Was ist eigentlich Schmerz?

Was ist eigentlich Schmerz?

Was Schmerz? Wo kommt er her und wie beeinflusst er unser Leben? Und gibt es sowas wie "zu viel" Schmerz?

Die Weltschmerzorganisation (IASP = International Association for the Study of Pain) hat für die Begrifflichkeit des Schmerzes eine wirklich griffige Erklärung parat, die seit vielen Jahren gültig ist und verschiedene Anteile dessen, was im Erleben von Schmerz Bedeutung hat, beschreibt:

Der Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer tatsächlichen oder drohenden Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.

 

Inwiefern ist Schmerz ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis?

 

Mit dieser Beschreibung wird auf das Erleben des Schmerzes durch die Sinneswahrnehmungen Fühlen, Riechen, Schmecken, Hö­ren und Sehen Bezug genommen. Schmerz ist dabei weder hörbar noch olfaktorisch oder gustatorisch wahrnehmbar. Er ist vor allem spür- und fühlbar.

Mit dem Begriff „Sinneserlebnis“ ist in diesem Kontext zum Beispiel gemeint, dass der Schmerz als brennend, stechend, bohrend oder reißend empfunden werden kann. Zum anderen geht es hier auch um die Schmerzstärke, die anhand einer Schmerzskala mit einer Zahl von „0“ bis „10“ geschätzt werden kann. [1] … Continue reading

Mit dem Begriff „Gefühlserlebnis“ wird auf die emotionalen Anteile des Schmerzes eingegangen, der zum Beispiel als quälend, mörderisch oder erschöpfend beschrieben werden kann.
Diese beiden Anteile im Erleben von Schmerz sind untrennbar miteinander verbunden.

 

Warum ist das Schmerzempfinden so wichtig?

 

Entwicklungsgeschichtlich gehört der Schmerz zu den frühesten, häufigsten und eindrücklichsten Erfahrungen eines jeden Menschen. Schmerz ist überlebenswichtig – trotz allen Leids, das er bewirken kann. Aus körperlicher Sicht gesehen stellen Schmerzen eine lebenserhaltende biologische Reaktion auf schädigende Einwirkungen dar – auch dann, wenn es noch nicht zu einer Gewebeschädigung gekommen ist.
Biologisch gesehen ist Schmerz der effektivste Weg, ein Lebewesen dazu zu bewegen, gefährliche Situationen korrekt zu meisten. Er kann Leben retten, es schützen oder verlängern und ist daher ein überlebenswichtiges Merkmal. Nicht umsonst haben Menschen, deren Schmerzempfinden vermindert ist, eine signifikant reduzierte Lebenserwartung.

 

Psycho-Soziales-Schmerzmodell

 

Wie entsteht Schmerz?

 

Schmerz wird durch die Wahrnehmung eines äußeren Reizes (z.B. Temperatur, Dehnung, Druck, Einflüsse chemischer Stoffe, Verletzungen) oder durch krankhafte Prozesse im Körperinneren ausgelöst.

An der Wahrnehmung von Schmerzen sind viele Organe beteiligt: unser Nervensystem, das Rückenmark, das Gehirn.

 

Schmerzverarbeitung

 

 

Doch was passiert eigentlich genau im Körper, wenn man sich zum Beispiel den Finger einklemmt?

 

Im Finger befinden sich spezielle Messfühler (Nozizeptoren), welche den Schmerzreiz aufnehmen. Diese sogenannten Schmerzrezeptoren finden sich in fast allen Körpergeweben. In der Haut genauso wie in den Knochen, Sehnen, Muskeln und den verschiedenen Organen. Es handelt sich dabei um freie Nervenendigungen.

Besonders viele Schmerzrezeptoren befinden sich in der Haut. Sie übernehmen hier eine Art Schutzfunktion, indem sie auf Hitze, Kälte, Druck, Zug oder Säure reagieren. Bei einer Quetschung können aber auch Bänder, Nerven, Sehnen und Muskulatur neben unserer Haut Schaden nehmen. Wurde ein Finger gequetscht, kommt es zu einem subungualen Hämatom. Hierbei liegt der Bluterguss unter dem Nagel, der sich blau verfärbt. Zudem sterben bei schweren Quetschungen Teile des Gewebes ab. Die in der Haut und in den verschiedenen Geweben befindlichen Nervenfasern erkennen den schmerzauslösenden Reiz. Sie wandeln die Schmerzinformation direkt in ein elektrisches Signal um. Über viele Nervenfasern wird dieses Signal zum Rückenmark weitergeleitet. All dies geschieht im Bruchteil einer Sekunde.

