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www.redbulletin.com

Ein fast unabhängiges Monatsmagazin / August 2009

Immer auf dem Sprung Robbie Maddison, König des Freestyle Motocross, und seine verrücktesten Tricks.


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Bullhorn

Männer von Welt

COVERBILD: CHRISTIAN PONDELLA/RED BULL PHOTOFILES; BILD: JöRG MITTER

Auch wenn die hübschesten Bilder Damen zeigen (zum Beispiel die wunderbare Surferin Sally Fitzgibbons in übertrefflich sommerlicher Pose vor der Küste Westsumatras, Seite 62), sind es doch die männlichen Hauptdarsteller, welche die vorliegende Ausgabe prägen. Die Herren entschädigen für diesen Umstand jedoch durch die bemerkenswerte Vielfalt ihrer Charaktere. Mark Webbers bodenständiger australischer Charme zeigte sich nicht nur in der Begrüßung unseres Red Bulletin-Interviewers Anthony Rowlinson („Howareya, mate?“, gefolgt von einer herzlichen Atomisierung von Rowlinsons rechten Mittelhandknochen), sondern auch in den Gesprächsthemen, die es zu erörtern galt. Zum Beispiel weiß Webber als Australier, dass der Druck eines Barbecues durchaus mit einer Formel-1-Qualifikation mithalten kann, nämlich im Ernst. Denn: „Wenn du beim Barbecue Mist baust, hast du eine Menge Leute rumsitzen, die nur Kartoffelsalat essen.“ Uh! (Seite 36) Ebenfalls Motorsport, ebenfalls Australien, aber zwei Räder statt vier und deutlich weniger Anpressdruck: Robbie Maddison bildet unter den besten Freestyle-Motocrossern der Welt die fugenloseste Symbiose aus Spektakel und Sport. „Maddo“ hält den Weitsprungweltrekord auf einem Motorrad, er sprang auf die Nachbildung des Arc de Triomphe in Las Vegas (und wieder runter). Und erst kürzlich nützte er die verkehrsberuhigteren Stunden des Tages, um kurzerhand über die Londoner Tower Bridge zu springen. Was den Typen antreibt, der vielleicht die Red Bull X-Fighters World Tour 2009 gewinnt: Seite 50. Wir wechseln das Element, Wasser, freilich unterschiedliche Aggregatzustände: Cliff Diving vereint Anmut und Gefahr, Orlando Duque ist zugleich sanftmütig und todesmutig, das passt. Das Porträt des neunfachen Weltmeisters, der Ende August über Hamburg zu sehen ist: Seite 40. Den Beginn der Eishockeysaison wiederum markiert, beinahe zeitgleich, in den letzten Augusttagen das Red Bull Salute-Turnier in Salzburg, mit ZSKA Moskau. Wenn ZSKA spielt, spielen immer auch Krutow, Larionow und Makarow, Fetissow, Tretjak, Kowalenko und all die anderen, unabhängig davon, wer gerade auf dem Eis steht. Die Homestory einer Eishockey-Weltlegende: Seite 70.

Ausgerechnet am ungarischen Nationalfeiertag wird Budapest ein wenig zu Monte Carlo: Das Red Bull Air Race über der Donau ist eine der spektakulärsten Möglichkeiten, Motorsport live zu erleben.

Viel Spaß mit diesem Heft! Die Redaktion PS: Wenn Ihnen das Angebot an Action Ende August mit Red Bull Salute in Salzburg und Red Bull Cliff Diving in Hamburg vielleicht noch ein wenig unterdimensioniert erscheint: Budapest feiert den ungarischen Nationalfeiertag mit kräftiger Unterstützung durch die Red Bull Air Race World Championship, ein entsprechender Ausflugstipp ab Seite 64 und Seite 78.

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I N H A LT

WILLKOMMEN IN DER WELT VON RED BULL

Erde, Wasser und Luft liefern das Feuer für die aufregendsten Taten des Monats.

Bullevard 08 FOTOS DES MONATS

14, 15, 17 ZUM STAUNEN 16 DAS ZWEITE LEBEN Ulrich Dirnagl, Skateboarder und Mediziner. 18 EINST & JETZT Schwimmanzüge. 20 MEINE WELT Robert Trujillo, Bassist der Band Metallica. 21 RED BULL SCHÜTZENFEST Deutschlands zehn spektakulärste Torschützen kicken einen Tag lang mit Mario Gomez. 22 MEIN KÖRPER UND ICH Vavřinec Hradilek, Wildwasser-Kanute. 24 FORMELSAMMLUNG Die Physik hinter dem Red Bull Seifenkistenrennen. 26 PINNWAND Kurz & dennoch einzigartig. 28 ZAHLEN DES MONATS Diesmal zur Leichtathletik-WM in Berlin.

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Heroes

32 JEWGENI LUKJANENKO gewann bei der letzten Hallen-WM Stabhochsprung-Gold. Jetzt möchte er auch unter dem freien Himmel von Berlin die Goldene holen.

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36 MARK WEBBER ist ein zäher Bursche. Beim 130. Start gewann er seinen ersten Formel-1-Grand-Prix. Aber er kann auch grillen wie nur einer. 40 ORLANDO DUQUE unterhält eine sehr tiefe Beziehung zu Abgründen. Er überwindet sie nämlich kunstvoller als jeder andere Mensch. 44 ROBERT JAMES FISCHER kannten wir als Bobby Fischer und einen der besten Schachspieler aller Zeiten. Mit 13 Jahren, 1956, zeigte er der Schachwelt erstmals so richtig, was er draufhatte.

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I N H A LT

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Action

50 FLUGSHOW AUF ZWEI RÄDERN Erst wenn Robbie Maddison abhebt, fühlt er sich wohl. Erst kürzlich wieder, diesmal auf der nächtlichen Tower Bridge. 58 SURFEN VOR SUMATRA Red Bull brachte die Talentiertesten und die Besten zusammen, um gemeinsam vor den indonesischen Mentawai-Inseln zu surfen. 64 AUF NACH BUDAPEST! In der ungarischen Hauptstadt vereinigen sich Red Bull Air Race und Nationalfeiertag zu einem unvergleichlichen Erlebnis. 70 ZSKA MOSKAU Russlands Rekord-Eishockeymeister kommt zum Red Bull Salute-Turnier nach Salzburg. Wir waren schon vorher auf Gegenbesuch in Moskau.

More Body & Mind

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BILDER: AP IMAGES, GETTY IMAGES (3), MANFRED KLIMEK, RED BULL PHOTOFILES (3)

78 BUDAPEST Was man wissen muss, um das tollste Red Bull Air Race der Saison zu genießen. 79 RED BULL ROAD RAGE 150 Biker wagen die rasante Abfahrt vom Moritzberg bei Nürnberg. 80 DINGE ZUM SURFEN Trocken bleiben, fesch sein, schnell sein. 82 BARFUSSWASSERSKI Wo Sie es lernen können. Und: Ist es wirklich so schwierig, wie es aussieht? 84 HOT SPOTS Was rund um die Welt los ist. 86 DIE MACHT DER NACHT Munter bleiben: Mit Peter Bjorn And John in Stockholm, Jazz in Saalfelden, Kissogram in Berlin, drei Clubs in Moskau. 94 SATIRE 96 READ BULL Diesmal schreibt Michal Hvorecky. 98 GEIST MIT KÖRPER Christian Ankowitschs Kolumne belebt. RED BULLETIN TÄGLICH NEU: WWW.REDBULLETIN.COM 5


leserbriefe

Briefe an die redaktion

Aus einem nAscAr­Auto ein Musikinstrument entstehen zu lassen ist eine hervorragende idee. doch auch aus red Bull­ dosen lässt sich eines basteln. Man nehme neun leere dosen, befreie sie von Boden und deckel, füge sie mit spezial­ kleber zusammen, setze ein Mundstück auf, und fertig ist ein didgeridoo, das fabelhaft klingt. kurz zu meiner Person: ich bin 37 Jahre alt, gelernter edelstahlschlosser und seit 1994 künstlerisch kreativ tätig – unter anderem mit meinem red Bull­didgeridoo. Übri­ gens: es gibt ein Video, das die Verwandlung der dosen in ein Musikinstrument zeigt – man kann es sich auf Youtube unter www.youtube.com/ watch?=s7d64 HAUNUc anschauen. Andreas Miketa, per E-Mail

ich habe ihr Magazin letzte Woche von einem guten kum­ pel erhalten. ich musste es gleich am selben Abend noch studieren, und es ist sehr interessant, was sie schreiben. ich selbst bin gelernter Bau­ facharbeiter, spezialisiert auf Gerüsttechnik und oft in schwindelerregender höhe unterwegs – auf kirchen, schornsteinen und notdach­ konstruktionen. ich berechne die statik der Gerüste selbst, und es macht mir spaß, am limit zu arbeiten. ich liebe das risiko und weiß (und das habe ich wohl mit vielen red Bull­sportlern gemeinsam): Berechnetes risiko ist kein leichtsinn. Jörg Günther Schubert, Bernau/Chiemsee in ihrer Juli­Ausgabe haben sie einen Bericht über Wake­ board­Ausnahmekönnerin dallas Friday gedruckt. Meine Frage: Wo kann ich eine hals­ kette kaufen, wie sie Ms. Friday auf seite 35 trägt? Maria Traunsteiner, per E-Mail Zur illustration ihrer Bayern­ München­Quizfrage nr. 27 (lösung: rudolf nurejew) haben sie ein Foto von Alen

Bottaini vom Bayerischen staatsballett abgebildet. es entstand bei einer Gala vor einigen Jahren im Prinzregen­ tentheater, wo Bottaini mit Monica Perego als Partnerin den Pas de deux aus „le cor­ saire“ tanzte. Dorothea Zweipfennig, 85652 Pliening Die von Ihnen angesprochene Gala war eine Hommage an Rudolf Nurejew, was offenbar bei der Kennzeichnung des Bildes zu Verwirrung führte. Wir bitten um Nachsicht. Die Red. ich finde eure Zeitung wirk­ lich echt cool. doch warum bringt ihr nicht mal was über red Bull salzburg? es gibt nämlich noch viele andere sehr gute spieler, die den Meistertitel ermöglicht haben, außer Österreichs bestem torjäger Marc Janko. doch weiterhin viel Glück bei eurer gelungenen Zeitung. Christian Ehrensberger, per E-Mail Leider ist diese Halskette aus­ schließlich Red Bull­Athletin­ nen vorbehalten. Die einzige Chance heißt also: Trainieren, trainieren, trainieren. Die Red.

Wegen einer Bandscheiben­ operation habe ich erst jetzt das red Bulletin Juli gelesen – und da ist euch bzw. den zwei „ausgefuchsten“ Bayern­ Fans Jaros und klein ja ein schwacher Fehler passiert: seite 49, Frage 28: der klins­ mann­nachfolger hieß be­ kanntlich Jupp heynckes und nicht Jupp derwall, nur damit der Wahrheit Genüge getan wird … Richard Kas, Hallein Zwei Herren mit demselben Vornamen müssen klarerweise nicht unbedingt identisch sein. Wir können zur Strafminde­ rung nur anführen: Zumindest haben wir nicht die Sportart verwechselt und den deutschen Tischtennisspieler Jupp Schlaf ins Spiel gebracht. Die Red.

Leserbriefe an The Red Bulletin richten Sie bitte per Fax an die Nummer +43 (0)1 90221-28809, per E-Mail an leserbriefe@at.redbulletin.com oder an die Postadresse Heinrich-Collin-Straße 1, 1140 Wien. Leserreaktionen werden nur veröffentlicht, wenn sie Name, Adresse und Telefonnummer bzw. E-Mail-Adresse enthalten. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor, wenn es Länge und Klarheit erfordern.

l e s e r f r a g e n , w e lt m e i s t e r a n t w o r t e n

Jonas Reckermann/Julius Brink holten Gold bei der Beachvolleyball­WM in Stavanger. Wie brachten sie ihre Siegesschwerter durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen? Jonas antwortet. Auf jede Frage antwortet der passende Weltmeister: E-Mails an weltmeisterantworten@at.redbulletin.com

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Glücklicherweise mussten wir uns keine Gedanken darüber machen, wie wir die schwerter durch den Zoll bekommen: da zuerst unsere namen eingraviert wer­ den sollen, kriegen wir sie per Post zuge­ schickt. Gerüchteweise waren sie bereits graviert – mit den namen unserer (favo­ risierten) brasilianischen Finalgegner. Mir ist noch kein passender Platz für mein schwert eingefallen. Julius als guter (sport­)soldat wird seines wohl reprä­ sentativ in seiner Wohnung platzieren. Mehr Weltmeister-Tipps: redbulletin.com/deinefrage/de

Bilder: FiVB, erich scheiBenstock

Gab’s Probleme am Zoll?


K a i n r at h s K a l e n d e r b l at t

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bild: Michael Regan/getty iMages foR Red bull Photofiles

Bullevard Befl端geltes in kleinen Dosen.

