethe. — 17) Weimar d. 15 oclbr. 1803 an KABottiger: Auf
Ew. Wohlgeb. gefällige Anfrage; gedr. Lit. zust. n 147 f; vgl.
Strehlke i 82. — 18) Weimar den 27 febr. 1830 [an Knebel],
blofs in abschrift vorhanden: Du hast mir, mein alter; gedr. bei
Döring Goethes briefe, Leipzig 1837, s. 456 f, bei Guhrauer ii
394 ff, und (mir augenblicklich unzugänglich) in der Berliner
Sammlung und in Knebels Übersetzung des Lukrez (2 aufl.)
s. XXII ; vgl. Strehlke i 361. — 19) [ohne datum an KABottiger]:
Die auf den Berliner Almanach bezüglichen; gedr. Lit. zust. ii 141 ;
vgl. Strehlke ii 81, welcher dec. 1796 vermutet. — 20) [ohne
datum und adresse]: Viel Dank für die Communication der Ode;
bisher ungedruckt, folgt unten. — 21) ein brietcouvert, auf wel-
chem die Worte stehen: Herr Oberconsistorialrath Böttiger wird
ersucht gegenwärtiges bis zur bestimmten Epoche bey sich uner-
öffnet liegen zu lafsen. Goethe; gedr. Lit. zust. ii 142. — 22) ein
Zettel von fremder band ; nur ein teil gedruckt in den Zeitge-
nossen, dritte reihe, vi band, 3 und 4 heft s. 40.
Zu den einzelnen stücken ist folgendes zu bemerken: 1) ein
octavbogen, ganz von Goethes eigner band beschrieben. Lit. zust.
s. 149 z. 1 ist Mercken, wie ganz deutlich steht, statt Mencken (?)
zu schreiben ; z. 5 : Er ist in Werden, ein trockner, treuer fleifsige
Deutscher; z. 9: qualificiren anstatt bilden; z. 14: statt zur
Kenntnifs: der Kenntnifs; z, 16: das statt dies; z. 17: Er kann
sich und wird sich. 2) ein bogen in grofsquart, von welchem
nur die zwei ersten selten von Goethes band beschrieben sind,
auf der vierten steht die adresse Herrn Hofrath Wieland; unten
rechenübungen mit schwarzer tinte und rotem stilt, wol von
Wieland mit den kiudern vorgenommen. Lit. zust. s. 151 z. 7
muss es hierher und unzähliche heifsen; s. 152 z. 1 Gold oder
Silber. 3) ein folioblalt, von dem nur die vordere seile von
Goethes band beschrieben ist. Lit. zust. s. 152 z. 19 ist das
zweite auf zu streichen. 4) ein bogen in kleinoctav, nur die
erste seile vom abschreiber beschrieben. Lit. zust. s. 142 z. 3
ist Verbindungen statt Bedingungen zu lesen. 5) ein bogen in
kleinoctav, nur die erste seile ist beschrieben und nur die Unter-
schrift von Goethe. 6) ein bogen in grofsquart, von welchem
blofs die erste seile beschrieben ist. auf der vierten seile Goethes
Siegel mit dem Amor, die scbrift von Goethes band, der heraus-
geber der Lit. zust. bringt diese nummer wol mit recht mit nr 21
in Verbindung, diese besteht aus einem couvert, auf welches ein
Schreiber die oben (z. 15 — 17) citierten worte, Goethe aber nur
seinen namen geschrieben hat. vielleicht hat der herausgeber
der Lit. zust. unsere nummer noch in dem couvert liegen ge-
funden; sie passt genau in dasselbe, das couvert ist gleichfalls
mit dem Amor gesiegelt. 7) ein bogen in quart, nur die erste
136 STREHLKR GOETHES BRIEFE
Seite beschrieben. 8) ein qiiartblatt, nur die Vorderseite be-
schrieben und nur das G. von Goethes band. Lit. zust. s. 143
z. 14 muss es conferiren können heifsen. 9) ein bogen in grols-
quart, nur die erste seite ist beschrieben, auf der vierten die
adresse Des Herrn Oberconsistorialrath Böttiger Wohlgeh. Weimar,
von Goethes band nur die nachschril't und Unterschrift. 10) ein
bogen in quart, nur zwei Seiten sind beschrieben, und blofs die
unterschritt von Goethes band, zu Lit. zust. s. 144 z. 10: Goethe
dictierte zuerst schicke ich sogleich durch einen Boten, strich es
aus und schrieb mit eigner band darüber: schicke ich Morgen
durch einen Boten; s. 145 z. 4 lebhaftes nnd der; z. 9 und ein
Specimen; z. 10 os intermaxilare. 11) ein bogen in octav, nur
die erste seite ist von Goethe eigenhändig beschrieben , auf der
vierten von der band eines Schreibers die adresse Herrn Ober-
consistorialrath Böttigers Wohlgeb. der brief lautet:
Vom Viewegischen Ahnanach wünschte ich folgende Exemplare
abgegeben:
An die drey Fürstl. Personen, jeder ein Ex. 3
Herder 1
Wieland 1
Schiller 2
Voigt 1
In mein Haus 2
Nach Frankfurt an meine Mutter ... 2
~Ex. 12
Die allenfalls übrigen bitte mir aufzuheben.
W. d. 26. Juli 97. G.
12) ein bogen in quart, nur die erste seite beschrieben, auf
der vierten die adresse Herrn Oberconsistorialrath Böttichers Wohl-
geb. nur die adresse und Unterschrift von Goethes band. Lit.
zust. s. 146 z. 10 Schillerischen. 13) ein bogen in grofsquart;
nur die erste seite beschrieben, und nur das G. von Goethes
band. Lit. zust. s. 147 z. 1 ist ihn durchgestrichen und den
Freund an die stelle gesetzt. 14) ein bogen in kleinoctav; nur
die erste seite beschrieben, und nur das G. von Goethes band,
auf der vierten seite die gewöhnliche adresse. Lit. zust. s. 147
z. 7 hatte der Schreiber Bocco geschrieben; Goethe streicht das
wort aus und setzt das richtige darüber. 16) bietet aufsor der
Überschrift gegenüber dem drucke bei Hempel keine anderen
abweichungen als in der Orthographie und interpuuction. 17) ein
bogen in folio, nur die erste seite beschrieben, auf der vierten
die gewöhnliche adresse. von Goethes band nur die Unterschrift
von mit besondrer an. Lit. zust. s. 147 z. 13 f ist zu lesen vor-
läufig auf das aufmerksam zu machen, was. 18) weist gegen-
(d)er Guhrauer (anders bei Döring) keine bemerkenswerten Va-
rianten auf; das datum steht am Schlüsse. 19) ein kleines blatt
STREHLKE GOETHES BRIEFE 137
in quart, nur die erste seite beschrieben und nur das G. von
Goethe. Lit. zust. s. 141 z. 9 ist indessen recht wohl zu lesen.
20) ein blatt in octav, nur die erste seite ist von Goethes band
beschrieben und lautet:
Viel Dank für die Communication der Ode, sowie für die
Erlaubnifs dass Schiller die Oden mit nach Jena nehmen könne.
Sie wollen einzeln gelesen und genossen seyn. G.
Das billet lässt sich genau und sicher datieren ; es muss
am 19 oder 20 juli 1797 geschrieben sein. Schiller kam am
11 nach Weimar, um von Goethe, der nach Italien reisen
wollte, abschied zu nehmen; und er blieb bis zum 10. am
tage der abreise Schillers oder einen tag später wird das billet
geschrieben sein. Schiller schreibt am 23 juli 97 an Goethe:
An Böttigern schicke ich heut die Klopstockiana und hob' auch ein
paar Zeilen dazu geschrieben (vgl. Briefw. zwischen Goethe und
Schiller i^ 274. 277). wir erfahren daraus auch dass ßultiger
der adressat ist uud unter den öden die Klopstocks zu verstehen
sind, wol nach der ausgäbe von 179S, welche sich ßottiger in
aushängebogen oder abschritt so früh zu verschaffen wüste. 21) vgl.
zu 6. 22) ist ein octavblatt und nur auf der ersten seite von
fremder band beschrieben mit den folgenden lateinischen und
deutschen versen :
Seh Hier an Goethe.
Schiller der Reuige spricht:
Freund, wir gewönnen unendlich,
Wären die Hören verstündlich
Aber die Xenien nicht!
Epitaph ium.
Sit tibi terra levis! Dux fuit ante gravis.
Ad Boettigerum.
Bcettigerum Te lauriferum Fama atque Camoence
Collaudant. Satibus Colloquioque places.
Uno \it qucBso! edas tandem Tua Carmina libro,
Lectores Optant Haugiadesque simul.
Das auf die Xenien bezügliche xenion hat KWBötliger in
der biographischen skizze seines vaters (Zeitgenossen aao.) mit-
geteilt, indem er (s. 40 anm.) fragt: Von wem mag wol das
Xenio7i sein, welches ich handschriftlich fand, wo Schiller zu Goethe
sagt usw.
Aufserdem findet sich unter den besprochenen papieren noch
eine quittung Flerders, welche lautet:
Einhundert Thaler Besoldungs-Quartal auf Ostern 17S5. fällig,
sind mir von Fürstl. Kammer ausgezahlet worden, worüber hier-
mit quittire
Weimar, den 16. Febr. 1785. G. G. Herder.
Goethe.
138 STREHLKE GOETHES BRIEFE
die Unterschrift Goethes ist eigeuhäudig. JPraetorius liat die amt-
liche bemerkuDg darunter geschrieben : 100 rthl. — . — . aufgerechnet.
Icli habe oben bei angäbe der Varianten blofs sinnentstellende
oder den sprachlichen ausdruck verändernde abvveichungen der
drucke berücksichtigt. Orthographie, interpunclion, abkürzungen
wurden nicht beachtet. und doch hätten diese nebensachen,
wenn man sich einmal auf den wörtlichen abdruck von briefen
einliefs, alle beachtung verdient, namentlich die interpunction
des vorigen Jahrhunderts, welche man aus drucken weniger als
aus handschriften kennen lernt, hätte bewahrt werden sollen.
Goethe interpuugiert weit vernünftiger und sparsamer als wir
es im 19 Jahrhundert gewohnt sind, man schelte das nicht
kleinigkeitskrämerei: eben weil kein grund zur Veränderung da
ist, hätte man die kleinigkeiten nicht anrühren sollen. Lit. zust.
und zeitg. n 145 z. 18 heifst es lese ich, s. 149 z. 9 tverde ich;
im original ^teht kfs ich, tverd ich; Goethe vermeidet den hiatus
auch in der prosa. s. 161 z. 21 heifst es Luftperspective , im
original steht Lußperspektio , was im vorigen Jahrhundert die
durchgehende form ist, weil man das wort französisch sprach.
s. 151 z. 7 heifst es unzählige, im original nnzähliche, und Goethe
schreibt auch Bölticher statt Böttiger; gerade so wie er im Faust
steigen: reichen: zeigen reimt, wer die spräche Goethes studieren
will, wird auf die älteren drucke wenig bauen dürfen und gut
tun, manuscripte aus verschiedenen Zeiten seines lebens zu
rate zu ziehen ; wenigstens als regulativ und zur correctur.
deswegen habe ich auch auf diese manuscripte aufmerksam machen
wollen, [nachträglich bemerke ich noch dass die in Schröers
Deutscher dichlung des 19 Jahrhunderts s. 438 angeführten Goelhe-
schen manuscripte der Wiener hotbibliothek von Strehlke nicht
berücksichtigt worden sind.]
Vöslau 26 sept. 1884. Mlnor.
Salonion Hirzels Verzeichnis einer Goelhe-bibliothek mit nachtragen und fort-
setzung herausgegeben von Ludwig Hirzel. Leipzig, verleg von SHirzel,
1884. VI und 215 ss. 8". — 3 m.
Auch wer zu den glücklichen besitzern der früheren , als
manuscript für freunde gedruckten auflagen dieses Verzeichnisses
gehört, wird nur mit Unwillen gesehen haben, wie sehr der an-
kauf desselben minder glücklichen erschwert wurde, ein so unent-
behrliches handwerkszeug sollte niemanden vorenthalten werden
und die Goethegemeinde hat keinen grund mehr sich als stille
gemeinde zu betrachten, im namen der Wissenschaft also muss
jeder wolmeinende denen dank wissen, welche das Ilirzelsche Ver-
zeichnis im eigentlichen sinne zum gemeingute gemacht und trotz
vollständiger bewahrung des characters, den ihm der erste Verfasser
gegeben, durch verständige Zusätze und nachfrage auf dem lau-
HIRZEL VERZEICHNIS 139
fenden erhallen haben, war doch Hirzel, seitdem Biedermann im
Archiv für liüeraturgeschichte Qeifsig aber ungeschickt seine 'nach-
trage' veroffenlhcht, widerholt in gefahr in den 'fehlt bei Hirzel'
zu ertrinken, wer das vorwort des neuen herausgebers (s. v) be-
rücksichtigt, wird behutsamer zu werke gehen, ich halte mich
an dasselbe und will bei leibe kein 'fehlt bei Hirzel' ausgespielt
haben, wenn ich hier beiläufig anmerke dass Goethes gedieht an
den kuchenbäcker Händel nach der anzeige Wilhelm Schlegels
(Jenaer litteraturzeitung 1797; Sämmtliche werke hg. von Böcking
X 197 f) auch in 'Carolinens blumenkranz zur bildung des her-
zens' (Berhn 1796) abgedruckt ist.
Minor.
Goethes Torquato Tasse, beitrage zur erklärung des dramas von Frasz Kern.
Berlin, Xicolalsche Verlagsbuchhandlung (RStricker), 1SS4. vii und
160 SS. S". — 3 m.*
Kern behandelt in ähnlicher weise wie den Faust (vgl. Auz.
IX 395 ff) jetzt auch den Tasso. für denselben reicht seine me-
ihode noch weniger aus, was er selbst gefühlt haben muss, da
er einen abschnitt (s. 1 — 25) 'Die handlung des dramas' vor-
anstellt, er will darin die ansieht widerlegen, dass der Tasso
wenig 'handlung' enthalte und führt nun in kleinlicher weise das
an, was man äufseres geschehen oder theatralische handlung nen-
nen kann, wer das drama auch nur in der überaus mangelhaften
darstellung des Berliner Schauspielhauses im jähre 1SS3 gesehen
hat, wie der vf. (s. 159) und der referent, wird darüber kein w'ort
weiter verlieren, dass die theatralische würkung des Stückes eine
sehr bedeutende ist, und sollte wol darüber klar geworden sein,
dass zb. in der conÜictsscene zwischen Tasso und Antonio von
jedermann nicht das ziehen des degens als die handlung ange-
sehen wird, mir macht der ganze abschnitt in Kerns buch den
eindruck, als kämpfe der \f. mit windmühlflügeln; denn bedarf es
würklich einer längeren au^führung dafür, dass handlung und
bantierung verschiedene begriffe seien (s. 6), und dass Lessing
unter handlung nicht das agieren mit bänden und lüfsen verstehe?
wer verlangt denn 'dolchstüfse oder dergleichen' (s. 8) von einem
dichter? und brauchen wir würklich eine liste der hantierungen
act für act? werden sich dadurch diejenigen, welche im Tasso
eine reibe fehlerloser verse, aber kein drama sehen, würklich von
ihrem Irrtum zurückbringen lassen?
Interessanter, aber auch nicht immer zutreffend sind Kerns
vergleiche zwischen dem Tasso und der lyrik Schillers (s. 11 ffj;
sogleich aber wider der frühere gedanke nur auf kunstwerke im all-
gemeinen ausgedehnt. Kern unterscheidet zwei klassen von men-
schen, eine, welche von der dichtung 'ein widergeben der würk-
[* vgl. DLZ 1S84 nr 25 (ASauer).]
140 KER^ GOETHES TASSO
lichkeit bis zu völliger teuschung', gleichsam 'die würkliclikeit in
tluplo' verlangen (s. 161), und eine zweite, welche von der poesie
das gegenteil, nämlich das seltsame und ungeheuerliche, wo mög-
lich grässliche erwarten (s. 18 f). steht es in der tat so schlimm
um die menschen, besonders um die Deutschen, gibt es denn nur
so gar wenige, welche 'die rechte mitte zwischen der hausbackenen
und pausbackenen' poesie iialten? Kern zieht fortwährend ganz
ungehöriges mit herein.
Die gedanken über das wesentliche des Tasso (s, 20 ff) sind
zu wenig scharf gefasst. Tasso schätzt vor allem das, was seiner
kraft versagt ist, und achtet das gering, was ihm zu teil ward,
er möchte einen practischen erfolg seiner tätigkeit sehen, und
vergisst bei der betrachtung des Vertrauens, welches der gewandte
diplomal Antonio geniefst, dass die poesie gewinn für die ganze
menschheit enthält. Antonio seinerseits verkennt in momentaner
Verstimmung, was er sonst selbst lebhaft zu preisen versteht, und
nennt den dichter einen nichlsluer, einen müfsiggänger. der poet
trägt allzu leicht die gebilde seiner phantasie in die äufsere weit,
verkennt die würklichkeit und fordert von ihr, was sie nicht ge-
währen kann, und beschwört einen schmerzlichen zusammenstofs
herauf (Scherer LG 539); während der praclische mann, der mann
der tat, durch äufseren erfolg verblendet, die kunst wol für eine
nutzlosigkeit halten kann. Scherer tat sehr recht daran, parallelen
aus dem leben und der erfahrung Goethes (s. 540) für den Tasso
herbeizuziehen; ich glaube, der hinweis auf Lenz allein erklärt
manches in dem drama viel besser als seitenlanges gerede, und
Kerns auslassungen (s. 69) gegen die historische methode der lit-
teraturbetrachlung beweisen geringes Verständnis für die aufgaben
der litteraturgeschichte.
Es folgen dann hinter einander characterbilder der 'prinzes-
sin' (s. 26 — 68), der 'gräfin Leonore' (s. 68 — 96), des herzogs
'Alphons' (s. 96 — 105), 'Antonios' (s. 105 — 126) und 'Tassos'
(s. 126 — 142). auch hier nur einzelnes zutreffende, widerholt aber
bemerkungen, welche ganz überflüssig oder verfehlt sind, was
soll s. 51 die ganze Widerlegung einer kleinlichen auftassung tom
schluss der letzten scenc zwischen Tasso und der prinzessin? wer
in aller weit könnte das hinweg! für ein nur durch den 'unge-
schickt und unvorsichtig gewählten zeit]»unct' hervorgerulenes zu-
rückweisen der liebeserklärung halten! immer und immer wider
überkommt uns das gefühl, mit Kern sei gar nicht zu streiten,
weil wir ihn erst über seinen verfehlten standpunct aufklären und
dabei widerholen müsten, was längst allgemein von der wissen-
pchalt anerkannt ist. Kern teilt uns mit (s. in) dass ihn wider-
holte lectüre und die aufgäbe, das drama vor primanern zu inter-
pretieren, zu dem buche angeregt habe, mir scheint d.iss dies
seiner arbeit noch anhaftet und nicht gerade zum vorteile gereicht,
er zieht in den 'anmerkungen' (s. 143 — 160) parallelen aus alten
KERN GOETHES TASSO 141
und modernen Schriften herbei und schiefst damit weit über sein
ziel, hätte er doch Heber auf Tasso mehr riicksicht genommen,
er behauptet gar keine beziehung Goethes auf die verse Tassos
entdeckt zu haben; Scherer, der in seiner LG keinen satz ohne
die sorgfäUigste Untersuchung niederschrieb, sagt jedoch ausdrück-
lich s. 541 : 'zahlreiche tatsachen aus Tassos leben und motive
aus seinen gedichteu hat er (Goethe) darin fein benutzt, verändert,
combiniert und in andeutungen aufbehalten'. Kern scheint also
nicht sehr sorgfältig gelesen zu haben, s. 148 anm. 28 wird eine
Strophe aus Günther (u. z. nach Roquette!) citiert, welche mit
Tasso nichts zu tun hat. ich hebe dies ausdrücklich hervor, da-
mit nicht irgend ein späterer aufsatz über Goethes Verhältnis zu
Güniher sich auf diese stelle berufe, s. 156 f anm. 58 die worte
Antonios vergib Dir mir, dem Ort vergibst Du nichts werden ge-
wis falsch gedeutet; es liegt nahe zu ergänzen: 'vergib dir nur
(etwas), dem ort vergibst du nichts'.
Bekanntlich hat vor Goethe schon Goldoni das leben Tassos
zu einem drama benutzt: II Torquato Tasso (Commedie di Carlo
Goldoni, Venezia 1826, vol. 38) und ein anonymer epigrammen-
dichter (Wiener moden-zeitung und Zeitschrift für kunst, schöne
litteratur und theater. erster Jahrgang 1816 s. 615) behauptet
in einem epigramme An Gohloni's Schatten. Nach der Vorstellung
des Torquato Tasso:
Wiss' Carll Dein Tasso hat in fremder Tracht
Ein nngehenres Glück gemacht.
Der deutsche Shakespear hat deutsch ihn austaffirt,
Und — ganz geheim — zum Sohn ihn adoptirt!
Und 7iun steht ihm so gut die deutsche Kleidung an,
Dass viele Leute, die darin ihn sah'n,
Und Goethe's Kinder alle kennen,
Das schönste diefs von allen nennen.*
* s. die Bibl. d. r. u. b. Künste. — d. Jonim. d. Moden etc. Venedig,
im Jahr 1808. E. S.
Eine vergleichung der beiden stücke zeigt das grundlose der
behauptung, dass Goethe sich mit fremden federn geschmückt habe;
die vorkommenden ähnlichkeiten sind durch die gemeinsame quelle
hervorgerufen oder liegen im Stoffe, vielleicht ergibt sich näch-
stens gelegeuheit, näher darauf einzugehen.
Lemberg, 21 juü 1884. R. M. Wer>er.
Mythologische forschungen aus dem nachlasse von Wilhelm Maxnhardt
herausgegeben von HPatzig mit vorreden von K.Müllenhoff und
WScnERER. Quellen und forschungen 51. Strafsburg, KJTrübner,
1884. XL und 382 ss. 8°. — 9 m.
Über das werk eines unlängst verstorbenen eingehender zu
handeln als über das eines noch lebenden wird besonders dann
142 JIAN.NHAP.DT MYTHOLOGISCHE FORSCHU.NGE.N'
geboten erscheineD, wenn jenem während seiner lebenszeit das-
jenige mafs von anerkennung, welches seiner bedeutung ent-
sproclien hätte, keineswegs zu teil geworden ist. auch pflegen
in den nachgelassenen arbeiten eines rastlos vorwärtsstrebenden
gelehrten die ziele seiner Forschung deutlicher sichtbar zn wer-
den, die, wenn auch nicht erreicht, doch klar erkannt, zu einem
rückblick auf den von ihm zurückgelegten weg auffordern, zwar
haben dem bediirfnis, Manuhardts wiirken zu ei klären und an-
zuerkennen, bereits die teilnahmsvollen vorreden iVliillenhoirs und
Scherers rechnung getragen, und wie hätte sich Mannhardt einen
ehrenvolleren nachruf wünschen können als die letzten nieder-
geschriebenen Worte seines grofsen freundes und landsmannes,
der ein volles menschenalter hindurch mit ihm verbunden war,
und auf sein geistiges wie leibliches dasein einen so woltätigen
einfluss geübt hatte! dort aber, wo der totkranke Müllenhoff den
laden seiner betrachtung fallen lässt, beim j. 1860, nimmt ihn
Scherer, der in eben diesem jähre mit Maiinhardl persönlich
bekannt wurde, wider auf und verfolgt ihn bis zu Mannhardts
tode 1880, indem er aus eignem verkehr, namentlich aber aus
dem briefwechsel Mannhardts mit Müllenhoff manche wertvolle
mitteilungen macht, welche auf das vvesen der beiden briefsteller
wie auf den entwicklungsgang der mythologischen Wissenschaft
ein helles licht werfen, hr dr Patzig hat dann, wie es scheint,
mit umsieht die herausgäbe des nachlasses besorgt.
Als Mannhardt 1851 die Berliner Universität bezog, war
soeben in diesem centralpunct deutsch-mythologischen Studiums
die zweite periode desselben erölTnet worden, die erste hatte
die Deutsche mylhologie JGrimms beherscht. ihm galt die mythen-
weit für ein erzeugnis des dichtenden volksgeistes. aus den spär-
lichen alten nachrichteu über unser deutsches, den reicheren
Urkunden des nordischen heidentums und den heimischen volks-
überlieferungen suchte er sie widerherzustellen, volkstümliche
dichtung und individuelle erfindung schied er oft nicht genau,
die gegenwärtige volksübcrlieferung erschien ihm durchweg als
eine abschwächuug und enistellung des alten höheren edleren
götterglaubens. der schwache anlauf zu einer geschichtlichen
darstellung der mythen wurde eigentlich nur in diesem sinne
und ganz gelegentlich gemacht, eine ausKihrlichere deutung der-
selben noch seltener versucht, aber neben JC.rimm waren WGrimm
und Lachmann bemüht, die historischen und mythischen demente
unserer heldensage durch streng historische kritik zu sondern,
um von der Völkerwanderung aus, wo deren Verschmelzung be-
gonnen hatte, zu dem stand der mythischen Vorstellungen zu
gelangen, den Tacitus wenigstens angedeutet hatte, der haupt-
vertretcr dieser richtung blieb bis auf unsere tage Müllenhoff.
die beiden mythologenschulen hatten also einen verschiedenartigen
stoif und eine verschiedene methode. JGrinun und seine nach-
MANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 143
folger schöpften vorzugsweise aus der volUsüberlieferung in sage,
märcheo, brauch und glauben, und die vergleichung deut-
scher und nordischer iraditionen wurde immer mehr hauptsache,
auch drängte sich die lust zur deutung immer stärker hervor,
die andere schule drang mit allen mittein historischer und
philologischer kritik in den geist der heldendichtung ein, die
herkunft und art des epos wurde immer mehr die hauptfrage
und die geschichte des in ihm verborgenen mylhus galt für
wichtiger als die deutung. dort überwog die combination , hier
die kritik.
Seit dem jähre 1850 aber änderte sich dieser stand der
dinge wesentlich, schon durch den mächtigen anstofs, den
JGrimm mit seiner Mythologie weithin dem eifer der volkssagen-
sammler gab, war seine ricbtung zunächst fruchtbarer geworden,
in ihr fand das bediirfnis nach poetischer anregung bequemeres
geniige, während von der anderen die strenge mühsame kritik
abschreckte, nun aber wurde jene bedeutend verstärkt durch
Schwartz, der in seinem buch von dem heutigen Volksglauben
1850 die Volksüberlieferung noch weit höher stellte als JGrimm.
in dieser niederen mythologie glaubte er die ältere form des
götterglaubens, den keim der höheren mythologie zu erkennen,
bald darauf begann Kuhn , gestützt auf die wachsenden fort-
schritte der vergleichenden Sprachwissenschaft, die andere tendenz
JGrimms, die zur vergleichung, über die mylhen aller indoger-
manischen Völker auszudehnen, beide aber stellten die deutung
des mythus in den Vordergrund und holten dieselbe meistens
von den wölken und winden des himmels herab, während sich
so der horizont dieser mylhologengruppe unabsehbar erweiterte,
engten sich umgekehrt die bestrcbungen der andern zu der einen
hauplaction, der Verteidigung der Lachmannschen Nibelungen-
liedertheorie gegen die im jähre 1854 anfangenden angriffe Holtz-
manns und seiner anhänger zusammen, und nur der eine weiter-
blickende Müllenhoff setzte zugleich die Sagenuntersuchung un-
beirrt und wenig verstanden fort.
Um diese zeit begann Mannhardts wissenschaftliches denken,
schon während der Schulzeit von Grimms Mythologie genährt,
von den neuen entdeckungen der beiden schwäger Kuhn und
Schwartz bezaubert, der leitung Lachmanns nicht mehr teil-
haftig geworden, gesellte er sich begeistert der mythologen-
schule zu, welche die Sammlung und ausbeutung der volksüber-
lieferung, die vergleichung, die deutung zu ihren hauptaufgaben
machte, dies sind auch immer die drei grofsen ziele seiner
forschung geblieben, aber wenn er Kuhn und Schwartz nicht
an glänz und fruchtbarkeit der ideen gleichkam, so fleug er doch
schon früh an, eine gröfsere kritische vorsieht als sie zu üben,
die von jähr zu jähr langsam sich schärfte, nicht aber, wie
Scherer s. xv meint, durch einen Umschlag in ihm geweckt wurde.
144 MANNHAP.DT MYTHOLOGISCHE FOnSCHUNGEN
wie freut er sich schon 1S52 iiher den einhhck, den Müllenhoff
ihm bei einem besuch in Kiel in die art der Lachmannschen
schule und methodik erölTnet (s. xvii). bereits 1853 beginnt er
die heimischen volksiiherlieferungen durch ausländische zu con-
irolieren (s. vii). mit JWWolfs methode ist er sehr unzufrieden,
und er dringt ua. schon 1855 vor Benfeys Pantschatantra darauf,
zwisciien den entsteluingszeiten der deutschen marchen genau zu
scheiden, ihre ahstannnung uud die art und weise ihrer ver-
l)reilung im einzelnen genau zu erforschen, wie Müllenhoff er-
kannte auch er 1858 in seinen Germauischen mythen s. v einen
hauptirrtum des hergebrachten Verfahrens, jede Volksüberlieferung
ohne weiteres für mythisch zu erklären, doch bemerkt man
leicht dass er in der praxis der Untersuchung, zb. in der Ver-
wendung der kiuderlieder, sehr oft von diesem grundsatze ab-
wich, und dass er unter Volksüberlieferung etwas anderes ver-
stand als MüUenhoH'. so war ihm die Edda im wesentlichen
ein kunstproduct (GM s. vin), während Müllenhoff von einem der-
artigen inneren gegensatz zwischen dieser und der volksüber-
lieferung nichts wissen wollte und nur einen formellen unter-
schied anerkannte, daher blieb M. der deutschen heldensage
fern, aus der Müllenhoff die kernkraft seiner Untersuchung zog.
In einem colleg über vergleichende mythologie, das ich im
Sommer 1860 bei Mannhardt horte, schritt er auf der l»abn der
kriiik weiter fort, zwar bestand der hauplinhalt seiner Vorle-
sung in dem nachweis der entstehung der mythen aus den apper-
ceptionen himmlischer naturerscheiuungen nach dem 'bahnbrechen-
den' Vorgang von Schwarlz. aber dessen Untersuchung über die
schlangengollbeilen gieng ihm doch oft zu weit, auch Kuhns
aufsätze über die Teichinen und Gandliarveu-Keulauren schienen
ihm bedenklich und er erkannte an seinen eignen GM manche
fehler (vgl. Zs. f. mythol. 4, 418), ob er auch ihr grundprincip
für richtig hielt, die benennungen des regenbogens bei den
verschiedenartigsten Völkern stellte er zusammen, um zu zeigen
dass verwandte anschauungen auch nicht einmal verwandter volker
keineswegs immer aus historischer gemeinschaft zu erklären seien,
als notwendige bedingungen der annähme einer solchen lorderle er
1) dass die mythen mehreren indogermanischen stammen gemein-
sam seien und 2) ihr aller nachweisbar sei, 3) dass sie specielle
Züge enthielten, die eine zufällige, selbständige entstehung aus-
schlössen und im engen Zusammenhang mit dem ganzen stän-
den, 4) dass etymologische Übereinstimmung vorhanden sei. an
den vorletzten punct knüpfte er eine erörterung der entlehnungs-
fragc, der Wanderung der mythen und sagen, namentlich der
märchen, wie sie Benfey kürzlich im ['antscbalanlra nachgewiesen
iiatle, und er war geneigt, die märchen aus dem urkunden-
buche der deutschen niylhologie auszuscheiden, ja wenn er in
den GM s. 241 bewiesen zu haben meinte, Indra und Thunar
MANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 145
giengen auf eine vor der spraclitrennung vorhandene grundgesialt
zurück, die bereits eimen grofsen teil der von Indra wie Thunar
geglaubten wesensseiten und ihrer mythen vereinten, so sprach
er in seiner Vorlesung die ansieht aus, dass nur die ersten und
rohsten naturauschauungen und die allgemeinen ansichten der
götter den Indogermanen in ganz flüssiger form gemeinsam gewesen
sein könnten und die gottheilen des Veda, obgleich sie im all-
gemeinen noch jenen character hätten , doch schon einen spe-
cifisch indischen typus an sich trügen.
Trotzdem blieben die ausgangs- und die zielpuncte seiner
forschung wesentlich dieselben, aber auf seinen späteren gäugen
von den einen zu den andern gewann die historische krilik immer
mehr gewalt über ihn. früher hatte er bereits dem hauplvertreter
derselben auf dem gebiete der deutschen niylhologie die Verwer-
tung eines hilfsmitlels des systematischen Studiums abgesehen,
denn Scherers Vermutung (s. xvi), die von MüUenholf am schluss
seiner Schlesw.-Holsteinschen sagen 1845 gestellten fragen, welche
die Sammeltätigkeit auf die entscheidenden puncte lenken sollten,
halten Mannhardl zum Vorbild gedient, ist gewis richtig, schon
1853 wandte er sich mit frageschreiben an das ausländ (s. o.),
1855 forderte er in einem fliigblatt zur beisteuer für einen
kinderliederschatz auf (s. xvi), 1S60 schlug er der Münchner
historischen commission vor, die Sammlung der mythischen und
magischen lieder zu veranlassen, als er erst nach ostern 1862
(nicht früher, wie Scherer s. xix meint) diesen von ihm ins äuge
gefassten arbeitsstoff mit den mythischen gebrauchen beim acker-
bau verlauscht (AWF s. xxxiv) und 1864 die unterslützung der
Berliner academie erlangt halle (s. xix), entfaltete er ein grofs-
artiges schriftliches und mündliches fragesystem, das er selber
(A^^F aao.) geschildert hat.
Der auf diese weise gewonnene quellenschalz ruht in der
Berliner bibliothek, aber über seinen umfang, seine anordnung
und fernere bestimmung erfahren wir leider nichts, jedoch hat
M. durch zwei kleinere und drei gröfsere Untersuchungen
(1. Roggenwolf 1865. 1866. 2. Korndämonen 1868. 3. Baum-
kultus 1875. 4. Antike wald- und feldkulte 1877. 5. das vor-
liegende werk (MF) 1880 (1884), die er alle nur als vorarbeiten
für die herausgäbe jenes grofsen urkundenbuchs betrachtete),
dessen wissenschaftlichen wert genügend bezeugt, in der vorr.
der MF vermissen wir die erwähnung der zweiten kleineren
abhandlung über die Korndämonen, die der philologenversamm-
lung zu Halle 1867 zum vorlrag übersandt wurde, diese gibt
aber das programm für die drei späteren hauplbücher und fixiert
zugleich das eintreten eines neuen moments in seine wissen-
schaflliche entwicklung, die berücksichligung der antiken acker-
knlte, genauer als es Scherer s. xxi getan hat. nicht um 1870
oder 1871, sondern spätestens 1867, wahrscheinlich aber schon
146 MAKNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN
etwas früher zog er sie heran, denn in diesem Vortrag (s. 36)
bringt er bereits uiclit nur die bockgestaltigen Satyrn, Pane und
Faune mit unsern tiergestaltigen korndämonen in gleichung, die
er nachher weiter ausgeführt hat, sondern es werden hier
s. 33 — 36 auch schon die in den MF genauer untersuchten
Lityerses, die Chthonien, die LilhohoHen und die Demetersage
ebenso oder ähnlich wie später gedeutet, auch das galHsche
Jahresfeuer, dem er BK s. 5*25 die deutschen oster- und johannis-
i'euer vergleicht, fasst er schon KD s. xi f in demselben sinne auf.
was aber das wichtigste ist, wir sehen hier schon einen grofsen
teil all der eigentümlichen und bunten ackerbräuche und ihrer
zahlreichen lier- und menschengestaltigen träger vor uns hin-
gestellt, deren sinn, Ursprung und entwicklung der verf. aufzu-
klären unternimmt.
M. machte über JGrimm, Schwartz und Kuhn hinaus einen
bedeutenden fortschrilt, wenn er in seinen drei gröfseren werken
jene bunte masse von figuren und actionen in ihrer historischen
entwicklung darzustellen und dabei das altarische gemeineigen,
das sondereigen des einzelvolkes und das lehngut auseinanderzu-
halten wenigstens versuchte, andrerseits hat er freilich, worauf
schon Scherer Auz. lu 185 mit recht hindeutet, den unterschied
der epochen der jagd, Viehzucht und des ackerbaues, deren reihen-
folge man auch trotz Gerlands einspräche (Anthropolog. beitr. 1,
141 f) als durchweg sichere ansehen darf, nicht genug vor äugen
gehabt, von gröfserem gewicht aber ist ein anderer allgemeiner
Vorwurf, den ich im Widerspruch mit Scherer gegen die gesammt-
auffassung erheben muss. M. nahm im Roggenwolf als grund-
begriff der felddämonen die windnatur an. in den Korndäm.
denkt er sich dann all die tier- und menschenartigen geister,
welche seelen verstorbener sind und sowol in den himmelser-
scheinungen (wölken, gewitter, wind und Sonnenschein), als auch
im erdleben walten und zugleich büter der familie, des Iiauses,
des dorfes sind, aus einem einheitlichen gedanken entsprungen,
den unsere sagen grofsenteils aufgelöst hätten, die felddämonen
sind auch ihm in der hauptsache wesensgleich mit den personi-
ficationen von wind- und Wettererscheinungen, aber wesentlich
anders gestaltet sich seine auffassung in den drei grofsen spä-
teren werken, die wabrnebmung, dass die feldgeister ihre meisten
eigenschaften mit den waldgeistern teilten, führte ihn mehr und
mehr zu der annähme der Vorstellung von besonderen pflanzen-,
Vegetationsdämonen und weiter hinauf zu der idee einer baum-
seele. diese neue terrestrische, vegetarianische theorie drängte
die ältere cülestische, meteorische immer mehr in den hinter-
grund. darnach schloss der urmensch aus der beobacbtung des
wacbstimis der jjflanzen auf wesensgleichheit zwischen sich und
der pllanze und schrieb ihr deshalb eine seele zu. die baum-
seele ist die erste, die grundvorstellung dieses mythischen kreises.
I
MANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 147
aus der mehrheit der baumseelen im wakle entstehen dann die
Waldgeister, die nicht mehr als immanente psychen der baum-
leiber, sondern als selbständig frei waltende, aber mit ihrem leben
ans leben der bäume gebundene persönlichkeiten gedacht wer-
den, in ruhigen momenlen erscheinen sie in waldbäumen ver-
körpert, ihre bewegung, ihr leben äufsern sie im Wirbelwind,
Sturm und gewitter, und erweitern ihr wesen von baumgeistern
zu genien der gesammten Vegetation, für M. ist also jetzt die
Wachstumsidee, die zuerst dem bäum beigemessen, dann auf den
wald und endlich auf den gesammten pflanzenwuchs übertragen
wird, die keimidee, die auch die späteren entwicklungsstufen
beherscht, dagegen gilt ihm nun die Verbindung der wind- und
Wettergeister mit den pflanzengeistern für eine jüngere, jene sind
als eine andere mythische Vorstellung in den kreis dieser ein-
gedrungen, aber offenbar hat diese ansieht den verf. keineswegs
ganz befriedigt, wie sein lebhaftes schwanken zwischen seiner
früheren und späteren auffassung besonders AWF s. 204.205 verrät.
Unseres erachtens konnte sich M. auch nicht durch dies er-
gebnis befriedigt fühlen, denn er war von seiner früheren rich-
tigen, freilich noch unklaren grundauschauung zu einer unrich-
tigen , wenn auch bestimmter formulierten auffassung abgeirrt,
und zwar aus mir durchaus begreiflichen gründen, ein gefühl
der Übersättigung durch die fast ausschliefsliche deutung der
mythen aus den himmelserscheinungen, wie sie von Schwartz,
Kuhn, MMüUer und Gubernalis und von ihm selber geübt wor-
den war, überkam ihn, je tiefer er in die derb irdischen vor-
stellungskreise nordeuropäischer ackerbräuche eindrang, die ver-
gleichung der antiken feldkulte machte ihn mit einer zum teil
bereits künstlerisch stilisierten gestaltenschar bekannt, in der doch
auch die irdisch-realen und die menschlichen beziehungen mafs-
gebend waren. dazu näherte ihn dies Studium und die Ver-
legung seines Wohnsitzes nach Danzig der Konigsberger philo-
logenschule, die vorzugsweise auf kritische, feinsinnige auffassung
der nationalen litterarischen einzelformen des mythus, weniger
auf die einreihung derselben in den grofsen Zusammenhang der
arischen geistesentwicklung bedacht war.
So beschränkte sich M. mehr und mehr darauf, die feld-
und waldmythen aus ihrem engeren Schauplatz heraus, aus den
erscheinungen des erdenlebens , dem Wachstum der bäume und
des getreides zu erklären, er sah wol ein dass er dabei zunächst
die pflanzengeister aus einer noch nicht mit körn besäten erde
deuten müsse, daher sein richtiges zurückgehen auf die wald-
geister. aber er erwog nicht genug dass bäume und Wälder
seit ihrer Schöpfung mit winden und wölken in innigstem sicht-
barem Zusammenhang standen, ja erst durch diese Verbindung
dem menschen activ, lebendig, beseelt und also mytheobildnerisch
erscheinen konnten, wie mit den wölken am himmel und den
A. F. D. A. XI. 11
148 MANNHAßDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN
wassern auf erden, so sind die winde auch mit den bäumen in
der einbildungskraft ältester Zeiten verschmolzen, es gibt daher
wolkenwinddämonen, wasserwiuddämonen, haumwinddämonen, alle
durch ihre windnalur innig verwandt, aber in folge ihrer beson-
deren Verbindungen verschieden ausgebildet.
Die klarstellung des Verhältnisses dieser drei hauptsippen zu
einander und zu einer andern wahrscheinlich noch älteren sippe
der in wind und wölken und ebenfalls in bäumen hausenden
Seelen der verstorbenen, muste den ausgangspunct der Unter-
suchung bilden, dann wäre erstens eine bedeutende lücke in
der Untersuchung vermieden, wir wären aufgeklärt über die zabl-
reichen höchst interessanten und zum teil sehr alten und alter-
tümlichen Vorstellungen von den bäumen und fehlem als Wohn-
sitzen der Seelen verstorbener, von deren widerkehr und abschied
im frühling und herbst, von den totenopfein bei den saat- und
erntefesten, wie sie die verschiedensten Völker der erde, nament-
lich auch die Griechen, Römer und Germauen, auf die M. doch
sein hauptaugenmerk richtete, hegten (Waitz Anthrop. 2, 194.
202. 208. 210. 410. 419. 3, 234. 4, 176. 5, i 194. u 141.
6, 377. 672. Tylor Anfänge der cultur 2, 28. 366. Müller Gesch.
der amerik. urrel. 59. Peschel Völkerk.'' 272. Welcker Gr.
g. 2, 525. AMommsen Heortologie s. 58. Preller Gr. myth. 1,
315. Rom. myth.^ 2,67. Pfannenschmid Germ, ernlefeste 118.
165. 436. BSchmidt Volksleben d. Neugriecheu s. 55 f). wie
ungenügend ist doch der flüchtige hinweis s. 307 auf die Vor-
stellung des kornfeldes als ursprungsort der seelen, die kurzer
band aus dem parallelismus von kind und körn erklärt wird,
zweitens wäre M. nach reiflicher Überlegung dieser vorstellungs-
gruppe , wonach die seelen verstorbener gern in pflanzen ihren
Wohnsitz nehmen, sich auch wol in j)flanzen verwandeln, davor
bewahrt geblieben, die auffassuug des baumes als eines bewusten,
menschlich denkenden und empfindenden wesens, den glauben
an die geschlossene einheit des baums und des ihm innewohnen-
den geistes, die idee der 'baumseele', als uralt und noch dazu
als die keimidee aller der wähl- und feldgeistervorstellungen hin-
zustellen, ehe der mensch zu dieser ahstraction gelangte, die
einem späteren Zeitalter angehört und wol kaum über die gel-
tung eines poetischen gleichnisses oder voiübergehenden mis-
verständnisses hinauskam, bedurfte es jener älteren, dazu überlei-
tenden Vorstellungen von der bewohnung der bäume durch seelen
verstorbener oder durch winde, die nalurgegenstände wurden
ihrer erscheinung nach in sehr verschiedenem grade und nach
und nach beseelt, wind und seele sind, wie last alle sprachen
bezeugen, fast identische begriffe, die winde sind die aui frühesten
und völligsten beseelt gedachten, die zur mythenzeugung be-
fähigtsten uaturerscbeinungen, weil sie die activsteu sind, durch
alle drei höheren sinne auf die phautasic eindringen und das
MANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 149
dasein des menschen, auch des Urmenschen, aufs manigfaltigste
bedingen, von ähnhcher, aber nicht gleich eindrucksvoller vvürk-
samkeit sind die schon nicht mehr so acliven wölken, und früh
bereits nahmen die überwiegend männlich vorgestellten winde
und die in der natur mit ihnen so eng verbundenen, weiblich
vorgestellten wölken zuerst besondere gestalten und eigenschaften
an, deren viele bestimmend auf die langsamere entwicklung der
verwandten dämonen einwürkten. aus der geschichte des Varuna,
des Okeanos nach Bergks nachweis, weifs man, wie zb. die
weiten Wasserflächen der erde erst später in den gesichtskreis
der Arier traten, dann aber eine neue eigenartige mythische
beseelung nicht mehr hervorriefen, sondern einfach den alten
wolkengöltern unterstellt wurden, auch Poseidon, ein echter
gott der wölken und winde, wird später auch meergott, aber
schon in jener eigenschaft und nicht in dieser, wie M. s. 262
meint, der befürderer der Vegetation, die beseelung dieser weiten
wasser ist darnach viel unvollkommener, unzutreffender, mecha-
nischer, als die der wölken oder gar der winde vollzogen wor-
den, und schon in der Ilias ist von einer geschlossenen einheit
des meers und seines gottes, der zu wagen über die wogen hin-
eilt, dem die wogen freudig nachdonnern, als er das ufer er-
reicht, keine rede, noch viel schwieriger war es für die bäume,
mochten sie durch wachsen und verdorren, grünen und blühen
noch so viel andeutungen einer inneren lebenskraft geben, zum
ränge würklich lebendiger und beseelter wesen erhoben zu wer-
den , weil ihre Standfestigkeit allzu sehr allen volkstümlichen
Vorstellungen von würklichem leben widersprach, so konnten
denn in alter zeit keine baumseelen entstehen, sondern die mit
den bäumen verbundenen naturerscheinungen , die wind- und
Wolkenseelen, gaben den baumdämonen ihr hauptgepräge. nicht
aus der beobachtung der stillen, bescheidenen lebensvorgänge ver-
einzelter bäume, sondern aus der anschauung im winde säuseln-
der und sausender, wölken anziehender und wider ausstofsender
Wälder ist die grofse gallerie der mythischen waldphautasiebilder
hervorgegangen, wie die wolkenwinddämonen bei erreichung
des meers zu meerdämonen wurden , bildeten sich die baum-
windgeister mit dem beginn des feldbaues, wie M. widerholt dar-
tut, zu feldgeistern um. dabei ist es bezeichnend für die er-
staunliche Zähigkeit der mythenbildenden kraft des windes und
der wölken dass diese immer wider nicht nur vermittelst der
vorbildlichen waldgeister, sondern auch direct den würkungskreis
der feldgeister beherschen und gleichsam neu beleben, in den küm-
merlichsten gehetzten roggenmühmchen, wie in den erhabensten
erntegöttern bricht immer wider der alte kern , die windnalur,
durch, denn die haupterntegottheiten Zeus und Poseidon, Here
und Demeter, Mars und seine Nerio oder Bona dea, Wodan
und seine frau, sind alte wind- und wettergottheiten , wie M.
11*
450 BIANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN
auch teilweise s. 262. 157 — 201 angibt, um so befremdlicher
ist es dass die bedeutsame Übereinstimmung, dass in Schweden
für den Oden , in JNorddeutschland für den Woden die letzte
garbe auf dem felde stehen blieb, die einst den anstofs zu M.s
Untersuchung der ackergebräuche gab (AWFxxxiv), im laufe seiner
forschung immer mehr die bedeutung eines leitsterns eingebüfst
hat. und doch wird noch angesichts der dreschmaschiuen und
dampfpflüge unserer tage unserm landmann der glaube an die
feldgeister hauptsächlich durch die durch das körn wogenden,
bald befruchtenden, bald verheerenden winde wach gehalten.
In dem ungeheuren material, das M. in seinen drei büchern
uns so schön und klar geordnet darbietet, habe ich kein Zeugnis
gefunden, das dieser allgemein gehaltenen und der einzelbelege
ermangelnden darlegung widerspräche, jedoch würde dieselbe
höchst unbillig gegen M. sein, wenn sie nicht zugäbe dass eine
reihe eigenartiger brauche und figuren dieses kreises sich nicht
aus der wind- und wetternatur, sondern nur aus der vegetatious-
tätigkeit der feldgeister erklärte, je mehr nach einführung des
ackerbaus der Wechsel der Jahreszeilen und des sonnen- und
Saatenstandes in alle lebensverhältnisse eingriff, desto mehr er-
weiterte und vertiefte nun auch die wachstumsidee, deren be-
deutung M. so stark hervorhebt, den alten vorstellungskreis. auch
die älteren mythischen gebilde hatten vielfach zb. in gestalt von
gelegentlichen opfern und beschwörungen dramatische brauche
veranlasst, aber diese jüngeren, welche das werden der saaten, das
werkeltagsleben des landsmanns durch das jähr hin immer sich
wandelnd begleiteten, führten nun zu viel manigfaltigeren und
umfassenderen inscenierungen. aus den ländlichen Dionysien
Attikas entstand das drama, aus den ländlichen Eleusinien scheint
sich eine art ernster zauberoper entwickelt zu haben (vgl. s. 206).
M. liihrt uns in seinem buch, dessen 6 capitel der reihe nach
Lityerses, Chthonien und Buphonien, Luperealien, Octoberross,
Demeter und Kind und körn betitelt sind, eine ganze reihe kleiner
antiker und germanischer dramen vor, die uns den unterschied
der drei beteiligten nationen und ihrer entwicklung, namentlich
auch den veredelnden, stilisierenden einfluss der grofsen slädte
Athen und Rom stark empfinden lassen, diesen zutritt des neuen
städtischen elements zu den alten ackerbräuchen hat M. durchaus
nicht genugsam hervorgehoben, obgleich ihm doch AMommsens
Heortologie 1864 wol bekannt war. den inhalt dieser kultur-
dratnen bilden sehr manigfache, teils sinnige und zarte, teils
höchst rohe und derbe und sehr oft höchst seltsame und be-
fremdliche gebrauche beim säen, pflügen, ernten, dreschen usw.
die korndämonen werden gescholten , geschlagen und gejagt,
gerollt und gewälzt, gefesselt und ins vvasser geworfen, ver-
stümmelt und getötet, aber auch widerbelebt und geschmückt,
festlich eingeholt und vermählt und mit nachkommenschaft ge-
MA>NUARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 151
segnet, gerade die Seltsamkeit mehrerer dieser brauche reizt
zur deutung durch einen erdichteten verfall, die auf den stop-
peln der älteren mythen neue mythen, die ätiologischen, empor-
grünen lässt , wie die sage vom gedroschenen pfarrer (s. 61),
vom Ursprung des passah (s. 177), man vergleiche noch die
fabel von Damia und Auxesia (Welcker Gr. g. 3, 130 f). in der
deutung dieser brauche zeigt nun M, die ganze eigentümlich-
keit seiner kunst, die sich hier oft der meisterschaft nähert,
obgleich die aus einzelabhandlungen zusammengesetzten MF
nicht den vornehmeren zug der BK haben, in denen ja doch
die enthüllung eines durchgreifenden psychischen entwicklungs-
gesetzes versucht wird, und obgleich die in vieler beziehung
wichtigste Untersuchung der Demeter nicht zum abschluss ge-
langt ist, müssen wir doch dem vorliegenden buch vor allen
übrigen werken des verf.s die palme zusprechen. M. hat in
keinem andern die reife mythologischen Urteils erreicht, die
trotzdem wahrnehmbaren mängel fallen zum teil nicht ihm, son-
dern dem dermaligen stände unserer Wissenschaft, zum teil seiner
in den früheren bänden von ihm ausgesprochenen nicht ganz
richtigen gesammtauffassung, zum teil aber auch dem umstände
zur last, dass M. selbst nicht mehr die letzte band anlegen konnte,
überall waltet eine ruhige, sorgsame, vorsichtige methode der
Untersuchung, die zunächst die quellen kritisiert, und mehrmals
auch ein tieferes eingehen auf die litterarische und sprachliche
Seite der frage nicht scheut, dagegen wird die mythologische
litteratur vielleicht zu wenig und nur in dem üemetercapilel —
hier allerdings gründlich — berücksichtigt, der sachliche Inhalt
der Überlieferung wird stets sehr sorgfältig und klar zergliedert
und darnach ganz vortrefflich die antike sitte aus der heimischen
erläutert und deren alte form und bedeutung ans licht gestellt.
in dieser vergleichung, die auf der kenntnis aller einzelheiten
eines in vieljähriger Sammlung zusammengebrachten materials
ruht, liegt das eigenartige unvergleichliche hauptverdienst des
verf.s, der nach schwerer ackerarbeit in der Untersuchung der
zahlreichen europäischen erntefeste gleichsam selbst ein schönes
erntefest feiert.
Im 1 cap. erschliefst M. eine gruppe phrygischer acker-
bräuche und weist deren entsprechungen in überraschender weise
in Deutschland nach, auch dem Verständnis der Lityersessage
und der seltsamen erntesitten, die ihr den Ursprung gaben, werden
wir um ein gutes stück näher gerückt, doch rächt sich hier
und in den anderen aufsätzen mehrfach die von uns oben ge-
rügte verkennung der Stufenfolge der dämonenentwicklung. um
die wind- und wetterdämonen kümmert M. sich nun fast gar
nicht mehr, was ihm gestaltet war, wenn er sich auf die fest-
stellung und vergleichung der tatsachen beschränkte, was aber
unerlaubt war, sobald er darüber hinaus auch die deutung der-
152 MANISHARDT MYTHOLOGISCHE FOBSCHU^GE^■
selben unternahm, dass alle die mishandlungen , die bei der
ernte bald ein tier, bald einen das feld betretenden fremdling,
bald eine puppe, bald einen Schnitter oder binder trefl'en, ur-
sprünglich immer nur einem dämon galten, hat M. richtig er-
kannt (s. 46), aber das wesen desselben und darum auch den
eigentlichen sinn mehrerer jeuer brauche nicht immer richtig
erfasst. denn wen kann die erklärung befriedigen, dieselben
hätten sich ursprünglich auf unbekannte fremde bezogen, die
unvermutet am erntefelde vorbeikommend den eindruck des leib-
haftig aus seiner unsichtbarkeit auftauchenden dämons des acker-
fehles gemacht, deu man als dämon der fruchtbarkeit mit allerlei
auf derbe liebeslust anspielenden beiworten angerufen hätte (s. 45.
46)? wer kann es natürlich finden dass diesem dämon, dem man
doch die feldfrüchte verdankte, so übel mitgespielt und sogar
der tod bereitet wurde? aber sofort werden die einzelnen sonder-
baren Vorstellungen in ihrer eiuzelheit und in ihrem Zusammen-
hang verständlich, wenn man in der hauplfigur jener sage und
brauche nicht einen segnenden Wachstumsgenius, sondern den
verderblichen wind-, zumal den wirbelwinddämon erkennt, um
dies zu beweisen , hebe ich von den tiergestalten , die der dämon
annimmt, nur eine einzige hervor, an die sich eine besonders
altertümliche form des erntebrauchs knüpft, das schwein. eher
uud sau, diese wühlenden, grunzenden, trotzigen tiere, spielen
im leid-, wie im wind- und wolkendämonenkreis eine wichtige und
überraschend ähnliche rolle. 1) der sturmgott Rudra und seine
Maruts werden eher genannt, der sturmgott Wodan jagt eher,
der Wirbelwind heifst sau oder auch saustert, -zagel, -wedel,
-arsch, -dreck, -kegel. nun findet bei der ernte in Tirol
das hären (d. i. eber) schiefsen, -treiben, -jagen oder sau-
Ireiben statt (vHürmann Der heber gät in lilun s. 15f. 26 f).
wer bei der ernte den letzten schnitt oder beim dreschen den
letzten schlag tut, schlägt oder haut den zagel, zAl, zoll ab (s. 185.
vHürmann aao. s. 34 f) oder macht die sau oder saufud (aao.
s. 35 f. Mannhardt s. 186) und bekommt den sau- oder zollkrapfen
(aao. s. 36). in Kurland wird bei der ersten aussaat ein schweiue-
schwanz in den feldrain gesteckt (s. 187), um nach der uralten
heilmethode, gleiches durch gleiches zu verjagen (s. 89. OJahn
Vom bösen blick s. 61, meine Indog. mythen 1, 169), den acker
zu schützen, denn dass dies tier als ein feindliches wesen gilt,
zeigt nicht nur die schlimme behandlung seitens der Schnitter,
sondern auch ein westflämischcr segen, der zugleich eine me-
teorische bedeutung dieses kornschvveins wahrscheinlich macht,
denn er wendet sich gegen {\t;n blitz und 'dat duivels zwynlje',
das so schwer zu packen sei (Zs. 7, 532). der teufel erregt aber
als sauzagel, saurüssel, possessor porcorum (JGrimnis Mylh.) den
Wirbelwind, wie die hexen und maren, bei deu Heanzen auch
der 'schrädl' (Frommann Mundarten 6, 343). entscheidend ins
MANNHAF.DT MYTHOLOGISCHE FORSCHO'GEJJ 153
gewicht fällt nun 2) dass man nach dem Wirbelwind in Deutsch-
land ein messer wirft, um ihn zu löten (JGrimm Myth.^ 1, 526.
3, 181. 453. Kuhn Westf. sagen 2, 93. Mannhardt BK s. 132).
so wirft man auch bei der ernte in den heuschober ein messer,
wenn der dämonische 'hund', der liier statt des sclnveius steht,
ihn uiuwirfl (s. 107). mit sensen wehren die schwedischen bauern
bei gewitter die in knäuelform herunterrollenden bergtrolle ab
(AWF 157). in Herefordshire wirft man mit den sicheln nach
dem letzten garbengebunde mit dem ruf 'ich habe die mare' (Kuhn
und Schwartz Nordd. sagen s. 515), in der Picardie wird 1401
ein jetter au pourcel d'uue faucille und 1382 ein jetter ä
un boeuf bei der ernte gemeldet (KD s. 5. 36). dies werfen mit
einem scharfen iustrument passt offenbar für einen verhasslen,
schwer zu packenden dämon wie oben für den die felder und
wiesen verheerenden, und noch schliefslich die ernte zerführenden
Wirbelwind, aber nicht für einen segnenden, in den ähren ver-
borgenen fruchtbarkeitsgeuius. 3) die sitte, die Wirbelwinde mit
unflätigen Schimpfwörtern zu überhäufen (JGrimm Myth. 1,236.
3, 91), ein rest alter gegen die für besonders zudringlich und geil
gehaltenen winddämouen ausgeslofsener beschwörungen (s. meine
Indogerm. mythen 1, 90 f. 169), erklärt nun auch den ernlebrauch,
die vorübergehenden mit demselben obscönen schelten zu be-
lästigen (s. 44). hure und hurbock sind solche ausdrücke, hure
und braut bezeichnen die letzten den dämon bergenden garben
und den Wirbelwind, man erinnere sich der windgelle (Zs. 6, 291)
und der Windsbraut. 4) das gleichnis des Simplic. 2, 62 'wie
eine Windsbraut durchs land fahren' führt uns nun zu dem Ver-
ständnis des bei der ernte erscheinenden fremdlings, des land-
fahrers. denn als umläufer und landstreicher wird der wind, be-
sonders der Wirbelwind, schon in alter zeit betrachtet, darum
hiefs er skr. pa7ijman = neiQl^oog um\äüier, TrolvTiXay/.Tog IL
11,303, neugr. negidgo/uog und 7T).avrjTrjg (meine Indog. mythen
1, 190). Vegtamr, Vidförull, Gangrädr und Gdngleri waren
Odins beinamen, die Wirbelwinde hiefsen fahrende trauen (Ki-
lian 693). so dringt der Wirbelwind wie ein dreister landfahrer
plötzlich in den frieden der wiesen und felder. ein 'unbekannter
mann' schreitet bei der heuernte scheinbar in die sense des
mähers hinein, worauf ein heftiges gewitter folgt (AWF s. 156).
das gangerle, dessen name mit jenem Gdngleri zusammenklingt,
wenn auch nicht übereinstimmt, das als 'fremder' gleich dem
bocksfülsigen teufel oder einem Ziegenbock auf der wiese lüstern
die mädchen überfällt, erweist sich durch namen und character,
wie auch besonders dadurch als zudringlicher wiuddämon, dass
es wie dieser durch dieselben stark riechenden kräuter verscheucht
wird (AWF s. 157 und meine lodog. mythen 1, 91). auch hier
schwankt das geschlecht des dämons. das die saaten auf der
jagd verheerende edelfräulein wird in eine Windsbraut verwünscht
154 MANMIARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN
(Kuhn Mark, sagen nr 167). den alten, den man vvol bei der ernte
statt eines tiers oder des fremden zu greifen und zu binden sich
bemüht, bin ich geneigt mit M. als einen specifischeren wachstums-
genius im Stadium seines herbstlichen erliegens aufzufassen, doch
heifst im rheinischen Westfalen auch ein plötzlicher windstofs
de aul von terjoliren (JGrimms Myth.* 2, 835). 5) wir gehen
noch einen schritt weiter, im saalfeldischen heifst es: Mährt ein
Wirbelwind ins grummet, so glaubt man, der böse wolle es seinen
dienern zuführen, man schreie ihm schimpfworte zu'; und eben-
daselbst: 'der hase schneidet oft mit seinen vorderzähnen durch
ganze getreidefelder einen weg. man nennt es pilsenschneidea
und wähnt, der teufel schneide das körn seinen guten freunden
ab und führe es ihnen zu' (JGrimm Myth. 3, 452). man sieht
hier in wiese und feld ein teuflisches wesen auf ernteraub be-
dacht (auf aranscarti, wie die Lex Bajuv. 12, 8 es nennt), es wird
einmal Wirbelwind, das andere mal pilsenschueider genannt, die
Vermutung liegt nahe dass wie jener auch dieser, der niemand
anders als der pilwiz ist, welcher in die glieder schiefst, die
haare verwirrt, verfilzt wie ein eibischer wind- und wettergeist,
und das getreide mit an die füfse gebundenen sicheln oder woi auch
auf einem bock reitend durchschneidet (JGrimm Myth.^ 1, 391 f),
ein lähmung, Verwirrung und getreideschadeu anrichtender wind-
dämon ist. der wind tritt also endlich auch als gefürchleter Schnit-
ter auf, und in erhabener form finden wir denn auch den windgott
Odin als ßölverkr um Suttungs kostbaren met die arbeit von neun
mähern verrichten, nachdem diese sich im streit um seineu Wetz-
stein mit ihren sicheln die halse abgeschnitten hatten (Sn. Edda
84 — 86). 1 in den coelestischen kampt Odins mit dem Sturmriesen
Suttungr um Odhrffirir (meine ludog. mythen 1,222) ist hier ein
später erfundener terrestrischer kämpf, das wettmähen des sturm-
gotts mit Suttungs knechten eingefügt, als dessen preis jener trank
gesetzt wird, damit in Zusammenhang steht der brauch bairischer
und schwäbischer Schnitter, den Oswald, in welchem VVuotan steckt,
um hilfe gegen die windsau (wiudsbraut) zu bitten und ihm zu
danken, dass sie sich nicht geschnitten haben (UJahn Die deutschen
Opfergebräuche s. 176). auch die mit der umfassenderen Midas-
sage verknüpfte Lityersessage kennt einen fremden (Herakles), der
zu einem gewalttätigen Schnitter aufs feld kommt, ihn im mähen
übertrilft und ihm den hals abschneidet, eine bewirtung erscheint
auch hier als entgelt der arbeit, diese deutung wird unterstützt
• Odinn zieht einen Wetzstein aus dem gürtel, um die sichel zu schärfen,
über diesen von ihm in die luft geworfenen Wetzstein entsteht dann die
verderbliche balgerei der Schnitter, dieser zug ist zwar phantastisch über-
trieben, doch mitten aus dem ernteleben gegrifFcn. im Pustertal preist der
wetzende mälier seinen Wetzstein, den ihm aber später eine dirne hinter-
rücks entwendet, unter allgemeinem hailoh der mäher von ihr verspoltet
sucht er ihn ihr wider zu entreifsen. dann entsteht häufig eine hitzige
balgerei (vHörmann Der lieber s. •10). auch im Schwarzwald wird der mäher
mit zerbrechen seines Wetzsteins bedroht (Frommann Mundarten 3, 404).
MANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 155
durch den noch heute tortlebenden littauischen glauben, dass Per-
kunas im gewitter menschen und tieren auf dem telde den köpf ab-
schneide (Veckenstedt Mythen derZaniaiten 1, 123). ich ziehe hier-
her auch noch den von M. 146f, wie mir scheint, höchst künstlich
gedeuteten seltsamen oldenburgischen brauch vom jähre 1661,
demgemäfs der seinen Vordermann überholende, ihm 'ins schvvad
mähende' Schnitter berechtigt ist, dessen zeugungsglied mit einem
Strauch zu schlagen, auf den unterlegenen wird die strafe des dä-
mons übertragen, der sich zu seinem Unglück in die erntearbeit ge-
mischt hat; und nach den oben erwähnten beschwörungen richtet
sich dieselbe gerade gegen die geschlechtsteile der winddämonen.
Die erwähnten züge und brauche, die einerseits die grund-
lage der Lityersessage, andererseits den kern der herangezoge-
nen erntesitten bilden, sind also aus der mythischen auffas-
sung nicht eines besonderen vegetationsdämons, sondern eines
auch dem getreide schädlichen windgeistes, und vorzugsweise des
wirbelwindgeistes von bald weiblichem bald männlichem geschlecht
zu erklären, sie sind älter als der getreidebau und daher haben
die dämonen auch eine überwiegende unmittelbare beziehung zu
dem menschen selber, wie sie der älteste schätz unserer mythi-
schen Überlieferungen, die vielen segen, beschwörungen usw.
deutlich darlegen, nach der Zähmung verschiedener tiere werden
sie auch zu diesen in beziehung gesetzt, erst nach dem auf-
kommen des ackerbaus auch zum getreide. so erst verstehen
wir die besonderen uamen, tier- und meuschengestalten , in die
der dämon sich kleidet, die sichelwürfe, die schimpfreden und die
eigentümlichen sagen von dem grausamen wettmähen, anderer-
seits bestreiten wir nicht dass andere figuren und sitten , wie das
begiefsen mit wasser, das einbinden in die garbe, erst später aus
dem eigentümlichen feldbaukreise hinzugekommen sind, müssen
sie aber für die jüngeren und minder bedeutsamen erklären, end-
lich gibt es einzelne, die vorläufig weder der einen, noch der
anderen gruppe mit bestimmtheit zugewiesen werden können, da-
hin rechne ich die sitte, die zur ernte kommenden fremden in
die höhe zu heben , das osnabrückische upböre7i (s. 42), das sim-
mernsche wandeln (s. 43). sie bedarf einer eingehenderen Unter-
suchung, zu der hier nur einiges material beigesteuert sein möge,
nämüch das stumpen bei der weinlese bei Oppenheim (Arch. f.
hess. gesch. und altert. 13, 272), das fries. hoeghen bei der heu-
ernte (Wiarda Altfries, wb. s. 166) und der oldeuburgischen raps-
ernte (mündl.), das hiimping am Gangingday in Herefordshire
(Brand-Ellis 1,208, wo ähnliche, aber mit anderen festen ver-
knüpfte sitten, heave or lift und der hokedaie 1, 106 f besprochen
werden), aus dieser behandlung der fremden auf dem lande bei
der ernte scheint sich die hier und da nachweisbare gleichartige
behandlung der fremden oder nichtbürger in der Stadt bei der
aufnähme ins bürgerrecht entwickelt zu haben, wie das stutzen
i56 MANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN
in Weisenheim bei Diirkheim an der Haardt (Zs. für deutsche
kulliirgeschichte n. f. 3, 63), das bovpmg, dem die pförtuer
von Billingsgate den vorübergehenden unterwarfen (Brand -EUis
1, 114).
In dem ernte- und dreschfest der Chthonien und Euphonien
(s. 58 f) scheint der Zusammenhang mit den älteren vorslellungs-
kreisen sehr gelockert, die alte auffassung des rindes als furcht-
baren wind- und welken wesens, die bekanntlich im Rigveda eine
so hervorragende rolle spielt, scliimmert hier nur noch undeut-
lich durch, das auf dem erntefelde von der sichel getroffene tier
ist hier allerdings das bild der reichen im hochsommer hin-
sterbenden Vegetation geworden, und Schwartzs meteorische deu-
tung ist der M.s gegenüber höchst gesucht und phantastisch (s.68).
auffallender weise führt M. als nordeuropäische analogien des
antiken dreschfestes nur zwei würkliche rinderopfer aus Frank-
reich an (s. 60. 62) , da doch Deutschland eine ganze reihe von
dreschfesten mit rinderopfern bewahrt hat, die besonders durch
die hervorragende rolle bemerkenswert sind, welche die geschlechts-
teile der opfertiere dabei spielen, zu den manigfachen belegen, die
UJahn Die deutschen Opfergebräuche s. 101 f. 1 90 f. 223 f dafür
beibringt, wird auch noch der gemeindestier im Drömliug zu
rechnen sein, der am sog. bullenfest in der schenke unter eifriger
beihilfe der weilier geschlachtet und verzehrt und dessen geni-
talien daselbst aufgehängt wurden (Kuhn Mark, sagen s. 368).
Das 3 capilel bespricht die Luperealien, welche nach M. die
rückkehr der wachstumsgeuien im frühling darstellen, die ritzung
der stirnhaut zweier Jünglinge, die diese genien vertreten, be-
deutet deren vorangegangenen tod, die abwischung der blutigen
Stirn mit milch und das lachen deren widergeburt, der umlauf
und das schlagen der begegnenden mit bockshautstreifen deren
neue befruchtende tätigkeit. dies ist alles vortrelTlich dargetan,
auch die schwierige zurückführung des bald schlagenden, bald
geschlagenen, bald miswachs und seuche, bald fruchtbarkeit und
gesundheit verleihenden genius auf eine einzige figur ist im
ganzen wol gelungen, wenn auch nicht frei von künsteleieu. Pan
zb., der mit meerzwiebeln, die für ein mittel galten, unreine und
schädliche mächte zu vertreiben , gepeitscht wird , erscheint dem
Verf. als ein gleichsam besessener gott, der sonst nahrungsfülle
aller art an weide und wild spendet, nun aber durch die schlage
von den schädlichen mächten der Unfruchtbarkeit befreit und
wider in den stand gesetzt wird , künftig mehr und besser zu
producieren (s. 124. 132). wird der Pharmakos zur ernte- oder
j)estzeit hinausgejagt und ebenfalls mit meerzwiebeln auf sein
TiFog geschlagen und gesteinigt, so glaubt M. in der Steinigung
einen zauber, um die schwere der künftigen halmfrüchte zu be-
weikstelligeu, und in der austreibung die umdeutung des Um-
zugs des in der ernte hervorkommenden Wachstumsgeistes, der
MAMNHABDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 157
eo ipso die mächte der Unfruchtbarkeit und krankheit verscheuche,
zu erkennen (s. 133). allerdings ist hier wie dort umdeutung
im spiel gewesen und teilweise auch in M.s sinne, aber der
grundgedanke war doch ein ganz anderer, als ihn M. im äuge
hat. vielleicht wird er aus folgendem deutlicher.
M. kannte noch nicht die neueren deutungen des Wortes
luperciis. Unger (Rhein, museum 1880 s. 50) leitet es von lu-
percus, d. i. qni luem parcit , als ob parcere abwehren heifsen
könnte, wie schon Jordan in Prellers Rom. mytli.^ 1,380 richtig
einwendet. Jordan selbst (Krit. beitr. 164. 207) sieht darin ein
zwiefach erweitertes Inpiis und übersetzt es durch 'wölfling' und
deutet sogar das oppidum Palatinum gregibus Immanis cinctum
bei Varro 6, 34 auf die scharen der luperci als 'wülfe' (Preller
Rom. mylh.^ 1, 390), sowie auch Mommsen von wolfsgilden spricht.
M. fasst das wort als ein aus lupl-erci oder Inpl-erd d. i, wölfe
und bücke oder woifsböcke zusammengeschmolzenes compositum
und schöpft daraus die weitere Vermutung, dass dadurch das com-
promiss der zwei bei diesem fest rivalisierenden geschlechter, der
Fabier und Quinlilier ausgedrückt sei, deren eines beim umlauf
Wölfe, das andere bocke dargestellt hätte, aber gegen Jordan
wie M. ist zu bemerken dass keine spur wölfischen wesens
während des ganzen festes sichtbar wird, nur von bocksopfer.
bocksfelikleiduug und bockshautpeitschen ist die rede, nirgend
von woll'sopfer und wolfshäuten. in Ovids Fast. 2, 429 f heifst
Lnpercus einfach sacer hircns, das gemeine volk nannte die luperci
gleichfalls kurzweg creppi d. i. bocke, wenn nun trotzdem in
dem ersten teil des compositums der stamm lup nicht zu ver-
kennen ist, so fragt man sich, ob ihm nicht beim mangel aller
wölfischen züge der übertragene sinn \on lupa undlupari, buhlerin
und buhlen, inne wohne, in dem auf die nährende iruchtbarkeit
zielenden sinne, der auch der wölfischen amme des Romulus und
Remus anhaftet, ein solches compositum fiele genau mit dem
deutschen horbuck zusammen , womit der zum erntefeld herzu-
kommende, als geiler felddämon zu betrachtende fremdiing (s. o.)
in Schleswig-Holstein begrüfst wird (vgl. AWF 170), wobei zu er-
wägen dass auch in Tirol noch heuligen tages ein frauenzimmer
ganz unanstöfsig als hure angeredet wird (Frommann Mundarten
6, 156). es liegt im Lupercus also im wesentlichen der begriff
des Inuus, mit dem er ja auch für identisch eiklärt wird (vgl.
Preller Rom. myth.^ 1,380.387.390), und deshalb wird er als
sacer hircus aufgefordert matres inire. als bocke, in deren gestalt
so oft die winde erscheinen (AWF s. 156 f), und als Vertreter der
faune, wie man die luperci mit M. auffassen muss, sind aber
auch sie Vertreter der winddämonen, hier nicht jener verderb-
lichen gefürcbteten, die fruchi zerstörenden, die wir oben kennen
lernten, nicht jener fauni ficarii und incubi, gegen welche die
Römerin sich mit der wurzel der waldpaeonie schützte (Preller
158 MA?«ISHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN
Rom. mytb.^ 1, 381),* nicht jenes Pan und Pharmakos, gegen
deren glied pflanzen von eigenliimlichem geruch und sonderbarer
form geschwungen werden, wie gegen das anderer winddämonen
(s. meine Indogerm. mylhen 1, 90). die luperci sind die gütigen,
befruchtenden und reinigenden windgeister des ersten frühlings,
deren schlagen sich die frauen hoffnungsvoll darbieten, zur erklä-
rung der doppeiseitigkeit dieser dänionen bedarf es also nicht jener
interpretationskünste, die M. für nötig hält, sie liegt in der natür-
lichen und daher auch mythologischen doppelseitigkeit aller winde.
M. hält im 4 cap. das römische octoherfest für ein uraltes
erntefest und das dabei geopferte ross für einen getreidedämon.
diesem entspricht nach ihm in Deutschland am genauesten die
erntepuppe mit dem pferdekopf, oder auch der von den mäliern
verfertigte Schimmel, in welchem er deshalb nicht nach Kuhns
Vorgang eine darstellung Wodans sehen kann, es ist zu bedauern
dass M. diese behauptuug, der das anerkannte Verhältnis Wodans
und seines rosses zur ernte und der kentische name des auch
nach M. mit diesem erntepterde gleichzusetzenden adventpferdes
hooden or wooden horse (Zs. 5,475 f) entgegenzustehen scheinen,
nicht weiter begründet. M. verhält sich auch hier ablehnend
gegen alle deutung aus meteorischen erscbeinungen , obwol er
die beziehung der rossgestalt zum winde ein par mal flüchtig be-
rührt (s. 163. 167). allerdings entspricht das anheften des mit
broden bekränzten pferdehauptes an der regia genau der auf-
hängung des kranzes an der tür des Cerestempels, der autrichtung
der nach dem getreidetier benannten erntepuppen, baumzweige
usw. auf dem giebel der scheuer oder neben der tür des hauses
(s. 182) und hier ist das pferd ohne frage der vegetationsdämon.
aber wenn das octoberross, wie es nach Timäus scheint (s. 156.
169), mit einem wurfspiefs erlegt wird, so kommen einem wider
die gegen die winde gerichteten würfe (s. o.) in den sinn, und
der fruchtbar machende schwänz des rosses scheint, wie man
aus den von M. angeführten analogien des phallus des Liber,
des 'rehschwanzes', des hochzeitlichen Schweineschwanzes (s. 183f.
186. 191) vermuten möchte, wider auf den ursprünglich auf die
befruchtung der menschen, nicht auf die der fehler bezogenen
phallischen wind- und wetterdämon zurückzuführen.- die hin-
tragung des Schwanzes nach dem herd der regia, damit noch
das warme blut darauf tropfe, und die Überführung des bluts
' 15 kölner der paeonie, mit rosenhonig getrunken, schützen gegea
den incubus und, am hals gelragen, vor krankheit. Vinc. Bell. 9,116.
Megenberg 415. kinder schützt man durch eine in die wiege gesteckte pae-
onienwurzel , s. Lanimert Volksmedicin in Bayern s. 123.
- vgl. mit Feslus s. 230 penem antiqui codam vocabant und der offa
penlla das deutsche ziemer, das beim hirsche das iendenstück, beim ochsen
aber das genitale bedeutet, ist es zufall dass mit dem Ochsenziemer oder
-fisel in zwei Volksliedern, einem Nürnberger und einem südböhmischen,
verbotene iiebeleien bedroht werden (Frommann Mundarten G, 268.416)?
MANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 159
in den aDstofsenden penus derVesta, kann diese bezieluing auf
den phallus nur unterstützen, gerade Vestas liebiingstier war der
üppige esel (Preuuer Hestia s. 336f. 441. 50S), der allerdings
auch anders gedeutet werden kann (Preller Rom. myth.^ 2,164.
168). aber jedestalls hüteten die Vestalinnen nach Plin. Hist.
nat. XXXVIII § 39 in jenem pemis ein fascinum, und so lange
dieser räum geöffnet und gereinigt war, durfte nicht hochzeit
und geschlechtlicher verkehr der ehegatten stattfinden, bei dem
grofsen indischen pferdeopfer, das sich wie das römische auf die
befruchtung bezog, wurde das zeugungsglied des geopferten rosses
zur königin getragen, die mit demselben übernachten muste, wo-
bei sie Amba und Ambalika anrief, die wolkenmutter, die mutter
der Maruts und Schwester des windgottes Indra (Ind. stud. 1,183.
10,339. Lassen Ind. alterlumskunde 1, 632).
Den, obgleich unvollendeten, doch nach form und Inhalt
unstreitig bedeutendsten aufsatz enthalten die beiden letzten
Demelercapitel. der edlere und von vielen mythologischen gröfsen
behandelte stoff erhebt den verf. widerholt zu musterhafter dar-
stellung und zu höheren gesichlspuncten. wenn er auch sich
vielfach von Prellers Demeter-Perse])hone, Wegeners analyse des
Demeterhymnus und Rosenbergs Erinyen leiten lässt, so berück-
sichtigt er doch auch die übrige einschlägige reiche litteratur
sorgsam, mag sie sich auf den hymnus, oder den mythus, oder
den kultus, oder die nameudeutung beziehen, er entwirft ein
fein ausgeführtes characterbild seiner göttin. er wendet hier all
seinen Scharfsinn auf, die berühmte ansieht Kuhns von der De-
meter-Erinys-Saranyü zu zerstören und darüber hinaus gegen
die allgemeingiUigkeit der sätze zu protestieren, dass so zu sagen
alle mythen arischer Völker in den Veden ihre prototypen fän-
den und dass mit geringen ausnahmen die gesammte mythologie
in ein auf die erde übertragenes Spiegelbild des gegenseitigen
Verhaltens coelestischer naturmächte sich auflöse (s. 280). so
sehr ich bereit bin, mich diesem proteste anzuschliefsen und M.s
hohe Verdienste um die klärung der auf diese fragen bezüg-
lichen ansichten anzuerkennen, die er in seiner schönen Demeter-
abhandlung um ein bedeutendes vermehrt hat, so sehr habe ich
andererseits die Überzeugung gewonnen, dass der verf. in seiner
reaction stellenweise zu weit geht und nunmehr den einfluss der
himmelserscheinungen auf die mythenbildung unterschätzt, da
meine kritik sich schon so sehr in die länge gezogen hat, mag
ich nur ein par von den puncten hervorheben, in denen ich
ihm nicht beistimmen kann, die ableitung des namens der göttin
aus (.iritr^Q und einem zu ö)] contrahierten öm, die er als neben-
form von Leä speit ansetzt (s. 292), wird wegen der synkre-
tistischen Verwertung der dialecte schwerlich den Sprachforschern
gefallen und Baunacks deiitung des worts aus Jr^uof-a^tr^Q (Rhein,
mus. 37, 474. Studia nicolait. s. 50), wird wol den sieg über
160 MAiNNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN
M.s kornmulterdeutung davontragen, dagegen hat M. im verein
mit Roseoberg, übrigens nach Welckers Vorgang, sehr wahr-
scheinlich gemacht dass Poseidon als vater des Areion aus Boe-
otien nach Arkadien gelangt sei und sich dort mit dem Poseidon
Hippios, dem vater der Despoina, verschmolzen habe, ob aber
erst dadurch die identiticierung der göttinuen Demeter und Erinys
und die geschwislerschaft jener kinder bewürkt worden sei,
muss ich dahingestellt sein lassen, in Poseidon, dem gatten der
Demeter , statt dessen auch aufser Zeus noch Zephyros genannt
wird, ist M. wol geneigt einen windgott zu erkennen, in so fern
als der meergott der herr der wogen und winde ist (s. 262), aber
die Demeter will er weder als göttin der erdtiel'e, noch mit Kuhn
als personification der gewitterwolke oder sonst einer meteo-
rischen erscheinung gelten lassen, zumal nachdem sich ihm die
Saranyusmythe und die sage von Demeter-Erinys als incongruent
herausgestellt hat. mit recht bekämpft er den groben misbrauch,
der auf diesem gebiete der mythologie mit den verschiedenen
naturerscheinungen gelrieben worden ist. Demeter ist ihm zu-
mal nach dem Demeterhymnus, nach der bedeutung ihres namens
und den hier in besonders reicher fülle dargebotenen analogen
erntebräuchen Nordeuropas einfach eine getreidegütlin, die auf
der oberweit waltet, eine erzeugerin der kornfrucht. aber meines
erachtens erschliefst diese definition denn doch nicht das wesen
der göttin vollständig, viele ihrer züge bleiben rätselhaft und
sie tritt überhaupt ganz unvermittelt und unerklärt in die er-
scheinung. der mythologischen kritik bietet die Überlieferung sehr
selten eine klar und rein ausgedrückte Vorstellung dar, in der
sich inhalt und form so genau entsprächen, wie in einem klas-
sischen kunstwerk. abgesehen von der so oft zu beklagenden
unVollständigkeit der Überlieferung ist die idee meist unvoll-
kommen widergegeben oder doch durch spätere zutaten verdunkelt,
ja oft gänzlich umgedeutet worden, oft besteht das phantasie-
gebilde aus einem complex beständig in einander übergleitender
Vorstellungen, oft aus einer Verschmelzung ursprünglich gar nicht
zusammengehöriger. die kritik hat die einzelnen bestandteile
möglichst klar auseinanderzulegen , muss aber auch dessen ein-
gedenk bleiben, dass sie es mit historischen, flüssig gewesenen
und selten je völlig erstarrenden gebilden zu tun hat, die man
nicht in eine feste formel bannen kann, so steht es mit Demeter,
ist sie würklich, wie M. will, ursprünglich nur korngoltin? war
sie auf der Vorstufe ihrer geschichtlichen entwicklung würklich
nur die immanente psycho des halmenvolks? hat sie nichts von
einer luft-, von einer erdgöttin mehr an sich? war ihre ursprüng-
liche bestimmung würklich die, das lebensprincip, die causa el(i-
ciens, der cerealischen Vegetation auszudrücken (s. 238. 243)?
nach meiner ansieht verhält sich Demeter zur Ge wie die acker-
erde zur erde überhaupt, die schon vor dem ackerbau der erde
MANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 161
beigelegten eigenschaften, insbesondere auch die der keimenden,
treibenden, nährenden kraft, die ja doch auch schon die hirten
dankbar erkannten, giengen von der alten weidegöttin auf die
jüngere korngöltin über und selbst die eigenschafteu einer noch
älteren mütterlichen goltheit, der des wolkenwassers , die wol
schon vor der hirtenzeit insbesondere als wasserspenderiu Ver-
ehrung genoss, wie sie in der erdgöttin überall erkennbar sind,
haben sich auch noch vereinzelt in deren jüngerem abbild, der
ackergöttin, erhalten, die nahe berührung und Verschmelzung
dieser teilweise so weit aus einander liegenden gebiete ist nicht
nur aus der vedischen poesie durch manche beispiele zb. den
hymnus an Prithivi (Rigv, 5, 84), die wolkenreiche erdgöttin, zu
erweisen, sie erhellt auch aus manchen griechischen und deut-
schen Zeugnissen, in Hesiods Opp. 549 zb. streckt sich die rjioog
ariQ TivQoqiOQog über die felder und Geopon. ii 26, 1 heifst es:
Ttenaivofxevov rov -/.agnov vao re töjv avt^iov xal tr^g ülXrjg
Tov ccfQog svxgaolag. so wird Demeter nigocpögog (Eur. Phoen.
694) genannt, ruht nach Homer und Hesiod auf dem Saatfeld
und ihr gälte ist der wind- und wettergott Zeus oder Poseidon
oder Zephyros. aber gleich nach jener hesiodischen stelle, näm-
lich Opp. 563 heilst es wider: da6y.ev avvig yrj nävxiov ,u^-
xriQ xagnov ovi^ifiiKTOv evei/.j] und ähnlich vielläch. /"JJ xovqo-
TQÖcpog und ^t]ui^Tr^Q x^-o»; hatten einen gemeinsamen tempel
bei der athenischen bürg (AMommsen Heortol. s. 9), wie denn
auch Demeter gleich Ge xovQOTgöqjog (Hesych.), xagTiocpogog
(s. 227) und fAsyäh] genannt wird, vater Dyaus und mutler
Prithivi, die erde (s. 242), und statt deren auch der donnergott
und die furchengottin Rigv. 4, 57, 8 werden um ihren beistand
angerufen, und zwar der donnergott vom pflüger, damit er milch
und honig herabstrome. die opfergabe wird allerdings nicht aus-
drücklich genannt, bestand aber ohne zweifei aus dem, was man
erflehte, dem entsprechend wurde beim beginn des saafpflügens
in Griechenland zu Zeus und Demeter gebetet (Hesiod. Opp. 465),
damit die reifen ähren schwer würden. Demeter hiefs deshalb
auch Proerosia neben Zeus Ombrios und Poseidon Phytalmios
(Plut. Conv. 7 sap. p. 158") und in Athen wurden ihr die Pro-
erosien dargebracht (VVelcker Gr. g. 2, 468), die nach AMommsens
Vermutung (Heortol. 219) wahrscheinlich aus weizen und gersten-
körnern und juelty.gazov d. i. milchhonig (Röscher Nektar s. 37)
bestanden, einen ähnlichen brauch kannten die Angelsachsen nach
der stark christianisierten 'ackerbufse', die ursprünglich offen-
bar nur das erste pflügen feierlichst einleitete (JGrimm Myth."*
2, 1033f). ele, hunig, beorman, von alles viehes milch,i alles
* die wähl von milch und iioni^ zum deutschen (Weist. 2, 547) und
griechischen pfliigeopfer erklärt oben Rigv. 4, 57,8. sonst kommt auch brot
an der achse, aus alter frucht gebacken (JGrimms Myth." 2, 1036), brot und
ei im acker (BK s. 158) vor. das eieropfer bezieht Ulrich Jahn Die deutschen
Opfergebräuche s. 75 mit recht auf Thunar.
