Sechstagerennen in Bremen – da darf HFS natürlich nicht fehlen. Und so machten wir uns am Samstag Abend auf den Weg nach Bremen, um die einzigartige Athmosphäre der Sixdays Bremen zu spüren und packende Rennen zu beobachten.

Die Bahn in Bremen ist mit 166 m eine der kürzesten Sechstage-Bahnen (üblich sind 200 m, 250 m oder 333 m) und mit einem Neigungswinkel von 53 Grad auch eine der steilsten. Die Herausforderung für die Fahrer ist damit in dieser Kombination recht groß. Sechstagerennen habe ich auch schon mal im TV gesehen, aber wenn man diese Bahn mit dieser Kurvenerhöhung in der Realität sieht, ist es noch viel beeindruckender.

Kaum vorstellbar, daß man dort überhaupt Radfahren – und sogar Rennen fahren – kann. Und das tolle ist:

In Bremen darf im Rahmen von „Dein Rennen“ auch ein Jedermannfahrer diese Bahn testen. So bildeten am Samstag 12 Jedermänner und -frauen den Auftakt in einen atemberaubenden Abend. Die Frauen (die jüngste war knapp 17 Jahre alt, die älteste über 50) erreichten dabei Geschwindigkeiten von bis zu 52 km/h, die Männer bis zu 58 km/h. Wahnsinn!

Es folgte das Ausscheidungsfahren der Frauen. Hier muß jede 2. Runde die Fahrerin das Rennen verlassen, die als letzte den Zielstrich überquert. Da die Bahn nur so kurz ist und jede 2. Runde eine Fahrerin ausscheidet, geht es auch hier rasend schnell.

Am Ende blieb Kirsten Wild aus den Niederlanden übrig und sicherte sich den Sieg.

Nach den Frauen durften auch die Männer ihr Ausscheidungsrennen fahren. Hier war die Besonderheit, daß unter den letzten drei Fahrern noch ein komplettes Team, nämlich Christian Grasman und Jasper Morkov vertreten waren. Das ist schon beeindruckend, denn immerhin waren insgesamt 12 Mannschaften am Start. Den Sieg sicherte sich dann auch Jasper Morkov.

Es folgte eine Lichtershow mit Musikuntermalung. Das kann man eigentlich nicht wirklich beschreiben, sondern muß  man erleben. Auch Bilder geben den Eindruck nur unzureichend wieder.

Die Fahrer nutzten die Showeinlage zur Erholung vor dem ersten Highlight des Abends: die kleine Jagd der Männer. 30 Minuten lang geht es darum, den anderen Teams Runden abzujagen, sie also quasi zu überholen. Da sich die Fahrer hier regelmäßig während der Fahrt abwechseln, kann man schnell den Überblick verlieren. Schließlich fährt quasi immer nur ein Fahrer eines Teams das Rennen, während der andere sich oben in gemütlicherem Tempo erholt und dann von dem „Rennfahrer“ durch den sog. Schleudergriff wieder in das Geschehen geworfen wird.

Bei 12 beteiligten Teams  ist hier ständig Bewegung auf der Bahn. Es ist schon erstaunlich, daß hier Fahrer und Jury den Überblick behalten und keine Zusammenstöße passieren. Hier siegte das Team Morgan Kneisky/Leigh Howard ganz knapp vor Wim Stroetinga/Robbe Ghys.

Danach durften das erste Mal die Sprinter in das Geschehen eingreifen. Der Wettbewerb „Rundenrekord“ stand auf dem Programm. Es geht darum, eine Bahnrunde so schnell wie möglich zu umfahren. Erreichten die Jedermänner hier Geschwindigkeiten von bis zu 58 km/h, fahren die Profis hier mit 66 km/h. Echt klasse! Es siegte Carl Hinze.

