Punktefahren

Disziplin im Bahnradsport

Das Punktefahren ist eine Disziplin des Bahnradsports. Es gehört zu den Ausdauerdisziplinen mit Massenstart. Punktefahren wird als Einzeldisziplin wie auch als Teil des Omniums ausgetragen. Die Regeln des Punktefahrens finden zudem sinngemäß Anwendung im Zweier-Mannschaftsfahren (Madison) und im Temporennen.

Punktefahren der Frauen bei den Bahnradsport-Europameisterschaften 2017.

Regeln Bearbeiten

Die Regeln fürs Punktefahren werden durch Abschnitt 3.2 § 7 des UCI-Regelwerks festgelegt. Die zu fahrende Distanz ist von der Kategorie abhängig und beträgt bei wichtigen Veranstaltungen (Weltmeisterschaften, Nations Cup etc.) 40 Kilometer für Männer, 25 Kilometer für Frauen und Junioren und 20 Kilometer für Juniorinnen. Ziel ist es allerdings nicht, die Distanz als erster zurückzulegen, sondern über das Rennen hinweg Punkte zu sammeln. Dies kann auf zwei Wegen geschehen:

  • Bei Zwischensprints, in denen die ersten vier Fahrer 5, 3, 2 bzw. 1 Punkt erhalten; im letzten Sprint sind die Punkte verdoppelt (10, 6, 4, 2). Zwischensprints werden alle zehn Runden ausgefahren, bei Bahnen ab 333 Metern Länge alle fünf Runden. Bei Zwischensprints sind die Regeln der Sprint-Disziplin maßgeblich.
  • Durch Rundengewinn, wobei ein oder mehrere Fahrer den Rest des Felds überrunden, wofür 20 Punkte vergeben werden. Als Hauptfeld gilt die größte Gruppe von Fahrern, die auf der Bahn unterwegs sind, wobei die letzte Entscheidung über deren Lage der Rennjury obliegt.[1] Nach einem Rundengewinn reihen sich die Fahrer wieder im Feld ein und werden beim nächsten Zwischensprint nicht mehr gesondert betrachtet. Erfolgt ein Rundengewinn allerdings während einer Sprintrunde, erhalten die Fahrer zusätzlich die Punkte für den Sprint.

Gewonnen hat, wer am Ende die meisten Punkte errungen hat. Im Falle von Punktgleichheit zählt die Reihenfolge der Zielankunft.

Die Maximalzahl der Fahrer, die an einem Lauf teilnehmen können, ist abhängig von der Bahnlänge; bei 250-Meter-Bahnen beträgt sie 24.[2] Nehmen mehr Fahrer an einem Wettbewerb teil, wird zunächst eine Qualifikation mit reduzierter Distanz ausgetragen.

Holen Fahrer, die vor dem Hauptfeld liegen, solche ein, die dahinter zurückliegen, dürfen letztere keine Führungsarbeit für erstere leisten. Sie dürfen aber in deren Sog mitfahren, um wieder zum Hauptfeld zurückzugelangen. Fahrer, die eine Runde auf das Hauptfeld verlieren, erhalten einen Abzug von 20 Punkten, so dass das Punktekonto negativ sein kann. Wer eine oder mehrere Runden zurückliegt, kann nach Ermessen der Jury aus dem Rennen genommen werden. Wie auch bei anderen Rennen mit Massenstart kann bei Stürzen oder Pannen einzelner Fahrer eine Neutralisation verhängt werden; die Betroffenen haben dann fünf Runden Zeit, wieder ins Rennen zurückzukehren.[3] Bei Massenstürzen kann auch eine Unterbrechung oder gar ein Neustart erforderlich sein.

Entwicklung Bearbeiten

Das Punkterennen gehört, in wechselnden Austragungsformen, zu den ältesten Bahnradsport-Disziplinen überhaupt, hatte aber lange Zeit keinen gehobenen Status. Eine Austragung bei den Olympischen Sommerspielen 1900 wurde erst viele Jahrzehnte später als olympischer Wettbewerb anerkannt (siehe dort). Unstreitig war das Punktefahren von 1984 bis 2008 im olympischen Radsport-Programm, dann verschwand es zugunsten des Omniums. Bei Bahnradsport-Weltmeisterschaften stand das Punktefahren erstmals 1977 für Amateure im Programm, seit 1980 auch für Profis. Seit 1993 wird nicht mehr zwischen Amateuren und Profis unterschieden.