162 MANNHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN
baumes art, allem namhaften kraut wird auf die erde gestreut,
nachdem die erste furche gepflügt ist, wird ein aus allerlei mehl
gekneteter laib unter dieselbe gelegt, bevor der mann aber den
pflüg ergreift, ruft er Erce, erce, erce, eorrtan mödor und den
alhvaltenden ewigen herrn um gedeihen und Wachstum an, und
nachdem die erste furche gerissen, erschallt der grufs: hdl
ves^ ßu folde fira mödor! wir finden also mutter Prilhivi zu
Djaus (bez. Süä zu Parjanya), Demeter zu Zeus und eordan mödor
zu dem wahrsclieinlich einen heidnischen gott (Thunar?) ver-
tretemlen christengolt gepart und diese pare bei demselben an-
lass des ersten pflügens um ihre gnade angerufen und mit den-
selben opfergaben geehrt, nimmt man hinzu den alten beinamen
der Demeter xai^ivvr], welcher widerum genau der littauischen erd-
göltin Zemyna entspricht, der man auch gern und wol ursprüng-
lich hauptsächlich bei agrarischen festen hier oder brantwein auf
die erde goss (Zs. 24,161), so wird man zugeben dass schon
diese wenigen entsprechuugen bei verwandten Völkern auch in
Demeter eine würkliche erdgottheit vermuten lassen, mit der
erdgöttin steht aber auch in Littauen der donnergott Perkunas
in ehelichem bunde, und wird bei dürre, wie bei gewitter vom
opfernden bauern angefleht, entweder trau Erde nicht weiter
zu bedrohen, oder ihr sein kühles gesiebt wider zu zeigen
(Veckenstedt Mythen der Zamaiten 1, 126 ff), also auch hier
walten die goitheiten des donners und der erde vereint über
das gedeihen des ackers (vgl. JGrimm Myth."* 1, 146). noch von
einer anderen seite her wird die erdualur der Demeter klar. M.
hat mit glück die buhlschaft der Demeter mit Jasion in der furche
mit dem nordeuropäischen symbolischen vermählungsbrauch auf
dem fehle verglichen, aber in dem tode Jasions durch den blitz
des Zeus sieht er nur ein weiterspinnen der fabel von jenem
dämon seitens Homers, aber liegt nicht in dem zur erde ge-
schleuderten befruchtenden blitz jedesfalls ein uraltes motiv vor?
führt M. nicht selbst späterhin (s. 242) den donnerer Indra an,
wie er im Kigv. in die göttin ackerfurche eingretfi? hat er nicht
selbst früher (BK 485) erwähnt dass die Inselschweden ins külmit,
woraus sie säen, bei der aussaat einen donnerkeil legen? in
Oberösterreich wie in Skandinavien wälzt sich der bauer, wenn
er es im frühjahr aum ersten mal donnern hört, auf der erde,
damit in jeder furche körn entstehe (BK482f). man schwankt,
ob man die Jasionssage für einen nachwüchsigen ätiologischen
mythus, erfunden, um den beim donner sich in den furchen
wälzenden landmann zu erklären, oder für einen allen urwüchsi-
gen mythus halten solle, dem liKauischen vergleichbar, in welchem
Perkunas auf seine frau Zamaite feurige schlangen schleudert, als
er sie bei ihrer untreue überrascht (Veckenstedt Mythen der Za-
^ beim wassailin^ in Glocestersliire wird dein pflugoclisen ein kuclien
aufs liorii gespiefil (BK s. 538).
MANINHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN 163
malten 1, 131). jedesfalls erhellt aus diesen Übereinstimmungen
die erduatur der Demeter, wenn sie auch, wie die mehrzahl der
griechischen götler, die erinnerung an die alte naturhedeutung von
ihrer person möglichst abgestreift hat; die beziehungen zur toten-
weit bringe ich hier gar nicht einmal in anschlag. aber nun gibt
es endlich noch verschiedene andere wichtige züge, die sich weder
aus dem würkungskreis einer kornmulter noch dem einer erd-
mutter denken lassen, die aber ohne frage alt sind, sie scheinen
noch von der prototypischen wolkenmutter herzustammen, deren
eigenheiten sich in der vielfach verwandten göttiu und auch wol
statt der Demeter verehrten anderen Zeusgemahlin Hera, in der
später auch die erdnatur sich geltend macht, weit besser erhalten
haben, schon im altertum deutete man Hera bald auf die untere
]uft, bald auf die erde (Welcker Gr. g. l,377f). auch der
Demeter haften noch einige eigenheiten meteorischer art an. so
ist die "Verfolgung der in ein ross verwandelten Demeter durch
Poseidon Hippios und die damit zusammenhängende trauer der
schwarzen pferdeköpfigen Demeter in der höhle denn doch wol
nur aus dem treiben von wind und wölken zu verstehen, um
volkssage weniger bekümmert als um volksbrauch, hat M. für
diesen mythus keine deutschen analogien beigebracht, obgleich
sie nicht fehlen, vorläufig sei hingewiesen auf die mir gerade
gegenwärtigen höhlenkulte und mythen der 'burgfrau', des 'hirse-
frauchens', der 'kitzkammer' (Rochholz Naturm. s. 99. De la
Fontaine Luxemburg, sagen s. 56. Grimm Myth.M,47f. 3,88).
soweit meine kenntnis der mythensprache reicht, vermag ich ferner
die Irrsinn oder durch anhauch tod bringende Demeter, bez. korn-
mutter, die die kinder stehlende oder auch in einem eisernen
fass zerstampfende roggenmutter, die den Demophoon ins feuer
haltende Demeter, falls dieser zug nicht aus der Achilleussage
entlehnt ist (vgl, AWF s. 69), die ungeheuren brüste der korn-
weiber, nur aus meteorischen Vorgängen zu erklären, wahrschein-
lich ist auch der zorn der deutschen , wie griechischen gottheit
diesem naturgebiel entnommen. Demeter und die deutsche korn-
mutter hatten also nach diesen andeutungen eine vvechselvolle
Vergangenheit hinter sich, bevor sie den schütz des getreidebaues
übernahmen, die höhere kultur erhob dann die Giiechin zu einer
der edelsten, sinnigsten und weihevollsten göltinneu. die ganze
andere hälfte ihres wesens, das Verhältnis zu ihrem kinde, dürfen
wir hier nicht näher beleuchten, da das darauf bezügliche letzte
capitel unvollendet von M. hinterlassen ist.
M.s buch liegt so ziemlich in der diagonale des parallelo-
gramms der beiden hauptrichtungen der mythologischen Wissen-
schaft, die wir oben characterisiert haben, in bezug auf Stoff,
methode und ziel, neben der Volksüberlieferung wird auch die
heldensage und die kunstdichlung herangezogen, wenn auch immer
noch mit geringerer kraft, die vergleichende methode wird ge-
A. F. D. A. XI. 12
164 MA.N.NHARDT MYTHOLOGISCHE FORSCHUNGEN
mäfsigt und kritisch geläutert, deutung und historische entwick-
luüg des mythus und des mythischen brauchs werden gleich-
mäfsig ins äuge gefasst. M.s mühevollem gange war mehrfaches
schwanken und straucheln nicht erspart, aber den rühm hat er
sich erworben, unserer Wissenschaft ein neues Stadium, das dritte,
eröffnet zu haben.
Freiburg, 17 november 18S4. E. H. Meyer.
Wahlsprüche devisen und Sinnsprüche deutscher fürstengeschlechter des xvi
und XVII Jahrhunderts von dr Max Lobe, professor an der herzoglichen
realschule in Altenburg, bibliothekar seiner hoheit des regierenden
herzogs von Sachsen -Altenburg. Leipzig, Joh. Anibr. Barth, 1883.
XVI und 267 SS. 8°. — 10 m.
Die wähl- und denksprüche, feldgeschreie, losungen, schlacht- und volksrufe
besonders des niittelalters und der neuzeit, gesammelt, alphabetisch
geordnet und erläutert von JDielitz, königlich preufsischem geheimen
regierungsrat und generalsekretär der königlichen museen. Frankfurt
a/M., Wilhelm Rommel, 1S84. vin und 476 ss. 4^. — 24 m.
Beide werke verfolgen ähnliche zwecke und haben dazu in
der vorzüglichen ausstattung und in folge dessen auch in der höhe
des preises ähnlichkeit. dagegen weichen sie in der ausdehnung
ihrer gränzen und in der einrichtung gänzlich von einander ab.
während Lobe nur Wahlsprüche weniger deutscher fürstengeschlech-
ter und nur innerhalb zweier Jahrhunderte gesammelt hat und seine
Sammlung unter die einzelnen familienweise und chronologisch
geordneten fürstengeschlechter subsumiert, stellt Dielitz sich die
weite aufgäbe, alle denksprüche und mottos, seien sie von per-
sonen oder vereinen geführt, von allen in betracht kommenden
kullurvölkern, ferner auch die aufschriften auf Wurfgeschossen
uud die volksrufe zu verzeichnen, und führt zu diesem zwecke
dieselben in genauer alphabetischer folge auf, indem er hinter je-
dem Spruche sämmtliche träger desselben namhaft macht, ein
alphabetisches namenverzeichnis sämmtlicher spruchträger ist dazu
da, dass man die sprüche einzelner personen und familien mit
leichtigkeit finden kann , und macht das ganze werk erst recht
nutzbar, dass Lobe weder ein solches namenregister noch ein
Spruchregister seinem werke mitgegeben hat, gereicht diesem sehr
zum nachteil. das nicht allzu grofse opfer an zeit und mühe würde
reichlich aufgewogen sein durch den dank, den ihm der benutzer
des buches für die erleichterung seiner arbeit gewust liätte.
Für seine Sammlung hat Lobe eine grofse anzahl von Stamm-
büchern excerpiert, die eine reiche ausbeute gewährt haben, wir
können uns nur freuen dass er uns damit eine grofse urkundliche
lilter.ilur zur näheren kenntnis bringt, die in ihrem ungedruckten
zu.slande nur wenigen zur Verfügung steht, wenn er aber be-
hauptet dass diese Stammbücher 'ergibiger als die münzen sind
LOBE WAHLSPRÜCHE DEVISEN UiND SIISJNSPRLCHE 165
und, wenn es sich um Wahlsprüche nichtregiereuder fiirsten han-
delt, oft als einzige quelle erscheinen', so muss ich dem ent-
schieden widersprechen, gerade münzen und medaillen liefern
eine grofse fülle von material, auch für uichtregierende fürsten,
für deren grofse mehrzahl ebenfalls denkmüuzen geprägt wurden,
leider hat Lobe der durcharbeitung der münz- und medaillen-
werke, die ihm als bibliothekar doch leicht zugänglich gewesen
wären, nicht den gehörigen eifer gewidmet, was der Vollständig-
keit seiner Sammlung bedeutend eintrag getan hat.
Lobe verzeichnet in seinem werke die Sprüche folgender
fürstengeschlechter: Anhalt, Baden, Bayern, Brandenburg, Braun-
schweig, Hessen, Lippe, Mansfeld, Nassau, Oldenburg, Österreich,
Pfalz, Pommern, Beufs, Sachsen, Schlesien, Schleswig-Holstein,
Schwarzburg, Waldeck, Würtemberg. warum er diese auswahl
getroffen, ist mir nicht ganz klar geworden, doch mag ich darüber
mit ihm nicht rechten, von den angeführten bilden die sprüche
der sächsischen fürsten die weitaus stattlichste reihe, sie füllen
genau den vierten teil des ganzen buches; man darf wol anneh-
men dass der Verfasser hier auf einem gebiete, das er schon vor
Jahren bearbeitet hat (vgl. seine Wahlsprüche devisen und Sinn-
sprüche der kurfürsten und herzöge von Sachsen ernestinischer
linie, Leipzig 1878), möglichste Vollständigkeit erzielt hat. auch
die Wahlsprüche der Brandenburger bilden dank der vorhandenen
litteralur eine stattliche Sammlung, recht auffallend aber ist es
dass Lobe ein darauf bezügliches werk völlig unbekannt geblieben
ist, trotzdem der sonst so ausgibig benutzte ESchulze in Herrigs
Archiv 1856 s. 68 dasselbe in seinem quellenverzeichnis anführt,
nämlich Job. Jac. Spiefsens Braudenburgische historische münz-
belustigungen, Anspach 1772 — 74, 5 bde. es ist daraus nachzu-
tragen: könig Friedrich Wilhelm i (Lobe s. 39): Nee soli cedit
III 137. Gehe in ein Land, das ich Dir zeigen werde i 217. Ca-
simir (Lobe s. 39): In manchen Krieg gab mir Gott Sieg i 65.
Fidelis domus Aiistr: assertor i 193. Susanne, wilwe Casimirs
(fehlt Lobe): Salvuni nie fac domine ii 353. Albrecbt Alcibiades
(Lobe s. 39): Fax multa diligentibus tuam Domine iv 217. Georg
Wilhelm (Lobe s. 46): Pour le plaisir in 329. Georg Friedrich
Karl (Lobe s. 46): Pietatis et justüiae honos ii 377. Candor illae-
sus I 89. Karl Wilhelm Friedrich (Lobe s. 50): Nova lumina spar-
git I 49. Recte faciendo neminem timeas i 73. Uberante numine,
favente principe i 121. Befiehl dem Herrn Deine Wege i 209. £n
spem snrgentis luli m 273.
Nicht minder ignoriert hat Lobe folgendes ebenfalls bei
Schulze erwähnte werk: JGFvHagen Münzbeschreibung des gräf-
lich und fürstlichen hauses Mansfeld, Nürnberg 1778. ich ent-
nehme daraus zur ergänzung von Lobes Sammlung der sprüche
dieses hauses folgende: Ora pro nobis (auf einem gemeinschaftl.
thaler) s. 6. Johann Georg ii (Lobe s. 107): Dennoch s. 91. Peter
12*
166 LOBE WAHLSPRÜCHE DEVISEN Ü>D SINNSPRÜCHE
Erusl III (fehlt bei Lobe): Force ni'est trop s. 119. Quo sors et
summns enndum s. 120. Christoph (fehlt bei Lobe): Dens vivit
et juvat s. 170. Heinrich ii (fehlt bei Lobe): Commisi Domino
et ipse faciet s. 173. Albrecht vii (fehlt bei Lobe): Beatus qni spe-
ravit in dominum s. 182. Vollrath v und Karl (fehlen bei Lobe):
Jnstns non derelinquitnr s. 186. David (Leihe s. 104): Fata viam
invenient s. 208.
Dasselbe Unglück des uichtkennens hat Lobe bei dem gleich-
falls von Schulze angeführten Guldenkabinet von Weise, ich teile
daraus mit: Reufs ä. 1. Heinrich der ältere: Omnia cum deo W.
1730. j. 1. Gera. Heinrich posthumus: Vivit post fmiera virtiis
W. 1738. Redde cnique snum VV. 1739. Quiescit ad gloriam sur-
rectura W. 1740 (begräbnisgulden auf Heinrichs gem. Maximiliana).
Schlesien. Christian von Wohlau (Lobe s. 236): Constanter et
sincere W, 1527 (sterbegulden). Würtemberg. Johann Friedrich
(Lobe s. 266): Ego siim via veritas et vita VV. 1563. Eberhard iii:
Yeritas premitur, non opprimetnr W. 1565. Karl Friedrich, Vor-
mund Eberhards: Dura placent fortibus W. 1569. Eberhard Ludwig
(Lobe s.262): ferendum et sperandum W, 1571. Georg (Lobe
s. 264): Concordia res parvae crescinit W. 1577.
Unangenehmer für den Verfasser als solche] Unkenntnis ist es,
wenn er ein werk benutzt, aber unvollständig, so ist es ihm
mit Beckmanns Historie des fürstenlums Anhalt ergangen, dem
er verschiedene sprüche entnommen hat, leider aber nur aus dem
teil, welcher von den münzen dieser fürsten handelt, halte er
sich in dem buche näher orientiert, so würde er v 337 f von
dem orden des goldnen palmbanms gelesen haben, den Anna,
Christians i gemahiin, stiftete, und dessen mitglieder, zum grofsen
teil aus anhaltischen prinzessinuen bestehend, dort mit ihren in
dem orden gebrauchten devisen aufgezählt werden, ferner hätte
er V 436 noch eine tafel mit medaillen gefunden, die ihm Karl
Wilhelms von Anhalt-Zerbst spruch Dabit Dens bis quoqne ßnem
eingetragen hätte, und schliel'slich würde er aus v 208 f seine
denksprücbe der söhne von Joachim Ernst (Lobe s. 2. 5. 10. 13)
um folgende haben vermehren können: Johann Georg: Dum spiro,
spero. Auxilium meum sit adjutorinm domini. Gaudel patientia
duris. Christian: Christo et patriae. Ex hoc in hoc. lludolf vii:
Etiamsi occiderit me, sperabo in eum. Disce mori. Johann Ernst:
Portio mea Christus. Christi Blut ist mein Erbgut. Ludwig: Vita
mihi Christus ; mors lucrtim. Christus ist mein Leben, sterben mein
Gewinn. Malum consilium est, quod mutari non potest.
Wenn schon das ignorieren ganz bekannter oder leicht zu-
gänglicher quellen, oder deren flüchtige benutzung tadel verdient,
so ist m. e. mehr noch zu rügen dass Lobe bei einigen ganz
besonders für ihn in betracbt kommenden werken dem lescr deren
Verwertung glaubhaft zu machen sucht, während er die betreffen-
den bücher nicht einmal an-resehen hat. ich meine: vPraun Voll-
LOBE WAHLSPUÜCHE DEVISEN U.ND SINNSPRÜCHE 167
ständiges Biaunschvveig- Lüneburgisches münz- und medaillen-
cabinet und Hoflmeister Beschreibung der hessischen münzen,
ersteren führt er auf s. 55. 56. 57 viermal, letzteren s. 97 drei-
mal an, in beiden fällen für deutsche spräche, welche er Schulzes
Sammlung zugleich mit den citaten entlehnt hat. diese Sünde hat
sich bitler gerächt, wenn Lobe ganz allein auf beide werke sich
beschränkt hätte, so würden sehr wenige der von ihm aufgezählten
denksprüche fehlen , aber er würde eine bedeutende anzahl ihm
ganz entgangener darin gefunden haben, die folgenden auszüge
werden dieses urteil bestätigen.
I Praun. erzbischof Christoph von Bremen (fehlt bei Lobe):
Hoc mare vite tulit 15. Eh'ge cui dicas 16. Erich der ältere:
Maria mater gratiae 32. Besser gntloss dann ehrloss anm. zu 35.
Erichs i gemahlin Elisabeth: In ern kau niemand wehrn anm.
zu 36. Julius (Lobe 54): Si deus pro nohis, qnis contra nos 104.
Was helfen lichter vnd hril wen man mit vleis nicht sehen wil 107.
A deo pro imperio. Herr in mir zind an des Glaubens licht, ohn
icelchs der mensch blind gar nichts gsicht 106. Heinrich Julius:
Rede facienda neminem timeas 131. Insperata floruit 143. Non
nisi contusus 154. Depressa resnrgit 155. Nee caesnscedam 156.
His ducibus 158. Manns Domini protegat me. Ecce non est ab-
breviata manns Jehovae, nt salvare non possit 159. Usu diverso.
Wozue man will gebraucht man mich, ein jeden tvillig diene ich 162.
Licet ossa arescant, virtus verescit et viget 164. Elisabeth (Lobe 57):
Dens adjuva nos 167. Dominus providebit 174. töchter von Hein-
rich Julius: 1) Hedwig: Vol guter Wercke stirbt vnd wird dvrch
Frömmigkeit avch vnter vns ericeckt Tabea vnser Zeit 181 (fehlt
Lobe s. 161). 2) Dorothea: Honore et virtute 182 (fehlt Lobe
s. 34). Joachim Karl (Lobe s. 58): Soli deo gloria 115. Julius
August (Lobe s. 59): vigilando et agendo 116. Friedrich Ulrich
(Lobe s. 59): In te domine sperantes non confundentnr in eo 203.
Pro patria 200. Sapienter et constanter 205. Recte faciendo ne-
minem timeas 206. Sit nomen Domini benedictum 207. Con-
serva me Domine 208. In Deo virtutem faciemus 209. Legibus
et armis 211. Pro lege et grege 212. Sub umbra alarum tua-
rum 214. Sine deo nihil feliciter succedit 234. Oceani fructus
conchae sunt atque metalla, ut conchas äuge nostra nietalla deus 237.
Prospiciente deo 240. Non nisi contusus. Wan mans stockfischs
geniefsen sol, mus man ihn zvvor klopfen wol. So findt man viel
levt, die nichts thun wan man sie nicht bleuwt 241. Flecteris an
frangeris? 242. Alacritatis calcar liberalitas. Caute 243. Ut
incensnm ita oratio 246. Ultro se volvere capi. Wilt leben wol,
flevch die Begierd, sonst gleich dem Fisch dir dein lohn wird 249.
Tntus snb umbra manus tuae 250. Anna Sophie (Lobe s. 61):
En dien mon esperance en tonte adversite 253. Christian (Lobe
s. 61) ist nicht, wie Lobe angibt, 1612 sondern 1626 gestorben.
Animosior irretatus 185. His orbis domitur 186. Gottes frevndt
1G8 LÜBE WAHLSPRÜCHE DEVISEN U>D SINNSPRÜCHE
der pfaffen feindt. Tovt avec diev 188. Mors vltima linea rervm.
Tili mors paranwr 192. Erich ii d. j. (Lobe s, 61): neben spei'O
invidiam war zu erwähnen sperno invidiam (38. 42), das auch bei
Köhler viii209 belegt ist. Maria mal er Domini 57. Sic ad astra 59.
Virtutis praemium 60. Otto d. jüngere (Lobe s. 62): In domino
fulucia nostra 261. Ernst (Lobe s. 65): Bey Gottes Wort ich
bleibe 275. Julius Ernst (Lobe s. 66): Recte faciendo neminem
timeas 280. August d. j. (Lobe s. 68): Augnsti wternam (augu-
stam) coronam fama coronat 382. 399. Jacta est alea 383. Uti
sie nisi 389. W. Ä. L D. R.= Wolferbylmn ab injustis detenloribus
restituetnr oder restitutum 391. Prudenter et vigilanter 397. Pru-
dentia et vigilantia 403. Fauslum justitiae et pacis consortiiim
398. Mobile stat fixum fidei 405. Quae lata fronde virebam,
nunc rigni. Sic transit gloria miindi. Omnia non nisi provido
et vegeto consilio 406. die buchstabeu T. S. G. E. B. werden noch
erklärt: Tandem seqnetur gloria eventum bonum oder Tandem
significabit gloriosum exitum Brunsvicensem oder Tandem sortien-
tur consilia eventum bonum 386. 387. Clara Maria, 1 gemahlin
Augusts (fehlt bei Lobe): Rerum vicissitudo 407. ipse fecit et fa-
ciet 408. contraria juvant 410. Sibylla Ursula, tochter Augusts
(fehlt bei Lobe): Qui vicebit sie vestietur vestimentis albis 414.
Maria Elisabeth, 2 tochter Augusts (fehlt bei Lobe): Qui craint
dien sort du tont 415. Rudolf August (Lobe s. 70): Tu tandem
abjeclam redde deus alme sonoram 461. J'ure et armis 465. Sicut
dies juventutis ita senectus Zwa 466. Anton Ulrich (Lobe s. 71):
Labore et constantia 423. Durabo 479. Immotus 480. Aliorum
absumor in usus 481. Ibo quo vertas 482. Moderalo splendeat
usu 483. Semper memor 485. Natura semel memoria semper 487.
Finis coronat opus 488. Nee terrae sidera desunt 494. Felicitas
terrae Brunsvicens. adaucta 495. Dat praemia digna laborum 496.
Ardentibus volis. Augentur vita diesque 497. Fructibus et flore
perennat 499. Astra velut radiis splendet sol unicus intra. prin-
cipibus doctis sol ita solus eris 500. Elisabeth Juliane, gemahlin
Anton Ulrichs (fehlt bei Lobe): Deservisse juvat 518. August
Wilhelm (Luhe 72): Viani tendit avilam 544. Tramitem sequitur
rectum 546. Sahis populi. Melae productus amore 550. Ludwig
Rudolf (Lobe 72): Vii^tus fortis vera, non fera 588. Dant ad-
versa decus 591. Pro libertate conscientiae 609. liier freuet sich
ein jeder stand, weil ihm sein Schuzgotl zugewandt 611. Erui po-
tuit, non frangi 637. Elisabeth Christine, tochter von Ludwig
Rudolf, gemahlin Kaiser Karls vi (fehlt bei Lobe): Tocat auster
in altum 644. Coelum non numina mutat 445. Non sceptra sed
astra 646. Redde diem 653. Ad nutum dei 662. Aeternilas au-
gusta 666. Charlotte Chrisliane, 2 tochter von Ludwig Rudolf
(l'ehlt bei Luhe) : Non usquam junxit nobiliora fides 682. Stirpe
vel ex una coalescunt surculi in nnum 683. Ferdinand Albert
(Lobe s. 72) : Mediis tranquillns in undis 688. Homo ut ßos ori-
LOBE WAHLSPRÜCHE DEVISEN UND SliNNSPRÜCHE 169
tiir, moritnr flos 691. Dant arma trophaeum castra rogum 693.
Ferdiüand Albert d. j. (Lobe s. 73): Ex adverso decus 698. Forti-
que cadendum 712. Antoinette.Amalie, des letzteren gattio (fehlt
bei Lübe): In motu immota 714. Karl (Lobe s. 73): Candidns
haec profert montanns praemia cygnus 725. Tu qnondam abjec-
tam reddis deus atme sonoram l'll. Non marcescet 728. Lobe
den der ihn gemacht hat (Syr. 43) 729. Ex ungue leonem. Por-
tes creantur fortibus et bonis 760. Ernst (Lübe s. 74): In deo
spes mea 296. Christian (Lobe s. 74) : In spe et silentio 298.
Dante deo, virtute duce 303. Gott gibt, Gott nimt 308. Gott gibt
wem er wil 310. August der ältere (Lobe s. 75): Patriis virtu-
tibns 336. von Friedrich (Lobe s. 77) bietet Praun einige längere
deutsche und lateinische Sprüche 366 — 368, die ich der raum-
ersparnis wegen nur erwähne. Sophie Amalia, tochter Georgs
(fehlt bei Lobe): Dominus providebit. Spes mea in Domino IIA.
Georg Wilhelm (Lobe s. 80): Omnia cum deo et nihil sine eo 804.
Favent constantibus astra 824. Meta quies mercesque laborum 826.
Fortitudinis praemium immortalitas 827. Deus dat finibus tuis pa-
cem (Psalm 147) 829. Nee finis cursibus impar 835. Johann
Friedrich (Lobe s. 80): Ornat et revelat 871. Hie ima et summa
882. Aequat 883. Prudentia gloriae custos 884. Non nisi cogor
885. Pacem virumque cano 886. Certum iter fata parant 893.
Charlotte Felicitas, 1 tochter von Johann Friedrich (fehlt bei
Lobe): Commercia reddit 894. Wilhelmine Amalie, 2 tochter (fehlt
bei Lobe) : Ornat me regis amor 899. Amore consilio 900. Ho-
noror non onervr 904. Rede et constanter 906. Ernst August
(Lobe s. 81): Agricolam segetis spes, nos alit haecce metalli 919.
Candidus hos nummos sonipes cultoribus offert 920. Ernesti Au-
gusti ducis haec scrobs praemia reddit 921. Ernesti Augusti ducis
haec sunt munera venae 922. Hos Herzberga sui fruclus cultori-
bus offert 924. Durch Gottes Glück und Seegen, Haus Hertz-
berg diss lässt praegen 925. Talia te Sophiae recreabunt dona
fodinae 926. Aes hoc Margretae dives tibi vena remittit 927.
Änn-Eleonora tuos his donis ditat amicos 928. Pro vigili cura
grus munera gyrata repandit 929. Andremontani Ludovici haec mu-
nera venae 930. En labor en praemium 936. Tu tandem ab-
jectam redde Deus alme sonoram 967. Umis amor palmae 972.
Haurit et distribnat. mediocri sorte refundo 974. Meritis et for-
tibus ausis 982. Est gloria funeris exors 987. fama superstes
988. Sophie (Lobe s. 82): Senz-a turbarmi al fin m'accosto 991.
Sophie Charlotte (Lobe s. 38): In una sede morantur majestas et
amor 998. begräbnismcdaillen auf Ernst Augusts söhn Karl Phi-
lipp: geminat lucem ftammamque cadendo 1013. Quis fuerit mors
ipsa docet 1014. Ernst August d. j. (fehlt bei Lobe): Pro lege
et grege 1019. Georg i (Lobe s. 82): Nee aspera terrent 1058.
Regia crede mihi res est succurrere lapsis 1060. Extensae gaudent
agnoscere metae statuis 1061. Fidium dulcedine mites 1067. Unus
170 LOBE WAHLSPRÜCHE DEVISEN UND SLNNSPRÜCHE
7ion sufßcit orbis 1068. Fidei defensor et aequi 1071. dessen
tochter Sophie Dorothee, künigin von Preiifseu (fehlt bei Lobe):
Äuget flamma decus 1086. Georg ii (Lobe s. 82): Praestat com-
ponere 1142. Temperat aestus 1144. In publica commoda 1148.
Musarnm juugit amores 1150. Ut capiant fruclus 1151. Dien
et nion droit 1152. aufserdem zahlreiche spräche auf ausbeute-
thalern.
II Hoffmeister. VViliielm ui 1483— 1509 (fehlt bei Lobe): Gloria
reipublicae 193. Deum solum adoraMs 230. Philipp der grols-
mütige (Lobe s. 83) : Victoria nostra a solo deo est 325. Justus
non relinquitnr 346. Der Herr erhelt mich 364. Wilhelm vi (Lobe
s. 89): Jehova volente hmiilis levabor 1189. Divino foedere tutus
1365. Karl (Lobe s. 90): Justitia et pietas cinctura et principis
arcta 1548. Vigilo pro patria 1751. Vigilo pro fide Uli. Mo-
derata durant 1538. Ibo quo me vertes 1861. Tnetur et äuget
1876. Insultantem deplumo 41 61 . Cantat nou puguat 41Q8. Sa-
lus deus fortis 6271. Georg i (Lobe s. 91): sit nomen Domini
benedictum in aeternum 3260. Ludwig v (Lobe s. 92): Vias tuas
doce me domine 3307. Ludwig vi (Lobe s. 95): Opportune luce-
bit 3423. Fata viam invenient 3424. Quiete sollicitus 3425. In
te domine speravi 3439. Ernst Ludwig (Lobe s, 97): Speravi,
non confundas in aeternum 3486. Gott baue das Haus Ilessen-
Darmstadt 3493. Spante tua feror aura 3503. Pietate et justitia
3516. Protegere praestat quam rapere 3524. Occnlta patebunt
3637. Nil terrent 3663. Fortiter juste et constanter 3664. Me-
diis tranquillus in undis 3667. Non est mortale quod opto 3668.
Gott hat sein geliebtes Hessen bis hieher noch nicht vergessen 5409.
Ludwig vni (Lobe s. 97) : Ibo quo vertas 3679. Pro patria 3687.
Timore et amore 3701. Deo Caesari et imperio 3709. Nee con-
stellatio laetior nlla 3710. Sincere et constanter 3724. Mortua
reviviscit venatio 3758. Concorditer et constanter 3842. Generis
virtute tuebor 3583. Sub umbra alarum tuarum 3869. Muneri-
bus ornat 3873. Josua non Moses nee Aaron 3874. Redde per-
fide abrepta subito illicite fortioribus 3875. Deus protector mens
3877. Deum timere, honeste vivere, neminem laedere, smim cuique
tribuere 3878. Quo altior et lucidior 3882. Aliis inserviendo
consumor 3883. Patria quid luges, vivit deus et Ludovicus 3884.
Durch die Ducaten ward ich verrathen 3921. Alles in der Welt
thut man vor das Geld 3923. Regiminis levamen 3924. Plutöt
mourir que d ahandonner la vertu 3948.
Diese zusälze hätten leicht noch reichlicher ausfallen können:
denn wenn ich gleich mich im allgemeinen hierbei nach Lobe
gerichtet habe, der gar manches aufgenommen hat, was weder
Wahlspruch, noch devise, noch Sinnspruch genannt zu werden
verdient, so habe ich doch verschiedene aufschriften, die mir der
rahmen des buches auszuschliefsen schien, weggelassen.
Zum Schlüsse möchte ich noch auf einiL'e andere mäugel
LOBE WAHLSPRÜCHE DEVISEN UND SINNSPRÜCHE 171
aufmerksam machen. Lobe stellt die sprüche auf Sterbemedaillen
unter die personen, zu deren gedächtnis sie geprägt sind, nun
ist aber blofs in einzelnen fällen der sprucli der Sterbemedaille
auch devise oder motto des verstorbenen gewesen , in der regel
ist er eine art kurzen nachrufs. so zb. der spruch auf der
Sterbemedaille von Anna Margaretha (s. 94): Wer durch des lambs
blut vberwindt, die cron des ewgen Lebens findt, welcher mit mehr
recht als ein Sinnspruch ihres gemahls Philipp von Hessen-Bntz-
bach anzusehen ist. so ist auch Pietate auf den sterbethalern
Wilhelms vi (s. 89) nur ein zusatz zu seinem motto fide et justi-
tia, mit welchem zusammen es die kurze characteristik des ver-
storbenen geben soll, ein ähnlicher zusatz ist auf den sterbe-
thalern des landgrafen Moriz (s. 85). hinter dem motto: Consilio
et virtute steht Mauriti meniento moril sowol HofFmeister als auch
Lilienthal und Köhler, die Lobe beide (falsch) citiert (Lilientlial
1246. Kühler xvi 169), kennen diese aufschrift nur auf begräb-
nislhalern von 1632. worauf beruht Lobes angäbe 'thaler von
1594 ff'? falsch gibt Lobe an Heinrichs ii von Braunschweig
(s. 52) Wahlspruch: Justus non derelinquetur. es heifst dereltn-
qiiitnr, wie auch bei Köhler i 288 (nicht 281) zu lesen steht,
ferner den spruch Friedrichs u von Hessen-Homburg (s. 94): Ad
eandem virtutem tendo. es muss virtute heifsen , da zu eandem
coronam zu ergänzen ist, wie aus dem symbole hervorgeht, statt
Si deo placuit in tribulationibus (spruch Ernst Ludwigs von Hessen-
Darmsladt s. 97) heifst es Sic. so hat auch Lilienlhal, den Lobe
hier ausschreibt, ohne ihn wie sonst zu eitleren, in Ludwigs vni
spruch (s. 97) muss es natürlich lauten: 0 toir armen Hürner-
träger Haben wider Willen Schwäger statt gaben, falsch übersetzt
ist die devise von Hedwig Sophie (s. 90): Dissolvor: Ich werde
getrennt, es bedeutet: Ich werde erlöst.
Das buch von Dielitz hat sich, wie schon der titel besagt,
ein viel weiteres ziel gesteckt, als das von Lobe, bei dem massen-
haften material, welches hier bewältigt werden muste, versteht
es sich von selbst dass ein andrer mafsstab anzuwenden ist. ganz
erschöpfen lässt sich der brunnen gar nicht, schon aus dem
umstände, weil immer neue quellen zufliefsen. aber je breiter
ein werk angelegt ist, desto sorgfältiger muss bei den vorarbeiten
dazu verfahren werden, damit nicht etwa das nächstliegende über-
sehen werde, ich kann leider Dielitz nicht das Zeugnis ausstellen,
dass er die nötige Sorgfalt in der heranziehung und bearbeitung
des Stoffes angewandt bat, was bei dem grofsen fleifse, den das
buch sonst bekundet, sehr zu bedauern ist.
Ein vergleichender blick in das werk und seinen nachtrag
lässt uns die etwas befremdende Wahrnehmung machen, dass das
fundament des werkes auf den spruchschatz des auslands, haupt-
sächlich Englands, gegründet ist, und dass eigentlich erst im
nachtrage Deutschland mehr berücksichtigung gefunden hat. nun
172 DIELITZ DIE WAHL- Ui>D DENKSPRÜCHE
ist es ja gewis dass die führimg von Wahlsprüchen in England
und auch in Frankreich eine weiter verbreitete sitte ist als in
Deutschland, und dass deshalb das ausländ die absolute niehrzahl
derselben liefert, allein dadurch kann nicht entschuldigt werden
dass die mehrheit der deutschen sprüclie in dem nachtrage nach-
geschleppt wird, während sie doch sicherlich dem deutschen
herausgeber zunächst lagen und in einem deutschen buche ohne
zweifei zuerst hätten berücksichtigt werden müssen, abgesehen
davon, dass fast sämmtliche erwähnten deutschen slädte nur im
nachtrage sich finden, sind auch die Sprüche der deutschen forsten
zu einem ganz erheblichen teile erst in diesen aufgenommen, die
folgenden zahlen geben an, wie viele sprüche von den betreffen-
den fürstenhäusern im hauptwerk, wie viele im nachtrage stehen.
Anhaltl7:14. Baiern 12:7. Bentheim2:3. Brandenburg 113 : 39.
Braunschweig 39:59. Hanau 4:5. Hessen 13:20 (2 sprüche s.
417 und 421 sind im register weggelassen). Hohenlohe 32:80.
Holstein 3:4. deutsche kaiser 41 : 34. Lippe 2:11. Mainz 3:8.
Mansfeld 15:7. Mecklenburg 9: 13. Preufsen 11:28. Sachsen
81:91. Sayn3:5. Schleswig 11 : 8. Schwarzburg 10: 10. Stol-
berg 11:18. Würtemberg 12 : 13.
Dies offenbare misverhältnis erklärt sich daraus, dass Dielitz
hinsichtlich der auswahl seiner quellen wo möglich noch unglück-
licher war als Lobe, die vielen emblemata- und symbola-werke,
die er ausgezogen hat, bieten im ganzen viel weniger, als die
münz- und medaillensammlungen, von deren einsichtnabme keine
angäbe im quellenverzeichnis zeugt, es mag noch hingehn dass
Dielitz speciahverke übersehen hat, wie das von Praun übfer die
braunschweigischen, von HofTmeister über die hessischen münzen ;
bös aber ist es dass er werke nicht ausnutzt, wie Weises Gulden-
kabinet, Madais und Lilienthals Thalerkabinete; noch erstaunlicher
dass er Köhlers Müuzbelustigungen gänzlich ignoriert. Unkennt-
nis dieser bücher kann man doch bei einem manne wie Dielitz
nicht annehmen ; wie aber soll man sich die tatsache erklären,
dass er dieselben unbeachtet gelassen hat, zumal in ihnen (mit
ausnähme Madais) die auf den besprochenen münzen vorkommen-
den Sprüche in einem besonderen register alphabetisch geordnet
zusammengestellt sind, ich unterlasse es, nachtrage aus diesen
werken beizubringen, die den umfang meiner besprechung zu
sehr anschwellen würden ; schon aus den für Lobe gegebenen
lässt sich die lückenhaftigkeit der Sammlung erkennen.
Die anderweitige litteratur über münzen und medaillen, die
hier in betracht gezogen werden muss, ist eine aufserordentlich
grofse. da es meine absieht nicht sein kann, hier eine biblio-
graphie derselben zu liefern, will ich nur einige wenige werke
nennen, welche Dielitz eine ansehnliche ausbeute würden gewährt
haben. Jacques de Bie, Les familles de la France illuströes par
les monumens des medailles ancienncs et modernes, a Paris 1636.
DIELITZ DFE WAHL- UND DENKSPRÜCHE 173
— derselbe, La France metallique contenant les actions c6lebres
tant publiques que priv6es des rois et reynes. ä Paris 1G36. —
Histoire metallique des xvii proviuces des Pays-Bas depiiis l'abdi-
cation de Charles-quiut jusqu'ä la paix de Bade en mdccxvi. tra-
duite du lioUaudois de Monsieur Gerard van Loon, ä la Haye
1732 — 37. 5 bde. — Tbesaurus numismatum modernorum buius
seculi, sive nuraismata mnemonica et iconica quibus praecipui
eventus et res gestae ab anno mdcc. illustrantur, figuris aeueis
expressa , addita latiua et germanica explicatione. Norimbergae,
sumptibus & typis Job. And, Endteri p. m. filii & baeredum. 2 bde.
(enthält die jähre 1700 — 1710). — Ricaud de Tiregale, Medail-
les sur les principaux 6veuements de l'empire de Russe depuis
le regne de Pierre le grand jusqu'ä celui de Catherine ii. ä Pots-
dam 1772.
Eine andere gattung von werken, welche schätzbares mate-
rial liefern, sind die älteren bistorien, welche porträts enthalten,
ebenso porträtsamralungen. man findet häufig als Umschrift der
bildnisse oder in besonders dazu angebrachten bäudern innerhalb
derselben das motto des dargestellten, so in dem dickleibigen
werke Hortleders: Der röm. keyser- und königl. majesteten etc.
haudlungen und ausschreibungen. von den Ursachen des teut-
schen kriegs kaiser Carls dess v wider die schmalkaldische bunds-
oberste etc. Gota 1645. ich ziehe aus demselben nachzutragen-
des aus und setze hier wie später vor die überhaupt bei Dielitz
fehlenden sprüche ein Sternchen, während ich die andern, welche
blofs für schon vorhandene sprüche neue träger nachweisen, un-
bezeichnet lasse.
*Hoffmmg lässt nicht zu Schanden xoerden. Philipp der grofs-
mülige H. i 43. Justus ex fide vivet. Albrecht erzbischof von
Magdeburg 64. Confirma hoc deus quod operatns es in honis. papst
Paul HI 87. *Wer sich auf Gott verlassen thut, empfehet zeitlichs
und ewigs gut. Heinrich i von Sachsen 380. Fried ernehret, Un-
fried verzehret. Heinrich der friedfertige von Mecklenburg 386.
Christus spes una salutis. Wolfgang von Anhall-Bernburg 386.
Auxilinm meum a domino. Jobannes iv von Anhalt-Bernburg 386.
Thue Recht, scheu niemand. Johann Ernst i von Sachsen 386.
*Utraque virtute, togala et militari. Malthaeus erzbischof von
Salzburg 792. *Si deus a nobis, contra nos esse quis ausit ? Quis
contra nos? Wilhelm iv von Ober- und Niederbayern 918. *Se-
cunduni volnntatem tnam Domine. Georg von Hessen n 1. *Wies
Gott gefällt, so gefällt mirs auch, kurfürst Johann Friedrich i
von Sachsen ii 585. *Sudpte simul et virtute avita. herzog von
Alba II 656.
Aus den reiterporträts des frankfurter kupferstechers Eber-
hard Kieser (anfang des 17 jbs.) lässt sich Dielitz um folgende
Sprüche vermehren : *Solamen spes patientia. Job. Schweickbardus
erzbischof von Mainz. *Constante aequitate. Lothar erzbischof von
174 DIELITZ DIE WAHL- UND DEiSKSPRÜCHE
Trier. *Rege me Domine secundnm verbum tuum. Friedrich v
von der Pfalz. *Exnrgat Dens et dissipentur inimici eins. Maxi-
milian kurfiirst von Baiern. Scopus vitae meae Christus. Johann
Georg von Sachsen. Pro lege et grege. Georg Wilhelm von Bran-
denhurg. *Una fdes. Philipp iv von Spanien. ^Schlecht und
7'echt. Johann Friedrich von Würtemherg. ^Regina firmat pietas.
Christian iv von Dänemark. *FIecteris an frangen's. Friedrich
Ulrich von Braunschvveig. Consilio et virtute. Moriz von Hessen.
*Alia non ex arbore palmas. Karl Emanuel von Savoyen. Pietas
ad omnia ntilis, Leopold erzherzog von Österreich. Tandem fit
surcidus ar^bor. Moriz von Oranien. *Ex ntraque gloria. Karl
von Longueval, graf von Buqnoy. *Invidos virtute torquebo. Jo-
hann Jacoh graf von Bronckhorst. *Mas onra que uida. Fried-
rich graf von Solms. Tandem bona causa triumphat. Johann
Theodor graf von Löwenstein-Werlheim. *Pacem cum hominibus,
bellum cum bestiis. Jan Eitel Brendel von Houmpurg. *Nunc nun-
quam. Ambrosius Spinola. Aut mors aut vita decora. Christian
von Braunschweig, bischof von Halberstadt. *Jehova tibi soli.
Friedrich freiherr von Teuffenbach. *Haud inferiora sequor. Don
Balthasar Marradas. *Litiga domine cum litigantibus meis, et pugna
cum pugnantibus meis. Johann Jacob von Wallhausen. Consilio
firmata dei. Gabriel Bethlen. Yivit post funera virtus. Georg
Tliurzo de Bethlemfalva, graf von Arwa. Dens providebit. Sieg-
fried von Kolonitsch.
Trotz der grofsen menge mottos von englischen familien,
welche Dielilz verzeichnet, ist auch dieser feil nicht lückenlos,
die Sprüche des hohen englischen adels sind vvol nahezu vollstän-
dig, dagegen fehlen sehr viele vom niedern adel. aus Bernard
Burkes Genealogical and heraldic dictionary of the landed gentry
of Great Britain & Ireland for 1851 habe ich die buchstaben ABC
verglichen und führe die fehlenden mottos auf. *Pro fide ablectus.
Ablett. Adjuvante deo. .4cton. *Cerlior in coelo domus. Adams.
Fortiter et recte. Anderson. *Multa tuli fecique. Arkwright. *Frac-
tum non abicis ensem. Armitage. Inrictus maneo. Armstrong.
Nil desperandum. Arnold. *Impelle ohstantia. Arthur. *Aegis
fordssima virtus. Aspinall. Pret d'accomplir. Aston. Deo et regt
fidelis. Atkinson. *Famus quo ducit fortuna. Atty. Nil sine deo.
Awdry. ^Verus et fidelis semper. Aylward. Foy est tout. Babing-
lou. Fordward. Baitour. Virlus tutissima cassis. Barker. Au-
dnces fortuna juvat. Barron. Non frustra. Barrow. Mature. Bart-
telot. Fide et fortitudine. Barton. Gwell angau na chjwihjdd.
Basset. *Ante honorem humilitas. Battersby. Auspicium melioris
aevi. Beauclerk, *Praenuntia pacis. Bell. Aut nunquam tentes,
aut perfice. Bennet. *Bene tenax. ßennet. *Haud facile emer-
gunt. Bennet. Vi7icam vel moriar. Benyon de Beauvoir. Virtus
probata florescit. Beruard. *Del fugo I avola. Berners. *IIand
nomine tantum. Best. Deniqne coelum. Best. *In veritate trium-
DIELITZ DIE WAHL- UND DEKKSPRÜCHE 175
pJio. Biddiilph, Spes lahor levis. Bigland. Fideliter. Bird. *Pro
Marte et arte. Blagrave. *Pro deo, pro rege, pro patria et lege.
Blakemore. *Eloqiientia sagiita. Bland. *7 rest to rise. Blayoey.
Audaces foituna juvat. Blewiit. In deo omnia. Bluell. Justus
et fidelis. Bomford. *Do not for to repent. Boteler. In cruce
Salus. Bourke. *Vanus est honor. Bowdoii. Esse quam videri.
Bower. Vincit verilas. Bren)er. *Opilulante deo. Breretou. T7-
rescit vulnere virtus. Brock. Nee timeo nee sperno. Bi'owm^
*Do well, doubt nought. Bruce. *Clariora sequor. Buchauan.
Propositi tenax. Buüny. Tace aut face. Burges. Un roy; une
foy, une loy. Burke. *IIuic habeo non tibi. Burroughes. Yic-
trix fortunae sapientia. Callhrop. *Campi fero praemia belli.
Campbell. *\Visdo)ns beginning is God's fear. Campbell. *Sic vita
humana. Capel. En tonte loyale. Carne. Fy Ngobaith Syddyn
Nuw. Carne. L'esperance nie console. Carr. Sub libertate quie-
tem. Carter. *Mors potior macula. Chamberlayue. Soyez content.
Charuock. *Omnia fert aetas. Cheese. *Firme en foy. Chichester.
Salus per Christum. Christian. *Post est occasio calva. Clapham.
Noli altum sapere. Clarke. Carpe diem. Clarke. In cruce fides.
Clendinning. Dulcis amor patriae. Clifford. *Nec metuas nee optes.
Coddiuglon. Nil desperandum. Coddington. Nemo sibi nascitur.
Coles. Persevere. Colville. Inter utrumque. Connellan. Sape et
tace. Connellan. *Fructus virtutis. Conyers. Tu ne cede malis
sed contra audentior ito. Cooke. *Qui semina vertu raccoglia fama.
Coore. Royal au mort. Cramlington. *ThourniV creve'lh== I give
you the bush. Creagh. Virttite et numine. Creagh. Fortuna au-
daces juvat timidosque repellit. Cregoe. Aut numquam tentes aut
perfice. Creswell. *Heart love. Crigan. Virtute et fidelitate. Crolfs.
Sub cruce salus. Crosse. Carpe diem. CuUen. Fais que dois,
arrive qui pourra. Cure.
Nimmt man für die übrigen buchstaben des alpbabets ein
ähnliches Verhältnis an, so kommt ein ganz erklecklicher Zuwachs
an Sprüchen heraus.
Ich breche ab mit weiterer anlührung von litteratur. sie ist
zu reich, als dass mau sie so kurz aufzählen und abtun könnte,
so sind die heraldischen und numismatischen Zeitschriften zu
durchforschen; aus dem Deutschen herold ist manches motto nach-
zutragen, namentlich von den in jüngster zeit neubegründeten
Staaten, was ich angfeührt habe, wird genügen um darzutun, wie
viel dem werke von Dielitz an der wünschenswerten Vollständig-
keit fehlt, eine neue aufläge ist bei dem hohen preise des buches
und dem engen kreise, für den es bestimmt ist, so bald nicht zu
erwarten, doch wird ein nachtrag geliefert werden können, zu
dem gewis manche, die für das werk interesse haben, dem Ver-
fasser ihr material zur Verfügung stellen werden.
Zu guter letzt will ich noch erwähnen dass die namen der
englischen familien in der von Dielitz gegebenen Schreibung häufig
176 DIELITZ DIE WAHL- UISD DEJiKSPRüCHE
nicht übereiustimnien mit der in Burkes Dictionary, dem hierin
ohne zweifei die gröfsere glaubwürdigkeit beizumessen ist.
Rassel 25 juni 1884. Karl KocheiNdürffer.
Die erste gesanimtausgabe der Nibelungren. von Johannes Crueger. Frankfurt
a Main, literarisciie anstalt (RüUen & Loening), 1884. 2 bll., in und
144 SS. 8°. — 3 m.*
Der Verfasser, welcher Bodmers nachiass in Zürich mit
rücksicht auf dessen altdeutsche Studien durchmustert hat, liefert
hier einige ergebnisse seines emsigen fleifses. leider kann man
nicht sagen: das ergebnis. anstatt die bemühungen Bodmers
für die 'altschwäbischen' dichter auf grund des ihm zu geböte
stehenden reichen materials im Zusammenhang darzustellen , hat
Crueger es vorgezogen, brockenweis, nach und nach, an verschie-
denen stellen mitteilungen über seine funde zu machen. ^ das
bedenkliche, was in einer solchen art der Veröffentlichung Hegt,
die gefahr, welche daraus allmählich für den Verfasser selbst er-
wächst, tritt gerade in der jetzt vorliegenden schrift besonders
scharf hervor, in welcher der versuch gemacht wird, eine umfang-
reichere Stoffmasse zu bewältigen und übersichtlich zu gruppieren.
3Ian beachte die einteilung des buches: einleitung, und drei
capitel, mit den Überschriften : ßodmer und die Nibelungen, Chri-
stoph Heinrich Müller, Die Nibelungenpublication. dagegen ist
nichts einzuwenden, aber nun folgt noch auf einigen 40 selten
ein 'anhang', welcher nach des verf.s eigenen Worten 'einige zu
seinem thema in engerer oder loserer beziehung stehende notizen
bietet.' sieht man näher zu, so findet man dass dieser anhang
wider aus sechs unter einander so gut wie gar nicht zusammen-
hängenden anhängen besteht (1. Bodmers Verhältnis zu Boie;
2. der (sehr dankenswerte) abdruck von Breitingers aufsatz Von
dem alten heldengedichte von der räche aus den Freymüthigen
nachrichten; 3. notizen Bodmers über die Nibelungen, besonders
deren möglichen Zusammenhang mit nordischen sagen; 4. ein sa-
tirisches gedieht Bodmers Das verschmähte gedieht Chriemhildens
räche; 5. Mülleriana; 6. briefe etc. von VV.JCGCasparson). auf
diese sechs anhänge folgt dann noch ein siebenter, 'excurs' be-
titelt, und dieser enthält merkwürdiger weise vielleicht die interes-
santeste und wichtigste mitteilung des ganzen buches 1
Von einer vvürklichen Verarbeitung des Stoffes kann unter
diesen umständen nicht die rede sein, und das ist um so mehr
[* Vgl. DLZ 1884 nr32 (ESteinmeyci). — Litt, centralbl. 1884 nr 48.]
» Der enldecker der Nibelungen 1883. Das erste neuiioclideutsche
minneiied, Zs. f. d. ptiil. xvi (1884) s. 85 ff. Bodmer, stadtvogt Renner in
Bremen, Wiedeburg in Jena, ebenda s. 197 iL vgl. auch die bemerkung des
verf.s 8. 20 unserer schrift.
CRÜEGER ERSTE GESAMMT AUSGABE DER MBB- 177
ZU bedauern, als im übrigen die schrift von wissenschaftlicbem
sinn, Sachkenntnis, hingebendem fleifs, und einer woltuendeu
begeisterung des Verfassers für sein thema zeugnis ablegt, über-
haupt eine durch und durch solide arbeit ist. aber den mafsstab
für das, was aus der masse des ihm zu geböte stehenden mate-
rials sich zur mitteilung eignet, und was nicht, hat er leider
verloren, allen schuldigen respect vor Bodmers und seiner mit-
helfer Verdiensten um unsere ältere litteratur, jedoch weder ihnen
selbst noch der Wissenschaft wird ein dienst erwiesen, wenn man
ihr treiben so unter der lupe betrachtet, wie dies Crueger tut.
es wird wenige von uns jüngeren litterarhistorikern geben, die
nicht aus eigener erfahrung wissen, wie schwer es unter umstän-
den fällt, hier den 'falschen weg zu meiden', in jeder grofsen
briefsammlung liegt 'verborgnes gifl', das von der arznei ott
kaum zu unterscheiden ist, und für den anfänger ist es fast ein
Unglück zu nennen, wenn ihn der zufall frühe einer solchen
briefsammlung in den weg führt; in den meisten fällen wird
sie seiner herr, statt er ihrer, aber gerade je mehr man sich
dieser gefahr bewust ist, desto schärfer heifst es aufpassen bei
sich und anderen, es möchte sonst später einmal ein boshafter
kritiker über derartige Veröffentlichungen dasselbe harte urteil fäl-
len, welches Crueger über Bodmers 'alldeutsche auslassungen aus
der letzten zeit' gesprochen hat: 'sie ergeben den mitunter lang-
weilenden eindruck von lauter einzelheiten, die, durch ein höheres
band unverbunden, äufserlich neben einander gestellt sind.'
Soviel vom principiellen standpunct aus. im einzelnen bietet,
wie schon erwähnt, die schrift mancherlei dankenswertes.
Die einleitung (s, 1 — 20), welche 'Bodmers Verhältnis zu der
jungen generation in Deutschland, wie es sich etwa seit 1776,
besonders unter einfluss der beiderseitigen altdeutschen neigungen
gestaltete' behandelt, wird jeder mit Interesse lesen, namentlich
was dort über Bodmers Verhältnis zum Deutschen museum gesagt
wird, nur scheinen mir die ausführungen s. 1 und s. 17, über
die würkung von B.s tod, mit einander in Widerspruch zu stehen;
und was mit dem 'mehr internationalen standpunct' Bodmers, 'der
für seine litterarische eiuvvürkung dem engen und einseitigen ge-
sichtskreis Gottscheds gegenüber so segensreich geworden' ge-
meint ist, verstehe ich nicht, jedesfalls trifft es die sache nicht.
Das erste capitel : Bodmer und die Nibelungen (s. 21 — 63) gibt
in breitester ausführung eine Schilderung von Bodmers tätigkeit
seit seinem ersten bekanntwerden mit der dichtung aus der hs. C.
dankenswert sind darin vor allem die mitteilungen aus den Frey-
müthigen nachrichten, sowie, was wir über die einwürkung Bod-
mers auf Meisters Beyträge zur geschichte der teutschen spräche
und nationallitteratur erfahren, wenn übrigens Crueger (s. 45 und
anhang s. 117) die erste benutzuug der hs. B durch Bodmer ins
jähr 1769 setzt, so bin ich vielmehr der meinung, dass Bodmer den
178 CRUEGER ERSTE GESAMMTAÜSGABE DER MBB.
codex in bänden gehabt bat, ehe derselbe nach SGallen kam.
darauf deutet die angezogene briefstelle: 'der abt Beda bat es mit
andern handschriften aus dem nachlasse Aegid. Tschudj gekauft,
als wir im begriff waren, dies stück für die stadt-
bibliolbek zu kaufen, ich habe die bandschrift bey
der stelle gehabt', jenes ms., welches Bodmer im frübjahr
1769 so bereitwillig 'auf eine beliebige zeit' aus SGallen erhielt
(s. 45 n. 3), kann nicht wol 'der grofse codex' gewesen sein, sonst
W'ürde Bodmer nicht 1778 'hoher empfeblungen' zu bedüifen ge-
meint haben, um denselben aufs neue zu erlangen, auch die
Schwierigkeiten, die ihm tatsächlich bereitet wurden, ehe er in
den besitz der hs. gelangte, sprechen dafür, dass dieselbe seit
1768, dh. seit sie im besitz der SGaller bibliotbek war, nicht aus-
geliehen worden, dem widerspricht nicht, wenn Bodmer in seiner
beschreibung der hs. (s, 117) bemerkt: 'der codex ligt izt in der
abtei St. Gallen', da diese aufzeichnung undatiert ist, und zudem
sehr wol erst auf grund früherer angesichts der hs. gemachter
notizen zusammengestellt sein kann.
Das 2 capitel: Christoph Heinrich Müller (s, 64 — 83) behan-
delt wider in breitester ausfübrung leben und character des ersten
herausgebers der Nibelungen, wir gewinnen daraus kein sehr er-
freuliches bild, und ob der Verfasser gut daran getan, uns alle
schwächen dieses halben und unfertigen characters so redselig zu
zergliedern, scheint mir zweifelhaft, um so angenehmer ist man
überrascht, den s. 65 n. 3 für den fünften anhang versprochenen
abdruck einer Müllerschen schrift im auszug an der betreffenden
stelle nicht zu finden, bezeichnend für den mann ist übrigens
auch, dass er, soweit ich sehe, sich der, der Bodmerscheu Ortho-
graphie angepassten, Schreibung seines namens mit y nur in der
vorrede zu den Nibelungen bedient, dagegen nach Bodmers tode
sofort wider sich 'Müller' unterzeichnet! (vgl. vorrede zur Encidt
vom 25 april 1783, Got Amur 22 april 1783; die nachriebt am
schluss des ersten bandes der Sammlung datiert vom 15may 1783.)
Capitel 3: Die Nibelungenpublication (s. 84 — 102) schildert
den verkehr Müllers mit Bodmer, der sich aus des ersteren ab-
sieht, die vom letzterem gesammelten mhd. texte zu edieren,
ergibt, und führt bis in den herbst 1780, dh. bis zu dem zeit-
punct, wo das 'liet der Nibelungen' im druck vollendet ist. es ist
nicht zu läugnen dass auch dieser letzte abschnitt, ebenso wie
die vorhergebenden, allerlei neues bringt, aber fragen wir, ob der
umfang dieser ausrührliclien Vorgeschichte der ersten Nibelungen-
publication zu dem gchalt der dadurch für die Wissenschaft ge-
wonnenen ergebnisse in angemessenem Verhältnis steht, so kann
die antwort, trotz dem eifer und der hingebung, womit Crueger
sich in sein thema vertieft hat, nur verneinend ausfallen, das
wichtigste ergebnis der ganzen arbeit findet sich, wie schon be-
merkt, in einem als 'excurs' bezeichneten (7!) anbang (s. 142
CRUEGER ERSTE GESAMMTAOSGABE DER NlBß. 179
bis 144). bisher war man der meinung, Müller sei durch Bodmer
davon unterrichtet gewesen, dass das ms., welches er seiner aus-
gäbe zu gründe legte, zwei hss. (Ä und C) entnommen sei, und
dass daher die bemerkung Müllers s. 152 seiner ausgäbe, welche
nur von einer hs. spricht und die in der folge so grofse Ver-
wirrung angerichtet hat, auf einer groben Unachtsamkeit Mül-
lers beruhe. Crueger weist überzeugend nach dass jener brief
Bodmers vom 1 mai 1781, der deutlich von zwei hss. spricht,
allerdings geschrieben worden, aber nicht abgeschickt istl
die schuld an der Verwirrung trägt also nicht Müller, sondern
allein Bodmer.
Die 'anhänge' sollen in 'engerer oder loserer beziehung zum
thema stehen', das mag von den fünf ersten gelten, der sechste
über Casparson passt jedesfalls in den nun einmal vom Verfasser
gewählten rahmen 'die erste gesammtausgabe der Nibelungen' nicht
hinein.
Es ist schade dass es dem fleifsigen und von so hingeben-
der begeisterung für seine aufgäbe erfüllten Verfasser nicht besser
gelang, seines Stoffes herr zu werden; hoffentlich zeigt er in
späteren publicalionen dass er der gefahr, die in seiner bisherigen
art die ergebnisse seiner Studien zu veröffentlichen liegt, sich
selbst bewust geworden, und entäufsert sich auch bis dahin ge-
wisser stilistischer uuarten, die beim lesen des sonst fliefsend ge-
schriebenen buches stören, eine phrase wie 'die keusche Wellen-
linie derNibeluugenstrophe' (s. 57) sollte einem ernsthaften Schrift-
steller nie iu die feder kommen.
Jena. Berthold Litzmann.
MiSCELLEN ZUR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN PHILOLOGIE.
5. ZU Gottfried Bruns brief (Anz. x277) habe ich zu notieren
unterlassen dass noch in demselben jähre 1728 als frucht seiner
altdeutschen Studien iu Dauzig erschien : Versuch einer geschichte
der deutschen dichlkuust, dichter und dichtwerke von ihrem Ur-
sprung bis auf Bodmer und Breitiuger, eine ganz trockene und
nüchterne Statistik alles dessen, was er von deutschen dicht-
werken kannte, für die ältere zeit durchaus den Inhalt und mit-
unter auch die worte den schweizerischen publicalionen entleh-
nend, wo die minnesinger zu grofsem teile einzeln aufgeführt,
andere wichtigere dinge, zb. Wolfram, kurz abgetan und die Nibe-
lungen nicht einmal erwähnt werden, über Gottsched spricht
Brun sehr vernünftig und unparteiisch.
6. die hs. A des Bonerschen Edelsteins, die man für die
beste und zuverlässigste von allen Bonerhss. hält, hat ein sonder-
bares Schicksal betroffen, zur texlesherstellung seiner Fabeln
A. F. D. A. XI. 13
180 MISCELLEN ZUR GESCHICHTE DER DEUTSCHE^ PHILOLOGIE
aus den zelten der minnesinger, Zürich 1757, hat sie Breitinger
in erster linie benutzt; aber bis auf den heutigen tag ist un-
gevvis, wie und wann er in ihren besitz gekommen, ungewis,
wo sie nach Breilingers tode verbHeben. Pfeifler hat ihr 1840
in Zürich vergebens nachgespürt, meine nachforschungen daselbst
haben in beiden richtungen einen kleinen schritt vorwärts er-
gehen.
Zwar das woher bleibt dunkel, aber auf das wann fällt
einiges licht, am 30 sept. 1753 schreibt Bodmer an Zellweger:
Hr. Can. Breitinger hat einen handgeschriebenen Codicem auf Per-
gament vom 13'e/j Saeculo gefunden, der ganz wolgemachte Fabeln
und Erzählungen in sich enthält, ist schön geschrieben und ganz
correct. Doch am Anfang und Ende defectuos. und am 11 nov. 53
an denselben : Hr. Beitinger hat ein Glossarium und syntaktische
Anmerkungen zu den alten Fabeln gemacht, welche izo der Presse
sollen übergeben werden, das ist alles; aber da das einzelne
stimmt, so liegt die Vermutung nahe, ja, sie ist, alles erwogen,
so gut wie sicher, dass damit die fragliche hs. A des ßoner ge-
meint sei.
Über den verbleib der hs. findet sich vorn in Bodmers hand-
exemplar der Fabeln (auf der Zürcher Stadtbibliothek) von seiner
schwerfälligen, oft unleserlichen band die notiz: Woher Breitinger
die membrana bekommen, hat er mir nicht gesagt; itzt besitzt
ihn (sie !) Herr Gefsner, französischer Prediger, Breitingers Tochter-
mann, die hs. ist also in der lamilie fortgeerbt, von den vier
kindern des hier gemeinten Hans Caspar Gessner (1744 — 179G)
hat nur ein söhn nachkommenschaft gehabt, Hans Jacob (1779
— 1837), der nach Bergzabern auswanderte und dort sich ver-
mählte, von seinen sieben kindern lebten 1879 noch: 1. Char-
lotte Luise Karoline, 1832 vermählt mit prof. Heinrich Mäiker in
Grünstadt. 2. Friederike Wilhelmine, vermählt 1S38 mit pfarrer
Georg Seiler in Langenvvandel. 3. Emilie, vermählt 1838 mit
pfarrer Heinrich Matthias in Homburg. 4. Karoline Amalie, geb.
1818, anscheinend unvermäblt, wol in Zweibrücken, es wäre
wünschenswert dass ein für germanistik interessierter in dortiger
gegend die nacbforschung aufnähme und etwa bei den einzelnen
familien persönlich herumfragte.
Johannes Crueger.
LlTTERATÜRISOTIZEN.
Hermann Brunnhofer, Über den ursitz der Indogermanen (Öflenl-
liche vortrage gebalten in der Schweiz viii5). Basel, Bruno
Schwabe, 1884. 28 ss. 8o. 0,80 m. — für den ursitz der
Indogermanen hält der verf. Armenien, er führt argumente an,
welclie erwogen zu werden verdienen, aber den deutschen Irmin
LITTERATÜRNOTIZEN 181
und Arminius halte er nicht zu den erinnerungen an Armenien
zählen sollen, auch über die nationalität der Sarmaten befindet
er sich im unklaren, s. 10 singt er das lob der gänzlich halt-
losen ethnographischen Untersuchungen von Wilhelm Arnold, über
welche, wenn es der autorität bedarf, Müllenhoff schonungslos
aburteilte: meine verwerfende recension in der Jenaer lilteratur-
zeitung 1876 art. 418 war ihm viel zu milde. — über die frage
nach dem ursitze der Indogermauen vgl, auch Eduard Meyer Ge-
schichte des allertums 1,514: 'von wo, wie und wann die Arier
in ihre Wohnsitze gekommen sind, darüber gestattet höchstens
der umstand eine Vermutung, dass noch in historischer zeit ein
teil der Iranier (die Saken und Skythen) aus nomadischen wander-
stämmeu besieht, ein anderer sesshafl ist. da wir nun wol einen
Übergang von unsteter zu sesshafter lebensweise uns vorstellen
und geschichtlich nachweisen können , nicht aber in gleichem
umfang das umgekehrte, so wird anzunehmen sein dass die
sesshaften Arier aus der turanisch- südrussischen steppe in ihre
späteren Wohnsitze gelangt und hier zu einer höher entwickelten
cultur übergegangen sind, dass sich also ihre ansiedlung ähnlich
vollzogen hat, wie jetzt die türkischer stamme in denselben ge-
bieten oder wie die der Semiten in Syrien und im Tigrisland.'
VV. Scherer.
Das Lob der torheit (Encomion Moriae) aus dem lateinischen des
Erasmus von Rotterdam verdeutscht von Sebastian Frank, be-
vorwortet und mit anmerkungen versehen von Er^st Goetziisger.
Leipzig, Wolderaar Crban, 1884. xxiv und 163 ss. 8«. 4 m. —
eine ausgäbe in zum teil normalisierter Schreibung: ein ge-
nauer neudruck wäre uns lieber gewesen, es scheint eine ge-
wisse populäre würkung beabsichtigt, worauf auch die einleitung
hindeutet, welche mehr gemeinfasslich orientiert, als wissen-
schaftlich fördert oder erschöpft, nicht einmal die litterarische
gattung der ironischen lobschrift wird streng umgränzt, wozu
doch schon 5, 5 ff anlass geben konnte, und bei Lucian aufge-
sucht, von dessen einfluss auf Erasmus doch die rede ist. auf
s. XXIV fallen dem herausgeber 'unregelmäfsige adjectivflexionen'
auf, die zum teil allerdings auffallend, obgleich nicht beispiellos,
zum teil wahrscheinlich druckfehler, zum teil aber nach alt-
deutscher regel ganz in der Ordnung sind: denn was wäre gegen
einen schwachen acc. sing. fem. auf -en, wie er 9, 17. 45, 2.
66,33 steht, einzuwenden? auch die anmerkungen sind populär
gehalten; was die richligkeit anlangt, zuweilen bestreitbar; und
übrigens doch nicht vollständig genug, dass Isocrates ein griechi-
scher reduer war, wird s. 5 anm. 4 erklärt; aber was das testa-
ment der sau Grunii Cotocotte 5, 13.21 sei, darüber schweigen
die noten; und man kann sich des verdachtes nicht erwehren
dass dem herausgeber selbst eine Verweisung auf Moriz Haupt
Opusc. 2, 175 recht angenehm sein wird.
182 LITTERATÜRWOTIZEN
Alois Hruschka, Zur angelsächsischen namensforschung. separat-
abdruck aus dem xxui programme der ersten deutschen staats-
oberrealschule. Prag, Selbstverlag, 1884. 48 ss. gr. 8^. —
Hruschka 'behandelt eine reihe von namen , die zum grofsen teil
aus Kembles Codex diplomaticus aevi saxonici geschupft sind;
doch sind auch andere quellen [nämlich die Sachsenchronik und
noch ein par historische werke] herangezogen.' aber keine dieser
quellen ist erschöpft, Vollständigkeit ist auch gar nicht angestrebt,
nnd doch wird nicht etwa eine bestimmte namengruppe heraus-
gegriffen oder ein einzelnes problem aus diesem gebiete der
Wissenschaft (warum braucht ein germanist die uuform 'namens-
forschuug'?J behandelt, sondern H. beginnt einfach das zufällige
ergebnis seiner Sammlungen alphabetisch nach dem ersten com-
positionsteil geordnet vorzulegen, im vorliegenden hefte ist er
bis zu den bildungen mit Grim gelangt; ob er diesen teil der
arbeit fortsetzen will sagt er nicht, er spricht nur von einer
'späteren fortsetzung, in der auch dem zweiten compositionsleile
die erforderliche aufmerksamkeit zugewendet werden soll.' hätte
er doch wenigstens vorläufig wie Förstemann bei den einzelnen
Stämmen kurz angegeben , ob und in welchen Verbindungen sie
sich als zweiter compositionsteil finden, denn das zu wissen ist
immer wichtig.
Es ist schwer über diese fragmentarische arbeit zu urteilen,
zumal der Verfasser ungemein anspruchslos auftritt. Förstemann
erscheint ihm als eine autorilät, der gegenüber er nur ganz ge-
legentlich sehr vorsichtig seinen zweifei äufsert, so s. 22 s. v.
Bil, wo er gewis recht damit hat. ein par durchaus dilet-
tantische Schriften , so das buch über familiennamen von Heintze,
der seine ganze alldeutsche Weisheit aus Förstemann hat, werden
Seite für seite citiert. Weinholds Altnordisches leben wird an-
gezogen statt JGrimms Deutscher mythologie. keltischen einfluss
zu vermuten wird H. mehrfach durch Stark geleitet, aber die
nordischen namen als solche anzusprechen und das auftreten und
die Verbreitung nordischer nameuformen festzustellen scheint ihm
gar nicht in den sinn gekommen zu sein. Gamelson und Grim-
kelson, die in der Urkunde nr 1051 bei Kemble mit einem Doiol-
(his und einem Turstaims zusammenstehen, hält H. offenbar für
gut angelsächsisch.
Man kann aus dem hefte nichts lernen, als dass die namen-
forschung auf englischem boden dieselben Schwierigkeiten zu
überwinden hat, wie bei uns. namentlich sind für die früh-
zeitige vertauschung und Vermischung ähnlich klingender com-
positionsteile eine reihe urkundlicher belege gegeben.
Edward Scuröder.
ANZEIGER
FÜR
DEUTSCHES ALTERTHUM UND DEUTSCHE LIÜERATUR
XI, 3 JUNI 1885
Otfrids Evangelienbuch, mit einleitung, erklärenden anmerkungen, ausführ-
lichem glossar und einem abriss der grammatik herausgegeben von
Paul Piper, ii teil: glossar und abriss der grammatik. Freiburg
i/B. und Tübingen, JCBMohr (Paul Siebeck), 1884. ix und 696 ss. 8°. —
18 m*
Keiles Otfridvvb. konnte und muste seiner zeit als ein wesent-
licher fortschritt bezeichnet und als eine dankenswerte bereicherung
unseres lexicalischen apparates willkommen geheifsen werden, führte
es doch zum ersten male den worlvorrat des sprachlich wichtigsten
ahd. denkmals in übersichtlicher Vollständigkeit und mit dem
streben nach allseitigem Verständnis vor äugen, allerdings litt es
an mehreren und nicht unerheblichen principiellen mangeln, welche
ich gleich nach erscheinen der ersten lielerung Anz. vi 143 ff dar-
zulegen suchte, ob dieselben indes so schwer in die wagschale
fielen, dass sie die widerholung der ganzen arbeit durch einen
andern zu rechtfertigen vermöchten, erschien mir schon früher
zweifelhaft und erscheint mir jetzt, wo Pipers glossar vorliegt,
noch zweifelhafter, denn das material, welches Kelle und Piper
beibringen, ist naturgemäfs das gleiche: fehlt nun auch hin und
wider bei dem ersleren ein irrelevantes beispiel, so ist das nicht
minder bei dem letzteren der fall (vgl. offonön in 15,23; öra iv
22, 32; sanct H 112 usw.); begegnen bei Kelle zahlreiche laische
citate, so mangeln solche auch bei Piper nicht (zb. adalerbi i 18, 70
statt 17; bein v 26, 41 statt iv 26, 41; bigo)ioto v 12, 19 statt
19, 12; btscof n 10, 4 statt 14; firinnizzi entbehrt des beleges
V 18, 4, desgl. opphar ii 9, 59; lönön v 20, 172 statt 72; ötmuati
I 22, 4 statt I 7, 7 ; giquetten i 9, 18 statt 8 ; redü iii 19, 1 statt 4 ;
riuuen iv 20, 36 statt 30, 36; sabo v 11, 14 statt v 5, 14; salbön
IV 2, 27 statt 17 ; sambazdag iii 22, 62 statt 20, 62 und in 5, 41
statt 16, 41 usw.), wie denn überhaupt an seinem buche die in-
correctheit des druckes auffällt, dass beide werke den Wortschatz
in verschiedener weise ordnen, sowol was die einreihung der
composita als was die folge der citate innerhalb der einzelnen
Stichworte anlangt, dass Piper die eigennamen in einen beson-
deren abschnitt verwies, während sie Kelle au der alphabetischen
stelle verzeichnete, verschlägt wenig zu gunsteu des einen oder
des andern, gerne erkenne ich zwar an dass die bedeutungs-
[* vgl. DLZ 1SS5 nr 4 (JSeemüUer).]
A. F. D. A. XI. 14
184 PIPER GLOSSAR ZU OTFRID
angaben Pipers den vorzug vor denen Keiles, welche grofsen teils
nur den gerade behandelten stellen angepasste Übersetzungen
waren, verdienen, auch dass er die einzelnen artikel von dem
aus Graff geschöpften glossenballast befreit hat: dagegen ziehe
ich die auslührliche milteilung der Otlridverse in Keiles glossar,
welche fast immer ohne nachschlagen des textbandes ein urteil
über die richtigkeit oder Unrichtigkeit der auffassung erlaubt,
den knappen und verstümmelten citaten Pipers entschieden vor.
alles in allem gerechnet muss ich sagen : wenn Pipers arbeit vor
derjenigen Keiles an das licht getreten wäre, würden wir sie mit
uneingeschränktem danke entgegengenommen haben ; nachdem je-
doch Kelle — und ihm gebürte auch diese priorität auf grund
seiner hohen Verdienste um Otfrid — sein Wörterbuch hatte er-
scheinen lassen, war für ihre Veröffentlichung ein durchschlagen-
der objectiver grund nicht mehr vorhanden, subjectiv freilich
lässt es sich wol begreifen dass Piper die grofse mühe, die er
auf die Sammlung des Stoffes verwandt, nicht vergeblich ver-
schwendet haben wollte, in diesem falle würde er seinem buche
dadurch einen eigenen reiz und wert haben sichern können und
sollen, dass er, zum nutzen der Otfridinterpretation, seine von
seinen Vorgängern abweichenden erklärungen von worten, phrasen,
versen ausführlich begründet hätte, das geschieht aber nur äufserst
selten und ich finde zahlreiche stellen, an denen die auffassung
Keiles oder Erdmanns gegenüber der von Piper vertretenen mich
richtiger dünkt, ohne dass der letztere die gelegenheit zu einer
auseinandersetzung ergriffe, ich nenne einizen in 22, 12 (Uiito
lango so firdragen wir, Ihaz thu unsih spenis sns zi thir, sus ni-
mis einizm): Kelle und Piper erklären nach der gl. gradatim
ainacem Pa. 162, 7 das wort durch 'allmählich'; Erilmaim aber
hat s. 433 meines erachtens mit recht die deutung 'einzeln' ver-
teidigt, ich verstehe übrigens nicht, wie die s. 80'' gegebene
Übersetzung 'so allmählich vorwärts führst' sich vereinigt mit
s. 32 r, wo für neman an dieser stelle angesetzt wird 'mit, zu
sich nehmen, als begleitung.' einkunni (i 4,4 nuanta uuanm
thanne thie biscofa einkunne) wird im gegensatz zu Kelle und
Erdmann als 'geschlechtsvereint, verheiratet' erklärt, wenn s. 290''
firmeinen an den stellen i 1, 82 in eignn sie iz ßrmeinit, mit
nuafanon gizeinit und iv 27, 6 mit ihen uuiti onh firmeinit, so
alt giscrip uns zeinit 'darlegen , beweisen' bedeuten soll , so be-
dauere ich dass meine erörterung Anz. ix 4 keine berücksich-
tigiing fand, die iür utitarmuari s. 549* gegebene erklärung dürfte
wenigen einleuchten, eine auseinandersetzung mit Erdmanns deu-
lungsversuch findet nicht statt, in der ausgäbe war derselbe kurzer
band abgelehnt. Piper vergröfsert die zahl der composita erheb-
lich dadurch, dass er eine menge von zufälligen Verbindungen
zwischen verbis und adverbien ihnen beirechnet, so entnimmt
er dem v. H 57 Hina tmard thiu uuorolt funs , theist allen kund
PIPER GLOSSAR ZD OTFRID 185
h'ar tmter uns, in siinton nnard sin missilih ein verbum hina-
nuerdan, dahingehen, vergehen, aber hina gehört nicht zu uuard,
sondern zu fnns (sonst hätte dies wort gar keinen zweck im
satze) und Erdmann übersetzt ganz richtig: 'ward bereit zum
hingange, hintällig zum untergange.' ebenso falsch ist der ausatz
von hera-uuerdan, herkommen : sowol n 2, 32 (nicht 22) iz uuard
hera in uuorolt funs wie v 8, 28 nuio er uuard hera funs hat
man hera mit dem adjectiv, nicht mit dem verb zu verbinden,
ähnlich steht es mit hina-uuesan, weg sein: i 21, 3 Thar Joseph
imas in lante hina in elilente quam imbot imo in droume ist zu
construieren : thar hina, thar Joseph uuas in lante, in elilente,
quam imbot imo. ehanlih v 23,240 (Uuaz scolt ih thanne — biti
sunta untar manne — , tho ebanlih ni mohta, gizellen thaz dohta)
iasst Piper als neutralen praedicalsacc. und schlägt iolgende
Übersetzung vor: 'wie sollte ich es denn, ich sündiger mensch,
da ich doch nicht was nützlich war, in entsprechender, würdiger
weise schildern konnte.' aber dann wäre das praeteritum mohta
neben den praesentibus bin 239 und mag 235 sonderbar; lerner
würde die durch bin sunta untar manne angezeigte Steigerung
dieser beiden Zeilen gegenüber den vier vorangehenden verloren
gehen, ebanlih halte ich daher für einen nom. sg., aber nicht
masc. iüv ebanliher, sondern neutr. : 'in wie lern sollte ich sün-
diger mensch die herlichkeit schildern, nachdem ein ebenbürtiges
Wesen es nicht vermocht hat.' tho ebanlih ni mohta steht parallel
dem halbverse 236 thaz uuorolt al ni mohta. — warum salzan
und gisalzan s. 385 intransitiva genannt werden, während doch
die objecte dabei stehen , blieb mir unverständlich.
Der dem glossar folgende abriss der grammatik enthält nur
eine knappe übersieht der formenlehre, nicht auch der laullehre;
aber die alphabetische aufzählung sämmtlicher nach jedem para-
digma flectierenden worte ist recht bequem und brauchbar, den
schluss des ganzen bildet eine fortführung der Otfridbibliographie
bis zum jähre 1884. St.
Thomas Abbt. ein beitrag zu seiner biographie. inaugural-dissertation zur
erlangung der philosophischen doklorwürde an der Universität zu
Giefsen von Edmund Pentzhorn aus Berlin. Berlin, ARose (nunmehr:
W&SLoewenthal), 1884. 2 bll. und 102 ss. 8°. — 2 m.
Thiele betont im eingange seiner Studie über Abbts anteil
an den Briefen , die neueste lilteratur betreffend die notwendig-
keit, über männer zweiten oder dritten ranges lilterarhistorische
forschungen anzustellen, und erinnert dabei an HLWagner; mit
dem gleichen gedanken hebt P. seine dissertalion an und bezieht
sich ebenfalls auf ESchmidts HLW. Thiele lehnt es ab, eine 'wis-
14*
186 PENTZHORK THOMAS ABBT
senschaltliche biographie', welche A. in seiner bedeutung tür
seine zeit würdigen, sein Verhältnis zu Lessing und Herder be-
trachten und endlich A.s 'eigene leistungen' schildern müste, zu
schreiben, und will nur eine Vorarbeit tür jene weitere arbeit
geben, nachdem das Interesse lür A. durch Suphans Herderaus-
gabe von neuem geweckt sei. auch P.s darstellung 'soll keine
umfassende biographie dieses der wissenschalt zu trüb entrissenen
mannes bilden', der durch Suphans Herderausgabe wider ans licht
gezogen sei; sie 'soll nur seine eigenen [!] leistungen und lebens-
umstände mit gelegentlicher berücksichtigung der ihn umgebenden
geistesheroen vom litterarhistorischen standpuncle aus schildern
und so einen bescheidenen beitrag zu einer eingehenden , ihn
nach allen selten hin würdigenden wissenschattlichen biographie
lielern,' dass der beitrag P.s bescheiden ist, dass er keine wissen-
schaftliche biographie gibt, gestehe ich ohne Widerrede zu; aber
wie sich der litterarhislorische standpunct mit gelegentlicher
berücksichtigung der umgebenden geistesheroen verträgt, ver-
stehe ich nicht, da die arbeit erweist dass P. nicht meint: so
oft sich gelegenheit bietet, sondern : so selten er eine gelegenheit
wahrnimmt, ich glaube, die phrase vom litterarhistorischen stand-
punct kam nur dadurch in den text P.s, dass Prutz geschrieben
hat: er wolle A. 'nach dem mafsstabe der heutigen Wissenschaft
darstellen und damit jene pflicht der gerechtigkeit erfüllen, welche
die Wissenschaft den Irüh verstorbenen [s. o. !] überhaupt schuldig
sei.' in ähnlicher weise wie die kurze einleitung ist fast die
ganze schrift P.s compiliert.
In P.s hericht über A.s Jugendzeit zeigt sich in so lern ein
fortschritt gegenüber den älteren darstelluugen, als er mitteilungen
über die einrichtung des Ulmer gymuasiums gibt, dessen Zög-
ling A. war. unter den Schularbeiten A.s führt er dessen rede
von der dem Drusus geschehenen erscheinung nicht auf, obwol
er Weyermanns Nachrichten von gelehrten .... aus Ulm , die
sich auf die hs. dieser rede berufen, widerholt citierl. bei der
Schilderung der Übersiedelung A.s nach Halle ist P. abhängig von
Prutz, nicht blofs in den stellen, die er mit anlührungszeichen
als dessen eigentum kenntlich macht, sondern auch in den meisten
anderen wenig veränderten Sätzen, und so öfter, trotzdem bleibt
er hinler Prutz widerholt zurück; zb. die anregungen, die A.
in Halle empfieng, stellt dieser viel tiefer und klarer dar. aus
der ersten schrillstellerischeu tätigkeit A.s wäre die magister-
disputalion über die babylonische Sprachverwirrung herauszuheben
wegen ihrer äufserungen über die entstehung der spräche; andere
zeitgenössische theorien üiier dieselbe frage und wenigstens Her-
ders preisschrift musten verglichen werden, auch bei A.s Ge-
danken von der einrichtung der ersten Studien eines jungen herrn
von Stande wäre 'gelegentliche berücksichtigung der umgebenden
geistesheroen', Wielands, Herders oder wenigstens der von A.
PENTZHORN THOMAS ABBT 187
citierten Schriftsteller am platze gewesen, auch wünscht man
autklärung, wie der erste druck dieser kleinen schrill sich von
dem späteren durch A.s und Nicolais zusätze vermehrten unter-
scheidet, doch die vergleichung von verschiedenen auliagen hat
P. immer unterlassen; selbst dann wenn die erste ausgäbe allein,
wie die der Baunigartenbiographie in den Rintelschen anzeigen,
einen mafsstab tiir A.s stil gab, indem die späteren drucke von
freunden corrigiert wurden, er verschmäht es sogar anzuzeigen
dass Nicolai oder Mendelssohn zusätze gemacht haben wie bei
dem pädagogischen autsatze und der schritt Vom Verdienste; er
betont nur oft dass A. nichts ohne die kritik seiner freunde habe
drucken lassen, was er übrigens auf die biographie Baumgartens
mit unrecht ausdehnt.
Die in den Gedanken von der Studieneinrichtung nieder-
gelegten Vorschriften sind nach P. in die Bückeburger Schul-
ordnung übergegangen; den beweis bleibt P. schuldig; ist dies
der fall und sind die Gedanken so bedeutend als P. — mit un-
recht — sagt, so durfte er der Schulordnung nicht alles 'lit-
terarische interesse' absprechen, zu A.s Beweis, dass die freund-
schaften unter den meisten damen viel sublimer seien , als die
freundschafteu unter den meisten personen des anderen ge-
schlechts, einem nach s. 14 geistreichen, von sprudelndem witze
übervollen aufsalz, der aber nach s. 17 von geringem werte ist,
böten die moralischen Wochenschriften vergleichungsobjecte ähn-
lichen inhaltes.
Über die anstellung A.s in Frankfurt a/0. hat P, aus acten
genauere daten beigebracht; neu und dankenswert sind auch die
in anmerkungen verwiesenen milteilungen über A.s Vorlesungen
in Halle und Frankfurt, an die Vorlesung von 1759 über bered-
samkeit möchte ich den abschnitt des Rinlelner collegienheftes
Über körperliche beredsamkeit anknüpfen, ein thema, das be-
kanntlich auch Lessing zu bearbeiten versprochen hatte (Hempel
11,1,331); A. scheint sichaufQuintilianl.il zu stützen, dass
A. zwei Semester über das genie der englischen spräche (was er
unter genie einer spräche versteht, sagt er Verm. ww. 6, 99)
liest und englische poetische stücke kritisch durchgehl, verdient
beachtung; Pope führt er oft und immer voll anerkennung im
munde. 1760 trägt A. logik vor und erläutert die ersten be-
griffe der schönen Wissenschaften; die 49 von Prutz und P,
verschwiegenen bogen über logik und ästhetik, die Nicolai ganz
herausgeben wollte, während Biester nur wenige fragmenle daraus
des druckes wert fand , schliefsen sich gewis hier an. vorsich-
tiger muss man in der beantwortung der frage sein, ob A. schon
in Halle sich mit eigentlich geschichtlichen Studien befasste. auf
die Ulmer schulrede De historia vitae magistra und die halb-
historische behandlung zweier theologischen Schriften der ersten
Halleschen zeit möchte ich nicht so viel gewicht legen wie Prutz.
ISS PEMZHORiS" THOMAS ABBT
<lieser benützt auch 'unbedenklich' die Anmerkungen zur ge-
schichte Europas nach Joachims grundlage als Zeugnis tiir diese
periode, da sie in die triihesle zeit der academischen tätigkeit
A.s fielen; nach Biesters angäbe dagegen sind die Anmerkungen
erst in Rinteln niedergeschrieben, und P.s uacbloischungen er-
gaben dass A. weder in Halle noch in Frankturt historische Vor-
lesungen gehalten hat. trotzdem folgt P. der Prutzschen anord-
nung, noch dazu ohne die begründung seines gewährsmannes
herüberzunehmen, er hätte an Jördens ihm unbekannter angäbe
(5, 697), die Hallischen anzeigen 1760 ur 12 enthielten einen
aufsatz A.s Von dem verschiedenen gebrauche der alten geschichte,
vielleicht einen festen anhält finden können; vielleicht; ich kenne
nur den titel der schritt, wie aber P. zu der behauptung kommt,
die genannten Anmerkungen zu Joachim (etwa im anschluss an
dessen Einleitung zur reichshistorie? P. geht der quelle nicht
nach) seien gewisser mafsen in gröster kürze eine philosophie
der geschichte, begreife ich nicht; Biesters inhaltsangabe lässt
nichts erwarten als eine historische Propädeutik.