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lo n d o n, e n g l a n d

nachtleben Er ist schon weiter gesprungen – zu Silvester 2007 in Las Vegas, 98,32 Meter, das ist Weltrekord – und auch höher – 2008, ebenfalls am Silvestertag, wieder in Las Vegas, 30 Meter, auch Rekord. Diesmal aber hatte sich Robbie Maddison eine Kulisse ausgesucht, die ein ebenbürtiger Partner war für seine Show. Am 13. Juli um 2.55 Uhr gab der Freestyle-Motocross-Star auf der Nordseite der Tower Bridge Gas und hüpfte 30 Meter über der Themse per Rückwärtssalto von einer Basküle auf die andere, eine Lücke von knapp acht Metern überwindend. Dass er sich dabei nicht ans vorgeschriebene Tempolimit halten konnte (20 mph, rund 32 km/h), wird ihm der Besitzer der Brücke, die Wohltätigkeitsorganisation Bridge House Estates, hoffentlich nicht übelnehmen. Mehr über den Menschen Robbie Maddison lesen Sie ab Seite 50. Das Video vom Wahnsinns-Jump: redbulletin.com/london/de


St. V i n c e n t, k a r i b i k

mann an bord Captain Jack Sparrow aus der Kino-Blockbuster-Serie „Fluch der Karibik“ wäre stolz auf ihn: Souveräner als Petr Kraus hat sich noch kein Pirat der Neuzeit auf Seelenverkäufern bewegt. Der Mann hat im Laufe seiner Karriere ja schon viele spektakuläre Locations erobert. Was ihm aber bei seinem Trip auf die Karibikinsel St. Vincent unter die Räder kam, brachte sogar ihn kurz ins Wanken: Der Riesenkahn im Bild war nicht nur rostig, sondern außerdem locker vertäut und wackelig. Hier brauchte es schon das ganze innere Gleichgewicht eines fünffachen tschechischen Trial-Champs, um das äußere nicht zu verlieren. Bullevard-Pics downloaden: redbulletin.com/wallpaper/de


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bild: Agustín Muñoz/Red Bull Photofiles


r i eg e r S b u rg, Ö St e r r e i c h

SchlüSSel vergeSSen? Nein, natürlich nicht. Wahr ist vielmehr: Ein wenig Abwechslung kann nicht schaden, wenn man sich intensiv auf eine Kletter-Weltmeisterschaft vorbereitet. Deswegen reiste David Lama ins Steirische und versuchte sich erfolgreich am glatten Basaltkegel, auf dem die Riegersburg seit 850 Jahren thront. Das Training zahlte sich aus: Im chinesischen Xining holte sich der Tiroler Lama Platz drei und damit seine erste WM-Medaille.

bild: MaRcelo MaRagni/Red bull Photofiles

Mehr Bilder: redbulletin.com/lama/de

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gibson.com

QUALITY PRESTIGE INNOVATION


B U L L E VA R D

10:00

LINDSEYS TROCKENTRAINING

Die Winterkönigin brachte sich auf dem Weg zur Titelverteidigung im Sommer bei den Fußballern von Red Bull Salzburg ins Spiel.

Ausnahmezustand im Trainingszentrum Taxham bei Salzburg, und das gleich drei Wochen lang. Wo normalerweise nur die Burschen von Red Bull Salzburg ihre Muskeln stählen, mischte plötzlich eine Athletin mit. Und zwar keine Geringere als Lindsey Vonn, die in der letzten Saison sowohl Ski-Weltcup als auch Weltmeisterschaft beherrschte, schwitzte ebenso beim Konditionstraining wie die Freunde des Rasenballsports. Wir durften ausnahmsweise dabei zuschauen. Pünktlich um 10 Uhr vormittags betrat Lindsey jeden Morgen die Hallen, chillte noch kurz, bevor sie ihren Körper mit dem Fahrrad auf Betriebstemperatur brachte. Danach ging’s mit dem Bike durch einen eng gesteckten Parcours und weiter zum Balltraining für die Bauchmuskeln. Nach einer Viertelstunde Kraftausdauertraining mit Medizinball kamen – ganz klassisch – Liegestütze dran. 20 Minuten lang, das sorgte allein schon beim Zuschauen bei den Herren für Schmerzen. Mehr Trainingsdetails werden hier aber nicht verraten. Denn: Auch die Konkurrenz liest das Red Bulletin. Blogs und Videos von Lindsey: redbulletin.com/vonn/de

11:15 11:00

Gute Laune ist das Markenzeichen der Speedkönigin. Selbst beim eigentlich eher faden Trockentraining. Doch wer im Winter Erfolg haben will, muss da sommers durch. Den Kickern der Red Bull Salzburg-Akademie hat’s jedenfalls gefallen. Sie bewunderten vor allem die Präzision, mit der Lindsey Vonn mit dem Rad durch einen engen SlalomParcours kurvte. Auch Betreuer Robert Trenkwalder war zufrieden.

11:20

BILDER DES MONATS

MOMENT MAL!

Szenen aus dem abenteuerlichen Alltag unserer Leser. Einfach hochladen auf: www.redbulletin.com

Unter allen veröffentlichten Fotos wird eine Red Bull MOBILE-Sonnenbrille von Oakley mit integriertem Bluetooth verlost. Schlau: Man kann die Brille mit iPod oder Handy koppeln und kabellos telefonieren und Musik hören. Wer nicht gewinnt: Die Brille gibt’s um 249 Euro exklusiv im Red Bull MOBILE Online Shop unter http://shop.redbullmobile.at/

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Jamaika Jamaika ist eine äußerst fruchtbare Insel. Wie man sieht, gedeiht sogar Red Bull hervorragend auf den Bäumen. Maria Haider, Juli 2009


10:20

10:35

SCHLAMMSCHLACHT

11:35

Plowdiw Red Bull-Athlet Valery Rozov landete nach einem 250-km/h-„Sturzflug“ vor den Augen bulgarischer Studenten. Olga Vancheva, Mai ’09

BILDER: OLIVER GAST, HELGE KIRCHBERGER (7), VOLKSWAGEN MOTORSPORT/RED BULL PHOTOFILES

Oliver Pocher und Mario Barth hatten bei Red Bull Offtrack nichts zu lachen.

Man kann Oliver Pocher, Mario Barth oder Guido Cantz tatsächlich ruhigstellen – oder zumindest so ruhig, dass sie nur noch ein „Boah geil!“ rausbekommen. Dazu freilich braucht man einiges: eine ausreichende Anzahl von PS, einen OffroadParcours und einen Mann, der mit all dem ordentlich umgehen kann, zum Beispiel Giniel de Villiers. Der Gewinner der heurigen Rallye Dakar nahm die Comedians beim Red Bull Offtrack in seinem siegreichen VW Race Touareg auf eine, sagen wir, unvergessliche Runde mit. Unter den insgesamt rund 300 Gästen, die am Samstag vor dem Formel-1-Rennen am Nürburgring das besondere Erlebnis im Renn-Touareg genossen, waren auch die Schauspieler Max Tidof und Steffen Wink sowie Biathlet Michael Rösch. Selbst Sebastian Vettel und der spätere Gewinner des Rennens, Mark Webber, schauten vorbei, betrachteten die Action aber lieber aus sicherer Entfernung. Was vielleicht die schlechteste Idee nicht war. Denn Oliver Pocher gelang es tatsächlich, Giniel de Villiers zum Rollentausch zu überreden: Pocher am Lenkrad, de Villiers am Sozius, für Zweiteren unvergesslich, gewissermaßen. Die komplette Race-Action von Red Bull auf: www.redbullracing.com

Hermannstadt Adolf Gherghelah wurde in der rumänischen Kulturhauptstadt Europas 2007 zum Local Hero der Skateboarder gekürt. Emanuel Baruch, April 2009

Stuttgart Aus 40 Einsendungen urbaner Skatespots wählte Mack McKelton die fünf spektakulärsten aus. Adam Sello, Mack Kills the Spot, Mai 2009

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B U L L E VA R D

WAS WURDE AUS

ULRICH DIRNAGL?

Vor 33 Jahren war er Deutscher Meister im Skateboarden. Heute ist er Leiter der Neurologie am Berliner Krankenhaus Charité und cruist nur mehr zum Spaß.

Dr. Ulrich Dirnagl: vom Skateboardpionier zum Spitzenmediziner.

Glasgow

In Schottlands größter Stadt wurde USA Nach 8 Tagen, 22 Stunden, 54 Minuten war für Gerhard Mailand Aus dem Familienalbum: Dorien Llewellyn auf nicht mit spektakulären Tricks gegeizt. Gavin Brownlie, Gulewicz die Tort(o)ur vorbei und die Freude über Platz 2 riesig. den weltmeisterlichen Spuren seiner Eltern Jaret Llewellyn Red Bull X-Fighters Exhibition Tour, Juli ’09 Martin Steiger, Race Across America, Juni 2009 und Britta Grebe-Llewellyn. Wasserski-Jugend-EM 2008

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B U L L E VA R D

Könnten Sie jetzt, dreißig Jahre später, noch mithalten? Mit den Tricks, mit denen man „Sponsored Amateur“ werden konnte, gewinnst du heute keinen Blumentopf mehr. Bester Skateboarder ever? Natürlich Tony „The Hawk“. Meine wirklichen Helden waren allerdings „Mad Dog“ Tony Alva, der das Skaten in der Vertikalen, damals in leeren Pools, praktisch erfunden hat, und Stacy Peralta. Den habe ich 1976 in München persönlich kennengelernt, ein echtes Original. Gehen Sie noch skateboarden? Ich bin über zwanzig Jahre auf dem Brett gestanden, dann ereilte mich ein zervikaler Bandscheibenvorfall, nachts im Bett. Seitdem geht nur noch Cruisen auf dem Longboard. Welche Erfahrung nahmen Sie vom Sport mit in die Medizin? Jede Form von Sport ist positiv. Das fängt im Kindesalter an und reicht von der Rehabilitation nach Krankheiten bis zum Fitbleiben in hohem Alter. Mein Vater schnappte sich mit über achtzig noch das Longboard und fuhr bergab Slalom. Und persönlich? Sport muss einfach Spaß machen. Dann fördert er Koordination, Kondition,

Feistritz Viele fuhren nach Gefühl, manche nach Gehör. Wir allerdings auf (Voll-)Kontakt. Karim Kassir, Demolition Rallye, Juli 2009

ZUM ERSTEN ...

Reflexe und Teamgeist. Eine längere Phase ohne Sport würde mich wohl verrückt machen.

… zum Zweiten, zum Dritten. Warum es sich lohnt, bei der Wings for LifeCharity-Auktion mitzusteigern.

Sie sind Leiter der Neurologie der Charité und Schlaganfallforscher. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Wings for Life, das den Schwerpunkt Querschnittslähmung behandelt? Prof. Schwab, ein phantastischer junger Rückenmarksforscher und wissenschaftlicher Direktor von WfL, hat mich einmal gebeten mitzumachen. Wie bei einer Querschnittslähmung wird auch beim Schlaganfall akut Nervengewebe zerstört. Die Ursache, ein Gefäßverschluss, ist zwar anders als bei einem Unfall, aber viele Krankheits- und Regenerationsmechanismen sind ähnlich.

Ein Fliegeroverall von Sergey Rakhmanin. Die Lieblingshandschuhe von Nicolas Ivanoff. Das Headset von Yoshihide Muroya: Auch die drei Red Bull Air Race-Piloten haben sich von Lieblingsdingen getrennt und sie der Wings for Life-Stiftung zur Verfügung gestellt. Auf der WfL-Auktionsplattform werden sie gemeinsam mit vielen anderen Unikaten – etwa speziellen VIP-Tickets für Events und Meets & Greets mit Stars der Sportszene – ab sofort versteigert. Startpreis: ein Euro. Die gesamten Erlöse kommen zu 100 Prozent der Wings for LifeStiftung für Rückenmarksforschung zugute. Ehrgeiziges Ziel der Stiftung ist es, Querschnittslähmung heilbar zu machen.

Wie weit ist die Forschung zur Heilbarkeit der Querschnittslähmung vorangeschritten? Es sind viele kleine Schritte, die zählen. Mein Spruch: „Es geht nicht ums Ob, sondern ums Wann.“

Zum Mitbieten für die einmaligen Exponate auf www.wingsforlife.com/charity_auctions.php benötigen Sie einen aktiven eBay-Account.

Eine mögliche Therapie? Es gibt sehr spannende Entwicklungen mit induzierten Stammzellen oder mit künstlichen Strukturen, die Nervenwachstum über Narben lenken können. Skaten, eine Risikosportart? Je radikaler die Sportart, desto riskanter. Angst sollte man aber nicht machen: Keiner macht einen Drop-in in eine 5-Meter-Halfpipe, um auf der anderen Seite einen Hand-Plant zu zeigen, wenn er nicht absolute Kontrolle übers Brett hat. Heroes und ihr zweites Leben: redbulletin.com/secondlife/de

BILDER: SVEN HOFFMANN, PRIVAT

Sie sind ein Pionier der deutschen Skateboardszene. Wann haben Sie begonnen? 1972. Ich hatte damals vermutlich das erste Skateboard in Deutschland. 1976 wurde ich Deutscher Meister im Freestyle.

Dubrovnik Auf dem langen Weg zum Ende des Bretts

Wolfgangsee Der Alpha-Jet-Flugsimulator der wäre theoretisch sogar genügend Zeit, es sich anders zu über- Flying Bulls war ein begehrtes Objekt der Flugshow. legen. Mario Raguz, Red Bull Cliff Diving, Juli 2009 Michael Sakellaris, Scalaria Air Challenge, Juli ’09 17


B u l l e va r d

EINST UND JETZT

SchwimmStunde Vom Wolltrikot zum Raum­ anzug: Das Wasser bekommt Balken, weil die Wissenschaft sich von den Fischen Nachhilfe­ unterricht geben ließ.

Sitzt, paSSt und hat luft Schwimmanzug ca. 1920 Nicht nur, dass vor rund 200 Jahren mit dem Aufkommen der ersten Badeanstalten nach Geschlechtern getrennt „gebadet“ werden musste: Auch die Bademode war bar jeder Erotik. Gebadet und natürlich auch geschwommen wurde in der Unter­ bekleidung, die bei den Damen recht üppig ausfallen konnte. Erst vor etwa 100 Jahren bekamen die Damen Badekleider, die mit der Zeit immer knapper geschnitten wurden. Die Männer steckten damals in einteili­ gen Badeanzügen oder Trikots, die teilweise mit Gürtel getragen wurden. Das verwendete Material – Wolle oder Baumwolle – war wenig funk­ tionell: Im Wasser machte es sich schwer, hinterher dauerte es quasi ewig, bis es wieder trocken war.