Zwischenstation Rückenmark

Im Rückenmark parallel zwei Dinge: Zum einen kommt es direkt beim ersten Schmerzsignal zu einer Rückkopplung mit dem geschädigten Körperteil, sodass wir instinktiv (reflexartig, ohne Beteiligung des Gehirns) das geschädigte Körperteil aus der Gefahrenzone entfernen.

Gleichzeitig wandelt das Rückenmark das Schmerzsignal in chemische Botenstoffe um. Diese übertragen die Schmerzimpulse auf die Leitungsbahn des zentralen Nervensystems, welche über das Rückenmark bis zum Gehirn verläuft. Erst hier nehmen wir den Schmerz richtig wahr.

Endstation Gehirn

In den verschiedenen Gehirnregionen wie Zwischenhirn und Endhirn findet schließlich die Auswertung des Warnsignals statt. Dadurch kommt es zum bewussten Schmerzerleben. Das bis dahin noch neutrale Signal wird in eine unangenehme Empfindung umgewandelt und macht sich mit dumpfen, drückenden, bohrenden, stechenden oder krampfartigen Schmerzen bemerkbar.

Schließlich bewertet das Gehirn den Schmerz und verarbeitet ihn für Lernprozesse. So kommt es auch, dass wir selten zweimal eine heiße Herdplatte berühren. Denn passiert dies einmal, setzt durch den Schmerz der Lernprozess ein und unser Gehirn verknüpft eine heiße Herdplatte mit Schmerz, einer unangenehmen Empfindung. – hier spricht man auch vom Schmerzgedächtnis.[2]https://www.hexal.de/patienten/ratgeber/schmerz/ueber-schmerzen/wie-entstehen-schmerzen#:~:text=Schmerz%20wird%20durch%20die%20Wahrnehmung,die%20Schmerzinformation%20zum%20R%C3%BCckenmark%20weiter.

 

Kann der eigene Körper Schmerz behandeln?

 

Jein.

Das Rückenmark ist ein wirklich komplexer Ort im Körper, weit mehr als nur eine Datenautobahn, die eine Schmerzinformation ans Gehirn liefert. Es ist ein Ort, an dem komplexe Prozesse verarbeitet werden und er spielt außerdem eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Schmerzempfindens. In bestimmten Situationen, kann durch die Freisetzung körpereigener Hormone und Opioide das Schmerzempfinden des Menschen runterreguliert oder sogar phasenweise ausgeschaltet werden. Ein Beispiel dafür wäre die akute große Verletzung. Hier werden im Rahmen der Stressantwort endogene Opioide (körpereigene Peptide), sowie Kortikosteroide und das Stresshormon Adrenalinausgeschüttet. Dieser Cocktail bewirkt auf verschiedensten Wegen eine kurzzeitige Schmerzfreiheit.

Der Effekt: Man nimmt die Schmerzen erst dann richtig wahr, wenn sich der Körper wieder beruhigt hat und weniger dieser Stoffe produziert. Dies ist eine Schutzfunktion des Körpers.

Unser Körper kann Schmerzen also nicht behandeln. Das ist an sich auch nicht sinnvoll, weil die Schmerzempfindung ein sinnvoll entwickelter Schutzmechanismus ist. Kurzzeitig mindern oder sogar ausschalten kann der Körper diesen Mechanismus aber schon.

 

Welche Schmerzformen gibt es?

 

Schmerzformen

 

Was genau ist damit gemeint?

 

  • Physiologischer / Nozizeptiver Schmerz

Beim physiologischen Schmerz handelt es sich um ein kurzes sinnvolles Warnsignal, also eine normale Körperreaktion auf eine mechanische, thermische oder elektrische Reizung der Schmerzrezeptoren, z.B. aufgrund einer akuten Verletzung oder Verbrennung. Die Nervenbahnen, die die Schmerzsignale weiterleiten, sind dabei normalerweise nicht geschädigt.

 

  • Pathophysiologischer Schmerz

Beim pathophysiologischen Schmerz handelt es sich um einen Dauerschmerz in Folge einer Gewebeschädigung, wie z.B. einer Entzündung oder Verletzung. Unter Umständen ist das Schmerzempfinden auch übersteigert, sodass wie z.B. beim Sonnenbrand schon eine leichte Berührung schmerzhaft ist. Auch der Ruheschmerz kann ein pathophysiologischer Schmerz sein.