Die freude A.s über seine anstellung in Frankfurt a,0. er-
innert P. mit grund daran, dass auch andere Süddeutsche da-
mals ihr äuge nach dem norden gerichtet hielten, so gut wie
Wekhrlin muste er Schubart nennen, mit Wieland freilich ist
es eine andere sache; als er den Cyrus dichtete, wünschte er
allerdings sich damit in Preufseu zu empfehlen; wenn aber P.
schreibt: Cyrus sollte Wieland zu einer anstellung in Preufsen
verhelfen; später kam ja auch Wieland, nachdem er professor
in Erfurt gewesen, in das land, nach dem er sich sehnte; er
erhielt einen ruf nach Weimar: so ist das erstens so schlecht
ausgedrückt, dass man das damalige Erfurt oder Weimar in
Preufsen suchen möchte, und zweitens falsch; denn Wieland
sehnte sich gar nicht mehr nach Norddeutschland und hegte lauge
jähre den plan , nach Schwaben zurückzukehren. P. hat die
einzelnen Sätze dieses excurses aus Scherers Litteraturgeschichte
so unglücklich zusammengestellt, dass was hier völlig richtig ist,
bei ihm durchaus verkehrt wurde.
Bekanntlich hängt mit A.s Übersiedelung nach Frankfurt seine
erste bedeutende schritt Vom tode fürs vaterland zusammen. Prutz
sagt, es sei überaus neu gewesen, dass ein mann von gelehr-
samkeit in einer allgemeinen, einer politischen angelegenheit
seine stimme erhoben habe, und P. püichtet ihm getreuhch bei.
o die gewalt des nachbeteus, würde A. auch hier ausgerufen
haben, wie unumschränkt beherschl sie nicht die Schriftsteller!
P. straft seine Zustimmung selbst lügen , da er die abhängigkeit
A.s von Zimmermanns schrift Vom nationalstolze erweist, die
s. 25, auf der das geschieht, muss ausgezeichnet werden; sie ist
die einzige, auf welcher P. eine eigene Untersuchung vorträgt,
er durfte weiter gehen, aulser den wörtlichen entlehnungen die
PENTZHORN THOMAS ABBT 189
ähnlichkeit der beideo schriltsteller verlolgen, durfte im einzelnen
nachweisen, dass der 'gedankengaug und inhalt von A.s erstem
hauptstück und zum teil auch der lolgenden sich genau ebenso
im 12 capitel der Zimmermannschen abhandlung flndet'; nur da-
durch würde es verständlich, warum A. fragt, ob Patriotismus
auch in monarchien möglich ist. er durfte auch auf Wielands
Gedanken über den patriotischen träum von einem mittel die
eidgenossschaft wider zu verjüogern hinweisen, wo zu lesen steht,
man könne unter einem könige frei und in einer republik ein
sclave sein, für die ganze politische richtung der aufklärer durfte
€r auf Iselins Philosophische und patriotische träume eines men-
schenfreundes aufmerksam machen; er durfte sogar bis auf Haller
zurückgehen, dessen politisches Interesse Hirzel so hell beleuchtet
hat. allerdings darin war A.s schrift die erste, dass sie im
wahren sinne zeitgemäfs war, sich an eine besondere, augen-
blickliche und hervorragende politische läge anschloss und darum
leidenschaftlicheren Patriotismus atmete und anfachte, darum
lassen sich die blätter heute noch lesen, obwol sie mit pomp-
haften rhetorischen perioden anheben und schwerfällig die materie
zergliedern, nach Zimmermanns vorbild das für und wider pedan-
tisch erörtern und sich mit beispielen allzu sehr belasten.
Über A.s anteil an den Litteraturbriefen geht P. schnell
hinweg, weil Thiele und Prutz dieselben bereits erschöpfend dar-
gelegt hätten, er flickt nur in der eile die bemerkung ein, Les-
sing sei anfangs der einzige gewesen , der an den Briefen ge-
arbeitet hätte; darnach scheint P. das zweite stück, zu dem Ni-
colai einen brief beisteuerte, nicht mehr zum anfang zu rechnen;
oder hat er ESchmidts 'glanzvolle darstelluug', auf die er sich
beruft, etwas zu flüchtig gelesen? es heifst da: die ersten sechs
teile sind im wesentlichen Lessings werk, ein von ihm allein
geschriebenes organ. Thieles forderung, es müste in einer bio-
graphie A.s sein Verhältnis zu Lessing behandelt werden, weist
P. ab: es sei kaum eine stelle zu finden, die auf eine unmittel-
bare anlehnung A.s an Lessing schliefsen lasse (als ob das allein
auhaltspuncte gäbe!), A.s Vorbilder seien vielmehr die Franzosen
und Engländer; leider sagt P. nicht welche, ich glaube, wer
zb. A.s brief vom 9 n 1762 liest, wird allerdings an Lessing
erinnert werden, aber den stil der A. sehen briefe hat ja P. gar
keines blickes gewürdigt, obwol sie teilweise so gut geschrieben
sind, dass man bedauert, die von A. handschriftlich hinterlassene
Anweisung zum briefschreiben — P. schweigt von dieser nach-
richt Nicolais — nicht gedruckt zu besitzen. Thiele hat aber
auch verlangt dass A.s Stellung zu Herder erörtert werde ; darüber
verliert P. kein vvort, ja er verweist für die anknüpfung der Frag-
mente an A. nicht einmal auf Haym.
P. führt A. nach Berlin, wo dieser nach s. 36 bis in den
november blieb, während er nach s. 38 schon am 10 october in
190 PENTZHORN THOMAS ABBT
Rinteln anlangte, die freundschaften , die A. hier und ander-
wärts schloss, sind mit keiner silbe characterisiert, obgleich A.s
briefwechsel doch Stoff genug hierfür gibt, auch ob die urteile A.s
über die auT der Schweizer reise besuchten personen richtig sind,
ob und wie die neuen bekanntschafteu und die reisen überhaupt
aut A. würklen oder würken konnten, all das ist P. gleichgiltig.
er begnügt sich mit äufserlicher berichterstattung.
Ebenso wenig dringt er in die Schriften A.s ein. wie sich
die beiden geschichtlichen werke A.s zu den büchern verhalten,
aus denen sie excerpiert sind, untersucht er nicht, von der
Portugiesischen geschichte sagt er s. 53 : der schrift fehle es an
allem, sie sei fast werllos, s. 54 aber tadelt er Prutzs urteil,
die arbeit sei ziemlich leichtfertig, als zu scharf, dass Lessing
im litteraturbrief 52 f Gebauers Portugiesische geschichte , A.s
vorläge, bespricht, verdiente wol bemerkt zu werden; Lessing
klagt: wenn Gebauer nur ein klein wenig besser zu schreiben
wüste und nicht überall den dociereuden professor so sehr hören
liefse; A. schreibt am 10 wintermonat 1762, er halte Gebauers ge-
schichte für das manuscripl eines gelehrten forschers, der nicht
schreiben kann, die andere historische arbeit A.s ist nach P.s
angäbe 1767 erschienen; Jordens 1, 10 gibt das jähr 1766 an,
1767 sei eine zweite ausgäbe mit verändertem titelblatle veran-
staltet worden ; Jordens angäbe ist nach A.s briefwechsel (Verm. ww.
5, 128. 167.3 (1771), 397) richtig, obwol weder Kayser noch
Heinsius den druck von 1766 verzeichnen, den sehr belang-
reichen briefwechsel Mosers und Nicolais über dies werk (Moser,
Verm. Schriften 2, 139 ff) hat P. nicht benutzt, übrigens 'nicht
geschichtschreiber, aber ein grofser politischer Schriftsteller wäre
A. geworden!' (Almanach d. d. musen 1773 s. 7).
Die philosophischen Schriften A.s musten zuvörderst mit
Shaftesburys und Mendelssohns werken zusammengehalten wer-
den. A.s Anmerkungen über Mendelssohns briefe Über die empftn-
dungen und seine Zweitel über die bestimmung des menschen
haben Prutz und P. gar nicht genannt (Verm. ww. 3 (1771), 14.
179. 207). für die schrill Vom Verdienste verweisen Nicolai und
Herder und nach ihnen Prutz und P. auf Tacitus und Sallust;
der beweis der ähnlichkeit dürfte schwer zu erbringen sein.
Herders recension des Werkes von 1765 erwähnt P. nicht; da-
gegen hebt er wider wie auch sonst ein par beliebige urleile
von Zeitgenossen aus. Gellerts worte hierüber hätten ihn zu der
Untersuchung, wie sich A. zu Montesquieu und Rousseau stellt,
veranlassen sollen, doch er schildert ja auch nicht A.s Verhältnis
zu den deutschen litteraturströmungen, A.s urteile über die Kar-
schin, Gleim, Geliert, die Gottschedianer, Klopstock, Hamann sind
überraschend richtig oder characteristisch (vgl. Verm. ww. 5, 139.
142. 144 ff. 6, 5 f. 54 I. Vom Verdienste hptsl. 3 arlikel 3 uam.).
alles bemisst er nach dem werte fürs volk und die aulklärung.
PENTZHORN THOMAS ABBT 191
'prosa, schreie ich, gebt mir gesunde prosa, untl geht mit eiiern
Versen, wenn nicht ebenso viel bon sens darin ist, als in der
prosa , etwa so wie in Horazens und Popens brieten , geht wohin
ihr wollt, mit eurem tändelnden geleier. schauspielstiicke nehm
ich aus, aber alle heldengedichte, wenn ich einige der besten
stellen herausgenommen, mögen meinetwegen morgen verbrennen'
(Verm. ww. 3 (1771), 266). so muste der schreiben, nach dessen
meinung es 'nicht nur das brauchbarste an der philosophie ist,
sie zur berichtigung der urteile über Sachen im täglichen leben
anzuwenden und ihr dadurch das ansehen des natürlichen men-
schenverstandes zu geben, sondern dieser schlichte aber gute ver-
stand (piain good seuse) auch wol das nationalzeichen ist, welches
den deutschen köpf vornemlich von andern unterscheidet' (Vom
Verdienste, vorbericht). aber den popularphilosophen A. hat P.
so wenig characterisiert, wie den theologen. und doch gab die
mit Liscows satiren zu vergleichende Erfreuliche nachricht von
einem auto da te anlass, die zerstreuten äufserungen A.s über
seine religiöse Stellung zu sammeln, gegenschriften gegen dies
Auto da l'e nennt Jördens 1,9 zwei, die P. nicht anführt, doch
ich darf mich auf berichtigungen und das ausfüllen von lücken
(vgl. RMWerner DLZ 1884 nr 46) nicht einlassen, wenn ich
ein ende finden will.
Nur über A.s beitrage zu der Allgemeinen deutschen bibliothek
noch ein parworte. A.s chiffre ist nicht H. — so zeichnete vWöU-
ner — sondern ^. die recension über Meiers Kaiser Julian soll
'im allgemeinen nichts weiter als eine trockene Inhaltsangabe'
sein, mit 'nur sehr wenigen und unbedeutenden' betrachtungen :
tatsächlich geben von den 19 V2 ss., welche die anzeige füllt,
2V2 den Inhalt der schritt und 17 ss. kritische bemerkungen und
den 'entwurf einer abhandlung über Julianen.' auf die anzeige
von Wielands Romischen erzählungen hat bekanntlich Goethe in
DW 2, 55 bezug genommen; man hätte um so mehr erwarten
dürfen dass P. dies berücksichtigt, als er seine dissertation mit
den Worten anhebt: 'Goethes berühmte Selbstbiographie' usf. und
doch hat er weder diese wichtige äufserung Goethes noch die
flüchtige erwähnung 3, 67 berührt, sodass der verdacht aufsteigt,
er habe seine schrift nur deswegen mit jenen Worten eröffnet,
weil Waniek seine 'treffliche monographie' über Pyra (s. 5 anm. 2;
vgl. Scherers LG 757 'vortreffliche monographie') beginnt: 'die
berühmte Schilderung, welche Goethe im 7 buch seiner Selbst-
biographie' usw. s. 87 weist P. richtig die Prutz entgangene re-
cension Allg. d. bibl. II 2, 36 A. zu.
Zum Schlüsse der schrift P.s steuerten RMWerner und Wohl-
will etwas brauchbares bei; jener einen brief Cramers über A.
in Bückeburg, dieser die auch von Hauff nicht gefundene ode
Schubarts auf A. dies und das wenige neue, was ich oben
sorgfältig bezeichnet habe, wird ein künftiger biograph A.s nützen
192 PEISTZÜORN THOMAS ABBT
können ; im sonstigen aber tlarl ihm diese dissertation nichts als
ein warnendes exempel sein.
Würzburo;. Bernhard Seuffert.
Schuldrama und theater. ein beitrag zur theatergescbichte von Emil Riedel.
Hamburg und Leipzig, Leopold Voss, 1885. 75 ss. gr. 8" [separat-
abdrucii aus Koppmann, Aus Hamburgs Vergangenheit, s. 181 ff].
— 2 m.*
Es wird in der vorliegenden schritt mehr vorausgesetzt als be-
wiesen dass sich das gesammte deutsche theaterwesen aus den schul-
auttiihruugen entwickelt habe (s. 8), welche nicht erst nach der
widerbelebung der klassischen Studien in Deutschland, sondern un-
mittelbar nach der aufnähme römischer bildung und gelehrsamkeit
in den kloster- und domschulen eingeführt worden seien (s. 10).
gegen die herschende ansieht, dass die anfange des drama in der
litnrgie zu suchen sind, wendet der verf. zunächst ein dass 'dieser
mysteriösen abstammung des mittelalterlichen drama die i'rilh-
zeitigen angriffe und Verfolgungen des gesammten schauspielwesens
durch die kirchenväter widersprechen': allein, ganz abgesehen
davon dass sich diese angriffe der kirchenväter leicht durch den
bezug auf den als scurra fortlebenden römischen mimus erklären,
sieht man sofort ein dass die Riedeische hypothese nichts besser
macht, indem dramatische schulübungen unter geistlicher aufsieht
nicht gefährlicher sein konnten als dramatische auffuhrungen in
der kirche. zweitens aber ist der verf. der meinung, dass 'die
ursprüngliche anwendung der lateinischen spräche in den ältesten
christlichen Schauspielen viel mehr auf den zweck einer gelehrten,
als auf den einer volkstümlichen, religiösen bildung der zuhörer
hinweise' (s. 5); dass die dramen der Hrosvitha 'aus kirchlich-
pädagogischen gründen gedichtete lehrmittel zum Unterricht in
der lateinischen spräche' seien, das letztere ist unwahrscheinlich
genug: denn wir wissen dass glossen und interlinearversionen
denselben zweck practischer verfolgten; der gebrauch der latei-
nischen spräche aber ergibt sich ebenso ungezwungen denen,
welche die dramatische dichtung aus der sequenzform ableiten,
und wenn Riedel diese dramatischen schulübungen bis ins 10 jh.
zurück rücken will, dann war es unpassend, zwischen einer ge-
lehrt lateinischen und volkstümlich religiösen bildung der zuhörer
zu unterscheiden, denn damals verstanden auch laien latein. so
wenig uns die argumentc Riedels gegen die bestehende meinung
überzeugen, so sind die gründe, welche er für die seinige gel-
tend macht, noch weit schwächer, auf die entstehungszeit der
dramatischen dichtung wird hierbei überhaupt gar keine rücksicht
[* vgl. DLZ1884 sp. 1879 (WScherer).]
BIEDEL SCHULDBAMA OD THEATER 193
genommen : die dramatischen schulübungen werden seit dem 9 und
10 jh. einlach decretiert. was s. 8 t gesagt wird, bezielit sich auf
eine spätere zeit und beweist in bezug aut die entstehungsart
des drama nichts: denn dass die ersten berulschauspieier und die
ersten mitgUeder der Hamburger oper studeuten waren, hat mit
dieser so wenig zu schaffen, als die erscheiuuug der kleriker
unter den vaganten des mittelalters mit der entstehung der lyrik,
welche niemand in den klöstern sucht.
Von diesem falschen grundgedanken abgesehen , enthält die
kleine schrill viel belehrendes, sie gibt im wesentlichen einen
grundriss der Hamburger theatergeschichte bis zum jähre 1781
unter besonderer berücksichtigung des schuldrama : man wünschte
mehr von dem inhalte der texte zu erfahren, es wird nur über
den inhalt der Ristschen Irenaromachia fs. 31ffj, einiger gespräch-
spiele (s. 47 ff) und redeübungen, über ein Oratorium von Richey
(32 1) und ein weihnachtsspiel (65 ff) genaueres mitgeteilt, über
Rist sind wir nun gleichzeitig von mehreren selten {vgl. oben
s. 86; Gaedertz im Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprach-
forschung VII und viii, sowie im Correspondenzblatt des Vereins
für niederdeutsche Sprachforschung vii 69 und in den Akademi-
schen blättern i 385 ff. 411 ff; Bolte ebenda viii 1,3) genügend
orientiert worden.
Der versuch , die entstehung des deutschen drama überhaupt
aus dem schuldrama ableiten zu wollen, muss vor der band
wenigstens zurückgewiesen werden, damit wird die bedeutung
desselben für die fortentwicklung unseres drama natürlich nicht
geläugnet. es ist keine frage, dass ein eingehendes Studium des
schuldrama noch manchen dunklen punct aufbellen könnte ; nur
müsten die texte selbst eine gröfsere berücksichtigung finden als
die äufseren Zeugnisse über die aufführungen. von diesem ge-
sichtspuncte aus wird man das vorliegende heft zu schätzen wissen.
Prag. J. Minor.
Kleist -LiTTERATUR.
1. Heinrich von Kleists briefe an seine braut, zum ersten male voll-
ständig nach den oiiginalhandschriften herausgegeben von Karl Bieder-
mann, mit den bildnissen Kleists und seiner braut. Breslau und
Leipzig, SSchottländer, 1884. xxvi und 250 ss. kl. S". — 4 m.*
2. Heinrich von Kleist, von Otto Brahm. gekrönt mit dem ersten preise
des Vereins für deutsche litteratur. Berlin, allgemeiner verein für
deutsche litteratur, 1884. (iv und) 391 ss. 8". — 7 m.**
Die beiden oben angezeigten erscheinungen auf dem gebiete
der Rleistlilteratur dürften wol einen vorläufigen abschluss be-
deuten, vereinzeltes von und über Kleist kommt zwar noch immer
[* vgLDLZ 1884 nr25 (OBrahm). — ** vgl. DLZ 1S55 nr 9 (BSeuffert).]
1 94 KLEIST - LITTERATÜR
an den tag und wird auch vielleicht noch später an den tag kom-
men : aber eine bedeutende nachlese steht kaum zu erwarten,
sind wir doch auch in den letzten zwanzig jähren trotz zahl-
reichen publicationen nicht bis zur lösuug der vielen rätsei vor-
gedrungen , welche Kleists leben nach wie vor dem belrachter
darbietet, man braucht nur die biographie Brahms mit der von
Wilbrandt zu vergleichen, um einzusehen dass die conjectur heute
noch ebenso wie damals und genau an denselben stellen weiter
hellen muss.
Unter dem handschriftlichen malerial, weiches seit Wilbrandts
monographie an den tag gefordert worden ist, nehmen die von
Biedermann herausgegebenen briefe entschieden den obersten rang
ein: sie sind für die erkenntnis von Kleists entwickelung wich-
tiger als der von Lindau verötfentlichte aufsatz Über die allmäh-
liche Verfertigung der gedanken beim reden, die nicht schon
von Bülow verölTentlichten briefe hat Biedermann zuerst unter
auslassungen und abkürzungen in der Zeitschrift Nord und siid
von Paul Lindau (october 18S1, September und october 1882)
mitgeteilt: jetzt findet man in einem gelällig ausgestatteten büch-
lein alle briefe bequem vereinigt und nach den hss. abgedruckt,
der text derselben gibt, soweit man allein aus dem inhalte und
ohne einsieht in die hss. urteilen kann, zu bedenken keinen an-
lass : höchstens s. 82 z. 3 von oben möchte mau Übereinstimmung
mit s. 80 z. 1 von oben, also erreichung der Vollkommenheit
statt des unpassenden erziehung der Vollkommenheit erwarten,
und die vielen versehen, welche dem leser das aufsuchen der be-
richtigungen und zusätze erschweren , sind hoffentlich bei der
lesung der hss. fern geblieben, nachtrage und berichligungen
zu den angaben der vorrede über die familie Zeuge hat neuer-
dings Karl Siegen in den Akademischen blättern i 363 ff veröffent-
licht; über Wilhelminens späteres leben in Leipzig als professorin
Krug vgl. Erinnerungen an Friedrich von Üchtritz und seine
zeit, in brieten von ihm und an ihn, mit einem voiwort von
Heinrich von Sybel (Leipzig 1884) s. 3. 10. 13. 15. 19. 20. 23 f.
71; ein fräulein Zeuge aao. 6. 8 f. 19. 71. das s. 240 ff abge-
druckte und in der anmerkung besprochene gedieht (vgl. Hempel
V 11 ff, Brahm 28) ist zuerst gedruckt im Wendtischcn musen-
almanach 1830 unter dem titel Nachgelassene Sprüche von Hein-
rich von Kleist; jede Strophe wird als selbständiger spruch ge-
geben und nummeriert. s. 241 z. 2 lautet, die dem gedichte bei-
gefügte anmerkung (s. 241 anm.2) in den text aufnehmend: tiicht
mit dem zauberstab des Hermes öffnen; s. 242 z. 7 entreis'tem;
z. 11 [eisen; z. 12 abgrund; z. 13 dickster; z. 14 seiner; z. 18
thront; z. 21 nnsers; z. 25 perlemntter; s. 243 z. 18 keim an-
statt stein, mit Brahm bin ich (trotz Biedermann s. 31) der meiuung,
dass das gedieht Kleist gehört: es erinnert an alles, was wir von
Kleist aus der zeit der bilderjagd wissen und sucht widerholt die
KLEIST -UTTERATLR 195
genaue, fast peioliche Übereinstimmung in allen teilen zweier mit
einander verglichener gegenstände, welche Kleist damals verlangte
(vgl. s. 133 1).
Das buch von Brahm ist besonders nach der künstlerischen
Seite hin eine wertvolle hereicherung der monographischen lit-
teratur in Deutschland, man wird die bedingungen einer künst-
lerisch abgerundeten darstellung nicht leicht in einem anderen
werke aul dieselbe art erfüllt finden als bei Brahm. schon äufser-
lich, in der gruppierung und anordiiung, tritt dieser Vorzug wol-
gelällig hervor, tünt bücher bilden den inhalt: das mittlere buch,
welches den dichter 'im amt' schildert, ist das kürzeste; das erste
('Jugend') und vierte ('einsames dichten') stehen wie an bedeu-
tung so auch an umlang hinter dem zweiten ('der dichter des
Robert Guiscard') und dem lüntten ('patriot und romantiker') zu-
rück, zu welchen sie die Vorbereitung bilden, schwieriger musteu
die Unterabteilungen jener biographischen abschnitte gelingen, in
welchen Kleists ziemlich zerfahrenes und jeder Ordnung und an-
ordnung widerstrebendes leben den inhalt bildet, hier verstand
es Brahm, die reisen Kleists zum mittelpunct zu machen, und so
finden wir die kunstmäfsig correspondierenden titel: 'die reise
nach dem glück', 'die reise nach dem beruf, 'die reise nach dem
ideal.' auch innerhalb der einzelnen capitel herscht kunstvoller
sinn : namentlich eingang und schluss sind wol überlegt und nur
den schluss des ganzen ('am 18 october ward die Völkerschlacht
bei Leipzig geschlagen. ... es war Kleists geburtstag; hätte er
ihn erlebt, er wäre damals sechsunddreifsig jähre alt
geworden') kann ich ebenso wenig geschmackvoll finden als
das spielen Herman Grimms mit bedeutenden und vielsagenden
zahlen, es galt ferner die erzählenden biographischen teile und
die ästhetisch-kritischen in ein gewisses gleichgewicht zu bringen:
durch eine in dem ersten buche, wo die quellen reicher fliefsen,
knappe und gedrängte, nirgends aber beengte darstellung hat
Brahm hier die nötige kürze, gegen den schluss aber, wo die
quellen sparsamer fliefsen, das leben hinter den dichtungen fast
zu verschwinden droht und aufser dem abreifsen des biographi-
schen fadens ein abfallender schluss zu befürchten stand, durch
retardierende und breitere erzählung die nötige ausdehnung er-
reicht, im ersten buch wird dem entsprechend material über bord
geworfen: aber auch das ausgeschiedene ist lür Brahm nicht ver-
loren : so wenig er uns hier über Kleists soldatenleben berichtet,
so viel weifs er bei der besprechung des Prinzen von Homburg,
an der stelle wo diese soldatenzeit für Kleists dichtung fruchtbar
wird, darüber zu sagen, an einer stelle muss ich indessen diese
weise Verteilung des Stoffes tadeln : s. 48 ff wird Kleists zweiter
reiseplan erzählt; wir erfahren kein wort, dass Kleist diesen für
Wilhelmine so schmerzlichen entschluss bald als ein blofses spiel
des Verhängnisses betrachtete und nur gieng, um nicht als wankel-
196 . KLEIST -LITTERATLR
mutig vor den leuten zu gelten, die ganze, für Kleists character
und tür sein Verhältnis zu Wilhelmine so bezeichnende briefstelle
wird erst s. 75 f, gelegentlich der Familie Schroffenstein, nach-
getragen, wo dieses erlebnis als der keim zu dem drama hinter-
her Verwendung findet, nachdem schon der bruch mit Wilhelmine
und Kleists leben in der Schweiz erzählt worden ist. hier hätte
mir eine frühere erzählung und spätere berufung um so mehr
natürlich geschienen, als ich in den s. 76 hervorgehobenen worten
Kleists: mir ist diese periode in meinem leben und dieses gewalt-
same fortziehen der Verhältnisse zu einer handhmg , mit deren ge-
danken man sich Mos zu spielen erlaubt hatte, äufserst merkwürdig
eine reminiscenz an den kurz vorher gelesenen Wallenstein (den
grofsen monolog in Wallensteins tod i 4) zu erkennen glaube.
Auch von der wissenschaftlichen seite betrachtet ist Brahms
monographie eine tüchtige leistung. freilich ein besonders umfang-
reiches material war hier nicht zu sammeln oder zu beherschen.
die von Wilbrandt sorgfältig benutzten quellen sind in den letzten
zwanzig jähren nur durch etliche aufsätze und einige briefe be-
reichert worden, welche Brahm ebenso sorgfältig ausgenutzt hat.
er hat auch neue quellen erschlossen : aus Wien ist ihm ein
interessanter brief Kleists von HvCollin mitgeteilt worden, welchen
er s. 307 ff verwertet; die mündlichen erzählungen ihrer excel-
lenz der frau von Oliers, der tochler Stägemanns, haben seine
erzählung der letzten tage Kleists unterstützt; er zum ersten male
hat die lebensgeschichfe von Fouque, eine noch in anderer hin-
sieht ergibige quelle, herangezogen, auch die Sammlung von
Fouques kleineren prosaischen Schriften : Gefühle bilder und an-
sichten (Leipzig 1819) enthält i 116 ff ein Gespräch über Heinrich
von Kleist, aus welchem für Brahm indessen kaum etwas zu holen
war. in der Schilderung zeillicher und örtlicher zustände, lit-
terarischer und persönlicher veibindungen hat sich der verf. eine
Zurückhaltung auferlegt, welche seinem Vorgänger Zolling leider
ganz und gar gefehlt hat, es wird nicht mehr aus der äufseren
weit hereingezogen als die erzählung und eutwickelung erfordert,
und es wird alles nur dort berührt wo es zu demselben zwecke
notwendig und unentbehrlich ist. von seinem beiden Kleist hat
Brahm gelernt, nur die dinge selbst reden zu lassen und Schil-
derungen zu vermeiden, der gebildete verf. wird gleichwol nir-
gends verkannt und nur an wenigen stellen wüste ich seine Zu-
rückhaltung zu tadeln, s. 16 zb. hätte Kleists neigung zur physik
wol einen seilenblick auf Novalis, Amin) und andere dicbtcr und
physiker der zeit nahe gelegt, auch die persönlichen Verbin-
dungen Kleists werden, recht im Widerspruche mit dem centri-
fugalen Zolling, in der richtigen erkenntnis ihrer geringen be-
deutung für die eutwickelung des dichters kurz abgetan, allein
Adam Müller, der ihm viel nutzen und schaden gebracht, wird
näher ausgeJÜhrt. ich wünschte auch Ludwig Wieland, etwa mit
KLErST-LITTERATL'R 197
Zuhilfenahme der bei Pröhle (Lessiog, Wieland , Heinse s. 251)
gedruckten hrietstelle, mit einigen strichen angedeutet zu sehen:
denn wenn Zschokke in seiner Selbstschau den dichter einen ge-
nauen kenner Goethes und der romantiker, Tiecks und der
Schlegel, nennt, dann muss er mit Ludwig Wieland in dieser
hinsieht ankniipl'ung gehabt haben, keineswegs aber hätte der
alte Wieland s. 13 f unter Kleists jugendlehrern ungenannt bleiben
sollen; Kleist selbst sagt (Biedermann s. 164), er habe sich durch
eine schrill von Wieland den gedanken angeeignet, dass die ver-
vollkommung der zweck der Schöpfung wäre; er citiert (s. 48)
aus Wielands Musarion die stelle von dem schleier, welcher mehr
erwarten lässt als versteckt; er fragt, als er in Würzburg in eine
lesebibliothek tritt (s. 76), zuerst nach den werken Wielands, dann
nach Schiller und Goethe, bei der geringen belesenheit und bei
der noch geringeren Vorliebe für citate, welche Kleist auszeichnet,
sind solche stellen beachtenswert, wenn dann Fouque (Brahm 104)
Kleist der Wielandschen schule zurechnet, was uns freilich son-
derbar genug vorkommt, dürfen wir vielleicht zur erklärung auch
an jene frühe neigung Kleists zu Wieland erinnern. Kleist war
wie Schiller ursprünglich ein anhänger der Wielandschen glück-
seligkeitslehre.
Den hauptaccent legt Brahm deutlich auf die dichtungen
Kleists, deren analyse und characteristik entschieden den bedeu-
tendsten teil der monographie ausmachen, wir sehen die dich-
tungen widerholt vor uns entstehen, denn Brahm benutzt manu-
scripte und ältere fassungen aus der Berliner kgl. bibliothek. die
quellen werden aufgezeigt, erlebtes und erlerntes aufgespürt, die
charactere, welche den angelpunct des Kleistschen drama bilden,
nachdichtend entwickelt, stil und technik untersucht, an aus-
blicken auf die neuere zeit, auf spätere bearbeitungen und büh-
nenbearbeitungen der Kleistschen dramen und ihr Schicksal auf
den brettern fehlt es nicht (dass ALSchenk den Kohlhaas als
'romantisches trauerspiel' in 4 acten frei nach Kleist bearbeitet
hat [Esslingen 1866], war für Brahm entbehrlich). ... ich darf
hier das bekenntnis nicht zurückhalten, dass ich den früheren
arbeiten Brahms bei aller auerkennung ihres wertes nicht immer
willig gefolgt bin. ich glaubte überall einen leisen zwang zu füh-
len, und besonders in den stilistischen Untersuchungen schienen
mir <lie belege oft mehr gesucht als durch den gegenständ freiwillig
dargeboten, mehr klugheit als feingefühl und mehr die gäbe, aus
allem etwas zu machen, als vollgiltiger gehalt sprach mir aus
ihnen entgegen, auf die letzten arbeiten des verf.s und besonders
auf die vorliegende darf dieses urteil , welches vielleicht teuschung
war, keine anwendung finden, es macht sich hier im gegenteil
eine vornehme discretion geltend, welche in den arbeiten über
neuere litteraturgeschichte vielleicht einzig, jedesfalls selten ist.
kein prunken mit belesenheit; keine sucht in anspielungen zu
198 KLEIST -LITTERATUR
reden und wenn mau sagen will dass A weifs sei, den umweg zu
machen: dass er nicht wie B schwarz gewesen sei; keine selbstge-
lälligkeit in entlegenen citaten, kein herausstreichen des selbst ge-
iündenen und zurückdrängen des bereits von anderen bemerkten,
auch wo das letztere das wichtigere und bedeutendere ist; keine
pause der erschöptung, wenn man nach endlosen Untersuchungen
endlich der quelle des dichters auf die spur gekommen ist oder
sein urbild oder seine erlebnisse in der dichtung gefunden hat:
— sondern, von wenigen fällen abgesehen, nimmt hier kein ding
eine gröfsere bedeutung in anspruch , als ihm im Zusammenhang
des ganzen gebiirt, und der verf. sucht augenscheinlich seinen
rühm nicht in diesem oder jenem detail, noch weniger in der
stillosen häufuug von details und resultaten der detailunter-
suchungen, sondern in der bedeutung des ganzen, wer die ge-
schmacklosigkeiten und den misbrauch kennt, welche in der
neueren litteratur mit detailartikeln wie quellennachweiseu , auf-
suchen von Vorbildern, aufspüren von erlebnissen, Untersuchungen
in bezug auf stil und technik getrieben werden, der wird diese
tugend dem verf. hoch anschlagen ; am höchsten vielleicht in dem,
was er in bezug auf stil und technik des dichters zu sagen weifs.
dieser von Wilhrandt vernachlässigten seite hat er offenbar die
gröste aulmerksamkeit gewidmet, aber trotz dem intimen ein-
verständnisse, mit welchem er sich darüber äufsert, nirgends
die gränze dessen überschritten, was sich in geschmackvoller dar-
stellung darüber sagen lässt. seine beobachtungen in dieser hin-
sieht sind gesättigt, wo nicht erschöpfend; ich wüste blofs ein
technisches mittel hervorzuheben, welches Brahm übersehen hat.
es sind die sogenannten toten momente (dh. absichtlich herbei-
geführtes stillschweigen), welche Kleist zb. in der dritten scene
des zweiten actes der Schroffensteiner zu so grofsartiger würkuug
zu benutzen weifs: die rede stockt; sie wird wider aufgenommen,
aber schon nach wenig Sätzen steht sie an demselben punct stille
und der dichter hilft nicht darüber hinaus, sondern er beginnt
zum dritten male und stockt von neuem, von so verschiedenen
Seiten der dialog angefasst wird, immer wider führt er auf den
einen punct zurück.
INeue quellen hat Brahm nachgewiesen zunächst in einer
anecdote iMontaignes (s. 163f) für die Marquise von 0. schon
Bülow halle auf eine französische novelle der Madame de Gomez
aufmerksam gemacht, war aber von Köpke und Wilbrandl (s. 226
anm.) mit der notiz , die sich im inhaltsverzeichnis des IMiöbus
Jiudel ('nach einer wahren begebenheit, deren Schauplatz vom nor-
den nach dem Süden verlegt worden'), abgewiesen worden, mit
unrecht in so fern, als man Kleist eine erdichtung dieser angäbe
wol hätte zuschreiben können; mit recht in so lern, als er diese
erdichtung besser unter dem titel als im inhallsverzeichnis an-
gebracht hätte, neuerdings hat man in einem briefe des jüngeren
KLEIST -LITTERATUR 199
Voss, welcher im Goethe-jahrbuch v61 veröffentlicht wurde, eine
würkliche geschichte gelesen, welche wol jeden sofort an die
Kleistsche erzählung erinnert hat und den Stoff zu derselben ab-
geben konnte: Muncker in der Allg. ztg. 1884 nr 153 beilege
und Bartsch in den Grenzboten 1884 i 464 haben sofort öffent-
lich auf die ähnlichkeit aufmerksam gemacht, und da man auf
diese weise sich mit der Kleistschen angäbe in Übereinstimmung
findet, dürfte damit wol die richtige quelle gefunden und eine
Verweisung auf Montaigne entbehrlich sein, für den Robert
Guiscard, der ausgezeichnet analysiert und weitergedichtet wird,
hat sich Brahm die geschichtliche darstellung von Funck in den
Hören Schillers nicht entgehen lassen; Die grafen Guiscardi, ein
trauerspiel in fünf acten von J. A. e. v. Ehrenberg 1791 (Wien)
haben mit dem Stoffe nichts zu tun. in betreff der Penlhesilea
hatte bereits ESchmidt (Österr. rundschau 1883 2 heft) auf He-
derichs Mythologisches lexikon aufmerksam gemacht; über die
blofse Vermutung kommt auch Brahm nicht hinaus, es bliebe
ferner noch Böttiger und Majer (Allgemeines mythologisches lexi-
kon, 2 bde, Weimar 1803 f) nachzuschlagen, die Geschichte derer
Amazonen mit kupfern (Berlin, Stettin und Leipzig bei Johann
Heinrich Rüdiger 1763), von Krünitz aus dem französischen in das
schlechteste deutsch übersetzt, welches man lesen kann , erzählt
die geschichte der Penthesilea im anschluss an Quintus und beruft
sich auf Drelincourts Achilles homericus, welcher die Wahrheit
dieser geschichte durch mühselig gesammelte citate dargetan habe,
für Kleist konnte sie also die quelle nicht abgeben; doch ist der
erste satz des ersten capitels (s. 1) nicht ohne Interesse: 'die ab-
stammung des Wortes Amazonen schliefst zugleich den kurzen be-
griff ihrer geschichte in sich, bei den Scythen , von denen sie
ursprünglich abstammten , nannte man selbige Aeorpaten , das
heifst: nach mannes-blut dürstende feindinnen [von Aeor , ein
mann, und pata , töten; also soviel als männer umbringende
weiber. Herodotus, im iv buch. n. 110].' auch auf das balladen-
motiv, welches dem Kätchen zu gründe liegt, hat ESchmidt schon
hingewiesen: ebenso die mystischen demente aus Schuberts
Ansichten von der nachtseite der naturwissenschaften gedeutet,
welche Kleist vielleicht aus Schuberts Dresdner Vorlesungen kannte.
Die markantesten Übereinstimmungen , welche sich zwischen
Kleists leben und dichten aufdrängen, hatte schon Wilbrandt be-
merkt und hervorgehoben: Brahm, welcher mitunter weit über
ihn hinausgeht, scheint mir auch mitunter zu weit zu gehen.
ich finde hier allein das gesuchte, welches mich bei seinen früheren
arbeiten gestört hat, wider, wenn Wetter graf von Strahl, den
seine ahnen abhalten das kleine Kätchen zu heiraten, in dem
märkischen Heinrich Kleist widergefunden wird, welcher Julie
Kunze heiraten will, auch in bezug auf das erlernte kann ich
den Vorwurf nicht zurückhalten, dass Brahm den einfluss Schillers
A. F. D. A. XI. 15
200 KLEIST -LITTERATUK
auf Kleist zu wenig hervorgehoben hat, ja dass er Schiller ge-
flissentlich nur zu citieren scheint, um ihn gegenüber Kleist in
den nachleil zu setzen, einige mal fällt Schiller ganz unerwartet
herein; die ähnlichkeit zwischen Penthesilea und der Jungfrau von
Orleans (s. 213), welche wie ich wol weifs Scherer in seinen Vor-
lesungen zuerst hervorgehoben hat, finde ich gesucht und ein
hinweis auf die Amazonengestalten der romanliker in drama,
roman und novelle* hätte mir hier näher liegend geschienen; auch
wenn Homburg an eine litterarische tradition, welche ihren aus-
gangspunct im Kampf mit dem drachen und in Max Piccolomini
haben soll, angeknüpft wird, finde ich das so vag, dass man
besser an Schillers philosophische aufsätze, seine gedanken von
pflicht und neigung überhaupt, ebenso gut aber an lfi"Iands
Dienstpflicht anknüpfen könnte, viel nähere auknüpfungspuncte
sind daneben übersehen worden: bei der Alraune in der Hermanns-
schlacht liegt es nahe an den schwarzen ritter in der Jungfrau
von Orleans, bei dem monologe des Varus an Talbot zu denken
usw. auch was andere bereits vor ihm aufgezeigt haben , hat
Brahm , deutlich in der absieht die Originalität Kleists noch ori-
gineller zu gestalten , verschwiegen, die abhängigkeit Kleists von
Schiller im ausdrucke ist stärker als man nach ßrahm glauben
möchte, ich wähle die folgenden beispiele allein aus den bei
Brahm citierten stellen , also aus einem minimalen procentsatze
und aus stellen, welche nicht ausgehoben worden wären, wenn
sich Kleist nicht entschieden in ihnen ausspräche: s. 39: hinten
starb die sonne wie ein held (dasselbe bild in Kleists briefen
unmittelbar nach einander dreimal Biedermann 104.106.117); vgl.
Schiller (übrigens nach Klopslock) ii 116, 1: wie herlich die sonne
dort untergeht! ... so stirbt ein held! anbetungswürdig! i 27: die
sonne zeigt, vollendend gleich dem helden. . . . Kleist (Brahm 90):
denn etwas gibts, das über alles wähnen und wissen hoch erhaben
— das gefühl ist es der seelengute anderer; Schiller (v 2, 321,
3332 ff): und etwas lebt noch in des weibes seele, das über allem
schein erhaben ist und über aller lästerung — es heifst weibliche
tngend — der inhalt der reflexion ist verschieden, der ausdruck
ganz derselbe; Brahms beobachtung, dass Kleist ungern und ohne
geschick Sentenzen prägt, wird durch diesen formellen anschluss
an Schiller bestätigt, denselben lonfall zeigt (Brahm s. 91) Kleist:
denn über alles siegt das rechtsgefühl usw. ; und Schillers Wallen-
stein (xn 375, 3453): denn über alles glück gehl doch der freund.
an den Wallenstein, welchen er in seiner Jugend so aufmerksam
las, finden wir uns auch bei Brahm s. 198 f gemahnt (vgl. Schiller
xn231, 531 fl):
Kleist: Nein, eh' ich, loas so Schiller: Doch eh' ich sinke in
herlich mir begonnen die nichtigkeit,
' vgl, AWSchlegel an Ticck 20. 9. 1802 (Holtei Briefe an Tieck in 276):
mit den Amazonen bin ick noch nicht loeiler.
KLEIST -LITTERATÜR
201
So klein aufhöre, der so gro/s
begonnen,
Eh' mich die weit mit jenen
elenden
Verwechselt, die der tag erschafft
und stürzt.
Eh' spreche weit und nachweit
meinen nanieti
Mit absehen aus und Friedland
sei die losung
Für jede ßuchensiverte tat;
So grofs nicht endige, eh ich
nicht völlig
Den kränz, der mir die stirn
umrauscht', erfasse.
Eh' ich Mars töchter nicht, wie
ich versprach,
Jetzt auf des glückes gip fei jauch-
zend führe,
Eh' möge seine pyramide schmet-
ternd
Z\isammenbrechen über mich und
sie!
Verflucht das herz, das sich noch
mdfsigen kann!
so knüpft Kleist selbst hier, wo er sein eigenstes innere erschliefst,
im ausdruck ganz an Schiller an; und sogar der letzte vers bei
Kleist mit dem losbrechenden verflucht hat seine parallele bei
Schiller (xii 213, 114): verflucht, wer mit dem teufel spielt! dass
auch die fatalistischen ideen , welche Kleists bei Brahm s. 75 f
cilierter brief ausspricht, durch die lectiire des VVallenstein an-
geregt sind und dann wider von Kleist in die Schroffensteiner
übertragen wurden , unterliegt nach dem Wortlaute des briefes,
welcher allenthalben an Wallenstein anklingt, keinem zweifei. ein
ander mal, wo Brahm (s. 330) ein lieblingsbild des dichters und
die individualisierende anschaulichkeit Kleists recht deutlich er-
kennen will, sehe ich anklang an Shakespeare (Romeo und
Julie n 2) ;
Kleist: So zieht ein cherub mit
gespreizten flügeln
Zur nachtzeit durch die luft,
und auf den rücken
Geworfen, staunen ihn, von glänz
geblendet,
Der weit betroffene geschlechter an.
Shakespeare : Denn über meinem
haupt erscheinest du
Der nacht so glorreich, wie ein
flügelbote
Des himmels dem erstaunten,
über sich
Gekehrten aug' der menschen-
söhne, die
Sich rücklings werfen, um ihm
nachzuschaun,
Wenn er dahin fährt auf den
trägen wölken.
Und auf der luft gewölbtem
busen schwebt.
Ausgezeichnet gelungen und sehr aufschlussreich ist die
characteristik der von Kleist herausgegebenen Zeitschriften: des
Phöbus und der Abendblätter, der gedanke, welchen AMüller in
der erstgenannten ausspricht (Brahm 247) und welcher für Kleist
(306) von bedeutung geworden ist, dass Spanier und Deutsche
verwandte nationen sind, war aber nicht sein eigentum; sondern
15*
202 KLEIST -LITTERATLR
er gehört Friedrich Schlegel an, welcher ihn in der Europa auf-
gestellt und ausgetührt hat. s. 320 wäre die eigentümliche form
des 'katechismus' doch durch einen Seitenblick auf den Schleier-
macherschen Katechismus für edle frauen in litterarische tra-
dition zu stellen gewesen: die form seihst erklärt sich wider aus
dem bestreben der romantiker, alle ihre tendenzen als religion
zu betreiben und zu lehren.
Von einem plane Kleists aus seiner letzten zeit, in welcher
er (Brahm 372 f) viel mit Ludwig Rohert verkehrte und aus
welcher wir sonst nur von einem zweibändigen romane unbe-
stimmte und unsichere kenntnis durch einen brief des dichters
an Reimer haben (Brahm 375), gibt die vorrede des romantikers
Friedrich von Üchtritz zu seiner dreibändigen erzählung Eleazar
(Jena, Costenoble, 1867) nachricht. dieselbe lautet: 'an einem
jener dienstabende im hause des professors Friedrich von Raumer
zu Berlin , an denen sich ein ausgewählter freundeskreis —
darunter Loebell , von der Hagen, der bildhauer Tieck, Waagen,
Haering und wol auch Ludwig Robert, der bruder Raheis, in be-
gleitung seiner schönen frau — zu versammeln pflegte, und wo
ich selbst immer pünctlich auf meinem platze war, erzählte Ludwig
Robert, dass Heinrich von Kleist einmal zu ihm von der belagerung
und Zerstörung Jerusalems durch Titus als von dem gegenstände
eines trauerspiels, womit er sich trage, gesprochen habe, die art,
wie dieser gegenständ von dem dichter nach dessen damaligen mit-
teilungen aufgefasst worden, der sinn und gedanke, der als grund-
idee der dichtuug zu tragischem ausdrucke habe kommen sollen,
sei ihm ausnehmend grofs und bedeutungsvoll erschienen , und
er habe, als Kleist einige zeit darauf aus den lebenden geschieden,
eine lockung empfunden, diesem gedanken selber gesfalt zu geben
und den plan als ein ihm zugefallenes erbe zur ausführung zu
bringen, doch sei ihm, trotz allen nachsinnens, nicht gelungen,
die erinnerung in sich aufzufrischen und zu verdeutlichen, sodass
er, nachdem er sich umsonst um hebung des sich ihm entziehen-
den Schatzes bemüht, sein grübeln als fruchtlos habe aufgeben
müssen, die erzählung machte einen lebhaften eindruck auf mich,
der durch das geheimnisvolle, verhüllte und verborgene des un-
auffindbaren, mit dem dichter hinvveggeschwundenen gedaukens
nur zu schärferem reize erhöht wurde, ich fühlte mich ange-
zogen , die geschichte des Unterganges Jerusalems in Stolbergs
Kirchengeschichte, wie auch meinerseits nach jenem verlorenen
gedanken spürend, zu lesen, doch wollte es mir nicht glücken,
mich des Stoffes zu bemächtigen, er stellte sich mir als völlig un-
handlich und spröde, ja selbst niedrig dar, und die empfangene
anregung erhielt erst nach verlauf einiger jähre dadurch eine
surrogatartige befriedigung, dass ich mich auf die frühere Zer-
störung durch Nebucadnezar hinwandte, es entstand daraus mein
dramatisches gedieht Die Babylonier in Jerusalem [1836J. doch
KLEIST -LITTERATÜR 205
sollte (las, wonach ich zunächst gestrebt, für mich in weit späterer
zeit noch in erfüUung gehen und sich der stofl", der sich mir
als so ungefügig und unerquicklich gezeigt hatte, für mein (ich
weifs nicht, ob blofs geteuschtes) äuge als einer der ergibigsten
an tiefe des gehaltes und der gewaltigsten von grofsartiger be-
deutsamkeit, sowie unerwartet eines tages auch als günstig und
bildsam zu dichterischer behandlung darstellen, über die Zer-
störung Jerusalems hinaus, bis zu der ebenso aufserordentlichen
wie schauerlichen letzten begebenheit jenes furchtbaren krieges,
der blutigen opfertat von Masada, erfasst, sollte er unverhofft seinen
haupt- und Schlussmoment, seine hauptgestalt, seine contrastie-
renden entfaltungen finden, sich gruppieren und gliedern, es
ist nur die schlichte, anspruchslose form der erzählung, in der
ich ihn vorlege , doch habe ich so viel mut , da« volle gewicht
der bedeutung einer tragödie dafür in anspruch zu nehmen und
auf eine der tragischen poesie verwandte würkung zu hoffen.^
auf diese vorrede, welche durch die von Robert und Üchtritz an
dem Kleistschen plane gefundenen Schwierigkeiten doppelt interes-
sant wird, hat ThPaur in seiner scizze von Üchtritzs leben wider
aufmerksam gemacht, welche zuerst im Neuen Lausitzischen ma-
gazin erschienen und als einleitung zu dem oben citierten brief-
wechsel nochmals abgedruckt ist (vgl, s. xxx). Üchtritz in seinen
briefen an Röpke äufsert sich (s. 340 ff. 343 f. 357) überein-
stimmend mit der vorrede.
Seit dem abschlusse und dem erscheinen von Brahms buch
sind weitere mitteilungen von Kleist gemacht worden : zwei pro-
saische aufsätze sind in der Gegenwart veröffentlicht worden
(xxvi bd. nr 36 s. 157: Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten;
nr 44 s. 283 : Sonderbare geschichte).
Schliefslich sei noch einer einzeichnung Heinrichs von Kleist
in das Stammbuch einer künstlerin erwähnung getan (Blumen-
lese aus dem stammbuche der deutschen mimischen künstlerin,.
frauen Henriette Hendel-Schütz geb. Schüler: Leipzig und Alten-
burg, FABrockhaus , 1815 s. 62). Kleist schreibt:
An'on spricht: — ein wandernd leben
Gefällt der freien kiinstlerbrust,
Die kunst, die dir ein gott gegeben,
Sie sei noch vielen tausend Inst!
An wolerworbenen gaben
Magst du dich fröhlich laben,
Des weiten ruhmes du beruhst]
Berlin. Heinrich von Kleist.
Natürlich kein gedieht von Kleist: sondern die dritte Strophe
von Schlegels Arion, an den besonderen zweck accommodiert.
Prag 29. 12. 84. Minor.
204 HÖLDERLIN ED. KÖSTLLN
Dichtungen von Friedrich Hölderlin, mit biographischer einleitung heraus-
gegeben von KKösTLiN. mit 2 abbildungen. Tübingen, Franz Fues,
1884. M, Lxii, 184 und 188 ss. 8°. — 3,20 m.*
Die vorliegende ausgäbe der gedichte Hölderlins 'hat den
zweck, diejenigen seiner kleineren und gröl'seren werke voll-
ständig zusammenzufassen, welche von ihm in guter zeit be-
gonnen und wenigstens gröstenteils auch vollendet wurden' (ein-
leitung s. ii).
Verglichen mit der grofsen Scbvvabschen ausgäbe (Stuttgart
und Tübingen 1846, 2 bde) fehlen die folgenden lyrischen ge-
dichte: Schwab I 112 Andenken; i 117 Der Rhein, fragraent;
II 222 Patmos — über deren hinweglassung äufsert sich der heraus-
geber s. xxvii, wo aus demselben gründe ein gedieht Dichterberuf
citiert wird, welches in der Schwabschen ausgäbe nicht enthalten
ist. von den Jugendgedichten hat der herausgeber alle diejenigen
ausgewählt, welche ihm 'der durchfeilung und kürzung am wenig-
sten bedürftig schienen , desgleichen solche, die für Hölderlin zu
<;haracteristisch sind, als dass sie hier fehlen dürften' (s. xxxiii).
€S fielen nach diesem grundsatze hinweg: Schwab n 166 Gustav
Adolph, n 180 An die stille, n 195 Hymne an die menschheit,
11 202 Hymne an die freundschaft, ii 210 Hymne an die freiheit,
und u 173 Hymne an die liebe (vgl. Köstlin s. xxxvi f). fortge-
blieben sind ferner alle gedichte aus der zeit des irrsinns (Schwab
n 337 ff und die in die biographie eingestreuten); Hyperions schick-
salslied (i 122); die fragmente des Empedokles (i 124 und ii 253);
das fragment Der homerische Achill (ii 351 ff); der briefwechsel.
die biographie Schwabs hat Köstlin durch eine kürzer gefasste
ersetzt, welche auch neuerdings bekannt gewordenes verwertet.
in den litteraturangaben s. xxxif vermisse ich Scherers artikel in
den Vorträgen und aufsätzen s. 346 ff neben weniger wichtigem
wie AWellmers aufsatz in Fürs deutsche reich 1873 i s. 76 ff ua.
Mit diesem programm kann man sich in so weit zufrieden
geben, als die gedichte aus der zeit des irrsinns ausgeschlossen
wurden, welche in einer auf ein gröfseres publikum berechneten
ausgäbe allerdings besser fortbleiben, in der Sammlung der ge-
dichte aus früherer zeit dagegen hätte man gewis Vollständigkeit
vorgezogen: denn erstlich ist das weggelassene so wenig, dass
es kaum die mühe der auswahl lohnte; zweitens sind die gründe
der auswahl so wenig sicher aufrechtzuhalten, dass der heraus-
geber auch bei vielen der aufgenommenen gedichte über 'nicht
ganz klare' haltung (s. xlv. xlviii. l uö.) klagen muss, ja in
einem derselben 'schon eine geistesumnachtung' finden will, wo
[* vgl. DLZ 1884 nr49 (WScherer) und 1885 nr 15 (KKöstlin).]
' der ungeheftet ausgegebene band enthält eine vierfache seiten-
zählung: zuerst die vorrede mit A....M bezeichnet; dann die einleitung
mit römischen zifTern gezählt; endlich die erste (lyrik) und zweite (Hyperion)
abteilung mit arabischen Ziffern selbständig paginiert.
HÖLDERLIN ED. KÖSTLIN 205
sich die gränzlioien so verwirren, bleibt die entscheidung über wert
oder unwert, aufnähme oder nichtaufnahme immer eine subjective,
und wenn nicht äufsere gründe widersprechen, wenn nicht der räum
fehlt oder das junge unkraut den weizen zu ersticken droht, tut
man wol am besten, Vollständigkeit anzustreben, mit einem wei-
teren druckbogen wäre dieselbe hier zu erreichen gewesen, dass
vollends die fragmente des Empedokles in dieser neuesten aus-
gäbe fehlen, dürfte manchem leser noch empfindlicher sein.
Hingegen weist die neue aufläge der alten gegenüber auch
Zusätze auf; dieselben bestehen in den gedichten An die nachtigall
(Köstlin s. 7), An meinen B. (7), Die stille (S), Die ehrsucht (14),
Burg Tübingen (42), An eine braut (101), Heimkunft, an die
verwandten (131). das letztere ist zuerst in der Flora von 1802
gedruckt (s. xlvh, vgl. s. F); über das vorletzte vgl. Schwab in
Westermanns Monatsheften September 1871 s.662 (Köstlin s. xlh);
die übrigen von Schwab im Stuttgarter Morgenblatt 1863 nr 34 f
mitgeteilt (Köstlin s. xxxiu).
Eine vollständige Sammlung der gedichle Hölderlins besitzen
wir also weder bei Schwab noch bei Köstlin. von mir bekannten
gedichten fehlen in beiden ausgaben: 1) die verse, welche als
motto über der Einsiedlerzeitung vom 20 april 1808 stehen und
welche sich nach Pfaffs aussage bei Schwab nicht finden lassen
(s. 42 des ersten drucks; s. 49 bei Pfaff); 2) die von Schwab
im Stuttgarter Morgenblatt 1863 nr 34 nur teilweise veröffent-
lichten gedichte Die meinigen und Der kämpf der leidenschaft
(Köstlin s. xxxui); 3) die Hymne an die Unsterblichkeit der seele
(ebenda, Köstlin s. xxxni); sie ist nicht identisch mit der in Arthur
Muellers Modernen reliquien^ (Berlin 1845) i 311 ff wider abge-
druckten Hymne an die Unsterblichkeit, welche von Schwab viel-
leicht nur deshalb fortgelassen wurde, weil sie mit der späteren
Hymne an die göttin der harmonie (Schwab n 190 ff und Köstlin
33 ff) denselben eingang hat. 4) von den gedichten aus der zeit
des irrsinns die beiden letzten, welche Bettina Arnim in Ilius
Pamphilius und die Ambrosia (Berlin 1848) ii 383 f mitgeteilt hat.
5) einige verse, Der Zeitgeist betitelt (vgl. denselben titel bei Schwab
I 31 f, Köstlin 105), welche Hölderlin im mai 1843 JGFischer über-
reichte und welche dieser anlässlich der enthüllung des Hölderlin-
denkmals am 1 juli 1881 im Schwäbischen merkur veröffentlichte,
den namen Scardanelli, den sich Hölderlin hier im Wahnsinn bei-
legt, hat er auch unter die Höhere menschheit überschriebenen
verse gesetzt, welche Schwab ii 34 f zwar mit weglassung der
Unterschrift abgedruckt hat, die sich aber in Ilius Pamphilius
II 383 findet, aufzusuchen wäre das gedieht An die klugen rat-
geber, welchem schon Schwab (i s. viii) vergeblich nachspürte,
ob der aufsatz von Achim von Arnim im Berliner Conversations-
• daselbst s. 315ff auch die bei Schwab ii 175 — 228 gedruckten ge-
dichte in derselben reihenfolge, Patmos aber in rhythmischer prosa gedruckt.
206 HÖLDERLIN ED. KÖSTLIN
blatt 1828 (Ausflüge mit Hölderlin) die titel unbekannter gedichte
enthält, wie ich nach Arthur Mueller i s. x allerdings vermuten
muss, und ob der abdruck von Hölderlins Jugenddichtungen iu
der Zeitung liir die elegante weit, welchen Schwab kannte (s. x),
vollständig berücksichtigt ist, kann ich augenbhcklich nicht durch
eigene einsieht erkennen, ebenso wenig vvird aus dem vorwort
Köstlins (s. F) klar, ob das taschenbuch Flora vom jähre 1802
aufser dem einen von Köstlin mitgeteilten gedichte noch andere
ungedruckte enthält oder ob die übrigen schon gedruckt sind.
Überhaupt hat der herausgeber den leser weder in hezug
auf den inhalt seiner Sammlung noch in bezug auf die textbehand-
lung genügend orientiert, zwar glaubt er über die gesichtspuncte,
von welchen er bei seiner ausgäbe ausgieng, die 'hauptsache' in
der einleitung angegeben zu haben, aber 'der klarheit wegen'
hält er es doch für geraten oder geboten in dem vorwort fol-
gendes beizufügen: 'der text der gedichte ist zunächst gegeben
nach den ausgaben und sonstigen mitleilungen [dh. im Morgen-
blatt 1863 und bei Westermann 1871] von ChSchwab. zur ver-
gleichung wurden herbeigezogen teils die von Schwab in seiner
grofsen ausgäbe von 1846 angeführten ersten drucke in Zeit-
schriften und taschenbüchern, so weit ich solcher habhaft
werden konnte, teils hss. des dichlers selbst, gar vieles wäre,
aufser den in der einleitung stehenden bemerkungen, hier zu
sagen über die auf grund dieser quellen und hilfsmittel gemachten
Verbesserungen und Vervollständigungen, über die wähl unter den
vielfach sehr verschiedenen lesarten ; aber es wäre hierzu der ge-
eignete ort nur eine gelehrt kritische edition.' wir erfahren
weiter dass dr Vollmer dem herausgeber zahlreiche nachweisungen
von lesarten aus den ältesten drucken vieler lyrischen gedichte
gegeben und dass prof. dr HFischer ihn bei der benutzung
der autographen Hölderlins auf der öffentlichen bibliothek in
Stuttgart mit seinem rate unterstützt habe allgemeine
grundsätze werden nicht aufgestellt; da aber der recensent un-
möglich wissen kann, in wie weit der herausgeber der ersten
drucke in Zeitschriften und taschenbüchern, welche Schwab ver-
zeichnet, habhaft werden konnte, und in wie weit hss. benützt
werden , so muss er entweder die von Köstlin gemachten 'Ver-
besserungen und Vervollständigungen', welche zum teil erst im
druckfehlerverzeichnis als 'Varianten, conjecturen und Verbes-
serungen' aufgeführt sind, unterschreiben oder sich selber aus-
kunft holen, ich ziehe das lelztere vor, beschränke mich aber
auf eine auswahl.^
In dem gedieht Männerjubel (seile) 12, (zeile) 13 steht im
text und wir — o tönet, tönet dem jnbel nach; unter den Va-
' ausstattung und einrichtungr sind so primitiv als möglich, da auch
zeilenzähiung fehlt, setze ich dieselbe stillschweigend von seile zu seile
ein, wobei nur die verse gezählt, Überschriften und titel ignoriert werden.
HÖLDERLIN ED. KÖSTLLN 207
rianteu, coDJecturen und Verbesserungen (ii ableilung s. 188):
'12, 13 ist wol zu lesen: den'. — genau derselbe text bei Schwab
II 165, 13; und im drucklehler-verzeichnis (ii 353) die be-
richtigung. Köstlins conjectur beruht also aut Schwabs
druckfehlerverzeichnis. gleichwol halte Schwab im Morgenblatt
1863 den schluss des gedichtes nach einer hs. mitgeteilt, welche
die richtige lesart enthält.
16, 15 f und lacht, wenn ich geschmiegt an seinem hügel die
lebenden wangen trockne; ebenso bei Schwab ii 169, 3 nach der
hs. (i s. ix). Köstlin schlägt unter den Varianten vor, seinen zu
lesen, was richtig und ein bei Schwab nicht verbesserter druck-
fehler sein kann, aber nicht unumgänglich nötig ist, weil ge-
schmiegt für hingeschmiegt stehen und an seinem hügel von trockne
abhängen dart.
45 hymne an den genins der tugend lautet der titel richtig
bei Köstlin; lälsch ist jngend bei Schwab ii 206, der das richtige
im inhaltsverzeichnis und unter den druckfehlern hat.
49, 7 dem scheidenden; Varianten 'ist wol zu lesen: den
scheidenden'; man verlangt zu wissen, wie sich der erste druck
(Stäudhus Almanach 1793) zu dieser conjectur verhält, welche
notwendig in den text hätte aufgenommen werden müssen.
54, 1 ff hat schon Schwab (i 8 ff) etliche arge fehler des
ersten druckes in Schillers Thalia iv 6, 334 ff getilgt, unnötig war
die änderung 54, 12 voll übermuths, wie es in der Thaha heifst,
in: voll übermuth. 55,30 ist lange thale lediglich ein druckfehler
bei Schwab und Köstlin, welcher die ältere und allein richtige lesart
bange thale unter den Varianten anführt, ohne sich auf die auto-
rität des ersten druckes zu berufen; er hätte sie in den text ein-
setzen müssen.
56, 23 ist der druckfehler bei Schwab (i 3, 7) übermüthigen
statt übermächtigen , w ie es im ersten drucke in der Thalia heifst,
mit recht beseitigt worden, dagegen haben in dem gedieht Der
Wanderer (s. 67 ff) die älteren lesarten aus Schillers Hören 1797,
6 stück s. 69 ff keine beachtung gefunden: dort heifst es 67, 8
blickt' ; 67, 9 schattende wald; 2b hülse von schnee; 69, 5 empfängt.
dagegen ist 67, 29 ihm für ihr, und 69, 1 sich für sitzt druck-
fehler in den Hören, in dem folgenden gedichte Die eichbäume
lautet der vers 70, 1 wie im ersten drucke in den Hören 1797,
10 St. s. 101: keiner von euch ist noch in die schule der men-
schen gegangen (bei Schwab ilOl: keiner von euch ist noch in
der menschen schule gegangen), der unmittelbar darauf folgende
aber mit Schwab: und ihr drängt euch fröhlich und frei aus kräf-
tiger Wurzel, während der erste druck auch hier den besseren
versschluss hat: und ihr drängt euch fröhlich und frei aus der
kräftigen wurzel. An den aether: 71, 10 schreibt Köstlin mit
dem ersten drucke in Schillers Almanach auf 1798 haupte gegen
208 HÖLDERLIN ED. KÖSTLIN
Schwab I 102 kaupt und auch das einrücken der Zeilen am be-
ginne der abschnitte zeigt dass ihm der erste druck bekannt ist ;
dennoch behält er die fehlerhaften lesarten Schwabs in der mehr-
zahl der fälle bei: 70, 18 ist kein grund, nährst in nährest zu
verändern; 70,30 war ebenso wenig die lesart toiege des Alma-
nachs mit Schwab in iooge zu verändern , denn das wort ver-
langend im vorausgehenden verse zeigt an dass die fische mit
Wiegenkindern verglichen werden, welche nach der multer be-
gehren; 71,5 gibt gar keinen richtigen sinn, wenn man nicht
die lesart des ersten druckes hin und wieder und schioeift bei-
behält; 71, 28 hat im Almanach den besseren versschluss mit der
bläulichen woge, die in den Varianten zu dem gedichte Die hei-
malh vorgetragene conjectur 74, 5 Strand für ström hätte nicht
früher gemacht werden sollen, ehe nicht der erste druck ver-
glichen war; sie ist aber aller Wahrscheinlichkeit nach falsch:
denn Schwab, welcher ii 298 eine frühere fassung desselben ge-
dichtes mitteilt, hat auch hier ström, so wenig das wort in den
Zusammenhang zu passen scheint, zu dem gedichte Die Schlacht
oder der tod fürs Vaterland (vgl. Schwab i 32 f) hat Köstlin s. 106
die anfangsstrophe aus Hölderlins hs., die schlussstrophe aus dem
ersten drucke hinzugefügt (s. xliii).
Über das manuscript des gedichtes Heidelberg (Köstlin 1 14 f
und Schwab i 46 f) vgl. FVischer im Goethe-jahrb. iv 5 f. 125, 18
ist Köstlins conjectur frohe für fromme zu berücksichtigen ; Schwab
druckt nach dem manuscript: hat der herausgeber in Schwaben
keine künde erhalten können, wo sich die von Schwab benutzten
hss. derzeit befinden? 127, 14 verlangt das versmafs vieler fahreneti
anstatt des vielerfahrnen im ersten druck im Vermehrenschen Alma-
nach. das gedieht Der winter (Köstlin 129, Schwab i 40) steht
im Taschenbuch für das jähr 1805, der liebe und freundschaft ge-
widmet (s. 81 f) unter der Überschrift Vulkan; die Varianten sind:
129, 1 hi'dle, freundlicher feuergeist; 13 Mauren; 21 frömmer;
Tl f gehöret der / auch eigner sich, in demselben Taschenbuch
s. 80 f das gedieht An die holTnung (Köstlin 136 f, Schwab i 37 fj;
Varianten: 136, 24 schaudernde; 137, 3 herbsttag; 137, 8 die
blühenden sterne, glänzen; 137, lOff nicht, j ein geist der erde,
kommen, schröck', o / schröcke mit anderen nur das herz mir. die
lesarten des Taschenbuches zu den vier ersten Strophen sind ent-
schieden vorzuziehen; aber der letzte und vorletzte vers geben
keinen sinn, eine entscheidung über die lesarten ist unmöglich,
so lange man unsicher bleibt, ob dem texte in den Gedichten
ein manuscript des dichters zu gründe liegt oder ob Schwab und
Uhland an den letzten versen anstofs nahmen und auf eigene
faust änderten, unmöglich kann der dichter das schöne epilheton
die blühenden Sterne in die sicheren sterne verändert und ebenso
unmöglich den in den Gedichten verständlichen schluss unverständ-
lich gemacht haben, es ist also nicht einmal eine entscheidung
HÖLDERLIN ED. KÖSTLIN 209
erlaubt, welche fassung die ältere und welche die jüngere ist. in
dem gedichte Gesang des Deutschen (Köstlin 143) hat der heraus-
geber die 5 letzten der bei Schwab (t 35) abgedruckten Strophen
weggelassen, welche nach Schwabs späterem nachweis nicht zu
diesem gedichte gehören (s. xlix). das gedieht, welches beginnt
«MS stillem hause senden die götter oft (Schwab i 64 f, Kösllin
145 1) ist bei Schwab An die prinzessin Auguste, bei KöstHn
An die prinzessin Amalia überschrieben : vgl. darüber einleitung
s. L. zu der späteren lorm des gedichtes Diotima conjiciert
Köstlin 152, 10 freude lür freundscliaft, und diese conjectur wird
durch die frühere fassung 149, 2 unterstützt, dagegen scheint
<lie änderung von alters 152, 11 in alterns überflüssig, 149, 3 in
daseins ein lesefehler vorzuliegen, wie sich dazu der erste druck
in Neuffers Taschenbuch 1800 verhält, der Köstlin in Tübingen
(loch gewis zugänglich gewesen wäre, und der von Schwab s. x
citierte abdruck von Hölderlins Jugenddichtungen in der Zeitung
für die elegante weit 1829, wünscht man vergebens zu hören,
ohne handschriftlichen rückhalt oder einsieht in den ersten
druck entbehrt auch die conjectur zu 155, 17 fröhlichen statt
fürstlichen jeder Sicherheit. Köstlin s. 161 ist der titel (wie bei
Schwab I 91) unrichtig; es muss heifsen: Menons klagen um
Diotima; das richtige hat Schwab im inhaltsverzeichnis s. xiv und
unter demselben titel stehen die vier ersten klagen in Vermehrens
Musenalmanach für das jähr 1802 s. 33 ff, wo es im inhaltsver-
zeichnis s. 281 heifst: die folgenden elegien werden im nächsten
jahrgange erscheinen, bekanntlich ist kein folgender Jahrgang er-
schienen, aber noch derselbe Jahrgang enthält s. 163 unter der
Überschrift Elegie die 6 klage (sonst mir anders bekannt]). Va-
rianten: 162, 18 die mir damals so oft; 21 f (ihr vertrauten . . .
gesehn) fehlen; 163, 26 an seeligem; 28 Uiste (druckfehler); 31 f
fehlen; 164, 3 dass für wenn. Schwab bietet hier den besseren
und vollständigeren text nach der ersten aufläge der Gedichte,
von welcher er s. viii sagt: 'die erweiterungen dieser gedichte . . .
sind . . . aus den manuscripten geschöpft.' ebenso ist es mit
Griechenland bestellt (Köstlin s. 166 ff, Schwab i 6 f); der druck
in der Schillerschen Neuen Thalia iv bd,, 6 stück, s. 331 ff weist
zahlreiche Varianten auf, auch wurde später eine Strophe in der
mitte hinzugefügt. Köstlins text hält sich in der ersten hälfte
an die Thalia: 6, 2 Cephisus für Ilissus' in der späteren Um-
arbeitung, welche Schwab zu gründe legt; 166, 10 ströme für
fluthen; 166, 22 und dein haupt für deinen geist ; 166, 23 drückte
nicht für fühlte nicht; 167, 8 stolze für süfse; nur die druckfehler
der Thalia 166, 18 sangst und 166, 23 stumpfe schwüle sind mit
recht beseitigt worden, es folgt 167, 9 ff die in der Thalia fehlende
Strophe und von 167, 17 ab schliefst sich Köstlin ganz an Schwab
an, welcher von der Thalia nicht blofs in druckfehlern (167,21
nur für nun) abweicht: 167, 19 heifst es in der Thalia für das
210 HÖLDERLIN ED. KÜSTLLN
Volk; 20 gern der freude zähre; 25 Attika, die heldin; 28 steht
der kranich einsam trauetnd nun; 29 lächelnd kehrt der holde
frühling loieder; 32 \mter schult und dornen schlummern sie;
168, 6 dem lieben Griechenlande, das gedieht Sokrates und Alci-
biades (s. 168) weicht beträchtlich vom ersten druck in Schillers
Musenalmanach 1799 (s. 47) und dem damit übereinstimmenden
texte hei Schwah (s. 44; nur z. 2 gröfsers, z. 8 zu schönen im
Almanach) ab, ohne dass die einleitung sich auf eine andere
quelle oder ein manuscript bezöge, liegt dem Köstlinschen texte
ein manuscript zu gründe, so hat er jedesfalls 168, 14 jugend
aus tagend verlesen, wie in den früheren drucken steht. 169,3
in dem gedieht An unsre dichter (so im ersten druck) hat Köstlin
die richtige lesart siegt aus dem Schillerscben Almanach vom j.
1799 s. 209 widerhergestellt, welche Schwab in singt verschlimm-
bessert hatte; aber 169, 1 ist die falsche conjeetur auf gegen-
über der richtigen älteren lesart auch aus Schwab beibehalten
worden. 182, 1 ff bietet Köstlin die erweiterung des gedichtes
Stimme des Volkes in einer neuen fassung, welche der Flora von
1802 entnommen ist und von der bei Schwab i 28 ff gedruckten
bedeutend abweicht (s. lh).
Den Hyperion gibt der herausgeber mit recht in den beiden
erhaltenen fassungen: er schickt (zweite abteilung s. 3 ff) das
fragment aus Schillers Thalia voraus; auch hier verhält er sich
dem ersten drucke gegenüber eclectisch und nimmt die lesart des-
selben nach gutdünken oder belieben in seinen text auf oder
nicht, dieselben formen werden einmal mit dem älteren drucke
syncopiert, dann wider (auch wo die Thalia dieselbe syncopierte
form hat) zerdebnt gedruckt; sonst bieten die Varianten wenig
interesse. der roman selbst ist s. 27 ff nach der Originalausgabe
von 1797 und 1799 abgedruckt, von welchem der herausgeber
das von Hölderlin seiner Diotima gewidmete exemplar mit eigen-
händigen Verbesserungen des diehters benutzen konnte (s. F).
Nach dem gesagten können wir dem herausgeber freilich
nicht streitig machen , dass er den text Hölderlins an manchen
stellen verbessert hat. wir dürfen ihm aber auch den Vorwurf
nicht ersparen , dass er dabei unmethodisch und willkürlich zu
werke gegangen ist und mehr fehler stehen gelassen oder in den
text hineingebracht hat, als er aus demselben ausgemerzt hat.
dem Zufall hat er sich in bezug auf das zu berücksichtigende
material überlassen; dem zufall in bezug auf die auswahl der
lesarten. die methodelosigkeit oder uumethode zeigt sich be-
sonders in dem texte solcher gedichle, bei welchen ältere les-
arten einmal beachtet werden und dann wider nicht; und sie
feiert ihren höchsten triumph in dem gedichte Griechenland,
welches aus zwei verschiedenen redactiouen zusammengeslückt
ist. ohne umfangreiche recherchen nach den ersten drucken und
sorgfältige benutzung der noch vorhandenen manuscripte, vor
HÜLDERLI.V ED, KOSTLIN 211
allem aber ohne philologische melhode und genauigkeit wird der
text der Hölderlinschen gedichte nicht eingereniit werden , so
sehr er eine solche Behandlung nötig hätte, denn die schlechte
hs. des dichters und sein nicht immer leicht verständlicher ge-
dankengang haben vielen schaden gestiltet. eine kritische aus-
gäbe, welche ein schüler Sauers, Emil Petzold aus Lemberg, vor-
bereitet, wird nach dem gesagten jedermann willkommen sein,
von Sauer selbst wird das Archiv für litteraturgesch. in hoffentlich
nicht zu lerner zeit un gedruckte gedichte Hölderlins bringen.
Leicht das gröste verdienst der vorliegenden ausgäbe möchte
in der hier zum ersten male durchgetiihrten chronologischen an-
ordnung der gedichte liegen, da Hölderlin selbst seine gedichte
nie gesammelt und angeordnet hat, war die chronologische reihen-
iolge allerdings die wünschenswerteste, viele gedichte tragen bei
Schwab das jähr ihrer entstehung vor sich; bei anderen gibt
der nachweis der ersten drucke einen terminus ad quem; wider
andere sind durch den brietwechsel Hölderlins sicher zu datieren
oder werden durch die beziehung aut die lebensverhältnisse des
dichters fixiert: mit berücksichtigung dieser umstände scheint mir
Köstlin die chronologische anordnung richtig und zuverlässig
durchgeführt zu haben, auch dass die auf Diotima bezüglichen
gedichte aus der zeitlichen reihenfolge herausgenommen und als
gruppe zusammengestellt wurden, möchte ich nicht tadeln: nur
hätte meines erachtens diese gruppe nicht hinten nachgestellt,
sondern etwa unter dem jähre 1798 eingeschoben werden sollen,
die unter der Überschrift Hellas vereinigten und den schluss bil-
denden gedichte dagegen , welche keine abgeschlossene gruppe
bilden und mit den früheren gedichten oft im Inhalt zusammen-
treffen, wären wol besser der chronologischen folge an ort und
stelle eingefügt worden.
Prag 18. 12. 84. Mlnor.
Ysengrimus. herausgegeben und erklärt von Ernst Voigt. Halle a/S.,
buchhandlung des Waisenhauses, 18S4. cxlvi und 470 ss. 8°. — 8 m.*
Als vor mehr denn fünfzig jähren Mone das wichtige ge-
dieht von den abenteuern des wolies unter dem unpassenden
titel Reinardus vulpes herausgab, kannte er nur drei hss., die
beiden Lütticher (bei Voigt A und E) und die Pariser (bei Voigt B) ;
die letztere hatte er nicht selbst eingesehen, sondern benützte die
ziemlich flüchtige abschrift, welche JGrimm im frühjahr 1814 in
wenig mehr als drei wochen genommen hatte, die beigegebenen
anmerkungen enthielten wol manches zur erklärung des schwie-
rigen gedichtes dienliche, aber der grundirrtum seiner historischen
deutung drängte sich überall störend hervor, wer die jetzige
ausgäbe mit der früheren vergleicht, dem fällt alsbald der ge-
[* vgl. DLZ 1884 nr 40 (FSeiler). — Litteraturblatt für germ. und
rom. Philologie 1884 nr 12 (KWeiuhold).]
212 VOIGT YSENGRIMLS
waltige unterschied in die äugen: schon äufserlich, denn Mones
buch urafasst blofs vin und 336 seilen, und jeder blick]] ins
innere zeigt, wie nötig eine neue bearbeituug war und wie treu-
lich gelungen die vorliegende ist.
Das buch hätte keinen berufeneren herausgeber finden kön-
nen, als EVoigt, der sich durch seine beschäftigung mit der Ec-
basis und mit anderen denkmälern der tiersage in dies gebiet ein-
gelebt hat wie kaum ein anderer, die echte philologennatur,
die sich schon in den früheren, kleineren publicationen kund-
gab, fand hier ein arbeitsfeld voll der nianigfaltigsten aufgaben,
sie ist an ihnen gewachsen in einer rastlosen, zehnjährigen arbeit,
gewachsen an Sicherheit, an Scharfblick , an melhode, an unver-
drossenheit in Überwindung von Schwierigkeiten, schon das Ver-
hältnis der alten und der inzwischen entdeckten hss. zu be-
stimmen war eine lockende editorenaufgabe, die sich überdies
verflocht mit der frage nach den beziehungen zwischen unserem
gedieht und der kürzeren, von JGrimm herausgegebenen fassuug.
hatte Grimm diese letztere für die grundlage gehalten, auf und
aus welcher der Reinardus vulpes oder Ysengrimus erwuchs, so
wird jetzt mit überzeugenden gründen nachgewiesen dass sie viel-
mehr nichts anderes sei als ein Ysengrimus abbreviatus. Grimm
hat gröfsere irrtümer begangen als diesen; der starke zusatz von
phanlasie in seiner gründlichen gelehrtennatur machte ihn eben
zu dem bahnbrechenden genius, der im einzelnen fehlgreifen
durfte, weil er weite unbebaute gebiete erschloss, ungeahnte
entdeckte, der herbe ton, in welchem die polemik gegen ihn
geführt wird, berührt daher nicht angenehm; und ein seitenhieb
wie s. cxxxv, wo von dem 'freilich nicht im flug zu erhaschenden'
sinn einer stelle die rede ist, oder in anderem Zusammenhang
(s. 243 1) der ausdruck 'Grimm , der eine selbständige fabel da-
hinter wittert', liefert, je weniger Grimms gröfse davon berührt
wird, nur einen beweis für die selbstschätzung des Verfassers.
Das wichtigste und dankenswerteste, was die neue ausgäbe
bietet, ist der von grofser belesenheit und unermüdlichem Spür-
sinn zeugende commenlar, der zugleich einen überblick gewährt
über alles das, was an falschen und richtigen erkläningsversuchen
für das schwierige gedieht bisher geleistet worden ist, angefangen
von den glossen in der hs. D bis zum jüngsten gymnasialprogramm.
auf eine der angaben im glossar zu D sei gestattet hier aufmerksam
zu machen: effestucare wird 'flaminge' übersetzt mit hahnen et
plocken. das letztere scheint gleichbedeutend mit dem frz. rompre
(RA s. 127), das erstere drückt gleichsam festitcare aus. in einem
aufsatz über das haberfeldlreibon (Allg. zeitung 1882 nr 205)
halle ich auf ein deutsches dhalmen, effestncare geraten: hier
also wäre wenigstens das einfache halmen bezeugt.
Das meiste freilich blieb dem herausgeber selbst zu tun,
und er hat sich durch beibringung zahlreicher, oft weit entlegener
VOIGT ISENGRIMUS 213
belege das verdienst erworben, zum ersten mal ein volles Ver-
ständnis des gedichtes ermöglicht zu haben, dass er mitunter
eine auseinandersetzung mit einem tion liquet schliefsen muss,
das liegt in der natur der sache: ein satirisches werk, das von
anspielungen verschiedenster art wimmelt, muss notwendig stellen
enthalten, deren beziehung uns dunkel bleibt, um so mehr, da
unsere kenntnis des mittelalters noch immer weit mangelhafter
ist als die des altertums. so einleuchtend zb. die deutung des
dominus Blitero v 1 100 auf den klagedichter Blitero von Utrecht
ist, so fehlt doch noch zu völliger Sicherheit eine anderweitige
bestätigung; und da die endung ero in den selbstgeschaffeuen
namen Gutero, Gvulfero widerkehrt, so bleibt man versucht, auch
hier an eine ähnliche entstehung zu denken , etwa aus hlictor,
lictor, litor (s. Diefenbach s. v. pollinctor) : der tod a!s dürrer
träger des grabscheites ist allerdings erst später bezeugt, aber
bei solchen Zeugnissen spielt oft der zufall. in der erklärung
eines anderen namens, Rearidus (s. lxxvi f), hat ohne zweifei
Grimm richtiger gesehen als der herausgeber, der ihn von frz.
raire ableitet, dass das infinitiv-r mit in die bildung sollte hin-
eingezogen worden sein, ist einem so guten lateiner wie unserem
dichter nicht zuzutrauen; und wie eine ableitung von raire oder
reer etwa aussehen müste, kann die lesart Reandus in der hs.
B zeigen (vgl. den namen des Stiers Bruiant, RF s. ccxxxui;
sollte aus Reandus der deutsche name des hirsches, Randolt,
stammen?), wenn Diez einen Zusammenhang zwischen raire
und ahd. reran bestreitet, so ist dadurch ein solcher zwischen
ndl. reer en und Rearidtis nicht ausgeschlossen: m scheint, unter
benutzung der vor r leicht sich einstellenden Zweigipfligkeit des
accents, aus e, ee erwachsen, idus ist lateinische endung.
Auch graece allec loquitur iv 355 scheint einer anderen er-
klärung zu bedürfen, als zu der stelle versucht wird, graece
loqui ist 'welschen, kaudern' (vgl. DWB 5, 309 f und RF s. clvii).
dies undeutliche reden ist im schwäbischen benannt nach dem
brodeln des wassers, dem brotzeln des fleisches (Schmid Schwab,
wb. s. 91. 101; Tobler s. 79; vgl. DWB 2,396; ten Doorukaat-
Roolman s. v. prötjeti, prötteln usw. und die vorhergehenden
spalten), und ein solches brotzeln des (schmorenden) herings
scheint hier gemeint; vgl. das 'singen' der pfannen und kochenden
speisen (Grimm Kl. sehr. 5, 364) und den darauf beruhenden
aberglauben (Wolf Beitr. z. d. myth. 1, 207 nr29). Frisch erwähnt
das singen der spiefsruten und kugeln, bei Kiliaen steht pro-
telen murmurare und bullire; singhen canere, singheln f sengheln
uslulare (hochd. singen und sengen), gebratener bering ist dem
Sprichwort geläufig (s. Wander) und dient zum vergleiche (Zs.
4, 21); auch an den schwank darf erinnert werden vom quecken
hering, der Ä'icdcA* schreit , nachdem er das feuer gesehen (Germ.
13,76; vgl. Slrackerjan Oldenb. sag. 2,295). der sinn möchte
214 VOIGT YSE>GBIMUS
demnach sein: so wenig das brotzeln des herings ein singen ist
(wiewol das volk es so nennt), so wenig und ganz ent-
sprechend bei dem parallelen biga fritinnit; man sagt 'singen
wie ein spulrad, ein brunnenschwengel' (Wander s. v. singen).
Die deutung von vi 337 ist schwierig, das sieb, für welches
der bauer geboren wird, erinnert an dasjenige, worein man die
neugeborenen Schwaben setzt: Qnando Snevus nascüur Vel cnm
in cribro ponitnr, Dkü ei mater Simul atqne fater: Foramina quot
cribro Hoc ordine snnt miro, Tot terras circuire Bebes, sie vitam finire
(Stalin Wirt, gesch. 2,781 anm. 7; Germ. 6, 109). wie hier ein
alter gebrauch, über dessen sinn und Verbreitung uns Mannhardt
Mythologische torschungen s. 366 ff aufschluss gegeben hat,
scherzhalt ausgedeutet wird, so könnte es an unserer stelle sein,
das sieb (vgl. auch den calathns v 697 mit dem säekorb bei
Mannhardt aao.), worein das bauernkind gelegt wird, ist als
ominös autgelasst: der bauer ist tür ein leben mit dem sieb, dh.
mit ländhcher arbeit (deren segen ihm immer wider unter den
bänden zerrinnt?) bestimmt, auch in galastra ist irgend welches
Sinnbild eines harten lebens zu vermuten , sei es dass der dichter
es aus dem nämlichen anschauungsgebiet entlehnte wie das sieb,
sei es dass er über den bereich des Volksglaubens hinausgriff:
bei so weiten gränzbestimmungen aber ist mit einem ärra^ Xe-
yö(.ievov, dessen anklang an yäla ebenso wol zulällig als wesent-
lich sein und im letzteren lall auf der wähl des dichters wie
aul der Interpretation des Schreibers von x beruhen kann, wenig
genug anzufangen, auf ein nahrungsmittel (Diefenb. caleslra unter
caleptra und cnhjptra genus frugum, genus frugis) könnte der
gegensatz des folgenden pentameters weisen , und bei der sieb-
setzung spielen in der tat fruchte und backwerk eine symbolische
rolle (womit ferner zu vgl., was Ploss Das kind 1, 64; 65 ff; 75;
215 ff anführt); das süfse 'kindsfoot' Wolf Beitr. 1, 206; Bartsch
Meklenb. sag. 2, 50; Germ. 18, 1; Ploss 1, 216; Mnd. wb.
2, 464; Dähnert 227; Schütze 2, 256 liefse sich, in den beschei-
denen Verhältnissen des altertums gedacht, heranziehen als hin-
deutung auf die pQanzenkost, welche das leben des l»auern zu
einem beständigen fasten macht, auch an die anmiete (Ploss
1, 107) könnte mau denken; da nun calestra unter anderm auch
'Wespennest' heifst, das Wespennest aber im aberglauben neben
der glückshaube genannt wird (Wuttke- § 548), so wäre möglich
dass ein Wespennest zur wiegenausstattung gehörte und vom
dichter als Sinnbild des geplagten bauernlebens verwendet wäre,
sollte galastra, wie Voigt will, 'milcheimer' bedeuten, so stünde
es vielleicht als Sinnbild der frauenarbeit neben cribruni als dem
der männlichen, da aus der form des Wortes über die des ge-
läfses nichts zu entnehmen ist, so könnte galastra auch einen
weilling, eine milchschüssel meinen und wäre, mythologisch an-
geschen, nur ein anderer ausdruck iüvoibrnm, denn in Frank-
VOIGT YSENGRIMUS 215
reich ist das sieb durch die schiissel vertreleu (MaoDhardt aao.
s. 363). auszugehen aber hätten wir immer von dem sieb des
kindbeltgebrauchs; denn wollte der dichter aus eigener erfindung
Symbole harter arbeit und enlbehrung nennen, so wäre er wol
auf schlagendere verfallen als sieb und milchgeschirr.
Ein anderes dunkles wort ist culica v 27. mau könnte es
als eine an cuIex gelehnte improvisation für aculeus, dorn, hechel
hallen, wahrscheinhcher ist mir eine schon auf die älteste ab-
schritt zurückgehende Verlesung aus c^r', cult\ d.i.cultra, scher-
messer. ein stumpfes schermesser als höUisches folterinstrument
scheint ganz in das vorslellungsgebiet eines mönchischen poeten
zu fallen; dass es zum Zähneausziehen nicht passt, ist eine
empfehlung, denn die zahne sollen ja martervoll herausgebohrt
werden — also mit einem Werkzeug, das weder für die zahne
noch als bohrer sich eignet.