Bis zu einer Regeländerung Anfang 2002 wurden für einen Rundengewinn keine Punkte vergeben; stattdessen wurden Fahrer erst nach gefahrenen Runden und dann erst nach Punkten klassiert. Ein Fahrer konnte also durchaus mehr Punkte haben als ein Konkurrent; wenn dieser einen Rundengewinn herausgefahren hatte, wurde er trotzdem vor dem Fahrer mit mehr Punkten platziert. Seit 2002 zählen nur noch die erzielten Punkte (eingedenk der 20 für einen Rundengewinn), was bei der WM 2002 erstmals Anwendung fand.[4]

Die Verdoppelung der Punkte im letzten Sprint war 2002 ebenfalls abgeschafft worden und wurde im Oktober 2016 wieder eingeführt.[5][6] Die Regelung, dass bei Rundengewinn in einer Sprintrunde auch Sprintpunkte an die Führenden vergeben werden, wurde 2023 eingeführt.[7]

Ergebnisse bei Bahnradsport-Weltmeisterschaften Bearbeiten

Männer Bearbeiten

Im Jahr 1993 wurde die Trennung zwischen Profis und Amateuren aufgehoben. Seitdem finden die Bahn-Weltmeisterschaften in der neuen Elite-Kategorie statt.

In den Jahren der Olympischen Spiele 1984, 1988 und 1992 wurde der Amateur-Wettbewerb bei Weltmeisterschaften nicht ausgetragen.

Amateure bis 1991 Bearbeiten

 
Punktefahren der Amateure bei den Bahnradsport-Weltmeisterschaften 1983.
Jahr Gold Silber Bronze
1977 Belgien  Constant Tourné Polen  Jan Faltyn Sowjetunion  Nicolai Makarow
1978 Belgien  Noël Dejonckheere Schweiz  Walter Baumgartner Frankreich  Jean-Jacques Rebière
1979 Tschechien  Igor Sláma Italien  Pierangelo Bincoletto Schweiz  Urs Freuler
1980 Australien  Gary Sutton Sowjetunion  Wiktor Manakow Deutschland BR  Josef Kristen
1981 Deutschland Demokratische Republik 1949  Lutz Haueisen Vereinigte Staaten  Leonard Nitz Danemark  Michael Marcussen
1982 Deutschland Demokratische Republik 1949  Hans-Joachim Pohl Danemark  Michael Marcussen Osterreich  Karl Krenauer
1983 Danemark  Michael Marcussen Deutschland Demokratische Republik 1949  Hans-Joachim Pohl Sowjetunion  Jonas Romanovas
1985 Tschechien  Martin Penc Schweiz  Philippe Grivel Danemark  Dan Frost
1986 Danemark  Dan Frost Deutschland Demokratische Republik 1949  Olaf Ludwig Vereinigte Staaten  Leonard Nitz
1987 Sowjetunion  Marat Ganejew Deutschland BR  Uwe Messerschmidt Frankreich  Pascal Lino
1989 Sowjetunion  Marat Satybaldijew Italien  Fabio Baldato Niederlande  Leo Peelen
1990 Australien  Stephen McGlede Schweiz  Bruno Risi Danemark  Jan Bo Petersen
1991 Schweiz  Bruno Risi Australien  Stephen McGlede Danemark  Jan Bo Petersen

Profis bis 1992 Bearbeiten

Jahr Gold Silber Bronze
1980 Belgien  Constant Tourné Italien  Giovanni Mantovani Deutschland  Heinz Betz
1981 Schweiz  Urs Freuler Australien  Danny Clark Italien  Giuseppe Saronni
1982 Schweiz  Urs Freuler Australien  Gary Sutton Liechtenstein  Roman Hermann
1983 Schweiz  Urs Freuler Italien  Guido Bontempi Australien  Gary Sutton
1984 Schweiz  Urs Freuler Australien  Gary Sutton Deutschland  Henry Rinklin
1985 Schweiz  Urs Freuler Schweiz  Hans Ledermann Italien  Stefano Allocchio
1986 Schweiz  Urs Freuler Belgien  Michel Vaarten Italien  Stefano Allocchio
1987 Schweiz  Urs Freuler Vereinigtes Konigreich  Tony Doyle Belgien  Roger Ilegems
1988 Schweiz  Daniel Wyder Italien  Adriano Baffi Danemark  Michael Marcussen
1989 Schweiz  Urs Freuler Australien  Gary Sutton Tschechien  Martin Penc
1990 Frankreich  Laurent Biondi Danemark  Michael Marcussen Australien  Danny Clark
1991 Sowjetunion  Wjatscheslaw Jekimow Frankreich  Francis Moreau Niederlande  Peter Pieters
1992 Schweiz  Bruno Risi Litauen  Jonas Romanovas Argentinien  Juan Esteban Curuchet