 

  • Neuropathischer Schmerz

Der neuropathische Schmerz ist dagegen Folge einer Nervenschädigung. Ursache können eine Verletzung, eine Operation, Alkoholmissbrauch, ein Schlaganfall, eine Stoffwechselstörung (z. B. Diabetes), eine Autoimmunerkrankung wie Multiple Sklerose oder eine anhaltende mechanische Manipulation (Bandscheibenvorfall) sein. Außerdem können Viren (z.B. Herpes-Viren) die peripheren Nerven schädigen, also die Nervenbahnen, die die Verbindung zwischen dem Gewebe und dem Rückenmark herstellen. Bei einigen Patienten mit Gürtelrose brennt daher das betroffene Areal der Haut noch Monate bis Jahre, nachdem die eigentliche Erkrankung abgeklungen ist.

Der Grund für neuropathische Schmerzen ist meist eine übersteigerte Reparatur der Nervenfaser, die u.a. eine Ausbildung neuer Rezeptoren begünstigt. Folge ist eine Verstärkung von Schmerzreizen, verbunden mit einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit. Nervenschmerzen können sich daher leicht zu chronischen Schmerzen entwickeln. [3]https://www.anaesthesisten-im-netz.de/schmerzmedizin/was-ist-schmerz/

 

Was passiert, wenn Schmerzen dauerhaft bestehen?

 

Schmerzen, die über eine längere Zeit bestehen, bringen das körpereigene System der Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung durcheinander. Der dauerhafte Reiz führt zu einem „Lerneffekt” des Körpers, und es werden mehr Schmerzrezeptoren und Nervenfasern ausgebildet. Dadurch wird der Körper für Schmerzreize sensibilisiert und reagiert nun viel häufiger und eher – mitunter wird sogar Schmerz signalisiert, wenn gar kein Reiz vorliegt. Dieses „Schmerzgedächtnis” ist ein wichtiger Grund für die Entstehung chronischer Schmerzen – und ein wichtiges Argument für die rechtzeitige Behandlung von Schmerzen.[4]https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/palliativtherapie/schmerzen-wirksam-bekaempfen/wie-schmerz-entsteht.html

 

Wie werden Schmerzen behandelt?

 

In der heutigen Arbeitswelt gilt nach wie vor, dass jede(r) so gut wie möglich „funktionieren“ sollte. So ist es kein Wunder, dass Schmerzen als störend empfunden werden und so schnell wie möglich wieder verschwinden sollen.

Um Schmerzen zu lindern, gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Medikamente, aber auch Akupunktur und Nervenstimulation sowie Entspannungs-, Verhaltens- und Psychotherapie können dabei helfen, wieder schmerzfrei zu werden. Welche die richtige Therapie ist, entscheiden Arzt und Patient ganz individuell. Das ist abhängig von der Ursache und Lokalisation des Schmerzes, vom Allgemeinzustand des Patienten, von bestehenden Vorerkrankungen und u.v.m.

Ein Universal-Konzept gibt es nicht. So individuell der Mensch ist, so individuell ist auch das Schmerzempfinden. Sogar zwischen der weiblichen und der männlichen Anatomie und Physiologie  gibt es dahingehend schon Unterschiede.

 

Wir möchten euch an dieser Stelle aber ein paar gute Informationsplattformen aufzeigen, auf denen ihr euch zu dieser Thematik noch viel umfänglicher informieren könnt:

 

Welche Erfahrungen im Umgang mit Schmerzen musstet ihr bisher machen?

 

Quellenangaben

Quellenangaben
1 https://www.schmerzgesellschaft.de/patienteninformationen/herausforderung-schmerz/was-ist-schmerz#:~:text=Nach%20der%20Begriffserkl%C3%A4rung%20der%20Weltschmerzorganisation,einer%20solchen%20Sch%C3%A4digung%20beschrieben%20wird.
2 https://www.hexal.de/patienten/ratgeber/schmerz/ueber-schmerzen/wie-entstehen-schmerzen#:~:text=Schmerz%20wird%20durch%20die%20Wahrnehmung,die%20Schmerzinformation%20zum%20R%C3%BCckenmark%20weiter.
3 https://www.anaesthesisten-im-netz.de/schmerzmedizin/was-ist-schmerz/
4 https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/palliativtherapie/schmerzen-wirksam-bekaempfen/wie-schmerz-entsteht.html
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