Die dextera naris v 1097 ist wol aus einer volksmeinung
zu deuten, mit dem herausgeber nehmen wir an, es sei auf die
trinklust der spielleute angespielt, ein englisches Sprichwort
sagt , that when a man's nose itcheth , it is a signe he shall drink
tc/ne (Wolf Beitr. 1, 247), und im holländischen heilst es: als de
neus jeukt , zal men drek ruiken of wijn drinken (Wander 3,950
nr 86). in Tirol: wem die nase heilst, trinkt gern (Zingerle
Sitten usw. s. 27). des wolfes nase juckt von den prügeln , die
er gekriegt hat , sie ist geschwollen (vgl. aspectu 1098), und dies
jucken wird mit dem Sprichwort als Vorahnung des prickelnden
weinduftes gefasst, wie sonst das jucken der haut auf schlage
deutet, das specialisierende dextera braucht nicht blofs poetischer
Zierat zu sein , sondern könnte das angenehme der erwartung
ausdrücken, ähnlich wie es in einer anderen interpretation des
nasenomens heifst: krabbelt es dich an der rechten seite der
nase, so bedeutet dies eine angenehme neuigkeit; an der linken,
so ist das gegenteil der fall (Witzschel Thür. sagen 2, 282; vgl.
in bezug auf band und ohr Liebrecht Zur Volkskunde s. 327).
Die stelle v 862 libros, vasa crucesque rotant mit der anm.
'als Schutzmittel gegen die bösen geister, die etwa bei dem stürme
die band im spiele haben' erinnert an den sturmgeist Beatrik,
der durch umstürzen der hausgeräte abgewehrt wird (Schneller
Märchen und sagen aus VVälschlirol s. 207), und an den brauch
der bauern bei Kremsmünster, welche während eines gewitters
Stühle und tische in den hofraum warfen, dass die füfse auf-
wärts stunden (Baumgarten Aus der volksmäfsigen Überlieferung
1, 65). rotare bedeutet nicht blofs 'schwingen', sondern auch
'werfen' und 'kugeln, vmmekeren'.
Über den heiligen Celebrant n 69 gibt die anm. ungenügende
auskunft. der wesentliche punct ist in der einleitung s. xcu
hervorgehoben, erwünscht wäre eine angäbe der litteratur, nament-
lich der einschlägigen aufsätze Köhlers in der Germ. 13, 399; 28,
A. F. D. A. XI. 16
216 VOIGT YSENGRIMÜS
9.512 gewesen. he'\ übt omnes defuerant testes liefse sich iii 652
da sine teste libens anziehen, vielleicht ist aber est data Roma
Petro einfach aui Mattb. 16, 16 ff zu deuten, und die mangelnden
testes erläutern sich aus caro et sanguis non revelavit tibi, er-
wägenswert scheint, ob nicht bei der combination des Celebrant
mit Petrus die anrede Jesu an diesen, 'Jonas söhn', mitgespielt
habe; denn Celebrant, Cetegrant ist der Jonasüsch, der sunder
alle mdsen in sich verslant Jondsen.
Crumera v 905 scheint eine (vielleicht dem Schreiber von x
zur last fallende) Vermischung von cumera mit crurnena, crumenta.
wie cellarinm, die Vorratskammer, im ma. sowol speisekaslea
als keller ausdrückt, so konnte cnmera, der kornkasten, das
'kornhüfshn' den sinn von keller annehmen.
Über -ve in 579 ist s. xliii in Übereinstimmung mit Moue
gesagt, es abundiere versfüllend, das ist doch bedenklich, und
ich möchte lieber das vorhergehende et im sinne von etiam
nehmen , also et . . . -ve = vel etiam : vera favore metuve tacens
et falsa loquensve, wer aus gunst oder furcht schweigt oder gar
lügt, schwerlich ve = vae: wer schweigt und (wehe!) lügt.
Die einleitung behandelt in acht abschnitten folgende gegen-
stände : beschreibung der hss. ; Verhältnis der hss. ; prosodie und
metrik; grammatik; stil ; der Inhalt; der dichter; Ysengrimus
abbreviatus. darauf folgt die in der jüngsten handschriftengruppe
überlieferte inhaltsangabe und auf einem besonderen blatte eine
schematische darstellung des handschriftenverhältnisses.
Dass der herausgeber in der mittelalterlichen tiersage ledig-
lich ein erzeiignis mönchischen witzes sieht, der antike fabeln
ausÄsop, Pbysiologus und Petrus Alphonsi mit einem in christ-
licher Symbolik geschulten äuge auffasste, ist nach dem gang,
den unsere wissenschaftliche erkenntnis genommen hat, ganz
natürlich, doch scheint mir in dieser frage das letzte wort noch
nicht gesprochen. Otto Keller, der eigentliche urheber der neuen
ansieht, hat in seiner gehaltvollen und besonnenen abhandlung
über die geschichte der griechischen fabel (Fleckeisens Jahrbücher,
suppl. 4) einen satz ausgesprochen (s. 322), an welchen zu erin-
nern gegenüber jener Zuspitzung auf rein gelehrten, klosterlichen
Ursprung erlaubt sein mag: 'der heerdienst und das lagerleben
muste die Deutschen im byzantinischen reich gerade am meisten
mit denjenigen Volksschichten in verkehr setzen , welche märchen
und fabeln fortzupflanzen am geeignetsten waren: ihr gesunder
sinn verschmähte nun zwar das unheimliche und gespenstige
dement, welches den östlichen wundergeschichten anhaftet; desto
begieriger aber mochten sie die ihrer natur verwandten Stoffe
der fabel sich aneignen, zumal da sie sicherlich schon einen
heimischen schätz von märchenhaften tierfabeln besafsen, in
welchen sich die entgegenkommende erzählung bequem und ge-
fällig wie von selber einreihte.' der eigentliche uährboden für
VOIGT YSENGRIMUS 217
die fremden fabeln war die heimische märchenfreude; und das
epische behagen , das die ma.lichen tiergedichte atmen , erklärt
sich nur aus der zuvor schon herschenden lust zu fabulieren, die
gewöhnt war, tiere als beiden der erzählung auftreten zu lassen.
und wenn etwa gar unter den fremden gasten solche waren,
deren gegenbilder man aus der heimischen Überlieferung kannte,
so bot die litterarische weihe, welche diesen hieraus zufloss,
einen anreiz mehr, den munteren ankömmlingen besondere auf-
merksamkeit zu schenken.
Wenn freilich Benfey recht hätte, dass unsere Volksmärchen
nichts als ein orientalischer iraport seien , dann würde uns die
berufung auf das märchen nichts hellen, allein in diese theorie
ist schon durch Mannhardt eine gefährliche bresche gelegt; und
wenn erst, was nicht mehr lang anstehen dürfte, der nachweis
erbracht ist, dass gerade die schönsten und wichtigsten märchen,
deren tierverwandlungen den keim für die eigentlichen tiermärchen
und fabeln abgeben mochten, aus der heimischen voikssage er-
wachsen sind , diese aber aus heimischen anschauungen sich er-
klärt, dann wird die geilung jener ansieht so weit eingeschränkt
sein , dass auch für das tiermärchen der mangel schriftlicher auf-
zeichnung in den ma.lichen litteraturen kein beweis des nichtvor-
handenseins mehr ist. jetzt schon scheint mir der satz, dass spe-
ciell die tierfabel ein ursprünglich indisches product sei, nicht über
alle anfechtung erhaben, derselbe stützt sich bekannter mafsen
vornehmlich auf den umstand, dass das Verhältnis des fuchses
zum löwen in der läbel sich nur erklärt aus dem naturgeschicht-
lichen Verhältnis zwischen schakal und löwen. schakale und
löwen gab es aber auch in Griechenland, und der Ursprung von
sagen, in welchen diese beiden auftreten, kann auf irgend einem
puncte der strecke zwischen Indien und Hellas stattgefunden
haben, auf welcher beide tiere neben einander vorkommen;
dieser puuct wird alsdann der nämliche gewesen sein, wo Inder
und Griechen noch ungetrennt beisammen safsen , die entstehung
der tierfabel kann in die Zeiten der Urgemeinschaft hinaufreichen,
dass später, als die getrennten Völker durch handelsverbindungen
wider in berührung zu einander traten, ein austausch der aus
gemeinsamem stolf entwickelten selbständigen gestaltungen statt-
fand, ist dadurch nicht ausgeschlossen.
Bedeutsam scheint dass fast nur die von Keller sogenannten
märchenfabeln zum beweise der indischen enllehnung taugen
(aao. s. 348). die griechische fabel knüpft demnach genau da
an, wo die indische, am tiermärchen (s. 313. 323. 350), und
wenn Keller die tiermärchen 'in sehr früher zeit auf indischem
boden' entstehen lässt, so wird, je höher wir das alter ansetzen,
desto dringender der beweis nötig, dass gerade der indische boden
die heimat der märchen sei. löwen und schakale lernte der Inder
nicht erst in Hindostan kennen , im gegenteil liegt dieses an der
16*
218 VOIGT YSEiNGRIMCS
gränze des Verbreitungsgebietes beider tiere. dazu halte man dass
nicht sowol die iabel, als vielmehr das tiermärchen seinen weg
von Indien ins abendland soll genommen haben (s. 335), und
andererseits dass s. 377 die äsopische fabel das natürliche pro-
duct und eigentum der niederen volksclassen genannt wird, denen
Äsop sie ablausclite: hiernach scheint es doch dass wir für die
entstehung der griechischen t'abel die indische Iabel nicht nötig
haben, und der kern der frage bleibt, ob das tiermärchen etwas
specifisch indisches war oder nicht, ist aber die möglichkeit
nicht zu läugnen dass dieses aus der zeit stamme, da Griechen
und Inder beisammen wohnten , so mögen auch die Germanen
einen ursprünglichen anteil daran gehabt haben, und als die äso-
pische tabel zu ihnen drang, fanden sie darin nicht etwas neues,
sondern ihrem eigenen besitze verwandtes, der umstand, dass
die tiergeschichten lilterarische hoffähigkeit zeigten, gab die losung,
die kinder- und volksgeschichten , welche sich vor den klassikern
verkrochen halten, wider hervorzuholen, von dem zusammen-
treffen eines litterarischen Vorbildes und eines mündlich umge-
tragenen märchenschatzes gieng der anstofs aus zur entwickelung
eines schritttums, das wir unter örtlichen bedingungen entstehen
sehen, welche statt einer übermannung des deutschen wesens
durch die lateinische bildung einen langsameren durchdringungs-
process begünstigten, das werden und wachsen desselben liegt
uns vor äugen und lässt keinen zweifei, dass wir es mit einer
neuschöpfung zu tun haben, deren klösterlicher character durch-
aus nicht in abrede zu stellen ist; spricht sich derselbe doch
deutlich genug in der Ecbasis aus, schon in der wähl der tier-
maske für den beiden (vgl. Germ. 18, 333: in monaslerio fratrum
pueiis bene legentihus et cantantibus inponitur jugum pro Jus qiii
ita non possunt ; ntiles vocamus vitnlos, minus capaces asellos;
obgleich der Verfasser als asellns eingesperrt ist, erhebt er den
anspruch vitulus d. i. utilis zu sein).
Auf dem titelblatt von Mones Reinardus vulpes steht 'editio
princeps, erster druck'; in anderem sinne, als erste würkliche,
vollgenügende ausgäbe, ist die vorliegende eine editio princeps.
ungern haben wir in derselben neben der neuen Zählung die an-
gäbe der Moneschen vermisst, auf welche sich doch seit einem
halben Jahrhundert die citate beziehen, es ist dadurch nur erreicht,
dass man auch ferner genötigt ist, die alte neben der neuen aus-
gäbe forlzulüliren , und der Übergang zum citieren nach Voigts
Zählung erschwert wird ; dass aber die letztere adoptiert werden
muss, ist bei den Vorzügen des Ysengrimus vor dem Reinardus
selbstverständlich.
München, december 1884. Ludwig Laistiner.
TRÖLTSCH FUNDSTATISTIK 219
Fundstatistik der vorröniischen metallzeit im Rheingebiete. von E. fieiherr
vTröltsch, königl. wQrttemb. major a. d. mit zahlreichen abbil-
dungen und 6 karten in farbendruck. Stuttgart, Ferdinand Enke,
1884. VI und 119 ss. 4«. — 15 m.
Das werk greift geographisch weiter aus als der titel ver-
muten lässt, denn es bezieht auch die obere Donau, die Rhone
und den Po herein, und die beigegebenen karten umlassen das
land zwischen den mündungen der Elbe, des Rheins, der Rhone,
des Arno und Inn, Frankreich und Italien bilden eine stehende
rubrik der übersichtstaleln. im osten ist, wenigstens bezüglich
der bronceperiode, die Weserlinie als gränze eingehalten, die-
selbe linie also, die MüllenhofT als westgränze der germanischen
ursitze und der alten bronce bezeichnet (Anz. vii 209). von den
drei prähistorischen altern sind die zwei jüngeren, das erz - und
eisenalter in betracht gezogen und geschieden in eine reine
broncezeit, eine ältere eisenzeit mit überwiegen der bronce (nach
den funden von Hallstatt im Salzkammergut Hallstatlperiode ge-
nannt) und eine jüngere eisenzeit (La-Teneperiode nach La Tene
am Neuenburger see); in nicht ganz deutlicher augliederung läuft
daneben eine altitalische broncezeit her. die typischen formen
der beiden eisenzeiten überschreiten jene durch die Weser, den
Thüringer und Böhmer wald gebildete gränze, und soweit die
karten nicht ausreichen, ist diese östliche und nördliche er-
streckung aus einer tabellarischen übersieht zu ersehen, die
hauptmasse des werkes bildet eine statistische Zusammenstellung
der fundorte bestimmter typen, durch eine anzahl columnen,
deren kopl die namen der landschaflen vom Ursprung bis zur
mündung des Rheins und zum schluss noch Frankreichs und
Italiens enthält, während in den spalten selbst die Ortsnamen
stehen, ist die Verbreitung jedes einzelnen typus anschaulich ge-
macht, den aufang machen die fibulae in 17 typen (darunter ein
aus dem norden versprengter einzeliund der broncezeit), dann
folgen verschiedene ringe, schmuck, gerate, waffen. die bronce-
und eisensachen sind durch abbildungen versinulicht, welche die
nomenclatur, so weit sie mangelt, ersetzen müssen, ein äufserst
zweckmäfsiges verfahren, welches misverständnisse ausschliefst
und das buch auch zur ersten einführung in die altertumskunde
eignet, wenigstens für solche, welche die einsilbige spräche eines
tabellenwerkes sich vernehmlich zu macheu wissen, in dieser
hinsieht wäre die brauchbarkeil des buches durch einige bogen
lext beträchtlich zu erhöhen, die abbildungen sind sauber aus-
geführt; hier und da möchte man die angäbe der natürlichen
gröfse wünschen, die Schmucksachen aus gold, silber, glas,
bernstein, die thonwaren und münzen sind summarischer und
ohne bilder behandelt, die sechs karten lassen die verkehrsbe-
ziehungen des Rheingebieles erkennen; vier davon stellen die
220 TRÖLTSCH FÜNDSTATISTIK
Verbreitung der fundstücke aus den erwähnten vier perioden dar,
eine liinlte, besonders lehrreiche die der gussstätten und massen-
fuude (nebst angäbe der vorrömischen Verkehrswege) und eine
sechste die der vorrömischen münzen, die Statistik umfasst weit
über 4000 fundorte. über sein verfahren lassen wir den verf.
selber reden, 'die fundangaben beruhen teils auf den eintragen
der vorstände von über SO Sammlungen in versandte Iragebogen
mit den hier enthaltenen abbilduugen, teils auf den angaben
mehrerer zuverlässiger werke (s. litteratur s. vi), sowie auf den
eigenen Studien des verf.s bei dem besuche von ca. 50 nuiseen
des deutschen und aufserdeutschen Rheingebiets.' an autopsie
fehlt es ihm also nicht: absolute Vollständigkeit ist nicht ange-
strebt und war auch nicht zu verbürgen, da die brauchbarkeit
der iragebogen von der mufse und dem entgegenkommen der
beantworter allzu sehr abhängig ist. an lücken wird es mithin
nicht fehlen, und zu ihrer ergänzung ladet die typographische au-
ordnung ein, auch scheint die papierausstattung daraul berechnet,
das buch für handschriftliche eintrage tauglich zu machen, aber
als erster versuch einer antiquarischen geographie ist die augen-
scheinlich mit liebe und Sorgfalt unternommene arbeit willkommen
zu heifsen. ihren vollen wert können jedoch die gewonnenen
ergebnisse erst dann haben, wenn durch die mitarbeit anderer
länder erstlich der gesammte Verbreitungsbezirk der hier nach-
gewiesenen typen festgestellt wird und zweitens in ähnlicher be-
handlung das gebiet der nordischen formensprache daneben ge-
halten werden kann.
Ludwig Laistner.
Die Verwaltungslehre, die innere Verwaltung, zweites liauptgebiet. das
bildungswesen. dritter teil, erstes lieft, die zeit bis zum neun-
zehnten Jahrhundert, von Lorenz von Stein. Stuttgart, Cotta, 1884.
XI und 530 ss. 8°. — 10 m.
Dies buch bildet den dritten abschnitt der darstellung des
bildungswesens, welches seinerseits nur eine abteilung von Steins
vielbändigem System der Verwaltungslehre ausmacht, schon zwei
frühere bände handelten über das bildungswesen. der erste
(teil V des Werkes) über das elementar- und berufsbildungswesen,
der zweite (teil vij über das bildungswesen des mittelalters, Scho-
lastik, Universitäten, humanisinus. beide sind schon in zweiter
aufläge erschienen, der vorliegende teil umfasst die zeit von der
reformation bis zur gegen wart. s. 3 — 34 werden die geistigen
factoren der neueren geschichte erörtert; s. 34—245 enthalten
den ersten abschnitt der pcriode, den St. bis zum dreifsigjährigen
kriege reichen lässt, s. 245 bis zum schluss die zweite hallte des
17 jhs. und das achtzehnte, in jedem dieser beiden abschnitte
STEIN DAS BILDUNGSWESEN 221
wird erst die entwickelung der europäischen bildung und dann
das bildungswesen und seine entwickelung geschildert, die glie-
derung des Stoffes erfolgt nach ländern und nach Sachen, s. 81 bis
147 bespricht St. die Universitäten und zwar der reihe nach die
von Italien, Frankreich, England und Deutschland, dann s. 147 bis
227 das vorbildungswesen (gymnasien), hierauf s. 227 — 245 das
Volksbildungswesen, ähnlich ist die folgende periode eingeteilt.
Deutschland wird dabei mit gröfserer ausführlichkeit behandelt,
welche aber St. für sachlich begründet erachtet.
Ich könnte mir vorstellen dass jemand dies buch über-
schwenglich lobt, dass er sich schlechtweg der bewundern ng hin-
gibt über die fülle der darin enthaltenen anregenden gedanken.
ich könnte mir aber noch leichter das gegenteil denken, dass
nämlich jemand es rücksichtslos tadelt und blofs tadelt, gar nichts
gutes darin finden mag. denn es wird vielen geradezu unerträg-
lich sein , mehr reflexionen über die Sachen als die sachen selbst
zu erhalten, der verf. hat mit seinen werken diese erfahrung
schon öfter gemacht, und mit beziehung auf solche recensenten
sagt er s. 176: 'es ist für unsere gegenwart im höchsten grade
bezeichnend dass, wenn jemand in den würklichen tatsachen der
geschichte einen logisch nachweisbaren , aber freilich nur durch
klares denken versländlichen causalzusammenhang sieht, man das
ganze mit der bemerkung abzutuu weifs, es sei das 'Hegeische
Philosophie.' wann werden unsere kritiker aufhören, sich durch
solche kategorien ein armutszeugnis über ihr Verständnis der ge-
schichte der Philosophie auszustellen, oder vielmehr wann werden
sie, wie es uns unsere wahrhaft grofsen philosophen Kant, Fichte
und Hegel gelehrt haben, wider auf dem gebiete der mensch-
lichen geschichte nachdenken, statt sich mit der bequemen be-
obachtung und den einfachen tatsachen zu begnügen.' es wäre
gewis falsch, wollte man St.s buch mit einer solchen phrase ab-
tun, der verf. hat sich eine bedeutende aufgäbe gestellt und
hat sie mit viel geist und echt humaner gesinnung behandelt, er
schildert den gang der europäischen bildung von 1500 — 1800,
er characterisiert die bildungsanstalten, welche dieselbe hervor-
gerufen hat; jede tatsache, die er aus dieser entwickelung her-
aushebt, vveifs er in das licht eines grofsen geschichtlichen zu-
sam.menhangs und allgemeiner erwägung zu stellen, darin liegt
die stärke, aber darin auch die schwäche des buchs. es ist würk-
lich gefahr vorhanden, dass mancher sachverständige und gar nicht
denkfaule leser es nach der lectüre einiger seilen als 'Hegelei'
bei seile legt. St. hält kein mafs in dem streben, die treibenden
gedanken der entwickelung aufzudecken, das geschehene wird
als das beabsichtigte dargestellt und die Ursache einer richtung in
einem oder einigen momenten gesucht, die wol mitwürklen, neben
denen aber auch andere würksam waren, dadurch wird St. ferner
in der beobachtung des tatsächlichen gestört und seine allgemeinen
222 STEIN DAS BILDUNGSWESEN
urteile sind keineswegs immer das ergebnis der Sammlung und
Sichtung des vollständigen materials, sondern oll nur gedanken,
welche dem geistreichen vert. bei der erwägung von einzelheiten
zuströmen, endlich sind die talsachen selbst, welche das System
tragen, nicht so ausgewählt, dass man der übrigen entraten könnte,
sind vielmehr nicht einmal alle tatsächlich, so heifst es s. 4 'in
der zeit der antike tritt uns ein absolut freies lehrwesen ent-
gegen'; 'im tielen unterschiede von der gesammten alten weit be-
ginnt sie (die Karolingische monarchie) damit, die bildung aller
Völker als eine wesentliche aufgäbe des Staates hinzustellen.' Cur-
tius Griechische geschichte i 409 zeigt dagegen dass in Griechen-
land die ausbildung der Jugend 'nicht der willkür der einzelnen
häuser anheimgestellt war, sondern vom Staate geordnet und ge-
fördert wurde.' für das republikanische Rom genügt die erin-
nerung an die ausweisung der griechischen philosophen im jähre
161 vor Chr., für die kaiserzeit der hinweis auf den erlass kaiser
Julians, welcher den christlichen professoren untersagte, die alten
classiker zu erklären, und auf die Verordnungen der titel de me-
dicis et professoribus und de studiis liberalibus Urbis Romae im
Codex Theodosianus.
Ähnlich steht es mit behauptungen anderer categorie. so
wenn s. 52 gesagt wird, Amerika habe zwar baumwolle und brod,
aber keinen einzigen gedanken nach Europa zurückzubringen ver-
mocht, schon die zahlreichen erfindungen, die kühne anwendung
der electricität usw. sollte vor solchem Europäerhochmut warneu.
vor allem aber die erinnerung an die Vollendung und erste durch-
jührung der vollkommenen religionsfreiheit, an geister und herzen
wie Washington und Benjamin PVanklin, an die litterarischen er-
folge von Schriftstellern wie Bret Hart, der nationalöconom Carey,
der reisende Stanley.
Weiterhin (s. 415 ff) redet St. auslührlich von dem grofsen
verdienst des staatsrechtslehrers Christof Besold. 'er ist der erste,
der hier (in der citierten schrifl) das bildungswesen wissenschaft-
lich behandelte : Edncatio nt cnrae sit imperanti cum primis ne-
cessarium esse videtur. wie tief ist der unterschied dieser auf-
fassung von der des katholicismus!' zunächst ist das citat un-
geschickt, aus diesem satz ergibt sich gar nichts, was den Besold
auszeichnet, das gleiche haben viele vor ihm gesagt, sodann
aber, wenn mit diesem satz der gegensatz evangelischer staatsauf-
lassung gegenüber der katholischen gekennzeichnet werden soll,
so übersieht St. dass Besold zwar von geburt Protestant war,
später aber zum katholicismus übertrat und ein gefährlicher gegner
des Protestantismus wurde.
Nicht besser ist die behauptung s. 98, die deutschen reichs-
tagsabschiede seien 'das vorbild der grofsen systematischen Ver-
waltungsgesetzgebung' der französischen monarchie seit 1550, oder
dass es in England während des 18jhs. 'so gut wie gar keine
STEIN DAS BILDUNGSWESEN 223
regieruDg' gegeben habe s. 368 und noch einmal s. 371. schon
die erinnerung an die herschalt der testacte oder an die gesetz-
gebung über die gewerkvereine hätte einen solchen aussprach ver-
bieten müssen, aber St. will die Zurückhaltung des englischen
Staats gegenüber den bilduugsanstalten erklären und stellt des-
wegen die umfassendere characteristik auf, der englische Staat
habe sich jeder tätigkeit in inneren angelegenheiten entschlagen.
Sehr glücklich weifs St. die wechselwürkung der euro-
päischen bildung und der nationalen factoren zu schildern und
mit besonderer energie betont er den einfluss der reformation.
so s. 522 : 'es ist nicht zu bezweifeln dass alle diejenigen länder,
in welchen das römische kirchentum noch in seiner mittelalter-
lichen ganzen kraft besteht, das ist die ganze romanische hälfte
von Europa, auch mit dem 18 jh. zu dem begriff eines der staat-
lichen regierung eingefügten Unterrichtswesens überhaupt nicht
gelangen kann. Frankreich, Italien, Spanien, Portugal behalten
auch am ende dieses jhs. mit ihrer alleinherschenden römischen
kirche das bildungswesen des mittelalters.' die formulierung des
Satzes zeigt jedoch wider den wunden punct des buchs. ob das
Unterrichtswesen Frankreichs usw. im 18 jh. noch die form des
mittelalters hatte, ist eine tatsache, die objectiv festgestellt oder
verneint werden kann und nicht in form eines Schlusses hinge-
stellt werden sollte, diese form verleitet aber auch sofort, jene be-
Lauptung zu umfassend zu gestalten, denn Frankreich besafs, wie
in dem buche s. 95 fr selbst ausgeführt ist, ansehnliche anfange
eines staatlichen Unterrichtswesens, s. 100 heifst es: 'während
die Deutschen kaum noch eine Vorstellung von dem regale majus
eines katholischen laudesherrn haben, eine Universität zu errichten
ohne eine päpstüche bulle, und die evangelischen landesherrn es
tun, ohne es als ein formelles recht zu fordern,' ist in Frankreich
'jede Universität rechtlich eine königliche ansialt geworden.' diese
anschauung soll von Frankreich nach Deutschland gedrungen und
'von mafsgebendem einfluss namentlich auf das deutsche univer-
sitätsrecht des 17 und 18 jhs. geworden' sein.
Am besten wird man das buch benutzen , wenn man von
zeit zu zeit den einen oder anderen abschnitt liest und sich zwar
durch denselben anregen lässt aber zugleich dessen behaup-
tungen prüft.
Strafsburg. * G. Kaufmann.
224 PAÜLSEN GESCHICHTE DES GELEHRTEN UNTERRICHTS
Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen schulen und Univer-
sitäten vom ausgange des mittelalters bis zur gegenwart. mit be-
sonderer rücksicht auf den klassischen Unterricht, von Fbiedrich
Paulsen, Leipzig, Veit & comp., 18S5. xvi und 811 ss. 8**. —
16 m.*
Paulsens Geschichte des gelehrten Unterrichts ruht auf aus-
gebreiteten, wenn auch nicht gleichmäfsig tief eindringenden
forschlingen , ist mit geist geschrieben und weifs eine fülle
disparaten Stoffes übersichtlich zu bewältigen, wer das buch
nicht blofs flüchtig in die band nimmt und sich auch nicht ab-
stofsen lässt, wenn er auf abschnitte trifft, in denen er selbst
besser unterrichtet ist als der autor, oder solche, in denen die
schwächen der methode des autors zu tage treten — der wird
sich gefördert fühlen, auch wenn er wie referent gegner der
forderungen ist, mit denen P. schliefst, und der auffassungen be-
deutender personen und richtungen, durch welche P. diese
forderungen stützt.
P. will keine geschichte der höheren schulen und Univer-
sitäten geben, sondern nur die des gelehrten Unterrichts an den-
selben, er bringt allerdings mancherlei material über methoden,
Stellung der lehrer, einvvürkung der controlierenden behörden
usw. — aber es sind doch mehr nur gelegentliche mitteilungen.
die unvollständige ausbildung des beamtencharacters der lehrer,
namentlich der attribute, welche die lehrer ähnlich wie die richter
zu einer eigenen kategorie unter den beamten gestalten, das ver-
Ordnungswesen, die Instructionen, welche das Verhältnis des direc-
tors zu der behörde, der lehrer zu dem director regeln, dies und
was dem verwandt ist wird nicht oder nur gelegentlich berührt,
diese dinge beherschen aber den weg des Vollzugs, der in der
Verwaltung mindestens ebenso wichtig ist, als die allgemeinen
normen und principien , die oftmals nur um so lauter verkündet
werden je weniger sie herschen. und was noch wichtiger ist:
von diesen Ordnungen hängt es vorzugsweise ab, in welchem
geiste, mit welcher frische und Zuversicht die lehrer unterrichten,
auch die geschichte der methode und der disciplin kann man bei
P. nicht verfolgen, weder der kämpf der grammaliken, noch der
Wechsel der methode, die bald den Unterricht auf das 'Übungs-
buch' basieren, bald jedes Übungsbuch verwerfen will, wird ge-
schildert, noch die Veränderung in der zucht, der allmähliche
sieg einer doctrinären pedanterie, welche möglichen misbrauch
verhindern wollte und das notwendige beseitigte, davon hängt
aber die geistige kraft der Jugend wesentlich ab.
Auch bezüglich des inhalts des Unterrichts findet noch eine
beschränkung statt: nicht alle zweige des Unterrichts werden be-
handelt, sondern im wesentlichen nur der Unterricht in den clas-
[* vgl. DLZ18S5 nrT) (GVoigt). — Litt, centralbi. 1885 nr 6. — All-
gemeine zeilung 1885 nrTT beil. (ThZiegler), dagegen nr 100 beil. (FPaulsen).]
PAL'LSEN GESCHICHTE DES GELEHRTEN UNTERRICHTS 225
sischen sprachen, aber was in dieser bescbränkiing begriffen
wird, ist etwas sebr wichtiges, die classischen Studien haben von
je her den mafsgebenden teil des höheren Unterrichts gebildet, und
das abwechselnde vordringen und zurückweichen der humanisti-
schen teodenzen unserer bildung ist in so energischer weise wol
noch niemals zur anschauung gebracht worden, dadurch wird
aber auf alle seilen der entwickelung unseres Schulwesens oft
überraschendes licht verbreitet.
P. gliedert den stoff in drei bücher 1) 1500—1600, das Zeit-
alter des humanismus und der kirchenreformation. 2) 1600 — 1805,
die Stellung der classischen Studien im Zeitalter des rationalismus
und pietismus, s. 300—513. 3) die zeit des neuen humanismus,
s. 513 — 782, dieser letzte abschnitt behandelt die auffassung des
classischen altertums, welche in der zeit unserer classischen dichter
herschend wurde und ihre glänzende Vertretung durch die grofsen
Philologen fand, vor allem durch FAWolf, sodann die neugestaltung
tles höheren Schulwesens auf grundlage dieser anschauungen und
die angriffe, welche etwa seit 1840 teils von kirchlichen eiferern,
teils von Seiten der bedürfnisse des modernen lebens gegen diese
Ordnung gemacht worden sind, dieses letzte buch ist das wich-
tigste, nicht blofs deshalb, weil der gegenständ unmittelbar prac-
tisches interesse hat, sondern weil die beiden früheren bücher
von anderem abgesehen nicht mit derjenigen objectivität ge-
schrieben sind, die aus der allseitigen beherschung des stofFs
hervorgehen muss. bezeichnend ist dass P. nicht zu einem festen
urteil darüber gelangt ist, ob er in dem auftreten des humanismus
und seinem siege über die Scholastik einen fortschritt begrüfsen
oder einen rückschritt beklagen soll. P. ist ein Vertreter der ireien
forschung — da scheint es selbstverständlich dass er die be-
strebungen anerkenne, welche die Studien von dem zwange der
kirche befreiten — aber seine moderne geringschätzung der be-
strebungen der humanisten macht ihn geneigt, auch ihre histo-
rische bedeutung zu unterschätzen und der reaction zu folgen, die
in der beurteilung dieser zeiten platz zu greifen begonnen und
in Janssens Deutscher geschichte ihren radicalsten ausdruck ge-
funden hat. dieser schildert die zeit um die wende des 15 und
16jhs. als die blute der Wissenschaft und der kirche, obwol da-
mals die verweltlichten päpste , cardinäle und bischöfe die innere
fäulnis der kirche aller weit offenbar machten. VVimpfling, Conrad
Celtes, selbst Reuchlin bis zu dem Cölner streit erhalten noch
lob. das verderben beginnt ihm dann mit Erasmus und seiner
scharfen kritik kirchlicher personen und zustände. P. dagegen
will Erasmus noch preisen und erst die Hütten und genossen
verwerfen, da ist Janssens position, so unhaltbar sie ist, noch
leichter zu verteidigen als die von P. P. entwirft in folge dessen
von dem humanismus nur ein verzerrtes bild. die schwächen
sind einseitig hervorgekehrt, freilich waren unter den huma-
226 PAULSEN GESCHICHTE DES GELEHRTEN UNTERRICHTS
nisten viel fahrende gesellen und die lasten der zeit, welche sogar
am hofe des papstes blühten, blieben diesen leuten nicht fremd,
dazu die ewige geldnot, die bettelei, die sich hinter grofsen
phrasen schlecht verbirgt — aber unter all dem erdenjammer be-
wahrten sie die begeisterung für ihre ideale oder besser gesagt
für ihren idealen träum, als könnten sie die spräche und die
poesie der alteo inmitten der neuen zeit und der barbarischen
weit wider aufleben lassen, und diese begeisterung war so nach-
haltig, dass sie zuletzt siegte, in weit umfassenderem mafse siegte,
als man hätte erwarten können, es ist jetzt mode, die Scholastik
zu preisen, und es ist richtig dass sie lange genug von der Un-
kenntnis geschmäht worden ist. aber man soll ihre Verdienste
anerkennen und den geist ihrer hervorragenden männer bewun-
dern, ohne die tatsache zu verkennen, dass sie der masse der
sich zu den Wissenschaften drängenden knaben und Jünglinge
schlechtweg unverdauliche nahrung bot. diese klage hat Johannes
von Salesbury im 12 jh. und manch frommer mann wie Wimpfling
um 1500 erhoben, hiermit muste aufgeräumt werden, und das
hat der humanismus getan im bunde mit der reformation. die
erfolge dieser reform liegen zu tage, um 1500 verstanden in
Deutschland nur einzelne gelehrte griechisch — in den seit 1524
eingerichteten protestantischen gymnasien bildete es einen regel-
mäfsigen unterrichlsgegeustand. mit der gründung dieser an-
stalten gieng gleichzeitig die andere forderung der von Janssen
und Paulsen verherlichten älteren humanisten in erfüUung, die
ausscheidung des knabenunterrichts aus der Universität, statt
diese grofsen erfolge in den mittelpunct der darstellung zu rücken,
zählt P. auf, wie die Universitäten in der zeit der reformatori-
schen bewegung zurückgegangen seien: das sind sie, aber nach
wenigen jähren erhoben sie sich in verbesserter gestalt. der zeit-
weilige rürkgang ist doch leicht erklärlich bei so furchtbarer er-
schütterung aller Ordnung in Staat, kirche und gesellschaft. man
vergesse doch nicht dass neben der wissenschaftlichen und kirch-
lichen revolution auch eine revolution auf dem gebiet des rechts
und der gesellschalt und endlich eine grofse politische revolution
durchgekämpft wurde, das wird von P. nicht zur anschauung
gebracht, dagegen belegt er seine ansieht mit den klagen Me-
lanchthons über den rückgang der Studien, dann kann man aus
der vorrede Jacob Grimms zur Geschichte der deutschen spräche
auch schliefsen dass die germanistischen Studien im niedergang
waren, als Lachmann, Haupt, Müllenhoff, Waitz usw. sie anfallen
gebieten bereicherten. P. kann auch nicht begreifen, was Hütten
und Luther zusammenführte, äufserliclie tactik soll es gewesen
sein, das ist eine starke verkennung. so verschieden diese män-
ner waren, sie waren träger einer und derselben gewaltigen zeit-
strömung. — protest hätte ich ferner zu erheben gegen die urteile,
die über mittelalterliche Verhältnisse fallen, diese liegen P. offen-
PAÜLSEN GESCHICHTE DES GELEHRTEN UiNTEURICHTS 227
bar lern. s. 9 heifst es zb., die Italiener hätten bis zum 14 jb.
vergessen, dass sie nachkommen der Römer seien und nicht der
Juden, bekannte lalsachen wie die briete der römischen gemeinde
an Konrad in, die nationale färbung des kamples gegen die
Stauler, die gedichte, in denen der kämpf Gregors vii mit dem
siege des Marius und Caesar über die barbaren verglichen ward
— sollten vor so paradoxen aussprüchen warnen, man muss
mit kritischem geiste lesen, sonst wird die geistreiche darstellung
und die bisweilen mit gelährlichem geschick getroffene auswahl
des Stoffs und der citate irre führen.
Das letzte buch zeigt das bild einer gährung, die darum
nicht weniger trübe ist, wenn redegewandte männer die jeweilig
bestehenden einrichtungen durch bestechende theorien zu recht-
fertigen verstanden, eine richlung hat doch die andere scharf
genug zu kritisieren gewust. man lese die klagen des alten Ilgen
über Portas Vergewaltigung durch die reformen unter Job. Schulze,
dann das selbstbewustsein dieser richtung, dann die angriffe der
Rumpel und Eilers, dann die neuesten Wechsel. 6ine lehre aber
bricht durch diese gescbichte aller orten durch: dass der ärgste
feind einer gesunden enlwickelung die bUreaukratische gewalt-
tätigkeit ist. nicht ohne beschämung wird man die mishandlung
eines mannes wie Ludw. Giesebrecht lesen — würde es nur zur
Warnung gelesen, aber energische naturen werden immer dem
wahne verfallen, als könnten sie andere menschen schlechtweg
zu Werkzeugen ihrer meinungen und absiebten benutzen, auf
dem gebiete des Unterrichts ist das unmöglich, und der versuch
schädigt gerade die wichtigsten aufgaben der schule am stärksten.
Der historischen darstellung folgt s. 745 ein capilel über
die entWickelung der realschule in Preufsen, welches die unklare
und schwankende haltung der öffentlichen meinung wie der be-
hörden dieser Schöpfung gegenüber nachweist, und endlich s. 755 bis
784 eine Schlussbetrachtung, in welcher der autor seine idee von
der notwendigen reform der höheren schulen entwickelt, die
forderungen, die er hier aufstellt, sind durch die historische dar-
stellung nicht begründet, geben sich auch nicht dafür aus — nur
das glaubt P. bewiesen zu haben, dass das gelühl des Unbehagens
mit dem zustande der gymnasien nicht wegzuläugnen sei, und
die quelle davon findet er in dem vergeblichen bemühen, die
hauptkraft auf die beschäfligung mit den alten sprachen zu ver-
wenden, seine darstellung erweckt diesen eindruck entschieden,
aber nicht mit der kraft einer objectiven darstellung. die ge-
danken der scblussbetrachtung werden deshalb nur durch ihr
eigenes gewicht würken. es sind darunter nun sehr beachtens-
werte gedanken, die auch dadurch nichts verlieren, dass sie hier
nicht zum ersten male auftreten, sie sind doch ergebnisse selbstän-
digen denkens und in glücklicher form. P. stellt keinen ausge-
arbeiteten lehrplan auf, aber er gibt die grundzüge seiner ideal-
228 PAULSEiN GESCHICHTE DES GELEHRTEN UNTERRICHTS
schule, (las griechische soll facultativ werden, die frei werdende
krall soll aber nicht ulililaristischen richtungen dienen, sondern
einer erweiteruug des deutschen und der philosophischen Pro-
pädeutik zugewiesen werden, die nolwendigkeit einer solchen
Propädeutik wird unzweüelhaft mit jedem jähre ein dringenderes
bedürfnis. hunderte von abiturienten eilen zu ihren fachsludien,
ohne von der philosophie nur irgend etwas kennen zu lernen,
es sei denn eine gelegentliche notiz etwa über eine lächerliche
behauptung der einst herschenden nalurphilosophie, mit der in
irgend einer exaclen Vorlesung der stoll' pikant gemacht wird.
es ist gewis ein sehr nutzloses beginnen, den grofsartigen unter-
bau der classischen bildung aufzulühren, um eine so banausische
spitze daraul zu setzen, aber das banausische treiben würde durch
beseitigung des griechischen noch ganz anders zur herschatt
kommen, die griechisch-römische kultur bildet die eine grofse
quelle unserer modernen kultur, wer wissenschaftlich arbeiten
will, kann der bekanntschaft mit ihr nicht entraten. wol haben
bedeutende männer ohne solche kenntnis ungemeines geleistet —
aber die schule wird ja nicht für einzelne hervorragende geister
eingerichtet, sie zeigt den weg, der die regel bilden muss.
Auch laboriert unser gymnasium gar nicht am griechischen
— sondern der grund der überbürdung einerseits und der mangel-
haften, den grofsen anstrengungen nicht entsprechenden leistungen
andererseits ist in umständen zu suchen, die mit der geschicht-
lichen entwickelung unserer gymuasien zusammenhängen und die
über kurz oder lang beseitigt werden müssen, vor allem : wir trei-
ben neben einander, was nach einander gelrieben werden muss.
das lernen der allen sprachen beginnt, ehe die elementaren kennt-
nisse und ferligkeiten fest sitzen, in den mittleren und oberen
classen hängen diese mängel den schülern das bleigewicht an,
nötigen den lehrer, wider und wider zurückzugreifen, und stellen
die schule blofs, sobald schüler der mittleren gymnasialclassen
bei aufnähme in präparaudenanslalten usw. mit Zöglingen guter
Volksschulen zusammen geprüft werden. zu den gyranasien
sollten nur diejenigen zugelassen werden, welche eine bürger-
schule mit gutem erfolge durchlaufen haben und im deutschen,
rechnen, in religion, geschichte und geographie den nötigen Vor-
rat von kenntnissen und ferligkeiten besilzen. wer das bis zum
zwölften jähre nicht erreicht, der bleibe bis zum dreizehnten und
vierzehnten, besinnt er sich unterdessen, dass er besser tue, mit
den allen sprachen nicht mehr anzufangen, sondern eine fach-
schule zu besuchen, so ist das in den meisten fällen ein gewinn
für ihn selbst und für das gymnasium.
So vorbereitete schüler werden auf dem gymnasium in 7 jähren
eine gründliche durchbildung erfahren ohne jede überbürdung,
wenn , was bei Sicherheit in den elementaren kenntnissen mög-
lich ist, die hauptkraft den drei fächern lalein, griechisch und
PAÜLSEN GESCHICHTE DES GELEHRTEN UNTERRICHTS 229
mathemalik zugewendet wird, dazu sind zwei änderungen des
bisherigen lehrplans nötig. l)die neueren sprachen dürlen nicht
in der dem lateinischen Unterricht nachgebildeten grammalischen
methode behandelt, sondern müssen als lertigkeiten gelehrt wer-
den. 2) es muss ausgesprochen werden dass deutsch, religion und
geschichte überwiegend der anregung dienen, nicht dem examen-
lertigen wissen, der stoff wird in der classe durchgearbeitet,
bildet den gegenständ der iibung im begreilen und (mündlichen
oder schriftlichen) reproducieren. zu lernen ist nur ein kleiner
eiserner bestand ; es ist eine blofse teuschung, wenn man glaubt,
die reiche fülle des malerials, welche in einem gediegenen Unter-
richt im deutscheu, in der geschichte und in der religion dem
Schüler zugeführt und mit ihm geistig verarbeitet wird , könnte
von ihm auch nur annähernd so präsent gehalten werden, wie
das von dem im Unterricht der alten sprachen und der malhe-
matik gebotenen mit recht gefordert wird, man beseitige den
druck, der durch diesen falschen schein und die damit zusammen-
hängenden anforderungen erzeugt wird, der gewinn dieser stunden
wird nicht geringer sein — hängt er ja doch fast ausschliefslich
davon ab, ob der lehrer mit geist unterrichtet — und die häus-
liche arbeit unserer schüler kann sich auf die drei fächer latein,
griechisch und mathemalik in einer weise concentrieren, die allen
bedürfnissen entspricht.
Es ist hier nicht der ort, alles dies näher auszuführen, ich
habe es an anderer stelle getan, nur soviel noch einmal: man kann
die übelstände und das hin- und herschwanken unserer höheren
schulen anerkennen — man mag es, wie referent, als eine Vergeu-
dung grofser mittel und eine gefährdung vieler Jünglinge betrachten,
dass jetzt so mancher bis zum 21 und 22 jähre die Schulbank
drückt, der niemals etwas in freierer wissenschaftlicher weise be-
handeln wird: aber nicht in dem griechischen liegt die quelle
des Übels, sondern — abgesehen von dem berechtigungsunwesen
— darin, dass wir so vielerlei gleichzeitig und mit dem gleichen
zielpunct betreiben, darin vor allem, dass an allen sprachen 'for-
male bildung' gewonnen werden soll, statt uns damit zu begnügen
dass das latein den grammatischen knecht in völlig ausreichender
weise stellt.
Strafsburg i. E. . G. Käüfmanis.
Litterat CRNOTiZEN.
gp-
KGAndresen, Konkurrenzen in der erklärung der deutschen ge
schlechtsnamen. Heilbronn, gebrüder Henninger, 1883. 144 ss.
8^. 3 m. — an dieser ebenso sorgfältig, wie es in A.s früheren
230 LITTERATÜRNOTIZEN
büchern geschah, abwägenden arbeit sind insbesondere wertvoll
die beiden ersten capitel: 'concurrenzen innerhalb der einzel-
namen' und 'concurrenzen zwischen einzelnamen und beinamen.'
denn hier sucht der vert. durch eine reihe methodischer salze,
welche er autstellt, für die entscheidung zwischen verschiedenen
möglichen deutungen namentlich zwei gesichtspuncte Zugewinnen:
den grad der geläufigkeit, den die namen im altertum besafsen,
und die frage nach der entsprechenderen erklärung. auch die
lautliche seite wird nicht vernachlässigt, die angenommenen Ver-
änderungen werden durch möglichst reichliche beispiele gestützt
und die Verschiedenheit des lautwandels in den verschiedenen
dialecten wird gebürend berücksichtigt, dass man au einzelnen
aufstellungen noch zweifeln kann, tut nichts zur sache, die grund-
sätze sind richtig und wir werden auf dem wege weiter kommen,
wenn unser material reicher geworden, wenn namentlich die
jüngeren Urkunden ausgebeutet werden und uns namenbücher
nicht blofs von slädten sondern auch von dorfschaften vorliegen,
natürlich denke ich hier nur an Stoffsammlungen, nicht an jene
vom verf. richtig characterisierten arbeilen, welche rasch mit den
abgeschmacktesten deutungen zur band sind, für eine etwaige
zweite aufläge wünschte ich eine durchsichtigere anordnung. der
verf. scheint diesen mangel selbst gefühlt zu haben, indem er das iu-
haltsverzeichnis detaillierter gliederte, aber das genügt nicht, man
niuss jetzt, um das buch mit nutzen zu lesen, den gang der dar-
stellung erst auf einem blatte sich selbst versinnlichen, die mühe
sollte uns der verf. in zukunft ersparen, er würde zugleich dabei
finden dass, um einen parallelismus in den abhandlungen hervor-
zubringen, einige Umstellungen notwendig sein dürften, auch
möchte ich bei der aulstellung von stammen und Zuweisung alter
namen an diese noch etwas vorsichtiger zu w^erke gehen.
Jos. Strobl.
Die gotische l)ibel des Vulfila nebst der Skeireins, dem kaleuder und
den Urkunden herausgegeben von EBernhardt. textabdruck mit
angäbe der handschriftlichen lesarten nebst glossar (Sammlung
germanistischer hillsmitlel für den practischen Studienzweck iii).
Halle a/S., Waisenhaus, 1S84. vi und 334 ss. 8"^. 3 m. — der
text weicht von dem in des verf.s gröfserer ausgäbe nur an
wenigen stellen ab, die in der vorrede verzeichnet sind (lies dort
daga statt dagis). dem glossar (s. 219 — 334) darf mau das lob
einer schätzenswerten arbeil nicht vorenlhallen: die bcdeutungen
werden knapp und geschickt angegeben, bei zweifelhaften und be-
lehrenden dingen auclulie citate nicht gespart; die Vorgänger wer-
den besonders nach der seile überboten, dass ein gut teil der syntax
hinein gearbeitet isl, man vergleiche zb. den arlikel ei. nicht für
glücklich halte ich es dass die composila von unbeleglcn simplicibus
unter dem alphabetisch ersten compositum behandelt werden, man
verlässl die rein alphabetische Ordnung doch nur, um das etymo-
LITTERATÜRNOTIZEN 231
logisch zusammengehörige auch möglichst beisammen zu haben;
dieser zweck wird aber hier teilweise vereitelt, warum soll *lairan
in D (bei distairan) stehen? *gildayi ist unter fragildan in F
von gild in G getrennt; gahveilan findet sich in H, die ahleitung
gahveüains aber in G; warum ufargudja nicht bei gudja? die an
sich berechtigte vorsieht betrefis unbelegter oder zweideutiger
formen wird etwas weit getrieben, wenn zb. der nomiu. bloma
nur zweifelnd angesetzt, wenn noch immer die möglichkeit eines
genit. gups eingeräumt, gaitein nur fragend als deminutiv von
gaüs bezeichnet, oder wenn, skeptisch in einem anderen sinne,
für raihts 'gerecht' garaihts, für slauhts slahts conjiciert wird, bei
dieser Skepsis muss man sich wundern, ohne jedes bedenken
baitrs (nicht haitrs) und den infin. von faiflokun als flekan (nicht
flokan) angesetzt zu finden, den etymologischen andeutungen
wird man nicht überall zustimmen, bei disvinpjan ist das sonst
befolgte princip der bedeutungsangabe verlassen , es heifst doch
'auseinanderworfeln' und hat den sinn von 'zermalmen, vernichten'
nur wie gr. li>if.iäv an der betretlenden stelle, skaftjan sik wird
illustriert durch mhd. schaffen, mnl. scheppen in Verbindungen,
wie sich schaffen an die vart, hem te stride scheppen. bei gredon
und ingardja sind die bedeutungen vergessen, sonst bemerkte ich
druckfehler unter ei (z. 14 \. pishvah), plapja, saivs, skapuls, viko.
Das buch, in der bekannten hübschen ausstattung dieser
Sammlung, darf mit bestem rechte in die concurrenz eintreten.
J. Franck.
Litterarische korrespondenz des paedagogen Friedrich Eberhard von
Rochow mit seinen freunden, neu herausgegeben und vermehrt
von dr FJoNAS. Berlin, LOehmigkes verlag (RAppelius), 1884.
XXX und 274 ss. S'^. 4 m. — die briefe dieser correspondenz
sind nicht blofs für die geschichte der pädagogik von wert, ins-
besondere für die geschichte der entwickelung des Schulwesens
in Preufsen, sie interessieren, da Rochow mit männern wie Gel-
iert , Gleim , Basedow ua. im briefwechsel stand , auch den lit-
terarhistoriker, dem sie manchen aufschluss über den character
der aufklärungsperiode gewähren. R. selbst präsentiert sich in
ihnen mit seinen grofsen Vorzügen und kleinen schwächen als
ein wahrhaft typischer Vertreter dieser epoche.
Die neue ausgäbe unterscheidet sich. von der durch R. selbst
besorgten — abgesehen von der chronologischen anordnung der
briefe gegenüber der früheren alphabetischen — durch einen Zu-
wachs von beinahe 100 briefen, von denen viele, wie die an und
von Gleim , die an Nicolai , bisher ungedruckt waren, von den
letzteren sind einige nur unbedeutende billets, andere aber für
uns bemerkenswert, so diejenigen, welche R.s urteil über den
Sebaldus Nothanker (br. 25. 46. 62) und über die Freuden des
jungen Werthers enthalten (br. 38). R. steht ganz auf selten
Nicolais, unsere Jünglinge , schreibt er, sind alle vergoethet , ver-
A. F. n. A. XI. 17
232 LITTERATÜRNOTIZEN
herdert, verwielandet etc. noch ehe sie bärtig werden, wohl dem,
der die kur übernimmt.
Eine biographische einleituog gibt über das leben R.s unil
den character seiner pädagogischen würksamkeit auskunlt. dann
folgt ein Verzeichnis seiner zahlreichen und sehr verstreuten schrit-
ten, etwas dürftige anmerkungen erläutern den Inhalt der briefe.
Berlin. 0. Piviower.
Thomas Sergeant Prrry, From Opitz to Lessing: a study of pseudo-
classicism in literature. Boston, JROsgood and Company, 1885.
VI und 207 ss. 8^'. — man wird dies buch, wenn es auch keine
einzige tatsächliche bereicherung unserer kenntnisse bietet, nicht
ohne nutzen aus der band legen, denn es berücksichtigt stärker
als das bei uns zu geschehen pflegt die analoge entwickeluug der
ausländischen, namentlich der englischen litteratur, zieht manche
frappante parallele und unterhält durch seine vielen drastischen
vergleiche, die behandlung Lessings, der als der letzte Vertreter
des pseudoclassicism im gegensatz zu dem mit Herder beginnenden
romanticism betrachtet wird, nimmt fast die hälfte der schrift ein;
dem gegenüber kommt die frühere entwickelung entschieden zu
kurz, in den deutschen citaten stören häufige druckfehler.
Hubert Roetteken, Der zusammengesetzte satz bei Berthold von
Regensburg, ein beitrag zur mittelhochdeutschen synlax, Quellen
und forschungen liii. Strafsburg, Trübner, 1884. xi und 124 ss.
8^. 2,50 m, — wir haben hier eine recht tüchtige erstlings-
arbeit vor uns. die vielfachen Schwierigkeiten, mit denen heute
noch syntactische Untersuchungen zu kämpfen haben, hinderten
den verf. nicht, ein anschauliches bild von der syntax des zu-
sammengesetzten Satzes bei Berthold zu entwerfen, und ich meine
dass man unter Zugrundelegung der anordnung Erdmanns (die
der verf. freilich an einigen puncten glücklich abgeändert hat)
nicht viel mehr wird gewinnen können, nur gröfsere Vollstän-
digkeit hätte ich gewünscht, zwar alle fälle verzeichnet zu finden
wird kein einsichtiger verlangen; aber R. operiert doch zu viel
mit 'häufig' und 'selten', er hätte, da seine Sammlungen gewis
vollständig waren, wenigstens angeben sollen, wie oft sich der
eine oder der andere fall vorfindet, wenn wir auch zur zeit
noch zufrieden sind zu erfahren , was 'häufig' und was 'selten'
ist, später einmal wird doch die syutax statistisches material
brauchen, gleichzeitig würde dann R. einen dankenswerten bei-
trag zur kenntnis des Bertholdischen Stiles geliefert haben, syntax
und Stilistik sind freilich verschiedene dinge: aber wenn wir er-
fahren, welcher syntactisch möglichen fälle sich ein Schriftsteller
bedient und wie oft er die einzelnen anwendet, haben wir be-
reits eine frage des Stils gelöst. — der verf. verabsäumt nicht,
wo es ihm möglich ist, auf verwandte arbeiten zu verweisen, auf
die OErdmanns, MErbes, OBehaghels, HDiltmars, RHoltheuers,
LToblers, LBocks; seltener nennt er Paul, dessen Mhd. gram-
LITTERATURNOTIZEN 233'
matik io zweiter aufläge ihm erst nach ahschiuss seiner arbeit
zukam, wir vermissen daher auch den hinlergrund nicht, so
weit er wenigstens mit heutigen mittein herzustellen war. manches
hätten ihm, da er über weitere eigene Sammlungen nicht zu ver-
fügen scheint, unsere Wörterbücher geboten, zb. zu § 194, wo
er nur aus dem altsächsischen eine parallele beibringt, während
solche, abgesehen von den ferner liegenden ags. und altn., auch
im mhd. nicht fehlen. Joseph Strobl.
Oswald Zm-CERLE, Über eine haudschrift des Passionals und Buches
der märtyrer. aus dem Jahrgang 1883 der Sitzungsberichte der
phll. -bist, classe der kais. academie der Wissenschaften (band cv
heft I s. 3(T). Wien, Gerold in comm., 1883. 110 ss. 8°. — die
vorliegende Untersuchung knüpft an an eine bisher unbekannte
um 1400 für Jörg von Gufidaun geschriebene hs. (B) der bischöf-
lichen Seminarbibliothek zu Brixen, die sich als lortsetzung einer
für denselben herren angefertigten und ebenda aufbewahrten hs.
des alten Passionals (über diese s. IVZingerle Zs. f. deutsche phi-
lologie 6, 13 ff) erweist, auf ein md. gedieht Vom advenl Christi,
'welches im auftrage einer uns schon aus der mittelalterlichen
lilteratur bekannten dame' verfasst ist und von Zingerle später
veröffentlicht werden soll (s. 34), folgt der prolog zum dritten
teil des Passionals mit einer anzahl der sich ihm anschliefsenden
legenden (an stelle des Silvester ist Basilius eingereiht; auf SSe-
bastian folgt in Verwechselung mit Martha martyr, (19 jan.) SMar-
tha, die im vollständigen Passional erst nach SMargarela steht;
die legende von Johannes elemos. fehlt ganz) bis zum SGregorius,
in dessen vita der Passionaltext plötzlich (Köpke 203, 24) abbricht,
um von da an als ersatz eine mit SAmbrosius beginnende fort-
selzung aus dem Buche der märtyrer zu geben, scharfsinnig führt
Z. den nachweis, dass der Schreiber diese Verbindung beider werke
schon in der vorläge vorfand, die von ähnlicher äulserlicher be-
schaffenheit wie B gewesen zu sein scheint, mit dieser ergäuzung
aus dem Buche der märtyrer begnügte sich aber der Schreiber
nicht, es sind von anfaug an die geschichlen jener heiligen,
welche das Passional nicht kennt, an den stellen eingeschoben,
welche ihnen der kalendarischen anordnung gemäfs zukommen
und zwar die legenden von den ^ unschuldigen kindern, von SHi-
larius, SPolicarpus, SBrigitta. dagegen blieben im Buch der mär-
tyrer abgesehen von einigen Umstellungen zunächst jene legenden
fort, welche schon dem Passionaltexte entnommen waren — nur
SRemigius ist widerholt — , sodann fehlen auch jene heiligen,
die bereits in der Brixener hs. des alten Passionals berücksichtigt
waren, was sonst noch B gegenüber der Klosterneuburger hs. (C)
an viten aus dem Buche der märtyrer abgeht, ist nicht viel: im
allgemeinen darf man sagen dass die vorläge unserer hs. an reich-
haltigkeit der hs. C, neben der B selbständigen wert besitzt, un-
gefähr gleichkam, am schluss der abhandlung werden aus dem
17*
234 LITTER ATÜRNOTIZEN
Buche der märlyrer die legenden Von sand hylario, Ton sand
Breide, Von der Maria egyptiaca vnd Zosma, Von sand Maria
Magdalena (vgl. Germ. 20, 445) nach B mitgeteilt, um eine ver-
gleichung mit den texten verschiedener hss. zu ermöglichen, die
von Lambel edierten bruchstiicke des Passionais und des Buchs
der märtyrer (Mitteilungen des Vereins für gesch. der Deutschen,
in Böhmen xxn nr 1) konnte ich leider nicht einsehen.
Eingehender betasst sich Z. mit dem ersten teil von B, den
parlien aus dem Passional. s. 7 — 34 werden aus den Varianten,
insbesondere den leselehlern und dem lautslande von B Schlüsse
auf die beschaffenheit der vorläge gezogen, recht lehrreich und
von nutzen für die texlkritik überhaupt ist Z.s versuch einer
systematischen behandlung der lesefehler in B, mit deren hilfe
wir uns eine Vorstellung vom schriftcharacter der vorläge macheu
können, voreiligen oder zu weit gehenden folgerungen aus
einzelnen weniger häufig sich widerholenden fehlem ist bei der-
artigen beobachtungen in dem umfassenden material, das hier
schon die Untersuchung einer einzigen hs. ergibt, eine gränze
gesetzt: nur viele belege für einen und denselben fehler (wider-
holte Verwechselung von bestimmten lautzeichen) können beweis-
kräftig sein, eine gröfsere anzahl solcher, die principien der ent-
stellung ins äuge fassenden einzeluntcrsuchungen, bei denen die
Selbstbeobachtung nicht aufser acht zu lassen wäre, würde schliefs-
lich zu einer methodischen behandlung der entstehungsgeschichte
der Schreibfehler in unseren hss. führen und wäre gewis ein
lohnendes und dankbares thema. zu den entstellungen des texles
durch das äuge des abschreibers, das durchaus nicht immer jeden
buchstaben aufnimmt, vielmehr oft nur das wortbild streift, nur
einen totaleindruck desselben empfängt, gelegentlich sogar ganz
abirrt, gesellen sich, um nur einiges anzuführen, andere durch
das ohr hervorgerufene, in dem falle, dass dem Schreiber in die
feder dicliert wird, oder auch entstellungen aus misversländnis
der vorläge, also falscher gedankenoperation, oder durch untreues
gedächlnis, wenn der Schreiber etwa gleich eine ganze verszeile,
einen ganzen satz aufgefasst hat.
Aber auch der geschmack und das selbständige kritische
verfahren des Schreibers spielen bei der textveränderung eine
wesentliche rolle, derartige Umgestaltungen sind immer beab-
sichtigt, während entstellungen, wie die eben besprochenen, meist
unbeabsichtigt sind, hervorgegangen aus physischer, gelegentlich
auch psychischer Störung des schreibenden Individuums, solche
beabsichtigte Veränderungen, die also vom standpuncte des Schrei-
bers immer Verbesserungen sein wollen , kommen in Z.s abschnitt
'textgestallung in B' (Verhältnis dieser hs. zur K(önigsberger) und
S(trafsburger) des Passionais) s. 34 0" vielfach zur spräche, bald
ist es das sell)stbewustsein des Schreibers — zwischen dem Schreiber
von B und dem der vorläge zu unterscheiden ist auch in diesem
LITTERATURNOTIZEN 235
abschnitt Z.s bemühen — , der das eigene 'ich' gern hervorhebt, bald
gilt es scheinbare liicken zu ergänzen (interpoiationen), eine ganze
verszeile durch eine vermeintlich bessere zu ersetzen, zwei in
eine zusammen zu ziehen oder noch stärkere kürzungen vorzu-
nehmen, äuderungen, tiir die eine erklärung nicht immer mit
Sicherheit zu finden ist. oder aber der Schreiber ändert, um das
Verständnis zu erleichtern , setzt an stelle des poetischen Wortes
einen prosaischeren ausdruck, anstatt der redeweise des dichlers
die ihm geläutige usw. sehr wichtig sind die wandelungen, die
Sprachgebrauch und metrik auf dem wege vom original zu den
abschriften durchmachen: ältere worte werden durch jüngere ver-
drängt oder es herscht ein nebeneinander von ausdrücken in ver-
schiedener form, präfixe, suffixe, partikeln erfahren abänderungen,
auf dem gebiete der metrik werden die fehlenden Senkungen er-
gänzt, für alles dies bieten Z.s Zusammenstellungen reichliche
und sorgfältig ausgewählte belege, es wäre zu wünschen dass
gerade nach dieser ein allgemeineres Interesse beanspruchenden
seile hin Z.s abhaudlung anregend würkte (vgl. ähnliche Samm-
lungen schon in Lichtensteins Zur kritik des prosaromans Tri-
strant und Isalde). selbst texte untergeordnetsten ranges hinsicht-
lich ihres Inhaltes oder poetischen wertes könnten so durch mehr-
fache hsliche erhaltung für die Sprachgeschichte wichtiges material
liefern. Philipp Strauch.
Briefe vo.n Jacob l>d Wilhelm Grimm a.n Karl Mllle.nhoff.
In MüUenhoffs nachlasse haben sich 12hn'efe der brüder Grimm
vorgefunden, zehn derselben werden hier mit erlaubnis der frau
geheimrätin Fernande Alüllenhoff zu Darmstadt unverkürzt mit-
geteilt; von dem elften (nr 7) habe ich einige zeilen, den zwölften
(nr 9, von Jacob geschrieben am 2 sept. 1849) hingegen ganz unter-
drückt, da darin urteile über noch lebende vorkommen, welche ver-
letzen könnten. sämmtUche briefe sind mit lateinischen buchslaben,
nr 1. 3. 4. 6. 7. 8 auf quartbogen, die übrigen auf octavbogen ge-
schrieben, ein par noten bibliographischer natur fügte ich zur be-
quemlichkeit des lesers bei. . St.
1.
Hochgeehrter herr Doctor,
aus Ihrem brief vom 10 Nov., der erst in diesem monat in meine
bände gekommen ist, habe ich mit vergnügen j gesehen dafs Sie
an der bibliothek zu Kiel eine feste Stellung erhalten haben:
möge sie Ihren wissenschaftlichen | arbeiten und ihrer neigung
für die erforschung des deutschen alterlhums forderlich sein,
was Sie mir von Ihrer [ Sammlung noch jetzt lebender sagen
mittheilen habe ich mit besonderer theiluahme gelesen: hier ist
1236 liniEFE V0> JACOB VSh WILHELM GRIMM A.N KARL MÜLLE.MIOFF
nocli I manches schätzbare zu entdecken und der nachweit zu
erhalten, wie oft hat sich daraus schon unerwartete | aufklärung
ergeben, hat man nur erst band angelegt, und läfst die aul-
merksamkeit nicht einschlummern, | so wächst die Sammlung
schneller als man glaubt, ich habe das selbst an den haus-
märchen ertahreu, deren | neue eben lertig gewordene ausgäbe
ich wieder bedeutend habe vermehren können, auch die deut-
schen sagen | werden, wenn es zu einer neuen ausgäbe kommt,
einen beträchtlichen Zuwachs erhalten, dafs Sie dort zugleich j
sagen von der see und dem schilferleben auffafsen können ist
ein besonderer gewinn, mein bruder | erkennt Ihr gütiges an-
erbieten , ihm das bisher gesammelte zu der neuen ausgäbe der
mythologie 1 mitzutheilen, mit dank an: er ist mitten in der
arbeit, und es würde ihm daher sehr lieb sein wenn | Sie (I
ausgestrichen) ihm Ihren vorrat, auf kurze zeit, gleich anvertrauen
wollten.
Mit dem versuch das echte in dem Gudrunliede von den
Zusätzen zu unterscheiden haben Sie sich eine | der schwierig-
sten autgaben gestellt, es gibt Strophen, von denen ich über-
zeugt bin dafs sie unecht sind, andere | bei denen ich zweifele,
noch andere, bei welchen dieser zweilel wächst, es sind sehr
mühsame Untersuchungen | nölhig, wenn man der sache einiger-
mafsen auf den grund kommen will, z. b. ob es Wörter gibt, die
nur I in den verdächtigen Strophen vorkommen, ich habe arbeiten
dieser art schon begonnen, doch wieder zurück-|gelegt, theils
weil sie einen zu grofsen aufwand von zeit erfordern, theils weil
ich immer noch die hoffnung | hege dafs eine ältere und befsere
handschrift des gedichts zum Vorschein kommt, welche mit Einem
schlag I eine menge von fragen beantworten könnte, au welchen
wir uns, wie die sachen stehen, gegenwärtig abmühen | und zwar
mit dem unbehaglichen gefühl, sie befriedigend nicht auflösen
zu können, indessen ist auch | (s.'2) die hypothese von mehreren
Überarbeitern in der ausgäbe von Ettmüller dazwischen gekommen,
ich fälle I kein urtheil darüber, weil ich selbst noch nicht im
reinen bin, auch Ettmüller seine gründe nicht \ näher angegeben
hat, man also nicht weifs welche Wahrnehmungen ihn dazu be-
wogen haben: [ aber (de ansgestn'chen) der eiudruck im allge-
meinen hat mich nicht günstig dafür gestimmt. Prof Lachmann |
halte vor einigen tagen Ihre Sendung noch nicht empfangen.
Bei meiner Vorlesung im j. 1841 hatte ich die absieht geist
und Inhalt des gedichts , so wie es vorliegt, | deutlich zu machen,
da mir nächst dem Nibelungelied keins passender schien den
geist des deutschen | alterthums darzustellen, oft konnte ich nicht
mehr als Vermutungen über den text vortragen, | die, wie sich
von selbst versteht, für die bekannlmachung und den druck
weder bcstin)mt noch | geeignet waren, im vorigen sommer 1842,
wo ich abermals über Gudrun (h ausgestrichen) gelesen habe, |
BRIEFE VON JACOB U>D WILHELM GRIMM A> KARL MÖLLEMIOFF 237
war ich nicht mehr gezwungen mich der elenden Ziemanuischeo
ausgäbe zu bedienen , und glaube | noch manches glücklicher und
richtiger getroffen zu haben.
Auch über Ihre Untersuchung der sage kann ich Ihnen ein
eigentliches urtheil nicht ver-|sprechen. ich habe auch hier nicht
abgeschlofsen, und diesen gegenständ wieder aufzunehmen | werde
ich durch andere, weit abliegende arbeiten, die meine zeit und
kräfte auf längere zeit | in anspruch nehmen, gegenwärtig ver-
hindert, eine noch nicht festgestellte ansieht zu äufsern | wider-
strebt mir. was sich aus den Zeugnissen über das gedieht, die
ich in der heldensage p. 325 folg. | gesammelt habe, mit Sicher-
heit ergibt , ist die grundlage meiner ansieht, auch über die [
abhandlung von San Marte, die er seiner Übersetzung der Gudrun
beigegeben hat, habe ich ein urtheil | abgelehnt.
Reichliche nachweisuugen über knechtische dienste, wozu
das ofenheizen gehört, finden Sie in den [ rechtsalterthümern
meines bruders p. 350 folg. zusammengestellt.
Meiner theilnahme an jeder treuen arbeit und forschung
können Sie versichert sein, ich schliefse mit | den besten wün-
schen für den glücklichen fortgang Ihrer Studien und bitte Sie
mir Ihre freundschaftliche | gesinnung zu erhalten
Berhn 17 Dec. 1843. Wilhelm Grimm.
adresse: Herrn D"^ Karl Müllenhoff
frei. Kiel
2.
Berlin 28 jan 1844.
Mit gröfstem dank sende ich Ihnen, hochgeehrter herrj
doctor, die mir zuvorkommend mitgetheilte samlung | zurück; von
meinem bruder hatte ich vernommen, | dafs Ihnen eine bedeut-
same sage über den weltunter-[gang aufgestofseu sei und blofs
um sie wagte ich | zu bitten. Sie haben mir weit mehr zur ein-
sieht I gegeben und jene sage kam mir für mein buch j gerade
gelegen, sie ist also darin genutzt ;i | alles übrige gelangt Ihnen
unangerührt zu \ bänden und ich ermuntere zu dessen Ver-
mehrung I und herausgäbe, von dem weiten felde der | volks-
sagen her steht unsrer mythologie die ergi-lbigste ausbeute be-
vor, wenn nur treu und aus-]führlich gesammelt wird, wie es
z. b. gegenwärtig | in Flandern von Wolf geschieht. In fünfj
oder zehn jähren wollen wir denn ganz anders [ sprechen. Die
erste hälfte meiner niyth. ist | gegen meinen willen so unfertig
in die weit | gegangen, in dem schlufs des werks steht garj
vieles ohne welches jener anfang nicht recht | aufgefafsl wer-
den kann.
Sie haben mir aufserdem eine reihe von \ verständigen sin-
nigen bemerkungen zu meinem | buche nicht vorenthalten, wo-
' Myth.- 911/7) vgl. Schlesivig-hohtcinscfie sagen s. 379.
238 BUIEFE VON JACOB UND WILHELM GRLMM AN KARL MLLLENHOFF
für ich Ihnen [ (s. 2) danke und die ich gelegentlich näher er-
wägen i und nutzen werde; schon jetzt zöge es mich | an, daraui'
einzugehn und einzehies mit ] Ihnen zu hesprechen, wäre ich
nicht 1 vollauf in andern geschälten befangen.
Hochachtend und ergebenst
Jacob Grimm
Zuvörderst meinen dank, hochgeehrter herr Doctor, für die
kleine schritt über den 1 gott Welo,i die ich mit vergnügen ge-
lesen habe, es kommen darin gute und feine | gedanken vor:
wenn Sie, wie es mir bei dem ersten durchlesen vorkommt, hier
und da j in den folgerungen zu weit gehen, so werden Sie bei
grofseren arbeiten schon das rechte | mafs zu treffen wissen,
aber auch für die abbildungen der gefundenen steine mit [ zeichen
bin ich Ihnen dankbar: einzelne darunter können kaum etwas
anderes | als ruuen sein, aber ich kann noch nichts davon lesen,
und auf phantastische erklärungs-|versuche, wie Finn Magnussen
sie wagt, kann ich mich nicht einlassen, sind es angelsächsische]
runen, so würde ihr blofses dasein in Deutschland schon von
Wichtigkeit sein, nur wäre | vor allen dingen eine genaue und
vollständige abzeichnung nülhig, und man müste wissen | bei
welcher gelegenheit (zweimal, das erste mal ausgestrichen) sie
sind gefunden worden , ob zu tage liegend oder | aus der erde
gegraben, es würde mir erwünscht sein wenn Sie mir zu ge-
nauerer I einsieht verhelfen könnten, ich habe allerdings vor
was ich über runen seit meiner | schritt gesammelt habe wieder
vorzunehmen , und jene steine könnten (darauf allerdings ans-
gestrichen) bedeutend | sein, nur weifs ich noch nicht zu welcher
zeit, da ich gegenwärtig von andern | arbeiten festgehalten werde,
die erst beendigt sein wollen.
Von dem Orendel gibt es einen seltenen druck vom j. 1512,
von welchem ich abschrift [ besitze, ich habe sie Simrock in
Bonn (diese beiden worte übergeschrieben) zugesagt, der auch das
gedieht näher kennen zu lernen | (s.'2) wünscht; er hat sie noch
nicht abgefordert, und ich weifs nicht ob ich sie Ihnen einst-
weilen I mitlheilen darf, was ich recht gerne thun will. Sie
niüfsten sich also mit ihm | darüber verständigen, von den
handschriften Wolfdietericlis besitze ich keine abschritten; [ die
gedruckten ausgaben in dem alten heldenbuch und in dem neuen
von Hagen | sind Ihnen bekannt.
Ihr manuscript von Gudrun ist bei Lachmann angelangt,
aber noch in seinen | bänden, nicht in den meiuigen. da er
rector ist, so wird seine zeit gewaltig in [ anspruch genommen,
und er hat noch nicht dazu kommen können es durchzuseiien; |
es ist schwierig in eine fremde arbeit genau einzugehen, und
* j\ordalbi?i!f. slitdien i 11.
BRIEFE VON JACOB UND WILHELM GRIMM AN KARL MÜLLENHOFF 239
mit einem ganz ] allgemeinen urtheil wird Ihnen nicht ge-
dient sein.
Mit aufrichtiger hochachtuug und ergebenheit
Berlin löten Juni 1844. Wilhelm Grimm.
adresse : Herrn D' K. M ü 1 1 e n h o f f
frei. Kiel
4.
Berlin 22 Octbr. 1844.
Ihr brief, hochgeehrter herr Doctor, vom 21 August ist erst
vor wenigen tagen, am 20ien Octbr, in | meine bände gelangt,
und mir durch die stadtpost mit der bemerkung dafs er so spät
angekommen | sei , zugesendet worden, ich danke Ihnen dafs
Sie die abscbrift von Orendel an Simrock befördert I haben , in-
dessen wird Ihnen und ihm die mittheilung derselben überflüssig
geworden sein, da v. d. Hagen j soeben seine handschrift hat ab-
drucken lassen; er hat freilich weiter auch nichts für den text|
gethan. doch haben Sie jetzt die hilfsmiltel beisammen wenn
Sie an eine critische bearbeitung des gevvis | merkwürdigen ge-
dichts gehen wollen, ich freue mich jeder mit liebe und eifer
unternommenen | arbeit , mit diesem geluhl habe ich Ihre ab-
handlung über die alten Völker an der Nord- und Ostsee i | frei-
lich nur durchgelesen, und so werde ich auch in Ihrer ausgäbe
der Gudrun Scharfsinn und Sorgfalt j anerkennen, wenn ich etwa
Ihren ansichten nicht beistimmen kann, wollen Sie mir die|
Verbesserungen des textes, die Sie aus meinen Vorlesungen auf-
nehmen wollen mittheilen, so | würde ich sehen ob ich sie noch
jetzt biUige; ich möchte allerdings das eigenthumsrecht daran]
nicht verlieren, da ich eine ausgäbe des gedichts im sinn habe,
ich mufste sie anderer nöthigerer | arbeiten wegen zurücklegen,
und konnte es um so eher thun als Ettmüllers ausgäbe dem |
dringenden bedürfnis abgeholfen hat. erörtern Sie doch ja um-
ständlich Ihre gründe | über echtheit und unechtheit, was Ett-
müller mit unrecht versäumt hat.
Mein bruder konnte nicht, wie er wünschte, Hamburg und
Kiel besuchen, und ist ohne aufenlhalt | von Kopenhagen über*
Stettin zurückgereist. Ihre sagen - und märchensammlung wird
mir grofse | freude machen, wie schön dafs Sie dort mit geschick
und sinn sich der sache annehmen, der neuen | ausgäbe der
märchen habe ich eine ziemliche anzahl neuer stücke hinzufügen
könne (sie), und ich sammle j noch fortwährend, ich wieder-
hole die Versicherung meiner theilnahme an Ihren arbeiten wie
der j aufrichtigsten hochachtuug
ergebenst
Wilhelm Grimm.
adresse : Herrn D' K a r 1 M ü 1 1 e n h o f f
frei. Kiel
* Nordalbitig. studte?i i 1 1 1 //l
240 BUIRFE VON JACOB l'.ND WILHELM GBIMM AN KAKL MÜLLENHOFF
5.
Sie erhalten hierbei, hochgeehrler herr Doctor, die hezeicli-
neten stellen | aus Gudrun, wie sie in meinem lext vom jähr 1841
stehen, ich stimme | diesen besserungen noch jetzt bei, da aber
meine Untersuchungen über | das versmafs und die spräche noch
nicht zu ende gefiilirt sind, so | konnte ich späterhin veranlaf-
suug zu weiteren änderungen haben: | ich bitte Sie also anzu-
merken dal's ich im sommer 1S41 diese (Stellungen ausgestrkhen)\
stellen in meinen Vorlesungen so vorgetragen habe, ich holte
dal's 1 Ihr buch bald erscheint; dem was mich darin überzeugt,
werde | ich gerne beitreten, sobald Tester gruud da ist gestatte
ich auch eine | kühne Vermutung, und kann mich ihrer Treuen,
vor allen dingen | mufs ein sicherer lext, so weit er möglich ist,
gewonnen sein.
Die deutscheu eigennamen von den ersten Jahrhunderten anj
zusammenzustellen und zu erläutern ist eine treffliche auTgabe, |
deren lösung ich schon oTi gewünscht habe, die in der letzten
zeit I zu tage geTörderten Urkunden haben aufs neue dazu auf-
gemuntert. I sie verlangt grofse sorgTalt, genauigkeit und aus-
dauer, aber die | mühe wird belohnt werden.
Es ist gut, dafs Sie die märchen und sagen rasch drucken
lassen, | das wird der weitern Sammlung förderlich sein. Sie
kennen doch | die INorske Tolkeeventyr von Asbiörnsen u. Moe,
wovon der erste Iheil | Christiania 1843 erschienen ist; das ist
auch ein willkommenes unternehmen.
In der recension von Vollmers Mbelungelied,i den schon
Sommer in den | Berliner Jahrbüchern^ gut abgefertigt hat, haben
Sie ganz richtig | (s. 2) über das ganze unternehmen geurlheilt.
es ist traurig wenn sich | eine blofse buchhändlerspeculation hin-
einmengt. Basse in ] Quedlinburg wollte sich doch ehre er-
werben, und merkte dafs er [ schaden dabei haben würde, irre
ich nichl, so hat Mafsmann | die Cotla. buchh. dazu angestachelt;
sein Tristan rechlTerligl | ihn nicht, so weit ich darüber urlheilen
kann (denn ich habe nur | hinein gesehen), ist es eine schlechte
'arbeit, aber v. d. Hagen ist | nicht mehr auf einen bessern weg
zu bringen: man soll unab-|hängig und selbständig sein, aber
sich absichtlich gegen das | richtige u. wahre zu verschliefsen,
verrät mangel an reiner | liebe tür die Wissenschaft, und die
weise, wie er sich dabei | dreht und windet, wird oft ganz
lächerlich. Hochachtungsvoll und ergebenst
Berlin 9 Nov. 1844 Wilhelm Grimm.
dabei liegt ein oclavblatl mit folgenden bemerkungeti WGrimms'^
(das hier kursiv gedruckte ist im ms. unterstrichen) :
212, 3. ir vater heizet Hagene, unde ist küneges künne.
(nicht küniges) vergl. 1250, 3.
' Aeue Je?iaisc/ie allg-. Itleratur-zeilung- lS4i iir Ti~ /f. - \%\\\
*, G49/7: 3 ,„,./_ MiHlenho/ls Kudrun s.iSi//'.
BRIEFE VOiN JACOB UiND WILHELM GRIMM A>" KARL MÜLLENHOFF 241
228, 3. 4. des enwil ich selbe nimmer mich vergähen;
swer iimbe Hilden wirhet, den heizet man dÄ
slahen oder häheu.
231, 1. Dö sprach tler herre Hetele 'ich wil da hin
407, 4. getörsle ich vor dem vater min so wold ich iu gerne
volgen hinneu.
(hat auch Wackernagel lesebuch s. 527 gebessert) i auch Ett-
niüller.
523, 1 ist wahrscheinlich zu lesen Hagene frägete lüte.
750, 2 ist ein falsches cilat.
924, 3 hat Ziemann schon gerne in klammern gesetzt.
975 habe ich aber eingeklammert.
503, 3. dö sach man üf den recken, sam snewes flocken
winde, (schiezen rf. /j. herabtreiben) | schiezen da mit pfilen; daz
tete von Hegelingen daz gesinde.
so vermute ich und stimme insoweit Ihrer besserung bei.
814, 4. — niht schade gröziu swgere.
958, 4. ere und wiinne immer m^re nieten.
1000, 4. e woltich daz ichs nimmer mere gesaehe.
1001, 3. es ist noch nicht ganz sicher dafs sin mufs gelöscht
werden.
1052, 3 nü kan)i nicht ausgelassen werden, da es sich auf nü
in der folgenden zeile bezieht, entweder so oder , etioa ir mufsle
man tilgen.
1166, 2 hinä habe ich eingeklammert.
1220, 4. habe ich und eingeklammert.
1060, 4. si erbeitet reste küme
1077, 1. Die Hilden boten ilten
1083, 2 ir friunden siez enböt;
1409, 1. Diu ros üf Sprüngen.
6.
Werthester IVeuud,
«inliegende preislrage hatte ich eigentlich für Sie gestellt; Sie
müsten beim | material aber einen oder zwei heiter zuziehen,
der preis ist gering, | aber des drucks einer preiswürdigen schritt
würde sich unsre academie [ hevnach auch annehmen.
Dafs mein getischer versuch anfechter finden würde , dachte
ich im I voraus und zum theil loclct sie die unfertigkeit meiner
abhandlung ] hervor; allerhand habe ich noch in petto. Kommen
Sie mir j nicht blofs mit stellen aus Strabo (die ich alle kenne,
zufällig I nicht erörtert habe) und Pytheas.
Diesen augenblick wird die Heidelberger adresse^ angelangt
se[iu;]2 | ich wünsche dafs auch hier unsre Sympathie worte findet.
• s. Allg. seitM/jo- 1846 nr 226. 227 vom 1\ und \b aiigust. ^ das
einsreklaynmerle ist ausserisse/i.
242 BRIEFE VON JACOB UND WILHELM GRLMM AN KARL MÜLLEiNHOFP
Grüfsen Sie Waitz, dem ich danke.
Mit aufrichtiger treuudschaft
18 aiig Jac. Grimm.
adresse auf der rückseite: Herrn Professor MUllenhoff
Wolgeboren
Kiel
Poststempel: s, 46 Altona, es liegt bei ein separatabdrnck
ans den Monatsberichten der Berliner akademie 1S46 s. 217/".
7.
Berlin Octbr. 1846.
Hochgeehrter herr prolessor,
nach dem schlufs der Frankfurter versammelung, bei der Sie in
bessern zeiten gewis nicht würden | gefehlt haben, machte ich
noch eine reise und kam erst am 23 Octbr hierher zurück, wo
ich Ihren | brief vom 17 Sept. vorfand.
Ich brauche Ihnen nicht zu sagen welchen warmen anlheil
ich an dem geschick Ihres landes nehme | und wie nahe mir
geht was Sie dort (über der zeile nachgetragen) ertragen müssen,
ganz Deutschland hat diese theilnahme (über ansgestrichenem ge-
sinnung) bei jeder | gelegenbeit gezeigt und ich glaube nicht dafs
die sittliche macht, welche in dieser allgemeinen | Überzeugung
ruht, ohne erfolg bleiben kann, als ich vor kurzem (nach
8 Jahren zum ersten mal) | wieder in Güttingen war, gedachte
ich gleich (über der zeile nachgetragen) der ähnlichkeit ihrer
läge mit der unsrigen.
Gewis sind wissenschaftliche beschäfftigungen in einer solchen
zeit die beste beruhigung: ich | erinnere mich sehr wohl wie ich
wenig tage nach meiner enlsclzuug mich wieder an meinen j
arbeitstisch in Gültingen setzte und meine arbeiten fortführte.
Ihre recension von Wilhelm ] Müllers Mbelungen^ habe ich noch
nicht gesehen, ich bore aber dafs sie eben abgedruckt wird; | die
sehr ift selbst habe ich nur oberllächlich (angeseh durchstrichen)
durchlaufen. Müller hat früherhin | auszüge für das deutsche
Wörterbuch gemacht und uns einmal in Cassel besucht.
Liliencrons abhaudlung- habe ich mit vergnügen gelesen
und mich an dem geist der \ freien forschung gefreut, wie au
dem sinnreichen und neuen, das darin vorkommt; nur diej
(s. 2) einleilung, die zu weit ausholt, würde ich unterdrücken,
gewis verdient die schrill aufmerksamkeit ] aber auch eine sorg-
fältige prüfung und wohlmeinende crilik. Haupt hat schon lange
au einer | ausgäbe von Noidharls gedichten gearbeitet und sie ist
fertig oder ihrer Vollendung nahe; | er würde über Liliencrons
ansichteu am besten ein urtheil abgeben können. Haupt wird
die I spräche und nielrik Neidharls schärfer erforscht haben und
* Jalirliüclicr für wissi-nscIuil'U. liritik \M(\ nr'ih — 79. * Z*. (>, (»it
abfcedfuckl.
BRIEFE VON JACOB UND WILHELM GRIMM AN KARL MÜLLENHOFF 243
daraus mufs sich nicht weniges | ergeben, beistimmuug oder
Widerspruch, wenn Sie es wünschen, so will ich die schritt au]
Haupt senden: Reimer ist sein Verleger und wird sich am leich-
testen durch Haupt bestimmen | lassen sie zu behalten, die theil-
nahme des gröfseren publicums hat in den letzten jähren | sicht-
bar abgenommen gerade wie die Vorlesungen auf Universitäten
weniger besucht werden. | Haupts Zeitschrift hat deswegen ein-
gehen müssen und treffliche arbeiten, wie Engelhart, VVinsbeke|
bleiben liegen und bringen nicht die druckkosten ein.
Den armen Sommer hat früh der tod ereilt: er drückte in
seinem letzten brief noch | den wünsch aus länger zu leben, er
war schon hier als Student hectisch und hat das j übel durch
angestrengtes arbeiten noch befördert; dabei lebte er in so engen
Verhältnissen [ dafs er zur Stärkung und pflege seiner gesundheit
wenig thun konnte, auf einer erholungs|reise überliel ihn mitten
in einem wald ein blutsturz; er schleppte sich mühsam nach]
dem nächsten ort, liefs sich nach Halle bringen und lag da noch
einige wochen, bis seine | kräfte erschöpft waren, was aus seinem
nachlafs geworden ist, weifs ich nicht.
Hochachtungsvoll und ergebenst
Wilhelm Grimm.
adresse: Herrn Professor Karl Müllen hoff
frei. Kiel
Poststempel: Berlin 30. 10. 12 — 1.
8.
Ich danke Ihnen, hochgeehrter herr professor, für das mir
durch hn D' Nitsch zugeschickte | geschenk , dessen persönliche
bekanntschaft ich mit vergnügen gemacht habe.