Elite ab 1993 Bearbeiten

Jahr Gold Silber Bronze
1993 Belgien  Etienne De Wilde Frankreich  Éric Magnin Ukraine  Wassyl Jakowlew
1994 Schweiz  Bruno Risi Danemark  Jan Bo Petersen Osterreich  Franz Stocher
1995 Italien  Silvio Martinello Litauen  Remigijus Lupeikis   Sergei Lawrenenko
1996 Spanien  Joan Llaneras Danemark  Michael Sandstød Italien  Silvio Martinello
1997 Italien  Silvio Martinello Schweiz  Bruno Risi Spanien  Joan Llaneras
1998 Spanien  Joan Llaneras Deutschland  Andreas Kappes Italien  Silvio Martinello
1999 Schweiz  Bruno Risi Ukraine  Wassyl Jakowlew   Ho Sung Cho
2000 Spanien  Joan Llaneras Belgien  Matthew Gilmore Osterreich  Franz Stocher
2001 Schweiz  Bruno Risi Argentinien  Juan Esteban Curuchet Osterreich  Franz Stocher
2002 Vereinigtes Konigreich  Chris Newton Osterreich  Franz Stocher Argentinien  Juan Esteban Curuchet
2003 Osterreich  Franz Stocher Spanien  Joan Llaneras Niederlande  Jos Pronk
2004 Frankreich  Franck Perque Uruguay  Milton Wynants Argentinien  Juan Esteban Curuchet
2005 Ukraine  Wolodymyr Rybin Griechenland  Ioannis Tamouridis Spanien  Joan Llaneras
2006 Niederlande  Peter Schep Polen  Rafał Ratajczyk Belarus  Wassil Kiryjenka
2007 Spanien  Joan Llaneras Belgien  Iljo Keisse Russland  Michail Ignatjew
2008 Belarus  Wassil Kiryjenka Frankreich  Christophe Riblon Niederlande  Peter Schep
2009 Australien  Cameron Meyer Danemark  Daniel Kreutzfeldt Vereinigtes Konigreich  Chris Newton
2010 Australien  Cameron Meyer Niederlande  Peter Schep Tschechien  Milan Kadlec
2011 Kolumbien  Edwin Ávila Australien  Cameron Meyer Frankreich  Morgan Kneisky
2012 Australien  Cameron Meyer Vereinigtes Konigreich  Ben Swift Belgien  Kenny De Ketele
2013 Vereinigtes Konigreich  Simon Yates Spanien  Eloy Teruel Russland  Kirill Sweschnikow
2014 Kolumbien  Edwin Ávila Neuseeland  Thomas Scully Spanien  Eloy Teruel
2015 Russland  Artur Jerschow Spanien  Eloy Teruel Deutschland  Maximilian Beyer
2016 Vereinigtes Konigreich  Jonathan Dibben Osterreich  Andreas Graf Belgien  Kenny De Ketele
2017 Australien  Cameron Meyer Belgien  Kenny De Ketele Polen  Wojciech Pszczolarski
2018 Australien  Cameron Meyer Niederlande  Jan-Willem van Schip Vereinigtes Konigreich  Mark Stewart
2019 Niederlande  Jan-Willem van Schip Spanien  Sebastián Mora Irland  Mark Downey
2020 Neuseeland  Corbin Strong Spanien  Sebastián Mora Niederlande  Roy Eefting
2021 Frankreich  Benjamin Thomas Belgien  Kenny De Ketele Niederlande  Vincent Hoppezak
2022 Niederlande  Yoeri Havik Deutschland  Roger Kluge Belgien  Fabio Van den Bossche
2023 Neuseeland  Aaron Gate Spanien  Albert Torres Belgien  Fabio Van den Bossche