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Schnelle haut SPeedO lzr racer, 2008 Bei den Olympischen Spielen 1924 trug der dreifache US­Goldmedail­ lengewinner Johnny Weissmuller (der spätere Tarzan­Darsteller war übrigens 1904 nahe Temesvár in Österreich­Ungarn zur Welt gekom­ men) noch eine einteilige Kombina­ tion aus Short und Weste. Dann folg­ ten die Jahre der Mini­Badehosen, um den Wasserwiderstand zu redu­ zieren (erinnern wir uns nur an Mark Spitz’ Höschen im Sternenbanner­ Design 1972). Vor etwa zehn Jahren begannen die Badehosen wieder zu wachsen. Im Spitzensport sind haut­ enge Schwimmanzüge wie der LZR Racer von Speedo ein Muss, will man Rekorde brechen. Anzüge wie dieser sind aus wasserabweisendem Stoff gefertigt. Dieser hat einen geringeren Wasserwiderstand als die menschliche Haut und ist von Haifischhaut inspiriert. Spezielle Einsätze halten der Körper in einer idealen Lage und vergrößern den Auftrieb. In einem Speedo LZR gewann Michael Phelps in Peking acht olympische Goldmedaillen.

bild: david Clerihew

Mehr über die Entwicklung des LZR‑Anzugs unter: www.nasa.gov (Stichwort Speedo)

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b u l l e va r d

Meine Welt

RobeRt tRujillo Das jüngste Mitglied der Rock-Monster von Metallica ist nicht nur ein virtuoser Bassist. Der Kalifornier brachte auch die richtige Einstellung und Vergangenheit mit.

ein pr eis fü rs ni ch tstu n

2003 wurden Metallica mit einem MTV Award ausgezeichnet, da war Trujillo gerade einmal ein paar Mo nate bei der Band und hatte außer im Proberaum noch nie mit den Jungs mu siziert. Nach Milli Vanilli war er also der Erste, der für ein Album einen Preis bek am, auf dem er gar nicht gespielt hatte. Danach bewies der 44-Jährige seine meisterhafte Fingerfertigkeit auf der Gita rre.

ei ne r vo n un s

geben, wirklich Um ihm das Gefühl zu zahlte ihm die n, sei zu en ihn einer von ono gsh rar von sage Band eine Art Einstie lion US-Dollar. Der Mil er ein e und schreib rgabe wurde für Moment der Scheckübe Monster“ festof d Kin me die Doku „So wegen Trujillos on gehalten, die allein sch blick dieser An m bei ck dru Gesichtsaus ist. rt we Summe sehens

tie ris ch gu t

, Wer so über die Bühne krabbelt en: znam Spit n verdient nur eine illos „The Crab“ (Krebs). Auch Truj allerSpielweise ist einzigartig in Met Bass igen sait fünf den er da sen, Krei tet. rbei bea ern nur mit seinen Fing eren in and die auch en hab rlich Natü ger der Band lustige Beinamen: Sän Het“ a „Pap wird ield Hetf es Jam ist gerufen, Drummer Lars Ulrich rrist Gita und r) inge (Wik ng“ Viki „The Kirk Hammett „The Ripper“.

and the win ner is …

Nach dem Ausstieg von Jason Newsted trat das Who’s who der Bass-Elite bei Metallica zum Vorspielen an. Trujillo machte das Rennen, wohl weil er den rasanten Metallica-Klassiker „Battery“ ohne Plektrum nur mit den Fingern spielte. Und das nach einer durchzechten Nacht mit Drummer Lars Ulrich.

ein ma l ein metalh ead …

Trujillo gestand, dass er, schon bevor er zur Band stieß, einer der größten Fans von Metallica gewesen sei. „Wan n immer ich in die Berge laufen ging, hörte ich ,Ride the Lightning‘ in meinem Walkman“, erzählte er einmal im US-Radio NOLA. Seine Treue zur Band zeigt er heute auf andere Weise: Viermal pro Woche probt er ganz alleine im Metallica-Headquarter.

h ig h way zu

r h ö ll e Schon als Teen ager hatte Trujillo 1982 einen Auftritt in der Ku lt-Serie „CHiPs“, deren Helden zwei Highway-Co ps auf Motorrä dern waren. In der Episode „Rock Devil Rock “ gab er einen Bassisten, der es mit einem fe uerspeienden Teufelsanbeter namens Moloch zu tun bekommt und um sein Leben fürc htet.

familienkunst

er hat de n groove

Eher überraschend ist der musikalische Background des Bassisten. Mit neunzehn sch rieb er sich ganz ernsthaft in eine r Jazzschule ein. Sein Faible für Rock und Metal trieb ihn allerdings immer mehr zu Hin terhofParty-Bands, bevor er bei Suicidal Tendencies dann echten Trash Metal pflegte. Dam it der Jazz in seinem Leben nich t ganz verlorenging, gründete er nebenbei die Funk-Metaller-Forma tion Infectious Grooves. Mit me hr groovy Tendenzen sozusa gen.

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kr is en m an ag

em

en t Trujillo verbrachte eine eher harte Kin dheit in der Nähe vo n Culver City, Kalifo rnien, wo diverse Ga ngs die Gegend mi t Gewalt beherrschten . „Ich wurde öfter zusammengeschlag en“, erzählte er einmal dem „Meta l Hammer“-Magaz in. „Als ich älter wurde , blieb mir das dann erspart. Vielleicht ka nnte ich die richtigen Leute.“ Logisch : Die Oberhäupter der rivalisierenden Gangs stammten allesamt aus seiner Familie. „Das mach te Familientreffen äuße rst interessant.“ Ob ihm dieses Krise nmanagement bei seiner Metallica-Be werbung zugute kam, ist nicht beka nnt, immerhin beschäftigt die Band einen eigenen Therapeute n.

illustration: lie-ins and tigers

Trujillo ist verheiratet und hat zwei Kinder namens Ty Orion und Lula. Seine Frau Chloe ist Künstlerin, und ihre Artworks zieren seine Bassgitarren, allen voran eine beeindruckende Pyrographie eines Maya-Kalenders. Das Paar traf sich das erste Mal vor 17 Jahren bei einem SuicidalTendencies-Konzert in Paris. Erst zehn Jahre später stöberte Rob Chloe wieder auf und ist seither mit ihr zusammen.


B U L L E VA R D

MARIO UND DIE SUPER-KNIPSER

BILDER: MATTHIAS KERN, RICHARD WALCH/RED BULL PHOTOFILES (2)

Red Bull Schützenfest lässt Deutschlands zehn spektakulärste Torschützen einen Tag gemeinsam mit Mario Gomez kicken.

Die ganze Welt ist ein Fußballtor – zumindest wenn man Mario Gomez heißt. Denn der Mann, der mit seinem 30-MillionenEuro-Transfer vom VfB Stuttgart zu den Bayern für den bislang teuersten Wechsel in der deutschen Fußballgeschichte sorgte, hat seine ersten Treffer auch nicht im Stadion erzielt. Wahre Fußball-Leidenschaft entsteht auf der Straße, nur so kann man später mit Zaubertoren die Fans begeistern. Außergewöhnlich und aufregend – genau solche Tore interessieren den Topstürmer immer wieder. Deshalb hat Gomez jetzt das Red Bull Schützenfest initiiert. Mitmachen kann jeder, und zwar so: Man sucht sich einen Rahmen, sprich: eine Art Tor, in dem man den Ball dann möglichst kreativ und kunstvoll versenkt. Wichtig: Es darf kein Fußballtor sein! Aber die Öffnung eines Betonmischers oder eine offene Autotür wären zum Beispiel erlaubt. Ebenfalls wichtig: Jemand muss mitfilmen, und bitte nicht den einzigartigen Torjubel im Anschluss vergessen. Dann den Videoclip auf Marios neuer Website hochladen – die zehn besten Scorer bilden mit Mario Gomez für einen Tag im Oktober die außergewöhnlichste Elf des Jahres beim Finaltag des Red Bull Schützenfests. Gemeinsam werden sie ihren Torhunger außerhalb des Fußballfeldes testen. Red Bull Schützenfest: Tor-Videos ab Anfang August hochladen und voten unter: www.mario-gomez.de

Was würde Mario tun, müsste er sich qualifizieren? Er würde zum Beispiel in ein Parkhaus gehen, den Ball auf einer Rampe im dritten Stock (Bild oben) durch eine Betonöffnung treten, um ihn über Eck-Treffer (!) in einer kleinen Luke im Boden (Bild unten) zu versenken. Gute Inspiration. Danke, Mario!


B U L L E VA R D

MEIN KÖRPER UND ICH

VAVŘINEC HRADILEK Der 22-jährige Wildwasser-Kanute verrät das Rezept, das ihn spätestens bei den Olympischen Spielen 2012 erfolgreich machen soll: Salz, Eis und Hausmannskost.

KALT E SCHU LTER

Im Winter paddeln wir in wirklich eiskaltem Wasser. Das stärkt nicht nur die Abwehrkräfte, es hilft auch bei Verletzungen. Wenn dein Körper ganz kalt ist, konzentriert er sich allein darauf, dich warm zu halten, den Rest spürst du nicht. In unserem Sport sind besonders Arme und Schultern anfällig, bis jetzt habe ich mich aber zum Glück noch nie ernsthaft verletzt. Natürlich habe ich Schmerzen, wenn ich hart trainiere, das wird aber immer so sein. Schließlich arbeite ich ja auf die Olympischen Spiele in London hin. Dort will ich unbedingt dabei sein.

KO PFSACH E

Die innere Einstellung vor einem Wett kampf ist besonders wichtig. Früher störten, selbst bei wichtigen Läufen, öfter sinnlose Gedanken meine Konzentration, und ich konnte nicht mein Bestes geben. Das ist ja nicht so wie beim Fußball, wo du nach schlechte m Beginn noch 89 Minuten Zeit hast, um dich zu steigern. Wenn du am Anfang eines Kajak-Slaloms einen Fehler machst, hast du zirka 80 Sekunden , um das wieder auszubessern. Das heißt, du bist so gut wie draußen.

TIEF LUF T HOL EN

Ich bin seit meiner Geburt Asthmatiker. Die meisten Menschen, die unter Asthm a leiden, machen gar keinen Sport. Ich glaube aber, dass ich dadurch die Krankheit besser im Griff habe. Meine Lungen werden trainiert, und mit Hilfe eines Inhalators kann ich die Asthm aanfälle unter Kontrolle halten. Dazu mach e ich Atemübungen, vor allem beim Laufe n und Langlaufen – beides Teile meines Trainingspr ogramms. Eine gute Atemtechnik ist auch beim Wettkampf wichtig. Damit kann ich mich beruhigen, wenn ich nervös werde . In der kommenden Saison beginne ich dazu noch mit einer Kryotherapie. Das ist das Gege nteil einer Sauna: Man setzt sich für zwei Minuten bei minus 100 Grad in die Kälte kabine, was die Abwehr stärken soll. Ich werde auch in die Prager Salzhöhle gehen, einen künstlichen Raum ganz aus Salz vom Toten Meer. Das ist wie Meeresluft schnuppern: einfach gut fürs Atmen.

ÜBER DEN TELLER RAND

Einen strengen Diätplan befolge ich nicht. Als Athlet, der seinen Sport liebt, trainierst du sowieso recht hart und bist dauernd in Bewegung. Da braucht es keine Diät. Dazu interessiert mich die Küche in fremden Ländern zu sehr. Obwohl: Es geht nichts über tschechisches Essen. Und natürlich versuche ich, mich gesund zu ernähren. Wenn ich aber Lust auf einen Burger habe, dann genehmige ich mir einen.

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BILD: MARK WATSON

FUSS NOTE

Im Kajak benutze ich die Füße hauptsächlich zum Ausbalancieren, weil das Wasser sehr unruhig ist. Starke Beine braucht man zum Kajakfahren an sich nicht. Ich halte meine Beinmuskeln aber mit anderen Sportarten fit. Wenn ich nur muskulöse Arme hätte, würde das auch blöd aussehen.


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b u l l e va r d

Formelsammlung

Kluge Kisten

BiLD: MARCELo MARAGNi/RED BULL PHoToFiLES; iLLUSTRATioN: MANDy FiSCHER

Im ersten Leben schlichtes Ver­ packungsmaterial, im zweiten von Experimentierfreude durch­ drungenes Spaßvehikel. Was sagt die Physik* zu Leistungsgrenzen beim Red Bull Soap Box Race? Ein Seifenkistenrennen stellt das berühmte Expe­ riment von Galileo Galilei nach. Der italienische Mathematiker und Astronom verwendete für seine Versuche eine schiefe Ebene und kleine Metallkugeln und hat damit das Wissen um die Beschleunigung und die Gravitation revolutioniert. Beginnen wir zuerst mit vereinfachten Gleichun­ gen, indem wir Reibung und Luftwiderstand ver­ nachlässigen. Die gesamte potentielle Energie am Start, E pot = mgh, entspricht der kinetischen Energie der Seifenkiste, E kin = mv²/2, wenn sie die Ziellinie überquert. Durch das Gleichsetzen der beiden Energieausdrücke sehen wir, dass die Masse, m, herausfällt, und wir erhalten für die Endgeschwin­ digkeit v = √2gh. Letztere hängt nur von der Erd­ beschleunigung, g, und der Höhendifferenz, h, zwischen Start und Ziel ab. Diese vereinfachte Theorie liefert eine Geschwindigkeit von 160 km/h, falls die Rennstrecke 1000 Meter lang ist und eine konstante Neigung von zehn Prozent aufweist. Solange der Ball in Galileis Experiment hinabrollt, gewinnt er an Geschwindigkeit. Der Ball hatte einen kleinen Durchmesser, somit war der Luftwiderstand vernachlässigbar. Wir können das Newton’sche Gesetz verwenden, um die maximale Geschwindigkeit der Seifenkiste auszurechnen. Die Summe der Kräfte aufgrund der Erdbeschleunigung, Fa, und des Luftwiderstandes, FW, ist null. Die Rollreibung der Fahrradreifen vermindert die Beschleunigung durch die Schwer­ kraft um einen Faktor von 0,93. Je kleiner der Luftwiderstandsbeiwert cW, je kleiner die Quer­ schnittsfläche A und umso höher die Masse, desto höher ist die Endgeschwindigkeit. Wir können diese Parameter anhand des Fotos abschätzen. Mit einer Gesamtmasse von 160 kg ergibt sich in unserem konkreten Fall eine maximale Geschwindigkeit von 50 km/h, und der Fahrer beendet das Rennen in 82 Sekunden. Ein Copilot erhöht die Gesamtmasse, die maximale Geschwindigkeit ist nun 61 km/h, und die beiden Piloten passieren die Ziellinie um zehn Sekunden früher. * Professor Thomas Schrefl unterrichtet und forscht an der Fachhochschule St. Pölten und an der Universität Sheffield.