Von der Hagens Vorlesung i habe ich nicht anders verstanden
als beabsichtige er eine ] herausgäbe des Wolfdieterichs , aber da-
mit wird es lange dauern, »ein Gesammtabenteuer | ist seit
10 Jahren oder länger gedruckt, wird aber nicht ausgegeben,
freilich der Wolfdieterich | wird nicht anders werden, als alles
was unter seine bände kommt: die sache wird ein | wenig ange-
kocht, bleibt im kern roh und ist desto ungeniefsbarer. nach-
fragen bei ihm | kann ich nicht wphl. die Wiener hs. aus Ambras
ist in Haupts Zeitschrift 4 abgedruckt. | gibt es noch eine andere?
ich bekenne meine Unwissenheit, in keinem fall werden Sie etwas |
von hn Bergmann erlangen, die Frankfurter hs. die ich benutzt
habe ist eine spätere ) auf papier wie die Strafsburger. möglich
dafs man aus allen vorhandenen, wenn man | kühn ist und glück
hat, einen lesbaren text herausbrächte, aber ich möchte es nicht [
verbürgen und zu einer behaglichen Sicherheit wird man es doch
nicht bringen, sonst | wäre das merkwürdige, in einigen theileu
schöne und immer wichtige gedieht aller [ mühe werth.
' Monatsberichte der Berliner akademie 1S4G s. 130.
244 BRIEFE VON JACOB ÜJND WILHELM GRIMM AN KARL mClLE.\HOFF
Die Riedegger hs. ist freilich, wie Karajan versicherte, nicht
mehr zu findea. nicht (über der zeile nachgetragen) Beuecke,
der I sich um die Rabenschlacht nicht kümmerte, hat eine ab-
schrilt davon genommen, sondern | ich habe es gethan als ich
die hs. nach Gottingen kommen liefs. Hahn wollte sie schon j
Vorjahren herausgeben, ich weils nicht ob er noch daran denkt.
Auf Ihre abhandlung über Ortnit u. die spielmannspoesie
freue ich mich, möge | nur Haupts Zeitschrift durch die trübe
(sie) Zeiten nicht gehemmt werden, kein buchhändler | will jetzt
etwas wissenschafüiches (hucken.
(s. 2) Mein bruder befindet sich wohl, obgleich die sjtzuugen
in der Paulskirche seine kräfte | in anspruch nehmen, ein glück
dafs er bis auf wenige bogen seine Geschichte der | deutschen
spräche vorher beendigt hatte.
Hochachtungsvoll und ergebenst
Berlin Igten Juli 1848. Wilhelm Grimm
adresse: Herrn Professor Karl MüUenhoff
jQ Kiel.
Hochgeehrtester herr professor,
nehmen Sie meinen dank für die gute, mit welcher Sie mir j Ihre
Sammlungen zu einer Umarbeitung des dritten bandes \ der haus-
märcheu anbieten, ich hatte allerdings im vorigen | jähr den
Vorsatz diese arbeit vorzunehmen , da (darauf ich ausgestrichen)
manches | nachzutragen und zu ergänzen ist. die sache ist nicht
schwierig, ] aber mühsam und fordert geduld und zeit, indessen
hat die | arbeit an dem deutschen Wörterbuch begonnen und die
nimmt | meine zeit und kräfte sosehr in anspruch dafs ich jenes]
vorhaben, wenigstens vorerst, wieder aufgeben mufs. habe | ich
die bände wieder frei, so werde ich darauf zurück-| kommen und
Sie dann um erfüUung Ihres Versprechens | bitten.
Auch für Ihre abhandlung über die deutsche philologiei|
meinen dank, ich habe sie mit * ergnUgen durchgelesen: | es ist
gut dafs so etwas einmal schlicht und jedermann | (s.'2) verständ-
lich ausgesprochen wird, als gegengeschenk bitte | ich Sie einige
academische schritten, eine lortsetzung der | altdeutschen ge-
spräche und einen nachlrag zu Freidank- | anzunehmen, welche
die buchhandlung Hiuen | zusenden wird.
Ich (reue mich auf das neue, das Hire arbeiten über | Runen
bringen werden, wenn nur einmal ein sicheres | und einfaches
denkmal mit deutschen runen aufgefunden ] würde, ist die ab-
handlung von Kirchhofl" über das | gothische runenalphabet schon
zu Ihnen gelangt?
Mit den besten wünschen zu dem neuen jähr [ und der Ver-
sicherung der aufrichtigsten hochachtung der Ihrige
Berlin 2ten Jan. 1852. Wilhelm Grimm.
1 Deutsclw vicrlcljahrsschriß 1851 lieft 4 s. 2'i^ff. - hl. schrifteji
3, 4y.j//i Abhanillungen der Berliner a kademie lSf>\ ä. 237.
BRIEFE V0>' JACOlt OD WILHELM GRLMM A> KARL MLLLE>HOFF 245
11.
Berlin 22 apr. 1852
Ich habe Ihnen , hochgeehrter freund , lange nicht geschrie-
ben, I und lange nicht gedankt lür manche schöne mit-|theilungen,
in welchen Sie, bei jedem anlasz, meiner | und meiner arbeiten
so freundlich gedenken, wie Sie immer | zu thun pflegten.
Jetzt hat nun endlich die vielleicht allzulang aufgeschobne 1
arbeit begonnen, zwei hefte sind ausgearbeitet, eins | davon ge-
druckt, und mir scheint, wenn das ganze | so zur Vollendung ge-
langen kann, es ist eine nützliche | und bleibende that für unsre
spräche; es wird dadurch | nichts vollendet und abgethan sein,
aber die forschung | auf hundert neue stellen geführt, und so
kann j auch hernach von allen selten zugearbeitet werden. | Was
mein bruder zu fVankfurt sagte ^ und die Verleger | in der an-
kündigung wiederholen, ist falsch und | wird von mir in der
vorrede zurückgeführt werden | auf den wahren verhalt, wir
haben, auszer den | bestellten und bezahlten excerpten , die mit
mehr | oder weniger geschick ausgeführt wurden , von freunden]
und mit arbeitenden kennern nie neunenswerthes | beigetragen
erhallen, von Lachmann, Wackernagel, | Haupt kein Sterbens-
wörtchen, da ihnen doch bei | ihren Studien auf allen schritten
material vorkam ; | natürlich (darauf ab ausgestrichen) wendet
jeder seine kraft und lust | für sich selbst lieber auf als für
andere, so schön | es gewesen wäre einem weitaussehenden all-
gemeinen I werk zu helfen. Haupt hatte sich erboten,"- den 1
(s. 2) wichtigen Hans Sachs auszuziehen und dadurch dem]
Wörterbuch abbruch gethan, dasz er seinen beitrag ( nicht auf-
kündigte, damit anderweit dafür sorge | getragen worden wäre,
zuletzt lieferte er nichts | als flüchtige auszüge des (über ausge-
strichenem zum) fünften bands, mit | gänzlicher übergehung der
vier ersten, und ich musz j nun selbst, in verstolnen stunden, so
gut es geht, j das versäumte nachholen. Wenn also selbst | die mir
wolwollenden so verfuhren, so braucht | von der gleichgültigkeit
des übrigen publicums, | das mir ferner stand, kein beweis ge-
führt zu werden, i Auch hier, wie bei meinen andern büchern,
heifsts I also selbe tste selbe habe.^
Ich thue was ich vermag. • aus dem ersten | heft können
Sie einiges , nicht alles entnehmen. | die heftw-eise ausgäbe thut
dem werk schaden, [ weil der vollständige band alles besser wird]
überschauen lassen, auch in der vorrede [ ist zum Verständnis
und zur entschuldigung j eine menge wichtiges zu sagen.
Es möge gott anheira bleiben, ob er | leben und gesundheit
verleihen will; sie | fängt mir seit einigen jähren au zu wanken.
Sie sollen den Schwenck^ treflich d\)%t~\(s. 3)führt haben.
' Kleinere Schriften von Uilhelm Grimm i 50'.». ^ vgl. Brie/'-
wecksel zwischen Meuseljach und Grimm *. 417. ^ MF 85,22.
^ .allgemeine mojiatsschrift \^öi s.'liSff'.
246 BRIEFE VO.N JACOB Ui>D WILHELM GRIMM AiN KARL MÜLLENHOFF
ich bat Lilienkron Sie für micli um | einen abdruck zu ersuchen,
da ich die zeitschrill nicht | halte und zu wenig ausgehe um mir
sie anders-lwo zur einsieht zu verschaffen.
Eine kleine abhandlung über eine Urkunde | gab ich darum
lur Sie nicht mit, weil erst noch | ein nachlragi dazu gedruckt
werden (ausgestrichenes komina) soll , worin | ich das Verhältnis
der friesischen Morseten | zu den Marsaci und Marsacii des Tac.
und I Plinius erörtere. Sollten Ihnen aus Urkunden ] oder Schrift-
stellern nachrichten über die Morseli | zur band sein, so wäre
mir deren mitlheilung lieb. | was der scholiast des Ad. von Bremen
289,25 I sagt, kenne ich.
Melden Sie Lilienkron , dasz Simrock | bis heute noch hier
und seine angelegenheit | immer noch unentschieden ist.
mit herzlicher hochachlung und Ireundschatt
Ihr Jacob Grimm.
12.
Hochgeehrtester herr prolessor,
nehmen sie meinen grofsen dank lür das schöne geschenk , das
Sie mir mit | der neuen ausgäbe von Quickborn gemacht haben:
mein bruder kann es | als sein eigenthum (darauf ausgestrichenes
betrach) benutzen, besitzt aber auch schon die frühere | ausgäbe,
für das Wörterbuch habe ich gleich etwas daraus eintragen |
können, die meinigen haben alle sinn für diese schlichte, natür-
liche 1 und doch zu herzen gehende poesie, und dieser same
fällt in meinem haus | auf keinen steinigen bodeu. ich freue
mich, auch des dichters wegen, dafs | das buch sich bahn ge-
brochen hat; aber die ehre der niederd. spräche | braucht er
nicht erst zu retten, kein verständiger hat sie angetastet, niemand 1
wird das herzliche, naive, anmutige und behagliche, das darin liegt,
ver-|kennen. dafs das hochdeutsche als Schriftsprache daneben
steht, ist ein | vortheil und wirkt wolthätig nach beiden seilen hin.
die allemannische] spräche Hebels, die bairische Kobells, die schwei-
zerische ff/araw/ Bitziu ausgestrichen) von Bitzius p| stehen in einem
ähnlichen Verhältnis, selbst gegen eine Vermischung | der Schrift-
sprache mit der niundart (diese drei ivorte über der zeile nachge-
tragen) in einzelneu fällen, wie sie Bitzius in einigen seiner | er-
zählungen mit glück versucht hat, erkläre ich mich nicht.
Auch meine frau dankt schönstens für das geschenk und die
freundliche | erinneruug, ihr haben die vorgerückten jähre nicht
die freude an der | dichtung ausgelöscht, meinem söhn hat Ihre
(über ausgestrichenem die) theilnahme wolgethan , er | wünscht
dafs sie ihm erhalten bleibe, an thätigkeit fehlt es ihm nicht; |
seiu Demetrius wird jetzt gedruckt.
Leben Sie wol und sein Sie lierzlich von uns allen gegrüfst
ganz der Ihrige
Berlin 27'«" Juni 1854. Wilhelm Grimm.
' hieiJiere schrißvn 2, 2'i'6 //'. 'doSiff.
ANZEIGER
FÜR
DEUTSCHES ALTERTHUM UND DEUTSCHE LIÜERATUR
XI, 4 SEPTEMBER 1885
Grundriss zur geschichte der deutschen dichtung aus den quellen von Kabl
GoEDEKE. zweite ganz neu bearbeitete aufläge, erster band. Das
mittelalter. Dresden, LEhlermann, 1884. viii und 500 ss. 8°. —
9,60 m.*
Dass sich Karl Goedeke im jähre 1S81, den siebenzigen nahe,
noch entschlossen hat, seinen Grundriss neu zu bearbeiten , ver-
3ient die dankbarste anerkennung und lässt nur um so mehr es
beklagen, dass zwischen dem bewährten, unermüdlich forschenden
gelehrten und seinem Verleger conflicte möglich waren, deren
lösuug die gerichte beschäftigen sollte, das vorwort gibt darüber
den nötigen aufschluss und bildet damit einen nicht gerade er-
freulichen gegensatz zu den in den vorreden aus den jähren 185S
und 1581 berührten beziehungen zu dem früheren chef der oben
genannten firma. ich betone dies vorwort gleich im eingang
meiner besprechung besonders, weil aus der Vorgeschichte dieser
neubearbeitung des Grundrisses sich ein teil der unten folgenden
ausstellungen erklären dürfte.
Das vorliegende werk umfasst das deutsche mittelalter, die
zeit bis zur reformation, dh. die drei ersten bücher (§ 1 — 100)
der älteren aufläge, also gerade jene partie, die G. bei der ersten
ausarbeitung am kürzesten — schon nach dem damaligen stände
der forschung entschieden zu kurz — behandelt hatte, gewisser
mafsen nur als einleitung für die zeit nach 1500, in deren dar-
stellung bekanntlich der schwerpunct des Goedekeschen Grund-
risses lag und noch liegt, es galt hier also in der tat eine lücke
auszufüllen und so sind denn auch aus den früheren 7 bogen
jetzt 31 geworden, wobei freilich in betracht kommt, dass manches
aus Goedekes älterem werke, der Deutschen dichtung im mittel-
aller (1854), wörtlich herüber genommen wurde, nicht gerade
immer im einklange mit neuerer forschung. im grofsen ganzen
ist die anordnung der einzelnen paragraphen der ersten aufläge,
kleinere Umstellungen abgerechnet, beibehalten worden, nur
gegen ende, wo wir uns der zeit um 1500 nähern, hat die jetzige
aufläge zum teil ein ganz neues ansehen erhalten, einige ab-
schnitte sind aus dem 4 buche dem 3 einverleibt worden, sämmt-
lich jedoch in sehr erweiterter gestalt. so sind § 84 und zum
grösien teil § 141 nun als § 86 'reimchroniken, spruchgedichte,
[* vgl. DLZ 1884 nr 50 (MRoediger).]
A. F. D. A. XI. 18
24S GOEDEKE GKUNDBläS
bist, lieder' vom 13 bis zum aofang des 16 jhs., die Irüheren §§ 88.
91 uüd 139 (teilweise) als § 91 'meistergesang' des 14 15 jhs. ver-
einigt worden, aus § 162 fanden die todtentänze mitauinahme
in § 92 'Schauspiel', aus § 118 gesellten sich die werke k. Maxi-
milians zu denen Pütericbs und Füetrers (§ 94). § 96 'ritter-
romane und schwankbücher' enthält aus §§ 105 — 108 die be-
treffenden denkmäler des 14 und 15jhs. unter benutzung von
§ 114 erscheint § 97 'Übersetzungen aus fremden sprachen' doch
als durchaus neu. § 98 schildert die Vorläufer der humanisten
unter Verwertung der §§ 113. 115. 117. 120. gleichfalls als neu
dürfen endlich die beiden schluss-§§ 99 und 100 gelten, deren
erster der darstelluug der deutschen humanistischen bestrebungen
gilt; § 100 behandelt im zusammenhange die nd. poetische lit-
teratur. was die alten §§ 98. 99. 104. 113. 114 entsprechendes
enthielten, erscheint jetzt gegenüber dem neu gebotenen kaum
der erwähnung wert.
Wir verdanken G. die erschliefsung der litteratur des 16 jhs.,
die erhellung dieses Zeitraumes hat ihm immer am meisten am
herzen gelegen und es ist nur natürlich, wenn seine Studien von
diesem mitlelpuncte aus sich vor- und rückwärts erweiterten,
von den erfolgreichen bemühungen um die neuere litteratur
legen die späteren bücher seines Grundrisses rühmendes Zeugnis
ab; für die in der neubearbeitung behandelte, dem 16 jh. vor-
ausliegende zeit kann ich ein gleiches lob nur den bereits er-
wähnten partien, die die reformalion unmittelbar einleiten, zollen,
für die ältere zeit dagegen, und ganz besonders bis zum 12 jh.,
ist der Grundriss durchaus kein so zuverlässiger und brauchbarer
führer, als welcher er sich für die späteren lilteraturepochen nun
schon seit langem bewährt iiat. in der darstelluug der letzteren
erscheint das bibliographische material, so sehr dasselbe im Vorder-
grund steht, überwiegend in historischem sinne geordnet; nament-
lich dem 16 und 17 jh. ist mit recht eine glückliche gruppierung
nachgerühmt worden, man erkennt aus den kurzen jeden para-
graphen einleitenden bemerkungen, an der art, wie G. die bücher-
titel und citate an einander reiht, die historische entwickelung, man
bekommt ein bild. diese abschnitte werden, wie ich glaube, auch
in der neubearbeitung hinsichtlich der gruppierung im wesent-
lichen unverändert bleiben können, dass aber auch für buch
1 — 3 die alte anordnung beibehalten wurde, kann ich in keiner
weise gutheifsen. hier muste neu componiert werden, aufstutzen
des alten reichte nicht aus. wir sind in der erkenutuis unserer
älteren litteraturbewegung durch die forschung der letzten dreifsig
jähre ein gut stück vorwärts gekommen — den beweis dafür
bringt fürs einzelne Goedekes neubearbeitung selbst auf jeder
Seite — , es hat sich ein in allen hauptzügen scharf umgränztes
bild gestaltet und wir brauchen nicht zu besorgen dass die grund-
linien desselben bald verrückt oder gar verwischt werden könnten.
GOEDEKE GRC.NDRISS 249
von wie viel sichererer grundlage aus überschauen wir jetzt den
Zusammenhang der einzelnen ahd. denkmäler uoter einander! als
G. an die ausarbeitung seines werkes gieng, besafsen wir noch
nicht die Deükmäler von MülleuhofT und Scherer. durch diese
sind Specialuntersuchungen sprachlicher uüd litterarhistorischer
art angeregt worden, die mit ertolg das material örtlich und zeit-
lich zu gruppieren suchten, und wie viel mehr noch ist seitdem
unser wissen über die litteratur des 11 und 12 jhs. bereichert
worden! die neuere litteratur ist nun Ireilich von G. zum gröfseren
teil nachgetragen worden, ihre ergebnisse aber wurden durchaus
nicht immer lür den vorausgehenden lext verwertet, und so stehen
text und bibliographie oft iu directem gegensatz, denn es ist doch
nicht anzuoehmen dass G. von den neueren torschungen in den
weitaus überwiegenden lallen absolut unüberzeugt geblieben wäre.^
lür die ahd. zeit behielt nicht selten Mafsmann den vortritt vor
den herausgebern der Denkmäler, lür die litteratur des 11; 12 jhs.
ist Diemer kanon, auch da, wo es sich um neue darstellung,
nicht um weitere austührung des in der ersten aufläge gesagten
handelt.
Der entwickelungsgaug der litteratur wird durch die anord-
nung der paragraphen und deren auslührung absolut nicht an-
schaulich, nirgends ist rücksicht geuommeu auf landschaftliche
Zusammengehörigkeit der einzelnen denkmäler, auf etwaige be-
einflussung der denkmäler unter einander, um die tonangebenden
mhd. epiker hätten die nachahmer übersichtlich gruppiert werden
sollen, ein flüchtiger blick in das iühaltsverzeichois gibt belege
dafür, dass die allgemeine anordnung berechtigten ansprüchen
nicht genügt, die Klage vor den fsibelungen , die mysliker vor
dem Titureldichter und Konrad von Würzburg abzuhandeln, ist
doch durch nichts begründet.
Befriedigt so die anläge als ganzes nicht, so vermisst man
nun aber auch leider in den einzelnen texten wie in den
bibliographischen Sammlungen die Goedeke so oft und bisher
mit recht nachgerühmte Sorgfalt, der text ist überreich au Irr-
tümern und flüchtigkeilen, die litteratur unvollständig und durch-
aus ungleichmäfsig benutzt und aufgezählt, unmethodisch ge-
sammelt, systemlos geordnet, dabei ungenau verzeichnet; der
druck oft iucorrect, gerade bei bibliographischen handbüchern
ein empfindlicher mangtl. was die litteraturangaben betriflt, so
weifs ich sehr wol dass absolute Vollständigkeit nicht zu erreichen
ist; wenn ich mir aber in mein exemplar zu der mehrzahl der
besprochenen denkmäler nachtrage und berichtigungen gemacht
habe, nach denen ich nicht etwa suchte, die mir vielmehr unter
' sonderbar berühren freilich die worte in § 3: 'andere Vorgänger sind
wenig benutzt, sowol in der ersten wie in der gegenwärtigen bearbeitung'.
in der früheren fassung hiefs es wenigstens noch: 'die meisten Vorgänger
sind zwar nicht unbenutzt geblieben' usw.
18*
250 GOEÜEKE GRUNDRISS
dem lesen einfielen, so wird mein tadel nicht ungerecht er-
scheinen, es hätte aber keinen zweck, hier eine lange reihe von
Zusätzen und besserungen zu geben: ein jeder kann sich von der
richtigkeit meiner behauptungen überzeugen, wenn er die jüngst
erschienene sechste aufläge des ersten bandes von Kobersteins
Grundriss oder selbst, für die älteren partien , Pipers Litteratur-
geschichte zur vergleiclmng heranzieht. ich beschränke mich
hier darauf, meine ausstellungen nach gewissen gesichtspuncten
zu ordnen und mit einigen beispielen zu belegen, wobei ich
die allgemeine anläge des werkes, die ja überwiegend die näm-
liche wie in der ersten aufläge geblieben ist, unberücksich-
tigt lasse.
Der text bietet nicht selten antiquierte oder
falsche ansichten. § 14. 15 sind die auf Karls des grofsen
reformbestrebungen zurückzuführenden ahd. denkmäler besprochen,
ohne dass der Verdienste des kaisers um unsere litteratur ervväh-
uung getan wäre; ich finde Scherers schrifi Über den Ursprung
der deutschen litteratur nicht citiert und ebenso wenig die in der
vorrede und den anmerkungen der Dkm. niedergelegten ergeb-
nisse verwertet, ja es ist nicht einmal immer den einzelnen denk-
mälern die betrefTende nummer aus MüUenhoff- Scherers Samm-
lung, die doch jetzt jeder zuerst nachschlagen wird und wo ja
auch die ältere litteratur nachgesehen werden kann , hinzugefügt
(zb. s. 17 unten, s. 28. 29. 38. 54. 215). § 14 (s. 17) ist Dkm.
xcviii mit LI verwechselt worden unter beibringung der litteratur
für LI, die nochmals s. 22 und hier unter der richtigen Dkm.-
nr aufgeführt ist. da ich gerade von den Dkm. rede, so kann
ich nicht verschweigen dass ich nach den nrn iv 6. 7. xxxvi.
XL. XLi. XLvii 2. LXi. LXii. Lxv. LXix. Lxx. c Vergeblich gesucht
habe, während doch nr lxvi aufnähme fand, da übrigens die
litteraturangaben oft wenig übersichtlich zusammengestellt sind,
oder auch an einem orte, wo man sie nicht vermutet, so ist
es immerhin möglich dass eine oder die andere nummer sich
irgendwo versteckt findet, die lat. hofpoesie der Otlonen (Dkm.
XIX — xxv) wurde mit absieht (s. 31) übergangen. — § 19 (s. 26)
hat G, das gedieht Himmel und hölle (Dkm. xxx) an viel weniger
passendem orte untergebracht als er es in seinem MA getan
hatte: er lässt jetzt dies (um U)5() anzusetzende) denkmal direct
aul das Ludwigslied und De Heinrico folgen I — § 23 11 für die
geistliche lilteralur des 11 und 12jhs. ist G.s standpuncl, wie
schon erwähnt, im grofsen ganzen der vereitele Dieniers oder
er hält an seinen eigenen früher aufgestellten annahmen lest, so
zb. daran (s. 34 f), dass die Summa theologiae — G. bevorzugt
den jetzt von keinem mehr gebrauchten titel Die schüplung —
von Ezzo herrühre, der verf. der Vier evangelien aber, dh. von
Dkrn. xxxi, unbekannt sei. das hssverliältnis der Genesis und
Exodus ist verkannt (s. 35); das s. 36 über Irau Ava gesagte.
GOEDEKE GRÜKDRISS 251
die als inclusa nicht als reclusa bezeugt ist, bedarf der berichtigung.
über Hartmanu den vert. des Credo werden Diemers phantasien
w enn auch in parenlhesi vorgetragen ; letzteres geschieht aber
auch bei der unmittelbar daraul lolgenden ervvähnung der Reifsen-
bergerschen schrill, in der Hartmaun als mitteldeutscher erwiesen
wird, was glaubt G. denn nun selbst? s. 37 erscheint Heinrich
von Melk als vert. der Erinnerung noch getrennt vom 'unge-
nannten dichter' des Priesterlebens, das 'nach einer bemerkung
Haupts, dass er diesen punct untersuchen wolle, was nicht ge-
schehen ist [aber doch wol von Heinzeil], dem dichter Heinrich
zugeschrieben' wird, im weiteren verlaut spricht G. von» Gebet
zu gott (s. 37), den Sieben siegeln (s. 48), den Lebensregeln
(s. 54) statt der jetzt allgemein üblichen titel Vorauer sünden-
klage. Von der siebenzahl, Geistlicher rat. man sieht, ebenso wenig
wie die Dkm. sind QF 1. 7. 12 ausgenutzt. — s. 76 heifst es
ebenso bestimmt als leicht widerlegbar: 'abschnitte von je 15 reim-
paren sind in einzelnen mhd. gedichten nur von der neueren kritik
erkannt; alte quellen wissen davon nichts!' — s. &5. die annähme
einer franz. quelle für die Kindheit Jesu ist sehr unwahrschein-
hch vgl. QF 43, 26 ff. — s. 89 heifst es 'Hartmann nach (Vel-
deke und) Ulrich vZazikhofen, den er wol nicht kannte'; vielmehr
zeigt Ulrichs Lanzelot bekanntschaft mit Hartmanns Erec. — § 40
stehen Wolframs Titurellieder jetzt an erster stelle, während sie
früher an letzter standen; ich halte mit Herforth die mittelstel-
lung für allein möglich, s. 98. G. erachtet den Willehalm für
ein abgeschlossenes werk. — § 41 s. 99 wird Gottfrieds Tristan
um 1215 angesetzt, s. 89 um 1207. — die gegenüber der ersten
aufläge neu vorgetragene ansieht, dem Konrad Fleck werde mit
unrecht ein Clies zugeschrieben (s. 104. 118), beruht auf einer
mir unverständlichen conjectur, die G. übrigens wol selbst nicht
mehr aufrecht halten wird, nachdem inzwischen der viel gesuchte
Absalon gefunden (s. nachtrage s. 489) und damit die stelle in
Rudolfs Alexander richtig gestellt ist. — s. 112. der von mir
Zs. 22, 389 edierte Secundus hat nicht Enikel zum verf. auch
vor erscheinen meiner Untersuchungen über letzteren durfte G.
besseren gewährsmännern als vdHagen folgen (Zs. 28, 62). —
s. 115 ff. früher gieug Ulrichs A'on Türheim Tristan mit recht
seinem Willehalm voraus, jetzt steht dagegen unrichtig letzterer
an erster stelle. — Lutwin, der verf. von Adam und Eva, dichtete
gewis nicht mehr im 13 jh. (s. 130). — Haupts bemerkung über
die trutzstrophen der bauern gegen Neidhart wird s. 151 als
phrase bezeichnet. — s. 158 'die Identität beider [Reinmars von
Zweter und Marners], die ich annahm, ist augefochten, aber nicht
widerlegt.' ich bekenne nicht zu begreifen , wie G. überhaupt
auf diese hypothese hat verfallen können. — der Tannhäuser
(s. 166) war besser unter die lyriker und spruchdichter als wegen
seiner Hofzucht unter die didactiker einzureihen , nicht einmal
252 GOEDLKE GRÜ>DR1SS
HMS und Bartschs Liederdichter werden bei ihm citiert; was über
ihn gesagt wird, bedarf der berichtigung. — für die heldeuepen
(§ 58 ff. 74 ff) sind die forschungen im DHB nicht genügend be-
rücksichtigt, bei der Nibelungenfrage heifst es: 'Bartschs aut-
stellungen haben sich allmähhch siegreich bahn gebrochen.' das
ist denn doch etwas kühn behauptet; jedesfalls doch nur ein teil
derselben und auch dieser nur bei einigen. G.s ansichten über
die sage (s, 178f) reizen zum Widerspruch. — § 69. das capitel
über die mystiker bedarf manigfacher berichtigung. hier tritt
besonders störend das widersprechende von text und lilteratur
auf. AWagners schrift über den Heilsbronner mönch wird an-
geführt, im texte s. 205. 232 jedoch das längst aufgegebene wider
vorgetragen, oder man schlage s. 211 auf, wo zuerst des Nico-
laus von Basel leben kurz nach des sog. Gottesfreundes Schriften
und Job. Niders bericht, doch nicht ohne irrlümer gezeichnet,
unmittelbar darauf aber von BMerswin gesagt wird: 'er war der
erfiüder des angeblichen Gottesfreundes im oberlande'! — § 70
handelt über Albrecht von Scharffenberg (sie), den verf. des J.
Titurel, und am schluss der bibliographischen Zusammenstellungen
wird dann s. 214 Spillers abhandlung citiert und noch besonders
hinzugefügt 'Albrecht von Seh. nicht verf. d. J. Titurel.' — über
Alphart wird s. 242 die schon früher vorgetragene irrige ansieht
widerholt. — s. 252 ist Konrad von Hohenburg der PüUer (ADB
12, 669) mit Albrecht von Hohenberg verwechselt oder zusammen-
geworfen, wie das citat des LSchmidschen buches zeigt. — trotz
gelegentlichen früheren erwähnungen des Pseudo- Helbling er-
scheint s. 264 SHelbling als veif. der 15 büchlein (nicht 1290 bis
1298, sondern 1282— 1299). — § 83 (s. 265) 'Hadamar vLaber,
ein baiiischer dichter, der vermutlich am hofe k. Ludwigs des
Baiern lebte, genaueres ist nicht bekannt.' o doch! siehe die
auch citierte ausgäbe von Slejskal. — s. 267 Egen von Bam-
berg ist nicht der verf. der Minneburg. — s. 292 konnte nach
Martins ausgäbe über Hermanns von Sachsenheim leben mehr ge-
sagt werden oder — angäbe des geburts- und todesjahres hätte
genügt, ersteres (1365) fehlt und das einzige, was aus dem leben
des mannes angemerkt wird, ist falsch (vgl. Mörin 3550 ff. 4191 f).
— s. 296 der könig vom Odenwald war vvol ein Zeitgenosse Hugos
von Trimberg, lebte jedeslalls vor 1350, steht hier also am fal-
schen platze. — s. 340 nicht Marquart sondern VVierich vom Stein
lebte in der Umgebung der pfalzgräfin Mechthild (s. meine schritt
s. 39). — s. 358 (367). Steinhöwel hat weder für Mechthild
noch Eberhard übersetzt, ist auch nicht der Übersetzer des De-
camerone; G.s zeuguis dafür aus dem 16 jh. (s. 368) beruht auf
falscher interpunction (Zs. 29, 433 anm. 1). SteinhOwels Griseldis
ist unter NvWyle s. 365 verzeichnet, letzterer wider war nicht
kanzicr Eberhards im hart (s, 361), sondern des grafen Ulrich
von Württemberg und seines sohnes. — § 99 wäre einiges durch
GOEDEKE GRÜNDRISS 253
die sorgfältige schritt von KSteitf Der Tilbioger erste buchdruck
zu berichligeo. — im allgemeinen sei hier noch bemerkt dass
G. es liebt, unbestimmte Zeitangaben zu machen, auch da wo
die forschung längst bestimmte oder jedeslalls enger abgegränzte
acceptiert hat.
Widerholungen und Widersprüche haben sich zum
teil durch Überarbeitung des alten textes und neue Zusätze ein-
geschlichen, s. 51 scheint (i., wenigstens dem logischen zusammen-
hange nach, den früher übergangenen lyriker Bligger von Steinach
mit dem epiker, dem vert. des Umhanges zu identiticieren ; s. 102
wird (und hier entsprechend der ersten aufläge) der epiker noch-
mals besonders aufgeführt und zwar als söhn des lyrikers. ob
nur der söhn Harfenberg inne hatte, kann ich im augenblick
nicht untersuchen, vgl. im allgemeinen Germ. 2, 502 f. — auf
gleiche weise wie bei dem Steinacher erklärt sich auch wol die
zweimalige behandlung Walthers von Rheinau s. 229. 264. — das
nichlgottfriedische Tristanfragment (s. 101 oben) ist auch Zs.25,248
abgedruckt; s. 463, wo desselben fragmentes unter 'niederdeutsch'
gedacht wird, hätte die identität von Germ. 26, 356 und Zs.25,248
bemerkt werden sollen. — das s. 126 über die Eustachiuslegende
im Buch der väler gesagte wird s. 232 f ausführlicher widerholt
(vgl. noch WSB 69, 136). — vom iMarner wird s. 158 falsches be-
hauptet, dagegen werden richtige annahmen bestritten, wobei aber
auffällt dass c. 100 selten weiter G. selbst die richtige ansieht teilt!
man vgl. s. 158 'die aus Rumelands Hede geschöpfte künde, es
sei ein marner, manches warner, ein armer schwacher blinder
alter mann, den selber nach dem lode möge verlangt haben,
schändlich erschlagen, geht schwerlich auf den Marner, über
dessen ende nichts gewisses bekannt ist' mit s. 253 'Rumsland —
verspoltet den Marnerwegen hochmutes, klagt aber, als der alte
mann ermordet wurde, über dessen tod.' — s. 232 oben, die
Gereimten legenden der heiligen sind das Buch der märlyrer
s. s. 262. 491. —
Dielitteratur ist unvollständig, ungleich mäfs ig
benutzt, nicht systematisch verzeichnet, ich greife
hier aus einem grofsen material nur einiges wenige heraus, s. 3
vermisst man Scherers Litteraturgeschichte, deren erste lieferung
1880 erschien; s. 6 § 7 Müllenhofls aufsätze in Schmidts Zs. für
geschichte 8, 209. Zs. 9, 259. 23, 1 und Wackernagels in der
Zs. 6, 15; s. 47 Hoflmanns vF. Geschichte des deutschen kirchen-
liedes^. s. 48 ist bei den Kürnbergsliedern die frage, ob einer
oder mehrere Verfasser anzunehmen seien, mit keiner silbe be-
rührt, nicht einmal Scherers aufsatz (Zs. 17,561. vgl. IS, 150)
in der litteratur verzeichnet, falls nicht G. dem genügt zu haben
meinte mit dem beiläufigen citat auf s. 46 hinsichtlich der an-
nähme von liederbüchern überhaupt, träfe die letztere Vermu-
tung zu, so würde damit meines erachtens der nächstliegende
254 GOEDEKE GRUISDRISS
zweck des Grundrisses, über die vorhaudene litteratur eines gegen-
ständes zu informieren, völlig verkannt sein. Goedeke scheint
aber in der tat hierüber anders zu denken, verschiedenes weist
in der anläge seiner litteraturangaben darauf hin, dass der verf.
wünscht, man möge sein buch im zusammenhange lesen, ohne
diese annähme verstehe ich nicht gewisse citatkürzungen. da
heifst es zb. s. 20 beim Wessobrunner gebet: 'Feufsner s. 14.'
wer s. 13 den passus über das Hildebrandslied gelesen, weifs
freilich, welche schrift gemeint ist. schlimmer ist, wenn der
Schlüssel zu einem gekürzt angemerkten citat erst später gegeben
wird, wie zb. s. 62, wo der leser unter Herzog Ernst auf 'Bon-
stetten 1847 p. 174 — 208' verwiesen wird, um erst auf s. 70
zu erfahren, welches werk gemeint ist. sodann, um diesen
punct hier gleich zu erledigen: es ist doch gewis nicht zweck-
mäfsig, wenn G. werke wie QF 7 und 12 oder das zweite heft
von Scherers Deutschen Studien, deren inhalt er nicht wie bei
anderen ähnlichen genau angibt, nur einmal nennt, ohne sie
dann bei den einzelnen autoren oder denkmälern , wenigstens in
wichtigeren fällen, des weiteren zu berücksichtigen, nur ganz
vereinzelt ist auf QF 12 verwiesen, während Bartscheus Lieder-
dichter und Pauls minnesingerbeiträge zergliedert werden, so
war zb. zu den Lebensregeln (s. 54} auf QF 12, 116. Zs. 20,341
zu verweisen, für die stücke Vom recht und Die hochzeit auf
QF 7, zu den Ratschlägen für liebende (s. 55 nr 9) auf QF 12,
90. Anz. n 238 f. — s. 55 konnte eine reichere litteratur über
Segen gegeben werden, die sich daran anschliefsende predigten-
litteratur, 'die eigentlich diesem buche fremd ist' (s. 55 f),
zeichnet sich durch eine seltsame, dh. völlig systemlose anord-
nung aus. Steinmeyers reichhaltige anzeige der Wackernagelschen
Sammlung (Anz. u 215) durfte nicht übergangen werden, wie
denn überhaupt die recensionen im Anzeiger für d. altertum, in
der Germania, in der Zs. f. d. philologie trotz häufiger heranziehung
eben doch nicht regelmäfsig angegeben werden , ohne dass ein
grund dafür zu erkennen wäre, gerade wichtige besprechungen
fehlen; ebenso sind nicht consequent die citate aus der brüder
Grimm, Lachmanns und Wackernagels Kleineren Schriften ein-
getragen worden, es kommt im einzelfalle auf derartiges ja
wenig an, aber wo man sieht dass zufall und willkür bei der
auswahl herschte, da verliert man das zutrauen zu seinem führer.
die ADB wird nur gegen ende gelegentlich herangezogen , für
die ahd. und mhd. zeit fast nie, und doch war mancher artikel
so zb. der Steinmeyers über Wulfram gewis der erwähnung wert.
S. 70 sind zu Willems Reinaert und dessen lorlsetzung die
ausgaben von Jonckbloet und Marlin nachzutragen, s. 76 wird
aus der litteratur über die mhd. holsprache einzig Pfeiifer Freie
forschung s. 307 ciliert. s. 91 fehlt Haupts Erec''. s. lOO ver-
misse ich Heiuzels schönen aufsalz über Gottfried von Strafsburg
GOEDEKE GRÜNDRISS 255
in der Zs. 1. d. österr, gymnasien 1868 s, 53311. s. 103 war bei
Heinrich von dem Tiirlin aul Martins schon bei Woitram ge-
nannte schritt Zur graisage nochmals zu verweisen, s. 114 zu
Kummers ausgäbe des VVildoniers vgl. Archiv f. litteraturgesch.
11, 142; für die späteren lyriker wäre Kummers einleitung zu
genannter schritt mit ertolg zu verwerten gewesen, desgleichen
waren die Kolmarer meisterlieder des öfteren heranzuziehen. —
s. 226 Ruprechts vWürzburg Zwei kautleute ed. Haupt Zs. t. d.
phil. 7, 65. — s. 260 lat. quelle des Buchs der rügen Zs. 2, 15 ff
gedruckt. — s. 277 zu Ottokars Reimchronik: Lorenz Geschichls-
quellen 1% 200 ff. — s. 298 über die beiden Hesenloher: Zs.
27,267. 283 f. 293 t. —
Ungenauigkeiten in der verzeichneten litteratur.
reine drucktehler sind ausgeschlossen, s. 47 die perioden mhd.
lyrik bei Paul -Braune 7, 408 hat nicht Paul sondern Gottschau
aulgestellt, s. 89 in den angaben der Bechschen editionen Hart-
mannscher werke herscht Verwirrung, s. 97 sind die (im dritten
absatz von unten erwähnten) Studien zum Parzival von Alfred
Rochat irrige widerholung der kurz vorher genannten schritt von
Karl Reichel. s. 102 wird Schönbachs verheifsene Wigaloisaus-
gabe als bereits erschienen angesetzt! das s. 183 citierte pro-
gramm aus Cilli hat nicht den gleichen vert. wie die schritt über
die INib.-hss. AC; die letztere rührt von EPasch, die erstere von
Konrad Pasch her. gleich darauf befremdet das citat 'Julius
Zacher' usw.; es ist dafür zu setzen: 'Löscbhorn in der Zs. f.
das gymnasialwesen 33, 243 — 247, eine kurze Inhaltsangabe in
der Zs. f. d. phil. 10,3721.' s. 198 wird Martins grofse Kudrun-
ausgabe zweimal unmittelbar hinter einander genannt und so,
dass man an zwei verschiedene ausgaben denken könnte, ge-
meint ist natürlich nur die Germanistische handbibliothek ii
(nicht j). ebenda fällt die sehr bequeme citierart auf, die gott-
lob nur vereinzelt sonst noch (s. 209. 270) begegnet: Simrocks
Gudrunübersetzung — '5aufl. 1861. 370 s. 8. 6 autl 7 aufl.
.... 8 aufl. 1874.' s. 251. der herausgeber des Laurin und
Walberan im DHB i ist nicht Jäuicke sondern MüUenhoff, der
sich freilich nicht genannt hat, doch s. nachtrage s. 490 zu
196, 3. — s. 293 f zeigen die unvollständigen Zusammenstellungen
des hslichen materials einzelner dichtungen Hermanns vSachsen-
heim dass G. ältere selbständig gemachte notizen nicht mit Mar-
tins ausgäbe verglichen und durch diese vervollständigt hat. s. 302
nr 46 ist nichts als ein abschnitt aus dem, Renner, das citat
'Buch der natur. kapaun' auf s. 308 nimmt sich etwas sonderbar
aus, besonders da Konrad vMegenberg sonst nicht behandelt wird;
geraeint ist KvMegenberg 197, 10. s. 10 wird citiert JHGalle
(1. Gallee), Gutiska. lijst van gotische woorden, wier gestacht
(1. geslacht) of buigung (1. buiging) naar andere gotische woorden.
Haarlem 18801 eine bedenkliche titelabkürzung, ganz abgesehen
256 GOEDEKE GRCKDRISS
von den sonstigen drucktehlern. es ist zu lesen: naar aualogie
van andere gotische woorden of van het oudgermaansch wordt
opgegeven. — in den nachtragen s. 484 ff fällt auf dass ver-
schiedentlich nachgetragen wird, was der text bereits enthielt!
An druck fehlem ist leider kein mangel. falsche citate,
gelegentlich auch falsche Zeitangaben (s. 35 1. 1122), begegnen
vielfach und ich könnte auch hierfür ein langes register bringen;
sie verstimmen natürlich mehr als falsche namenformen und
-Schreibungen wie Bessel (s. 7), Vilkingasaga (14), Dziobeck (18),
Malthaeus Flacius (23), Ingenhleck (24), Lappe (2li), Perlz (31),
Odonia(33), iMMeyr(52), Präful (71), Hache (90), Strack (95),
Trämis(107), Prismus (164), Linsemann (210), Mühlhausen (214),
Ehlen (239), Tietz (258) für Bessell, Vilkinasaga (Viltinasaga),
Dziobek, Mathias Flacius, Ingenbleek, Luppe, Pez, Odoniana,
MMayr, Präsul, Hacke, Starck, Tranis, Primas, Linsenmann, Mühl-
berg, Elheu, Fielz. ältere oder fremde sprachformen erscheinen
sehr häutig mit falscher accentuierung (so begegnet zb. ausnahmslos
die Schreibung Edeli^stand) oder letztere fehlt ganz, die beiden
zss. Germania werden nicht immer genügend unterschieden, des-
gleichen nicht dieser Anz. vom Anzeiger f. k. d. d. v., und so wäre
noch manches anzuführen , was auf ungenügende correctur hin-
weist. § 23 nr 12 und 22 zeigen zb. nur das citat MSD^; die
nummern xlv und xlvi sind ausgefallen; s. 48 nr 5, wo Dkm. xlv
nochmals genannt wird, beliebt es statt der sonst üblichen nummer
plötzlich die Seitenzahl der Dkm. anzugeben, aber auch diese ist
durch druckfehler entstellt: statt 135 ist s. 48 z. 13: 137 zu
lesen, s. 12 im Züricher milcbsegen ]. chanst s\ alt er chanst, s. 35
z. 5 1. stet gezalt, s. 45 z. 6 ]. der christlichen lere, s. 361 z. 7 v. u.
ist vor octauo : septuagesimo ausgehWen. s. 242 z. 11. 12 herscht
zeilenverwirruug: 'auf — wird' sind zu streichen. — in der in-
haltsübersicht erregt gelegentlich befremden die sonderbare Ver-
teilung von gewöhnlicher und fetter schrift und falsche abschnitt-
gruppierung, wodurch scheinbar zb. die fürstlichen norddeutschen
minnesänger und einige spätere spruchdichter (§ 78) bei den
heldengedichten (§ 74), das deutsche Heldenbuch (§ 85) unter die
lehrgedichte (§82) eingereiht werden, was natürlich nicht beab-
sichtigt ist, wie ein blick in die erste aufläge zeigt.
Von meinen ausstellungen bleiben die letzten capitel so gut
wie unberührt; für sie wüste ich nur unwesentliches nachzu-
tragen und zu bessern: in ihnen zeigt sich uns, wie ich schon
eingangs hervorhob, der verf. überwiegend von seiner alten oft
bewährten seite, als der fleilsige, zuverlässige, durchaus selbständig
aibeitende forscher und führer. hier ist G. zu hause, ich zweifle
nicht dass, wie G. es im vorwort wünscht, sein § 99, der die
deutschen humanistischen bestrebungen behandelt, 'etwas dazu
beitragen wird, die ges(bi( lite des liumanismus in Deutschland
zu fördern.' auch sonst noch bezeichnet manches, das in der
GOEDEKE GRUNDRISS 257
kleineren zweiten hälfte des neuen Grundrisses zur darstellung
kommt, einen entschiedenen fortscliritt und wir haben hier, was
das rein tatsächliche betrifft, nur dankbar zu empfangen, aber
eben durch diese guten partien wird der abstand der ersten hälfte
doppelt fühlbar, es wäre vielleicht besser gewesen, G. hätte die
älteren abschnitte bis ins 12jh. von einer jüngeren kraft bearbeiten
lassen, die auf diesen gebieten, denen erst durch die neuere
forschung eine genauere abgränzung gegeben wurde, von vorne
herein mehr bewandert sein muste; diese hätte dann auch wol
bei drucklegung des ganzen dem älteren milhilfe geleistet, ich
schliefse meine besprechung in der hoffnung, an keiner stelle
meinem tadel eine form gegeben zu haben, die mit des jüngeren
schuldiger ehrfurcht vor dem alter nicht in einklang stünde.
Tübingen im märz 1885. Philipp Strauch.
Lamprechts Alexander nach den drei texten mit dem fragment des Alberic
von Besancon und den lateinischen quellen herausgegeben und er-
klärt von Karl Kixzel. Germanistische handbibiiolhek herausgegeben
von Julius Zacher, vi. Halle a. S., buchhandlung des Waisenhauses,
1884. Lxxx und 543 ss. S°. — 8 m.*
Der erste abschnitt der einleituug beschäftigt sich mit den
drei hss. von Lamprechts Alexander (V Vorauer, S Strafsburger,
B Basler) und dem Verhältnis der drei durch sie repräsentierten
recensionen der dichtung zu einander. Werner in seiner schrift
über die Basler bearbeitung von Lambrechts Alexander und Kinzel
in der Zs. f. d. phil. 10, 47 ff halten schon früher die hssfrage
geprüft, Kinzel nochmals im 11 bände der genannten zs. mit
rücksicht auf Werner, des letzteren arbeit kritisierte ich im Anz.
V 416 ff und bemerkte aao. 424 'die resultate, zu welchen Werner
bezüglich des hssverhälluisses und der Stellung von M [= S] und
B zum originale gelangt, halte ich, nach dem vorgelegten material
zu urteilen, für richtig.' in dieser ansieht bin ich durch K.s
Widerlegungsversuch nicht erschüttert und nach vergleichung des
durch Werner edierlt^n Basler textes nur bestärkt worden, es
überraschte mich daher nicht wenig dass K. s. xv gegen meine
deutlichen worte behauptet, Werners ansieht, dass V und B oder,
genauer gesagt, ihre grundlagen zu einander gehören, nicht S
und B, habe nicht 'die Zustimmung seines recensenten ... (cf.
Boediger Anz. f. d. a. 5, 416 — 425)' gefunden, ich habe die drei
texte von neuem mit einander verglichen und behaupte wie früher
dass Werner im recht, K. im unrecht sei. denn dass ich Werner
in einzelheiten widersprochen habe, kommt für das gesammt-
[* vgl. Litteraturbl. für germ. und rom. phil. 1884 nr 12 (PPiper). —
Litt, centralbl. 1884 nr 50. — Gölt. gel. anzeigen 1885 nr 7 (WWilmanns). —
DLZ 1885 nr 22 (ESchrödei).]
258 KI.NZEL LAMPRECHTS ALEXANDER
resultat uicht in betracht. zum beweis gehe ich die texte an
der band von R.s aulsalz Zs. t. d. phil. 10, 55ff durch, aut welchen
er sich beruft, ich citiere V und S nach K.s zähking , die Basler
redaction nach der Wernerschen. — es handelt sich zunächst um
die Übereinstimmungen von S und B gegen V,
S 278 iz irbeiz di lüte nnde irslüch, iz waz freislkh gnüch.
ß 541 es hies die Hut und slüg, es was tubhaft genüg, in V lehlen
die beiden verse, man darf darin aber nicht einen gemeinsamen
Zusatz von BS sehen, sondern sie sind in V ausgefallen, wie
Werner s. 28f seiner Untersuchung beweist und auch K. jetzt in
seinem text anzunehmen geneigt ist. in dem worte tobehaft hat
B das echtere bewahrt, denn V 256 haben alle drei texte also
daz da tobet ze allen stunden, natürlich mit kleinen Varianten,
und V 284 heilst es ebenfalls von dem rosse daz stiint in siner
tobehett scrien = S 329 und tubilichen schrien, freislkh S 279
ist farbloser und gewöhnlicher. — dass S 283 = B 544 in V nur
ausgelassen ist, gibt K. zu. — S 304 zo ime ne forste nieman
gdn = B 560 zu im getorste nieman gan. V zu dem ros getorste
niemen gdn. auf die einsetzung des pron. für das subst. konnten,
da von dem rosse auch in den vorangehenden versen die rede,
sehr wol zwei leute unabhängig kommen, ja es scheint mir noch
fraglich, ob nicht in V ros zu streichen ist, da die vorhergehenden
Zeilen lauten Man hiez daz ros in einen marstal thün, daz si dd
für mehten gerün. ich lege dieser Übereinstimmung von SB so
geringen wert bei , wie der von VB getorste gegen S torste. —
ebenso steht es mit
V 264 loan umbe den ez also was getan:
dem verteilet loas daz leben,
den müse man dem rosse geben.
S 305 loan der also hele getan
daz ime verteilet wart daz leben:
den niöse man deme rosse geben.
B 561 wand wer die schulde hat getan
daz im verteilet was daz leben,
der ward dem ros denne gegeben.
die freiere construction von V ist in SB auf verschiedene
weise beseitigt und nur darin übereinstimmend, dass die zweite
Zeile zum consecutivsatz geworden, dagegen stehen VB in was
gegen wart S zusammen. —
V 279 des umbe daz ros was gesciet,
des inhabt er noh tö vernomen niet.
S 322 dannoh ne heter nit vernomen,
loi iz umbe daz ros was comen.
B 590 er hat noch niut vernomen,
wie daz ros dar toas comen.
SB stehen sich nahe, allein die gleichen reime vernomen: comen
erklären sich daraus, dass beide den reim gesciet : niet nicht ver-
KL>ZEL LAMPRECHTS ALEXANDER 259
werten konnten, so nämlich steht in V mit bezug aut die vor-
hergehende rede des holen und ich halte K.s änderung für un-
angebracht, gesdet : nkt hätte S nicht verworfen, wie K. selbst
in den Beilr. z. d. phil. s. 61 zeigt, das reimwort vernomen war
gegeben, und was reimt bequemer darauf als komen? dass BS
jedes für sich änderten, geht daraus hervor, dass die mit comen
endenden zeilen ganz verschieden lauten, auf die Umstellung
der verse in SB gebe ich nichts , weil dadurch wider glattere
coustruction erzielt wird. —
V 287 ich ne weiz icaz mir scillet inz öre:
ez ne Idt mich nieht gehören.
S 335 nn sage mir xcaz daz sin mach (: sprach)
daz mir schillit in mine ören
und ne Idzet mih niht gehören.
B 596 was schalles mag daz sin
daz so Int hilt in die oren min?
nach K. sprechen S 335 und B 596 für gemeinsame grundlage
und er hätte auch noch den plur. ören hinzufügen können, indes
stimmen SB wider in der abweichung von V nicht und für B
lag so gut eine veranlassung zum ändern vor wie für S. in V
geht der reim chnnden (ich verwandle es lieber nicht in chinden)
•.gingen vorauf, welchen S nicht mehr dulden konnte; es änderte
ganz ähnlich wie in der nächsten stelle, für B war gehören ohne
umlaut nicht statthaft: vgl. Werner, Die Basler bearbeitung s. 62 f. —
S341 dö antworte ime schiere
Ptolome'us nnde sprach
'ih sage dir waz daz wesen mach :
iz ist ein ros freisltch.
ime ne wart nie nehein gelich
in alle kriechische lant.
Bncival ist iz genant,
din vater hat iz m getan.
V291 Btholomens sprach zn dem chinde
'he'rre, iz ist Bnzival, ein ros vil swinde.
daz hat imoer vater in getan.
B 600 do sprach Potolomeus zii dem kint
'her, es ist ein ros geswind,
daz mit Unsitte lobet alle moll
und ist geheissen Bucival.
daz hat iuwer vatter in getan.
K. bemerkt 'wortlauL und reim Ivon B] schliefst sich an V, der
name steht in einem anderen verse, wie in S.' jeder sieht, was
das wichtigere ist und dass S und B jedes für sich den über-
langen vers V 292 kürzten. — V 321 iizer deme gademe erz reit.
S 376 HZ dem marstalle er iz reit. B 644 er reit es us dem stal.
ein ähnlicher fall, aber die zeile war zu erwähnen, wenn sie
auch nur ergibt dass beiden jüngeren recensionen gadem in der
260. Kl.NZEL LAMPRECHTS ALEXANDER
bedeuluDg 'stall' anstöfsig war. — S 389 sieht K. in seinem
text anders an. — V 341 heil dich. S 398 heil dir. B 656 heil
si dir. der S und B gemeinsame dal. ist nicht beweiskräftig,
weil der acc. bei heil auftälhg, aber im hinbUck auf wol mich
doch erklärlich ist. dass er aber in der quelle von B — und
S — wie in der von V stand, lehrt trotz R.s aumerkung doch
wol B 658 heil mües iuch och siyi, wo V345 heil iuch hat, S 402
aber ganz umarbeitet. — S 4 I6ff beurteilt K. jetzt richtiger, die
stelle zeugt nicht für eine *BS gemeinsame vorläge', sondern V
enthält hier einen fehler. — V 365 nach dem site. S 430 nah
riterUchen site. B 672 nach des landes sitlen. macht nur zusätze
in S und B wahrscheinlich , welche aber nichts mit einander zu
schaffen haben. — dass die verstofsung von Alexanders mutter
und Philipps widervermählung in V nicht lückenlos berichtet wird,
bestreitet K. wol nicht, es geht schon daraus hervor, dass nach
V Alexanders mutter Cleopatra hiefs , während dies vielmehr der
name der zweiten gemahlin Philipps ist. K. glaubt aber dass
S und B nicht nur die bessere Überlieferung im ganzen bewahrt,
sondern auch die gleiche vorläge benutzt haben. 'B und S weichen
ab, aber nicht so weit wie von W das ist wahr, in so fern V
durch auslassungen Verwirrung anrichtete, aber das erhaltene
steht B näher als der text von S. man vergleiche
V 393 Also Alexander haim chom,
er giench für sinen vater sten
nnt nam die coröne die er mit samt ime da hete —
sinem fater ers üf sazlhe.
S 459 do Alexander daz irvant
und erz rehte vernam,
vor sinen vater ginc er stdn.
er sazte di crönen do
di er Nicoldö
hete geroubit
sinem vater üf daz houbit.
B 708 Alexander gie ze hant
da er sinen vater vant
ob dem tische siezen schon.
er nam die erfochten krön
und saczte sy uf sins vatter hobt eben.
mir scheint das übereinstimmende 'er nam die coröne' in VB
mehr zu bedeuten als die S und B gemeinsame, aber recht nahe
liegende formel 'aufs haupt setzen' statt 'aufsetzen' in V, was ja
auch durch auslassen entstanden sein kann. vgl. unten S 1796.
ferner ist in VB nicht wie in S das verhum sazte vorausge-
nommen. — S 487 so vil. B 733 alsus zornenklichen. V414
so verre. ich möchte trotz irreheit V 1053 weder mit Zacher vil
in irre verwandeln — denn S ist eine redaction für sich, deren
text nicht ohne not nach den anderen gemodelt werden darf —
KINZEL LAMPRECHTS ALEXAISDEB 261
noch mit K. unbedingt verre in erre = irre ändern, da verre
sprechen 'weithin , ül)er einen grofsen räum hin sprechen' wol
die bedeutung von 'gebieterisch oder zornig reden' gewinnen kann.
es geht übrigens aus dem verse für das Verhältnis von ß zu V
oder S nur hervor, dass es geändert und modernisiert hat, —
änderung zeigt auch deutlich S 488 und antworte ime smeliche.
B 734 des anwurt er im smechtich gegenüber V 415 mit ant-
iDurtim ein smdheit. S und B brauchen darum nicht zu einander
zu gehören. denn den ursprünglichen reim smdheit : deit (V
tuht) konnte B nicht belassen und auch S tilgte deit immer aufser
147 (Kinzel, Beiträge z. d. phil. s. 58). so war das adv. der
nächstliegende ausweg. — V 744 hi sinem hals er sich vermaz.
S 998 bi sime Übe. B 1027 bi sinem leben, S und B sind nur
ähnlich, nicht congruent, und wichen unabhängig der bei hals
möglichen und für einen könig ihnen unpassend erscheinenden
deutung auf köpfen oder henken aus. — S 1006. B 1033 den
besten. V 750 den alsten. das wird eher fehler für besten als
für altsten sein, was K. annimmt. — S 1029 — 32. B 1042. 3
überleitende und motivierende verse, welche V (hinter 75S) fehlen,
aber ganz in seinem Stil sind (vgl. 275. 297. 331. 455. 625. 655.
755 usw.). S und B stimmen in den worlen nicht, deuten aber
wol eine kürzung in V an. K. bemerkt hierüber nichts. — 768
hat V nicht unden wie S 1056, sondern nnde und ende B 1055
ist misverständnis von unde. vgl. Werner, Die Basler bearbeitung
s. 63. die stelle ergibt aber auch so nichts, —
S 1058 der wint der tet in starke not,
wander vil stark icas,
der selbe der da Boreas
in den buchen heizet
und di aller meist reizet
daz mere mit den unden.
B 1057 den usseren det och gros not
ein wint der wester hies
und das mer dike reis.
V 770 der wint tet in vil not,
daz shier scephe. . . .
K. nimmt in der anm, zu V770 keine interpolation in SB mehr
an, sondern fragt 'sind hiernach zwei verse ausgefallen?' ich
glaube es, denn V leidet ja an lücken, gewis lauteten sie dann
aber B ähnlicher als die aus einander gezerrten zeilen in S.
sonderbarer weise übersetzt K. s, xxxnr reizen durch 'reifsen',
als ob ihm der unterschied zwischen reizen und rizen nicht be-
kannt wäre, —
S1116 mer dan ein diisunt. B 1090 erslugen sy tusent oder
me hätte K. für seine ansieht aufführen sollen, denn V 810 hat
unt erslugen ein tusant. nun ist allerdings zu bemerken dass
B wederden reim düsunt noch tusant gebrauchen konnte, daher
262 KINZEL LAMPRECHTS ALEXA>DER
ändern niuste. die neigung zahlen zu sleigern isl bekannt und
der formelhalle zusatz odei' nie war dazu hequem. die reimzeile
ist ausgefallen. — S 1135 biz daz werc bereitet wart. B 1102
bis daz werk ward bereit. V S21 biz iz allez gereite wart. K.
hat diese ihm günstige stelle übersehen. —
S 1151 sxcem des beduhte
daz er nntßhen nit ne mohte.
B1114 et lieh kitnden mit listen
sich selb also fristen.
in V nichts entsprechendes, 'auch B schiebt eine erkläruug ein',
nämlich lür das versenken ins meer, sagt K. gevvis, doch lautet
sie ganz anders als in S. dass in V 832 ff die erzählung un-
deuthch, also vielleicht etwas übergangen ist, sei gegen K. her-
vorgehoben. —
S 1239 dd nider an der erden
hiz er den stürm werden.
B 1160 ... gebot dem her
daz sy bi der erden
den erstell stürm Hessen werden.
V 889 unde liez dö mit der werlte
den ernststnrm werden.
an (bi) der erden soll nach K. in V fehlen, es steckt aber in mit
der werlte. da vorhergeht gebot den stürm über al daz here,
so würde mit der werlte nur eine widerholung sein. V hat an
der erden nicht verstanden und daher geändert, es bedeutet:
der frühere stürm fand zu wasser, der jetzige zu laude statt, an
dem überlieferten ernst stürm = ernststnrm halte ich fest (K. im
text e'risten). B weist darauf, und dass es den ungewöhnlichen
ausdruck änderte, ist nicht zu verwundern. S schrieb einfach
Sturm, warum aber hätte es ersten stürm nicht beibehalten sollen?
— dass V 947. 8 sowol in S (vor 1327) als in B (vor 1199)
fehlen, bemerkt K. wol deshalb nicht, weil hier die drei be-
arbeitungen stark abweichen, immerhin hat B mehr mit V als
mit S gemein, übrigens ist V verderbt. — S 1347. 8 = B 1219.
20 fehlt V, ist aber nur ausgelassen, vgl. K.s anm. zu V 966. —
S 1352 schiere wurden dd gestalt
zwo und sibinzich mangen.
B 1225 die mangen waren schier bereit
niun und sibenzig xourden dar gestalt.
V 959 zw6 unde sibenzech mange wurden da gestalt.
dass S und B ein in V lehlendes schiere enthalten, macht schwer-
lich viel aus. — S 1357 und wurden getriben zö der burch.
B 1231 an driun end für die stat, dem nichts in V gegenüber-
steht, ist eine so unsichere parallele, dass sie K. wol nicht hat
erwähnen wollen. — aiich das dünkt mich bedeutungslos, dass
S 1371 und B 1238 den plur. von den zinnen, V 983 den sing.
KI>ZEL LÄMPRjECHTS ALEXANDER 263
von der znmen hal. — S 1386 und B 1251 spreclieo von lürnieii,
welche Alexander niederbrechen liefs, in V 994 sind es die trie
turne, das heifst nach R.s conjectur: in der hs. steht hiez die
tie turne, was auch widerholuug des artikels sein könnte, in-
dessen ist V 957 = S 1335 = B 1207 von drei türmen an der
pl'orte erzählt worden. — S 1411 daz er sines selbes tohter he-
slief. B 1271 daz er sin dochter besleiff. V 1014 daz er mit
siner tohter sliefe. also SB gegen V^ allein ist das bedeutsam? —
ungeiähr gleichwertig in der folgenden zeile S 1412 ouh ist Tyrus
di selbe stat. B 1272 Tiryus ist och die stat. V 1015 Tyre ist
noch diu selbe stat, wenn hier nicht noch lür ouch steht, von K.
übersehen. — S 1438 Der riche kuninc Darius. B 1290 der
riche Mng Darius. V 1031 Ain richer chunich was Darius. diese
Übereinstimmung von SB würde von wert sein, wenn nicht klai-
wäre dass der nach altertümlichem stil vorausgeschickte, eine tat-
sache aussprechende satz zum ändern veranlasste und die vorge-
nommene änderung jedermann eiulallen muste. im nächsten verse
steht B gleich wider mit V gegen S. — S 1488 Dö Alexander den hieb
gelas. B 1317 do Allexander den brieff gelas. V 1071 Unde also
Alexander den brif gelas. B = S, aber sie haben ohne zweifei beide
unabhängig in gleicher weise gekürzt, also == dö wurde auch
sonst weggeschatft: vgl. oben bei V 393. — eingeschoben sei die
bemerkung, dass B1324 leicht den ältesten text erhalten haben
konnte: wand es diuchte dich widerzem daz recht.
V 1077 icande ez ne ducht iuch gnade noch reht,
S 1494 wände daz ne wäre niwit reht. —
S 1538 diu gäbe ein ander meinet
dan mir der brief bescheinet.
B 1346 ich sag iuch was iuwers herren breiff meint:
ein ander betiutung er bescheind.
in V ganz anders, doch stimmt folgendes einiger mafsen zu SB:
V1105 iwers herren brief mir niuht gevellet,
wände er zer gebe niene gehillet. . . .
1109 er bezeichenet alle ein ander.
die gleichen reime meinet : bescheinet in SB sind beachtenswert,
verlieren aber dadurch an bedeutung dass iuwers herren brief
andererseits V und B angehört, und wenn man die gedanken-
verbindung prüft, sieht man noch klarer dass die gleichen reime
nur auf zufall beruhen können. S die gäbe besagt etwas anderes
als der brief mir darlegt. V eures herreu brief gefällt mir nicht,
denn er stimmt nicht zur gäbe. B ich will euch mitteilen was
eures herrn brief besagt: erlegt eine andere bedeutung dar. so-
wol in V als in B ist der brief so zu sagen der redende, von
dem ausgegangen wird, in S die gäbe. — K. hat sich die stelle
wider entgehen lassen, doch vgl, seine anra. —
Vir29 Diz sazte man dö allez an einen brief,
daz was dem chunige Alexander lieb.
A. F. D. A. XI. 19
264 KINZEL LAMPKECHTS ALEXANDER
er screib in selbe mit siner haut,
er wart dem chnnige Dario gesant.
S 1557 Diz screib Alexander dö
und santiz Dario.
B 1360 dies schreib er an den brief sim,
den sant er mit den hotten dan.
k. hält V für 'das ursprüngliche, das schon in L2 [der quelle
von S und BJ gekürzt war.' S und B stimmen p im allgemeinen
überein; aber was liefsen sie weg? dass zuerst im anschluss an
Alexanders rede ein brief aufgesetzt wurde, den Alexander dann
abschrieb, es ist diese meinung von V nicht ganz leicht zu ver-
stehen, und so konnte auch mehr als einer darauf fallen, den
scheinbaren Widerspruch zwischen V 1129 und 1131 wegzu-
schaffen, indem er die hauptsache beibehielt, streng beweisend
für K. scheint mir die stelle also nicht. — V1133 er inböt im
oiich dd mite. S 1559 und emböt ime da mite. B 1362 er in-
bot da mit. in S und B fehlt ouch, in B aber zugleich ime, so-
dass die Übereinstimmung an wert verliert. — bei V 1137 ff ist
die entscheidting schwer:
V1137 über daz wazzer Enfrates,
niweht gedanchet er des,
ze Babilonji für die gröze stal,
alsus ivart an den brif gesazt.
S 1563 ubir daz wazzer Eufraten
vor di ine're BabyJonien.
B1366 über das waser Enfrattes
mit gewalt für für die stat Babilonij
Werner nimmt ausfall zweier zeilen an, doch würde auch der
reim Enfratten : Babilonie, wodurch S und B neben einander
träten, Bs reimkunst nicht widersprechen, und dass sowol in
V als in B slat gebraucht ist, konnte zufall sein, andererseits
sind die zweite und vierte zeile in V so deutliche reimbüfser,
dass S, wenn es einen geschickteren versschluss fand, sie weg-
lassen konnte, wie K. scheint auch mir eine entscheidung nicht
möglich, in den sich anschlielsenden zeilen gehen B, welches
stark kürzt, und V in so fern mit einander, als beide indirecte
rede haben, S directe (vgl. K.). —
Vi 148 Darjos was ein chunich rieh.
Wide also der brif für in chom,
freislich er in vernam.
mit zorn er nf für,
mit s'inem rkhe er swür.
S 1578 und alse Dario der brieh quam
und er in gelas,
alse dd gescriben was,
KI.NZEL LAMPRECHTS ALEXANDER 265
zornliche er üf für,
bi sinetii riche er swör.
B1372 do Daryus den brieff vernam
der im von Allexander kam,
zornenklick er do nf fnr,
bi sinem rieh er do swor.
S uüd B stimmen in der ersten zeile, doch vgl. deswegen die
bemerkung zu S 1438. sie stimmen ferner in zornliche und
zornenklich gegenüber mit zorn, endlich in bi sinem riche gegen
mit sinem riche, was aber ein ofl'enbarer, schon von R. im text
verbesserter fehler ist. dagegen hat B mit V den reim qua7n
: vernam gemein und S 1579. 80 fehlen ihm und V, sodass ich
an der engeren Verbindung von B und V doch nicht zweifle, —
S 1647 sere zurneter des. B 1410 ser zürnet er des. V 1197
sere zürnet er sich des. das reflexivum ist seltener, daher die
Übereinstimmung von SB irrelevant. — mit S 1649 lässt sich
nichts anfangen, weil die entscheidende zahl in V 1199 fehlt,
mit den zahlen springen die texte auch sehr sorglos um. — in
V 1220 steht eine berufung auf meister Alberich, dagegen fehlt
sie S 1690 und B 1427. K. übersah indes dass in B hier eine
zeile ausfiel, wie der mangelnde reim lehrt. —
V 1227 üf Büzival er reit;
do sing er also der thoner deit.
S1695ff und Bl4351f haben verschiedenartig umgearbeitet und
daher trägt es nichts aus dass beide der Wendung iif Bncifale
er saz, resp. i(f Buttifal sas er ze hant sich bedienen. —
V 1259 d wi daz für dar iiz spranch
da ein stahel wider den ander dranchl
grözer siege wurden nie getan,
sie ne singe wilen Sams67i
der die grözen mäht an ime truch
daz er mit eines eseles buchen ein tnsint Hutes
er sin eh.
S 1733 du singen di recken
mit den brünen ecken
daz daz für dar üz spranc.
ir iegweder dranc
vaste zö dem andren.
B 1462 do beschach manig slag gros
daz daz fiur dar nach schos.
'dev vergleich mit Simson fehlt BS' K. siege slüge in V, slügen
in S, slag in B und die weiteren anspielungen auf biblische
begebnisse können aber dafür sprechen dass er ursprünglich ist.
anstöfsig mochte der vergleich mit einem kämpfer, dessen waffe
ein eselskinnbacken war, leicht werden, zu gunsten von SB will
ich aber auch die gleichheit der construclion in S 1735. B 1463
19*
266 KINZEL LAMPRECHTS ALEXANDER
hervorzuheben nicht versäumen. — ebenso haben S und B un-
bestreitbar ähulichkeit in den nächsten versen. V und B gehen
in so fern zusammen, als beide nur berichten: Mennes schlug
Alexander zu boden, sodass er den heim verlor.
V 1265 d wie mähte daz ie teer den:
Mennes der slüch Alexandern zu dei' erde,
aldd loart ime der heim ab gepi^ochen.
B 1464 Menos den werden
slüg nieder zu der erden,
den heim er im zerbrach.
S 1738 dö slüch doh Alexandren
Mennes nider an daz gras.
folgen 10 verse die VB fehlen,
dann 1750 da wart Alexandra sin heim
von dem houbete gebrochen.
es wurde tüchtig auf ihn eingehauen und nur seine gute be-
waft'nuug rettete ihn. S bat eine breitere darstellung, sein Wort-
laut stimmt aber im folgenden merkwürdig zu B. S1746. B146S
mit nide, allerdings an verschiedenen puncten der erzählung.
ferner
S 1759 doch half in daz er genas
daz er so wol gewdfent was.
B 1469 Allexander was mit ßisse gewaffnet gar:
daz half im daz er genas.
dagegen hat
V1273 unt wäre er also wol gewdfent nieht,
er ne bescowet niemerz tages lieht.
es fehlen jedoch an dieser stelle in V, wie reime und construction
ausweisen, mindestens drei verse. lautete der passus etwa
V 1267 aldd wart ime der heim ab gebrochen.
da was vil nach gerochen
Darius der Iure degen.
(so K. nach S, nur dass er nicht punct hier setzt und eine un-
mögliche construction anwendet, vgl. aber hinten seine anni.)
1270 der manegen grözen siege
der der chunich Alexander fie (hs. finch),
der wäre er genesen nie,
unt lodre er also wol gewdfent nieht.
er ne bescowet niemerz tages lieht,
1275 wane daz sines tödes noch neweht solte shi.
dann wäre wenigstens genesen auch in V vorhanden, es bliebe
aber immer noch der von K. nicht erwähnte unterschied, dass
1274. 5 in SB fehlen. — S 1792 vil michil lob er des gwan.
B 1487 des er gros lob gewan. V 1290 d loie gut ainen lob daz
swert gewan. der satzbau , lop als masc. sind älter in V. dass
das Schwert gepriesen wird und nicht der hauende fällt auf. hiefs
es ursprünglich d wie gut ein lop daz er gewan? — S 1796
Kl-NZKL LAMPRECHTS ALEXANDER 267
Alexandrö er in nf baut. B 1489 sinem heren er in uf band.
V 1292 sinem heren ern üf daz houbet pant. B geht halb mit S,
halb mit V. daz houbet könnte zusatz in V, ebenso leicht aber
von einem oder mehreren lür sich tortgelassen sein. vgl. oben
V 393 ff. — V 1313. 4 sollen nach K. in SB fehlen, das ist je-
doch unrichtig für B. V hat
1312 also der daz kras nider sleit,
s6 strouwet Alexander:
diz ne mohte nehain ander.
der lückenhafte text von B liest
1504 die dotten er nider streit,
als der ein gras nider meit.
streit ist = strouwete ströute. — S 1852. B 1517 dö in. V
1342 den. wahrscheinlich nur ein fehler, veranlasst durch das
1341 vorhergehende den. — S 1857 ff. B 1520ff duzt der er-
zürnte Alexander seinen gegner, in V 1347 f ihrzt er ihn. hier
konnten gewis zwei bearbeiter unabhängig ändern. 343 ff hat
S ihr in du verwandelt, während V und B es beibehielten. —
S 1925 D6. B 1562 do. V 1401 Unt dö. letzteres jedesfalls
älter, doch beweist der wegfall von unt nichts. K. führt den
vers gar nicht an. — V 1433 — 39 fehlen in S nach 1965, in
B nach 1581. auf B ist aber hier wenig verlass, da es zusammen-
zieht, und in S tritt 1966 unvermittelt an den vorhergehenden
vers. —
S 1989 Pamphilienses qudmen ouh wale
und brdhten ime di selben zale.
B 1591 die Papili komen dar,
vierzig ttising in ir schar.
V 1455 die Panfilien däten harte wale:
si brdhten die selben zale.
ob B aus S entstanden scheint mir, trotz komen, sehr unsicher,
denn komen kam wird bei der aufzählung der heranziehenden
truppen oft gebraucht und die namenform Papili steht der in V
näher. — S 1992 verdröz. B 1594 verdros. V 1458 bedröz.
ohne bedeutung. bedriezen wird seltener. — V 1457 ff fehlt die
zahl der Meder, ohne zweifei aus versehen; S 1997. B 1595 geben
sie an, doch verschieden hoch. — S 2001 ime brdhten di von
Armenie f:menige). B 1602 die von Armenye komen her (:der).
V 1467 die uzer Armenitilant (: tüsant), von Übereinstimmung
zwischen S und B darf hier wol ebenso wenig die rede sein als
in S 2013. B 1603, wo zwar sowol S als B bei Gazen (Gassern)
ein adjectivum hat, indes S ubirmütige, B snellen. auch K.s ver-
gleich des Daryo in B 1605 mit dem Dario in S 2012 muss ab-
gelehnt werden, da B vollständig (und unverständig) umge-
arbeitet hat.
Den schluss des Vorauer textes hat K. nicht mit S und B
verglichen, es könnten
268 KINZEL LAMPRECBTS ALEXANDER
S 3257 dö hub sich ze liant
dl Griechische manige
den Fersen ingegene.
B 2483 mit der kriech ser schar
nam er den vorstrit.
V 1501 mit ctiner minner menige
so reit er in zegegene
lür engeren Zusammenhang von S und B sprechen, in so fern
beide kriechische — kriechser haben. B verfuhr aber hier an-
scheinend sehr frei, so entsprechen zb. 2491. 2 einer bemerkung,
welche, minder klar, in S erst 33 18 ff begegnet.
Es sind, wie man sieht, wenige stellen, welche vielleicht
für eine gemeinsame gruudlage von S und B sprechen könnten,
jedoch darf dabei nicht aufser acht gelassen werden dass V uns
keineswegs einen guten, unveränderten text, sondern eine be-
arbeilung vorführt, es also gar nicht ausgeschlossen ist dass S
und B hin und wider Lamprechts urtext näher stehen als das im
ganzen altertümlichere V. dagegen ist die zahl der puncte, an
welchen K. selbst Übereinstimmung von B und V constatiert,
eine so bedeutende, dass ich sein verkennen des hssverhältnisses
nicht begreife.
V 242 fon siner gescephte joch von siner chraft. B 540
wild und daz geschbfte wunderlich. S 274 snel und starc von
gescafnisse. — V 246 daz houbet mager unde swanc. B 546
sin hubt mager und swach (I. swanc : lang). S 285 daz houbit
magir unde slanc. — V 289 ich ne weiz wederz ein ros oder ein
lewe deit. B 598 ob es ros oder leow tut. S 339 sin stimme di
is gelkhe einem freislkhen tiere. — V 291 Btholomeus sprach zu
dem chinde. B 600 do sprach Potolomeus zu dem kint. S 341
dö antworte ime schiere Ptolomeus unde sprach. — V 293 daz
hat iuwer vater in getan. B 604 daz hat iuwer vatter in getan.
S 348 din vater hat iz in getan. — V 295 er sprach 'here, es
ne hat nehein marscalch in hüte. B 606 kein marschalk hat es
in siner hnt. S 351 iz ne hat nieman in hüte. — V296 xoande
ez erbizet ubele unde gute. B 607 wand es bisset übel und gut.
S 354 iz irbvzit man und wib. — V 297 Unt dö diz Alexander
vernani. B 614 do Alexander daz vernan. S 358 Dö der here
diz vernam. — V 299 — 307 stimmen im ganzen zu B 616— 630,
während in S diese versc fehlen. — V308 unt ez (nom.) Alexander
{ncc.) ane begunde Slam. B631 als es in begunde an starn. S 361
und er iz begunde ane stare. dass ich die casus in V richtig
gedeutet habe lehrt die Hist. de prel.: cepit fortiter aspicere
Alexandrum. — V317 so der nie seil noch zöm ane quam. B 640
und nie zum an is kam. S 372 er ne legete zoum noch seil
dar ane. —
V 323 Ein pote Ute dem chunge daz sagen,
er ne getorste es nicht verdagen.
KINZEL LAMPRECHTS ALEXANDER 269
B 646 ein bot Utte dem kunge sagen
und loolte nint vertagen.
S 378 Dd wart daz langer nit verdaget,
dem kuninge wart dö gesagit. —
V 399 nnze ich es haz mach getün.
B717 ich hessers won daz geschieht.
S 468 unz ih mer mac getün. —
V401 wati eines tinges trag ich in tibelen mut.
B718 eins dinges trag ich ühlen mut.
S 470 wene ein dinc daz ih ü clagen
und in minem herzen tragen,
des hdn ich vil sweren müt. —
V405 ter rede willich nu gedagen,
iuwer ezzen willich newiht fersagen,
nüwan — so mir die ougen dd ich mit gesie! —
ich kedanche sin allen den hien
die disen rat habent gefrumit.
407 hs. nu wenn. K. tragt wewun? Zacher sieht darin (anm.)
eine 'interjectio dolenlis et malediceotis', sie ist aber weder ahd.
noch mhd. nachweisbar, ferner in der hs. kesihe und 408 den
hien (= den hiwen), K. im lext kesihe, den hie. er nennt
übrigens 405.6 'einschaltung eines fahrenden' Zs. f. d. phil.
10, 57, obgleich er aao. 32 und in der anm. seiner ausgäbe
zugibt dass sie im 'original' standen, nicht ganz klar.
B 722 die rede stet als si nun ste.
essent, ich sol iuch niut sagen mee.
doch sanier min ogen,
ich sprich daz ane lugen:
ich dank sin allen den
die iuch den rat hant gegen.
S 479 ich swere ü daz bi mineme Übe,
swer disen rat hat gefromit. . . .
das vorhergehende fehlt. — S 484. 5 fehlen VB. dass sie zu
Pseudo-Kallisthenes 'passen' (K. in der anm.), finde ich nicht,
denn dieser sagt etwas ganz anderes. — statt S 489 — 91 hat V
nur 416 also dicke der stolze man deit, B drei verse, deren letzter
737 als der tore dike dut sich zu V gesellt. — was K. im all-
gemeinen bei 992 bemerkt, stellt sich genauer so. S 993 — 96
fehlen VB, nur scheint V 743 mit zorn er der nider saz. B 1026
von zorn er nider sas auf S 996 von zorne begunder roten ein-
fluss geübt zu haben, wogegen der nächste vers vor ungemüte
er nider saz verändert wurde. — S 1013 — 22 fehlen BV. —
V 759. 60. B 1044 — 46 ordnen die facten in gleicher weise und
zwar anders wie S, jedoch hat B den mittleren vers hinzugesetzt.
— V 766 zwainzech thiisent unde baz. B 1053 zwenzig tusing.
S 1052 me dan an hundrit tüsunt. — V 767 also vil sclngen si
270 Kr>ZEL LAMPBECHTS ALEXANDER
ime sines hers. B 1054 si singen im so vil sines keres. S 1054
in zwei versea
si irslngen so vile
Akxandris heris. —
V 771 daz silier scephe ein hundert versunchen.
B 1060 hundert schiff er im versankt.
S 1064 der schiffe sh'ich er ze gründe
vile, daz si versunken.
über S 1071 — 81 sagt K. kurz 'B verstümmelt.' es lässt sich
aber doch noch sehen dass B enger zu V gehört. V 776 er thete
die sceph wider in die habe gdn. B 1065 [er hies] die schiff in
die hab gdn. S 1070 breit
und hiz balde wider gdn
dt schif in di habe,
oh ih rehte vernomen habe.
Slll Alexander beddhte sich. B 1066 der wisse bedachte, da-
nach lücke , wol nur von zwei versen , sodass B weiter zu V
stimmen würde. S 1073 — 77 durchaus anders. — V 805 hat K.
den sonderbaren text Nu de Arabati also daz befunden, in der
hs. steht Nu de also arabati. N ist vom rubricator statt U ge-
setzt, weil er das folgende n für ein u ansah, es muss heifsen
Unde also A. B 1084 als Arabite daz befunden. S 1109 Do
Arabes daz befunden, die namenformen von V und B stehen
sich näher. — V 816 den bevalch erz gesez in die haut. B 1096
daz gessese bevall er ze haut. S 1121 und beval iz [daz ander]
ztoein fursten. — für S 1161 — 86 gibt K. zu 'die gute Umge-
staltung kommt allein auf rechnung von S.' zu beachten ist
V 843 d wie maneger des Sturmes enchalt. B 1124 des manig
burger engalt.
S 1166 daz wart sere ze banen
dem der iz mit dem Übe galt. —
im folgenden hat K. nicht beachtet, welche hss. übereinstimmen,
die verszahlen gibt er an. V 879 unt brdchen da der besten
mure eine. B 1152 sij brachen der besten muren ein.
S 1226 der innren brach dö eine
Alexander und di geste
di dd was di beste. —
V 884. B 1154 er. S 1232 man. — V 907 fon den perfriden
üf die Zinnen. B 1169 vom berffrit uf di zinen. S 1263 nider
üf di Zinnen. — V 917 da brdchen sie die besten müre zu der
erde. B 1173 die mur brachent sy uf die erden.
S 1276 dd si brdchen di veste
nider zo der erden,
nie ne mohte werden
ein müre di bezzer wdre. —
V 922 dd ne gesach man nechein zagen. B1178 loan man vant
da keinen zagen. S 1284 man ne sah dd niemannen verzagen. —
KINZEL LAMPRECHTS ALEXANDER 271
V 923 da mahti man manegen degen scouwen. B 1 179 man
mocht Ich mengen schwnwen. S 1285 man mohte dd degene
scowen. — V 942 daz iz tu unzellkh ist ze sagen. B 1190 daz
ir waren anne zal. in S oichls daran anklingendes, — V 961
he'rren, bedenchet inchs inzit (hs. inch sin ziht, K. iuch sin enzU).
B 1213 er sprach 'bedenken inch bi zit. S 1341 er sprach 'nu
rdlent mir, des ist zit. —
V 965 der rät der ime dö wart getan
den mugent ir schiere verstdn.
B 1217 der rat der do ward getan
den will ich iuch wissen Ion.
S ganz abweichend. —
V 969 ziDÖ unde sibenzech mange wurden da gestalt,
sie würfen alle mit geicalt.
B 1227 niun und sibenzig wurden dar gestalt,
die wol wurffen mit gewalt.
S 1351 mit Sturmes gewalt.
schielte wurden dd gestalt
zwo ^md sibinzich mangen. —
V 1000 die er dd for sante der in. B 1257 die er hatte gesant
vor hin in. S 1393 di er sante dar in. — V 1011 Antioch.
B 1268 Anttyobus. S 1405 der kuninc Antioch. —
V 1016 dd daz beiden wib unseren heren pat
daz er ir tohter erlöste.
B 1274 do got der heidnin dochter lost.
S1413 dar Chanatiea unsen heren bat
daz er si getröste
und ir tohter löste.
woher K.s Vermutung 'B erinnerte sich wol der geschichte nicht'?
weil reimnol den wunderlichen vers von des bossen geistes rost
hervorrief? —
V 1019 Dar nach über unlanch stunt
so wart Dario chunt.
B 1276 nun ward in kurzer stund
Daryo daz mer kunt.
S 1422 Dö cunte Dario ein man. —
V 1022 daz Alexander der chüne man. B 1279 daz Allexander
der küene man. S 1424 wi der kuninc Alexander. —
V1029 daz er in niuht ze helf en qudme (hs. und K.
helfen chome),
dö er ir gröze not ferndme.
B 1288 daz er in niut ze helffe kam,
do er ir grossi not vernam.
S 1434 daz er in mit gelfe
niioit (I. niuwiht) ze helfe
schire ne que'me,
dö er ir not verndme. —
272 KLNZEL LAMPfiECHTS ALEXANDER
V 1032 er iDider ddhter alsus. ß 1291 gedacht nach diser rede
sus. S 1439 der antworte ime alsus. ich bleibe uatürlich hier
und 432 bei meinem er = her und lese weder dort mit K. umbe
für das er umbe der hs. noch hier mit ihm derun'der. denn
wozu an den zwei congruenten stellen verschiedene conjecturen,
wenn eine und dieselbe für beide hinreicht? —
V1033 Alexander dnhte in lutzeJ.
er sante im eines chindes stuzel
unde dar zu ein scühpant.
B 1295 er forchtte in danach lüczel.
. . . eins kindes stiiczel
und dar zu ein schuchbant.
S 1451 daz er ime sante drdte
einen guldinen bal
scöne unde sinewal.
ouh sanier ime zehant
zicene herlkhe scüchbant. —
V 1042 umbe icaz er ime die drie gebe sante. B 1304 wor umb
er im die Meinet sant. S 1463 waz dise gäbe meinte. — V 1051
Wanten scüchpant nuzet man tagelich. B 1310 den man nüczet
alle stund, fehlt S. — V 1072 owi wie smdhe ime was. B 1318
vil smcch er im was. S 14&9 vil harte umme're ime loas.
Ich brauche wol das material nicht weiter so ausführlich
vorzulegen, sondern darf mich mit angäbe der verse begnügen,
in welchen die Verwandtschaft von B mit V aufserdem hervortritt,
es sind V 1099 = B 1338 gegen S 1521. — Übereinstimmung
zwischen B 1344 und V 214, 13, welche sowol K. als Werner in
seiner ausgäbe von B annehmen, will mir nicht einleuchten. —
der parallelismus von V IUI — 16 zu B 1348 — 52 erscheint K.
deshalb unvollkommen , weil er die lücken in B nicht beachtet
hat. — V 1 1 17 = B 1354 gegen S 1545. — V 1 154 = B 1377
gegen S 1586. — B 1378 ff scheint mir allzu sehr zerstört, als
dass ich es wagen würde, daraus wie K. nähere Verwandtschaft
mit V 1150 ir erschliefsen zu wollen. — V 1176. 7 = B 1393. 4
gegen S 1614. 5. — V 1230. 1 = B 1439. 40. in S nichts ent-
sprechendes. — V 1242 = B 1444 gegen S 1718. 9. — V 1252 bis
56 = B 1450 — 55. fehlt S. — V 1257. 8 = B 1456. 7 gegen
S 1730—32. — V 1298—1300 = B 1494. 5 gegen S 1805-8.
— V 1312 = B 1505 gegen S 1822. — V 1317 = B 1506 gegen
S 1826. auch im folgenden verse giengen VB wahrscheinlich
zusammen, wie der für B notige reim lehrt; die zeile selbst fehlt.
S stellt um. — V 1348. 9 = B 1523. 4 gegen S 1858—64. K.
nennt V 1350 d wie schirer da restarb l eine 'unpassende anti-
cipation', wahrend solche vorausdeutungen doch ganz dem slil
des volkstümlichen epos gemäfs sind. B änderte die zeile viel-
leicht nur des reimes wegen (V warf:restarf). — V 1370 = B 1539
gegen S 1886. — V 1392 = B 1557 gegen S 1912. — V 1394
KINZEL LAMPRECHTS ALEXANDER 273
= B 1559 gegen S 1916. — V 1402 = B 1563 gegen S 1926. —
V 1409. 10 = B 1564. 65 gegen S 1931. — V 1411 == B 1566.
fehlt S. —
V1477 noch dö sdzen sine frie man
ferre über Frigiam.
ß 1607 noch sassen sin fryen man
in Fryga vier (= verre) hin dan.