Im Anschluß daran fuhren die Frauen ihren letzten Wettbewerb des Abends: Punktefahren über 120 Runden. Hier gibt es alle 10 Runden Punkte für die ersten Fahrerinnen. Nach meinem Eindruck ist dieser Wettbewerb für Zuschauer nicht so interessant, weil eigentlich nur alle 10 Runden Bewegung in das Rennen kommt. Aber das ist nur meine persönliche Meinung. Den Sieg holte sich hier erneut Kirsten Wild.

Die nächste Stunde war von kurzen schnellen Rennen geprägt: Die Sprinter fuhren ihre Sprints aus. Hier gab es im Wettkampf zwischen René Enders, Carl Hinze und Moritz Meißner eine bemerkenswerte Szene:

Alle drei stellten sich nach zwei Runden für über 3 Minuten (!) auf die Bahn. Da bewegte sich nichts. Was für eine Körperbeherrschung! Und das ganze auf einer Schrägen. Wie das geht – keine Ahnung. Aber es sah total faszinierend aus. Irgendwann zuckte aber doch der Erste – und der Sprint begann. Nach diesem Stehversuch holte sich René Enders den Sieg.

 

 

Die Teams trugen dann das 500 m-Zeitfahren aus. Hier müssen die Teams insgesamt 3 Runden so schnell wie möglich absolvieren.

 

Die meisten Teams haben das so gestaltet, daß einer der beiden Fahrer für etwa eine Runde vorne fährt und dann seinen Partner mit dem Schleudergriff auf die letzten zwei Runden schickt. Bei einem Wettbewerb, in dem es um Zehntelsekunden geht, darf hier natürlich nichts schiefgehen. Am beste klappte das bei Moreno de Pauw und Leif Lampeter, die am Ende eine Geschwindigkeit von über 64 km/h auf den 500 m erreichten.

Nach einer Showeinlage durch DJ Toddy, der sich bemühte, die Halle in Partystimmung zu bringen, aber in der Nachbarhalle mit Mickey Krause eine große Konkurrenz hatte, folgte DAS Highlight des Abends: die große Jagd der Männer. 45 Minuten lang ging es hoch her. Ein Höllentempo, ständige Führungswechsel, viele Rundengewinnen und Attacken. Für den Zuschauer war das ganz großes Kino! Da geriet es fast zur Nebensache, daß am Ende Kenny de Ketele und Theo Reinhardt den Sieg für sich klarmachten.

Die Sprinter durften dann noch die Disziplinen „Keirin“ und „Teamsprint“ ausfahren.

Keirin ist ja der sog. Kampfsprint, bei dem Körperkontakt unter den Kontrahenten erlaubt ist. Von dieser Besonderheit habe ich persönlich nicht viel wahrgenommen. Die von den Fahrern vorgeführte Körperberührung war mehr Show als Kampf.

Interessanter war da schon der Teamsprint, der so knapp war, daß am Ende eine Hundertstel entschieden hat – zugunsten des Teams Europa (Lewis Stewart, Hamish Turnball und Sam Lightlee).

 

 

 

Auch die Teams fuhren noch einen Sprint aus: den LAOLA-Sprint. Für die Zuschauer ist das toll, denn alle 24 Fahrer fahren am Anfang in Formation am oberen Rand der Bahn und versuchen eine Laola-Welle, bevor es auf den letzten Runden zur Sache geht. Als Sieger ging Henning Bommel aus diesem Sprint hervor.

 

Danach war für uns Schluß. Es geht ein wahnsinnig beeindruckender, sehr kurzweiliger und mit Hochleistungssport gespickter Abend zu Ende. Unser Respekt gilt allen Athleten, die über sechs Tage in dieser Athmosphäre in kurzen Abständen immer wieder Höchstleistungen erbringen. Im Programmheft steht, daß ein Fahrer nach diesen sechs Tagen knapp 1.000 km in den Beinen hat – und das immer in hohen Tempo, das man als Zuschauer hautnah spüren und erleben kann. Klasse!

Alle Bilder dieses Abends gibt es hier.