Red Bull Soapbox Race: 29. August 2009, Atlanta, USA Alle Formeln auf: redbulletin.com/formel/de

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GUTES PROGRAMM

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Trotz Urlaub bei den Sport-Highlights im August immer live dabei? Ja, das geht. Aber nur wenn Sie ein Red Bull MOBILE haben und Mobile TV auf A1 oder 3 empfangen. Zu sehen gibt’s u. a.:

FIM MOTOCROSS WORLD CHAMPIONSHIP Max Nagl und Jonathan Barragan fighten in der Königsklasse MX1 um die Podiumsplätze. In der MX2 wird Jungspund Ken Roczen immer stärker. 2. August, 12 – 14, 15 – 17 Uhr GP von Belgien (Lommel)

KURZ & DENNOCH EINZIGARTIG

9. August, 12 – 14, 15 – 17 Uhr GP von Tschechien (Loket) 30. August, 12 – 14, 15 – 17 Uhr GP der Niederlande (Lierop)

Zwei Laufsiege in Lakewood, Colo rado, und überlegene Führung in der Zwischenwertung: Ashley Fiolek (USA , Honda) ist auf dem besten Weg zum Gesa mterfolg in der AMA Pro Motocross Champio nship.

15. August, 16.15 – 17.05 Uhr Red Bull Rookies Cup, Brno (CZE)

Gisela Pulido (ESP, Mi.) holte sich auf „ihrem“ Meer in Tarifa (Südspanien) den Freestyle-Bewerb der Kiteboard Pro World Tour – trotz einer Trainingspause nach schwerer Zerrung im Knie.

Titel Nummer sechs für Dallas Friday (USA, re.) bei den National Wakeboard Championships in Oklahoma City war ihr nicht genug: Friday landete als erste Frau einen S-Bend-Überschlag.

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RED BULL ROOKIES CUP 28 Talente, 6 Rennstrecken, 1 Sieger: Gesucht werden die Nachfolger von Rossi und Co. Mit dabei: der 14-jährige Österreicher Nico Thöni.

16. August, 15.25 – 16.15 Uhr Red Bull Rookies Cup, Brno (CZE)

Die Olympiasiegerin von 2004, Kate Allen (AUT), die heuer ihre Karriere beenden wird, bestritt ihr letztes Rennen in Österreich: Nach tollem Finish wurde sie Siebte beim Triathlon in Kitzbühel.

RED BULL AIR RACE Ein Spektakel der Extraklasse! Um die Lufthoheit matchen sich heuer Hannes Arch und Paul Bonhomme. 20. August, 14.00 – 15.35 Uhr Red Bull Air Race, Budapest (HUN)

BILDER: CARRASCOSA FOTÓGRAFOS, GEPA-PICTURES, RED BULL PHOTFILES (5) ; ILLUSTRATION: DIETMAR KAINRATH

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ZAHLEN DES MONATS

LEICHTATHLETIKWELTMEISTERSCHAFT

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Zentimeter, Hundertstelsekunden und Rekorde für die Ewigkeit.

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Am 23. August werden die 12. IAAF-LeichtathletikWeltmeisterschaften in Berlin nach neun Wettkampftagen zu Ende gehen. Die Idee, auch abseits der Olympischen Spiele eine Leichtathletik-Konkurrenz durchzuführen, gab es zwar schon seit 1913, dennoch dauerte es bis 1983, bis die Idee schließlich umgesetzt wurde: In Helsinki fand die erste WM statt.

46 Nationen durften sich bei der Weltmeisterschaft 2007 über mindestens eine Medaille freuen. Panama verdankte das erste Leichtathletik-WM-Edelmetall Irving Saladino, der im Weitsprung Gold eroberte. Primož Kozmus holte mit Silber im Hammerwurf Sloweniens erst zweite Medaille, und der Tunesier Hatem Ghoula ließ mit Bronze in 20 Kilometer Gehen sein Land erstmals über einen WMPodestplatz jubeln.

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Sekunden drückte Carl Lewis den Weltrekord bei seinem 100-Meter-Lauf zu WM-Gold in Tokio 1991. Lewis’ Fabelzeit bedeutete die zweitgrößte Verbesserung eines 100-m-Weltrekords der letzten 40 Jahre: Maurice Greenes 9,79 Sekunden in Athen 1999 pulverisierten Donovan Baileys Bestmarke um 5 Hundertstel. Fünf Tage nach dem 100-m-Gold galt „King Carl“ im Weitsprung als haushoher Favorit. Es gelang ihm eine unglaubliche Serie mit vier Sprüngen zwischen 8,84 und 8,91 Metern. Dennoch schnappte ihm Landsmann Mike Powell mit der Weltrekordweite von 8,95 m den Sieg weg. Es war Lewis’ erste Niederlage nach zehnjähriger Siegesserie.

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WM-Medaillen gewann Merlene Ottey – mehr als jeder andere Leichtathlet. 1983 holte sie Silber über 200 m, 14 Jahre später, im Alter von 37 Jahren, Bronze über die gleiche Distanz. Dazwischen ersprintete sie sich dreimal Gold, dreimal Silber und sechsmal Bronze über 100 m, 200 m und 4 × 100 m. 1999 geriet sie unter Dopingverdacht (von dem sie später freigesprochen wurde), 2002 nahm die gebürtige Jamaikanerin die slowenische Staatsbürgerschaft an, startete bei der WM in Paris (2003) und im 100-m-Bewerb bei der WM in Osaka (2007) – im Alter von 47 Jahren.

223 Monate (rund 18½ Jahre) beträgt der Altersunterschied zwischen dem ältesten und dem jüngsten Weltmeister, zwischen ihren Titeln liegen hingegen nur vier Jahre. Marathon-Läufer Abel Antón (geb. 1962) siegte mit knapp 37 bei seiner Heim-WM 1999 in Sevilla. In Paris 2003 holte die erst achtzehnjährige, 1,55 Meter kleine Äthiopierin Tirunesh Dibaba (geb. 1985) sensationell Gold über 5000 Meter. 12. IAAF-LeichtathletikWM: 15.–23. 8., Berlin

BILDER: CORBIS, EMPICS SPORT, GETTY IMAGES (5)

Weltmeistertitel in Folge ersprang sich Sergei Bubka. Der Stabhochspringer aus der Ukraine katapultierte sich bei der WM in Helsinki (1983) als neunzehnjähriges unbeschriebenes Blatt überraschend zu Gold. In weiterer Folge war er bei den Weltmeisterschaften von Rom (1987), Tokio (1991), Stuttgart (1993), Göteborg (1995) und Athen (1997) nicht zu schlagen. Bubka hält immer noch den Freiluftweltrekord mit 6,14 Metern (aufgestellt am 31. Juli 1994 in Sestriere) sowie den Hallenweltrekord mit 6,15 Metern (21. Februar 1993 in Donezk).

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bild: CORBIS/Bettmann

März 1956, Jersey City: Der 13-jährige Robert James Fischer spielt simultan gegen 21 Gegner (von denen er 19 schlagen kann). Sieben Monate später ist er nach seinem Sieg gegen Donald Byrne „der“ Bobby Fischer, der 1972 Schachweltmeister werden wird.


Heroes Helden und ihre Taten: Wer uns diesen Monat bewegt.

32 Jewgeni LukJanenko 36 Mark webber 40 orLando duque 44 robert JaMes Fischer


Heroes

Jewgeni LukJanenko holte 2008 im Stabhochspringen WM-Gold und olympisches Silber. Jetzt übt er für den Sprung über den Schatten jenes Mannes, der diese Disziplin zu seinem Lieblingsspielzeug gemacht hat. Text: Robert Sperl, Bild: Guido Castagnoli

Mittag in Dessau, eine Autostunde von Berlin. Morgen ist im Paul-Greifzu-Stadion das traditionelle Leichtathletikmeeting angesetzt. Im Stadionrund werden die Transparente montiert, die ersten Athleten absolvieren vor leeren Tribünen entspannte Kennenlernrunden auf dem ziegelroten Tartan. Zwischen den Arbeitern stechen die Sportler in ihren bunten Trainingsanzügen heraus, Raubtiere inmitten einer friedlich grasenden Herde. Es scheint, als hätten sie sich zur Tarnung der Trägheit ihrer Umgebung angepasst. Doch man ahnt: Wenn ein Startkommando ertönt, ist Explosion angesagt, und es gibt Sieger und Besiegte. Noch strahlt die Sonne, aber am nächsten Abend werden Kälte und Regen die Leistungen aller Athleten zerzausen. Der russische Stabhochspringer Jewgeni Lukjanenko, der soeben die Anlage inspiziert, wird das Meeting gar ohne gültigen Versuch beenden. „NH“ wird im Ergebnisbericht stehen, no height, doch es wäre sinnlos gewesen, in diesem Sauwetter an seine Grenzen zu gehen. Der rutschige Anlauf, der Wind, der glatte Einstichkasten, der nasse Griff: Bereits bei idealen Bedingungen ist Stabhochspringen die schwierigste Disziplin der Leichtathletik. Bei Kälte und Regen wird sie zum Seiltanz über eine Latte, die in der Höhe der Dachkante eines Einfamilienhauses wartet. Stabhochspringen während eines Meetings ist für die Zuschauer ein wenig unübersichtlich, wie Fernsehen ohne Ton. Während sich die schwächeren Springer über die Einstiegshöhen mühen, lagern die starken irgendwo im Abseits, verbringen die Zeit mit Gymnastik und Lockerungsübungen. Es zählt die übersprungene Höhe, doch auch die Anzahl der geringeren Fehlversuche kann entscheiden, haben zwei Athleten die gleiche Höhe gemeistert. Deshalb muss man Techniker und Taktiker gleichermaßen sein, der das zermürbende stundenlange Warten zu seinem Vorteil umkehrt. „Manchmal ist es langweilig, aber ich schaue den anderen immer zu“, sagt Lukjanenko. Kein Buch, keine Musik, nur Stabhochsprünge. Er selber braucht sieben, acht Versuche, um in einem Meeting die ideale Betriebstemperatur zu erreichen. 32

Das Publikum ist ihm dabei nicht immer eine Hilfe: „Es gibt Tage, da brauche ich die Zuschauer, dann höre ich sie auch. Wenn ich sie nicht hören will, lege ich einfach den Schalter um. Es ist ein gutes Feeling, wenn sie klatschen, aber erst nach dem Sprung.“ Die Geschichte des Stabhochspringens reicht weit zurück: Früher wurden Stäbe verwendet, um im Marschland breite Gräben zu überwinden, in Friesland, in den Niederlanden, in England. Später wandte man sich der Höhe zu, 1896 wurde Stabhochspringen olympische Disziplin. Mit dem moderneren Material der Stäbe und der Einführung der Landematten erklomm man immer fabelhaftere Höhen: Vom Bambus (4,77 m, 1942) ging es zu Aluminium (4,78 m, 1957), Stahl (4,80 m, 1960) und zum aktuellen Fiberglas. Die Bestleistungen liegen aktuell bei 6,15 bzw. 5,05 Meter (Herren/Damen). Stabhochspringen leidet (wie jahrelang Weitspringen auch) unter einem Fabelweltrekord: ebenjenen 6,15 Metern, 1993 aufgestellt von Sergei Bubka. Am nächsten kam ihm der australische Olympiasieger von 2008, Steve Hooker: Er überquerte im Februar 2009 6,06 Meter. Aber: Diese neun Zentimeter sind wie eine Stadionrunde im 10.000-Meter-Lauf. Vom Ablauf her besteht Stabhochspringen aus drei Teilen. Zunächst dem Anlauf, wobei es um Tempo und korrekten Stabtransport geht: Je schneller, desto mehr Energie baut der Athlet auf, Energie, mit der er sich vom Stab hochschnellen lassen kann. Hat der Athlet den Boden verlassen, wird aus dem Sprinter ein Passagier, der Körper zum Klappmesser, das sich blitzschnell öffnet, der Springer stößt sich kräftig ab vom Stab und dreht sich über die Latte. Der liebe Gott hat den inzwischen pensionierten Bubka für diesen Dreikampf maßgeschneidert. Deshalb stellte der Ukrainer 35 Weltrekorde auf und schaffte unerreichte 43 Sprünge über sechs Meter. Weil Bubka schneller lief, konnte er mehr Energie herausholen und den Stab höher greifen. Weil er kräftiger war, bändigte er Stäbe, die für sein Gewicht eigentlich zu hart waren. Und weil er so gewandt war,

Name Jewgeni Jurjewitsch Lukjanenko Geburtsdatum/-ort 23. Januar 1985, Slawjansk am Kuban, Region Krasnodar, Südrussland Beruf Leichtathlet, Universitätsassistent (Sport) Sportliche Erfolge Hallenweltmeister 2008, Valencia; Olympiazweiter 2008, Peking; Russischer Meister 2008 Persönliche Bestleistung 6,01 Meter (1. Juli 2008, Bydgoszcz, Polen) Philosophie „Wenn du dich selbst besiegst, kannst du alle besiegen.“


Heroes

Zitat Head: Zitat.Velis exer suscipsusto dion ut loborer ostiniamet in henisse vero exero odigna facipsusto corero

Jewgeni Lukjanenko, Stabhochspringer, geht im Training nie an seine Grenzen. Denn da fehlt ihm das Adrenalin als entscheidendes Quantum Energie, um die wirklich fabelhaften HĂśhen zu Ăźberwinden.