S2017 ime satiten sine frie man
di da sdzen in Frigiam. —
V1493 ze sehs hinderet tüsint waren si gezalt —
da was der hof manichfalt —
unde dar zu drizech tusant.
B 1618 ir zal ward also vernomen:
sechs hunder tusing was ir do
die gern dienten Taryo,
dar zu drissig dusing och.
S 2033 so ahte man iz da zestunt
an sehs hundrit unde drizich tüswit
daz alliz Dario quam.
Übersehen hat K. folgende stattliche reihe von Übereinstim-
mungen zwischen ß und V:
V 271 wem des chuniges gewalt
ndch sinem Übe wurde fersalt.
S 312 weme nah sinem libe
sin knnincriche solde blibe.
B 576 denyie der daz künkerich
nach im besiezen sollte gewalttenklich
und nach sinem dote soll wessen her.
(Werner setzt nach dote lücke an. dann wäre aber solt wessen
her auch kein vollständiger vers, wie er meint.) der reim von
S — e : — en würde B nicht gestört haben (Werner, Die Basier
bearbeitung s. 73), also dürfte ihm ein anderer text zu gründe
liegen, gewaltenklich weist auf gewalt in V, und veranlassung
zum ändern mag fersalt gegeben haben. — S 330 — 33 fehlen
Vß, ebenso S 352. 3. ~ mindestens S 971 — 77 fehlen VB,
ebenso S 979. 80. 83. 84. 1036 — 42. 45. 46. 1145. 6. —
V 853 Alexander chom mit grözer chrefte
unt tet sceph zesamen hephten.
B 1130 Allexander mit grossen krefften
hies die schiff" ze samen hefften.
S 1189 er hiz insamt heften
di schif mit mannis creften.
die entscheidung kann hier schwanken, das eigentümhche mannis
creften neben grözer chrefte führt zu der Vermutung, ob nicht
274 KI.NZEL LAMPRECHTS ALEXANDER
Laraprecbt mdnkrefte geschrieben hahe?i — S 1241. 2 fehlen
VB, ebenso S 1311—14. 1320—24. 1339. 40. — V 962 wandir
tinre chnehte sit. B 1214 icatid ir fromde helde sit. S 1342 loandir
vil wise h'ite sit. — S 1383. 4 fehlen VB. B hat 1248. 49 verse
— der zweite fehlt — , welche die Verbindung mit dem folgenden
herstellen sollen, in denen aber von den mangen gewis nicht die
rede war. — S 1428.29 fehlen Vß, auch 1440 — 50. —
V 1049 daz er ime tagelichen dienen solle.
B 1311 daz er im deglich dienen soll
mit allem sinem rieh; daz gold. . , .
S 1072 daz ime Alexander
und dar zö manic ander
tagelich dienen solde (: tvolde). —
V 1090 wände wir getorsten die botscaf niet Idzen.
B 1331 die botschaft torsten wir nint lan.
S 1507 wi torste icir Idzen
daz unser here uns gebot
durh siheiner slahte not! —
S 1541 — 44 fehlen VB. —
V1153 er sprach 'daz mich ie der bescalt
des vater mir den zins ehalt.
B 1376 sid inn der bescliult
des vatter im den zins gult.
S 1585 daz er mich ie beschalt.
er ist worden ze balt. —
S 1643. 4 fehlen VB. —
V 1230 swer in fon ferre sack gevaren,
e er hinder sich gesach,
so heter sin ainen slach.
B 1439 ica er kam gen in gevarn,
ee sich j'eman umb gesach,
so beschach im von im nngemach.
S 1702 ff weichen gänzlich ab. — V 1239 = B 1442 gegen S 1711.
_ V 1415 = B 1570 gegen S 1941. — V 1440 = B 1582 gegen
S 1967. — V 1457 = B 1593 gegen S 1991. — V 1492 = B
1617 gegen S 2032.
Auf das, was K. in der Zs. f. d. phil. ll,385ff. 14, 380f.
16, 121 ff und in seiner ausgäbe s. xxxfi ff vorbringt, brauche ich
nicht einzugehen, weil wol alle dort herangezogeneu und hier
verwertbaren stellen entweder in meiner früher genannten re-
cension oder im vorstehenden berührt worden sind, es ergibt
sich mir folgendes resultat.
Lamprechts Alexanderlied *L ist einer dreimaligen bearbeitung
unterworfen worden : *V, *S, *B. wie sich aus stil und teclinik
• ich sehe nachträglich dass K. in der anm. sagt 'für jnatmisci'afl
sonst das echte compos. mankral't.' dies steht freilich bei Lexer, ist aber
doch schwerlich etwas anderes als munkrafl = magenkraft.
KITZEL LAMPRECHTS ALEXANDER 275
van V ergibt, stand *V dem original am nächsten (von der be-
trächtlichen kürzung iu V sehe ich vorläufig ab). *S hat Stil
und technik geglättet, wenig tortgelassen, gelegentlich erweitert.
*B ist, weil seiner entstehungszeit *L noch minder genügte als
der von *S, weniger schonend vorgegangen und hat sich nament-
lich starke zusanimenziehungen des Inhalts erlaubt, wenn man
überall der hs. B, die ja keineswegs sorgsam ist, trauen darf,
aber selbst sie zeigt dass *ß sich oftmals enger an den Wortlaut
von *L angeschlossen hat als S, weil eben B zu der, angemessen
ihrer entstehungszeit, conservativsten hs. V so sehr häufig stimmt,
wo S abweicht, ja wir haben ein par stellen gefunden, an welchen
der text von B das original allein bewahrt zu haben scheint, ist
das richtig, so geht *B nicht etwa auf *V zurück — auf V be-
stimmt nicht, weil es verse enthält, die hierin fehlen — , sondern
auf *L, und das ergibt sich auch daraus, dass S und B mitunter
V gegenüber die bessere lesart enthalten, es ist aber eine un-
erlaubte annähme K.s (Zs. f. d. phil. 16, 122), dass in solchen
fällen eine 'gemeinsame besser ung' seitens BS vorliege und
die schlechtere lesart in V die ursprüngliche sei. denn wieso
darf er behaupten, *V habe aus *L und V aus *V immer nur
richtiges entnommen, da doch in V stellen vorkommen, die
unmöglich so im original gestanden haben können? ist die lesart
von V gegenüber der gemein.samen von BS unsinnig, so haben
die beiden das echte eben besser conserviert. 'plusverse' besitzen
gewähr der echtheit, sobald sie in zwei hss. stehen, nie aber
ist, wenn S und B in unbedeutenden dingen zusammengehen,
zu vergessen dass die gleichen tendenzen beider bearbeitungen
ähnlichkeiten herbeigeführt haben können, die entstehung solcher
ist indes allemal glaubhaft zu machen.
Der voreilige schluss von V, meint K. s. xiv, sei dem Schreiber
dieser hs. nicht zur last zu legen, 'dafür könnte vielleicht sprechen
dass in den selbständigen versen mitteldeutsche reime übernommen
sind, wie v. 1514 gesehen : niet für geschiet : niet, die er doch sonst,
wenn auch wenig geschickt, zu ändern verstand wie v. 989. doch
wird auch diese Vermutung hinfällig, wenn wir schon der vorläge
von V den oberdeutschen characler zuschreiben müssen.' in
diesem gedankengang finde ich mich nicht zurecht, wenn verse
selbständig sind — wie kann dann in ihnen etwas übernommen
sein? und wo sind am schluss von V selbständige verse? 1497 bis
1523 sind = S3248— 3301 = B 2480— 2517, also einem späteren
teil des vollständigen liedes. 1524 — 27 sind nach 1365 — 70 ge-
bildet, bleiben 1528 — 33, in welchen man volkwich : Albrkh als
md. reim beanspruchen könnte, wenn er nicht auch obd. möglich
wäre, was den reim gescheen : nievht (so in der hs.) anlangt, so
ist das part. geschiet doch nicht minder md. als gesehen und 989
kann \ch gesiht gar nicht anders auffassen denn als unvollkommene
Schreibung für gesieht geschieht, wobei ht wie so oft iu V für t
276 Kr^ZEL LAMPRECHTS ALEXANDER
Stellt, denn gesiht 'vidit', %Aoran K. denkt, ergäbe nicht nur
eine 'wenig geschickte' änderuug, sondern baren unsinn. der
letzte von mir cilierte satz K.s entzieht sich meinem Verständ-
nis. — ich meinerseits vveifs nicht zu entscheiden, ob *V oder
V die kürzung vorgenommen haben, und es ist mehr gefühls-
sache, gutes vertrauen zu dem saubereu Schreiber von V, wenn
ich denke: *V.
Meiner ansieht vom hssverhällnis widerspricht natürlich K.s
textanordnuug. so weit V reicht, musten die lesarten von B
unter jenes text, nachher erst unter dem von S stehen, oder
vielmehr: da doch B von V und S so sehr abweicht, dass, auch
vom rein orthographischen und dialectischen abgesehen, mit ver-
schwindenden ausnahmen stets der ganze vers citiert werden
muss, so wäre es übersichtlicher gewesen, wenn der text von B
fortlaufend mit hinzufügung der verszahlen von V und S oder
einer der beiden hss. gedruckt worden wäre, also wie in Werners
ausgäbe, die vergleicbung wäre mindestens ebenso bequem ge-
wesen , man hätte die lesarten von S deutlicher übersehen und
B als ganzes studieren können, dass B zu einer bearbeiluug
Zweiter classe herabgedrückt wurde, ist unberechtigt: der Basler
Alexander steht genau so selbständig da als V und S, ist sogar
künstlerisch betrachtet als abgeschlossenes werk wertvoller wie
der nur aus bequemlichkeit und überdruss roh verstümmelte
Vorauer text.
Diesem 'den ursprünglichen dialect aufprägen zu wollen
halte ich für ein wertloses kunststück, so lange es nicht gelingt
seine heimat genau zu bestimmen' sagt K. vorwort s. vi, stellt
aber damit die dinge auf den köpf, zunächst gilt es zuzuschauen,
ob mit den vorhandenen reimen und spuren eines dem ober-
deutschen nicht angehörigen dialects der von *V sich recon-
struieren lässt. ist das geschehen — und es geht, wie ich
Anz. I 7S ff gezeigt und an einem für mich privatim aufgestellten
text geprüft habe — , dann gilt es die herkunft geographisch zu
bestimmen, ob das gelingt oder nicht ist gleichgiltig und tut
der reconstructiou nicht den mindesten eintrag. wenn ich aao.
s. 87 gesagt habe , *V sei vielleicht östlicher als im gebiet der
älteren kölnischen oder Jülich -bergschen mundart (nach Ileinzels
termiuologie) entstanden und R. s. lii dazu bemerkt , diese Ver-
mutung sei in so fern ohne bedeutung als der rechtsrheinische
teil des mittelfränkischen einen ziemlich schmaleu slreilen bilde,
so entgegne ich dass östlich von diesem streifen doch die weit
noch nicht aufhört, ich möchte jedoch damit nicht den schein
erwecken, als ob mir die preisgäbe meiner sehr vorsichtigen
äulseruug schwer werde, glaube vielmehr gern dass sich die
heimat von *V nicht genau bestimmen lässt.
Nannte R. einen solchen reconstructionsversuch ein wert-
loses kunststück, so war er sich wol nicht bewust, was er damit
KINZEL LAMPRECHTÖ ALEXANDER 277
aussprach, nichts vveüiger nämlich als dass er, was Jacob Grimm
unfl Lachmann taten, inJem sie aus den reimen den dialect der
schrilisleller bestimmten und die reime als unschätzbare controle
der Überlieferung erkennen und verwenden lehrten , als dass er
dies zur Spielerei stempelte, bequem ist ja sein vertahren und
so wird er und der neueste herausgeber des Rother gewis nach-
folger finden, wenn nicht immer wider hervorgehoben wird dass
solche textgestallung, sobald ausreichende mittel zur recoustruction
des echteren vorhanden sind, durchaus unwissenscbattlich ist. und
wenn nach vorwort s. vi 'das gemisch von md. und hd. formen
beizubehalten war' und der ursprüngliche dialect nicht herzu-
stellen — wie kommt dann K. dazu den text zu reinigen 'in
der richtung zum md. hin'? das setzt doch die erkenntnis voraus,
dass *V md. war, und wenn sich das erkennen lässt — weshalb
zog K. nicht die notwendige consequenz und gab einen md. text ?
statt dessen haben wir einen willkürlichen mischmasch. denn es
ist reine willkür ein teht und tet der hs. 123. 1099 in toet,
also wol tö^t aufzulösen, andererseits 289 deht und 518 deht in
det , dagegen 1403 deth in ti'it (vgl. Anz. i 86), ebenso aber auch
416 tuht in tut, 1228 endlich im anschluss an Anz. i 86 deit zu
ergänzen, worauf eben die reime an allen stellen weisen.
Unbedacht ist auch K.s äufserung vorwort s. vi bezüglich
der Sammlung von parallelen in seinen anmerkungen: 'ich hoffe
hierdurch einen ersten umfassenderen anfang für die kenntnis
des Sprachgebrauchs und des geistlichen Stils in der vorclassi-
schen periode gemacht zu haben , als es durch behandlung einiger
Wendungen in der einleitung hätte geschehen können.' diesen
(stilistisch monströsen) salz wird jeder auf die einleitung Lichten-
steins zu seinem Eilhart beziehen, diejenigen, welche den von
Lichtenstein eingeschlageneu weg nach ihm beschritten, müssen
wol günstiger über den wert jener erörterungen gedacht haben,
und auch nach meiner ansieht werden wir vom stil einer kunst-
richtung nur dann eine anschauung gewinnen können , wenn
wir seine merkmale sammeln nicht wie der zufall der versfolge
sie vorführt, sondern nach einem System. K. sehe sich einmal
Sievers formelverzeichnis zum Heliand an und frage sich, ob
diese Zusammenstellungen wol gleich verwertbar und lehrreich
sein würden, wenn sie nach seiner arl vorgeführt worden wären.
K. hat in texten, commentaren und Wörterbüchern weithin umschau
gehalten , die ergebnisse seines fleifses liefen aber gefahr verloren
zu gehen, hätte er nicht durch ein alphabetisches register Ord-
nung geschafft, und wenn er nun noch versucht hätte 'durch
behandlung einiger Wendungen in der einleitung' resultate aus
seinen parallelen zu ziehen und sich über den standpunct des
einfachen Sammlers zu erheben — würde das wol jemand mit
Verachtung behandelt haben wie er?
Gegen den inhalt der anmerkungen habe ich nur wenig ein-
278 KirsZEL LAMPRECHTS ALEXANDER
Wände, zu bringen in 14 scheint mir doch einlach 'herbei-
bringen, lietern, spenden' zu bedeuten. — 65 schliefse ich mich
heber K. als Zacher an und eriiläre: 'diese darlegung will ich
zu ende tühren und lüge hinzu dass Salomo bei dem eben ge-
sagten ausgenommen war.' — auch 198 betrachte ich Zachers
äuderung als unnötig, der liste hängt ab von frumer (vorneme)
und deutet die beziehung an (ähnliche tälle Gr. 4, 732 nr 13.
Paul Mhd. gr.- § 266) oder noch eher die lolge (vgl. Erdmann,
Syntax Ollrids 2, 186 unten), der bei gewan ist altraction durch
den vorangehenden gen. das des in V 170 kann unverändert
bleiben: es bezieht sich auf den ganzen vers 169: 'er wurde ein
tüchtiger manu in lolge des kenutnisse gewonnen habens vom
lehrer.' — daz 210 würde ich lieber durch 'sodass' widergeben:
'sodass alle weisen darin erklingen konnten.' K.s gihen, welches
= giengen sein soll und »ui zihen reimt, ist, wenn es auch in
der hs. steht, eine uuform. sowol in S als in V ist zien : gien
zu schreiben. — mit gewdfen varn 229 kann nur heifsen 'sich
mit Waffen bewegen , mit waffen umgehen.' unzalllch 276 'nicht
zu zählen', aber auch 'nicht zu erzählen.' — 286 sine ougen wären
im allir (V richtiger al der) vare glich eineme ßiegindin aren.
'heifst das: wie einem adler der auf raub fliegt?' fragt K. das
epitheton flieginde ist ein ständiges des adlers oder jedes anderen
Vogels, weil fliegen zu ihrer natur gehört, wir bei ihnen gleich
an das fliegen denken; nicht aber soll damit gesagt sein dass
die äugen des fliegenden adlers anders aussehen als die des
sitzenden. — ob V 284 daz stunt in siner tobeheit scrien bedeutet
'das fieng an zu schreien' (vgl. noch K. zu 245) oder 'das schrie
beständig' weifs ich nicht, halte es aber für bedenklich zu ändern.
K.s Vorschlag da ze stunt befriedigt auch dem Zusammenhang
nach nicht. — V 454 kommt mir nicht sinnlos vor: die sezmanne
verpflichteten sich dem, welcher die bürg vor ihnen innehatte,
der früher ihr herr war, ehe Philipp sie ihm abnahm und sie
hinein setzte. — V 484 hat K. den text verunstaltet, in der hs.
steht daz ich in zal wäre sagen dh. zalwdre oder ze alwdre, wie
Diemer schon erkannte. K. macht daraus daz ich iu sal wäre
sagen mit Zerstörung der beteuerung, ungewöhnlicher Wortstellung
und ungewöhnlichem ivdre. — warum soll scaz V 490 nur 'ver-
arbeitetes edelmelair sein? sind edle gesteine und arbeiten daraus
nicht auch kostbar und kann man sie nicht auch über ein ander
legen? — doh möser getrösten sich 1077 bedeutet nicht 'er
konnte sich trösten', sondern 'er tröstete sich natürlich'
nach Lachmanns bekannter definition von miiezen. —
V 848 do alrc'rist chom ir he're.
owe daz Tyre dö niht genas,
diso wol ir begagent toas.
statt begagent in der hs. ganegent. 'die bessrung befriedigt nicht'
urteilt K., ihr urheber, richtig, sodass man sich billig wundert,
KI.NZEL LAMPRECHTS ALEXANDEK 279
weshalb er seine coujectur dann 'besserung' nennt, auch Zachers
Vermutung also wol er (nämlich Alexander) gegaricet was will mir
nicht recht in den Zusammenhang passen, jedeslalls muss in
der zweiten zeile etwas stehen, das einen gruud für das bedauern
angibt, al ir so wol gewegen was? nämlich seitens ihrer biirger. —
V 945 f wird auch durch K.s anm. nicht verständlich:
si fuhten also xoildhi sioin,
swes tot nieht solte sin.
S 1317 di fnhten so di loilden siDtii,
wene daz nit solde sin
ir lebenes dö me.
B lässl uns im stich, nach V 946 fehlen mindestens zwei verse;
mit swin muss ein salz oder Satzteil enden, swes tot kann aus
wene dat entstanden, in S das ursprüngliche erhalten sein. —
auch der nächste reim, über welchen K. nichts bemerkt, darf
schwerlich passieren:
V 947 Die umbe die hurch lägen,
sie ne dürften sich des siges immer gerümen.
lagen rührt von Dieraer her, was K. nicht angibt; die hs. hat
langen. — ebenso wenig gibt er an dass Diemer V 961 herre
in herren verbessert hat; er schreibt freilich (mit recht) heren.
aber Diemer hat auch die weitere Überlieferung dieses verses
besser verstanden: bedenchet iuch sin ziht löst er auf in inch is
in zit, K. in iuch sin enzit und Zacher streicht dann sin in der
anm. am nächsten kommt der hs. iuchs inzit. — weshalb soll
volleiste S 1416 mit 'alimacht' übersetzt werden, was es doch
nirgends bedeutet? 'macht, hilfe' reicht hin. — V 1109 kommt
mir alle, 'adv. für al, nebenform wie bei der unflectierten form'
nach K., nicht geheuer vor. der Zusammenhang fordert einen
gegeusatz, und wenn er durch eine conjuuction hervorgehoben wer-
den soll, so könnte man in alle eine Verlesung von aue erblicken.
— in der bemerkung zu V 1406 soll der acc. sg. doch wol sinen
genöz statt genözen lauten. — V 1423 kann der plur. mit allen
ir manigenf: Mesopotamien) beibehalten werden, da es sich um
die scharen mehrerer führer handelt. — nach S 2630 oder 31
fehlt ein vers. Zachers Vermutung ^md mit ketenen spannen oder
heften scheitert am reim (machen). — auch sein Vorschlag zu 3092
gewinnt nicht. B liest wie S, falls sin für sinen steht, so würde
Alexander frowete sinen müt heifsen 'A. machte sein herz froh,
heiterte sein gemüt auf.' ist aber Alexander in B acc. und sin
mut Dom., dann geht sin auf Darius: 'Darius gesinnung erfreute
A.' in S wäre dann zu schreiben Alexandern frowete sin müt.
das hat den vorteil gröfserer einfachheit für sich.
Es gebricht mir die mufse, auf alle teile des K.schen buches
gleichmäfsig einzugehen, ich bemerke daher dass der ii abschnitt
der einleitung von der Historia de preliis Alexandri Magni handelt,
der in vom Verhältnis des Alexanderliedes zu seiner quelle, um
A. F. D. A. XI. 20
280 KINZEL LAMPRECHTS ALEXANDER
dasselbe zu veranschaulichen hat K. unter dem text die ein-
schlägigen stellen der Histoiia (nach einem bedeutend reicheren
material als OZingerle in seinen Quellen zum Alexander des
Rudolf von Ems) und was sonst noch herbeizuzieheu angetührt.
die spräche der deutschen texte wird in iv, die abt'assungszeit
des gedichts und seiner Überarbeitung in v untersucht, nur zu
VI metrik noch ein par worte.
K. bringt meine ansichten über die metrik der vorclassischen
md. dichtungen in einen gegensatz zur Amelungschen, welcher
mich zu ungünstig stellt. 'Amelung gieng von der beobachtung
der tatsache aus und stellte das beobachtete methodisch dar.
Roediger nimmt von vorn herein das gesetz der einsilbigkeit für
die gediclite des 12jhs. in anspruch und sucht . . . die ab-
weichungen zu erklären' (s. lxviii). danach wäre ich — das
leuchtet für mich wenigstens heraus — nicht methodisch, sondern
mit vorgefasster meinung zu werke gegangen, ich brauche dem
gegenüber nur zu widerholen was ich vor zwei jähren für diesen
Anz. geschrieben habe (ix334): 'so müssen wir bei jedem poeti-
schen denkmal das mafs des erlaubten in ihm selber suchen, in-
dem wir ohne vorgefasste meinung herantreten. . . . dass wir
durch solche Untersuchungen auch auf metrisch mehrsilbige
Senkungen geführt werden können, wird kein vernünftiger be-
streiten, aber entartung sind sie zweifellos, da nie im deutschen
zwei völlig gleichbetonte silben neben einander stehen. . . .' des-
halb frage ich überall nach der metrischen einsilbigkeit der
Senkungen und auch Amelung geht naturgemäfs Zs. f. d. phil.
3,253 sofort an die Untersuchung, wie es stehe um 'die all-
gemeine regel der mhd. metrik, wonach die einsilbigkeit
der Senkung unverbrüchliches gesetz ist.' der einzige unter-
schied zwischen Amelung und mir ist der, dass er für die von
ihm untersuchten mitteldeutschen denkmäler eine andere er-
klärung der nach classischem mafs mehrsilbigen Senkungen gibt
als ich für die von mir geprüften oberdeutschen, dies aber
kann gar nicht anders sein, weil wir wissen dass das mittel- und
niederdeutsche nicht in dem grade zu kürzungen geneigt war
als das oberdeutsche, sodass dort vieles in der tat zweisilbig
bleibt, was durch die oberdeutsche dialectische ausspräche
metrisch einsilbig wird, wie aber K. s. lxix sagen kann , er sehe
in den metrisch mehrsilbigen Senkungen 'nichts den classischen
gesetzen im princip widersprechendes', das ist mir ein rätsei.
Da metrisch zweisilbige Senkungen in V und S nachweisbar
sind, hält K. wie es scheint die geseizc der verschleifung für
aufgehoben, wenigstens führt er s. lxix künege gewän 50. tihte
der 4. himel der 111. wände des 29 unter den zweisilbigen
Senkungen an. dies halle ich in so fern iiir unberechtigt, als nur
durch lockere handhabung der sprachlich mehrsilbigen, aber
metrisch einsilbigen Senkung die entstehung der metrisch mehr-
KI>ZEL LAMPRECHTS ALEXA>DER 281
silbigen sich erklärt (vgl. Scherer Denkm.* 415 f). für unbe-
rechligl halte ich es auch, die länge der verse dadurch herabzu-
drücken, dass man dreisilbigen auftact ansetzt, was mir K. s. lxx
als schwanken auslegt, war wolbedachte vorsieht, denn unmög-
lich darf man alles, was sich der metrik nach in den auftact
bringen lässt, ohne rücksicht auf den sinn hineinstecken, der
auftact ist nur ein anlauf zur ersten hebung und muss deshalb
sprachlich (oder rhythmisch) und logisch schnell überwindbar
sein, es ist daher gänzlich verfehlt, das wichtigste im satz zum
auftact zu ziehen, wie es K. nicht selten tut. zb. 163 die meisterl
die Alexander ouch geican. meister ist gewis kein nebensächliches
wort: sie treten neu auf und von ihnen ist in einer gröfseren
zahl von versen weiter die rede, das wort muss die erste hebung
tragen, der vers erhält also einsilbigen auftact und 5, nicht
4 hebungen; zweisilbige Senkung Ale-, oder 194 zerchennen j
daz gestirne unt ouch sineti ganc. auf das erkennen kommt es
an, also wie vorhin, zweisilbige Senkung nnt ouch. 273 er
sprach 'daz / sol dem derz alrerst bescride. nicht auf sol, sondern
auf dem ruht der logische accent; er sprach steht aufserhalb des
Verses und mag gestrichen werden, daz sol ist auftact. 401 wan
eines j tinges trag ich iu ubelen miit. eines hat den tou , also
5 hebungen mit einsilbigem auftact und der zweisilbigen Senkung
ich iu. 473 diz was Darios ter in Danigel steit. K. hat nicht
gemerkt dass sowol in V als in S immer nach deutscher weise
Ddrius, Ddrjus betont wird, auf der ersten silbe. — ich brauche
kaum hinzuzufügen dass sich mir so das bild der metrik völlig
anders gestaltet als K.
Es wäre ungerecht, wollte man nicht anerkennen dass K.
sich einer mühsamen und weilschichligeu arbeit mit grofsem fleifs
und beharrlicher geduld hingegeben hat, und wer in ähnlicher
läge ist wie er, wird auch wissen dass eine zerstückte arbeitszeit
und häufiges abreifsen des fadens so manchen nachteil mit sich
führt, gewis hat auch der begreifliche wünsch, nach sieben
Jahren der beschäftigung mit einem und demselben gegenständ
endlich abzuschliefsen, das zurückschieben dieser und jener dar-
legung veranlasst, welche nicht gerade notwendig ist, mimerhin
aber das buch geziert und das litterarhistorische Verständnis der
dichtungen erleichtert hätte, gerade weil ich diese entschul-
digungsgründe gelten lasse, darf ich sagen dass mir manches
misraten scheint und das offene geständnis machen dass ich bes-
seres von K. erwartet halte.
Berlin 15. 4. 85. Max Roediger.
20*
282 LITTERATURNOTIZ
LiTTERATUR NOTIZ.
Otto Lücke, Goethe und Homer (besonderer abdruck aus dem oster-
programm der k. klosterschule zu llt'eld a.H.). Nordhausen, druck
von CKirchner, 1884. 51 ss. 40. — L. stellt mit gründlichem
fleifse die Zeugnisse für Goethes beschäftigung mit Homer zu-
sammen, berücksichtigt auch kleine flüchtige anspielungen in
werken, brieten und gesprochen und weist zahlreiche Homerische
stellen nach, aus denen stoft" und worle geschöpft sind, aber
die folgen dieses für Goethes entwickelung äul'serst lehrreichen
und teilweise symptomatischen Verhältnisses hat er viel zu wenig
beachtet. L. verfährt, als ob er einen dichter des 17 oder der
ersten hälfte des 18 jhs. vor sich hätte; dawar äufserliches ent-
lehnen von namen, motiven und phrasen der brauch und hier
ist mit einem register derselben die arbeit zumeist getan. Goethe
aber eignete sich seine Vorbilder innerlich an und vor allem
lauschte er ihnen das geheimnis des dichleus ab. L. kommt über
das excerpieren selten hinaus, er bezeichnet zwar die italienische
reise als einen einschnitt in Goethes Stellung zu Homer, hebt
aber nicht genügend heraus dass Goethe vorher mit Herder
Homer als naturdicliter schätzt, sich wie Winckelmann in die
epen stimmungsvoll versenkt, aber das Studium der Homerischen
technik kaum weiter treibt als Lessing und Herder; dass er
während und nach der reise selbständige beobachtungen hierüber
anstellt, dass ihm Homer als künstler lebendig wird, dass sich
ihm das natürliche in den epen nun gesteigert otTenbart als die
natur. und hierin wird nun Herder Goethes schüler, während
weiterhin der jüngere aus des älteren freundes äufserungen in
den Hören und Humanitätsbriefen (VVW 18, 429; 17, 344) wider
neue bestärkung seiner ansichten gewinnen mochte. Bernays hat
in der einleitung zu Goethes brieten an FAWolf, auf die sich L.
für Goethes verhalten zur Homerischen frage bezieht, das thema
des programmes schon tiefer gefasst. aus der kurzen bemerkung
Scherers LG 550 konnte L. lernen dass es zb. hei der betrach-
tung der Kömischen elegien nicht mit der aushebung von ein
par Homerischen namen und Wendungen allein getan ist. auch
die feine andeutung Scherers (Westermanns monalshefte 46,
741), wie die Vorliebe für Odyssee und llias wechselt mit den
Stimmungen und Situationen Goethes, hat L. nicht ausgeführt,
dass er die Würdigung der Nausikaa in engen schranken hält,
begreift sich bei den Schwierigkeiten, welche dies fragment
bietet, aber die Achilleis nuiste er genauer untersuchen; wer
den gesang offenen sinues liest, kann nicht sagen dass 'Goethes
gOtter und beiden mehr denken und sprechen als bandeln.' überall
eben muste der gegenständ tiefer angefasst wei'den. sonst ist
die mühsame und erkleckliche materialsammlung sehr zu loben
und das zuverlässige gerüste lockt zum ausbau. wer ihn unter-
nimmt, wird L.s Vorarbeit dankbar benützen. B. Seuffert.
BIBLIOGRAPHIE lA 283
Verzeichnis der auf dem gebiete der neueren deut-
schen LITTERATUR IM JAHRE 1884 ERSCHIENENEN WISSEN-
SCHAFTLICHEN PUBLICATIONEN.
VON Philipp Strauch.
Ursprünglich bestand die absiclit, diese bibliographische Übersicht über
den ganzen Zeitraum von Luthers auftreten bis zu Goethes tod auszudehnen,
da aber inzwischen die gesellschaft f. d. phil. in Berlin beschlossen hatte,
ihren Jahresbericht vom laufenden bände an (vgl. auch vorwort dazu s. in)
um die lilteratur des 16jhs. zu vermehren, und es weder in der absieht
des leiters der Zs. noch in der meinen liegen konnte, eine zwecklose con-
currenz hervorzurufen, so wurden nachträglich als zeitliche gränzen die
jähre 1624 und 1832 festgestellt, innerhalb dieser periode habe ich zwar
nach möglichster Vollständigkeit getrachtet, bin mir indes sehr wol bewust
dass eine absolute nicht erreicht wurde, vielleicht überhaupt nicht erreicht
werden kann; denn so manche der zahlreichen periodischen bll.. welche
einschlägige mitteilungen enthalten, lassen sich in folge ihrer blofs localen
bedeutung und Verbreitung nur schwer oder gar nicht beschafifen. selbst
das mafs dessen, was ich nunmehr vorlege, würde ich nicht haben bieten
können, hätte ich nicht bei mehreren befreundeten fachgenossen bereitwil-
lige Unterstützung gefunden, ich lebe der holTnung dass mir für die Zu-
kunft noch tatkräftigere beihilfe, namentlich seitens der Verfasser solcher
aufsätze, die in schwer zugänglichen zss. zur veröfTentlichuug gelangen, zu
teil werden wird und bitte hier im Interesse der sache ausdrücklich um ge-
fällige Zusendung von separatabdrücken.
Die nachstehende bibliographie hält sich streng in dem rahmen des
j. 1884, spätere erscheinungen, auch recensionen, wurden gar nicht, frühere
nur dann berücksichtigt, wenn von ihnen 1884 referate oder anzeigen heraus-
kamen; in diesem falle ist dem titel ein Sternchen vorgesetzt und die an-
gäbe von Seitenzahl und formal blieb fort, ich habe das ganze in zwei
hauptabschnitte zerlegt, von denen der erste, die litteraturgeschichte, in
mehrere alphabetisch geordnete Unterabteilungen zerfällt, während der zweite,
das alphabetische Verzeichnis der einzelnen Schriftsteller, eine weitere glie-
derung nicht gestattete, jedoch möchte ich dazu bemerken dass immer zu-
nächst die werke eines jeden autors (und zwar erst die gesammtausgaben,
dann die einzeldrucke), darauf seine briefe, endlich die schritten über ihn
aufgezählt wurden; es erstreckt sich also die alphabetische folge stets nur
auf diese gruppen, welche ich in fällen, wo die litteratur besonders umfang-
reich war, auch äufserlich durch spatien von einander abhob, nicht auf alles,
was von dem betr. Schriftsteller überhaupt aufnähme fand, wenn ich meine
künde von einem erzeugnis der Goethe -litteratur nur aus der Zusammen-
stellung im Goethe-jb. bd. vi schöpfte, habe ich dieses zu eitleren nicht
unterlassen.
lA. Sammelwerke.
Deutsche nationallitt, hist.-krit. ausg. unter mitwirkung von dr Arnold ua.
hg. von JKürschner. bd. 1 ff . Berlin u. Stuttgart, Spemann, 1883. 84.
8. — Zs. f. d. gebildete weit v 5 (Geiger). DLZ nr 15 (Roediger). Zs. f. d.
österr. gymn. 35, 122 (Sauer). Bll. f. litt, unterh. nr 32. 51 (Boxberger).
Nord und süd, sept. s. 399. Litt, merkur nr 19 (Stein). [1
Wiener neudrucke hg. von ASauer. heft 1 ff. Wien, Konegen, 1883. 84.
8. — Zs. f. d. gebildete weit v 5 (Geiger). Neue freie presse nr 7152
abendbl. (Schmidt). D. litteraturbl. vii nr 33 (Prosch). [2
DLD des 18 und 19jhs. in neudr. hg. von BSeuffert. nr 7 — 19. Heil-
bronn, Henninger, 1883. 84. 8. — Zs. f. d. gebildete weit v5 (Geiger).
284 BIBLIOGRAPHIE lAB
Bll. f. d, bayr. gymnasialschulwesen 20, 230 (Koch). Bll. f. litt, unterb.
nr 2 (Boxberger). Anz. x 2S9 (Steinmeyer). [3
iB. LiTTERATÜRGESCHICHTE. GESAxMMTDARSTELLDNGEN.
Gesch. der deutseben litt, von EBrenning'. 1 halbbd. Lahr, Schauenburg,
1SS3, auf dem Umschlag 1884. viii, 400. 8. — Nord und süd, sept. s. 405.
Bll. f. d. bayr. gymnasialschulwesen 21, 176 (Bauer). D. litteraturbl. vi
nr 41. VII nr 37 (Matthiesen). [4
Gesch. der deutschen nalionallitt. nebst kurzgefasster poetik f. schule und
Selbstbelehrung von GBrugier. mit vielen proben und einem glossar.
7 verb. und verm. aufl. Freiburg i/B., Herder, lxxviii, 775 mit einer tabelle.
S. — Bist. pol. bll. 94, 605 und Litt, rundschau nr 16 (Mutb), [5
Lexicon der deutschen dichter und prosaisten von den ältesten zeiten bis
zum ende des ISjhs. bearb. von FBrümmer (Universalbibl. nr 1941 bis
1945). Leipzig, Reclam. 612. 16. [6
Grundzüge der deutschen litteraturgesch. ein hiifsbuch f. schulen und zum
privatgebrauch von drGEgelhaaf. 3 aufl. mit Zeittafel und register. Heil-
bronn, Henninger. viii, 160. 8. — Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil.
nr6 (Sprenger). Bll. f. d. bayr. gymnasialschulwesen 20,318 (Baldi). Bll.
f. litt, unterb. nr 51 (Boxberger). Zs. f. d. ösferr. gymn. 36, 215 (Prosch). [7
♦Deutsche litteraturgesch. materialien und leitfaden f. mittlere und höhere
lehranstalten und zum Selbststudium von Geerling. Wiesbaden, Gestewitz,
1882. — Bll. f. d. bayr. gymnasialschulwesen 20,320 (Baldi). [8
*Grundriss zur gesch. der deutschen dichtung. aus den quellen von KGoe-
deke. 3 bde. Dresden, Ehlermann, 1856 — 1881. — D. rundschau, märz
s. 474. Gegenwart nr 26. [9
Gesch. der deutschen lilt. f. höhere lehranstalten wie zum privat- und Selbst-
unterricht von FMGredy. 7 durchaus umgearb. aufl. von dr ADenk. mit
neuer Orthographie. Mainz, Kirchheim, viii, 200. 8. [10
♦Histoire des doctiines litferaires et estbetiques en Allemagne (Opitz, Leibniz,
Gottsched, lesSuisses) parEGrucker. Paris, Berger-Levrault & cie, 1883. —
Litt, centralbl. nr 13 (Koch). Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr4 (Muncker).
Acad. bll. 1, 369 (Antoine). AZ nr 197B. (Borinski). [11
AdeGubernatis Storia universale della letteratura [bd. 14 behandelt satiren
und epigramme von vCanitz, Goethe, Heine, Neukirch, Schiller; bd.18 Leibniz].
Milano, Hoepli. 8. [12
♦Register zu Hettners Litteraturgesch. des 18jhs. mit berücksichtigung
aller aufl. von dr RGrosse. Braunschweig, Vieweg, 1883. — Bll. f.
lilt. unterb. nr 4 (Asher). D. rundschau, aug. s. 319. DLZ nr 36 (Schmidt).
D. litteraturbl. vn nr 40 (Matthiesen). [13
Gesch. der deutschen lilt. von ihren anfangen bis auf die neueste zeit von
FHirsch. bd. 2. Von Luther bis Lessing. a. u. d. t. Gesch. der weltlitt.
v 2. Leipzig u. Berlin, Friedrich. 688. 8. [14
Gesch. der deutschen nationallilt. zum gebrauche an höheren unterrichtsan-
stalten und zum Selbststudium bearb. von dr HKluge, 15 verb. aufl.
Altenburg, Bonde. viii, 242. 8. — AZ nr 239B. (Muncker). Zs. f. d. österr.
gymn. 36,51 und Zs. f.d.gymnasialwesen 39,51 (Seidel). Wissensch. beil. d.
Leipziger ztg. nr 79 s. 470 (Rifl'ert). [15
Kleine deutsche litteraturgesch. mit proben aus den werken der besprochenen
dichter von lehrer WMardner. Mainz, Kirchheim, in, 203. 8. [16
Allgem. litteraturgesch. von dr PNo rren berg. in 3 bden. bd. 3. Münster
i/W., Russell, xii, 403. 8. — Hist. pol. bll. 93, 625. Wiener Jitt. band-
weiser nr 1. Bll. f. litt, unterb. nr 30 Die poesie vor dem richterstuhle
ultramontaner krilik (Weddigen). Stimmen aus Maria-Laach 26, 573 (Baum-
gartner). [17
From Opitz to Lessing, a study of pseudo-classicism in literature by
ThSPcrry. Boston, Osgood it- cie. vi, 207. 8. [18
♦Die deutsche lilteiahirgesch. in den hauptziigen ihrer entwicklung sowie
in ihren hauptwerken dargestellt und den höheren lehranstalten Deutschlands
BIBLIOGRAPHIE IBC 285
gewidmet von FPfalz. 2 teil. Die litt, der neueren zeit. Leipzig, Brand-
stetter, 1S83. — Zs. f. d. gymnasialwesen 3S, 4SS (Jonas). [19
♦Gesch. der deutschen litt, von WScherer. Berlin, Weidmann, 1SS3. —
Wissensch. beil. d. Leipziger ztg. nr 14 s. 82. Gegenwart nr3 (Schmidt).
Neueevang. kirchenztg. nrS. Grenzboten nr 6. Nationalztg. nr 47 (Lindner).
Revue crilique nr 15, vgl. nr 6 s. 116 (Bessert). DLZ nrlS (Jacoby). Sonn-
tagsbeil, zur Voss. Ztg. nr 5 (Pröhle). Zs. f. d. gebildete weit vi 5 s. 231
(Geiger). Prot, kirchenztg. f. d. evang. Deutschi, nr 29. 31. 32 (.\rndt). D.
rundschau, dec. s. 466. Bll. f. litt, unterh. nr51 (Boxbergei). Zs. f. allg.
gesch., kultur-, litt.- und kunstgesch. 1,313 (Sauer). D. Wochenschrift nr 2-5
(Munckei). D. montagsbl. nr S (Schlenlher). [20
dasselbe, zweite ausg. Berlin, Weidmann, xii, 814. S. — Wissensch.
beil. d. Leipziger ztg. nr S6 s. 514 (.Müller- Frauenstein). Litt, rundschau
nr 15 (Vockeradt). [21
Deutsche dichter und denker. gesch. der deutschen litt, mit probensamm-
lung f. schule und haus bearb. von drPSehrwald. 2 durchaus umgearb.
aufl. 2 bde. bd. 2 a. u. d. t. Deutsche dichter und denker in proben,
mottos, selbst- bekenntnissen und urteilen der Zeitgenossen und nachweit,
litterarhist. auswahl f. alle freunde der deutschen litt, bearb. Altenburg,
Bonde, 1883. 84. vn, 559. xii, 1076 mit eingedr. holzschn. 8. — Zs. f. d. österr.
gynin. 35, 650. 656 (Kummer). Wissensch. beil. d. Leipziger ztg. nr 79
s. 470 (Riffen). [22
Gesch. der neuern litt, von AStern. von der frührenaissance bis auf die
gegenwart. in 6 bden oder 12 büchern. Leipzis:, Bibliogr. Institut, 1883. b4.
viii, 302. 454. 402. 434. 5S2. 512. 8. — Acad. bll. 1, 112 (Sonnenburg).
AZ nr85B. (Muncker), Arcb. f.d. Studium d. neueren spr. 72, 105 (Schefflen.
Wissensch. beil. d. Leipziger ztg. nr43 s. 253 (Riffert). [23
*Gesch. der deutschen nationallitt, zum gebrauche an österr. schulen und
zum Selbstunterrichte bearb. von PStrzemcha. 3 verb. aufl. Brunn.
Knauthe, 1883. — Zs. f. d. österr. gymn. 35, 348 (Prosch). [24
Leitfaden f. den Unterricht in der gesch. der deutschen nationallilt. f. höhere
lehranstalten bearb. von GWirth. 2 verm. und verb. aufl. Berlin, Wo-
gemuth. 208. 8. [25
s. auch [136. 512.
iC. LiTTERATÜRGEgCHICHTE. MO.NOGRAPHIE.N.
Berthold .\uerbach, briefe an seinen freund Jacob .\uerbach ein biogr,
denkmal. mit Vorbemerkungen von FSpielhagen und dem hg. 2 bde.
[enihält viele einschlägige litt, nolizen, zb. über Goethe, vgl. Goethe-jb.
6, 440]. Frankfurt a/M., Litt, anstalt (Bütten u. Löning). xvii, 413.
482. 8. [26
*Das kath. deutsche kirchenlied in seinen singweisen von den frühesten
zelten bis gegen ende des 17 jhs. von KS.Meis ter. bd. 2. aufgrund älterer
hss. und gedr. quellen bearb. von WBäumker. Freiburg IB.. Herder, 18S3.
— Litt, centralbl. nr 7. AZ nr 92. 93 B. (vLiliencron). Tübinger theol.
quartalschrift 66, 519 (.Mesmer). DLZ nr 37 (Bellermann). Anz, x 413
(Martin). Hist. pol. bll. 94, 402. Litt, rundschau nr 4 (KrampO- Der
katholik 51, 510 (Selbst), vgl. auch juliheft. [27
Geschichls- und lebensbilder aus der erneuerung des religiösen lebens in
den deutschen befreiungskriegen von WBaur. 2 bde. 4 sehr veränd. aufl.
Hamburg, agentur des rauhen hauses. xii, 432. 480. 8. — D. litteraturbl. vn
nr 18 (Sillem). Die post nr 298 beil. Neue evang. kirchenztg. sp. 733. [2S
Die wichtigsten dichter des evang. kirchengesanges nebst Inhaltsangabe ihrer
bekanntesten lieder von .ABecker. Bernbur^, Bacmeister. 47. 8. [29
Findlinge von ABirlinger. Alem. 12, 98 f [auszug aus CJBougines progr.
des gymn. illustre, Karlsruhe 1779: Sind unsere zelten die erleuchteten, in
dem ua. Gellerts, Klopstocks, Wielands poesie berührt wird]. [30
Zur litteraturgesch. des 18 jhs. aus Sanders reisen von ABirlin<^er
Alem. 12, 196. [31
2S6 BIBLIOGRAPHIE IC
Gesell, des romans und der ihm verwandten dichtungsgattungen in Deutsch-
land von FB obertag. 1 abteilung. Bis zum anfang des ISjhs. bd. 2, 2.
Berlin, Simion. iv, 211, 8. — DLZ nr 22 (Seiißert). Bll. f. litt, unteih.
nr32 (Boxberger). Litteratuibl. f. germ. u. rem. phil. nr 10 (Koch). [32
Die erste gesammtausg. der Nibelungen von JG rüger [enthält die capitei
Bodmer und die Nibelungen. ChrHMüller. Die Nibelungenpublication, aufser-
dem mitteilungen von und über Boie, Breitinger, Sulzer ua.]. Frankfurt
a,M., Litt, anstalt (Bütten u. Löning). iii, 144. 8. — DLZ nr 32 (Stein-
meyer). Litt, centralbl. nr48. [33
Göttinger Zeitungen von HEllissen. Neuer anz. f. bibliogr. und bibliothek-
wissensch. 45, 309. [34
Bilder aus der deutschen Vergangenheit von GFreytag. 14 aiifl. bd. 3.
Aus dem jh. des grofsen Krieges. Leipzig, Hirzel. 480. 8. [35
Zur gesch. der hamburgischen bildung in der 1 hälfte des 17 jhs., 1 teil, von
dr KFried laender [ans: Festschrift zur 50jährigen Jubelfeier des real-
gymn. des Johanneunis zu Hamburg, veröffentl. vom lehrercoilegiumj. Ham-
burg, Nolte. 31. 4. [36
Die Lutherlitt, vor 100 jähren, zugleich ein beitr. zur gesch. der kath. auf-
klärung von drCGeiger. Deutsch-evang. bll. 9,221. [37
Die litteralurgeschichlsschreibung unserer zeit von AG o e r t h. Pädag.
VII 1. [38
Zur biogr. neuerer deutscher dichter [ua. Heine, Grillparzer] von BvGott-
schall. Unsere zeit, juli und aug. [39
Fünfzehn essays von HGrimm. 1 folge. 3 verb. und verm. aufl. [enthält
s. 139 fr neudr. von Goethe in Italien. Schiller und Goethe. Goethe und
die Wahlverwandtschaften. Goethe und Suleika. Goethe und Luise Seidler.
HvKleists grabstätte. Schleiermacher. Varnhagens tagebücher]. Berlin,
Dümmler. vn, 561. 8. — D. rundschau, dec. s. 478. [40
* Liederbuch des deutschen Volkes hg. von KHase, FD ahn u. KR einecke,
neue aufl. Leipzig, Breitkopf u. Härtel, 1S83. — AZ nr 1 B. (Steub). Ma-
gazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 5 (Dahn). [41
Shakespeare-Untersuchungen und Studien von KKHense [enthält als 3 capitei
s. 225 — 31G (früher schon ediert im Shakespeare-jb. v.vi) Deutsche dichter
in ihrem Verhältnis zu Shakespeare: Lenz, maier Müller, Klinger, Schiller,
Goethe, Lessing, HvKleist, Tieck, romantische schule (Eichendoi ff)]. Halle,
Waisenhaus. 641. S. — Bll. f. litt, unterh. nr 24 (Asher). [43
Holteis autographensammlung [enthält viele autographen bekannter lit-
teraturgröfsen des hier behandelten Zeitraumes]. Arch. f. litteraturgesch.
12, 642. [43
Des rapports intellectuels et littoraires de la France avec l'Allemagne avant
1789 par ChJoret. discours prononce ä la rentree des facultes de l'aca-
demie d'Aix le 10 dec. 1SS3. Paris, Hachette & de. 46. S. zusätze und
verb. dazu vom verf. Revue crilique nr 47 s. 426f. — Revue critique nr 14.
DLZ nr 45 (Suphan). [44
Die kritischen und moralischen Wochenschriften Magdeburgs in der 2 hälfte
des 18 jhs. von Kawerau. Geschichtsbll. f. sladt und land Magdeburg
XIX 3. 4. [45
Aus der stürm- und drangzeit. erinnerungen eines epigonen von ALindner.
Neue freie presse nr7102 rnorgenbl. [46
*Der Pantheismus in der poetischen litt, der Deutschen im 18 und 19jh.
von dr HMensch. progr. der realschule zu Giefsen 1883. — Arch. f. d.
Studium d. neueren spr. 71,452 (Hölscher). [47
Basels concertwesen im 18 und zu anfang des 19jhs. von PMeyer. Basler
jb. s. 181. [48
Die pflege der deutschen poesie auf den sächsischen fürstenschulen im 2 viertel
des vorigen jhs. von Peter. Mitteilungen des ver. f. gesch. der Stadt Meifsen
bd. 1 heft 3. [49
Bilder österr. Vergangenheit und gegenwart von PvRadics [1. Eine verschol-
BIBLIOGRAPHIE IC 287
lene predigt Abrahams aSClara. 2. Die älteste österr. damenzs. 1792. 3. Zur
biogr. AGrüns]. Auf der böhe 1, 226. [50
Gesthichtliches über den streit zwischen den anhangern der alten class.
litt, und der modernen bis zum 17 jh. einschliefslich vonPRaths. 2 teil,
progr. des progymn. zu SWendel. 33. 4. [51
Der Unterricht an den höheren schulen Mecklenburgs im 16 und 17 jh. von
ARische. progr. der realschule zu Ludwigslust. 27. 4. [53
Gesch. des pietismus von ARitschl. bd. 2. Der pietismus in der luth.
kirche des 17 und IS jhs. 1 abteilung [enthält characteristiken von JArndt,
PhJSpener, J\VFetersen,.AHFrancke, G.Arnoki]. Bonn,. Marcus. viii,590. S. [53
*Gesch. des deutschen liedes vonESchure. eingel. von AStahr. 3 auü.
mit einem vorwort von OSchwebel. allein berechtigte deutsche ausg.
Minden i;W., Bruns, 1SS3. — Acad. bll. 1,314 (Weddigen). [54
* Deutsche fürsten als dichter und schriftsteiler, mit einer auswahl ihrer
dichtungen. von den Hohenstaufen bis zur gegen wart von FXSeidl.
Regensburg, Coppenralh, 1883. — Hist. pol. bll. 94, 152 und Litt, rundschau
nr 18 (Muth). [55
Deutsche kultur und litt, des IS jhs. im licht der zeitgenössischen italieni-
schen krilik von dr ThThiemann i. progr. der realschule in Dresden-
Neustadt. 39. 4., auch im Arcli. f. d. Studium d. neueren spr. 72, 241
abgedr. — Arch. f. d, Studium d. neueren spr. 72, 456. [56
Die facultätsstudien zu Düsseldorf von der mitte des 16 bis zum anfang des
19jhs. von T önn ies. progr. d. höheren bürgeischule zu Düs>eldoi f. 4S. S. [57
Gesch. d. deutschen volkspoesie seit dem ausgange des mittelalters bis auf
die gegenwart. in ihren grundzügen dargest. von dr FHOW e d dige n.
München, Callwey. xvi. 360. S. — Europa nr25. DLZ nr41 (Seidel).
Grenzboten nr 45 s. 267 (Kossinna, s. DLZ 1SS5 sp. S87). Saturday review
nr 1512. Auf der höhe 4,307 (Fastenrath). [58
Die deutsche memoirenlitt. vouprof. dr FvWegele. D. rundschau. juli s. 72. [59
Shakespeares Vorspiel zu Der widerspänstigen Zähmung, ein beitr. zur vgl.
lilteraturgesch. von AvW eilen [berücksichtigt ua. die dem stoff nach ein-
schlägigen werke von JBidermann (Utopia), Giillparzer (Traum ein leben),
ChWeise (Der träumende bauei), ChFWeifse (Der teufel ist los)]. Frank-
furt a/M., Litt, ansialt (Rütten u. Löning). 93. S. — DLZ nr41. GGA
nrl4 (Varnhagen). [60
* Frankfurter gelehrte anzeigen vom j. 1772 (DLD 7. 8). Heilbronn, Henninger,
1883. — ßerl. (agebl. nrl72: Aus dem j. 1772 (.Mauthner). Litteralurbl. f.
germ. u. rom. phil. nr 1 (Koch). Zs. f. d. gebildete weit v5 s. 219 (Geiger).
i\nz. X 362 (Burdach). Bll. f. litt, unterh. nr 2 (Boxberger). Zs. f. d. österr.
gymn. 35, 349 (Minor). Arch. f. lilteraturgesch. 12, 622 (vBiedermann). Na-
tionalztg. nr 69 (Schmidt). [61
Bilder aus vergangener zeit nach mitteilungen aus grofsenteils ungedr. fa-
rnilienpapieren. Iteil. 1760 — 1787 (Bilder aus Piter Poels und seiner freunde
leben) [enthält aufser allgemeinen beitr. zur litleralurgesch. des 18 jhs., ins-
besondere zur gesch. der Hamburg-Holsteinischen familien Busch, Hanbury,
Poel, Reimarus, Vosht, Sieveking, auch auszüge aus briefen des JHVoss und
seiner ehelrau (s. 6Sff), sowie aus solchen Therese Heynes (s. 332 fr)]. Ham-
burg, agentur des rauhen hauses. 467. 8. — DLZ nr22 (Koser). Bll. f.
litt, unterh. nr 24 (Kleinschmidt). Litt, centralbi. nr36. D. litteralurbl. vi
nr 48 (Sillem). [62
Die kath. demente in der deutschen litt. Grenzboten nrlS. 23. 25. 28.
33. 34. [63
Die pädagogischen bestrebungen Erhard Weigels 1653—1699, prof. der math.
in Jena, ein beitr. zur gesch. der pädagogischen zustände im 17 jh. von
drAlsrael. separatabdr. aus dem 14jahresber. des seminars zuZschopau.
Zschopau, Raschke. 59. 8. — Wissensch. beil. d. Leipziger zig. nrl02
s. 611. [64
Das Verhältnis des lateinischen und deutschen in der deutschen litt, während
der letzten drei jhh. Frankf. ztg. nr325 beil. [Zusammenstellung des Inhalts
288 BIBLIOfiRAPHIE (CD
der messkataloge des deutschen buchhandels aus den j. 1564 — IS46 nach
GSchwelschkes Codex nundinarius Germaniae lilteratae]. [65
iD. Geschichte des dramas u>d des tueaters.
Zum Studium des englischen und deutschen Shakespeare von MBernays.
AZ nr307— 309B. [66
*Das Schwiegeilingsche Puppenspiel vom doktor Faust zum ersten male h§.
von ABiels c h 0 wsky (progr. der gewerbeschule zu Brieg 1882). — Anz.
X 397 (Werner). [67
Die entwicklung der oper von ihren ersten anfangen bis auf die gegenwarr.
eine philos.-krit. Studie von ABlanc. Nord, rundschau 2 heft 2. [68
Faust- und Wagner - pantomimen in England von ADieb 1er. Anglia
7, 341. [69
Das nd. Schauspiel, zum kulturleben Hamburgs von KThGaedertz.
bd. 1. Das nd. drama von den anfangen bis zur Franzosenzeit. bd. 2. Die
plattdeutsche comödie im 19 jh. Berlin, Hofmann i- cie. xvi, 253. xvi, 2S1.
8. — D. ztg. nr 4519. 4524 morgenbl. (Lindner). D. Wochenschrift nr 44
(Brahm). Litteraturbl. f. gern), u. rom. piiil. nr 11 (Holstein). Rostocker
ztg. nr 214. 269 (Bechstein). AZ nr 69B, und Daheim nr47 (Stinde). Hamb.
nachr. nr 132 (Riccius). Germania nr 159 (Abels). D. litteraturbl. vii nrl7
(Kallsen). Nationalztg. nr 441 (Lindnei). Wis?ensch. beil. d. Hamb. cor-
resp. nr 17. 18 (Prellei). Mecklenb. anz. nr203 (Hofmeister). D. revue, ort.
s. 123. Nord und süd, nov. s. 297. Die post nr329 beil. 3. [70
Das nd. Schauspiel von Ekhof bis zur Franzosenzeit von KThGaedertz.
D. revue, april s. 75. [71
*Class. frauenbilder von RGenee. aus dramatischen dichtungen von Shake-
speare, Lessing, Goethe, Schiller. Berlin, Gärtner, 1883. — D. litteraturbl.
vii nr 1 (Gast). [72
Über tragische schuld und sühne, ein beitr. zur gesch. der aesthetik des
dramas von dr JGöbel [berührt Lessing, stürm und drang, Herder, Goethe
und Schiller]. Berlin, Duncker. vin, 108. 8. — Litt, centralbl. nr 47. [73
*Das moderne drama der gegenwart dargestellt in seinen richtungen und
hauptvertretern von AKlaar. 1 abteilung. Gesch. des modernen dramas in
umrissen (Das wissen der gegenwart ix) [behandelt Lessing, Goethe, Schiller,
HvKIeist, Grillparzer]. Leipzig, Freytag. Prag, Tempsky, 1883. — Magazin
f. d. litt. d. in- und ausl. nr 3. Zs. f. d. österr. gymn. 36. 218 (Über-
horst). [74
Der bauer im deutschen drama des 18jhs. von JLau tenbacher. Frankf.
Ztg. nr 41. [75
Vom Wiener volkstheater (nach Schiögl) von FLemmerma yer. Xational-
ztg. nr 206. [76
Die Nibelungen auf der deutschen bühne (Fouque, Hebbel, Geibel, Dalin,
Wilbrandt) von ALindner. D. Wochenschrift nr 52. [77
Die engl, comödianten zur zeit Shakespeares in Österreich von JiVIeifsner
(Beitr. zur gesch. der deutschen litt, und des geistigen lebens in Osterreich
4). Wien, Konegen. vni, 198. 8. — Litt, merkur nr 1 1. Grenzboten nr2.
Wiener fremdenbl. nr 9. D. Wochenschrift nr 3 (Brandl). D. litteraturbl. vi
nr 45 (Lösche). Wiener allgem. ztg. nr 1439. Die presse, Umärz. Saturday
review, 15märz nrl48l. Gegenwart nr 10. D. rundschau, april s. 157. Litt,
centralbl. nr 22 (Creizenach). DLZ nr 44. D. ztg., 25 märz. Academy
nr 639, Athenaeum nr 29tU s. 122. Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil.
nr 11 (Muncker). Jb. d. d. Shakespcaregesellsch. 19,311 (Cohn), Zs. f.
d. öbttrr. gynm. 36,217 (Brandji. [78
Die englischen comödianten in Oslerreicli von J.Meifsner. Jb. d.d. Shake-
spearegesellsch. 19, 113. [79
* Gesch. der Schauspielkunst in Frankfurt a/M. von ihren ersten anfangen
bis zur eröffnun;^ des städtischen comödienhauses. ein beitr. zur deutschen
kultur- und theatergesch. von EMentzel. mit 2 abbildungen. Frankfurt
BIBLIOGRAPHIE IDE 289
a/M., Völcker, 1S82. — Wissensch. beil. d. Leipziger ztg;. nr 46 s. 270
(Proelss). [80
Die entwickelung eines neuen dramatischen styls in Deutschland von JMlnck-
witz (Deutsche zeit- und Streitfragen 203). Berlin, Habel. 47. 8. [81
Die entstehung der deutschen oper von dr LNohl. D. Wochenschrift
nr 43. [82
♦Gesch. des theaters in Biberach von 1686 bis auf die gegenwart von prof.
dr 0 f terdin ger. Würtembergische vierteijahrsh. 1883 s. 36. 113. 229. —
DLZ nrlö (Seuffert). Jb. d. d. Shakespearegeseilsch. 19,362. [83
Die ersten Jahrzehnte der oper zu Leipzig von JOOpel. Neues arcb. f.
sächs. gesch. und allertumsk. 5,116. [84
Schauspieler in Schwalbach von FOtto. Ann. d. ver. f. nassauische aller-
tumsk. und geschichtsforsch. 18, 27. [85
* Weihnachtslieder und krippenspiele aus Oberösterreich und Tirol gesamm.
und hg. von WPailler. bd. 2. Spiele mit 31 singweisen. Innsbruck,
Wagner, 1883. — Bll, f. litt, unterh. nr 52 (Schlossar). [86
*Gesch. des neueren dramas von RProelss. bd. 3. 1 hälfte. Das neuere
drama der Deutschen bis Lessing. 2 hälfle. Von Goethes auftreten bis auf
unsere tage. a. u. d. t. Gesch. der dramatischen litt, und kunst in Deutsch-
land von der reformation bis auf die gegenwart. 2 bde. Leipzig, Schlicke,
1883. — Litteraturbl. f. germ. u. rom, phil. nr 5 (Koch). Litt, centralbl.
nr 24. Saturday review nr 1460. [87
Die Wiener Volksbühne von MRemy. Sonntagsbeil, zur Voss. ztg. nr 30.
31. 32. [88
Die theatralischen aufführungen der Stiftsschüler zu Zeitz im 16. 17 und
18 jh. von LRothe. Neue mitteilungen aus dem gebiet bist, antiq. forsch.
16, 431. [89
Vier dramatische spiele über die zweite Türkenbelagerung aus den j. 1683
bis 1685 (Wiener neudr. 8). Wien, Konegen'. vi, 58. 8. — DLZ nr 31.
Litt, centralbl. nr 36 (Creizenach). Bll. f. litt, unterh. nr 52 (Boxberger). [90
Aus der kriegsgesch. des deutschen theaters von ESchmidt. Neue freie
presse nr 7097 morgenbl. [91
Aachener schuldramen des ISjhs. von Schwenger. Zs. des .Aachener ge-
schichtsver. v 3. 4. [92
Deutsches bühnenleben im vorigen jh. kultur- und litteraturgeschichtliches
aus Kestners bandschriftenarchiv mitgeteilt vonASohr. Neues Lausitzisches
magazin ux 266. [93
Das symbolische und allegorische drama von RWegener (enthalten in des-
selben: Aufsätze zur litt. 2 (titel-) aufl. Berlin, Wallroth, 1882, nunmehr
Lentz, 1884. vii, 258. 8.). — Bll. f. litt, unterh. nr 23 (Waldmüller). [94
s. auch [915. 1104. 1105.
iE. Geschichte der poetische.n u>d metrischen form.
♦Die äufsere form nhd. dichtung von RAssmus. Leipzig, Liebeskind, 1882. —
Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr 2 (Muncker). [95
♦Der trochaeus und die deutsche spräche von dr RBecker (Festschrift zu
dem 300jährigen Jubiläum des k. gymn. zu Goblenz, hg. von dem director
des gymn. dr JPßinsfeld , s. 17 — 31). Goblenz, Krabben, 1882. — Arcb.
f. d. Studium d. neueren spr. 71, 445 (Hölscher). [96
Deutsche poetik. theoretisch-practisches handbuch der deutschen dichtkunst.
nach den anforderungen der gegenwart von CBeyer. bd. 3. a. u. d. t.
Die technik der dichtkunst. anleit. zum vers- und strophenbau und zur
Übersetzungskunst. Stuttgart, Göschen, xiii, 276. 8. [97
Die kunst der rede, lehrbuch der rhetorik, Stilistik, poetik von dr AC al mberg.
Leipzig u. Zürich, Orelli, Füfsli & de. viii, 290. 8. — Zs. f. d. österr. gymn.
35, 929 (Stowasser). [98
Die poesie, ihr wesen und ihre formen mit grundzügen der vgl. lilteratur-
gesch. von MCarriere. 2 umgearb. aufl. Leipzig, Brockhaus. xi, 706.
8. — Litt, centralbl. nr 11. DLZ nr 15 (Minor). Gegenwart nr 13 (vHart-
290 BIBLIOGRAPHIE IE. II
mann). AZ nrGlB. (Ziel). Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 19 (Grün).
Bll. f. d. bayr. gymnasialschulwesen 20, 452 (Koch). Nationalztg. nr 715
(Lasson). [99
Über den wert der beobachtung in der poesie von LFulda. Bll. f. litt,
unterh. nr 50. [100
Einführung in das Studium der dichtkunst. n Das Studium der dramatischen
kunst von AGoerth. Leipzig, Klinkhardt. xviii, 411. 8. — Arch. f. d.
Studium d. neueren spr. 72,448. [101
Die körperlichen gestalten der poesie von FKö gel. Hall. diss. 46. 8. [102
Het sonnet en de sonneltendichters in de nederlandsche en buitenlandsche
letlerkunde door ASKok. Tijdschr. voor nederlandsche taal- en letter-
kunde iv 113. [103
Die kunst des Vortrags von EP a 1 1 e s k e. 2 aufl. Stuttgart, Krabbe.
XVI, 276. 8. [104
Lehrbuch der poetik f. höhere lehranstalten von dir. drChFASchus ler. 2 aufl.
Clausthal, Grosse, xii, 83. 8. [105
Lehrbuch der deutschen poetik f. höhere mädchenschulen und lehrerinnen-
bildungsanstalten von drHStohn. Leipzig, Teubner. vii, 100. 8. [106
Gesch. des sonettes in der deutschen dichtung. mit einer einleit. über
heimat, entstehung und wesen der sonettform von dr HWelti. Leipzig,
Veit & de. vi, 255. 8. — Gegenwart nr 46 (Ziel). DLZ nr 52 (Minor).
AZ nr314. 3158. (Bormann). [107
II. Alphabetisches verzeichisis der Schriftsteller.
Abbt, Th.: ThA. ein beitr. zu seiner biogr. von EPentzhorn. Giefsner diss.
Berlin, Rose (nunmehr Löwenthal). 2 bll., 102. 8. — DLZ nr 46 (Wer-
ner). [108
Abraham aSCl ÄRA : Judas der ertzschelm (auswahl) von FB ober tag (D. nalio-
nallitt. bd. 40). Berlin u. Stuttgart, Spemann. xiv, 368. 8. — Litt,
centralbl. nr 15. [109
Merks Wien! bearb. und hg. von ThEbner (üniversalbibl. nr 1949. 1950).
Leipzig, Recbim. 180. 16. [110
AaSCI. in den hauptzügen seines lebens und characters von Ebner. Neue
bll. aus Süddeutschland f. erziehung und Unterricht xiii 2. [111
AaSCI. Vortrag von Superintendent HR o term und. Hannover, Feesche. 32.
8. — Theol. litteraturbl. sp. 253. [113
8. auch [50.
Adersbaoh, A. s. [113.
Albert, H.: Gedichte des Königsberger dichterkreises [Adersbach, Behm, Dach,
■I Ganiper, Kaldenbach, Koschwitz, (Lineniann,) Mylius, Opitz, Robertin, Sand,
(Thilo.) Tilz, Wilkaw] aus HA.s Arien und Musikalischer kürbishütle (1038
bis 1650) hg. von LHFischer (Neudr. deutscher litteralurwerke des 16 und
17jhs. nr44— 47). Halle, Nienieyer, 1883 [die 2 hälfte erschien laut Schmutz-
titel 1884]. xxxxviii, 303. 8. [113
HA. musikbeil. zu den gedichlen des Königsberger dichterkreises von REi tu er
(Neudr. deutscher litteralurwerke des 16 und 17jhs. nr 48). Halle, Nie-
meyer, in, 20. 8. [114
Albinus, JG.: Alle menschen müssen sterben von Zahn. Bll. f. hymno-
logie nr 7. [115
Alxinger. JB. briefe s. [1116.
Andrea, JV.: VA. als pädagog von dr KHüllemann. 1 teil, progr. der
Leipziger Thomasschule und zugleich Leipz. diss. Leipzig, Hinrichs sort.
22. 4. [116
s. auch [886.
Angei.us Silesius s. [904.
Anthon, P. : Reisebeschreibung eines hofpredigers [PAnthon (Anton)] aus dem
17. jh. Zs. f. kirchl. wissensch. u. kirchl. leben 5,604.649. [117
Arndt, EM.: EMA., FLJalin und das deutsche vaterlandslied von prof. dr Euler.
Nationalztg. nr 703. [118
BIBLIOGRAPHIE II 291
Arndt, EM.: üvHutlen. EMA. TliKörner. Denksteine, biogr. berühmter
männer, f. d. Jugend bearb. von OHöcker. bd. 2 mit 3 portraits in holz-
schn. Leipzig, Wigand. 121. 8. [119
EMA. der deutsche reichsheroid. biogr. und characteristik von drGLoesche
[Biographien zu der Sammlung class. deutscher dichtungen i]. Gotha, Perthes.
74. S. — D. iitteraturbl. VII nr 45 (Keck). [120
EMA. ein beiden-, propheten- und märtyrerbild. gedenkbl. zum 29 jan. als
A.s todestag von lic. drLoesche. Deutsch-evang. bll. 9,73. [121
EMA. und Preufsens deutscher beruf: Hist. vortr. von GvNoorden, ein-
gel. und hg. von W'Maurenbrecher (Leipzig, Duncker und Humblot)
s. 201. [122
Arndt, J. s. [53.
vArnim, LA. : Halle und Jerusalem. Studentenspiel und pilgerabenteuer (Volks-
bibl. f. knnst u. wissensch. hg. von RBergner nr 3). Leipzig, Brückner.
297. 12. [123
*Hollins lieheleben, ein roman. neu hg. und mit einer einl. vers. von
JM i n 0 r. Freibui g i/B. u. Tübingen, Mohr, 1883. — Anz. x 187 (Seulfert). [124
*Tröst einsamkeit. hg. von dr FPfaff. mit 10 abbildungen. Freiburg i/B. u.
Tübingen, Mohr, 1883. — Anz. x 187. 419 (Seuffert). Litt, centralbi. nrll.
DLZ nr21 (Minor). Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr6 (Muncker). [125
vArnim, B. : Zu Bellinas bildnis von LEGrimm (1S38) von RKönig. Daheim
nr 44. [126
Arnold, G. : GA. als kirchenhistoriker, mystiker und geistlicher liederdichter.
ein beitr, zur Würdigung GA.s von AWRösel mü 1 1er. progr. der real-
schule und des progymn. zu Annaberg. Annaberg, Graser. 34. 4. [127
s. auch [53.
vAuERSPERG, A.: MKolbenheyer, FHebbel und AGrün (mit briefen und einem un-
gedr. gediclite von AGrün). mitgeteilt von LAFrankl. Neue freie presse
nr 6957 morgenbl. [128
Ein brief AGrüns an EvBauernfeld. D. Wochenschrift nr 2. [129
*Die poesie AGrüns von FKunz. progr. der k. k. deutschen staatsoberreal-
schule in Trautenau 1882. — Zs. f. d. österr, gymn, 35, 157 (Presch). [130
s. auch [50.
AiJRB.\CHER, L. : Zum 100jährigen geburtstag LA.s von MBrasch. lllustr. ztg.
nr 214S. [131
LA. 1784 — 1847. ein beitr. zur deutschen litteraturgesch. von JSarreiter.
München, Lindenauersche buchh. (Schöpping). [13'3
Zu LA.s lOOjährigem Wiegenfeste. AZ nr237B. [133
vBacs.anyi, G. geb. Baumberg: Aus dem leben einer Wiener dichterin von
EWert heimer. Neue freie presse nr 7194 morgenbl. [134
Bälde, J.: Garmina lyrica.recogn.annotationibusque ilinstr. rect. prof. p. d. BM al-
ler, 0. S. B. ed. nova (titulata). Regensburg, Coppenrath. xviii, 466 und
annotaliones 144 mit portrait des verf.s. 12. [135
Baujiberg, G. s. [134.
Becker, S.: Vor hundert jähren. EvdReckes reisen durch Deutschland 1784 bis
1786, nach dem tagebuch ihrer begleiterin SB. hg. und eingel. von lic. dr
GKaro und drMGeyer (Coli. Spemann bd.61). Stuttgart, Spemann. 248.
8. — Litt, centralbi. nr37. [136
Behm, M. s. [113.
Behrisch, EW. : *EWB. (1738 — 1809). ein bild aus Goethes freundeskreise von
WHosäus (sepaiatabdr. aus Anhaltische mitteilungen). Dessau, Reifsner,
1883. — GGA nrl5 (Sauer). [137
Bertuch, FJ. : Briefe [von Campe, Dohm, Grofsmann, Herder, Kiamer Schmidt,
GMKraus, JvVoigts, Wittenberg] an B. mitgeteilt von LGeiger. Acad.
bll. 1, Iff. vgl. 116 f. [138
s. auch [992.
BlDERMANN, J. S. [60.
BoDMER,.]J.: * Vier kritische gediciite (DLD 12). Heilbronn, Henninger, 1883. —
Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr 1 (Koch). Bll. f. litt, unterh. nr 2
292 BIBLIOGRAPHIE 11
(Boxberger). Zs. f. d. österr. gymn. 35, 349 (Minor). Arch. f. lilteralur-
gesch. 12, 5SS (Grüger). D. litteratuibl. vi ni 41 (Proscli). [139
BoDMER, JJ.: Das erste nhd. minnelied von JC rüger. Zs. f. d. ph. 16, S5. [140
♦Karl von Burgund ein trauerspiei (nach Aeschylus) (DLD 9). Heilbronn,
Henninger, 1S83. — Bll.f.d. bayr. gymnasialschul wesen 20,235 (Keiper). [141
Rache der Schwester, HomerübersetzuDg s, [461.
B. über Goethe 1773 — 1782 (aus dem ungedr. nachlass B.s auf der Zürcher
stadtbibl.) mitgeteilt von JCrüger. Goethe-jb. 5, 177. [142
s. auch [11. 33.
BoiE, HCh. s. [33.
VBOSDELI, J. S. [Uli.
vBoRN, F. briefe s. [1116.
Börse, L.: Unbekannte aphorismen B.s (1811 und 1812) mitgeteilt von LGeiger.
Frankf. Ztg. nr 96. [143
Unbekannte aphorismen B.s mitgeteilt von LGeiger. Gegenwart nr 14. [144
B.s geburtshaus in Frankfurt a/M. von WKa ulen. Ulustr. ztg. nr2125. [145
Böttiger, K.\.: * Beitr. zur characterislik KAB.s und seiner Stellung zu JGvHer-
der von RLindemann. Görlitz, Förster, 1883. — Berl. phil. Wochenschrift
nr 12 (Düntzer). [146
s. auch [168. 660. 989.
vBrawe, JW. s. [1101.
Breitinger, JJ. s. [11. 33. 461.
Brentano, C.: *Guslav Wasa (DLD 15). Heilbronn, Henninger, 1883. — Bll.
f. litt, unterh. nr 2 (Boxberger). D. litteraturbl. vi nr 41 (Prosch). [147
CB. von RKönig. mit B.s bildnis von LEGrimm. Daheim nr 48. [148
Brion, f. s. [427—429.
Brockes, BH. s. [1100.
Burg, JF. : Allgem. und vollständiges evang. gesangbuch f. d. k. preufs. schlesi-
schen lande, also eingerichtet, dass es in allen evang. gemeinden zu ge-
brauchen ist, indem man darinnen die erbaulichsten lieder aus allen in
Schlesien zeilhero üblichen gesangbüchern zu allgem. erbauung zusammen-
getr. hat. nebst angefügtem gebetbuch von JFß. (neudr.). Breslau, Korn.
IV, 1194 und anhang 29S. 8. [149
Bt'RGER, GA.: Gedichte hg. von drASauer (D. nationaliitt. bd, 78). Berlin u.
Stuttgart, Spemann. lx.wii, 538. 8. — Acad. bll. 1, 554 (Koch). Bll. f.
litt, unterh. nr 51 (Boxberger). [150
Der kaiser und der abt. Leonore (Volksbibl. des Lahrer hinkenden boten
nr 7S). Lahr, Schauenburg. 17. S. [151
Der schwank vom kaiser und abt von RSprenger. Acad. bll. 1,324. [152
Zu B.s Lenardo und Blandine von RKöhler. Zs. f. d. ph. 16, 362. [153
La bailade de Lenore en Grece par MJPsichari. Revue de l'histoire des
religions 9,27, auch separat Paris, Leroux. — Bll. f. d. bayr. gymnasial-
schui wesen 21, 151 (Krunibacher). [154
Der wilde jager. Das lied vom braven manne (Volksbibl. des Lahrer hinken-
den boten nr 101). Lahr, Schauenburg. 15. 8. [155
Der wilde Jäger von B, und eine characterislik des dichters von HWohl-
that. Sonntagsbeil, zur Voss. ztg. nr 5. 6. 7. [156
Des freiherrn von Münchhausen wunderbare reisen und abenteuer zu wasser
und zu lande aus dem engl, übersetzt, mit 18 illustr. von PhSporrer. 2 aufl.
Leipzig, Anielang. 95. 8. [157
Beitr. zur deutschen litteralurgesch. des 18jiis. aus hslichen quellen von
AKluckhohn. ii B.s und Höltys aufnähme in die deutsche gesellsch.
zu Götlingen. B.s ursprüngliche abhandinng Über eine deutsche Übersetzung
des Homer, seine lehrtätigkeit. Arch. f. litteraturgesch. 12, 61. [158
Der dichter G.\B. als richter, nach actenstücken von ALeverkühn. 0.
revue, juli s. 85. [159
GAB. von llPröhle. Sonntagsbeil, zur Voss. ztg. nr 26. 27. [160
s. auch [1000.
Campe, JH.: Robinson der jüngere. ein lesebuch f. kinder. neue ausg..
BIBLIOGRAPHIE II 293
durchges. von MMoltke. prachlausg. mit 4 bildern in farbendr., gezeichnet
und Jilh. von HLeuteiiiann. 3 aufl. Leipzig, Gebhardt. iv, 239. 8. [161
Campe, JH.: Robinson der jüngere, ein leiebuch f. kinder. kleine ausg.
6 aufl. mit einem titelbiide von HLeutemann in holzschn. Leipzig, Gebhardt.
IV, 271. 8. [162
[.riefe s. [138.
vCanitz, FRL. s. [12. 1100.
vChamisso, A.: Lebenslieder und -bilder. liedercyclus. illustr. von PThumann.
6aiifl. Leipzig, Tilze. 48 bil. mit holzschn. -Ornamenten und 8 lichtdr. 4. [163
Ein deutsches fest in den Vogesen [Chamissofeier auf bürg Nideck] von
EKossmann. Gegenwart nr 29. [164
Peter Schlemihls wundersame gesch, nach des dichters tode neu hg. von
JEHitzig. mit anm. und vocabulair zum übersetzen ins engl, von FSchröer.
12 aufl. illustr. schulausg. Hamburg, Richter. 93. 8. [165
AvCh. von GHofmeister. Berlin, Gaertner. 30. 4. [166
Claudius, M.: * Ausgewählte werke, mit einem lebensbiide und mit anm. hg. von
WFlegler (Universalbibl. nr 1691—1695). Leipzig, Reclam, 1883. — Bll.
f. litt, unterh. nr 7 (Sanders). [167
vCocHEM, IVl. s. [795—797.
CosTExoBLE, KL.: Der burgschauspieler C. ungedr. brief an CABöttiger. von
HALier. Neue freie presse nr7118 morgenbl. [168
vCronegk, JF. s. [HOL
Dach, S. s. [113.
Dei.nhardstein, JL. s. [989.
Denis, M. s. [637.
DiEDE, Ch. s. [584. 585. 588. 589.
Dieterich, C: Sage, sitte und litterargeschichlliches aus den 'predigten des
CD. in: Findlinge von ABirlinger. Acad. bll. 1,293, [169
vDoHM, ChW. s. [138. 182.
Döring, MW.: Über conrector MD. den dichter des bergmannsgrufses. ein beitr.
zur sächs. dichter- und gelehrtengesch. von prof. dr BRichter. progr. d.
gymn. zu Freiberg i/S. Freiberg, Gerlach. 52. 4. [170
Eckermann, JP. : JPE.s verse über Grlllparzer in Hillers album. aus Kürschners
Signalen (Goethe-jb. 6,437). [171
s. auch [466.
Edzardus, S.: Eine nd. Spottschrift auf den Hamburger patrioten von 1724
von HHolstein. Jb. f. nd. sprachforsch. 9, 75. [172
vEichendorff, J.: *Sämmtliche poetische werke. 3 aufl. 4 bde. Leipzig,
Amelang, 1883. — Acad. bll. 1,56 (Minor). [173
*E.s ansieht über romant. poesie im zusammenhange mit der doctrin der
romant. schule, aus den quellen dargelegt von RDietze. Leipzig, Fock,
1883. — DLZ nr 35 (Minor). [174
JvE. von ASchöll: Gesammelte aufsätze zur class. litt, alter und neuerer
zeit s. 246. [175
s. auch [42.
Ernst, herzog von Sachsen -Gotha: * Herzog Ernsts des frommen special- und
sonderbahrer bericht Wie nechst göttlicher verleyhung die knaben und mägd-
lein auff den dorffschaften und in den Städten die unter dem untersten haullen
der schul-jugend begriffene kinder im fiirslenthumb Gotha kurlz und bündig
unterrichtet werden können und sollen. Gotha 1642. mit krit.-hist. und
sachlichen erläuterungen von JMüller (Sammlung seilen gewordener pädag.
Schriften früherer Zeiten hg. von Aisrael und JMüller. heft 10). Zschopau,
Raschke, 1883. — DLZ nr 50 (Paulsen). Wissensch. beil. d. Leipziger
Ztg. nr2 s. 11. [176
Eschen, FA. s. [866.
Fabricius, F.: Friedrich F. oder Friedrich Funke? von Bode. Bll. f. hymno-
lo-ie nr8. 9. 10. [177
Feder, JGH. s. [194.
294 BIBLIOGRAPHIE 11
tFeuchtersleben, K. : Briefe von KvF. der verlobten Jean Pauls mitgeteilt von
PiNerrlich. Acad. bll. 1, 471. [178
Fichte, JG.: *Pädag. schriflen und ideen, mit biogr. einleitung und gedränsjter
darstellung von F.s pädagogik von dr HK ef e rs tei n (Lindners Fädag. clas-
siker xiii). Wien und Leipzig, Picliler, 1SS3. — Zs. f. d. österr. gynin.
35, 93ü (Zimmermann). [179
Ein beitr. zur biogr. F.s von AS lern. Die nation nr 44. [180
Forster, JG.: Ein brief JGF.s [an JJOberiin] mitgeteilt von MKocli. Arch. f.
litteralurgescb. 12, .5(35. [181
Zwei briefe von GF. und WvHumboldt [beide an ChWvDohm]. Arcb. f.
litteralurgescb. 12, 56S. [182
Förster, Th. geb. Heyne s. [582.
FouyuE, F. de la Motte: ündine eine märchendichtung, illustr. von JHöppner.
Wandsbeck, Seitz. 55 mit eingedr. Vignetten und 7 chromolith. 2. [183
s. aueb [77.
Francke, ah. s. [53.
Friedrich der grofse: Über den krieg und Reflexionen über den character und
die militärischen talente Karls xii (Volksbibl. f. kunst u. wissensch. bg.
von RLiergner nr 2). Leipzig, Brückner. 51. 12. [184
*De la litlerature alleniande (DLD 16). Heilbronn, Henninger, 1883. —
Revue critique nr 2. DLZ nr5 (Roediger). Bll.f. litt, unterh. nr32 (Boxberger).
Acad. bll. 1,736 (Naumann). D. iitteralurbl. vii nrll (Prosch). [185
F. d. gr. in französischen liedern von LGeiger. Gegenwart nr 28. [186
F.s d. gr. Stellung zur deutschen litt, und zu den deutschen dichtem von
dr GKrause. progr. des Kneipiiöiischen gymn. zu Königsberg i/Pr. 16.
4. — Arch. f. d. Studium d. neueren spr. 72, 457. [187
F. d. gr, und die deutsche poesie von dr GKrause. Halle, Waisenhaus.
v, 12U. 8. [188
F. d. gr. und seine Stellung zur deutschen litt, rede — gehalten von
ASchöue. Acad. bll. 1,569. [189
Fröhlich, AE.: Fabeln, lieder und erzählende dichtungen (Nationalbibl. Schweiz,
dichter und redner des 18 und 19jhs. in sorfifältiger auswahl. mit biograph.-
krit. einleitungen hg. von RWeber. 2 u. 3 bdchen). Aarau, Sauerländor.
1—80. 81—160. 8. [190
[Fruchtbringende Gesellschaft:] citat darüber : Findlinge von ABirlingcr.
Acad. bll. 1, 292. [191
Funke, F. s. [177.
vGallitzin, lürstin AA.: La princesse G. et ses amis [Übersetzung von JGal-
lands Schrift 1880]. Lille, societe de SAugustin. 384. 8. [192
Die fürstin G. von piof. drHJacobi in Königsberg i/Pr. Deutsch-cvatitf.
bU. 9, 381. 459. 544. [193
Gamper, J. s. [1.13.
Gauve, Gh.: Über die beziehungen ChG.s zu Kant nebst mehreren bisher un-
gedr. briefen Kants, Feders und G.s von dr AStern. Leipzig, Denicke, vii,
98. S. — Grenzboteu nr 35. DLZ nr 44 (Rehmke). Theol. litteraturbl.
sp. 196 (Hermann). [194
Gelllrt, ChF. s. [841.
Bei der enthüllung des G.-denkmales in Hainichen von HH ettner : Kleine
schriflen. nach dessen tode hg. (Braunschweig, Vieweg) s. 537. [195
s. auch [30. S84.
Gellius, J(i.: Zur tlieatergesrh. von JCrüger [brief von G. an Bodmer über
ChFWcifse]. Acad. bll. 1, 550. [19(>
Gerhardt,P.: PG. Vortrag vonAchelis. Bll. f. hymnologie nr 4. 5. [197
Jobann Sigismundt und PG. oder der erste kämpf der luth. kirche in Chur-
brandenbnrg um ihre existenz. ein kirchengeschichll. lebensbild aus dem
17 jh. von Wangemann. Ergänzungsheft zum 5 buch der Una sanclH.
Berlin, Schnitze. 256. 8. [198
vGerstenber«;, HW, s. [637.
BIBLIOGRAPHIE II 295
Gessser, S.: Werke, auswahl hg. von prof. dr AFrey (D. nationallitl. bd. 41
abteilung 1). Berlin u. Stuttgart, Spemann. xxxvi, 299. S. [199
Der erste scliiffer s. [1121.
SG.s Idyllen von AFrey. Neue Zürcher ztg. nr 234-236 feuill. [200
GZanelia, Parallel! letterari [vergleicht Aur. Berlöla mit SG.]. Verona,
Münster. 231. 8. [201
vGöcKiNGK, LFG. s. [746.
Über G.s Lieder zweier liebenden von HPröhle. Sonntagsbeil, zur Voss.
Ztg. nr42.43. [202
vGoETHE,JW.: *VVerke. 1 teil. Gedichte i hg. von HDüntzer (D. national-
litt, bd. S2). Berlin u. Stuttgart, Spemann, 1S83. — Acad. bll. 1, 741 (Box-
berger). Basler nachr. nr 303 beil. 1. [203
Werke. 2 teil. Gedichte ii hg. von HDüntzer (D. nationallitt. bd. S3).
Berlin u. Stuttgart, Spemann. vii, 372. 8. — Bll. f. litt, unterh. nr 51
<Boxberger). [204
Werke. 5 teil. Hermann und Dorothea, Achilleis, Der ewige Jude, Reineke
Fuchs hg. von HDüntzer (D. nationallitt. bd. 86). Berlin u. Stuttgart,
Spemann. 329. 8. [205
*Werke. bd. 12. Faust. 1 u. 2 teil hg. von HDüntzer (D. nationallitt. bd. 94).
Berlin u.Sluttgart,Spemann (1882). — Sonntagsbl. des Bund nr 31 s.248. [206
Werke, illusir. von ersten deutschen künstlern, hg. von HDüntzer. Ifg. 4S bis
81. bd. 2 — 5. Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt, xi, 417 — 464. xi, 377— 470.
X, 1 — 472. 1 — 2S0. 8. — D. rundschau, dec. s. 473. Wissensch. beil. d.
Leipziger ztg. nr 62 s. 371. nr 98 s. 587. Didaskalia nr 301. Auf der höhe
2,312. 3,153.471. 4,473. [207
dasselbe. 2 aufl. Ifg. 19— 47. bd. 2. 3. ebenda, xi, 1—464. 1—320. 8. [208
Sämmtliche werke, neu durchges. und erg. ausg. in 36 bden mit einlei-
tungen von KGoedeke bd. 10—22 (Bibl. der weltlitt. bd. 62. 63. 67. 68.