Frauen Bearbeiten

Jahr Gold Silber Bronze
1988 Vereinigtes Konigreich  Sally Hodge Schweiz  Barbara Ganz Niederlande  Monica de Bruin
1989 Frankreich  Jeannie Longo Schweiz  Barbara Ganz Vereinigte Staaten  Janie Eickhoff
1990 Neuseeland  Karen Holliday Sowjetunion  Swetlana Samochwalowa Belgien  Kristel Werckx
1991 Niederlande  Ingrid Haringa Belgien  Kristel Werckx Vereinigte Staaten  Janie Eickhoff
1992 Niederlande  Ingrid Haringa Schweiz  Barbara Ganz Vereinigte Staaten  Janie Eickhoff
1993 Niederlande  Ingrid Haringa Russland  Swetlana Samochwalowa Vereinigte Staaten  Jessica Grieco
1994 Niederlande  Ingrid Haringa Russland  Swetlana Samochwalowa Belarus  Ludmilla Goronskaja
1995 Russland  Swetlana Samochwalowa Italien  Nada Cristofoli Frankreich  Nathalie Lancien
1996 Russland  Swetlana Samochwalowa Vereinigte Staaten  Jane E. Quigley Russland  Gulnara Fatkulina
1997 Russland  Natalja Karimowa Spanien  Teodora Ruano Sanchón Mexiko  Belem Guerrero
1998 Spanien  Teodora Ruano Sanchón Mexiko  Belem Guerrero Russland  Olga Sljussarewa
1999 Frankreich  Marion Clignet Deutschland  Judith Arndt Neuseeland  Sarah Ulmer
2000 Frankreich  Marion Clignet Deutschland  Judith Arndt Russland  Olga Sljussarewa
2001 Russland  Olga Sljussarewa Australien  Katherine Bates Mexiko  Belem Guerrero
2002 Russland  Olga Sljussarewa Tschechien  Lada Kozlikowa Italien  Vera Carrara
2003 Russland  Olga Sljussarewa Litauen  Edita Kubelskiene Kuba  Yoanka González Pérez
2004 Russland  Olga Sljussarewa Italien  Vera Carrara Mexiko  Belem Guerrero
2005 Italien  Vera Carrara Russland  Olga Sljussarewa Australien  Katherine Bates
2006 Italien  Vera Carrara Russland  Olga Sljussarewa Spanien  Gema Pascual
2007 Australien  Katherine Bates Danemark  Mie Bekker Lacota Neuseeland  Catherine Cheatley
2008 Niederlande  Marianne Vos Danemark  Trine Schmidt Italien  Vera Carrara
2009 Italien  Giorgia Bronzini Kuba  Yumari González Vereinigtes Konigreich  Elizabeth Armitstead
2010 Kanada  Tara Whitten Neuseeland  Lauren Ellis Belarus  Tatjana Scharakowa
2011 Belarus  Tatjana Scharakowa Tschechien  Jarmila Machačová Italien  Giorgia Bronzini
2012 Russland  Anastassija Tschulkowa Kanada  Jasmin Glaesser Irland  Caroline Ryan
2013 Tschechien  Jarmila Machačová Mexiko  Sofía Arreola Italien  Giorgia Bronzini
2014 Australien  Amy Cure Deutschland  Stephanie Pohl Kanada  Jasmin Glaesser
2015 Deutschland  Stephanie Pohl Japan  Minami Uwano Vereinigte Staaten  Kimberley Geist
2016 Polen  Katarzyna Pawłowska Kanada  Jasmin Glaesser Kuba  Arlenis Sierra
2017 Vereinigtes Konigreich  Elinor Barker Vereinigte Staaten  Sarah Hammer Niederlande  Kirsten Wild
2018 Niederlande  Kirsten Wild Vereinigte Staaten  Jennifer Valente Kanada  Jasmin Duehring
2019 Australien  Alexandra Manly Irland  Lydia Boylan Niederlande  Kirsten Wild
2020 Großbritannien  Elinor Barker Vereinigte Staaten  Jennifer Valente Norwegen  Anita Yvonne Stenberg
2021 Belgien  Lotte Kopecky Großbritannien  Katie Archibald Niederlande  Kirsten Wild
2022 Großbritannien  Neah Evans Danemark  Julie Leth Vereinigte Staaten  Jennifer Valente
2023 Belgien  Lotte Kopecky Australien  Georgia Baker Japan  Tsuyaka Uchino

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Artikel 3.2.017 des UCI-Regelwerks
  2. Artikel 3.1.009 des UCI-Regelwerks
  3. Artikel 3.2.020 bis des UCI-Regelwerks
  4. World Track Championships Copenhagen 2002. CyclingNews, September 2002; (englisch).
  5. UCI Management Committee agrees key changes to the regulations of three cycling disciplines. uci.ch, 13. Oktober 2016, abgerufen am 13. Oktober 2016 (englisch).
  6. Amendments to regulations with effect on 14.10.2016. (PDF) uci.ch, 13. Oktober 2016, abgerufen am 13. Oktober 2016 (englisch).
  7. Regulations amendments applying on 01.08.2023. Union Cycliste Internationale, 10. Mai 2023; (englisch). Artikel 3.2.125