hatte er in der Luft Spaß statt Mühe. „Sein Körper war nicht ideal, aber er war stark, besaß die perfekte Technik und wusste alles über Stabhochspringen“, sagt Jewgeni Lukjanenko. Kann man Bubka kopieren? „Ja, ich lerne aus Filmen und Fotos.“ Was an Lukjanenko ist bereits Bubka? „Meine Technik ist schon recht nahe, die Schnelligkeit noch nicht. Sergei lief die 100 Meter in 10,8 Sekunden, ich brauche 11,2.“ Wie kriegt man diese Schnelligkeit? „Mit Trainieren, Trainieren, Trainieren.“ Jewgeni Lukjanenko kam 1995 zur Leichtathletik, mit zehn, nach einem kurzen Umweg über Fußball und Turnen. Rennen, Springen, Speerwerfen, alles machte ihm Spaß. Dann wurde Sergei Gripitsch auf ihn aufmerksam. Der Leichtathletiktrainer war Spezialist für Stabhochsprung, und von einem Tag auf den anderen machte er aus Jewgeni einen Stabhochspringer. Mit vierzehn, fünfzehn sprang dieser knapp vier Meter hoch. Mit siebzehn überquerte er fünf Meter. Der 53-jährige Gripitsch ist ein Besessener, der noch einige andere Springer betreut, etwa die EMDritte von 2006, Tatjana Polnowa. Lukjanenko: „Es ist die Kombination vieler unterschiedlicher Details, die Stabhochspringen schwierig macht – aber wenn du wie ich den richtigen Trainer hast, ist es einfach.“ Gripitsch war selbst einst ein feiner Athlet: Als der Weltrekord bei 5,50 Metern lag, meisterte er 5,20. „Das war schon sehr gut“, sagt Lukjanenko. Trainiert wird fünf Tage die Woche, zweimal täglich. Stören den Zeitplan keine Meetings – übers Jahr sind es an die fünfzehn –, ist mittwochs und samstags frei. Ist Sprungtraining angesetzt, geht es nie um Rekorde, sondern um möglichst saubere Versuche über 5,70, 5,80 Meter. Warum? Lukjanenko: „Es fehlt das Adrenalin als letzte Energie, um höher zu gehen.“ Statt des Balkens verwendet man im Training ein Seil, um Verletzungen zu vermeiden: „Jeder missglückte Sprung verletzt den Rücken.“ Von Sergei Bubka ist folgender Spruch verbürgt: „Ich liebe Stabhochspringen, weil es ein Sport für Professoren ist. Du musst nicht nur rennen und springen, sondern auch denken. Welchen Stab nehme ich, für welche Höhe entscheide ich mich, welche Strategie lege ich mir zurecht?“ Lukjanenko lacht: „Du musst kein Professor sein, sondern eher verrückt. Du nimmst beispielweise steifere Stäbe, obwohl du damit Verletzungen riskierst, wenn du den Versuch zu wenig aggressiv anlegst.“ Fragen zu seinem Sportgerät beantwortet Lukjanenko dennoch mit einem zärtlichen Unterton in der Stimme. Sind Stäbe empfindlich? Sie mögen es nicht, wenn man sie hinschmeißt. Noch etwas? Sie hassen hohe Temperaturen. Kälte nicht? Nein. Wie ist das beim Transport? Da werden sie einzeln verpackt, in speziellen Röhren, damit sei nicht aneinander reiben können. Zu normalen Meetings reist Lukjanenko mit vier Sticks an, zu Meisterschaften mit sechs. Sie sind made in USA, 5,10 bis 5,20 Meter lang, drei bis vier Kilo schwer und aus Fiberglas. Sie unterscheiden sich 34

Peking 2008, Olympische Spiele: Mit diesem Sprung holte der Russe Jewgeni Lukjanenko die Silbermedaille im Stabhochsprung.

durch ihre Härte. Bei Rückenwind kann man den steiferen Stab nehmen, weil der Athlet in so einem Fall schneller anlaufen kann und sich der Stab durch das höhere Tempo leichter biegen lässt. Bei Gegenwind nimmt man eine weichere Variante, ebenso wenn es kälter ist, weil die Stäbe sich bei höherer Außentemperatur einfacher biegen lassen. Was sie nie ändert, ist: Diese Dinger lassen sich schwierig transportieren. Ob im Zug, im Auto, im Flugzeug, immer die gleichen Zores. Deswegen werden sie gerne vergessen, weil das verantwortliche Personal draufkommt, dass sie in keinen Container passen. Manchmal kommt es auch zu kuriosen Zwischenfällen. Am Airport in Sydney vergaß Lukjanenkos Freund und Konkurrent Paul Burgess, wie lang seine Stäbe sind, als er eine Rolltreppe benutzte. Plötzlich durchstießen sie das Dach über ihm, verklemmten sich, die Rolltreppe blockierte. Beim darauffolgenden Meeting hatte Burgess keinen Erfolg: wohl die Rache seiner Sticks. Als Jewgeni Lukjanenko das erste Mal 5,10 Meter übersprang, ernannte ihn das offizielle Russland zum Meister des Sports. (In Russland hat jede Disziplin solch eine Richtschnur.) Seitdem und speziell nach seinen Medaillen bei der Hallen-WM und den Olympischen Spielen ist er in seiner Heimatstadt Slawjansk am Kuban ein respektierter Mann. Man zeigt mit dem Finger auf ihn, bittet ihn um Autogramme, grüßt freundlich, wenn er zu Fuß unterwegs ist. Dass er das nicht ausschließlich ist, dafür hat die Regierung gesorgt: Alle Medaillengewinner von Peking bekamen als Belohnung einen SUV von BMW, dazu einen Händedruck vom passenden Minister. Davon habe er immer geträumt, sagt Jewgeni. Vom Minister? Nein, von den Medaillen. Die hängen nun im Haus der Eltern an einer Wand im Wohnzimmer. Die Mama hütet auch all seine übrigen Pokale und Medaillen, auch den ersten wichtigen, den er für seinen dritten Platz bei der russischen Meisterschaft bekam, mit vierzehn oder fünfzehn. Auch wenn die Stadt stolz ist auf ihren Weltmeister: Für ein geeignetes Trainingsumfeld fehlt das Geld. Jewgeni kann nur in einer Halle trainieren, doch weil Slawjansk am Kuban in Russlands Süden liegt, ist es im Sommer in dieser Halle unmenschlich heiß, „so arg, dass die Fliegen tot zu Boden fallen“. Außerdem ist der Anlauf zu kurz: Nur 14 statt 18 Schritte sind möglich, und er startet dabei mit dem Rücken zur Wand. „Ich würde meinen BMW hergeben, wenn man dafür die Halle umbaut“, sagt Jewgeni, „dann könnte ich in Zukunft noch viele BMWs gewinnen.“ Wenigstens ist die Halle acht, neun Meter hoch: Das wäre allerdings ideal, denn Bubkas Weltrekord wird ganz sicher in der Halle fallen, vielleicht schon bald, sagt Lukjanenko: „Letzten Winter haben wir gesehen, dass wir ihm immer näher kommen.“ Und was sagt er zur WM in Berlin? „Ein gutes Stadion, ich kenne es.“ Ist das ein gutes Omen? „Ich brauche keinen Glücksbringer. Wenn du bereit bist, hoch zu springen, dann wirst du hoch springen.“ 12. IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 Berlin: 15. bis 23. August; www.berlin2009.org

BILDER: GETTy IMAGES (3), IMAGO (1)

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Heroes

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Der Australier genießt jede Sekunde, in der er seinen RB5 über die Formel-1-Kurse der Welt prügeln darf: Zum allerersten Mal in seiner Karriere sitzt er in einem Siegerauto. Was ist er für ein Typ? Text: Anthony Rowlinson, Bild: Spencer Murphy

Name Mark Webber Geboren 27. August 1976 in Queanbeyan, New South Wales, Australien Laufbahn Ging 1995 nach Großbritannien, um seine Karriere voranzutreiben. Wurde 1999 berühmt, als sein Mercedes in Le Mans aufgrund aerodynamischer Fehlkonstruktion zweimal spektakulär crashte. Platz 5 beim Formel-1Debüt auf Minardi 2002 in Australien. 2009 ist seine bisher mit Abstand beste Saison. Sonstiges Beim alljährlichen Extremsport-Event „Mark Webber Pure Tasmania Challenge“ sammelt er Spenden für wohltätige Zwecke. Bei einem Radunfall im Zuge der Challenge 2008 verletzte er sich schwer am Bein. Ist Fan des australischen Rugby-Nationalteams und des englischen Fußballklubs Sunderland AFC, mag Oasis, U2, Pink und INXS. Verbringt seine Freizeit auf Fahrrädern, im Kajak oder auf Spaziergängen mit seinen Hunden Simba und Shadow. Web www.markwebber.com

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Auftritt Mark Webber. Das Grinsen breit, Jeans und T-Shirt casual, der Gang entspannt, als er uns im Vorraum seines Hauses in Buckinghamshire, nordwestlich von London, empfängt. Es ist ein schwülheißer Heuschnupfentag, doch Mark ist ganz easy, frei von den Zwängen eines Rennwochenendes, ohne tausende Diktiergeräte und zehn Dutzend Kameras vor der Nase. Er streckt die rechte Hand zum Mittelhandknochenbrecher aus („Howareya, mate?“), die andere hält einen kleinen durchsichtigen Plastikbeutel. Darin: zwei Fünf-Zentimeter-Schrauben. „Die waren bis kurz vor dem Nürburgring-Rennen noch in meinem Bein.“ Nur ein paar Tage vor seinem ersten GrandPrix-Sieg ließ Mark seinen rechten Unterschenkel von einer Metallklammer befreien, die seit letztem November Schien- und Wadenbein zusammenhielt. „Titan“, grinst Mark, „Adrian steht voll drauf.“ Adrian ist Adrian Newey. Der geniale Cheftechniker, er machte Red Bull Racing 2009 zum ernsthaften WM-Herausforderer, war sehr angetan davon, dasselbe High-Tech-Material in Auto und Fahrer zu wissen, wenngleich es sich weniger um eine Folge besonderer Identifikation des Piloten mit dem Gerät handelte und mehr um die Folge eines Off-Season-Fahrradunfalls. Eines Unfalls, der Webbers Karriere um ein Haar beendet hätte. Dass das nicht passierte, darf man als gerechte Fügung des Schicksals verstehen: Denn der bald 33-Jährige hatte sich in seinen acht F1-Saisonen mit einigen der schlimmsten Schüsseln der F1-Geschichte herumschlagen müssen. Nun, endlich, ist er doch noch in einer Rakete gelandet. RED BULLETIN: Wie fühlt man sich als Grand-PrixSieger? MARK WEBBER: Wie sagt man …? Beim Essen kommt der Appetit. Was macht das Bein? Ehrlich gesagt, mir war vor acht Monaten überhaupt nicht klar, was ich da vor mir habe. Am Anfang hieß es: „Sechs oder acht Wochen Krankenhaus.“ Na gut, dachte ich mir, hätte schlimmer kommen können. Aber wo du wirklich stehst, realisierst du erst, wenn

du die Krücken los bist. Ärzte sind ein bisschen wie Baumeister: unglaublich gut im Vertrösten, „nur noch ein bisschen, nächste Woche ganz bestimmt“, hörst du Woche für Woche. Irgendwann sind sie mit der Wahrheit herausgerückt und haben gesagt, die Heilung würde sechs bis acht Monate dauern. Manchmal kann sogar ein Jahr vergehen, bis es richtig gut verheilt ist – immerhin waren Schien- und Wadenbein komplett in zwei Hälften gebrochen. Wir stecken mitten in der Saison. Sind Sie jetzt eigentlich völlig fit? Ein Fußballer müsste noch immer pausieren. Hundertprozentig gut ist es nicht, aber es macht mir im Auto kaum noch Probleme. Michael Schumachers Verletzung 1999 in Silverstone war ganz ähnlich. Unlängst hat er mir erzählt, dass es mehr als ein Jahr gedauert hat, bis sich sein Bein wieder wie ein Teil von ihm angefühlt hat. Hatten Sie je Angst um Ihre Karriere? Richtig nervös war ich nach der Kollision am Unfallort. (Webber beendete sein alljährliches Extrem-Ausdauer-Charity-Rennen „Mark Webber Challenge“ mit Tempo 40 am Rammschutz eines Geländewagens, Anm.). Die Gesichter der Leute um mich … denen hat überhaupt nicht gefallen, was sie gesehen haben. Ich habe nicht den Mut gehabt, mein Bein anzusehen. Wenn es nicht gelungen wäre, die Durchblutung aufrechtzuerhalten … nun ja, lassen wir das. Wären Sie kein F1-Pilot geworden, wie hätte sich Ihr Leben entwickelt? Ich wäre wohl in Dads Werkstatt gelandet, daheim in Queanbeyan, auf jeden Fall hätte es was mit Tankstellen, Autos oder Motorrädern zu tun gehabt. Obwohl ich ja auch meine Gesellenprüfung als Installateur gemacht habe. Es wäre also gut möglich, dass ich Ihre Rohre verlegt hätte. Aber seit ich mit dem Kartfahren angefangen habe, war alles andere, auch andere Sportarten, nur noch Nebensache. In meinem Fokus stand der Motorsport. Warum sind Sie in der Formel 1 gelandet und viele Ihrer frühen Rivalen, die es genauso gut hätten schaffen können, nicht?


Als Fußballer müsste Mark Webber auch acht Monate nach seinem Fahrradunfall noch pausieren. Aber er ist Formel-1-Pilot, zum Glück, und nach seinem 130. Rennen endlich auch Grand-Prix-Sieger.