71. 72. 76. 77. 81. 82. 87. 88. 93). Stuttgart, Gotta. 383. 272. 216. 268,
268. 304. 260. 300. 376. 228. 404. 352. 251. 8. [209
Gedichte und dramen. ausgewählt und mit erläuternden anm. vers. f. d.
deutsche Jugend und unser volk von AHentschel und KLinke. Leipzig,
Peter, vii, 534 mit portrait. 12. [210
♦Werke, bd.l. Gedichte. 1 teil mit einleit. u. anm. von GvLoep er. 2 ausg.
Berlin, Hempei (Bernstein u. Frank), 1882. — Arch. f. litteraturgesch. 12, 159
(vBiedermaiin). Bll. f, d. bayr. gymnasialschulwesen 20, 58 (Koch). Acad.
bll. 1, 298 (Düntzer). Revue critique nr 52 (Chuquet). Nationalztg. nr 175
(Schmidt). [211
♦dasselbe, bd. 2. Gedichte. 2 teil. 2 ausg, ebenda, 1883. — Anz. x 271
{Minor). Acad. bll. 1, 298 (Düntzer). Bll. f. litt, unterh, nr 37 (Büchner),
Arch. f. litteraturgesch. 12, 614 (vBiedermann). Revue critique nr 52 (Chu-
quet). Nationalztg. nr 175 (Schmidt). D. litteraturbl. vi nr50 (Keck). [212
dasselbe, bd. 3. Gedichte. 3 teil. 2 ausg. ebenda, xxi, 376. 8. [213
Oeuvres V. Poemes et romans. traduction nouvelle parJPorchat. Paris,
Hachette Sc cie. 592. 8. [214
Werke. 7 teil. Dramen, bd. 2 [singspiele, Operetten] hg. von prof. dr
KJSchröer (D. nationallitt. bd. 88). Berlin u. Stuttgart, Spemann. xxix,
454. 8. — D. Ztg. abendbl. nr 4660. [215
Werke. 33 teil, Naturwissen«ch. Schriften, bd.l hg. vonRSteiner. mit
einem Vorworte von prof. dr KJSchröer (D. natiouallitt. bd. 114). Berlin
u. Stuttgart, Spemann. lxxxiv, 472. 8. [216
Werke, bd. 8—14 (schlussj. Elberfeld, Lolls nachf. 492. 512. 365. 378
291. 317. 406, 8, [217
Achill eis s. [205,
Archäologisches gutachten s. [414.
Zu G.s Aufsätzen über kunst von LGeiger. Goethe-jb. 5, 298. [218
Ein unbekannter aulsatz [Altes gemälde, im progr. der Jen. allg. litteraturztg.
A. F. D. A. XI. 21
296 BIBLIOGRAPHIE IT
1809 s. 1 ff] G.s von JMinor. Grenzboten nr 38. doch vgl. Litt, centralbl.
sp. 1430. [219
vGoETHE, JW. : Classiques alleniands. G. Gampagne de France (23 aoiit —
20 octobre 1792). ed. nouvelle avec une inlroduction, un commentaire et
une carte par AChuquet. Paris, Delagrave. xxvin, 180. 8. — Litt, cen-
tralbl. nr6. D. rundschau, märz s. 477. Revue critique nr 18. DLZ nr 20
(Schmidt). [220
Un dernier document sur le suicide d'un soldat francais apres la capitulation
de Verdun 1792 par AChuquet. Revue critique nr42. [221
G. bei Hans von HDüntzer [berichtigung zu Herders Werken 18, 534
(Suphan)]. AZ nr 41B. [222
Clavigo s. [244. 301, 687.
Dramen s. [210. 215.
Zu G.s Egmont v 1: Hundertjährige druckfehler in deutschen classikern
von W'Buchner. Acad. bll. 1, 3G. [223
Zu Egmont von Wßuchner. Acad. bll. 1, 722. [224
Egmont nach G.s trauerspiel bearb. mit 22 denksprüchen (Erzählungen aus
class. dichtem f. alt und jung von KFAGeerling vii). Köln, Ahn. 59. 8. [225
*E phemerides und Volkslieder (DLD 14). Heilbronn, Henninger, 1883. —
Litteraturbl. f. germ. u. rom, phil. nr 1 (Koch). Bll. f, litt, unterh. nr 2
(Boxberger). Zs. f. d. österr. gymn. 35, 349 (Minor). Arch. f. litteraturgesch.
12, 625 (vBiedermann). D. litteraturbl. vi nr 41 (Prosch). [226
Le Faust, traduction nouvelle en vers francais par ADaniel. Paris,
Plön. [227
Faust hg. von HDüntzer s. [206.
*Faust ein fragment in der ursprüngl. gestalt neu hg. von WLHolland.
Freiburg i/B. u. Tübingen, Mohr, 1882. — Zs. f. d. österr. gymn. 35, 346
(Prosch). [228
Faust avec une inlroduction et un commentaire par JBLevy. Paris, De-
lagrave. [229
*Le Faust de G. par EMarc-Monnier. 2 ed, revue et augmenlee d'une
preface et d'un appendice. Paris, Fischbacher, 1S83. — AZ nrl49B.
(Welti). [230
Faust translated by ASevanwich. New-York, White, Stokes and Allen
(Goethe-jb. G, 446). [231
Faust translated in the original nietres by BTaylor. 8 ed. London, Slark.
924. 8. [232
Faust, eine tragödie. 1 teil, illustr. in 50 compositionen von ALiezen Mayer,
mit Ornamenten von RSeitz. ausgeführt in 9 photograph. reproductionen der
art. anstalt von Fßruckmann in München u. in holzschn. aus WHechts xylogr.
anslalt. München, Stroefer. 254. 4. [233
Songs and scenes froni G.s Faust; illustrated from designs by ALiezen-
meyer and ALalanze, Boston, Estes & Lauriat (Goethe-jb. 6, 446). [234
Faust als mysterium [in ODevrients bearbeitung] von MB ras eh. Illustr.
Ztg. nr2128. [235
Eine Übersetzung von G.s Faust von AGlassen. Grenzboten nr31.32. [2i{6
Zu Faust 1825-828 von JCrüger. Acad. bll. 1,548. [237
G.s Faust in seinem Verhältnis zum Christentum von FEbeling. Beweis
des glaubens 20, 161. [238
*Die ersten theateraufführungen des G.schen Faust, ein beitr. zur gesch.
des deutschen theaters von AEnslin. Berlin, Paetel, 1880. — Bll. f. litt,
unterh. nr 10 (Weddigen). [239
♦Calderon in Spanien, zur erinnerung an die Madrider Galderoiifeier 1881
von JFastenrath. mit einem anhansj: Die beziehungen zwischen Cal-
deroiis Wundertätigem magus und G.s Faust, von der acad. der gesch. in
Madrid preisgekrönte sfluil't des don Antonio Sanchez Moguel. Leipzig,
Friedrich, 1882. — Bll. f. litt, unterh. nr 10 (Weddigen). [240
8. auch [249. 265.
Drei kleine bemerkungen zu G.s Faust von IHarczyk. Zs. f.d. ph. 16,221. [241
BIBLIOGRAPHIE II 297
vGoETHE, JW. : Faust. Arnold Böcklins Gefilde der seligen und G.s Faust von
GHauck. mit einer photolith. Berlin, Springer. 60. 8. — DLZ nr 3
(Grimm). Bll. f. litt, unterh. nr 37 (Buchner). [242
Den unge G.s Faust af JHoffory. Tilskueren (PGPhilipsen, Kopenhagen)
1, 292. [243
Zu Faust, anklänge an Clavigo ua. vonDJacoby. Goethe-jb. 5, 312. [244
Faust, ein fragment. byNKennard. The nineteenth Century 16, 146. [245
*Drei characterbilder aus G.s Faust (Faust, Gretchen, Wagner) von FKern.
Oldenburg, Schmidt, 1882. — Arch. f. litteraturgesch. 12, 306 (Schreyer). [246
Zum 2 teile des Faust von MKoch. Goethe-jb. 5,319. [247
Meliere und unsere classiker [G. und Schiller] von PLindau. Magazin
f. d. litt. d. in- und ausl. nr29 [parallelen zu Faust aus Molieres Ecole des
femmes und Beaumarchais Tarare, zu Wallensteins lager aus Molieres Femmes
savantes]. [248
Calderon et G. ou le Faust et le Magicien prodigieux. memoire de d. ASanchez
Moguei, traduit en fran^ais par JGMagnabal. Paris, Leroux. xxvi,210. [249
s. auch [240.265.
Zur idee des Faust von EMauerhof. Leipzig, Wigand. iv, 191. 8. —
DLZ nr 50 (Minor). [250
Die grundidee im Faust von EMauerhof. ^^ord. rundschau 2, 5 s. 482. [251
Zur kritik von G.s Faust, seiner ballade Mignon und Schillers Braut von
Messina von dr JPohl. progr. des progymn. zu Linz a. Bh. 11. 4. —
Acad. bll. 1,737 (Düntzer). ebenda 1,741 (Sprenger). Arch. f. d. Studium
d. neueren spr. 72,461. [252
Umrisse zu G.s Faust. 1 und 2 teil, von MBetzsch. neue aufl. Stutt-
gart, Cotta. 40 kupfertafeln mit 12 ss. text. 2. [253
Abgerissene bemerkungen zu G.s Faust von ARudolf. Arch. f. d. Studium
d. neueren spr. 70, 462. [254
Die alchymistischen und kabbalistischen stellen in G.s Faust von ARudolf.
Arch. f. d. Studium d. neuern spr. 71, 233. [255
Studien über G. (Faust) von WS c herer. D. rundschau, mai s. 240. [256
Wider einmal der Faust von JSchmidt. Preufs. jbb. 53,551. [257
*Die aufführung des ganzen Faust auf dem Wiener hofburgtheater, nach
dem ersten eindruck besprochen von KJSchröer. Heilbronn, Henninger,
1883. — Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr 6 (Wendt). Bll. f. litt,
unterh. nr 36 (Bulthaupt). [258
G. ein gegner der Faustaufführungen, notiz in der Frankf. ztg. nr 81 beil.
[Schröer teilt aus einer Unterhaltung mit dem hofburgschauspieler La-
roche mit, wie letzterer mit Riemer, dem kanzler Müller, Eckermann und
AvGoethe zu G. gieng, um diesem ihr vorhaben, den Faust aufführen zu
lassen, vorzubringen, schroffes ablehnen von seilen G.s. Ottilie vGoethe
suchte zu vermitteln]. [259
Studies in history, legend and literature by HSchütz Wilson [enthalt
einen aufsatz über G.s Faust]. London, Griffith & Farran. [260
Mephistopheles von RSeydel. Goethe-jb. 5, 353. [261
Zu G.s Faust, exegetische kleinigkeiten von RSprenger. Acad. bll.
1, 716. [262
*Faust. 1 und 2 teil, erläuterungen und bemerkungen dazu von BTaylor
(Ausgewählte Schriften, bd. 2). Leipzig, Grieben (Fernau), 1882. — Arch.
f. litteraturgesch. 12, 163 (vBiedermann). [263
Zu Faust, gespräche zwischen Faust und Mephistopheles von LTobler.
Goethe-jb. 5, 313. [264
Calderon et G. le Magicien prodigieux et Faust, d'apres un memoire espagnol
de don ASanchez Moguel par AdeTreverret. Annales de la faculte des
lettres de Bordeaux, 5e annee, nr 3. [265
s. auch [240. 249.
Erklärung des hexeneinmaleins im Faust. Schorers familienbl. nr 15. [266
Neueste beitr. zur Fausllitt. Neuer anz. f. bibliogr. und bibliothekwissensch.
45, 200. [267
21*
298 BIBLIOGRAPBIE II
vGoETHE, JW.: Neueste und letzte beitr. zur Faustlitt. Neuer anz. f. bibliogr.
und bibliolhekwissensch. 45, 381. [26S
Minor Fausts literature. New-York nation bd. xxxix nr975 s. 216 (Goethe-jb.
6, 447). [269
s. auch [67. 69.
Frankfurter gelehrte anzeigen s. [61.
Gedichte s. [210—214.
*The poems of G., consisting of his ballads and songs and miscellaneous
selections. doneinlo English verse by WGibson, Commander U.S. navy. Lon-
don, Simpkin, Marshall <fc co., 1883. — Saturday review, 26april nrl487. [270
Ausgewählte gedichte (Meisterwerke unserer dichter, neue auswahl f. volk
und schule mit kurzen erläuterungen , begonnen von FHülskamp, fortges.
von JScheuffgen. 28. 20 bdchen). Münster, Aschendorfl". 194. 16. [271
Gedichte, auswahl von FZimmermann (Class. deutsche dichtungen mit
kurzen erläuterungen f. schule und haus hg. von KHKeck in). Gotha, Per-
thes, v, 166. 8. — D. litteraturbl. vii nr 45 (Keck). [272
Zur Chronologie der lyrischen gedichte G.s von HDüntzerl.2. Acad. bll.
1,37. 86. vgl. 117 f. [273
Alexis und Dora s. [276.
Zu G.s gedichten [Beherzigung. Erinnerung. Rinaldo] von KRieger. separat-
abdr. aus dem jahresber. des k. k. Franz-Josef-gymn. zu Wien. Wien, Gerold
in comm. 16. 8. — DLZ nr31. [274
Der besuch s. [276.
Chinesisch-deutsche Jahres- und tageszeiten von WvBied ernsa nn. Acad. bll.
1,257. vgl. HDüntzer ebenda s. 379. WvBied ermann ebenda s. 430. [275
Zu einigen gedichten G.s [Christel. Der besuch. Der nachtgesang. Alexis
und Dora] von DJacoby. Goethe-jb. 5, 327. [276
Distichen, enthalten in [329.
Erinnerung s. [274.
Zur datierung des Erlkönig von ThLüttke. Goethe-jb. 5, 331. [277
Der ewige Jude s. [205.
Zu G.s Fischer. Arch. f. d. Studium d. neueren spr. 72, 471. [278
Gott gemiit und weit s. [295.
*Uber G.S Klaggesang von der edlen frauen des Asan Aga. gesch. des Ori-
ginaltextes und der Übersetzungen von dr FM i k l o s i c h. aus den Sitzungsber.
der Wiener acad. Wien, Gerold in comm., 1883. — Magazin f.d. litt. d.
in- und ausl. nr 4 (vBojnicic). Anz. x 400 (Pniower). [279
La ballade 11 etait un roi de Thule: JCondamin, Croquis artistiques et
litteraires (Paris, Leroux). [280
Zu G.s kunstgedichten von JMinor. Grenzboten nr 16. [281
Über die bisherigen drucke von G.s Leipziger liedern von RKögel in:
Studia Nicolailana. dem scheidenden rector herrn prof. dr ThVosel darge-
bracht von dem lehrercollegium der Nicolaischule zu Leipzig (Giesecke n.
Devrient. 6 bll., 14.5. 8.) s. 89-111. [2S2
G.s mailied in englischer Übersetzung von EEck stein. Magazin f. d. lilt.
d. in- und ausl. nr28. [283
Ein gedieht G.s [Wer nie sein brod in thränen als] vervollständigt [durch
die Strophe des harfners (WMeister iv 1) als 3 und schlussstrophe] von KGoe-
deke. Arch. f. lilteraturgesch. 12,478. [284
Mignon s. [252.
Der nachtgesang s. [276.
Neue liebe, neues leben s. [293.
Politica s. [295.
Ein neues gedieht [rätsei] G.s mitgeteilt in Kürschners Signalen (umschlag-
bll. der D. nationallilt. heft 124 s. 739) (Goethe-jb. 6,375), und in Vom
fels zum meer, mai s. 226, [285
Federzeichnung von G.s band (landschaftsbild) mit 4 zeilen autogramm
(=Rheiii und .\Iain, llcmpel 2, 420 z. 3 — 6) aus dem nachlass von KLaroche
(jetzt im besitz des Wiener kaufmanns JLWeifs) milgeteilt [aber in z. t.
BIBLIOGRAPHIE II 299
entstellter form, denn in 'fluth und opfer' ist mindestens das zweite Sub-
stantiv verlesen (für 'ufer'); statt 'fluth' liest die ausg. 'fluss'. statt 'feugen'
(z. 6) 'zeichen']. Berl. tagrebl, nr 313. [286
vGoETHE, JW.: Rinaldo s. [274.
Sonette s. [107,
Sprichwörtlich s. [295.
Die Stiftung von G.s mittwochskränzchen, Sliftungslied von HDüntzer.
Goethe-jb. 5, 333. [287
G.s Todtentanz im lichte der mährischen sagenweit von dr Martinez.
"Wiener ailgem. ztg. nrl576. [288
Zwei G.sche gedichte [Trost in thränen. Wanderers nachtlied Der du von
dem himmel bist] in lat. Übersetzung von HGorvinus. Magazin f, d. litt,
d. in- und aus). nrlS. [289
Das Veilchen s. [414.
[Wanderers nachtlied] Über allen gipfeln ist ruh! ein gedenkbl. zur erin-
nerung an G.s aufenthalt in Ilmenau hg. von GLiebau. Ilmenau, Schröter.
48 mit eingedr. holzschn. 8. [290
Lat. Übersetzungen von Wanderers nachtlied und Ein gleiches vonFWein-
kauff. Neue deutsche musikztg., febr. [291
s. auch [289.293.
Das lied vom genius [Wanderers sturmlied]. eine G.-studie von AHinüber.
Leipzig, Wigand. 39. 8. — Gegenwart nr 48 s. 350. [292
G.sche gedichte [Willkommen und abschied. Neue liebe, neues leben. Die
beiden Wanderers nachtlied] in lat. Übertrag, von HGorvinus und OLeh-
mann. Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 25. [293
Zu den Zahmen xenien von MBernays. Goethe-jb. 5,342. [294
Zu Goethes gereimten sprächen [Zahme xenien, Gott gemüt und weit.
Sprichwörtlich. Politiea] von GvLoeper, Goethe-jb. 5, 288. [295
*G.s Götz von Berlichingen in dreifacher geslalt hg. von JBaechtold.
Freiburg i, B. u. Tübingen, Mohr, 18S2. — Arch. f. litteraturgesch. 12, 167
(vBiedermann). Revue critique nr 19. GGA nr 13 (Sauer). [296
♦Götz von Berlichingen ediled with introduction and notes by HAB u II.
London, Macmillan Sz co., 1883. — Academy nr 629 (Wolstenholnie). [297
Götz von Berlichingen mit der eisernen band, ein Schauspiel mit einleit.
und anm. von prof. dr LSmolle (Schu!au«;g. class. werke zum gebrauche
an österr. Unterrichtsanstalten, unter mitwirkung mehrerer fachmänner hg.
von prof. JNeubauer nr 10). Wien, Graeser. xiv, 98. 8. [298
Eine Umarbeitung von Adelheids letzter scene im Götz von ROGonsentius.
Magazin f. d. litt. d. in - und ausl. nr 7. [299
Götz von Berlichingen mit der eisernen band, nach G.s Schauspiel bearb,
mit 49 denksprüchen von KFAGeerling (Erzählungen aus class. dichtem
f. alt und jung von KFAGeerling vi). Köln, Ahn. 70. S. [300
Götz und Clavigo in Österreich zur zeit ihres erscheinens von HRoUett.
Goelhe-jb. 5,325, [301
^Hermann und Dorothea von KHKeck (Class. deutsche dichtungen
mit kurzen erläuterungen f. schule und haus i). Gotha, Perthes, 1883. —
D, rundschau, jan. s. 157. Zs. f. d, österr. gymn. 35, 227 (Prosch). Pädag. bll,
hg. von Kehr 13, 203 (Keller). [302
Übersetzung von Hermann und Dorothea von KvKoseritz. Porto Alegre,
Grundlach & cie. (Goelhe-jb. 6,414). [303
Hermann und Dorothea, mit eiiil. und anm. von prof. dr ALichtenheld
(Schulausg. class. werke zum gebrauche an österr. Unterrichtsanstalten, unter
mitwirkung mehrerer fachmänner hg. von prof. JNeubauer nr 2). Wien,
Graeser. xvi, 62. 8. [304
.Arminio e Dorothea, traduzione di AM af fei. Milano, Hoepli. 236. 16. [305
Hermann and Dorothea with grammatical explanations calculated lo bring
the English reader to a sound knowledge to the German language by HSachs.
London, Kolckmann. 86. 12, [306
300 BIBLIOGRAPHIE H
vGoETHE, JW. : Hermann and Dorothea with notes etc. by WW agner. new
ed. London, Macmillan. 12. [307
s. auch [205.
*Iphigenie aufTauris. in vierfacher gestalt hg. von JBaechtold. Frei-
burg i/B. u. Tübingen, Mohr, 1SS3. — Anz. x 127 (Burdach). Arch. f. lit-
teraturgesch. 12,468 (vBiederniann). GGA nrl3 (Sauer). [308
L'Iphigenie en Tauride. traduction et preface de MAL e grelle. La revue
nouvelled'Alsace-Lorraine. histoire, iitterature, sciences, beaux-arts. Seannee,
nr 9. 10. [309
Iphigenie auf Tauris. mit einer einl. und anm. von prof. JNeubauer
(Schulausg. class. werke zum gebrauche an österr. unterrichtsanstalten. unter
mitwirkung mehrerer fachmänner hg. von prof. JNeubauer nr 1). Wien,
Graeser. xiii, 69. 8. [310
Iphigenie auf Tauris. ein Schauspiel (Deutsche classiker f. den schulgebrauch
hg. von prof. JPözl nr 5). Wien, Holder, iv, 65. 8. [311
Iphigenie auf Tauris. nach G.s Schauspiel bearb* mit 50 denksprüchen
(Krzähiungen aus class. dichtem f. alt und jung von KFAGeerling viii). Köln,
Ahn. 53. 8. [312
* Vorträge f. d. gebildete weit nr 2. Iphigenia auf Tauris von dr AH a g e m a n n.
hg. von PHagemann. Riga, Schnakenburg, Leipzig, Brauns, 1883. — Arch.
f. litteralurgesch. 12,469 (vBiedermann). ßll. f. litt, unterh. nr37 (Buchner).
Lilteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr 11 (Wendt). [313
G.s Iphigenia von HHettner: Kleine Schriften, nach dessen tode hg.
(Braunschweig, Vieweg) s. 452. [314
* Über G.s Iphigenie von dir. dr FThNölti ng. progr. der grofsen Stadtschule
zu Wismar 1883. — Arch. f. d. sind. d. neueren spr. 71,451 (Kölscher). [315
Über eine stelle in G.s Iphigenie von FThNölting. Arch. f. d. Studium d.
neueren spr. 71, 293. [316
Über die beziehungen der Iphigenie zum Mannheimer nationaltheater von
APichler, Wiener theaterchronik nr 13 (Goethe-jb. 6, 403). [317
G.siphigenie aufTauris nach den vier überlieferten fassungen von MReckli n g.
Strafsb.diss.u.gleichzeitigprogr.d.gymn. zu Buchsweiler. Golmar. 32. 4. [318
Italienische reise, mit 318 illustr. nach feder- und tuschzeichnungen
etc. von JvKahle. eingeleit. von prof. dr HDüntzer. Berlin, Gaillard. xxvi,
336. 4. — Die post nr 334 beil. (Rosenberg). Litt, centralbl. nr 52. [319
G.s Travels in Italy. London, Bell & sons. 12. [320
Voyage en Italic (extraits). traduction fran<;aise par ***. Lyon, Boin &Mer-
cier. 67. 12. (Goethe-jb. 6, 413). [321
Nochmals zu G.s Italienischer reise von JKeller. Arch. f. litteraturgesch.
12, 479. [322
Über G.s Singspiel Lila von ARudolf. Arch. f. d. Studium d. neueren
spr. 71,454. [323
Wilhelm Meisters lehrjahre. Wilhelm Meisters wanderjahre (Museum,
Sammlung litt, meisterwerke in neuer rechtschreibung nr 64. 65). Elberfekl,
Lolls nachf. 512. 365. 8. [324
Wilhelm Meister, traduct. parThGautier fils. 2 vis. Paris, Charpentier.
567. (;i9. 18. [325
Serlo und FLSchröder von ThLüttke. Goethe-jb. 5,345. [326
s. auch [252.284.
Natu rwissensch. Schriften s. [216.
G.s naturwissenscli. Schriften von AGlassen. Grenzbolen nr 24. [327
Nausikaa. trauerspiel in 5 aufz. in freier ausführung des G. sehen eiit-
wurfs von HSchreyer. nebst einem anhang: Nausikaa bei Homer, So-
phokles und G. Halle, Waisenhaus. 151. 8. — Die post nr 324. D. lit-
teraluibl. vii nr 7 (Keck). [328
G.s notizbuch von der schlcsischcn reise 1790. zur begrüfsung der
deutsch-romanischen section der xxxvii versamml. deutscher philologen und
Schulmänner in Dessau hg. von FZarncke. Leipzig, Breitkopf u. Härtcl.
32. 2. mit 2 facsimiles. — Litt, centralbl. nr43 (Zarncke). [329
BIBLIOGRAPHIE II SQl
vGjethe, J\V.: Reineke Fuchs s. [2uö.
Reineke Fuchs, nach G.s epos bearb. mit 34 denksprüchen (Erzählungen
aus class. dichtem f. alt und jung von KFAGeerling ix). Köln, Ahn.
69. 8. [330
Zum schluss über G.s Satvros von vBiedermann. Wissensch, beil. d.
Leipziger Ztg. nr31. 32 [fortsetzung zu jg,lST4 s.249ff. ISSl s.385ff]. [331
Zu den Sprüchen in prosa von SLevy u. LGeiger. Goethe-jb. 5, 340. [332
Stella s. [407.414.
Zu G.s Tages- und Jahresheften von JKürschner. Signale s. 803
(Goethe-jb. 6,41 2j. [333
Torquato Tasso. ein Schauspiel, mit einl. und anm. von prof. JNeu-
bauer (Schulausg. class. werke, unter mitwirkung mehrerer fachmänner
hg. von prof. JNeubauer nr 11). Wien, Graeser. xvi, 104. 8. [334
Torquato Tasso. beitr. zur erklärung des dramas von FKern. Berlin, Nicolai
(Stricker), vii, 160. 8. — DLZ nr 26 (Sauer). Acad.bll. 1, 429 (Buchner). [335
Einführung in G.s Torquato Tasso von E\\'ehrlin. Riga, Deubner in comm.
VII, 94. 8. [336
Volkslieder s. [226.
Wahl vernandtschaften s. [40.
Aus meinem leben. Wahrheit und dich tun g. neue aufl. Stuttgart,
Colta. 622. 8. [337
I dolori del giovine Werther; versione italiana di RCeroni. Rlilano.
Sonzogno. 124. 16. [338
Werlher. traduction nouvelle et preface parPLeroux. avec deux dessins
deDelbos, graves en facsimile parDujardin. Paris, Charpentier. 331. 32. [339
Zum Werther von ABirlinger. Alem. 12,99. [340
Goethe- Werther- erinnerungen vonKKnortz. Reform, hg. von FWFrikke.
8 isj. nr 6. nach Goethe-jb. 0, 41S auch in Masonia, New-York, 2jg.
nr''2T. 28. [341
Werther in Italien von dr FR a a b. Neue freie presse nr 7160 morgenbl. [342
Werther vonJSchmidt. Westermanns monatshefte, oct. s. 114. [343
Ein Wertherschwärmer. Daheim nr 20. [344
Zwanzig briefe G.s [an herzog Ernst ii von Gotha, Iffland (vgl. DLZ
sp. 714), herzog KAugust, Anna Amalia WollT, Kirms, frau von Heygendorf,
vSchreibers, einen unbekannten, Heinrich Meyer, hofrat Voigt, Varnhagen
vEnse, Hirt, Oltilie vGoethe, oberst vReutern]. mitgeteilt von WArndt,
LGeiger, KvGe r s t e n b e r g , vKirchenheim, FLichtenstein,
RSchneider. Goethe-jb. 5, 1. [345
Early and miscellaneous letters ofG.,including letters to bis mother. translated
witii notes and a shorl biography by Eßell. London, Bell & sons, and
New-York, Scribner & Welford. 318. — Athenaeum nr 2972. Academy
nr650. Goethe-jb. 6, 44-3. [346
Nachträge zu G. -correspondenzen. im auftr. der vG. sehen familie aus G.s
hslichem nachlass hg. von FThB ra tra nek. v familie Voss [5 briefe von
JHVoss, 15 von HVoss, 1 von AVoss (an AvGoethe), 1 von Ernestine Voss,
nebst 2 briefen G.s an den valer JHVoss und 1 an HVoss]. vi 21 briefe
der frau von Stael und zwei antworten G.s. vn Heine und Grabbe. Goethe-
jb. 5, 38. 112. 132. [347
Zu G.s briefen an frau vStein und zu Arch. 12, 159 von HFischer. Arch.
f. litteraturgesch. 12,479. [348
Briefwechsel zwischen G. und Ernst Meyer hg. von LGeiger. mit einer
Vorbemerkung von dessen. Goethe-jb. 5, 134. [349
Die gesch. eines G.-briefes [an den portraitmaler GLGläser vom 14 oct. 1826,
s. Strehlke G.s briefe ii 496] von ESabell. Magazin f. d. litt. d. in- und
ausl. nr 25. 26. [350
*G.s briefe an frau vStein hg. von ASchöll. 2 vervollständigte aufl.,
bearb. von WFielitz. bd 1. Frankfurt a;M., Litt, anstalt (Rütten u. Lö-
ning), 1883. — Arch. f. litteraturgesch. 12, 157 (vBiedermann). [351
302 BIBLIOGRAPHIE II
vGoETHE, JW. : Briefe. Verzeichnis derselben unter angäbe von quelle, ort,
datuni und anfangsworten. — darstellung der beziehungen zu den empfängern.
— Inhaltsangaben der briefe. — mitteilung von vielen bisher ungedr. briefen.
hg. von FSt rehl ke. 1 teil, einleitnng. quellenverzeichnis. A — M. 2 teil.
N — Z. briefe an unbekannte, nachtr., berichtigungen und ergänzungen.
gruppierung der briefe. gesammtresullate. nacbwort. 3 teil, chronologi-
sches briefverzeichnis. Berlin, Henipel, 1882—1884. 496. 543. 247. 8. —
Arch. f. lilteraturgesch. 12, 154. 455. 612 (vBiedermann). Litt, centralbl.
nr 37. DLZ nr 39 (Werner). [352
Ein unbekannter brief G.s an Schiller von GW eisstein. Frankf. ztg.
nr 172 beil. [353
G. und gräfin O'Donell. ungedr. briefe nebst dichterischen beilagen hg.
von dr RiMWerner. mit 2 portr. Berlin, Hertz, viii, 220. 8. — Litt,
centralbl. nr 46. Satnrday review nr 1526. [354
s. auch [414. 446. 447.
La Grece , Ronie et Dante, ctudes litteraires d'apres nature par JJAm-
pere de l'academie francaise. neuvieme edition. Paris, Didier, v, 464
IJenthält ua. s. 188—197 G. in Rom (Goethejb. 6, 419)]. [355
Ein G.-heitr. von JBayer. Neue freie presse nr7187 abendbl. [356
Beitr. zur metrik G.s. 1 teil von EB el 1 i n g. progr. des k. gynin. zu Broniberg.
Bromberg, Dittmann. 22. 4. [357
Siebente fortsetzung der nachtr. zu Hirzels Neuestem Verzeichnis einer G.-
bibl. von WvBied erman n. Arch. f. lilteraturgesch. 12,579.' [358
Schattenbilder aus G.s Leipziger Studentenjahren, gedenkbl. zum 28 august
von (WvBiedermann), lllustr. ztg. nr 2147. [359
G. und der brennende berg bei Dud weiter von ABirlinger. AZnr271. [360
G. by JSBlackie. Times, 14 apr. (Goethe-jb. 6,415). [361
G. als Student in Leipzig von LBlume. separatabdr. aus d. jahresber. des
k. k. acad. gymn. zu Wien f. d. schulj. 1883/4. Wien, Selbstverlag d. verf.s.
1,9. 8. [362
Etudes allemandes. G. par ABossert. Revue de l'enseignement secondaire
15, 695. 16,751. 17,796. [363
Ronie, etudes de litlerature et d'art parABournet. Paris, Plön & cie. [tie-
handell ua. G. und Winckelmann in Rom (Goethe-jb. 6, 419)]. [364
Schiller und G. im urteile ihrer Zeitgenossen, ztgskritiken, berichte und
notizen Schiller und G. und deren werke betr. aus den j. 1773—1812, ge-
sammelt und hg. von JWBraun, eine ergänzung zu allen ausg. der werke
dieser dichter. 2abteilungG. bd. 1 : 1773—86. bd. 2: 1787—1801. Berlin,
Luckhardt, 1883. 1884. xix, 427. xv, 399. 8. — Bll. f. litt, unterh. nr 37
(Buchner). [365
Zur gesch. der theaterleitung G.s von CAHBur khard t. Grenzboten nr 2. [366
*G. und kein ende, rede bei antritt des reclorats der k. Friedrich- Wilhelms-
nniversität zu Berlin am 15 oct. 18S2 gehalten von Edu B ois- Rey mo nd.
Berlin, buchdruckerei der k. acad. der wis.^., auch Leipzig, Veit i- cie., 1883.
— Arch. f. lilteraturgesch. 12, 172 (Schreyer). [367
*Life of G. by HDüntzer. translated by 'l'liLy ster. 2vls. London, iVlac-
millan S: cie., 1883. — Saturday review, 23 fel.r. nr 1478. [368
Über die anordnung von G.s Nachgelassenen werken und der quartausg. von
HDüntzer. Arch. f. litteraturgesch. 12, 544. [369
*G.s eintritt in Weimar, mit lienützung ungedr. quellen dargestellt von
HDüntzer. Leipzig, Warti?, 1883. — Acad. bll. 1, 374 (Büchner). Zs. f. d.
österr. gymn. 35. 658 (Riegerf AZ nr 25 B. [370
G. und die bibliotbeken zu W'eimar und Jena von HDüntzer. Centralbl. f.
I.ililiothekswesen 1, 89. [371
Gesammelte kunstliistorische schrillen von REitelberger vEdelberg.
bd. 3 mit 46 holzschn. Wien, Braumüller, xvi, 390, 8. [darin s. 221—262
eine abhandlung über G. als kunstschriftsteiler]. [372
BIBLIOGRAPHIE 11 303
vGoETHE, JW.: *Goethe-jb. hg, von drLGeiger. bd. 1 — 5. Frankfurt a/M,,
Litt.anstalt(Rüttenu.Löning), 1880— 1884. — AZnrll9. 120 B.(Düntzer). [373
♦ dasselbe, bd. 4. 1883. — Arch. f. litteraturgesch. 12,459 (vBiedermann). [374
dasselbe, bd. 5. ix,446. 8. mit dem bildnis G.s nach dem gemälde der gräfin
von Egloffstein [darin s. 352 berichtigungen und ergänzungen zu bd. 1 — 4,
s. 357 Chronik des Jahres 1883, s. 368 bibliographie desselben Jahres, vgl. die
berichtigung von LGeiger betreffs Jb. v5— 7: DLZ nr 19 sp. 714]. — Neue
evang. kirchenzlg. nr21. DLZ nr 38 (Schmidt). Litt, centralbl. nr41. D.
rundschau, dec. s. 481. [375
Goethe in Italien von HGrimm s. [40.
*G.s erkenntnisprincip von AHarpf. separatabdr. aus den Philos. monats-
heften 1883, i. ii. Bonn, Neufser. 39. 8. — Arch. f. litteraturgesch. 12,
470 (vBiedermann). [376
Gedanken über G. von VH eh n. 3. Naturphanlasie. Grenzboten nr 7. 8. [377
*Das G.sche gleichnis i. von prof. dr HHenkel. progr. des gymn. zu See-
bausen i. A. Stendal, Franzen u. Grosse, 1883. — DLZ nr 10 (Jacoby).
Litleraturbl. f. germ. u. rom. phil. nrl2 (Koch). [378
An G. English society by Herford. Academy nr 654. [379
G. als theaterintendant von ChHervey. Longmans magazine nrxvns.496
(Goethe-jb. 6, 447). [380
G.s Stellung zur bildenden kunst seiner zeit von HHettner: Kleine Schriften,
nach dessen tode hg. (Braunschweig, Vieweg) s. 475. [381
G. und der socialismus von HHettner: Kleine Schriften, nach dessen tode
hg. (Braunschweig, Vieweg) s. 433. — DLZ nr36 (Schmidt). [382
Salomon Hirzels Verzeichnis einer G.-bibl. mit nachtr. und fortsetzung hg.
von LHirzel. Leipzig, Hirzel. vi, 215. 8. — Grenzboten nr 15. DLZ nr31
(Werner). litt, centralbl. nr41. Saturday review nr 1495. [383
*G. in Karlsbad von dr EHlawacek. 2 verm. und verb. aull. von dr
VRuss. Karlsbad, Leipzig, Wien, Feller, 1883. — Arch. f. litteraturgesch.
12, 626 (vBiedermann). [384
Berühmte liebespare von FvHohen h a usen. iv folge [s. 215 ff G. und Lili
Schönemann]. Leipzig, Schlicke, vi, 293. 8. [385
Aus G.s herzensieben, wahrheitsgetreue darstellungen von FvHohenhausen.
Leipzig, Bergmann, vii, 274. 8. — Wissensch. beil. d. Leipziger ztg. nrlOO.
Didaskalia nr301. D. litleraturbl. vii nr 37 (Neubauer). [386
*G. als naturforscher und herr DuBois- Reymond als sein kritiker. eine
antikritik von dr SKalischer. Berlin, Hempel, 1883. — Arch. f. litteratur-
gesch. 12, 471 (vBiedermann). [387
Goethe oder Göthe? von RKeil. Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 34. [388
Beitr. zur G.-forschung von EAKnother. New-Yorker belletristisches Journal,
abgedr. Echo nr 30 (Goethe-jb. 6, 392). [389
Nachklänge aus Weimar: im G.-haus, G.s tonlehre, fiber G.s Stellung zur
tonkunst von OLessmann. Allgem. deutsche musikztg. nr 26. [390
The Story of G.s life by GHLewes. second edition. abridgcd from Life and
works of G. London, Smith <fc Eider. [391
Unerklärtes und ungedrucktes von G. von ALindner. Gegenwart nrl7. [392
Zur Zeitbestimmung G. scher schriften von GvLoeper. Arch. f. litteratur-
gesch. 13, 72. [39S
G. und Schiller in ihrem Verhältnis zum Christentum von dr FLübker [aus:
Vorträge über bildung und Christentum]. Hamburg, agentur des rauhen hauses.
36. 8. — D. litleraturbl. VII nr 35 (Keck). Theol. litleraturbl. sp. 423. [394
G.s philosophische entwickelung. ein beitr. zur gesch. der philos. unserer
dichterheroen von E.Melzer. separatabdr. aus dem 22 bericht der wissensch.
»esellsch. Philomathie in Neifse. Neifse, Graveur. 74. 8. [395
Festgedichte zu der G.-Textorschen hochzeit am 20 aug. 1748. ein beitr.
zur G.-forschung von EMentzel. Die kleine chronik. Frankf. Wochenschrift
hg. von LHolthof vii nr 8 (Goethe-jb. 6, 421). [396
Jena, erinnerungen an die class. zeit von KNeumann-Strela. Wester-
manns monatshefte, jan. s. 26. [397
304 BIBLIOGRAPHIE II
vGoETHE, JW.: Die religiöse Weltanschauung G.s. ein Vortrag von lic. theol.
WNeveling. Barmen, Klein, iv, 28. S. [398
Studier over G.s dramaer med saerligt hensyn til deres personskildring af
JPaludan-Müller. Kopenhagen, Schon. 224. 8. vgl. Goethe-jb. 6, 400
(Hoffory). [399
G.s Brockenreisen, zum 100jährigen gedenktage seiner letzten Brockenreise
am 4 sept. 1784 von HPröhle. Sonntagsbeil, zur Voss. ztg. nr 35. 36. [400
G.s Waldeinsamkeit (zu G.s 135 geburtslag). erinnerung von JRank. D.
Wochenschrift nr 35. [401
Ankündigung von G.s Schriften in 8 bden vonKRieger. Goethe-jb. 5,347. [402
♦Die G.-bildnisse. biographisch-kunstgeschichtlich dargestellt von drHRol-
lett. mit 78 holzschn., 8 radierungen von W'Unger und 2 heliogravuren.
Wien, Braumüller, 1SS3. — Arch. f. litteraturgesch. 12, 457 (vBiederniann).
DLZ nr8 (Werner). [403
Über die anordnung G. scher Schriften iii. von WScherer. Goethe-jb.
5, 258. [404
G. in Franzensbad von GSchmid. Usterr. badeztg. 13 jg. nr 17. 18 (Goethe-
jb. 6, 419). [405
G.s und Schillers Verhältnis zur comödie von ASchöU in: Gesammelte auf-
sätze zur class. litt, alter und neuerer zeit s. S5. [406
G. und die liebe, zwei vortrage [G. und die liebe, einleitung zu Stella (er-
schien zuerst D. ztg. nr 4335. 4347 morgenbl.). G. und Marianne Willemer]
von KJSchr öer. Heilbronn, Henninger. xi, 78. 8. — D. ztg. nr 4660 abendbl.
Litt, centralbl. nr 29. D. litteraturbl. vii nr 20 (Zimmermann). [407
G. by JRSeeley i. ii. iii. The contemporary review, aug. , oct., nov,
[408
G. in seinen beziehungen zur musik von Wald mann. D. Wochenschrift
nr 19. [409
G.s gedanken über deutsche Zeitschriften von GWeisstein. Goethe-jb.
5, 311. [410
G. in Schlesien 1790. ein beitr. zur G.-litt. von HWentzel. 2 aufl.
Breslau, Koebner. [411
Freund G. von JWerner, Verfasserin der Jugenderinnerungen einer jungen
frau. Stuttgart, Cotla. 237. 8. — AZ nr 308B. (vStraufs und Torney). Neue
evang. kirchenztg. nr47. [412
G. in Amerika von HSWhite, übersetzt von C. P. Goethe-jb. 5. 219. [413
Kleine Goethiana zum 28 august [1. Das Leipziger theater 1765—1768. 2. Zu
den Jugendbriefen. 3. Stella und Das veilchen. 4. Ein archäologisches gut-
achten 1800J von GWustmann. Grenzboten nr 36. [414
Zu G.s doctordiss. von FZa rucke. Goethe-jb. 5, 345. [415
ZurG.-, Lessing- und Schillerlitt, (bibliographisches). Neuer anz. f. bibliogr.
und bibliothekwissensch. 45, 63 ff. 91 ff. [416
Die familie G. in Artern, Frankfurt a/M., Allstedt, Mansfeld und Friedberg.
Die kleine chronik. Frankf. Wochenschrift hg. von LHolthof vii nr 8. 9
(Goethe-jb. 6, 421). [417
Das G.haus in Weimar. Wiener theaterchronik nr23 (Goethe-jb. 6, 442). auch
Didaskalia nr 132. [418
G. als beamter. Monatsschrift f. deutsche beamte, heft 3 (Goethe-jb.
6. 421). [419
Über G.s glaubensbekenntnis. Frankf. ztg. nr 26. [420
The wisdom of G. Temple Bar magazine, febr. art. viii (Goethe-jb. 6, 447). [421
Erinnerungen aus Karlsbad, noiiz in der Frankf. ztg. nr 197 beil., der
Wiener D. ztg. entnommen [aufenthalt berühmter litt, persönlichkeiten, insb.
G.s, in Karlsbad 1763—1833]. [422
Karlsbad the queen of Bohemian watering places. The nineteenth Century
16, 788 [behandelt s. 797-800 G.s Karlsbader besuche]. [423
s. auch [12. 26. 42. 72. 73. 74. 512. 724. 725. 732. 869.
G.s und Schillers beschäftigung mit der Poetik des Aristoteles von CliBel ger
I
BIBLIUGBAPHIE II 305
in: Historische und philol. aufsätze. ECurlius zu seinem TÜgebuitstag am
2 sept. 1SS4 gewidmet (Berlin, Asher & de. 434. S.). aucli separat, 2S. S. [424
vGoETHE, JW.: *Beethoven und G. eine Studie von dr ThFrimmel. Wien,
Gerold, 18S3. — Acad. bll. 1, 429 (Minor). Ell. f. litt, unterh. nr 37
(Buchner). [425
Bodmer und G. von WLang. Neue freie presse nr 7049 morgenbl. [426
s. auch [142.
Friderike Brion von Sesenheim (1752—1813). eine chronologisch bearb. bio-
graphie nach neuem material aus dem Lenznachlasse von PThFalck. mit
1 Portrait, 4 Zeichnungen und 3 facsimiles. Berlin, Kamiah. xvi, S6. 8. —
Neue evang. kirchenztg. nr50. Gegenwart nr 44 (Roquette). D. litteralurbl.
VII nr36 (Keck). [427
A pilgrimage to Sesenheim by HSWhite. Lippincotts magazine, Philadel-
phia, febr. s. 183— 1S7 (Goethe-jb. 6, 417). [428
Die Sesenheimer liebe und ihr einfluss auf G.s dichterische entwicklung
von FWichraann. Kyffhäuserztg. nr 15 (Goethe-jb. 6, 418). [429
G. und Byron von RSpringer. Sonntagsbeil, zur V^oss. ztg. nr4. [430
G. und Cotta von BReinhold. Litt, merkur iv nr 7. [431
Erinnerungen an eine edle freu [Mathilde Escher] von CFMeyer. Gegen-
wart nr 40 [enthält einiges über G.s beziehungen zu HGEscher in Zürich]. [432
Alma von Goethe von HRollett. Neue freie presse nr7174 abendbl. [433
G. und Grabbe von GWeisstein. Berl. tagebl. nr 133. [434
G. und Heine von LG eigen Gegenwart nr S. [435
*G. in Heines werken von WRo bert-Torno w. Berlin, Haude u. Spener,
1SS3. — Litt, centralbl. nr 18. Lilteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr 6 (Koch).
Grenzboten nr 7. Bll. f. litt, unterh. nr 37 (Buchner). D. litteralurbl. vii nr 11
(Keck). [436
G. und Homer von OLücke. progr. der k. klosterschule zu Ilfeld a H.
Nordhausen, Kirchner, 51. 4. — DLZ nr 40 (Scherer). Arch. f. d. Studium
d. neueren spr. 72, 46Ü. [437
G. und Homer von HSchreyer. 1 teil: bis zur reise nach Italien, progr.
der landesschule Pforta. Naumburg a/S., Sieling. 44. 4. — Arch. f. d. Studium
d. neueren spr. 72, 460. [438
G. und Karl August s. [600-602. [439
*G.s Verhältnis zu Klopstock. ihre geistigen, litt, und persönlichen be-
ziehungen von dr OLyon. Leipzig, Grieben, 1882. 4 bll., 134. 8. —
Arch. f. litteraturgesch. 12, 169 (vBiedermann). Anz. x 267 (Seuffert). [440
G. und vKnebel s. [646—648.
G. und Köchy s. [649.
Zwei besuche [von GAKrug 1827 und WSchuitter 1829] bei G. von HHol-
stein. Sonnlagsbeil. zur Voss. ztg. nr40. 41. [441
G. und Lavater. Vortrag von RS t eck ((jffentliche vortr. gehalten in der
Schweiz viii 7). Basel, Schwabe. 39. 8. [442
G. und Ulrike von Levetzow, erzählung von HViehoff. Deutsche revue,
mai s. 1 33. [443
Lucrez in Weimar [G.s Stellung zu Lucrez] von WLang. Neue freie presse
nr 6972. 6973 morgenbl. [444
G. und die JMara von PThFalck. Goethe-jb. 5, 348. [445
G. und E.Meyer s. [349.
Aus 'kunst-Meyers' [HMeyers] nachlass von KKuhn. Frankf. ztg. nr 62
[enthält verschiedenes von (zb. briefe) und über G., s. Goethe-jb. 6, 378]. [446
G. und die gräfin O'Donell. nach ungedr. briefen von RMWerner. Neue
freie presse nr 7043 morgenbl. s. auch [354. [447
* Ein verfehlter und ein gelungener besuch bei G. 1819 und 1827 von dr GPar-
they. 2 unveränderter abdr. Berlin, Nicolai, 1883. — Arch. f. litteratur-
gesch. 12,473 (vBiedermann). [448
Einige parallelen zu G. aus Pope von SLevy. Goethe-jb. 5, 344. [449
Raphaels rühm in 4 jhh. von HGrimm. l). rundschau, nov. s. 216 und
dec. s. 342 [handelt auch über G.s beschäftigung mit Raphael]. [450
306 BIBLIOGRAPHIE II
vGoETHE, JW.: Rubens and G. in: Essays by RMEyton. London, Griffilh
& Farran (Goethe-jb. 6, 446). [451
Zu G. und Ruckstuhl von LGeiger. Goethe-jb. 5, 349. [452
G. und Schiller s. [40.
G. und Anna Magdalena Schweizer s. [575 und Goethe-jb. 6, 436. [453
G. und Luise Seidler s. [40.
G. und der schriftsteiler GLPSievers mitgeteilt von EPasque. Frankf.
Ztg. nr 3. [454
G. und frau vStein s. [348.351. 1046.
Friederike Unzelmann geb. Petersilie, ein beitr. zur gesch. des Weimarer
theaters unterG.s leitung von dr FThomae. Sonntagsbl. des Bund nrl2. [455
Demoiselle Weber bei G. von Seidel. Goethe-jb. 5, 350. [456
G.s Strafsburger freund Friedrich Leopold Weyiand von HDüntzer. AZ
nr217. 2318. [457
G. und Marianne von Willemer s. [40. 407.
Zur erinnerung an G.s Suleika [Marianne von Willemer] von OBrahm.
Frankf, ztg. nr 325. [458
Marianne von Willemer. zum gedächtnis ihres 100jährigen geburtstages
von LFulda. Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 46. [459
Marianne- Suleika. eine fesfrede gehalten zu Linz den 20 nov. 1884 von
ESchmidt. D. Wochenschrift nr 49. [460
Gottsched, JCh.: G. und die Schweizer JJBodmer und JJBreitinger, hg. von
JC rüger (D. nationallitt. bd. 42). Berlin u. Stuttgart, Spemann. ci, 335.
8. [auszüge aus den Discursen der maier, aus Breitingers Krit. dichtkunst,
aus Boduiers Homerübersetzung, ferner G.s Sterb. Cato, Der parodierte Cato,
Bodmers Bache der Schwester, der frau G. Testament]. — Bll. f. litt, unterh.
nr51 (Boxberger). Acad. bll. 1, 732 (Minor). [461
Eine reise nach Wien (G. und die Gottschedin bei kaiserin Maria Theresia)
von PSchlenther. D. Wochenschrift nr35. [462
s. auch [11. 512.
Grabbe, Ch. s. [347.. 434.
Greflinger, G. : *Über GG. von Regensburg als dichter, historiker und Über-
setzer, eine litterarhist. Untersuchung von WvOettingen. OF 49. Strafs-
burg, Trübner, 1SS2. — Anz. x 73 (Walther). [463
GniLLPARZER, F.: G.s Ahnfrau und Calderons Andacht zum kreuze von HLambel.
Die presse nr 16. [464
*G.s Ahnfrau und die schicksalsidee von VTerlitza. progr. der staals-
oberrealschule zu Bielitz 1883. — Gymn. nr 10 (Saliger). Zs. f. d. österr.
gymn. 35, 759 vgl. 719 (Werner), [465
Verse G.s über Eckermann in Hillers album. aus Kürschners Signalen
(Goethe-jb. 6, 437). [466
G.s Jüdin von Toledo, ihre quellen und älteren bearbeitungen von drMLan-
dau. AZ nr 298, 299B, [467
G.s Sappho auf der Leipziger bühne von HMarbach. Wissensch. beil.
d. Leipziger ztg. nr 74 s. 441, [468
Traum ein leben s. [60.
Aus G.s Wohnung von dr GvBreuning. Neue freie presse nr 7266. 7267
morgenbl. [469
Das bild in der dramatischen spräche G.s von ACafasso. jahresber. des
landes-obergymn. zu Leoben. 52. 8. [470
FG. eine biographische studie von prof. AFäu 1 hamm er. Graz, Leuschner
u. Lubensky. vi, 244. 8. — DLZ nr 3 (Scherer). Litt, centralhl. nr 13.
Bll. f. litt, unterh. nr 26 (Buchner). Zs. f. d. gebildete weit vi 6 s. 278
(Proelss). Arch. f. litteraturgesch. 12, 635 (Minor). D. rundschau, dec. s. 480.
Zs. f. allg. gesch., kultur-, litt.- und kunstgesch. 1,406 und Zs. f. d. österr.
gymn. 35, 757 (Werner), AZ nr53B. (.\luncker). Nationalztg. nr 13 (Lem-
mermayer). D. Wochenschrift nr 17 (Valdeck). [471
*Zur biographie FG.s von LAFrankl. Wien u. Pest, Hartleben, 1883. —
Acad. bll. 1, 55 (Minor). Bll. f. litt, unterh. nr 2 (Boxberger). ebenda
BIBLIOGRAPHIE II 307
nr 26 (Buchner). D. rundschau, dec. s. 4S0. Gegenwart nr 47 s, 335.
Zs. f. d. österr. gymn. 35, 757 (Werner). [472
Grillparzer, F.: Zur biographie FG.s von LAFra nkl. 2 verm. aufl. Wien u.
Pest, Hartleben. 97 mit portrait. 8. [473
Zurbiogr. G.s von drKGlossy. Neue freie presse nr 7202 morgenbl. [474
FG.s lebensgesch. von HLaube. mit dem portrait des dichlers in slahlsticli.
Stuttgart, Cotta. viii, 177. 8. — AZ nr 154— 156. 158. 160 ß. und Zs.
f. aiig. gesch., kultur-, litt.- und kunstgesch. 1, 406 (Werner). Athenaeum
nr 2962 s. 155. D. vi'ochenschrift nr 17 (Valdeck). Nationalztg. nr 345 (Lem-
mermayer). Grenzboten nr 22 (Lier). Saturday review nr 1495. Gegenwart
nr 27 (Zolling). Zs. f. d. gebildete weit vi 6 s. 278 (Proelss). Litt, cen-
tralbl. nr33. Unsere zeit, aug. s. 190 (vGottschall). DLZ nr 35 (Scherer).
Europa nr 18. Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 32 (Kaufmann). [475
Otto Prechtler der freund G.s von AM üller-Guttenbrunn. AZ
nr 335 B. [476
*G.s technik. ein essay von PivMuth. progr. der landes-oberrealschule
zu Wiener-Neustadt 1883. — Gymn. nr 10 (Sauger). Zs. f. d. österr. gymn.
35, 719. [477
FG. auf der bühne von Neumaun -Hofer. D. montagsbl. nr 19. [478
FG. und Ka thi Fröhlich von LS p e i d el. Neue freie presse nr 7 1 1 9 morgenbl. [479
Die erste rede G.s. D. Wochenschrift nr 42. [480
s. auch [39.74.171.625.
vGrimmelshausen, HJC. : * Werke, bd. 1.2.3. hg. von FBobertag (D. na-
tionallitt, bd. 33. 34. 35). Stuttgart u. Berlin, Spemann. — Sonntagsbl. des
Bund nr31 s. 248. [481
Zur Simplicianischen litt, [über den Ungarischen oder dacianischen Simplicis-
simus und den Türkischen vaganten oder umschweiffenden türkischen handels-
mann] von VvRenner. Mitteilungen des Instituts f. österr. geschicllt^-
forsch. 5, 143. [482
Grossmanx, GWF. briefe s. [138.
Grün.A. s. [128 ff.
Gryphiüs, A.: Zu Gardenie und Gelinde von RBo xberger. Arch. f. litteratur-
gesch. 12, 219. vgl. [485 s. 605 ff. [483
*Uber Herodis furiae et Racheiis lachrymae nebst einigen weiteren nachr.
über den dichter von FWJ ahn. progr. des stadtgymn. zu Halle a/S. 1883. —
Arch. f. d. Studium d. neueren spr. 71,228. [484
Lyrische gedichte hg. von HPalm (Litt. ver. CLXXi). Tübingen. 610. 8.
[enthält auch das leben des dichters s. 590 fr]. [485
*Sonn- und feiertagssonette. abdr. der ersten ausg. (1639) mit den ab-
weichungen der ausg. letzter band (1663) besorgt durch dr HWelti (Neudr.
deutscher litteraturwerke des 16 und 17 jhs. nr 37 u. 38). Halle, Niemeyer,
1883. — Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr 8 (Muncker). [486
Guts muths, JChF. : G. M. Über vaterländische erziehung. eine abhdlg. v. j.
1814, bei gelegenheit der feier des 100jährigen bestehens der erziehungs-
anstalt zu Schnepfenthal neu hg. von dr KWa ssma n n sd orff. mit einer
rede des Schnepfenthaler zöglings GLexmundvHeinrich v. j. 1796 De gym-
nicorum exercitiorum ulilitate et vero consilio, und einer rede ChGSalzmanns
im betsaale des Dessauer philanthropins v. j. 1781 Über die gesundheit und
die mittel sie zu erhalten. Plauen i/V., Hohmann. xiii, 76. 8. [487
vHagedorn, f.: * Versuch einiger gedichte (DLD 10). Heilbronn, Henninger,
1883. — Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr 1 (Koch). Bll. f. litt, unterh.
nr2 (Boxberger). [488
H. und die erzählung in reimversen von WEigenbrodt. Berlin, Weid-
mann. VIII, 139. 8. [489
[Hainbund:] Bundesbuch und Stammbücher des Hains von JGrüger. Acad.
bll. 1, 600. [490
Die Göttinger sog. Hainbündler von ABirlinger. Alem. 12,99. [491
vHaller, A.: H. und Salis-Seewis. auswahl hg. von prof.dr AFrey (D. national-
litt. bd.41 abteilung2). Berlin u. Stuttgart, Spemann. xlviii,371. 8. [492
308 BIBLIOGRAPHIE II
vHaller, A.: *Gedichte. hg, und eingeleitet von dr LHirzel (Bibl. älterer
Schriftwerke der deutschen Schweiz bd. 3). Frauenfeld, Huber, 18S2. —
Anz. X 239 (Seuffert). Zs. f. d. österr. gymn. 35, 432 (Werner). Arch. f.
lilteraturgesch. 13,120 (Jacoby). [493
Gedichte, zweiter abdr. (Nationalbibl. Schweiz, dichter und redner des
18 und 19jhs. in sorgfältiger auswahl. mit biographisch -kritischen ein-
leitungen hg. von RWeber. 1 bdchen). Aarau, Sauerländer, vi, 72. 8. [494
* Tagebücher seiner reisen nach Deutschland, Holland und England 1723-1727.
mit anm. hg. von LHirzel. anhang: ein bisher unbekanntes gedieht Hallers
aus d. j. 1721. Leipzig, Hirzel, 1883. — Anz. x 252 (Seufifert). Arch. f.
lilteraturgesch. 13, 120 (Jacoby). D. litteraturbl. vii nrl7 (Rudioff). [495
ThHancock, AvH. Aiademy nr616. [496
H. as a poet by HGKeene. Academy nr615. [497
s. auch [512.
Hamann, JG. s. [512.
vHardenberg, F. : *FvH. (genannt Novalis), eine nachlese aus den quellen des
familienarchives. hg. von einem mitglied der familie. 2 auf!, mit portrait,
Gotha, Perthes, 1SS3. — GGA nr 8 (Minor). DLZ nr 32 (Scherer). Bll. f.
litt, unterh. nr 52 (Boxberger). Neue evang. kirchenztg. nr 52. [498
Haschka, LL. briefe s. [1116.
Hauff, W.: Sämmtliche werke, illustr. prachtausg. illustr. von hervorragenden
Münchner künsllern. Ifg. 1. München, Arnold u. Kreyfsig. 36 mit ein-
gedr. holzschn. und aulotypien, 8. [499
Märchen, f. d. Jugend durchgesehen von GH of mann, mit 8 bildern in
farbendr. nach originalen von KWeigand. 2 aufl. Leipzig, Oehmigke.
111, 33S. 8. [500
Die geschichte von der abgehauenen band (Volksbibl. des Lahrer hinkenden
boten nr 14). Lahr, Schauenburg. 21. 8. [501
Die errettung Fatmes (Volksbibl. des Lahrer hinkenden boten nr 58. 59).
Lahr, Schauenburg. 22. 8. [502
Die geschichte von dem kleinen Muck (Volksbibl. des Lahrer hinkenden
boten nr76. 77). Lahr, Schauenburg. 23. 8. [503
Zu H.s Memoiren des satans von OBehaghel. Arch. f. lilteraturgesch.
12, 480. [504
Othello (Volksbibl. des Lahrer hinkenden boten nr 102—106). Lahr, Schauen-
burg. 52. 8. [505
Das bild des kaisers (Volksbibl. des Lahrer hinkenden boten nr 129 — 135).
Lahr, Schauenburg. 103. S. [506
Hebel, JP.: * Werke hg. von OBehaghel. i Alemannische gediclile. ii Er-
zählungen des rheinischen hausfreundes (D. nalionallitt. bd. 142). Berlin
u. Stuttgart, Spemann. — AZ nr53B. (Muncker). [507
Ausgewählte erzählungen des rheinischen hausfreundes f. d. Jugend, be-
sonders auch f. schul- und ortsbibl. zusammengestellt von dr GPlieni n ger.
mit 4 abbildungen (Universalbibl. f. d. Jugend. 174. 175 bdchen). Stutt-
gart, Kröner. 136. 12. [508
♦Briefe von JPH. hg. von dr OBehaghel. 1 Sammlung, briefe an
KChGmelin, an die Strafsburger freunde, an JKerner. mit einem bildnis
Hebels in lichtdr. Karlsruhe, Reuthcr, 1883. — AZ nr 53 B. (Muncker), Litt,
centralbl. nr3. DLZ nr 24 (Minor). Grenzboten nr 7. Litt, rundschau nr 11
(Hellinghaus). Zs. f. d. ph. 16, 251 (Laengin). Bll. f. litt, unterh, nr 32
(Boxberger), [509
Eine äufserung JPH.s über den Iheologenmangel von AErichson. Prot,
kirchenztg. nr21 s. 459. [510
Hegel, GWF.: H. in der Schweiz. Neue Zürcher ztg. nrSO. 81. |511
Hegner, U.: Litterarische aphorismeu [ua. über Gentz, Goethe, Gottsched, die
Haller, Hamann, Herder, Hermes, Jean Paul, Jung Stilling, Kant, Klop-
stock, Lcssing, JGMüller, Nicolai, Oken, Schiller, Spangenberg] von UH. mit-
geteilt von JBaechtold und GGeilfus. Acad. bll. 1,412. [512
Heine, H.: ILsprosa. being seleclions from his prose-worksby GABuchheim (Se-
BIBLIOGRAPHIE 11 309
ries of German classicsvii). Oxford, Clarendon press. — Saturday review, 22nov.
nr 1517. AZ nr34T B. 357 B. (Sanders). Academy nr653. 654. 656. 657. [513
Heise, H.: Selections from the prose writings edited by CColbeck. London,
Macmillan. — Academy nr 629 (Wolsteiiholme). [514
Sämmtliche werke, rechtmäfsige originalausg. supplementbd. 1 — 9 tausend.
Memoiren und neu gesammelte gedichte, prosa und briefe. mit einleitung
hg. von EEngel. Hamburg, Hoffmann u. Campe, v, 359. 8. — Neue
freie presse nr 6994 morgenbl. ebenda nr 7099 morgenbl. (Speidel), DLZ
nr 48 (Jacoby). Gegenwart nr 22 (Zolling). Saturday review nr 1490.
Grenzboten nr 24. Unsere zeit, juli s. 55 (vGottschall), Zs. f. d. gebildete
weit VI 5 s. 227 (Geiger). Nord und süd 30, 139. Academy nr 634.
Athenaeum nr 2952 s. 658. Bli. f. litt, unterh. nr 35 s. 558. ebenda nr 40
(Zabel). D. rundschau, oct. s. 163, [515
Sämmtliche werke, mit einer biographie von drGKarpeles. neue volks-
ausg. in 50 Ifgen. Ifg. 1 — 8ä4bogen. Hamburg, Hoffmann u. Campe. 8. [516
Werke, illustr. prachtausg. hg. von HLaube. Ifg. 1—8 (s. 1 — 192). Wien,
Bensinger. 8, — Nationalztg. nr711 (Karpeles). [517
Oeuvres completes. De la France, nouvelle edition, Paris, Calmann-
Levy, [518
Buch der lieder. mit ausschluss des nordseecyklus. mit 12 lichtdr.-bil-
dern und 100 textillustrationen nach Originalzeichnungen von PThumann.
3 aufl. der illustr. ausg. Leipzig, Titze. 134. 4. — 811. f. litt, unterh,
nr25 (Schlossar). [519
11 Canzoniere, traduz, dl BZendri ni preceduto dalla introduzione alla 3 ed, e
seguito dal saggio crilico: H. e i suoi interpreti, 4 ed. 2 voll. Milano,
Hoepli. [520
Eine franz. H. Übersetzung [Intermezzo lyrique par ChBel tj ens, erschienen
im Lütticher wochenbl. La tribune] von ESeipgens. Magazin f, d. litt,
d. in- und ausl. nr 23, [521
Vom fichtenbaum und der palme von GKarpeles. D. montagsbl. nr 2. [522
Zum capitel der entlehnungen [H.s Ein Jüngling liebt ein mädchen und
Moschus Guter rat für liebende] von HSemmig. Magazin f. d. litt. d. in-
und aus!. nr39 s. 602. [523
Ein H.sches gedieht [Ein Jüngling liebt ein mädchen] in lat. Übertragung
von ThVulpinus. Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 36. [524
H. in Brittany by ALMayhew. Athenaeum nr 2971 s. 432 [vorbild zur
Wallfahrt nach Kevlaar]. [525
Zu H.s Wallfahrt nach Kevlaar, AZ nr44B. unter Verschiedenes. [526
Der fliegende Holländer. RWagner, HH. und Le vaisseau fantöme von
EPasque. Nord und süd, juli s. 109. aug. s. 190. [527
HH.s memoiren über seine Jugendzeit hg. von EEngel. Gartenlaube nr 6 — 8.
10.11.12.14.15.16.17. s. auch [515. —Nationalztg. nr276 (Karpeles). [528
The memoirs of H. H. with an introductory essay by dr TWE v a n s. London,
Bell & sons. — Athenaeum nr 2957 s. 822. Academy nr 634. [529
Memoires, traduction Bourdeau. Paris, Galmann-Levy. [530
Quelques fragments des memoires de HH. La revue nouvelle d'Alsace-Lor-
raine, 3 annee nr 12. [531
Zur frage der H. sehen memoiren von KEFra nzos. Gegenwart nr 2. [532
Les coulisses d'un livre. ä propos des memoires de HH. par FKohn-
Abrest. avec un portrait de HH. Paris, Hinrichsen & cie. 47. 8. [533
Zu den H.-memoiren. Nord und süd, sept. s. 413. [534
Memoires de HH. Pievue pol. et litt, nr 21. [535
HH.s Buch Le grand of the Reisebilder, translated by J. B. London, Mac-
millan. [536
Zu H.s Schöpfungsliedern von SLevy. Arch, f. litteraturgesch. 12,482. [537
H. über Laube, ein ungedr. bericht H.s aus Paris mitgeteilt von GKar-
peles. Vom fels zum meer, nov. s. 209. [538
HH. und das Magazin [brief H.s vom 5 oct. 1854]. Magazin f. d, litt, d, in-
und ausl. nr 1. [539
310 BIBLIOGRAPHIE H
Heine, H.: Une lettre de HH. (der im Mag. f. d. litt. d. in- und ausl. abgedr.
brief vom 5 oct. 1S54 an Lehmann). Revue pol. et litt, nr 1. [540
The letters of HH. by WSichel. The nineteenlh Century 16,118. [541
s. auch [347.
Meine begegnung mit der Mouche (CSelden). von EEckstein. Magazin
f. d. litt. d. in- und ausl. nr 1. [542
Aus HH.s letzten lagen, die Mouche, frau Caroline Jaubert von EEngel.
Gartenlaube nr 19. [543
HH. u. Piiilipp Spina von RH of f m a n n. Beweis des glaubens 20, 401. 467. [544
HH. erinnerungen aus den letzten 20 jähren seines lebens (1835 — 1855) von
mad. CJaubert. autoris. Übersetzung von LWelter. Paris u. Leipzig,
Le Sondier. 93. 8, — DLZ nr 48 (Jacoby). Ell. f. litt, unterh. nr 18
s. 286. [545
Erinnerungen an HH. von HJulia. D. revue, juli s. 43, aug. s. 165, sept.
s. 296. ^ [546
Esquisses litteraires. HH. 1. annees de jeunesse, poesies lyriques par EMon-
tegut. Revue des deux mondes, 15mai. — Bli. f. litt, unterh. nr35 s. 558. [547
Liszt und H. von LNohl. D. Wochenschrift nr 49. [548
H. und Halewi von iSSamuely. Auf der höhe 4,290. [549
Les derniers jours de HH. par CSelden. Paris, Levy. — Magazin f. d. litt,
d. in- und ausl. nr 1 (Meifsner). Athenaeum nr 2940 s. 276. Academy
nr 620 (Lintock). [550
HH.s letzte tage, erinnerungen von CSelden. aus dem franz. einzige
autoris. deutsche ausg. Jena, Costenoble. iv, 104. S. — Bll. f. litt, unterh.
nr 21 und Unsere zeit, juli s. 61 (vGollschall). DLZ nr 48 (Jacoby). Auf der
höhe 3,313 (vHalle). [551
The last days ofHH. translated from the french of CSelden. by GBrune.
London, Remington & cie. 8. — Athenaeum nr 2959 s. 47. [552
Die memoiren der letzten liebe HH.s (genannt Mouche), mit einem einleit.
Vorwort hg. von ESierke. Schorers familienbl. nr 14. 18. 21. 26. 2S. 37.
41. 48. [553
H. and WMüUer by JSnodgrass. Academy nr 644. [554
HH.s leben und werke von AS tr od tma nn. 3auf[. 2bde. Hamburg, HofTmann
u. Campe, viii, 712. iii, 460 mit einer genealogischen tabelle. 12. [555
Neues aus dem nachlasse HH.s. Neue freie presse nr 7o63 morgenbl. [556
Laube, H. und Schefer (mit bisher unveröffentlichten briefen) von RW. 1».
zig. nr 4633. 4634 morgenbl. [557
s. auch [12. 39. 435. 436.
vHelwig, A. geb. vlmlioff s. [989.
vHerder,JG.: *Sämmtiiche werke hg. von BSuphan. bd.l — 4. 6. 10 — 12.
17 — 22. 26. 27. Berlin, Weidmann, 1877 — 1883. — Revue historique
26, 164 (Joret). [558
dieselben, bd. 7. ebenda, liv, 573. 8. [559
♦dieselben, bd. 18. — Revue critique nr 39 s. 246. [560
dieselben, bd. 28. Poetische werke hg. vonCRedlich. ebenda, xii, 583.
8. — Revue critique nr 39 s. 246. [561
Ausgewählte dirhtungen hg. von CRedlich. bd. 1 (Ausgewählte werke
hg. von BSuphan I). Berlin, Weidmann, vi, 275. 8. — Wissensch. beil.
d. Leipziger ztg. nr 100 s. 598 (Ki(fert). Neue Zürcher ztg. nr 340 feuill.
D. lilteraturbl. vii nr 40 (vBroecker). [562
Der Cid. nach span. romanzen besungen, f. schule und haus hg. von
AHentschel und KLinke. Leipzig, Peter. 131. 12. [563
Suphans H.ausg. auswahl. H.s Cid hg. von CRedlich. Berlin, Weid-
mann. 150. 8. [564
♦Benjamin Franklins Rules for a club established in Philadelphia, übertr.
und ausgelegt als Statut f. eine gcsellsch. von freunden der humanität von
JGH. 1792. aus dem nachlass veröffentlicht und ESimson zum 22 mai 1SS3
zugeeignet von BSuphan. Berlin, Weidmann, 1883. — Anz. x 396
(Werner). [565
1
i
BIBLIOGRAPHIE 11 3 LI
vHerder, JG. : H.s Humanitätsbriefe [im anschluss an Suphans ausg. xvii. xvin]
von JSchmidt. Nationalztg. nr 24. [566
Kants Kritiii der reinen Vernunft und H.s Metakritik von OMichalsky.
Zs. f. philos. und philos. kritik n. f. 84,1fr. 85, 1 fif. [567
H.s Provinzialbli. von ENaumann. Acad. bll. 1, 331. [568
briefe s. [13S.
Über H.s stii von ENaumann. jahresber. über das k. Friedrich-W'ilhelms-
gymn. zu Berlin. Berlin, Hayns erben. 32. 4. — Arch. f. d. Studium d.
neueren spr. 72, 4.59. [569
AsketchofH. and liis timesby HNevinson, London, Chapman&r Hall. 8. [570
H. und die darsteliung der litteraturgesch. von TlivRiekhoff. progr. des
landesgymn. zu Fellin. 31, 4. [571
H.s verdienst um Würdigung der antike und der bildenden kunst von
ASchöll: Gesammelte aufsätze zur class. litt, alter und neuerer zeit
s. 152. [,572
H. und KFlachsland von RWolf. progr. des gymn. zu Bartenstein. 27.
4. — Arcli. f. d. Studium d, neueren spr. 72, 45S. [573
s. auch [73.146.222.512.600.
Herder, K.: Briefe von KH. an Jean Paul mitgeteilt von PNerrlich. Sonn-
tagsbeil, zur Voss. Ztg. nr 1.2.3. [574:
s. auch [573.
Hermes, JT. s. [512.
Hess,D. : Job. Kaspar Schweizer, ein characterbild aus dem Zeitalter der franz.
revolution von DH. eingeleitet und hg. von JBaechtold. Berlin, Hertz,
cvi, 2S6. 8. [575
Heyne, Th. s. [582.
vHippel, ThG. : Über die ehe (Volksbibl. f. kunst u. wissensch. hg. von RBergner
nr 5). Leipzig, Brückner. 254. 12. [576
Hoffmann, ETW.: HofTmann, Contes fantastiques, tires des Freres de Seraplon
et des Contes nocturnes, Iraduction de Loe we-Weimars, avec une pre-
face par GBrunet. 2 vis. onze eauxfortes par Lalanze. Paris, Jollaust
et Sigaux. [577
Hölderlin, F.: Dichtungen mit biogr. einleitung hg. von KKöstlin. mit 2 ab-
bildungen. Tübingen, Fues. lxii, 184, ISS. 8. — DLZ nr 49 (Scherer), vgl.
dagegen Kösllin DLZ 18S5 nrlö sp. 557. 558. [578
*FH. in seinen bezieliungen zu Homburg vor der höhe, nach den hinter-
lassenen vorarbeiten des bibliothekars JGHamel bearb. von dr EKelchner.
Homburg vdh., verlag d. Taunusboten, 1883. — Litt, centralbl. nr 16. [579
Über FH. von WWi ndelba nd: Präludien, aufsätze und reden zur einleituns
in die pliiios. (Freiburg iß. u. Tübingen, Mohr) s. 146. [58Ö
HÖLTY, LHCh. : * Sein leben und dichten dargest. vonHRuete. Guben, Berser.
=-; 1883. — Bll. f. litt, unterh. nr2 (Boxberger). [581
:a s. auch [158.
vHouw.\LD, ChE, s. [1104. 1105.
Huber, Th. : ThForster, nachmalige Huber. nach ihren bisher meist noch un-
gedr. briefen von JLoeweflberg. AZ nrl9. 20B. 21. [582
s. auch [62.
vHuMBOLDT, W. : *AusWvH.s letzten lebensjahren. eine mitteilung bisher unbe-
kannter briefe von ThDistel. mit dem lichtdr.-bildnis der frau vH. nach
Schick. Leipzig, Barth, 1883. — DLZ nr 14 (Scherer). Litt, centralbl. nr 21.
Gegenwart nrl7 s.271. Magazin f.d. litt. d. in- und aus!, nr 35 (Löwenberg). [583
Briefe an eine freuudin. mit einer einleitung von LGeiger. 2 bde. (Coli.
Spemann bd. 60. 71). Stuttgart, Spemann. 20S. 203. S. [5S4
Briefe an eine freundin. mit einer einleitung von RHabs (Universalbibi.
nr 1S61— 1865). Leipzig, Reclam. 616. 16. [585
s. auch [182. 5S7.
WvH. von KBruchmann. D. rundschau, dec. s. 400. [586
Zum andenken an WvH, 2 briefe WvH.s. rede des herrn kultusminister
vGossler. Internat, zs. f. allgem. sprachwissensch. i 1, m. vi. x. [587
A. F. D. A. XL 22
312 BIBLIOGRAPHIE II
vHuMBOLDT, W. : Chüiede mit und nach ungedr. briefen von OH a r t w i gr. D. rund-
schau , oct. 9. 69. [588
ChDiede die freundin von WvH. iebensbeschreibung und briefe von APi-
derit und OHartwig. Halle, Nienieyer. viii, 294. 8. — Litt, centralbl.
nr 45. Die post nr320. Gegenwart nr 48 s. 351. D. rundschau, dec. s. 478.
Nationalztg. nr 701. 707 (Lindenberg). [689
HuNOLD, ChF. : Über die beziehungen SBachs zu ChFH. und MvZiegler von
PhS p i 1 1 a : Hist. und philo), aufsätze. Ernst Curtius zu seinem 70 geburtstage
am 2sept. 1SS4 gewidmet (Berlin, Asher 6c cie. 434. S.). [590
Jahn, FL. : Werke, neu hg. mit einer einleitung und mit erklärenden anm. vers.
vondrCEuler. bd. 1. Hof, Grau & cie. ui, 544. 8. [591
s. auch [118.
Je AS Paul s. [872 ff.
Jessen, LA F.: Brautbriefe, Kiel 1776 aug. 29 — 1777 märz 30 von LAFJ. an
JEJDahlmann von LfL Zs. der gesellsch. f. schleswig-holslein-lauenburgische
gesch. bd. 14. [592
Ifflasd, A\V.: Reliquien aus der autographenmappe [von KvGerstenberg].
Westermanns monatshefte, märz s. 833 [enthält einen brief Ls an Rohde vom
20 aug. 1799]. [593
L und die romantiker von HHo Istein. Sonntagsbeil, zur Voss. ztg.
nr 18. 19. [594
Ls erster erfolg als bühnendichter von GM a 1 k e w i t z. Nationalztg.
nr 151. [595
s. auch [345. 986. 995.
vImhoff, A. s. [989.
Immermass, K.: Merlin: Aufsätze zur litt, von RWegener. [596
Der oberhof mit Silhouetten von ASchurz. Leipzig, Titze. 367. 12. [597
s. auch [1060.
IsEUN, L s. [S37.
Jung-Stilung,JH.: Realencykl. f. pro(. theo), und kirche 14,734 (.Ma tter). [598
s. auch [512.
Kaldesbach, Gh. s. [113.
Kant, L: K. als begründer der modernen aesthetik von EvH artmann. Nord
und Süd, sept. s. 304. [599
s. auch [194.512.567.727.
K.iBL August von Sachsen - Weimar: * Briefe des Herzogs KA. an Knebel und
Herder, hg. von HDüntzer. Leipzig, Warlig, 1883. — Acad. bil. 1,108
(Buchner). Anz. x 272 (Minor). [600
KA. und die deutsche litt, von FMuncker. Zs. f. allg. gesch., kultiir-,
litt.- und kunsigescb. 1,295 fr. 384 tf. [601
K.\. von HPröhle. Sonntagsbeil, zur Voss. ztg. nr9. 12. [602
s. auch [345.
Kabschis, AL.: brief an .\vRode (febr. 1788): WHosäus in den Anhallischen
mitteilungen 1884 s. 78311. [603
Kästner, \G. s. [746.
Kerner, JACh. : Allgem. encykl. der wissenscb. und künste. 2 sect. 35, 273
(AS lern). [604
Life and works of dr JK. by AWatts. London, Allen. [605
s. auch [509.
KiNDjJF. : Allgem. encykl. der wissensch. und künste. 2sect. 36,67(AS te r n). [606
vKleist, BHW. : Sämmtliche werke in 2 bden. hg. von EGrisebac h. Leipzi»,
Reclam. 385.459. 12. [607
Die Hermannsschlacht, nach K.s drama bearb. (Erzählungen aus class, dichlern
f. all und Jung von KFAGeerling xi). Köln, Ahn. 50. 8. [608
Zu Arch. 8, 133 und 12, 474 [die Hermannsschlacht HvK.s betr.] von
HKöhler. Arch. f. litteralurgesch. 12, 640. [609
Das Käthchcn von Heilhronn oder die feuerprobe. grofses hist. rilterschau-
spiel in 5 acteii in stenogr. schritt übertr. von drRTombo (Gabclsberger
stenogr. untcrhaitungsbibl. 3 bdchen). Barmen, Klein. 163. 12. [610
BIBLIOGRAPHIE I! 313
vKleist, BHW. : Die quelle von K.s Marquise von 0. von KBartsch. Grenz-
boten nr 22 s. 464. s. auch [624. 626. [611
Textkritisches zu HvK.s Penthesilea von HWelti. Acad. bll. 1,295. vjjl,
Sprenger ebenda s. 3S0. [612
K.s Prinz von Homburg von OB r a h m. Sonntagsbeil, zur Voss, ztg,
nr 22. 23. [613
Der bist, prinz von Homburg von TliWinkler. Frankf. ztg. nr 146. [614
HvK. und sein dramenfragment Robert Guiscard von OB rahm. D. rund-
schau, april s. 52. [615
Sonderbare geschichte. eine ungedr. humoreske. mitgeteilt von ThZ o I -
ling. Gegenwart nr 44. [616
Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten, eine bisher ungedr. humoreske von
ThZoUing. Gegenwart nr 36. auch Didaskalia nr 210. [617
La cruche cassee. comedie. traduit de l'allemand par AdeLostaloi.
34 illustrations sur bois d'apres les conipositions originales d'AMenzel. Paris,
Firmin-Didot <fe cie. — D. rundschau, juli s. 15S. [618
HvK.s briefe an seine braut, zum ersten male vollständig nach den ori-
ginalhss. hg. von KBiedermann. mit den bildnissen K.s und seiner braut.
Breslau, Schottländer, xxvi, 250. 8. — Wissensch. beil. d. Leipziger ztg.
nr 12 s. 65 (Bormann). DLZ nr 25 (Brahm). Bll. f. litt, unterh. nr 31
(Buchner). Litt, centralbl. nr 34. [619
BHWvK. von FBamberg. autoris. abdr. aus der ADB. Leipzig, Duncker
u. Humblot. — Bll. f. litt, unterh. nr31 (Buchner). [620
HvK. von OB rahm, gekrönt mit dem ersten preise des ver. f. deutsche
litt. (9 Serie. 1 bd). Berlin, allgem. verlag f. deutsche litt, vii, 391. S. —
D. rundschau, nov. s. 321. Berl. lagebl. nr 458 (Mauthner). Didaskalia nr267
(Wulckow). Nationalztg, nr 593 (Frenzel). [621
Aus HvK.s Jugend von OB rahm. Frankf. ztg. nr 149. 150. [622
HvK. in Österreich von OBrahm. D. Wochenschrift nr 23. [623
HvK. als novellist vonOBrahm. AZ nr 144. 145 B. s. auch [611. 626. [624
K. und Grillparzer als freier von FLaban. D. montagsbl. nr32. [625
Ein nachtrag zum Studium der novellen K.s von FiMun cker. AZ nr 153. vgl.
[611.624. [626
HvK.s liebesieben von KSiegen. Magazin f. d, litt. d. in- und ausl.
nr 37. 38. [627
HvK. und WvZenge von KSiegen. Acad. bll. 1,363. [628
DEWWolff. HvK. De gids, febr. und märz. [629
s. auch [40. 42. 74.
vKleist, ChE. : * Werke, hg. und mit anm. begleitet von dr AS au er. 2 teil,
briefe von K. Steil, briefe an K. (Nalionalbibl. nr 89. 97. 102. 106. 112.
118. 123. 129. 133. 146). Berlin, Hempel (1881. 1882). — Anz. x 262
(Seuffertj. [6.S0
Ki.E>r>i,CHG.: *Der auf den parnass versetzte grüne hut 1767 (Wiener neudr. 4).
Wien, Konegen, 18S3. — Litt, centralbl. nr 5. [631
vKlencke, kl. [tochter der Karschin]: WH o saus in den Anhaltischen mit-
teilungen 1884 s. 783fr. [632
vKlixger, FM.: Zwei ungedr. briefe MK.s. Frankf. ztg. nr 175. [633
K. in Österreich und über österreichische zustände von FProsch. Zs. f.
d. österr. gymn. 35, 561. [634
Die tendenzromane K.s von CSchmidt. D. revue, dec. s. 355. [635
FMK. Daheim jg. 1885 nr 2 [erschien oct. 1884]. [636
s. auch [42.
Klopstock, FG.: Werke hg. von dr RHamel. 1 und 2 teil. Der Messias. Steil.
Oden, epigramme und geistliche lieder. 4 teil. Hermannsschlacht und das
bardenwesen des 18jhs. (Denis, Gerstenberg, Kretschmann) (D. nationallitt,
bd. 46, 1. 2. 47. 48). Berlin u. Stuttgart, Spemann. cxciii, 313. iv, 460.
XXXV, 292. xvni,388. 8. — Litt, centralbl. nr 45. Bll. f. litt, unterh. nr 51
(Boxherger). [637
22*
314 BIBLIOGRAPHIE II
Klopstock, FG. : K.s Gelehrtem epublik von ABirlinger. Alem. 12,99. [638
*Der 3Iessias. 1. 2. 3 gesang (DLD 11). Heilbronn, Henninger, 18S3. —
Litleralurbl. f. germ. u. rom. phii. nr 1 (Koch). [639
Der Messias im auszuge bearb. von MEh renhaufs. Wittenberg, Wunsch-
mann in conini. IV, 243. 12. — D. litteraturbl. VII nr 2 (Weitbrecht). [640
Briefwechsel K.s nnd seiner eitern mit KHHenimerde und GFMeier. mit-
geteilt von FMuncker, Arch. f. litteraturgesch, 12, 225. [641
Zwei ungedr. briefe K.s an JHMeister mitgeteilt von FMuncker. Acad.
bll. 1, 162. [642
K.s Orthographiereformbestrebungen und ihre bedeutung f, d. gegenwart von
Muggenthaler. Pädag. vii heft 1. 4. 7. [643
Ein beitr. zur kenntnis des Sprachgebrauchs K.s vonChWürfl. ii (separat-
abdr, aus dem jahresber. des k. k. deutschen obergymn. in Brunn) [teil l
erschien ebenda 1SS3]. Brunn, druck von Winiker. 24. 8. — Gymn.
nr 10 (Saliger). Arch. f. d. Studium d. neueren spr. 71, 451 (Kölscher). Zs.
f. d. österr. gymn. 35, 719. [644
K.s und Voss spräche in: Findlinge von ABirlinger. Alem. 12,100. [645
s. auch [30. 440. 512.
vKnebel, kl.: Zu K.s fünfzigjährigem todestage (23 febr.). erinnerungen und
Originalmitteilungen von RK e i 1. Magazin f. d. litt. d. in- und ausl.
nr 8. 9. [646
KLvK. zur erinnerung an den 50 todestag von GMalkewitz. Voss. ztg.
vom 22 febr., hauptbl. und beil. 1. [647
KLvK. ein characterbild aus Goethes freundeskreise von OS c hra der. Nord
und süd, niärz s. 364. [648
s. auch [600.
KöcHY, ChHG.: Ein Zoilos Goethes [ChHGK. (FGlover) 1769—1828] von
AFried mann [veranlasst durch das pasquill Grammaticalische streifzüge
durch G.s werke von ES. 1883]. Die presse, 16 febr. (Goethe-jb. 6, 4241.
auch Didaskalia nr 48. [649
Körner, ChG.: ^Gesammelte Schriften hg. von .\Stern. Leipzig,Grunow, 1881. —
Arch. f. litteraturgesch. 12, G30 (Boxberger). [650
*CliGK. biogr. nachr. über ihn und sein haus, aus den quellen zusammen-
gestellt von dr FJonas. Berlin, Weidmann, 18S2. — Arch. f. litteratur-
gesch. 12, 630 (Boxberger). [651
s. auch [989.
KÖRNER, Tu. : Sämmtliche werke, illuslr. prachtausg. hg. von HL a übe. Wien,
Bensinger. bd. 2 s. 169 — 408 m. eingedr. holzschn. (Ifg. 26 — 35). 8. —
Wissensch. beil. d. Leipziger ztg. nr 39 s. 232 (Siegen). [652
Werke. 2 bde. Elberfeld, Lolls nachf. viii, 294. 563. 8. [653
Ungedr. gedichte aus der hs. des dichters mitgeteilt von FLatendorf.
Gegenwart nr 26. [654
Zriny nach K.s drama bearb, mit 33 denksprüchen (Erzählungen aus class.
dichtem f. alt nnd jung von KF.\Geerling xii). Köln, Ahn. 58. 8. [655
ThK. und Toni Adamberger von Latendorf. begrüfsungsschrift zur 37 phi-
lülogenversammlung in Dessau. 7. 8. [656
s. auch [119.
KoRTÜM, KA.: Ein fideles Jubiläum [betreffend K.s Jobsiade] von KBraun- Wies-
baden. Vom fels zum meer, dec. s. 333. [657
KoscHwiTz, .ID. s. [113.
Kosegarten, LG(Th).: ist behandelt in: Aus dem Zeitalter der befreiung. Poni-
merische lebens- und landesliilder mit vielseitiger iandsmännischer beihültV
nach gedr. und ungedr. (juellen entworfen von archid. llPe trieb, a. n. d.
t. Pommerische lehens- und latidesbilder. 2 teil 1 halbbd. Stettin, Sautiier.
X, 281. 8. (hierauf beruht HPröhle Nationalztg. nr 503). [658
vKotzebie, A,: *Melne flucht nach Paris 1790 hg. von PCassel. Berlin 1883.
— Nord, rundschau 1, 214. [659
Kretschmann, KF. s. [637.
BIBLIOGRAPHIE II 315
Kretschmans, KF.: 5 briefe KFK.s an KABöttiger mitgeteilt von LLier. Neues
Lausitzisches magazin lix 338. [660
tKrCdexer. BJ.: Briefe von JvK. an Jean Paul mitgeteilt von PNerrlich.
Acad. bll. 1, 235. [661
Madame de K. d'apres des doeuments inedits par FFrossard. Bibliotheque
universelle et revue Suisse, tome 24 nr 72 nov. et dec. [662
Studie über frau vK. von M.M.Mai tla n d. Gentlemans magazine, juli. [663
Kurz, JF. : Ein beitr. zur gesch. des Wiener 'Bernardon' von EMentzel. D.
Ztg. nr 4325. 4401 morgenbl, [664
vKcsTXER, KTh. : ThvK. von CAlberti. Nationalztg. nr 652. [665
L.iNGER, ETh.: Lessings nachfolger in Wolfenbüttel (EThL.y von HPröhle.
Sonntagsbeil, zur Voss. ztg. nr 2. [666
*EThL., bibliothekar in Wolfenbüttel, ein freund Goethes und Lessings
von PZimmermann. sonderabdr. aus der Zs. des Harzvereins f. gesch.
und altertumsk., 16 jg. Wolfenbüttel, Zwissler, 1883. — Anz. x 303
(Seuffert). BLZ nrl9 (Schmidt). Arch. f. litteraturgesch. 12, 628 (vBieder-
mann). [667
L.4R0CHE, S. s. [841.
Lav.4Ter, JK. : Worte des herzens. 5 aufl. Halle, Gesenius. iv, 108. 12. [668
JKL.s Weisheit auf jeden tag des Jahres, ein christl. vergissmeinnicht aus-
gewählt aus seinen schriftea. mit L.s bild in Stahlstich, neue aufl. Reut-
lingen, Kurtz. 192. 32. [669
Sinnspruch auf einer fensterscheibe und zu einer einsiedelei in Wörlitz, so-
wie proben eines gedichts an k. Friedrich Wilhelm ii von Preufsen (1786).
WHosäus in den Anhaltischen mitteilungen 1SS4 s. 783fr. [670
Fasten rath El teoiogo, poeta y fisiognomista JGL. Revista de Espana
nr 401. [671
*JKL. eine skizzc seines lebens und wirkens von FMuncker. Stuttgart,
Cotta, 1883. — BLZ nr 13 (Jacoby). D. revue, juli s. 124. Acad. bli. 1,
428 (Minor). AZ nrlOlB. (Koch). Theol. litteralurbl. sp. 54. [672
L. in Beutschland. bericht eines Zeitgenossen. Acad. bll. 1, 420. [673
s. auch [442.
vLeibniz, GW.: Werke gemäfs seinem hslichen nachlasse in der k. bibl. zu
Hannover hg. vonOKlopp. 1 reihe. Bist. pol. und staatswissensch. Schriften,
bd. 11. Hannover, Klindworth. xxxvin. 239. 8. [674
Kleinere philos. Schriften mit einleitung und erläuterungen deutsch von RHa bs
(Universalbibl. nr 1898—1900). Leipzig, Reclam. 332. 16. [675
Die Theodicee. nebst den Zusätzen der Desbossesschen Übertragung, mit ein-
leitung und erläuterungen deutsch von RHabs. 2 bde. (Universalbibl.
nr 1931—1938). Leipzig, Reclam. 481. 371. 16. [676
Zwei berühmte Leipziger aus dem 17 jh. [L. und Thomasius] von KBieder-
mann. Westermanns monatshefte, juni s. 363. [677
s. auch [11. 12.
Lenaü, N. s. [823 ff.
Lexz, JMR. : Dramatischer nachlass zum ersten male hg. und eingeleitet von
KWeinhold. mit einer Silhouette von L. Frankfurt a/.M., Litt, anstatt
(Bütten u. Löning). vii, 335. 8. — Litt, centralbl. nr 37 (Creizenach).
Gegenwart nr 42 s. 255. D. revue, dec. s. 374. AZ nr 290. 291 B. (Schmidt).
Nationalztg. nr 443 (Genee). [678
RL. lyrisches aus dem nachlass aufgefunden von KLudwig. mit Silhouetten
von L. und Goethe. Berlin, Kamiah (Nauck). xv, 140. 8. — Maatazin f.
d. litt. d. in- und aus). nr22 s. 351. nr35 s. 543. AZ nr290. 291 B, (Schmidt),
D. litteraturbl. vii nr 37 (Gloatz). Auf der höhe 4, 305 (Arent). [679
s. auch [42. 427.
tLeo5, G. s. [1116.
Lessisg,GE.: Werke, neu hg. von FBornmüller. 5 bde. Leipzig, Bibliogr.
Institut. 562. xxxn, 537. xvi, 527. xii, 522. xxxvi, 694. 8. [680
Sämmtliche werke in 20 bden hg. und mit einleitungen vers. von HGöring.
316 BIBLIOGRAPHIE II
bd. 7-13 (Bibl. der weUlitt. bd. 60. 65. 70. 74. 79. 84. 90). Stuttgart, Cotta.
236. 224. 254. 244. 316. 244. 259. 8. [681
Lessing, GE.: Poetische meislerwerke. ausgewählt und mit erläuternden anm.
vers. f. d, deutsche Jugend und unser volk von AHentschel und KLinke.
Leipzig, Peter, vii, 339 mit portrait. 12. [682
Werke. 4— 7(schluss-)bd. Elberfeld,Lollsnachf. 400.347.358.378.8. [683
Antiquarische und epigrammatische abhandlungen. schulausg. mit anm.
von rector dr Werther. Stuttgart, Göschen, vi, 157. 12. [684
Litt, und dramaturgische abhandlungen. schulausg. mit anm. von rector
dr Werther. Stuttgart, Göschen, viii, 162. 12. [685
Dämon oder die wahre freundschaft. Die alte Jungfer (Museum, Samm-
lung litt, meisterwerke in neuer rechtschreibung nr 52). Elberfeld, LoUs
nachf. 60. 8. [686
Zu Emilia Galotti und Clavigo von DJacoby. Goethe-jb. 5,323. [687
Glosse zu Emilia Galotti (ii 6) von gymnasiallehrer Limpert. Frankf. ztg.
nr50 abendbl. [688
Eine L.-correctur [zu Emilia Galotti ii 6] von RLindemann [antwort auf
688. 690]. Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 23 sp. 367. [689
Ein druckfehler oder fehler L.s [zu Emilia Galotti ii 6] von drThMaurer
[antwort auf 6S8]. Gegenwart nr 14. [690
Bemerkungen zu 2 stellen bei L. [Emilia Galotti ii 6. Die gesch, des alten
wolfs] von EPe terson. Arch. f. d. Studium d. neueren spr. 72, 236. [691
Ein Schreibfehler bei L. Grenzboten nr 18 und ebenda nr 22 s. 463: Noch-
mais die Lessingstelle. [692
s. auch [736.
Fabeln in 3 büchern. deutscher text mit interlinearer russ. Übersetzung
f. lehrer, schulen und Selbstunterricht bearb, von dr SM indalof f. Leipzig,
Voss sort. 65. 8. [693
Drei bücher fabeln, zum übersetzen ins franz. mit stilistischen anm. und
grammatischen hinweisen vers. von drVoelkel (Sammlung von Übungen
zum übersetzen ins franz. i). Wolfenbüttel, Zwissler. vi, 70. 8. [694
s. auch [691.
Hamburgische dramaturgie (Museum, Sammlung litt, meisterwerke in
neuer rechtschreibung nr 54). Elberfeld, Lolls nachf. 400. 8. [695
*Hamburgische dramaturgie f. den schulgebrauch eingerichtet und mit er-
läuterungen vers. von dr JBuschma nn. Trier, Lintz, 1882. — Zs. f. d,
österr. gymn. 35, 281 (Sauer). [696
Hamburgische dramaturgie als schullectüre von S c h m 1 1 z. progr. des
gymn. zu Wehlau. 24. 4. [697
Die lectüre der Hamburgischen dramaturgie in der oberprima von LZürn.
1 teil. beil. zum progr. des gymn. in Rastatt. 26. 4. [698
Laokoon mit 1 abbildung (Deutsche classiker f. den schulgebrauch hg. von
prof. JPözl nr 7). Wien, Holder, iv, 99. 8. [699
Laokoon oder über die grenzen der maierei und poesie. in ausgewählten
stücken mit einleitung und anm. vers. von prof. KJauker (Schulausg. class.
werke, unter mitwirkung mehrerer fachmänner hg. von prof. JNeubaner
nr G). Wien, Graeser. xvi, 68. 8. [700
Le Laocoon de L. et la critique contemporaine parDucros. Bulletin men-
suel de la facultc des lettres de Poitiers. [701
L.s Laokoon und das princip der bildenden künste von HF e ebner. Zs. f.
bildende kunst 19, 252. 283. [702
Zu L.s Laokoon. hemerkungen zu Blümners Laokoonstudien von HFi scher.
heft2: über den fruchtbarsten nioment. progr. d. gymn. zu Greifswald. 24. 4. [703
Vergil und die epische kunst von HTiiPl ü SS. Leipzig, Teubner. 367. 8. [hier
verzeichnet wegen der kritischen beleuchtung, welche L.s sälze im Laokoon
erfahren]. [704
Ein jugendslück L.s [Matrone von Ephesus] von ESchmidt. Gegenwart
nr 38. [705
BIBLIOGRAPHIE 11 317
Lessing, GE.: Minna de Barnhelm, publice avec une notice biographique etc.
par OBriois. — Revue de l'enseignement des langues Vivantes 1, 159. [706
*iMinna von Barnhelm, mit ausführlichen erläuterungen in katechetischer
form f. d. schulgebrauch und das privalstudium von dr CAFunke (Ausg.
deutscher classiker mit commentar v). Paderborn, Schöningh, 1882. — BD.
f. d. bayr. gymnasialschulwesen 20, 237 (Koch). [707
Minna de Barnhelm ou le soldal heureiix, comcdie, publiee avec une notice,
un argument analytique et des notes en frangais par BLevy, Paris,
Hachette. [708
Minna von Barnhelm oder das soldatenglück. ein lustspiel mit einleitung
und anm. von prof. JNeubauer (Schulausg. class. werke, unter mitwirkung
mehrerer fachmänner hg. von prof. JNeubauer nr 5). Wien, Graeser. xv,
8T. 8. [709
Zur erklärung des ausdrucks 'jähr und tag' [Minna l 2] von KBindel.
Arch. f. lilteraturgesch. 12,311. [710
Zu Minna von Barnhelm iv 2: Hundertjährige druckfehler in deutschen
classikern von WBuchner. Acad. bll. 1,34. vgl. 115. lS4f. 251. 316. [711
Minna von Barnhelm erläutert von HDüntzer. 4 neu durchges. aufl.
(Erläuterungen zu den deutschen classikern 32 bdchen). Leipzig, Wartig.
170. 12. [712
Minna von Barnhelm oder das soldatenglück. nach L.s lustspiel bearb. mit
30 denksprüchen (Erzählungen aus class. dichtem f. alt und jung von
KFAGeerling x). Köln, Ahn. 56. 8. [713
*Minna von Barnhelm und Cervantes Don (Juijote von CThMichaelis.
Berlin, Gärtner (Heyfelder), 18S3. — Acad. bll. 1, 51. vgl. 118 f. 184
(Brandes). ' [714
Minna von Barnhelm im burgtheater von ESchmidt. AZ nr26lB. [715
Zu iMinna von Barnhelm von PiSprenger. Acad. bll. 1,168. [716
s. auch [736.
Nathan der weise, a dramatic poem ed. with english notes byCABuch-
heim. — Bll. f. litt, unterh. nr35 (Sanders). [717
*Nathan el sabio. traducido por Nüranga. Madrid 1SS3. — Magazin f.
d. litt. d. in- und ausl. nr3 (Dorer). [718
Zu Nathan der weise Ii5: Hundertjährige druckfehler in deutschen clas-
sikern von WBuchner. Acad. bll. 1,35. vgl. 115f, Sprenger ebenda
s. 169, Krüger ebenda s. 185. [719
Noch ein druckfehler in L.s Nathan [i 3] von RS pr enger. Acad. bll.
1,423. [720
s. auch [736.
Ein ungedr. brief L.s von CM ein er t. Gegenwart nrl. [721
♦Hermaea. Studien zu GEL.s theol. und philos. Schriften [1. L.s gedanken
über die Herrnhuter. 2. L. und Tertullian. harmonien und dissonanzen.
3. L.s trinitätslehre, auloritäten und kritik derselben] von EABergmann.
Leipzig, Drescher, 1SS3. — DLZ nr 4 (Gottschick). Litt, centralbl. nr 6.
Theol. litteraturbl. nr 5. D. litteraturbl. vii nr 5 (Weitbrecht). [722
L. im urteile seiner Zeitgenossen, ztgskritiken , berichte und notizen. Les-
sing und seine werke betrefTend, aus den j. 1747 — 17S1, gesammelt und
hg, von JWBraun. eine ergänzung zu allen ansg. von L.s werken, in
2 bden. bd. 1 : 1747 — 1772. Berlin, Stahn. xiv, 452. 8. — D, litteraturbl.
VII nr 21 (Keck). DLZ nr 1 (Schmidt). GGA nr 3 (Minor). Litt, centralbl.
nr 10. Grenzboten nr 3. Bll. f. lilt. unterh. nr 37 (Buchner). Didaskalia
nr 34. Sonntagsbl. des Bund nr 3 s. 24. [723
L., Goethe et Schiller, d'apres un livre recent: JCondamin, Croquis arti-
stiques et lilteraires (Paris, Leroux). [724
Drei schulreden (1. L. und die schule 1881. 2. Goethe und die schule 1882.
3. Schule und haus 1883) von ChCron. progr. der Studienanstalt SAnna
zu Augsburg, 48. 8. [725
318 BIBLIOGRAPHIE II
Lessi>"g, GE. : *L.s leben von HDün tz er. mit 54 authentischen illustr. Leipzig-,
Wartig, 1SS2. — Academy nr 646 (Herford). [726
Über das Verhältnis von offenbarungs- und Vernunftreligion bei Kant und
L. von GvFellenberg. Erlanger diss. S2. 8. [727
L.s philos. von HFischer. 1. 2. Zs. f. philos. und philos. kritik n. f. S5,
29 ff. 169 ff. [728
Wo soll das L.-denkmal stehen? von RGenee. MationaJztg. nr399. [729
L.s leben von HG ö ring. Supplement zu den werken des dichters (Bibl.
der weltiitt. bd. 75). SUUtgart. Cotta. 184. 8. [730
Ein bild aus L.s knabenzeit vonHHettner: Kleine Schriften, nach dessen
tode hg. (Braunschweig, Vieweg) s. 429. [731
GEL. jWGoethe. JChFSchiller. Denksteine, biogr. berühmter männer, f.
d. Jugend bearb. von OHöcker. bd. 3 mit 3 portraits in holzschn. Leipzig.
Wigand. 124. 8. ^ [732
L. als buchhäiidler von AKohut. Didaskalia nr 12. [733
GEL. ADB 19, T56 (CRedlich). [734
*L. über toleranz. eine erläuternde abhandhing in briefen von bischof dr
JHR ei n k e n s. Leipzig, Grieben, 1SS3. — Theol. litteraturztg. nr 3 (Wächtler).
Litt, centralbl. nr 14. Theol. litteraturbl. nr 5. [735
Über rechte und pflichten der Verleger unserer classiker [mit bezug auf
Minna IV 2, Nathan n5, Emilia G. ii 6] von ESabell. Börsenbl. f. d. deutschen
buchhandel nr 84 s. 1674— 1675. [736
*Über den einfluss Holbergs und Destouches auf L.s Jugenddramen von dr
ASchimberg. progr. des gymn. zu Görlitz 1883. — Arch. f. d. Studium
d. neueren spr. 71, 229 (Hölscher), [737
L. gescliichte seines lebens und seiner Schriften von drESchmidt. bd. 1,
Berlin, Weidmann, vii. 487. 8. — D. ztg. nr 4524 abendbl. Litt, centralbl.
nr 10 (Creizenach). DLZ nr 11 (Baechlold). D. rundschau. april s. 157.
Sonntagsbeil, zur Voss. ztg. nr 11 (Grosse). Litteraturbl. f. germ. u. rom.
phil. nr 7 und D. Wochenschrift nr 41 (Muncker). Preufs. jbb. 54,101
(Schmidt). Gymn. nr 14 (Buschmann). Frankf. ztg. nr 58 (Schlenther). Na-
tionalztg, nr 163 (Lemmermayer). Litt, rundschau nr 9 (Haffner). D. lit-
teraturbl. VII nr 2 (Prosch). [738
Aus den letzten stunden GEL. s von ESchmidt. D. Wochenschrift nr25. [739
GEL.s Schuljahre, ein beitr. zur deutschen kultur-, litt.- und schulgesch.
von dr JChGSchunian n. Trier. Stephanus. 53. 8. — DLZ nr 10 (Schmidt).
Litt, centralbl. nr 13 (Creizenach). Zs. f. d. gymnasialwesen 38.224 (Kern).
Ell. f. litt, unterh. nr 52 (Boxberger). Theol. litteraturbl. nr 5. D. lit-
teraturbl. VI nr 46 (Lösche). [740
*L.s Weltanschauung von GSpi cker. Leipzig, Wigand, 1883. — DLZ nr 4
(Schmidt). Acad. bll. 1, 724 (Gross). Philos. monatshefte x\i 4. 5 (Lasson).
Die nation nr31 (Seemann). [741
^iicolais exemplar von 'L.s leben' von RMWerner. Arch. f. litteraturgesch.
12, 533. [742
L. und seine beziehungen zum deutschen buchhandel von EZernln. Bör-
senbl. f. d. deutschen buchhandel nr 164. [743
ZuL.s Wolfenbültlerbibliothekariatvon PZ immermann. Acad. bll. 1,605. [744
L.s dramen in Paris, notiz der Frankf. ztg. nr 214 beil. [745
s. auch [42.72.73.74.416.512.
Lessing, kg. s. [1097.
LicHTWER, MG.: Fabeldichter, Satiriker und popularphilosophen des 18jhs. (L.,
Pfeffel, Kästner, Göckingk, Mendelssohn und Zimmermann) hg. von dr JMinor
(D. Nationallitt. bd. 73). Berlin u. Stuttgart, Spemann. vi, 508. 8. [746
LlSEMANN, A. s. [113.
Liscow, ChL.: *ChLL. in seiner litt, laufbahn von BLitzmann. Hamburg u.
Leipzig, Voss, 1883. — GGA nr 4 (Minor). Litt, centralbl. nr 13. DLZ
nr 23 (Schmidt). Acad. bll. 1, 171 (Geiger). Arch. f. litteraturgesch. 12, 592
(Muncker). Nationalztg. nr 197 (Doberl). [747
3. auch [847.
BFELIOGRAPHIE 11 319
vLoEBEN,OH. graf: ADB 19, 40 (FMuncker). [748
LÖBER,V.: ADB 19,45 (JFranck). [749
LocHNEB,JH.: ADB 19, 67 (Krause). [750
LoDER, FW.: ADB 19,75 (Schumann). [751
s. auch [9S9.
vLoEN, J.M.: ADB 19,86 (WStricker). [752
vLoGAU, F.: ADB 19,107 (GEitner). [753
FvL. von KH a e h n e 1. progr. des gymn. zu Pilsen. — Gymn. nr 10
(Saliger). [754
vLoHENSTEix, DK. : *Beitr. zum leben und dichten DKvL.s von CM aller mit
einem bilde des dichters (Germanistische abhandlungen hg. von KWein-
hold i). Breslau, Koebner, 18S2. — Litteraturbl. f. germ. u. rom. piiil.
nr 1 (Baechtold). [755
DKvL. ADB 19, 120 (ESchmidt). [75(J
Loiii, AI.: ADB 19,195 (GWesterma y er). [757
Löp.s, A.: ADB 19,203. [758
LÖRs, JCh.: ADB 19, 203. [759
Lossas, KF.: ADB 19,219 (JChHWeifsenborn). [7(iO
LoTZ, HG.: ADB 19,285. [761
Lo\vE\,JF. (auch Löwe genannt): ADB 19,312. [702
vLüwENSTERN, MA. : ADB 19, 318. [763
Lucius, ChK., spätere Schlegel: ADB 19,352 (ESchmidt). [764
LucK, JFhW. : ADB 19, 356. [765
LuDÄ.MiLiE Elisabeth, princessin vonSchwarzburg-Rudolstadt: .ADB 19,365(Anp-
mülier). [766
LuDECUS,JKA.und deren Stieftochter AHKLudecus: ADB 19,367 (FMuncker). [767
LuDovici, G. : ADB 19, 396. [768
Ludwig, fürst von Anhalt-Cöthen: ADB 19, 476 (Siebigk). [769
Luise Henriette, kurfürstin von Brandenburg: ADB 19, 623 (Erdmanns-
dörffer). [770
Luise Dorothea, herzogin von Sachsen -Gotha und Altenburg: ADB 19, 625
(Schumann). [771
Lu>D,Z.: ADB 19,635 (ESchmidt). [772
LüTHY, UJ. : ADB 19, 694 (F i a I a). [773
LtJTKEMANN, J. : ADB 19, 696 (W a g e n m a n n). [774
Mackensen, WFA.: ADB 20, 16 (Carstens). [775
Magdalena Sibylle, tochter des kurfürsten Johann Georg i von Sachsen: ADB
20, 49. [776
Magdalena Sibylle , herzogin von Württemberg, tochter des landgrafen Lud-
wig vi von Hessen-Darmstadt: ADB 20, 49. [777
Magen, EChB.: ADB 20, 56. [778
M agenau, RFH.: ADB 20,56 (JH artmann). [779
Magnus, JS. : ADB 20, 90. [780
Mahlmann,SA.: ADB 20, 97 (FSchnorr vCarolsfeld). [781
Maicler, GK. : ADB 20. 100 (HFischer). [782
vdMalsburg, EFGO.: ADB 20, 148 (JKürschner). [783
Malss,K.: ADB 20, 148 (Stricker). [784
vMaltitz, GA.: ADB 20, 152 (FSchnorr vCarolsfeld). [785
Mann, JKG.: ADB 20, 198. [786
M.ännling, JCh. : ADB 20, 209 (JFranck). [787
Manso, JKF. : ADB 20, 246 (G r ü n h a ge n). [7S8
Maria Elisabeth, markgräfin zu Brandenburg-Gulmbach : ADB 20, 366. [789
Mark, GJ.: ADB 20, 3S3. [790
Marot, S. : ADB 20, 404. [791
Marperger, BW. : ADB 20, 405. [792
Marperger, PJ. : ADB 20, 405 (JFranck). [793
Martersteck,J. : ADB 20, 472. [794
Martin vCochem: Des ehrwürdigen p. MvC. messbuch, enthaltend 32 voll-
ständige messandachten für jeden tag in der woche, für die sonn- und feier-
320 BIBLIOGRAPHIE II
tage und bei besondern veranlassungen, nebst morgen-, abend-, beicht-,
comniunion- und nachmittagsandachten. neu bearb., verb. und verm. hg.
von priesler HKömstedt. wolfeiie ausg. 7 aufl. Köln, Bachern, xii, 523
mit einem Stahlstich. 12. [795
M.\RTiN vCochem: Der grofse myrrhengarten des bittern leidens. mit Sorgfalt ge-
jätet, mit schönen passionsblumen aus andern werken desselben verf.s und
mit wolriechenden pflanzen aus dem garten der kirche sehr verm. und dem
christl. Volke wider geöffnet vom verf. des Wie wirds besser? 28 aufl.
ausg. nr 1 mit einem Stahlstich. Paderborn, Schöningh. xxill, 876. 8. [796
MvC. ADB20, 480 (FXKraus). [797
Martini, C: ADR 20, 501 (GAHase). [798
M.4RX, LFPh. : AHB 20, 549 (AW e i s). [799
Masius, hg. : ADB 20, 562. [800
Masius.H.: ADB 20,563. [801
Massmasn, HF.: ADB 20, 569 (Scherer). [802
vMassow, AE.: ADB20,572 (vBülow). [803
M.ASTALiER, K.: ADB 20, 573 (ASchlossar). [804
RIatthäi,JG.: ADB 20, 607 (FSchnorr vCarolsfeld). [805
vMatthisson, F. : ADB 20, 675 (Hosäus). [806
RIauritii (Mauritzin), A.\1.: ADB 20, 7U8. [807
Meier, GF. s. [641.
Meister, L. s. [985.
Menantes s. [590.
Mendelssohn, M. s. [746.
*MM. uiigedr. und unbekanntes von ihm und über ihn bearb. und hg. von
MKavserling. Leipzig, Brockhaus in comm., 1883. — GGA nr 15
(Sauei). [808
Die lamilie M. 1729 — 1847. nach briefen und tagebücbern von SHensel.
mit 8 lichtdr. -portraits, gezeichnet von WHensel. 2 bde. 4 aufl. Berlin,
Behr. xv,383. vii,400. S. [809
Meyer vKnonau, L. : Aus einer zürcherischen familienchronik. als einleitung zu
den Lebenserinnerungen von LMvK. (1769 — 1841) neu hg. von GMeyer
vKnonau. Frauenfeld, Huber. vi, 100. 8. [enthält s. 60ff ein capitel ('ein
name aus der litteraturgesch.') über den fabeldichter LMvK.]. [810
MöRiKE, E.: Von EM. mitgeteilt von dr JBaechtold in Zürich. D. rund-
schau, nov. s. 269. [811
Moritz, KPh.: KPhM. vonGMalk e witz. Sonnlagsbeil. zur Voss. ztg. nr29. [812
MoscHERoscH, HM.: Philanders von Sittewald wunderliche und wahrhaftige ge-
siebte, sprachlich erneuert von KMüller. 2 teile (Universalbibl. nr 1871
bis 1877). Leipzig, Reclam. 352.441. 16. [813
HMM. als pädagog. ein beitr. zur gesch. der pädagogik des 17jhs. von
MX ick eis. Leipz. diss. 52. 8. [814
Müller, F. (maier M.) s. [42.
Müller, JG. s. [512.
Müller, W.: WM. von dr H olzhause n. AZ nr273.274B. [815
Reden zur feier deutscher dichter von KStrackerjan [15 abend: Lulliers
Stellung in der gesch. der deutschen spräche und dichtung. 16 abend: WlM.
und A. graf vPlaten]. progr. der realschule zu Oldenburg, s. 10 — 38. 4. [S16
s. auch [554.
Müllner, A. s. [1104. 1105.
Mylius, MG. s. [113.
Neuber,K.: Die Neuberin in Petersburg von BLitzmann. Arch. f. litteratur-
gesch. 12,316. [817
Zum aufcnthalt der Neuberin in SPetersburg von FRIeyer von Waldeck.
Arch. f. litteraturgesch. 12,483. [818
Zu vHeden Esbcck, KN. von BSeuffert. Arch. f.litteralurgesch. 12,318. [819
Neukirch, B. s. [12. 1100.
Neumark, G.: GN. in: Aufsätze zur litt, von RWegener. [820
BIBLIOGRAPHIE II 32t
Nicolai, F.: FN. Sonnlagsbeil. zur Voss. ztg. nr 9. [821
s. auch [512.742.884.1101.1115.
vNicoLAY, LH.: LHvN. und seine Vaterstadt Strafsburg von WBode. Landes-
ztg. f. Elsass-Lothringen vom 15 nov. [822
NiEMBSCH vStreblenau, N. (Lenau): Sämnitliche werke in 1 bde. hg. von
GEBarthel. 2 durch eine biogr. des dichters verm. aufl. Leipzig, Re-
clam. ccviii, 740. 12. [823
Werke, iilustr. prachtausg. hg. von HLaube. mit eingedr. holzschn. und
hoizschn.-portrait. Ifg. 1 — 13. Wien, Bensinger. 1—312. 8. — Wissensch.
beil. d. Leipziger ztg. nr 89 s. 532 (Siegen). [824
Albigenser. freie dichtungen. Berlin, Hempel. 125. 12. [825
Don Juan, ein dramatisches gedieht hg. von GEBarthel (Universalbibl.
nr 1853). Leipzig, Reclam. 71. 16. [826
Faust, ein gedieht. Berlin, Hempel. 108. 12. [827
Gedichte, vollständige Sammlung, ebenda, xvi, 415. 135. 12. [828
Gedichte, die vom dichter zuerst verölTenllichte Sammlung, ebenda, vm,
200. 12. [829
Wunsch von L. englisch von SHutzler. Magazin f. d. litt. d. in- und
ausl. nr43. [830
Savonarola. Berlin, Hempel. 151. 12. [831
Novalis s. [498.
Oberlix,JJ. s. [181. 841.
Oehlenschläger, AG.: Axel und Walburg, trauerspiel in 5 aufzügen. neu durch-
ges. nach der ausg. letzter band. Leipzig, Reclam. 76. 16, [832
Opitz, M.: *M0. in seinem Verhältnis zu Scaliger und Ronsard vonVBeränek.
progr. der Staatsoberrealschule im m bezirk in Wien 1883. — Gymn. nr 10
(Sauger). Zs. f. d. österr. gymn. 35, 719. [833
Buch von der deutschen poeterei, ein kritischer versuch von OFritsch.
HalLdiss. 78. 8. [834
Zu O.s Deutscher poeterey von ESievers. Paul-Braunes Beitr. x 205. [835
s, auch [11.18.113.851.
Pestalozzi, JH.: Lienhard und Gertrud, ein buch f. d. volk. 3 und 4 teil, neu
hg. als fortsetzung der jubiläuinsausg. des 1 und 2 teils von der comm. f. d.
Pestalozzistübchen in Zürich, in 8 Ifgen. Ifg. 1 — 6. Zürich, Schulthess.
1—636. 8. [836
Isaak Iselin und HP. 38 ungedr. briefe Pestalozzis mitgeteilt von JKeller.
Pädag. bll. hg. von Kehr 13, 72. 182. 268. 351, [837
Zur biogr. P.s, ein beitr. zur gesch. der volkserziehung von HM or f. 2 teil.
P. und seine anstalt in der 2 hälfte der Burgdorfer zeit. Winterthur, ßleuler-
Hausheer & cie. x, 275. 8. [838
Pestalozzibll. hg. von der comm. f. d. Pestalozzistübchen der Schweiz, per-
manenten schulausslellung in Zürich v jg. nr 3 [Törlitz über P. Zu und aus
P.s Lenzburger rede 1809. Briefwechsel von P. und RNiederer a. d. j. 1808.
P.-litt. d. j. 18S3]. [839
P. und Chodowiecki. Daheim nr 36. [840
Petersen, JW. s. [53.
PFEFrEL,GK. s. [746.
Fünf briefe [von Geliert (2), Voss, Oberlin, SLaroche] an GKPf. mitgeteilt
von JKeller. Arch. f. litteraturgesch. 12, 289. [841
vPlaten, A. graf: Werke hg. von CChRedlicli. 2 und 3 teil. Berlin, Henipei.
2 bll., 568. VI, 396. 8. — GGA nr 10 (Sauer). [842
Werke. 2 bde. Elberfeld, LoUs nachf. vm, 426. 442. 8. [843
Gedichte (Museum , Sammlung litt, meisterwerke in neuer rechtschreibung
nr 159). Elberfeld, LoUs nachf. vm, 426. 8, [844
Ungedr. briefe P.s von ALeverkühn. D. revue, oct. s. 39. [845
s. auch [816.
POEL, P. s. [62.
PvRA, L: *1P. und sein einfluss auf die deutsche litt, des 18jhs. mit benutzung
322 BIBLIOGRAPHIE II
ungedr. quellen von dr GWaniek. Leipzig:, Breitkopf u. Härtel, 1882. —
Arch. f. litteraturgesch. 12,149 (Holstein). Anz. x253 (Seuffert). [846
R.\BEXER, GW.: R. und Liscow. ein beitr. zur litteraturgesch. von dr PR ich t er.
sep.-abdr. aus dem progr. des gymn. zum hl. kreuz in Dresden. Dresden,
vZahn u, Jaensch in comm. 24. 4. — Arch, f. d. Studium d. neueren
spr, 72, 458. [847
Raimund, F.: Zur biogr. FR.s von LAFrankl. Wien, Hartleben. 60 mit chemi-
typ. Portrait. 8. — Gegenwart nr 47 s. 335. [848
R.s Verschwender, zum 5U Jahrestag der ersten aufführung. von dr KGlossy.
Neue freie presse nr 6999 morgenbi. [849
Dem andenken FR.s. eine erinnerungsgabe zum 50jährigen Jubiläum des
Verschwender. D. ztg. nr 4358 morgenbi. [850
Raxdolph van Duysburgk: [excerpte, vorwiegend über Opitz, aus der schrift
Legation oder abschickung der esel in Parnassum. gestellet und verfertiget
durch RvD., Leipzig 1648] in: FindÜDge von ABirlinger. Acad. hll.
1, 290. [851
Ratichius, W. : HslicheRatichiana von JMüller. Pädag. bll. 13, 440. 564. [852
Radpach, ES. : Der degen. dramatischer scherz in 2 aufziigen. Der platzregen
als elieprocurator. dramatis. anecdote in 2 aufziigen. zur aufführung durch-
ges. vonCFWittmann (Universalbibl. nrl839). Leipzig, Reclam. 52. 16. [853
Isidor und Olga oder die leibeigenen, trauerspiel in 5 aufzügen. zur aul-
führuiig durchges. von CFWittmann (Universalbibl. nr 1857). Leipzig,
Reclam. 72. 16. [854
Der nasenstüber. posse in 3 aufzügen. zur aufführung durchges. von
CFWittmann (Universalbibl. nrl9lS). Leipzig, Reclam. 58. 16. [855
Die royalisten oder die flucht Karl Stuarts ii von England. Schauspiel in
4 aufzügen. bühneneinrichtung zur aufführung neuerlich durchges. von
CFWittmann (Universalbibl. nr 1880). Leipzig, Reclam. 51. 16. [856
Der versiegelte bürgermeisler. posse in 2 aufzügen. zur aufführung durch-
ges. von CFWittmann (Universalbibl. nrlS30). Leipzig, Reclam. 58. 16. [857
R.s Vor hundert Jahren. Nationalztg. nr313. [858
Ein vergessener dramatiker. ein erinnerungsbl. zur 100jährigen geburts-
feier ER.s von ThGesky. Illuslr. ztg. nr2133. [859
Ein vergessener dramatiker von RvGottscha II. Bll.f. litt.unterh. nr23. [860
ESR. von WH arder. Wissensch. heil. d. Leipziger ztg. nr 41 s.241. [861
Das Jubiläum von R.s geburtstag von JProelss. Zs. f. d. gebildete weit
VI 6. [862
Beitr. zur characteristik ER.s und seiner zeit, in Originalbriefen mitgeteilt
von MSachse. Sonntagsbeil, zur Voss. ztg. nr 36.37. 38. [863
Zu R.s lOOjährigem geburtstage von EWichert. Magazin f. d. litt. d. in-
und ansl. nr 20. [864
vdRecke,E.: EvdR. von EKlee. Baltische monatsschrift 31 heftS. [865
s. auch [136.989.
Reichardt, JF.: Briefe von JFR. [an FAEschen] mitgeteilt von AEschen. Arch.
f. litteraturgesch. 12, 554. [866
[Reixeke Fuchs:] Die Reineke- Fuchs -glosse in ihrer entstehung und ent-
wicklung dargestellt von dr ABieling. wissensch. beil. zum progr. des
Andreas-realgymn. zu Berlin [hier zu erwähnen wegen der sog. Zesianischcn
gl., welche in der von einem mitglied der Rosengcsellsch. verfassten und
von JWild in Rostock 1650 verlegten hd. neubearbeitung des RV enthalten
war]. Berlin, Gärtner. 22. 4. — Korrespondenzbi. des Vereins f. nd. sprach-
forsch. 1x46. [867
Reinhard, AF.: AFR. (1726—1783) von Höischer. Jbb. und Jahresberichte
des Vereins f. Mecklenb. gesch. 49 jg. [868
Reinhard, KF.: *KFR.s briefe an ChdeVillers (separatabdr. aus der 2 ausg. der
Briefe an Villers von Benj. Constant, Görres, Goethe etc.) hg. von Mlslcr.
Hamburg, Meifsner, 1883. — Litt, centralbl. nr 29. GGA nr 16 (Minor). |869
KFR. Neue freie presse nr 7178. 7179 morgenbi. [870
Reixhold, kl. s. [1116.
BIBLIOGRAPHIE 11 323
vRetzer, J, s. [9S9.
Reuter, Ch.: ChR. der verf. des Schelmuffsky, sein leben und seine werke von
FZarncke (Abhandl, der phil.-hist. cl. der k. sächs. ges. d.w. bd. 9 nr v).
Leipzig, Hirzel. 1 bl., s. 455 — 661. 4. — Litt, centralbi. nr 34 (Zarncke).
Sonntagsbeil, zur Voss. ztg. nr 44 (Brahm). Neuer anz. f. bibliogr. und
bibliothekwissensch. 45, 357. [871
Richter, JPF, (Jean Paul): Werke hg. von dr PNerrlich. l teil. Kleine
Schriften zur philos. und religion. satiren und Idyllen i — vi (D. national-
litt, bd. 130). Berlin u. Stut'tgart, Spemann. xci, 311. 8. — ßil. f. litt,
unterh. nr 51 (Boxberger). [872
Firmery, De la Situation des maitres d'ecole et professeurs (schuUeute)
ä la fin du xviiie siecle en Allemagne. pour servir d'introduction ä la vie
du professeur de cinquieme (sie!) Fixlein par JP. Revue de l'enseignement
des laiigues Vivantes 1, 129. [873
Über das immergrün unserer gefühle und andere kleinere dichtungen (Uni-
versalbibL nr 1840). Leipzig, Reclam, 116. 16. [874
Ungedr. briefe von JP. von MIsler. Magazin f. d. litt. d. in- und aus!.
nr 27. [875
JP. von WLang. Neue freie presse nr 7260. [876
JPFR. und seine beziehungen zum Schachspiel von HMinck witz. Illustr.
Ztg. nr 2163. [877
Lebensnachr. über JP.s geistesverwandten und freund PEThieriot von dr
KSchwarz. Ann. des Vereins f. nassauische altertumsk. und geschichts-
forsch. 18, 89. [878
s. auch [17S. 512. 574. 661.
Rist, J.: JR. und sein Depositionspiel von KThGaedertz. Acad. bll. 1,
385. 441. [879
Die verschiedenen ausg. von JR.s Himmlischen liedern von Fischer. Bll.
f. hymnologie nr 9. [880
Die Irenaromachia von R. und Stapel von CWalther. Korrespondenzbl.
des Vereins f. nd. sprachforsch, ix 66. [881
Rist, JG.: JGR.s lebenserinnerungen hg. von GPoel. 1 teil. 2 verb. aufl.
Gotha, Perthes, xlv, 477. 8. [882
Robertin, R. s. [113.
RocHLiTz, FJ. : Aus den briefen FJR.s an FSchneider von WHosäus. Anhal-
tische mitteilungen iv. [883
s. auch [989.
vRocHow, FE.: Litt, korrespondenz des pädagogen FEvR. mit seinen freunden,
neu hg. und verm. von dr FJonas [briefwechsel mit Basedow, Geliert,
Gleim, FNicolai]. Berlin, Oehmigke. xxx, 274 mit 1 portrait. 8. [884
RÜCKERT, F. : Gedichte, auswahl des verf.s mit zugaben. 21 aufl. mit dem
bildnis des verf.s. Frankfurt a/M., Sauerländer, viii, 636. 8. [885
FR. unter dem banne von VAndreä [mit bezug auf das gedieht Der künstler
und das publicum] von AKoch. Zs. f. d. ph. 16, 361. [886
Miscelie [Pope Essay on man iv 149 ff quelle für Rückert Weish. d. br. iv 14]
von SLevy. Arch. f. litteraturgesch. 12, 176. [887
FR. als demagoge und abschreckendes beispiel von KBraun-Wiesbaden.
D. revue, juni s. 273. [888
Rlckstuhl, K. s. [452.
vSalis-Seewis, JG. s. [492.
Zum 50jährigen todestage des dichters S-S. von FGGruber. Sonntags-
beil, zur Voss. ztg. nr 4. [889
Salzmans, ChG. : Das werk S.s von MAllihn. Grenzboten nr 35. [890
Erinnerungen aus dem leben ChGS.s, des gründers der erziehungsanstalt
Schnepfenthal, von dessen pflegesohn JWAusfeld und der ältesten tochter
S.S. zum 100jährigen Jubelfeste der anstalt Schnepfenthal neu bearb. von
einem urenkel S.S. mit S.s portrait und einer ansieht Schnepfenthals. Leipzig,
Dürr. X, 122. 8. — Wissensch. beil. d. Leipziger ztg. nr 28 s. 166. [891
324 BIBLIOGRAPHIE II
Salzmasn, ChG. : Ein lOOjähriger menschenfreund. ein characterbild von LK ät-
sch er 1 — 4. Sonntagsbeii. zur Voss. ztg. nr 42. 43. [892
GS. und der piiiianthropinismus von GKreyenberg [aus Rhein, bil. f. er-
ziehung und Unterricht]. Frankfurt a/M., Diestersveg. 44. 8. [893
Zum 100jährigen Jubiläum der erziehungsanstalt Schnepfenthal von ATh or-
becke. Illustr. Ztg. nr213C). [894
Eine 100jährige erziehungsanstalt [Schnepfenthal]. Westernianns moiiats-
hefte, sept. s. 832. [895
Festschrift zur 100jährigen Jubelfeier der erziehungsanstalt Schnepfenthal.
Leipzig, Brockhaus. — Wissensch. beil. d. Leipziger ztg. nr73 s. 435. [896
s. auch [487.
Sand,J. s. [113.
Saphir,MG.: Ausgevifählte Schriften red. von MAG ran dje an. 12 bde. Brunn,
Karafiat. vii, 2.55. 24S. 252. 252. 252.252. 235.316.252. 234. 127. 127. 8. [897
ScHEFER, L. : Biogr. und litteraturgeschichtliche Würdigung LSch.s vonEBren-
ning. gekrönte preisschrift. Neues Lausitzisches magazin lx hell 1. auch
separat: LSch. eine monographie. gekrönte preisschrift. Bremen, Rühle
u. Schlenker. iv, 199. 8. — Grenzboten nr 47. [898
Ein gedenkbl. für LSch. skizze von EKlee. Wissensch. beil. d. Leipziger
ztg, nr60 s. 353. [899
Ein lehrer der menschheit. zur erinnerung an den 100jährigen geburlstag
LSch.s von GKreyenberg. Rheinische bll. f. erziehung und Unterricht
heft 6. [900
Zum 100jährigen geburtslage LSch.s von KMüller- Fraureut h. Illustr.
Ztg. nr2144. [901
Aus LSch.s frühzeit. nach hslichen quellen von KSiegen. Acad. bll. 1,
585. 635. [902
Zu LSch.s hundertjährigem geburtstage von PSirius. Magazin f.d. litt. d.
in- und ausl. nr 30. [903
s. auch [557.
ScHEFFLER, J. (Angelus Silesius): Realencykl. f. prot. theol. und kirche 13,459
(Dryander). [904
vScHELLiNG, FWJ. : Aus Sch.s kunstlehre von EvH artmann. Magazin f. d. litt,
d. in- und ausl. nr 1. [905
Die geschichtsphilos. Sch.s 1792—1809. diss. von HLisco. Jena (Deistung).
63. 8. [906
vScHEXKENDORF, M. : Zu Sch.s Christlichen gedichten von FJonas. Arch. f. lit-
teraturgesch. 12, 643. [907
vScHiLLER, F.: Sämmtliche werke in 15 bden. mit einleitungen von KGoe-
deke. bd. 8—15 (Bibl. der weltlitt. bd. 61. 66. 73. 78. 83. 89. 91. 92). Stutt-
gart, Gotta. 264.334.194.219.290.203.219.275. 8. [908
Werke, illustr. von ersten deutschen künstlern. 3 aufl. bd. 1. Stuttgart,
Deutsche verlagsanstalt. 424 mit eingedr. holzschn. 8. [909
Ausgewählte werke, auswahl f. volk und schule mit kurzen erläuterungen.
2 bde. Münster, Aschendorff. vn, 482. 500. 16. [910
Sch.-lesebuch von ABliedner. — Gymn. nr 16 (Matthias). [911
♦Über Sch.s auffassung und Verwertung des antiken chors in der Braut
von Messina von drArnoldt. progr. des Kneiphölischen gymn. zu Königs-
berg 1S83. — Arch. f. d. Studium d. neueren spr. 71,231 (Hölscher). [912
Seh. als dichter der Braut von Messina von WBormann. Acad. bll.
1,672. [913
* Vorträge f. d. gebildete weit nr 1. Sch.s Braut von Messina von dr
AHagemann, hg. von PHagemann. Riga und Leipzig, Schnakenburg,
1883. — Arch. f. litteraturgesch. 12,309 (Boxberger). [914
Der chor in der tragödie von LRiefs. Preufs. jbb. 54, 339. [915
Über Sch.s Braut von Messina in: Aufsätze zur litt, von RWegcner, [916
s. auch [252.
Seh. -Studien von KBreul. i Die ursprüngliche und die umgearb. fassung
BIBLIOGRAPHIE II 325
der Briefe über aesthetische erziehung. n Über den moralischen nutzen
aesthetischer sitten. Zs. 2S, 358. [917
Schiller, F.: Do n Carlos, infant von Spanien, ein dramatisches gedieht, mit
einleitung und anm. von prof. drFKhuli (Schulausg. class. werke, unter
mitwirkung mehrerer fachmänner hg. von prof. JXeubauer nr 8). Wien, Graeser.
XVI, 208. S. [918
Sch.s echtbreuck-drama. De portefeuille nr 28. [919
Theatralische Zwangsarbeiten [Sch.s Fiesco berührend] von RvGottschall.
Ell. f. litt, unterh. nr 5, [920
Über die erste bearbeitung von Sch.s Fiesco 1784 vgl, HMarbach Wis-
sensch. beil. d. Leipziger ztg. nr 6. [921
Über Sch.s Fiesco von ASchöll: Gesammelte aufsätze zur class. litt, alter
und neuerer zeit s. 205. [922
Sch.s Fiesco. ein Schauspiel, von JWerther. Nationalztg. nr 14. [923
Zum säculartage von Sch.s Fiesco. Didaskalia nr 8. [921
Gedichte f. d. deutsche volk erläutert und mit ausführlichem namen- und
Wortregister vers. von drKEPutsche. mit Sch.s porlrait. Leipzig, Wartig.
xii, 339. 8. [925
Die fabel von Sch.s ballade Die bürgschaft in dem Schachbuche des Jacobus
de Cessolis von RDürnwirth. progr. der staatsoberrealschule zu Klagen-
furt. 3. 8. [926
Die bürgschaft im nd. Passional von KEHKrause. Korrespondenzbl. des
Vereins f. nd. sprachforsch, ix 50. [927
Deutschlands gröfse. gedichtbruchstücke und entwurfgedanken von Seh.
von ARudolf. Arch. f. d. Studium d. neueren spr. 71,464. [928
Das Eleus. fest. Sch.s dichtung bildlich dargestellt von JMWagner. ge-
stochen von FRuscheweyh. neue aufl. Stuttgart, Cotta. 20 tafeln mit
10 SS. text. 2. [929
Der gang nach dem eisenhammer. Der taucher (Volksbibl. des Lahrer
hinkenden boten nr 93). Lahr, Schauenburg. 16. 8. [930
Das lied von der glocke (Volksbibl. des Lahrer hinkenden boten nr 57).
Lahr, Schauenburg. 16. 8. [931
Le chant de la cloche de Seh. en vers francais par GF ortin. — Gegen-
wart nr43 s. 271. ' [932
Zum motto der Sch.schen Glocke von ThRaehse. Arch. f. litteraturgesch.
12, 316. [933
Umrisse zu Sch.s Lied von der glocke nebst andeutungen von MRetzsch.
Stuttgart, Cotta. 43 kupfertafeln mit 16 ss. text. 2. [934
* Sch.s Lied von der glocke. f. die zwecke der schule erläutert von AvSan-
den. progr. des progymn. zu Kempen (rbz. Posen) 1883. — Arch. f. d.
Studium d. neueren spr. 71, 230 (Hölscher). [935
Sch.s klockenlied. plaltdülsch van W'Täpper, scholmester. 3 opiage.
Bochum (Hengstenberg). 16. 8. [936
Ursprung und bedeutung von Sch.s ballade Der handschuh von drMLandau.
AZ nr36B. [937
Zu Sch.s ballade Der handschuh von APichler. AZ nrl04B. [938
Über die behandlung von Sch.s gedieht Das ideal und das leben auf der
prima von WBoettieher. Neue jbb. f. phil. und päd, 130, 105. [9.39
Der kämpf mit dem drachen. Die bürgschaft (Volksbibl. des Lahrer hinken-
den boten nr 71). Lahr, Schauenburg. 17. 8. [940
Bedenken gegen die schullectüre von Sch.s gedieht Die klage der Ceres von
HDenicke. Neue jbb. f. phil. und päd. 130, 3S7. [941
Noch mehr erklärung zu Sch.s Kranichen des Ibykus von WBormann. Acad.
bll. 1, 359, vgl. 751. [942
Sch.s Kraniche des Ibykus von HJHeller. Acad. bll. 1, 220. nachtr,
ebenda s. 542. [943
Zu Sch.s Spaziergang von Loeber, Neue jbb. f. phil, und päd. 130, 363. [944
Beitr. zur gesch, der tauchersage von HUllrich. beil. zum progr. von
326 BIBLIOGRAPHIE II
EZeidlers lehr- und erziehungsanstalt zu Dresden. 8. 4. — Arch. f. d.
Studium d. neueren spr. 72, 462. [945
vScHiLLER, F.: Enquete sur la chanson populaire du Plongeur. Melusine 2,5
[fünf formen der bailade Le plongeur aus der Bretagne und Vendee] vgl.
Steinthai. Zs. f. völkerpsych. 15, 478 ff. [94(j
s. auch [930. 999.
Der ge is terseh er. aus den niemoiren des grafen vO*** (Volksbibl.
f. kunst u. wissensch. hg. von RBergner nr 7). Leipzig, Brückner.
128. 12. [947
Die Jungfrau von Orleans, eine romantische tragödie mit einleitung und
anm. von prof. HKny (Schulausg. class. werke, unter mitwirkung mehrerer
fachmänner hg. von prof. JNeubauer nr 7). Wien, Graeser. xvi, 112. S. [948
Die Jungfrau von Orleans, eine romantische tragödie (Deutsche classiker f.
den schulgebrauch hg. von prof. JPözl nr 8). Wien, Holder, v, 120. 8. [949
Seh. s Jungfrau von Orleans erläutert vonHDüntzer. 3 neu durchges. und
erweiterte aufl. (Erläuterungen zu den deutschen classikern 50. 51 bdchenl.
Leipzig, Wartig. 276. 12. [950
Die Jungfrau von Orleans, nach Sch.s romant. tragödie bearb. mit 43 denk-
sprüchen (Erzählungen aus class. dichtem f. alt und jung von KFAGeer-
ling III). Köln, Ahn. 70. S. [951
Sch.s Jungfrau auf der Leipziger bühne von HMarbach. Wissensch. beil.
d. Leipziger ztg. nr 44 s. 261. [952
Entlehnungen unserer classiker [parallele zu Sch.s Jungfrau von Orleans iii 6
aus Simonides, zu den Räubern aus Midrasch Rabba] von JMorgens tern.
Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nrSl s. 484. [953
Die monologe der Jungfrau von Orleans bei Vernuläus (1621) und Seh. (1801)
von PvRadics. Auf der höhe 1, 129. [954
Der hundertjährige theatralische geburtstag von Kabale und liebe von
JKürschner. Älagazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 15. 16. [955
Die erste aufführung von Kabale und liebe von GMalkewitz. Nationaiztg.
«'•231. [956
Das Jubiläum von Kabale und liebe von JProelss- Zs. i, d. gebildete
weit VI 6. [957
Maria Stuart ein trauerspiel. mit ausführlichen erläuterungen f. d. schul-
gebrauch und das privatstudium von dr HHeskamp. Paderborn, Schö-
ningh. 193. S. — Gymn. nr 18 (Hellinghaus). [95S
Maria Stuart. ein trauerspiel. mit einl. und anm. von prof. EMüller
(Schulausg. class. werke, unter mitwirkung mehrerer fachmänner hg. von
prof. JiNeubauer nr 13). Wien, Graeser. xvi, 126. 8, [959
Maria Stuart, ein trauerspiel (Deutsche classiker f. den schulgebrauch liar.
von prof, JPözl nr 6). Wien, Holder, iv, 130. 8. [960
Maria Stuart, edited wilh introduction and noles by CSheldon. London,
Macmillan. 18. — Academy [ir627. [961
Maria Stuart, nach Sch.s trauerspiel bearb. mit 42 denksprüchen (Er-
zählungen ans class. dichtem f. alt und jung von KFAGeerling ii). Köln,
Ahn. 83. 8. [962
Einführung in das Studium von Sch.s Maria Stuart von Goerth. Päday.
VI 3. 4. [963
Entlehnungen unserer classiker [parallele zu Sch.s Maria Stuart i 4 aus Ra-
cines Phedre i 3] von AvdVelde. Magazin f. d. litt. d. in- und ausl.
nr 36 s. 558. [964
Über den moralischen nutzen aesthetischer silten s. [917.
Oncle et neveu , comedie, publice et annolee par APey. Paris, Dela-
grave. [965
Le neveu pris pour l'oncle, imitee de la piece franfaise de Picard, e<iit.
avec notes par Schmitt. Paris, Garnier. [966
Die räuber ein trauerspiel. neue für die Mannheimer bühne verbess. aufl.
separalabdr. aus Sch.s Sämmtlichen werken, kritische ausg. von HKurz.
Leipzig, Bibliogr. Institut. 94. 8. [967
BlBLFOGRAPHtE II 327
vScHiLLER, F. : Sch. und die Graubündner (1782/83) von FVetter. Arch. f.
Jitieraturgesch. 12, 404. [968
s. auch [953.
Sch.s ankündigung der Rheinischen Thalia von HFischer. Arch. f.
litteraturgesch. 12, 301. [969
William Teil with english notes by GABuchheim (German classics).
London, Frowde. 12, — Athenaeum nr 2966 s. 272. [970
Wilhelm Teil hg. von prof. OKa Ilsen (Class. deutsche dichtungen mit
kurzen erläuterungen f. schule und haus hg. von KHKeck ii). Gotha,
Perthes. S. — D. litteraturbl. vi nr 44 (Lösche). [971
Wilhelm Teil. Schauspiel in 5 aufzügen. mit vollständigem commentar f.
d. schulgebrauch und das privatsludium hg. von dr JNaumann. 2 aufl.
(Schulausg. ausgewählter class. werke, mit vollständigen commentaren. Ireihe.
Die meisterwerke der 2 class. periode, bearb. von dr JNaumann und anderen.
3 bdehen). Leipzig, Siegismund u. Voikcning. 140 mit einer karte. 8. [972
WilhelmTell. ein Schauspiel mit einleitung und anm. von prol. drFProsch.
mit 2 kärtchen (Schulausg. class. werke, unter mitwirkung mehrerer fach-
männer hg. von prof. JNeubauer nr 12). Wien, Graeser. xvi, 108. 8. [973
Wilhelm Teil nach Sch.s Schauspiel bearb. mit 49 denksprüchen (Erzählungen
aus class. dichtem f. alt und jung von KFAGeerling ij, Köln, Ahn. 68. 8. [974
Wilhelm Teil auf der Leipziger bühne von H.Marbach. Wissensch. beil.
d. Leipziger ztg. nr 30 s. 176, [975
*Die dramatische idee in Sch.s Wilhelm Teil von gymnasiallehrer Mühlen-
bach, progr. des gymn. zu Ratibor 1883. — Arch. f. d. Studium d. neueren
spr. 71,230 (Kölscher). [976
Wallenstein, poeme dramatique en 3 parties. texte allemand , notices et
arguments et des notes par MC ottler. Paris, Hachette. [977
La mort de Wallenstein, edit. par Lange, avec notices et des notes en
francais. Paris, Garnier. [978
Wallenslein. ein diamatisches gedieht (Deutsche classiker f. den schulge-
brauch hg. von prof. JPözl nr 4). Wien , Holder, vi, 253. 8. [979
Wallenstein, nach Sch.s dramatischem gedichte bearb. mit 100 denk-
bprüchen (Erzählungen aus class. dichtem f. alt und jung von KF.\Geer-
ling IV. v). Köln, Ahn. 133. 8. [980
Die schicksalsidee in Sch.s Wallenstein, eine ästhetische abhandlung von
FHann, progr. des gymn. zu Klagenfurt. 17. 8. [981
Bemerkungen zu Sch.s dramen von KKoch. i Wallenstein. progr. des
gymn. zu Münstereifel. 20. 4. — Arch. f. d. Studium d. neueren spr.
72, 463. [982
Wallenstein auf der Leipziger bühne von HMarbach. Wissensch. beil. d.
Leipziger ztg. nr 94 s. 561. [983
Sch., Holtei und Metternich von CSpielmann [berührt den Wallenstein].
.Magazin f. d. litt. d. in- und ausL nr 43 s. 665. [984
8. auch [248.
Ein brief Sch.s an LMeister mitgeteilt von JB a e c h t o 1 d. Acad. bll.
1, 322. [985
Reliquien aus der autographenmappe [von KvGerstenber g]. Westermanns
monatshefte, märz s. 832. 833 [enthält einen brief Sch.s an Iffland vom
18 dec. 1803, einen der ChvSchiller an denselben vom 20juni 1805]. [986
Ein noch unbekannter brief Sch.s [an den amtsbürgermeister von Heilbronn,
dat. Heilbronn 16 aug. 1793]. veröffentlicht nach dem Stuttgarter neuen
tagebl. in: Die post nr 325. [987
*Die metrik Sch.s von EBelling. Breslau, Koebner, 1883. — Gymn. 2,1
(Buschmann). Wissensch. litteraturbll. 1, 1 (Rachel). Bll. f. litt, unterh.
nr2 (Boxberger). [988
Zeitgenöss. mitteilungen [von Böltiger, Brinkmann, Deinhardstein, frl. vGöch-
A. F. D. A. XL 23
328 niBLIOGRAPHIE II
hausen, Göschen, Heinrich, Jacobs, AvimhofT, Kirms, Körner, Loder, Rahbeck,
EvdRecke, vRetzer, Rochlilz, ESchadow, AWSrhlegel, LSchubart, Schütz,
Schwabe, Schwan, LvSeckendorf, WdeW ette , Weyland , Wieland, KvWol-
zogen] über Seh. aus hss. der Dresdner bibl. veröffentlicht von RBox-
berger. Acad. bll. 1, 65. 350. 613. [989
vScHiLLER, F.: *Sch. und Goethe im urteile ihrer Zeitgenossen, ztgskritiken, be-
richte und notizen Seh. und Goethe und deren werke betr. aus den jähren
1773 — 1812, gesammelt und hg. von JWBraun. eine ergänzung zu allea
ausg. der werke dieser dichter. 1 nbleilung Seh, bd. 3: 1801 — 5. Berlin,
Luckhardt, 1882. — Bll. f. litt, unterh. nr37 (Buchner). [990
HDüntzer, Life of Seh., translated by Pi nkerton. — Spectator nr2899. [991
Zu Seh. von LGeiger. Arch. f. lilteratur^esch. 12, 449 [enthält auszöge aus
briefen der buchhändler GJGöschen und JMAIauke an Bertuch]. [992
Seh. und das publicum der gegen wart von RvGo tt schal 1. Gartenlaube
nr 48. [993
Epilog zur feier des 25jährigen bestehens der deutschen Seh. -Stiftung am
10 nov. 1884 (im anschluss an die braut von Messina) von JG rosse. AZ
nr316B. [994
Seh. und IfTland von HHolstein. Sonntagsbeil.zur Voss. ztg. nr 10 — 15. [995
Seh. auf der Solitüde (1773 — 1775) von JKlaiber. Vom fels zum meer,
juli s. 437. [996
Festrede zum Seh. -feste gehalten von prof. Lazarus am 22 nov. 1SS4 zu
Berlin. Nationalztg. nr 641. [997
Seh. und die deutsche Sch.-stiftung von prof. dr MLazarus. AZ nr31S B. [998
Bemerkungen über Sch.s metrik, besonders im Taucher von W.M erckc n s.
progr. des gymn. in ßirkenfeld. 22. 4. — Arch. f. d. Studium d. neupren
spr. 72, 462: [999
Seh. und Bürger von HPrölile. Grenzboten nr 40. [1000
Neuaufgefundene Urkunden überScIi.uud seine familie. hg.von dr vS ch Inss-
herger. Stuttgart, Gotta. viii, 69. 8. — AZ nr 311 B. (Koch). [1001
Über Sch.s Verhältnis zur modernen bildung von AESchönbach. D. Wochen-
schrift nr 47. [1002
Das anknüpfen von Seh. und Lotte mit Dalberg von OESeidel, Thürinii^er
Ztg. Erfurt, 29 Jan. (Goethe-jb. 6,434). [1003
Seh. als historiker und philosoph von FUeberweg. mit einer biographi-
schen skizze üeberwegs von FALange hg. von dr MBrasch. Leipzig,
Reifsner. xLvii, 270. 8. — AZ nr 322 B. (Fischer). Neue evang. kirchenzig.
nr50 sp.788. Altpreufs. monatsschrifl xxi heft 7. 8 (Grosse). Athenaeum
nr 2978 s. 658. [1001
Eine apokryphe geschichtliche arbeit [Geschichte von Württemberg bis zum
jähre 1740 publiciert in Schabers Würltembergischer volksbibl. heft 2] Sch.s
von RWeltrich. AZnr272B. [1005
Sch.-anekdoten. aus d. Zpilgenossen von 1829. Didaskalia nr 195. [1006
Die Sch.-ausstellung in W.-imar. Illustr. ztg. nr 2158. [1007
Catalog der /.um 10 nov. 1884 veranstalteten Sch.-ausstellung im grofsh. mu-
seum zu Weimar. Weimar. Kühn. 23. 8. [1008
Über die Scli.-aussteliiing im grofsh. mnseum zu Weimar. AZ nr314B. [1009
Festschrift des verwaiiuu^srates der deutschen Sdi.-stiflung zum 10 nov. 18S1.
Weimar (Zuekschwerdl). 11. 8. [1010
Die Seh. -Stiftung am schluss des ersten vierteljhs. ihres wirkens. Illnsir.
Ztg. nr2158. [1011
Seh. und das Körnermuseum in Dresden. Gegenwart nr 48. [1012
s. auch [12. 40. 42 72. 73. 74. 353. 394. 406. 416. 424. 512. 724. 732.
vScHLEGEL, AW. : l'arallelst.'lle zu Sch.s und Tiecks Arion. Arch. f. d. Stu-
dium d. neueren spr. 72, 237. [1013
Über dramatische kiinsl und litt. Vorlesungen 1 — 3 (Volksbibl. f. kunst u.
wissensch. hg, von RBergner nr 6). Leipzig, Brückner. 71. 12. [1011
Vorlesungen über schöne litt, und kunst. 1 teil (1801 — 1802) Die kunst-
BIBLIOGRAPHIE II 329
lehre. 2 teil (1802—1803) Gesch. der class. litt. Steil (1803—1804) Gesch.
der romant. litt, nebst Personenregister zu den 3 teilen (DLD17 — 19). Heil-
bronn , Henninger. lxxi, 370. xxxii, 396. xxxvii, 252. 8. — Zs. f. d. ge-
bildete weit V 5 s. 218 (Geiger), ßil. f. litt, unterh. nr 32 (Boxberger).
American Journal of philology v 401. Saturday review nr 1486. D. lit-
teraturbl. vii nr 11 (Proscli). [1015
s. auch [989.
vScHLEGEL, F.: *FSch. 1794 — 1802. seine prosaischen Jugendschriften hg. von
JMinor. 1 bd. Zur griechischen litteraturgesch. 2 bd. Zur deutschen litt,
und philos. Wien, Konegen , 1882. — Anz. x 128 (Jacoby). DLZ nr 5
(Roediger). Arch. f. litteraturgesch. 12, 633 (Boxberger). [1016
Schlegel, JE.: Om JESch. af WSöderhjelm. diss. von Helsingfors.
138. 8. [1017
ScHLEiEBSiACHER, F.: Sämmtlichc werke. 1 abteilung: Zur theol, bd. 12. hg.
vonLJonas. 2 aufl. Berlin, Reimer, xxx, 706 und beilagen 192. 8. [1018
Zu Sch.s 50 jährigem todestage (12 febr.) von MBrasch. Magazin f. d.
litt. d. in- und ausl. nr 6. 7. [1019
Sch.s vater und Vaterhaus vonKoelling. Evang. kirchenztg. nr 6. [1020
Zur erinnerung an FSch. Evang. kirchenztg. nr 6. [1021
Seh. und Württemberg. Besondere beil. des Staatsanz. f. Württemberg
s. 33. [1022
Seh. ist auch behandelt in der [658 citierten schrift; s. auch [40.
Schmidt von Werneuchen, FWA. s. [1106.
Schmidt, Klamer E. s. [138.
Schröder, FL. s. [326.
Schubart, ChFD.: Gedichte, hist.-krit. ausg. von GH auf f (Universalbibl.
nr 1821 — 1824). Leipzig, Reclam. 488. 16. — Anz. x 416 (Seuffert).
Acad. bll. 1, 733 (Sprenger). [1023
Zur characteristik von ChFDSch. von ThEbner. Arch. f. d. sludium d.
neueren spr. 71, 285. [1024
Zu Sch.s todestag. Basler grenzpost nr 243. [1025
Schulze, E.: Die bezauberte rose, romant. erzählung in 3 gesängen. diamant-
ausg. mit illustr. von PGrot Johann, in holz geschnitten von Rßrend'amour.
7 aufl. Berlin, Grote. [1026
Schupp, JB.: Realencykl. f. prot. theol. und kirche 13,723 (Cßertheau). [1027
Schwab, G.: Blutrache, nordische sage. — Das mahl zu Heidelberg. — Das
gewilter (Volksbibl. des Lahrer hinkenden boten nr 65). Lahr, Schauen-
burg. 16. 8. [1028
♦Kleine prosaische Schriften ausgewählt und hg. von KKlüpfel. Frei-
burg i/B. u. Tübingen, Mohr, 1882. — Arch. f. litteraturgesch. 12.638 (Box-
berger). [1029
*GSch .s leben, erzählt von seinem söhne ChThSchwab. Freibiirg i/B. u.
Tübingen, Mohr, 1883. — DLZ nr 4 (Hirzel). Neue evang. kirchenztg. nrll.
Hll. f. litt, unterh. nr 29 (Buchner). D. litteraturbl. vi nr 46 (Gast). [1030
Scriver, Gh.: Realencykl. f. prot. theol. und kirche 14, 1 (HB eck). [1031
vSeckendorf, L. s. [989.
Seidler, L. s. [40.
Semler, JS.: Realencykl. f. prot. theol. und kirche 14, 111 (Tholuck und
Tzschirner). [1032
Sievers, GLP. s. [454.
vSonnesfels, J. : Briefe über die Wienerische Schaubühne 1768 (Wiener neudr. 7).
Wien, Konegen. xix, 353. 8. — DLZ nr31. Litt, centralbl. nr 36 (Creizenach).
ßU. f. litt, unterh. nr 52 (Boxberger). [1033
Der Hans Wurststreit in Wien und JvS. von drKvGörner. Wien, Konegen.
v, 86. 8. [1034
Spaldisg, JJ.: Realencykl. f. prot. theol. und kirche 14, 455 (Hagenbach und
Wagenmann). [1035
23*
330 BIBLIOGRAPHIE II
Spangenberg, AG.: Realencykl. f. prot. theol. und kirche 14, 460 (Becker). [1036
Beitr. zur lebensgesch. AGSp.s von GGhKnapp 1792. zum 1 male hg. von
dr OFrick. Halle, Waisenhaus, xxii, 135. 8. [1037
Spee, F.: FSp. von dr HCardauns (Frankf. zeitgemäfse broschüren. n. f. von
dr PHaffner bd. 5 heft 4). Frankfurt a/M., Foesser nachf. 31. 8. [1038
Realencykl. f. prot. theol. und kirche 14, 479 (Palmer). [1039
Spener, PhJ.: PhJSp. in Chemnitz von KKirchner. Mitteilungen des Vereins
f. Chemnitzer gesch. iv (für 1882—83, erschienen 1884). [1040
Realencykl. f. prot. theol. und kirche 14, 500 (Tholuck und Wagen-
mann). [1041
s. auch [53.
vSpittler, lt.: Realencykl. f. prot. theol. und kirche 14,540 (Henke und
Wagenmann). [1042
vStägemann, FA. : FAvSt. in: Aufsätze zur litt, von RWegener. [1043
Stapel, E. s. [SSI.
Starck, JF.: Realencykl. f. prot. theol. und kirche 14, 616 (HB eck). [1044
Steffens, H.: HSt. ein lebensbild von past. RPetersen. aus dem dän. von
AMichelsen. mit lith. portrait. Gotha, Perthes. vii,419. 8. — Gegenwart
nr 37 s. 175 (Geiger). Theol. litteraturztg. nr23 (Ritschi). Theol. litteraturbl.
sp. 419. Neue evang. kirchenztg. sp. 789. [1045
vStein, ChAE. : Aus den tagen nach den kämpfen bei Saalfeld und Jena, von
FvSt ein- Kochberg, mit dem portrait der frau vSt. Aus allen zeiten und
landen 2, 1137. [1046
s. auch [348. 351.
Stilling s. [598.
Stobaeus, J. : JSt. ein mitglied des Königsberger dichterkreises von LHFischer.
Monatshefte f. musikgesch. 8 s. 89. [1047
Stolberg, FL. graf zu: Die zukunft. ein bisher ungedr. gedieht aus den
j. 1779 — 1782. nach der einzigen bisher bekannt gewordenen hs. hg. von
OHartwig. Arch. f. litteraturgesch. 13, 82. [1048
Realencykl. f. prot. theol. und kirche 14,752 (WBaur). [1049
*FL. graf zu St. und JHVoss ii von dr OHelling haus, progr. des real-
gymn. zu Münster 1883. — Arch. f. d. Studium d. neueren spr. 71, 229
(Hölscher). [1050
Brief der gräfin Luise Stolberg, den übertritt FL.svSt. zur kath, kirche
betr. mitgeteilt von SWaetzoldt. Acad. bll. 1,321. [1051
Stramtzky, JA.: *Der Wiener Hanswurst. St.s und seiner nachfolger ausge-
wählte Schriften hg. von RM W e r n e r 1 bdchen : Lustige reisebeschreibung von
jASt. (Wiener neudr. 6). Wien, Konegen , 1883. — Litt, centralbl. nr 5.
Acad. bll. 1, 427 (Geiger). Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil. nr 9 (Muncker).
Bll. f. litt, unterh. nr 52 (Boxberger). D. litteraturbl. vi nr45 (Lösche). [1052
[Taubmanniana:] Zur schwanklitt, von ThRaehse. Arch. f. litteraturgesch. 12,
314 f [enthält ein excerpt aus der schrift Taubmanniana]. [1053
Thilo, V. s. [113.
Tho.masius, Ch. s. [677. [1054
Tilck, L. : Werke, bd. 1 Das fest zu Kenelworth. Dichterleben. mit einer
einleitung von LHFischer (Coli. Spemann bd, 68). Stuttgart, Spemann.
250. 8. [1055
Die gesellschaft auf dem lande, novelle (Universalbibl. nr 1881). Leipzig,
Reclam. 128. 16. [1056
Des lebens überfluss. Musikalische leiden und freuden. zwei novellen
(Universalbibl. nrl925). Leipzig, Reclam. 132. 16. [1057
briefe s. [lOßO.
LT. als kriliker von HHeltner: Kleine Schriften, nach dessen tode hg.
(Braunschwoig, Vieweg) s. 513. [1058
T. als novellendichter von JMinor. Acad. bll. 1, 129. 193. [1059
s. auch [12. 1013.
TiTz, JP. s. [113.
BIBLIOGRAPHIE II 331
vÜECHTRiTz, F.: Erinnerungea an FvUe. und seine zeit in briefen von ihm und
an ilin. mit einem vorwort von HvSybel. hierzu ein porlrait in lichtdr.,
nach einer Zeichnung von CFLessing. Leipzig, Hirzel. xxxvi, 419. 8. [ent-
hält ua. briefe LTiecliS. briefe von FvUe. an seine Schwester als einleitung
zu DTiecks briefen. briefe DTiecks. briefwechsei mit Immermann, Varn-
hagen vEnse. vgl. auch Goethe-jb. 6, 439]. [1060
ÜHiAND, L. : Graf Eberhard der rauschebart. Des sängers fluch (Volksbibl. des
Lahrer hinkenden boten nr 86). Lahr, Schauenburg. 17. 8. [1061
Über U.s Der gutekamerad vgl. S t eint bei, Zs. f. völkerpsych.l5,4T9. [1062
Zu U.s Klein Roland von SLevy. Arch. f. litteraturgesch. 12,481. [1063
Ernst herzog von Schwaben, nach U.s trauerspiel bearb. mit 13 denksprüchen
(Erzählungen aus class. dichtem f. alt und jung von KFAGeerling xiiij.
Köln, Ahn. 43. 8. [1064
Altdeutsche und dialectische anklänge in der poesie Lü.s nebst einem Ver-
zeichnis der U.-litt. eine skizze von RFasold. Arch. f. d. Studium d.
neueren spr. 72, 405. [1065
Die deutsche lyrik [ua. Uhland] in der französischen übersetzungslitt. von
OvLeyk. .Arch. f. d. Studium d. neueren spr. 71,49. [1066
Erinnerungen an LU. von ASchöll: Gesammelte aufsätze zur class. litt, aller
und neuerer zeit s. 353. [1067
Varnhagen vEnse, KA. s. [40. 345. 1060.
vVoiGTS, J. geb. Moser briefe s. [138.
[Volksbücher:] Zu den Volksbüchern [Zeugnisse aus dem 17. 18jh.] von ABir-
linger. Alem. 12, 38. [1068
[Volkslieder:] Zu den deutschen Volksliedern von Abels, Carstens,
Schlüter, Walther, Winkler. Korrespondenzbl. des Vereins f. nd.
sprachforsch, viii 82. [1069
Zu Des knaben wunderhorn von ABirlinger und WCrecelius. Alem.
12, 59. [1070
Zwei lieder: Baierische kirchenfahrt und Ein Schweizer Volkslied von der
auferweckung des Lazarus von WCrecelius. Alem. 12,114. [1071
Schwabenlied von WCrecelius. Alem. 12, 177. [1073
Volkslieder in Baiern, Tirol und land Salzburg gesammelt von AH a rtma n n.
mit vielen melodien nach dem volksmund aufgezeichnet von HAbele. bd. 1
Volkstümliche weihnachtlieder. Leipzig, Breitkopf u. Härtel. xviii, 256. 8. —
DLZ nr 27 (Schönbach). Bll. f. litt, unterh. nr 52 (Schlossar). [1073
Nachträge zu HofFmann von Fallersleben Unsere volkstümlichen lieder. 3 aufl.
(Leipzig, Engelmann, 1869) vonRHein. 3 folge. Arch. f. litteraturgesch.
12, 371. [1074
Deutsche Volkslieder aus Kärnthen. gesammelt und ausgewählt von EHerr-
mann und VPogatsch n igg. salon-ausg. Graz, Leykam. xii, 280. —
DLZ nr 51 (Roediger). " [1075
* Volkslieder aus dem erzgebirge. gesammelt und hg. von AMüller. Anna-
berg, Graser, 1883. — DLZ nr 9 (Schmidt). [1076
Elsässische Volkslieder, gesammelt und hg. von CMündel. Strafsburg,
Trübner. xv, 302. 8. — Gegenwart nr 2 (Schricker). DLZ nr 13 (.Martin).
Alem. 12, 180 (Crecelius). Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr 30 (Frev-
tag). [1077
Weihnachts-, neujahrs-, und dreikönigslieder aus dem Oberelsass. gesammelt
und hg. von Hl^ fa n n enschmid. aus: Revue nouvelle d'Alsace-Lorraine.
Colmar, Barth. [1078
Zu HofFmanns von Fallersleben Liedern der landsknechte von RSprenger.
Acad. bil. 1, 168. [1079
* Metrische Studien über das deutsche Volkslied von EStolte. jahresber.
über das realgymn. zu Crefeld 1883. — Litleraturbl. f. germ. u. rom. phil.
nr 12 (Paul). [1080
""Schweizerische Volkslieder, mit einleitung und anm. hg. von LTobler.
^Bibl. älterer Schriftwerke der deutschen Schweiz bd. 4). Frauenfeld, Huber,
332 BIBLIOGRAPHIE 11
1882. — Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil, nr 7 (Boos). Bll. f. litt, unterh.
nr 36 (Schlossar). [1081
dasselbe, zweiter bd. (Bibl. etc. bd. 5). ebenda, xvi, 264. 8. — Bll. f.
litt, unterh. nr 52 (Schlossar). AZ nr 333 B. (Fischer). [1082
[Volkslieder:] Dielieder der landsknechte und die Soldatenlieder von WT eis eher.
Prag, Deulschervereinzurverbreilunggemeinnützigerkenntnisse. 26. 8. [1083
Chansons populaires de l'Alsace avec airs notes par JßW eckerlin. 2 vis.
(forment les tomes xvii et xviii des Litteratures populaires de toutes les iia-
tions). Paris, Maisonneuve & cie. [1084
Der deutsche kaiser im Volkslied und Sprichwort [nach RvLiliencrons Hist.
Tolksliedern] von EWezel. Nationalztg. nr 160. 166. [1085
Deutsche Soldaten- und kriegslieder aus 5jhh. (1386 — ISTl) gesammelt und
hg. von HZiegler. Leipzig, Breitkopf u. Härtel. 2 bll., xvi, 424. 8. —
Litt, centralbl. nr 47. Die post nr 317 beil. Grenzboten nr 48. Gegenwart
nr 51 s. 402. DLZ nr 51 (Roediger). Sonntagsbeil, zur Voss. zig. nr 50
(Pröhle). [1086
iid. liederbuch. alte und neue plattdeutsche lieder und reime mit sing-
weisen, hg. von milgliedern des Vereins f. nd. sprachforscb. Hamburg u.
Leipzig, Voss, viii, 115. 8. — DLZ nr 51 (Roediger). Korrespondenzbl.
des Vereins f. nd. sprachforsch. l\ 77. [1087
Voss, E.: Ein fragmentarischer beitr. zur deutschen litteraturgesch. [aus biiefei»
und aufzeichnungen der Ernestine V., der gattin von HVoss] vonGHardter.
Sonntagsbl. des Bund nrl3 s. lol. [1088
Zwei briefe von Ernestine V. mitgeteilt von PHasse. Zs. der gesellsch.
f. schleswig-holstein-lauenburgische gesch. bd. 13. [1089
* Briefe von EV. an RAbeken. mit erläuternden anm. hg. von prof. dr FPol le.
2 hälfte. progr. des Vitztliumschen gymn. zu Dresden 1883. — Arch. f.
d. Studium d. neueren spr. 71. 232 (Hölscher). [1090
s. auch [62. 347.
Voss, .IH.: Der 70 geburtstag (Volksbibl. des Lahrer hinkenden boten nr 60).
Lahr, Schauenburg. 12. 8. [1091
*Die V.sche Übersetzung des Homer, festrede gehalten in der aula des gymn.
am hunderijälirigen gedenktage der ankunft JHV.s in Eutin von dr FH c ufsn er.
Eulin, Struve, 1S82. — Zs. f. d. österr. gymn. 35,123 (Sauer). [1092
Zu V.ens Luise von OBe ha g h el. Arch. f. litteraturgesch. 12, 480. [1093
Zu Arch. 12,480 von RKöhler. Arch. f. litteraturgesch. 12, 641. [1094
Aeslhetische erläuterungen zu V.ens Luise vom standpuncte des sclmlunter-
ricbls von FUrbanski. progr. des gymn. in Zloczow. 56. 8. — Gymn.
nr 14 (Saliger). [1095
briefe s. [62.347.841.
*JHV. als Schulmann in Eulin. festschrift zum hundertjährigen gedenktage
seiner ankunft daselbst von drFHeufsner. Eutin, Struve, 1882. — Zs. f.
d. österr. gymn. 35, 123 (Sauer). [1096
s. auch [645. 1050. 1106.
Wagner, HL.: * IMe kindermördcrin ein Irauerspicl nebst scenen aus den be-
arbeitungen KGLessings und W.s (DLD 13). Heilbronn, Henninger, 1883. —
Bll. f. litt, unterh. nr 2 (Boxberger). Zs. f. d. österr. gymn. 35, 349 (Minor).
Nationalztg. nr 135 (Schmidt). D. litteraturbl. vi nr41 (Prosch). [1097
Weber, W.: Der Nürnberger spruclisprecher WW. (1602— 1661) von HHol stein.
Zs. f. d. ph. 16, 165. [1098
Weckherlin, GR.: GRW. zum gedächlnis seines 300jährigen geburlstages von
FBobertag. Magazin f. d. litt. d. in- und ausl. nr37. [1099
Weise, Cii.: Die gegner der 2 schles. schule. 2leil. CliW., BHBrockes,FRL. freiherr
vCanitz, BNeukirch, CliWernike hg. von LFulda (I). naiionallitt. bd. 39).
Berlin u. Stuttgart, Spemann. lxxx, 588. 8. [1100
s. auch [60.
Weisse, ChF. : *Lessings Jugendfreunde. ChFW. , .IFvCronegk, JWvBrawe,
FNicolai hg. von dr.IMinor (D. nationallitt. bd. 72). Berlin u. Stuttgart,
BIBLIOGRAPHIE II 333
Spemann (1883). — Litt, centralbl. nr 3. Zs. f. d. österr. gymn. 35, 280
(Sauer). [1101
Weisse, ChF. : Vortr. über ChFW. aus Annaber». auf verlangen in druck ge-
geben von dr JWi Iden h ahn. Annaberg, Graser. 39. 8. — Wissensch.
beil. d. Leipziger ztg. nr 73 s. 436. [1102
s. auch [60. 196.
vdWerder, D. : DvdW. von GKra use. Anhaltische niitteilungen iv 30. [1103
Werner, Z.: Das schicksalsdrama [ZW. AMüllner. ChEvHouwald] hg. von prof.
dr J.Minor (D. nationallitt. bd. 151). Berlin u. Stuttgart, Spemann. vii,
539. 8. [1104
*Die Schicksals- tragödie in ihren hauptvertretern [ZWerner. AMüllner.
ChEvHouwald] von JMinor. Frankfurt a/M., Litt, anstalt (Rütten u. Lö-
ning), 1883. — Litt, centralbl. nr 10. Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil.
nr7 (Wendt). DLZ nr 30 (Brahm). D. rundschau, sepl. s. 479. Zs. f.
d. österr. gymn. 35, 759 (Werner). AZ nr53B. (Muncker). Acad. bll. 1, 750
(Welti). Die nation nr 40 (Ribbeck). [1105
Wermke, Ch. s. [1100.
Wetzel, KFG.: Der Phoebus gegen Voss und Schmidt von Werneuchen neu
abgedr. von ESchmidt. Arch. f. litteraturgesch. 12,85. [1106
Wieland, OL: Reliquien aus der autographenmappe [von KvGerstenberg].
Westermanns monatshefte, märz s. 834 [enthält ein ms. W.s: Entwurf zu
einem allegorischen gemälde, vom 5 mal 1800]. [1107
*Horazens Satiren und Episteln aus dem lateinischen übersetzt 2 teil: Ho-
razens Briefe. Breslau, Leuckart (Albert Clar), 1883. — Anz. x 303
(Seuffert). [1108
Philos. aufsätze (Volksbibl. f. kunst u. wissensch. hg. von RBergner nr 9).
Leipzig, Brückner. 83. 12. [1109
Aus Wielands Jugend [zwei briefe W.s an Obereit und Steinbrüche!], von
RMWerner. Acad. bll. 1, 502. [1110
s. auch [989.
Julie Boiideli und W. drama in 4 acten mit einem Vorspiel von MBach-
Gelpke. Bern, Nydegger u. Baumgart. 32. 8. [1111
*W.s publicistische lätigkeit von HBöhnke. progr. des grofsherzogl. gymn.
zu Oldenburg 1883. — Anz. x 189 (Seuffert). Arch. f. d. Studium d.
neueren spr. 7t, 228 (Hölscher). [1112
*Beitr. zur W.biogr. aus ungedruckten papieren von HF u n c k. Frei-
büTs i/B. u. Tübingen, Mohr, 1882. — Arch. f. litteraturgesch. 12, 595
(Seuffert). [1113
Ein anecdoton W.s von HFunck. AZ nr 131 B. [1114
W. und Nicolai von RMWerner. Acad. bll. 1,267. [1115
s. auch [30.
♦Wiener freunde 1784 — 1808 [44 briefe von IvBorn (3), Alxinger(14), GvLeon
(11) und LLHaschka (16) an KLReinhold]. beitr. zur jugendgesch. der
deutsch -österr. litt, von RK e i 1 (Beitr. zur gesch. der deutschen litt,
und des geistigen lebens in Österreich 2). Wien, Konegen, 1883. — D.
litteraturbl. vi nr 45 (Lösche). Echo nr 87. Neue freie presse, 25 juli
abendbl. Litt, merkur nr 7. Bauhütte nr 16. Zs. f. realschulwesen ix 10.
DLZ nr 6 (Baechtold). Litt, centralbl. nr 18. Litteraturbl. f. germ. u.
rom. phil. nr 9 (Muncker). Acad. bll. 1, 557 und Zs. f. d. gebildete weit v 5
(Geiger). Bll. f. litt, unterh. nr 52 (Boxberger). [1116
WiLKAW (Wilkow), Gh. s. [113.
vWillemer, M. s. [40. 407. 458 ff.
WiNCKELMANN,JJ. : Bci der enthüllung des W.-denkmals in Dresden von HHettner:
Kleine Schriften, nach dessen tode hg. (Braunschweig, Vieweg) s. 542. [1117
Wittenberg, A. briefe s. [138.
WoLFF, FA.: Ein falsches Jubiläum von WHarder. Wissensch. beil. d. Leipziger
Ztg. nr36 s. 212 [PAW. nicht 1784 sondern 1782 geboren]. [1118
VWOLZOGEN, K. s. [989.
334 BIBLIOGRAPHIE II
Zenckek, JCh.. Der preufsisch-fränkische dichter JChZ. von ABirlinger. Acad.
bll. 1, 493. [1119
Aus Z.s gelegenheitsgedichten. Alem. 12, 100. [1120
vZlEGLER, M. s. [590.
Zimmermann, JG. : Vom nationalstolze. Über die einsamkeit. SGessner, Der
erste Schiffer (Nationalbibi. Schweiz, dichter und redner des 18 und 19jhs.
in sorgfältiger auswahl. mit biographisch -kritischen einleitungen hg. von
RWeber. 4 und 5 bdchen). Aarau, Sauerländer. 80. 80. 8. [1121
s. auch [746.
vZiNZENDORF, NL. graf: Zur jugendgesch. Z.s von GKramer. Kirchl. monats-
schrift ni 12. iv 1. [1122
ZscHOKKE, H.: Der zerbrochene krug. humoristische novelle (Volksbibi. des
Lahrer hinkenden boten nr 23). Lahr, Schauenburg. 24. 8. [1123
Bll. aus dem tagebuch des armen pfarrvicars von Wiltshire. novelle (ebenda
nr66— 70). 44. 8. [1124
Das abenteuer der neujahrsnacht. humoristische novelle (ebenda nr 87 — 92).
61. 8. [1125
Jonathan Frock. novelle (ebenda nr 115—121). 79. 8. [1126
Das blaue wunder, humoristische novelle (ebenda nrl44— 146). 31. 8. [1127
HZsch., ein lebenshild von prof. dr FBaebler, separatabdr. aus: Vom Jura
zum Schwarzwaid. Aarau, Sauerländer. 38. 8. [1128
HZch.-aussteilung zu ehren der Jahresversammlung der Schweiz, gemein-
nützigen gesellsch. in Aarau 1884. katalog von RS a uerländer. Aarau,
Sauerländer. 31. 8. [1129
BERICHTIGüiNG.
Oben s. 192 letzte zeile lies: MRoediger, statt: WScherer.
Notizen.
An der Universität Halle hat sich hr dr HCollitz als privat-
dozent für vgl. Sprachwissenschaft habilitiert.
Zu den Zs. 29, 354 mitgeteilten dreikönigsversen bietet
mehrere parallelen ein aiifsalz Zapperls in den VVSB 21 (1856),
343 f. die gleiche abhandlung bringt s. 357 ein Schlummerlied;
ich erwähne dasselbe hier, weil es möglicher, sogar wahrschein-
licher weise den ersten anstofs zu der bekannten ahd. fälschung
gegeben hat. Schönbach.
Druolc von J. B. HirschfL'ld ia Loipzig-
^QQ-i Zeitschrift für deutsches
^^■> Altertum und deutsche
f-' Literatur
Bd. 29
PLEASE DO NOT REMOVE
CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET
UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
^^■'
■^^ir-s^
7'rk-U