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Sind Sie nach Ihrem Unfall wieder völlig fit? Michael Schumachers Bein hat sich nach einer ähnlichen Verletzung erst nach einem Jahr wieder als Teil seines Körpers angefühlt. Dass ich aus Australien komme, war definitiv ein Nachteil – es gibt ganz sicher Plätze, an denen man eine Karriere einfacher starten kann. Aber es war zugleich ein entscheidender Vorteil. Ich musste alles erst mal selbst in Gang bringen und deswegen mein ganzes Leben dem Rennfahren unterordnen. Wenn man 12.000 Meilen von zu Hause entfernt ist, kann man sich nicht gehen lassen, dann brennt das Feuer umso heller. Und mit Annie (Marks Lebensgefährtin Ann Neal; Anm.) hatte ich wirklich Glück. Wir waren beide fest entschlossen, es zu etwas zu bringen. Wir haben Leuten den letzten Nerv geraubt, um ein Sponsorship oder was auch immer zu bekommen. Und genau das musst du eben tun, wenn du keine Ahnung hast, wo dein nächstes Pfund herkommen soll. Ihr Teamkollege Sebastian Vettel ist einen anderen Weg gegangen. Was halten Sie von ihm? Er ist der talentierteste Teamkollege, den ich je hatte. Und ich habe eine Menge guter Dinge über ihn zu sagen. Zunächst: Seinen Weg durch die Red Bull-Familie und in die Formel 1 hat er einzig und allein aufgrund seines Talents gemacht. Für einen 22-Jährigen hat er ein unglaubliches Können. Er ist total im Gleichgewicht mit sich selbst und für einen Deutschen ganz schön locker. Ich kannte vor ihm ein paar Deutsche, die, sagen wir mal, ein bisschen eindimensional waren, aber er hat Bezug zu vielen anderen Ländern, was ihm guttut und seinem Charakter. Er hat ganz offensichtlich eine tolle Zukunft vor sich. Geht es Ihnen kein bisschen gegen den Strich, dass ein so junger Kerl ankommt und gleich ein Rennen nach dem anderen gewinnt? Nun, es ist ein bisschen wie bei Lewis Hamilton, der gleich in seiner zweiten Saison die WM gewann. Jeder hätte gern so eine Situation in seiner Karriere, weil sie einen in eine ganz andere Position hebt. Du kommst Sonntagabend nicht am Zahnfleisch heim, weil du in deiner Gurke wie ein Irrer um Platz 15 gefightet hast und trotzdem überrundet worden bist. Diese Ochsentour hat sich Vettel erspart … Natürlich kann auch Seb einmal passieren, was Lewis jetzt durchmachen muss und wie es sogar Schumacher erleben musste. Aber er sitzt sehr früh in seiner Karriere in einem schnellen Auto. Er weiß jetzt, dass er konstant genug fahren kann, dass er diese tollen Zeiten schafft, die mit dem schnellen Wagen möglich sind. Bevor man die Chance bekommt, zweifelt man immer, ob man es schaffen würde. Wie ist das Leben im RB5? Wenn du in einem Top-Auto sitzt, sind die schnellen Zeiten ganz einfach. In Silverstone sind Seb und ich spazieren gefahren. Ich bin sehr froh, dass ich jetzt die Chance habe, zu zeigen, dass ich’s draufhabe. 38

Wie sieht’s mit gesunder Ernährung aus? Ich schlage mich ganz tapfer. Mein Speiseplan ist ziemlich ausgeglichen: Bei rotem Fleisch sammle ich Schlechtpunkte, Obst und Gemüse esse ich brav. Fisch könnte mehr sein, aber in England … Was ist das scheußlichste Teil Mark-Webber-Merchandisings, das Ihnen je untergekommen ist? Mann oh Mann, was habe ich schon an grottenschlechtem Merchandising gesehen. Ganze Wagenladungen! Scheint so, als wäre es eine ziemliche Herausforderung, das ordentlich hinzukriegen, obwohl ich nicht weiß, warum. Es gibt Produkte mit absolut schockierenden Fotos von mir. Wie bereiten Sie sich auf ein Rennen vor? Für mich beginnt es in der Nacht davor. Ich versuche, so viel Essen wie möglich in mich reinzustopfen. Am Renntag bin ich kein großer Esser, also müssen die Tanks vorher voll sein. Dann gehe ich zu einer vernünftigen Zeit ins Bett, so um zehn. Um elf wird das Licht abgedreht, meist nachdem ich ein wenig in den Leistungsdaten, die mir die Ingenieure geben, geschmökert habe. Am Sonntagmorgen habe ich MTV laufen und lese mir die aktuellen Australian-FootballErgebnisse durch. Ich versuche, möglichst spät an der Rennstrecke zu sein. Ich bin nicht heiß darauf, herumzustehen und von Leuten angequatscht zu werden, denen langweilig ist. Am Kurs pendle ich zwischen Werkstatt und Motorhome und habe Meetings mit den Technikern. Mein Physiotherapeut Rog [Roger Cleary] verpasst mir eine Massage, damit ich entspannt und gut drauf bin, und etwa 40 Minuten vor dem Start begebe ich mich in die Box. Ich schlüpfe, so spät es geht, in meinen Rennanzug, gehe zum Auto, basta. Fluchen Sie viel unter dem Helm? Sicher doch, manchmal für mich selbst, manchmal ans Team adressiert, und wenn mich ein anderer Fahrer aufhält, bekommt auch der eine Ladung ab. Das ist aber im nächsten Augenblick wieder vergessen. Ich bin kein großer Choleriker. Der beste Ort der Welt? Hm, müsste ich mich festlegen, wären es die Malediven. Ich hatte auch Glück mit dem Ort, an dem ich aufgewachsen bin, aber ich würde Queanbeyan deswegen nicht als den besten Ort der Welt bezeichnen. Die ärgsten Schuhe, die Sie je getragen haben? Aaargh! Vor Jahren hatte ich mal ein Modeshooting für ein italienisches Magazin und musste zugespitzte cremefarbene Schlangenlederschuhe anziehen, die an der Seite Riemchen hatten, wie High Heels. Die verfolgen mich noch heute in meinen Albträumen. Unglaublich, aber die Italiener standen total drauf.

Ihre Meiunung über Ihren Teamkollegen Sebastian Vettel? Er ist total mit sich im Gleichgewicht … und für einen Deutschen ganz schön locker.


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BILD: SASCHA SCHUERMANN/AFP/GETTy IMAGES

Mehr Geduld als Mark Webber brauchte kein anderer Formel-1-Sieger der Geschichte: Erst nach seinem 130. Start (dem ersten aus der Pole-Position) überquerte er erstmals als Erster die Ziellinie. Hier wird dieser Rekord ebenso gefeiert wie ein weiterer Doppelsieg von Red Bull Racing: Denn neben Webber steht Teamkollege Sebastian Vettel auf dem Podium des Nürburgrings.

Wie steht es mit Ihren Grillkünsten? Super. Würste, Burger, Steaks, Pilze, Auberginen, das habe ich alles simultan im Griff. Das letzte Mal habe ich für zehn Leute gegrillt, Australier inklusive, und in guter australischer Tradition hat keiner von ihnen auch nur irgendwas zu essen beigesteuert. Was bedeutet größeren Druck: ein Barbecue oder ein Formel-1-Qualifying? Gleich viel, wenn auch in etwas anderer Weise. Wenn du beim Barbecue Mist baust, macht das gute 70 Prozent der Mahlzeit aus, du hast dann eine Menge Leute rumsitzen, die nur Kartoffelsalat essen. Was sagt Ihnen der Name Neil Horan? (Er lief während des Grand Prix von Großbritannien 2003 auf die Strecke. Webber musste das Steuer ver­ reißen, um ihn nicht über den Haufen zu fahren.) Wer? Ah, dieser Wahnsinnige. Ich erinnere mich, dass ich zuerst nur etwas in der Entfernung wahrgenommen habe, das ich für ein Karosserieteil gehalten habe. Aber es kam schnell näher (Webber war mit 250 km/h unterwegs; Anm.), also sah ich innerhalb einer Sekunde, dass es ein Typ mit einem Transparent war. Mir schoss die Sicherheit der Fahrer durch den Kopf und dass Kinder zusehen könnten, wenn ihn einer von uns erwischt. Ob er zu Matsch gefahren wird, war mir egal. So ein Idiot! Setzen Sie Ihren Ruhm manchmal dafür ein, sich etwas gratis zu erschnorren? Ich lege es nicht drauf an. Manchmal bekommt man ein paar hübsche Radsachen oder einen Pulsmesser oder so was. Aber ehrlich gesagt zahle ich lieber für die Sachen. Meiner Erfahrung nach erwarten Menschen, die dir etwas „schenken“, meistens irgendeine Gegenleistung von dir. Da bezahle ich lieber. Spielen Sie sich in F1-Computergames selbst?

Wie steht’s mit Ihren Grillkünsten? Super. Würste, Burger, Steaks, Pilze, Auberginen, das habe ich alles simultan im Griff. Letztens habe ich für zehn Leute gegrillt. Nein, Mann. Die sind reiner Unsinn, da ist keinerlei Bezug zur echten Sache. Wenn ich ein Computerspiel spiele, dann irgendein Kampfspiel. Weiß die Öffentlichkeit, wie Sie wirklich sind? Es ist für die Leute schwer, sich einen vollen Eindruck zu verschaffen, besonders weil wir beim Rennen so abgeschirmt werden. Ich würde sagen, sie bekommen 70 Prozent mit. Tennisspieler oder Boxer … die sind viel leichter zu durchschauen, weil man ihnen bei ihrem Sport ganz genau zusehen kann. Mir wäre recht, wenn mich die Leute als einen loyalen, fairen Sportsmann sehen, der alles gibt, wenn er auf der Strecke ist. Ich glaube, die Leute wissen, dass ich nicht in Monaco lebe und keine yacht im Hafen liegen habe, aber ich denke, sie wissen nicht, dass ich jeden Morgen aufstehe, um mit den Hunden rauszugehen. Ich mag die ganz normalen Sachen gern. Nützen die Leute Ihre Gutmütigkeit aus? (Lacht.) Na ja, manchmal fällt es mir eben schwer, nein zu sagen. Aber ich werde besser darin. Haben wir schon das Beste von Ihnen gesehen? Hmmm … ein bisschen was kommt schon noch. Formel-1-Grand-Prix von Europa: 21. bis 23. August, Valencia (ESP) Blogs und Videos: redbulletin.com/f1/de

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OrlandO duque Die Welt ist eine Klippe, zumindest für die besten Cliff Diver der Welt. Ihr Champion: ein sanftmütiger Kolumbianer, aber ganz schön tough. Text: Uschi Korda, Bilder: Manfred Klimek

Name Orlando Duque Geburtsdatum/-ort 11. September 1974, in Cali, Kolumbien Lebt in Laie, Hawaii, USA Beruf Cliff Diver Erfolge insgesamt neun Weltmeistertitel; führte bei Redaktionsschluss bei den Red Bull Cliff Diving Series 2009 Ist mit der Hawaiianerin Lee verheiratet Web redbullcliffdiving.com

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„Von da oben. Mittlerer Mast, dritter Querbalken. Ist 26,1 Meter hoch.“ Wir stehen am Hamburger Hafen auf der „Rickmer Rickmers“, einem 113 Jahre alten Dreimaster, der heute als Museum dient. Links von uns ein betonierter Fußweg und davor die breite Elbe. Rechts von uns die Kaimauer und nur ein schmaler Streifen Wasser. Vielleicht zehn Meter liegen zwi­ schen Segelschiff und Land. Und genau da hinein werden sich am 29. August die besten Klippensprin­ ger der Welt stürzen. Wobei „stürzen“ nicht der rich­ tige Ausdruck ist. Denn in der Luft werden sie in per­ fekter Körperhaltung Salti und Schrauben drehen, bevor sie mit rund 100 km/h im winzigen Wasserloch auftreffen, das nur fünf bis sechs Meter tief ist. „Alles kein Problem. Schwierig ist, dass du, wenn du oben stehst, den zweiten Balken unter dir siehst, ja richtig spürst. Es ist zwar physikalisch unmöglich, dass du da draufspringst, aber du hast ihn dauernd im Kopf.“ Orlando Duque, neunfacher Weltmeister und derzeit der beste Cliff Diver der Welt, zwickt die Augen zu­ sammen und blinzelt gen Himmel und dritten Quer­ balken. Es ist ein wunderbarer Hochsommertag, ideal zum Klippenspringen, und man sieht Orlando an, dass in seinem Kopf der Sprung wie ein Film durchrattert. Zu gerne würde er da jetzt raufklettern, aber das geht natürlich nicht. Keine Sicherheitsvor­ kehrungen – kein Sprung. So sind die eisernen Regeln in diesem Sport, wo bei jedem Absprung die Gesund­ heit auf dem Spiel steht. Vor einem Jahr hechteten die Cliff Diver hier schon einmal in die Elbe, doch da hat es geschüttet wie nur was. Genauso wie vor einigen Wochen in Rotterdam, wo die Sportler von einem alten Kran aus 26 Meter Höhe ins Hafenbecken tauchten. Trotz heftigen Regens bestaunt von 15.000 Zuschauern. Nass von oben, na ja, das braucht der Kolumbianer nicht wirklich. Aber es stört ihn auch nicht. Selbst eiskaltes Wasser unten ist nicht das Problem. Immerhin ist er in der Naturku­ lisse der Schweiz und in Österreich schon in acht Grad kalte Gewässer eingetaucht. Auch 2004 bei der Wie­ der­eröffnung der alten Brücke von Mostar war das

Wasser eiskalt. „Da musst du schauen, dass du schnell an Land kommst.“ Wirklich schlimm für die Springer ist, wenn an Land klirrende Kälte herrscht. „Da sind vor dem Absprung deine Füße ganz kalt. Wenn du im Wasser aufschlägst, schmerzt das wahnsinnig, weil die Blut­ zirkulation zu plötzlich angetrieben wird. Uuuuhhhh, da werden die Füße ganz rot!“ Und weil wir jetzt gerade bei den Schattenseiten sind: Unbeliebt sind auch Sprünge in glattes, ruhiges Seewasser. „Da muss dein Körper ein Loch reinschlagen, die Ober­ fläche richtig brechen.“ Es genügt, wenn beim Auf­ prall ein Finger nicht perfekt angelegt ist, schon knickt er wie ein Zahnstocher. Orlando reibt sich den Daumen, den er sich vor einiger Zeit zwar nicht ge­ brochen, aber ganz schön lädiert hat. Petitessen für einen wie ihn, der selbst eine Gehirnerschütterung (2003) nicht der Rede wert hält. Seit zehn Jahren ist er jetzt Profi und hat sich dabei nur einmal richtig schlimm verletzt: 2002, Beckenbruch in Hawaii. „Ich hatte zu viel Sonne erwischt, war dehydriert und müde. Da habe ich die Konzentration verloren.“ Das soll ihm nie wieder pas­ sieren, die schmerzhaften Konsequenzen kennt er jetzt: ein paar Monate nicht sitzen können und mit Bammel zum nächsten Sprung antreten. Allerdings gleich nach ein paar Tagen, weil das so ist wie beim Vom­Pferd­Herunterfallen: Entweder du zwingst dich sofort wieder an die Sache heran, oder du machst es nie wieder. Wer jetzt glaubt, vor uns steht ein Draufgänger, der sich à la „Pirates of the Caribbean“ in bester Johnny­Depp­Manier überall reinstürzt, wo unten die Wellen brodeln und oben die Sonne flirrt, der irrt. Und zwar gewaltig. „The Duke“ nennen ihn Fans und Konkurrenten ehrfürchtig, und da dürfen wir uns einen Herzog mit seinen besten Eigenschaften vor­ stellen: einen, der besonnen die Elemente beherrscht und wohlüberlegt sein Ding durchzieht. Immer das Risiko im Hinterkopf, niemals „just for fun“ einen Schritt zu weit gehen.


Wie macht eigentlich ein Cliff-Diving-Champ Ferien? „Klar kann ich beim Strandurlaub relaxen. Wenn ich aber einen ­schönen Felsen sehe, muss ich mir den schon näher anschauen.“


Die größte Schwierigkeit an der „Rickmer Rickmers“ in Hamburg sei jetzt nicht so sehr die Höhe, meint Orlando Duque nach seiner Erfahrung im letzten Jahr. Man habe nur das Gefühl, dass man beim Springen die untere Rahe touchiere.

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„Ist Gefahr ein mentaler Thrill, der dich anzieht?“ „Ich denke schon. Ich liebe es, oben auf einem Felsen zu stehen und über den Sprung nachzudenken. Ich frage mich: Wie werde ich es machen? Was wird passieren? Dann beginnt mein Herz schneller zu schlagen. Aber in der Luft werde ich ganz ruhig. Versuche, eine perfekte Körperhaltung zu haben, kleine Fehler zu korrigieren. Wenn ich dann im Wasser eintauche, kommt dieses wahnsinnige Glücksgefühl. Das ist mehr ein mentales Ding als ein physisches. Wir gehen da raus, damit wir uns zuerst fürchten, und sind drei Sekunden später glücklich, wenn der Sprung gelungen ist.“ „Bist du schon einmal nicht gesprungen, weil es zu gefährlich gewesen wäre?“ „Wenn ich einen Platz besichtige, weiß ich davor schon viele Details. Dann komme ich hin und schaue, ob es klappen kann. Wenn etwas nicht in meine Sicherheitsroutine passt, höre ich sofort auf zu checken und gehe.“ „Du kannst also nein sagen, auch wenn der Platz wunderschön ist?“ „Ja, das kann ich!“ Zehn Jahre war Orlando Duque alt, als er in seiner Heimatstadt Cali das erste Mal einen Sprung ins Was­ ser wagte. In einen Pool neben dem Fußballplatz, wo man sich, ganz junger Kolumbianer, zum Kicken traf. Auch ein bisschen Baseball und Judo hatte er da schon probiert. Ob er aber schwimmen konnte, wusste er

nicht. Es geht auch die Mär um, dass er als Kind wasser­ scheu gewesen sei. Stimmt nicht, sagt Orlando, das habe einen ganz profanen Hintergrund. Immer, wenn ihn die Mutter am Abend zum Baden und Schlafen­ gehen ins Haus rief, fielen ihm tausend Ausreden ein, um noch etwas länger mit seinen Kumpels im Freien herumstreunen zu können. Mütter interpretieren so was gern als Wasserscheu, heute lacht die ganze Familie darüber. Als Orlando also damals am Pool zum ersten Mal in tiefes Wasser starrte – bis dahin war er nur in seichten Becken geschwommen –, spürte er so etwas wie Angst. „Kann ich wirklich schwimmen?“, dachte er, hatte aber keine Zeit für eine Antwort. Hinter ihm drängelten schon die anderen Jungs, und Kneifen war nicht drinnen. „Also sprang ich und trieb auf die andere Pool­Seite zu. ,Oh, that’s cool!‘, dachte ich und dann nie wieder in meinem Leben darüber nach. Ich verliebte mich in diesen Sport.“ Dieser Sport war Turmspringen, wo er zu­ nächst viel Technik lernte und sich langsam bis zum 7­Meter­Brett raufhantelte. „Da stand ich dann da oben und schaute vorsichtig runter. Wow – und dann wurde mir ganz schwindelig. Ich ging ein paar Schritte zurück, schloss die Augen, rannte los und sprang.“ Noch heute hat er übrigens bei seinen Sprüngen die Augen fest geschlossen. In der Disziplin Turmspringen schaffte Orlando als Achtzehnjähriger die Qualifikation für die Olym­ pischen Spiele in Barcelona. An denen er aber nicht teilnahm, weil der kolumbianische Verband kein Geld für die Anreise hatte. Was dann folgte, war so was wie der zarte Versuch, ein herkömmliches Leben anzuvisieren: Orlando begann ein Ingenieurstudium. „Zwei Jahre habe ich durchgehalten. Ich bin outdoor und in einem Pool aufgewachsen. Plötzlich war ich in einem Raum mit Computern eingesperrt, umgeben nur von Zahlen und tippte Codes – das ging nicht.“ Was aber schon ging: sich als Show­Attraktion von winzigen Plattformen auf hohen Leitern in Mini­Pools zu stürzen. High Diving nennt sich das Spektakel, das sich in den neunziger Jahren in Fun­Parks rund um den Erdball zum Publikumshit entwickelte. Ich war jung, und ich brauchte das Geld? „Ja“, sagt Orlando, „aber ich hatte viel Spaß und kam in der Welt herum.“ Geschenkt, auch wenn wir den Safaripark im niederösterreichischen Gänserndorf jetzt nicht gerade als spannende Welt­Destination bezeichnen wollen. Zwei Saisonen lang schraubte Orlando sich da im Clownkostüm vor begeisterten Kinderscharen von 25 Meter Höhe in einen brennen­ den Klein­Pool. Aber er perfektionierte dabei seine Technik. Und wurde anschließend von einem Ver­ gnügungspark in Hawaii engagiert, was dem Kolum­ bianer nicht nur klimatisch sehr entgegenkam. Er traf dort seine heutige Ehefrau Lee und baute sich auf der Insel ein neues Leben auf. „Ich habe mich ja zuerst in seinen unglaublichen Sprungstil verliebt“, erzählt Lee, eine Hawaiianerin, die damals im selben Park als Tänzerin engagiert war. Den dazugehörigen Mann hat sie erst ein paar Tage später getroffen, und dann brauchte es noch kurze Zeit, bis auch zwischenmenschlich alles klar war. Heute sind die beiden knappe zehn Jahre ver­ heiratet. Bei Cliff­Diving­Competitions ist Lee aber

BILD: RED BULL PHOTOFILES/MARCEL LäMMERHIRT

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selten dabei. Nicht, weil sie um das Leben ihres Man­ nes fürchten würde. Im Gegenteil. „Wenn einer ris­ kante Sprünge schafft, dann Orlando“, sagt Lee. „Da habe ich viel mehr um die anderen Cliff Diver Angst!“ Obwohl, ganz so ist das jetzt auch nicht. Ein Anruf nach einem Wettkampfsprung beruhigt ihre Nerven sehr. Sollte das umgebungstechnisch nicht gehen, weil manche Klippen doch weit entfernt von Zivili­ sation und Handynetz liegen, wird das vorher abge­ macht. Und sollte das Risiko sehr hoch sein, will sie gleich gar nichts davon wissen. So wie vor ein paar Jahren beim Sprung im kärntnerischen Kötschach­ Mauthen, den Orlando noch heute als seinen gefähr­ lichsten bezeichnet. Das war für den Cliff­Diving­ Film „9 Dives“ und mit 22 Metern nicht einmal aus einer spektakulären Höhe. „Aber es gab nur einen winzigen Flecken, wo das Wasser tief genug war. Ich musste weit hinausspringen, um genau diesen Punkt zu treffen.“ „Gelang der Sprung, weil du das mathematisch berechnen kannst?“ „Das kann man nicht berechnen. Wir wissen, was wir tun. Wir klettern auf einen Felsen, werfen unterwegs Steinchen ins Wasser, schauen, wo sie landen. Dann wirfst du von oben wieder und kannst hören, wie schnell du abspringen musst, um einen guten Flug hinzulegen.“ „Nehmen wir an, alles ist perfekt vorbereitet. Dann stehst du in der Früh auf und hast einen schlechten Tag. Springst du?“ „Hängt davon ab, ob ich mich mental auf hundert Prozent bringen kann. Ich kann ein bisschen müde, ein bisschen unkonzentriert sein, aber ich kann mich für den Absprung auf volle Konzentration bringen. Das ist ein Prozess. Und wenn ich dann da oben stehe, gibt es nur mehr mich und nichts anderes mehr.“ 34 Meter war der höchste Punkt, von dem Orlando bis jetzt gesprungen ist. Auf vierzig möchte er unbe­ dingt noch kommen. Doch Höhe ist nicht die einzige Herausforderung in dem Sport, der sich in den letz­ ten Jahren stark weiterentwickelt hat. Auch die Qua­

lität der Sprünge hat sich deutlich gesteigert. „Vor zehn Jahren hätte ich nicht geglaubt, dass ich einen dreifachen Rückwärtssalto mit zweifacher Schraube schaffen könnte. Heute denke ich daran, noch eine Schraube einzubauen.“ Das braucht neben perma­ nentem Training viel Zeit und Geduld. Mit Letzterer ist der Weltmeister von Natur aus gut ausgestattet. Ruhig und besonnen steht er zwi­ schen den Touristen am Hamburger Hafen, unbeein­ druckt vom hektischen Treiben rundherum. Vermut­ lich hat er noch nie die Nerven verloren. Wozu auch? Er vertraut auf seine mentale Stärke, seine Technik, sein Können. Und er freut sich, dass Cliff Diving immer populärer wird. Auch als ernstzunehmende Sportart, weil der Aufwand dahinter erkannt wird. Vorbei die Zeiten, wo man die Springer als „crazy guys“ abtat, die in winzige Wasserlöcher springen. „Cliff Diving wird zwar immer in der Extremsport­ ecke bleiben und niemals eine olympische Disziplin. Der Run der Jungen ist aber enorm.“ Gut sei vor allem, dass immer mehr Turmspringer nach ihrer Karriere zum Klippenspringen wechseln. Beste Voraussetzungen, weil sie technisch auf hohem Niveau beginnen. Fürs Turmspringen ist man mit 25 Jahren zu alt, mit Klippenspringen sollte man jünger gar nicht anfangen, weil sonst die nötige Reife fehlt. Hau ruck und Leben riskieren macht man halt nur einmal. Und wann, bitte schön, ist man als Cliff Diver zu alt? Das weiß der 34­Jährige jetzt auch nicht so genau. Die meisten treten verletzungsbedingt ab. Der 45­jährige Ukrainer Andrey Ignatenko aber ist noch immer einer der Besten der Welt. Orlando hofft zu erkennen, wenn er keinen guten Job mehr macht, also beim immer höher werdenden Niveau nicht mehr mitkommt. „Das kommt schneller, als man denkt. Die nächste Generation scharrt schon in den Startlöchern. Wenn ich nicht mehr unter den Top Ten bin, wird es Zeit, dass ich mir etwas anderes suche.“

Bei der Red Bull Cliff Diving Series 2009 kämpfen zwölf Klippenspringer um den Titel des besten Cliff Divers der Welt: Noch nie zuvor sind Springer in acht aufeinanderfolgenden Wettbewerben aus mindestens 26 Meter Höhe ins Wasser eingetaucht. Die Series startete am 8. Mai 2009 in La Rochelle (Frankreich), Halt macht sie zudem in den Niederlanden, Kroatien, Italien, der Türkei, der Schweiz – und eben in Hamburg am 29. August um 11 Uhr (Moderation: Lotto King Karl und Anna Bader). Der letzte der acht Bewerbe wird am 20. September 2009 in Athen ausgetragen.

6. Stopp der Red Bull Cliff Diving Series 2009: 29. August, 11 Uhr, „Rickmer Rickmers“, Hamburg. Eintritt frei! www.redbullcliffdiving.com; redbulletin.com/duque/de

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Pionier

BoBBy Fischer

war dreizehn, als er an einem Nachmittag im New Yorker Marshall Chess Club seine Dame opferte. Am Ende dieser Partie kannte ihn die Welt als Schachspieler. Text: Michael Paterniti

Geboren 9. März 1943, Chicago, Illinois Gestorben 17. Januar 2008, Reykjavík, Island Wohnorte USA, Japan, Island, vorübergehend auch Deutschland und die Philippinen Beruf Schachspieler Erfolge Weltmeister 1972 (12½:8½ gegen Boris Spasski, RUS), SchachOscar 1970/71/72 Bücher „Bobby Fischer Teaches Chess“, 1966; „My 60 Memorable Games“, 1969 Web www.chessgames.com

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Bevor er an einem dunklen Wintermorgen 2008 im Stillen auf einem einsamen isländischen Friedhof im Alter von 64 Jahren beigesetzt wurde (nur vier Menschen folgten bei diesem eilig organisierten Begräbnis dem Sarg); vor seinen letzten Lebenstagen mit kranken Nieren und verrottenden Zähnen (er hatte sich alle Füllungen herausreißen lassen im Glauben, dass der amerikanische und der russische Geheimdienst über sie sein Gehirn mit Radiowellen traktieren könnten); vor den langen, einsamen Stunden in einer Buchhandlung in Reykjavík, in einem Geschäft, das ihn an seine Jugend in Brooklyn erinnerte (in beiden las er Comics und Schachbücher); und vor seinen Jahrzehnte währenden gespenstischen Irrfahrten durch die Welt, als weltlicher Mönch oder Fachidiot auf der Suche nach dem perfekten Exil (von Pasadena nach Ungarn weiter auf die Philippinen, wo er angeblich ein Kind hatte, und nach Japan, wo er angeblich verheiratet war und wegen eines Passvergehens eingesperrt wurde); vor seinen bizarren Ausbrüchen (er bejubelte das Drama von 9/11 als „wunderbare Nachricht“ und glaubte, dass die Juden den afrikanischen Elefanten ausrotten wollten, weil sein Rüssel an einen unbeschnittenen Penis erinnere); und vor dem Schauspiel, als er 1992 seine einstige Nemesis, den Ex-Schachweltmeister Boris Spasski, wieder traf zu einem enttäuschenden Retourkampf im kriegszerrissenen Jugoslawien, trotz der UN-Sanktionen gegen dieses Land (vor laufender Kamera spuckte er auf den US-Beschluss, der ihm das Antreten verbot); und sogar viel früher als das Treffen 1972, genannt das „Match des Jahrhunderts“, als die Augen der Welt in ihm das strahlende Symbol von amerikanischer Willenskraft, Innovation und Brillanz sahen (das Match, in dem er es mit der sowjetischen Schachmaschine aufnahm und sie im Alleingang zerschmetterte, aber nicht bevor Henry Kissinger ihn in einem legendenumwobenen Anruf aufgefordert hatte, auf seine wirren Wünsche zu verzichten und einfach zu spielen); sogar vor seiner dreisten, geradezu anstößigen Demolierung einer Kavalkade von Großmeistern, die ihm

den Weg zum Aufeindertreffen mit Spasski verstellten (er gewann zwanzig Spiele en suite, die längste Siegesserie im modernen Schach); bevor sein Verstand langsam aus dem Gleichgewicht geriet und er zum wandelnden Paradoxon wurde (ein antisemitischer Jude, ein antiamerikanischer Nationalheld, ein Genie im Vergeuden seiner Fähigkeiten); ja, vor dem Zirkus, den sein Leben umgab, war er ein dreizehnjähriges Kind in der ersten Begeisterung dafür, was er am meisten liebte: Schach. Am 17. Oktober 1956 nahm Bobby Fischer ungeduldig Platz im Marshall Chess Club im West Village, New York. Ihn, den schlaksigen Burschen, der nur aus Armen und Beinen zu bestehen schien, hatte man eingeladen, beim Rosenwald Memorial gegen die elf besten Spieler des Landes anzutreten. Mit seinem angeblich außergewöhnlich hohen IQ von 181 (höher als Einsteins) und fabelhaften Gedächtnis (er speicherte die Stellungen, Kommentare und Analysen von Partien eines ganzen Schachjahrhunderts; viele hatte er während des Schulunterrichts gespielt) galt er als Wunderkind, das Verlieren hasste und gerade erst gelernt hatte, dabei nicht in Tränen auszubrechen. Unter all den Konkurrenten, Herren in eleganten Anzügen und mit dünnen Krawatten, trug Bobby ein kragenloses, kurzärmliges Leibchen, die Haare kurz und adrett, ein Junge unter Männern. Er sah aus, als käme er von einem Baseballspiel. Fischers Gegner auf der anderen Seite des Bretts war an diesem Tag der künftige Internationale Meister Donald Byrne. Der war 26, und sein stets aggressiver, schnörkelloser Stil machte ihn zu einem der gefährlichsten Spieler des Landes. Bobby spielte mit Schwarz und entschied sich rasch für die GrünfeldIndische Verteidigung. Er überließ Byrnes Figuren das Zentrum des Bretts, um sie dann von den Flanken her anzugreifen. Inzwischen hatte Byrne schnell seine Dame ins Spiel gebracht, offensichtlich erpicht darauf, den Knaben abzuservieren. Und doch hatte Bobby nach elf Zügen nicht nur Byrnes Königin in

BILD: REx FEATURES/CSU ARCHV/EVERETT

Name Bobby Fischer


Das Schachgenie Bobby Fischer 1957, mit 14 Jahren: „Er wirft einfach die Einzelteile des Spiels auf das Brett, und sie landen an der richtigen Stelle.“


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mals. Der Junge verwandelte komplexe Probleme in klare Züge, sein Schach war wirkungsvoll, organisch, reaktionsschnell, einfallsreich. „Es ist schwierig, gegen die Theorie Einsteins anzutreten“, rekapitulierte Weltmeister Michail Tal nach seiner ersten Niederlage gegen Fischer. „Er spielt wie ein Kind“, urteilte Spasski: das größte Kompliment, das er machen konnte.

einer unkomfortablen Position bloßgestellt, sondern auch einen Springer losgeschickt, was Byrnes Dame zu einer misslichen Verfolgung nötigte. Bobby hatte die Angewohnheit, sich während des Spiels über das Brett zu lehnen und nervös an den Nägeln zu kauen. Das ließ seine Züge provisorisch aussehen, beinahe rührend. Byrne hatte seine Möglichkeiten, doch er versäumte es, seinen König in die Deckung durch einen Turm zu ziehen. Damit öffnete er dem Jungen ungewollt eine Tür. Bobby tauschte einen Springer gegen einen von Byrne und untergrub damit Byrnes Kontrolle über das Zentrum. Doch dann: Was war das? Mit einem Mal enthüllte das Kind eine Panzerdivision beim Angriff. Oder, wie es einer aus jener Legion von Bloggern ausdrückte, welche die Partie Byrne – Fischer noch heute ständig analysieren: „Der Siegeswille und die tiefgründige Taktik gipfelten in der Einsicht, die Weiß [Byrne] kommen musste, nämlich einem Monster mit hundert Augen gegenüberzusitzen, dem nichts entgeht.“ Vier Züge später bietet Bobby mit einem Zug, den er selbst später als einen der besten seiner Karriere bezeichnete, seine stärkste Figur – die Dame – zum Tausch gegen einen Läufer an. Diese Dreistigkeit, speziell wenn sie von einem Dreizehnjährigen kam, und das Raunen der Zuschauer darüber signalisierten der Welt an diesem Tag den Beginn von etwas völlig Unerwartetem – und etwas Schrecklichem für Byrne. Auch wenn Fischer ein Kind war, würde er doch wohl nicht seine Dame opfern, oder? Als Byrne die Dame schlug in der Hoffnung, nachfolgende Komplikationen erfolgreich zu überstehen, besiegelte er im Gegenteil sein Schicksal. Nach diesem Tausch von Stärke gegen Position ließ Bobby seine übrigen Figuren von der Leine, in exakten, kreisenden Bewegungen – einen Springer, einen Läufer und die zwei Türme. Er öffnete Linien und schickte Byrne in ein Windrad von Abzugsschachs, währenddessen er die Königin nicht ins Spiel kommen ließ. Das war die Anmut von Bobby Fischers Denkweise, bereits da46

An diesem Tag in Manhattan, ein Leben entfernt von dem unfrisierten, spuckenden Oxymoron, das aus ihm wurde, jenem nicht länger rätselhaften König Lear des Schachs auf seiner trostlosen Heide, trat der Junge Bobby Fischer hinaus auf den Gehsteig der 10. Straße West, fesch und vergnügt, und marschierte zum Abendessen in einem Restaurant. Er hatte bereits einen Fan im Schlepptau, und zweifellos sprachen sie über Schach. In diesem Einschnitt seines Lebens; bevor er seine eigene Mutter opferte (sie trennten sich fünf Jahre später, als Bobby achtzehn war, und versöhnten sich erst einige Jahre vor ihrem Tod 1997 wieder); und bevor er sich durch Legionen von Feinden und Bewunderern gekämpft hatte … da konnte Bobby Fischer noch nicht ermessen haben, wie weit sein 13-jähriges Selbst im Marshall Chess Club bereits gekommen war. Oder wie weit es zu gehen hatte. Unschuldig und unersättlich, dem Spiel hörig, das er so liebte, wollte Bobby jetzt nur etwas essen, damit er wieder spielen konnte. © The New York Times, 2008 Mehr Pioniere auf: redbulletin.com/legends/de

BILD: REUTERS

Bobby Fischers letztes öffentliches Spiel: 1992 brach er das Embargo der USA gegen SerbienMontenegro und spielte auf der Adria-Insel Sveti Stefan gegen seinen alten Rivalen Boris Spasski, bei einer Art inoffiziellen Weltmeisterschaft. Fischer gewann 17½:12½ und 5,5 Millionen Dollar.

Nach 41 Zügen war die Partie vorbei. Byrne war die ganze Zeit auf der Flucht gewesen, wie ein Hase. Im Nachhinein betrachtet und mit Computerhilfe, scheint das Damenopfer in jedem Fall der stärkste Zug gewesen zu sein, obwohl es sich vom Wissen und von der Symbolkraft her offensichtlich verbot, die stärkste Figur für scheinbar nichts aufzugeben. Der Zug macht Bobby zum Mythos. Ein Schachmagazin nannte das Byrne – Fischer-Scharmützel atemlos gar „Spiel des Jahrhunderts“. Zu jener Zeit war es das vielleicht, aber mehr als das kündigte es schlicht die Ankunft Fischers an. Ebenso seiner Art, Schach zu spielen, neu für die Zeit und definiert durch sein noch gründlicheres Memorieren kompletter Partien – von Eröffnungen und sogar des Mittelspiels – und die kreative Synthese aller Teile, um im richtigen Moment für die Wechselfälle auf dem Brett gerüstet zu sein. All das gipfelte in nahezu grausamen Endspielen, die sein Markenzeichen wurden. Auf Bobbys Spielbericht sah an diesem Tag alles so einfach aus, so vorbestimmt. Als die Partie zu Ende war, kritzelte er in seiner typischen unleserlichen Handschrift „Mate“ (Matt) aufs Papier (es sah aus wie „Mute“, sprachlos). Dann zog er seine Jacke an und brach mit seiner Mutter auf. Im Jahr darauf würde er die US-Meisterschaft gewinnen, im Folgejahr verlieh man ihm den Titel eines Großmeisters – ein verblüffender, kometenhafter Aufstieg. Hinterlassen würde er Dutzende weiterer glasklarer Spielberichte, Erfindungen für spezielle Momente, unterzeichnet mit einem Wort, das sich las wie „Mute“ und damit die beste Art war, sich an ihn zu erinnern.


Kostenlose Schaltung.

“Grenzen existieren nur im Kopf.” Hannes Arch.

Red Bull Air Race Weltmeister und Wings for Life Botschafter. Schon als kleiner Junge war er davon überzeugt, dass man an ein Ziel glauben muss, um es erreichen zu können. Er träumte vom Fliegen – heute nennt er das Cockpit sein zweites Zuhause. Rund 2,7 Millionen Menschen weltweit haben ein gemeinsames Ziel. Seit einem Unfall sind sie querschnittsgelähmt. Ihr Traum ist es, eines Tages wieder auf eigenen Beinen zu gehen. Lange Zeit galt die Heilung einer Rückenmarksverletzung als unmöglich. In wissenschaftlichen Experimenten ist es jedoch gelungen, verletzte Nervenzellen zu regenerieren – und damit die vermeintliche Unheilbarkeit zu widerlegen. Basierend auf dieser revolutionären Erkenntnis in der Grundlagenforschung ist es heute medizinisch-wissenschaftlicher Konsens, dass Querschnittslähmung beim Menschen eines Tages heilbar sein wird. Es bedarf jedoch noch intensiver Forschungsarbeit, um den Durchbruch in der Humanmedizin erreichen zu können.

Jede Spende zählt. Wings for Life - Rückenmarksforschung e.V. Bayrische Landesbank München. Kontonummer 11911. Bankleitzahl 700 500 00.

www.wingsforlife.com


Eine Frau in ihrem Element: das australische Surf-Ass Sally Fitzgibbons vor Mentawai, Indonesien.

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Action Ganz schรถn was los: Was uns diesen Monat bewegt.

bild: Agustin Munoz/Red bull Photofiles

50 Robbie Maddison 58 suRfen 64 Red bull aiR Race in budapest 70 ZsKa MosKau


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Immer auf dem Sprung

Es gibt kaum eine gefährlichere Sportart als Freestyle Motocross. Robbie Maddison, den sie den „König des FMX“ nennen, verwandelt seine Angst in atemberaubende Tricks und einige der spektakulärsten Stunts der Welt. Text: Andreas Tzortzis, Bilder: Lee Powers 50



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L

os Angeles ist ein Durcheinander von Autobahnen und Beton-Bungalows, dazwischen Gruppen von Hochhäusern aus Stahl und Glas. Du wirst keinem dieser Häuser Beachtung schenken, wenn du an einem lauen, sonnigen Sommertag den Freeway 405 von San Diego aus in die Stadt rollst. Außer du heißt Robbie Maddison. „Ich bin einmal von Norden nach L. A. hinein, mit dem Auto. Ich hatte 65 Meilen drauf, als ich an diesem großen Gebäude vorbeigefahren bin“, erzählt Maddison. „Da kam mir eine Idee: Mit der richtigen Rampe und dem richtigen Tempo kann ich ein zehnstöckiges Haus springen.“ Er meint: hinaufspringen. Ein paar Monate später wurde die Idee Realität, Ort und Zeit wurden mit Bedacht gewählt: Las Vegas, die Silvesternacht. Der australische Freestyle-Motocrosser raste über eine Rampe mit exakt 68 Grad Steigungswinkel, flog vierzig Meter durch die Luft und landete punktgenau auf einem dreißig Meter hohen Nachbau des Pariser Triumphbogens. Oben angekommen, drehte er einfach um, sprang wieder hinunter – und landete mehr oder weniger direkt in den Armen seiner erleichterten Freundin Amy. Tausende verfolgten den unglaublichen Sprung live, Millionen sahen ihn live im TV. Eine weitere Million hat sich der Film danach auf YouTube reingezogen. Sie alle haben sich dieselbe Frage gestellt: Was um Himmels willen hat sich der Typ dabei gedacht? „Die Aufgeregtheit vor einem Sprung, die Anspannung, sie machen dich beinahe krank“, sagt Maddison. „Es ist schwierig, das aus dem Kopf zu kriegen, weil dein Hirn immer daran denkt, was schiefgehen könnte … aber wenn du die Gefühle überwunden 52

hast, kannst du die Situation ganz ruhig beurteilen. Die Physik sagt, dass es möglich ist. Du darfst nur nichts falsch machen. Und wenn es dann gelingt, wenn du alle Fehler vermeidest, bleibt das irrste Gefühl ever übrig.“ Drei Jahrzehnte nach dem letzten Auftritt von Evel Knievel führt der 28-Jährige aus Kiama in New South Wales die neue Generation der Erben des wohl legendärsten aller Motorrad-Stuntmen an. Maddison, den sie „King of FMX“ nennen, versteht seinen Sport auch als Mission: Er will dem Publikum das Spektakel der großen Sprünge zurückbringen. Maddisons Silvester-Sprung 2008 passierte, genau ein Jahr nachdem er (ebenfalls in Las Vegas) einen Rekord im Motorrad-Weitsprung aufgestellt hatte. Die Familie von Evel Knievel schaute zu, als Maddison – kaum einen Monat nach dessen Tod – exakt 98,32 Meter weit sprang. Eine Distanz, die Altmeister Knievel für unmöglich gehalten hatte. Doch die Motorräder sind leichter und stärker geworden. Und die Fahrer sind besser trainiert und gehen akribischer an die Aufgabe heran. „Das ist kein Improvisieren mehr wie früher“, sagt Cameron Steele, selber lange Jahre Freestyle-Motocrosser und nun Motorsport-Kommentator für den US-Sportsender ESPN: „Früher hat die Sache nach dem Prinzip Trial and Error funktioniert. Aber fast alle, die sich in den letzten fünf Jahren in diesem Metier versucht haben, beschäftigen sich mit jedem Trick, den sie probieren, zuerst in der Theorie – und erarbeiten sich dann die Praxis. Die Sache ist zu einem Business geworden, und die Jungs, die es betreiben, sind seriöse Athleten, keine halsbrecherischen Draufgänger.“

Eine Karriere, die Spuren hinterlassen hat: Wer vermisst Tattoos, wenn es Operationsnarben als Ersatz gibt?



Die groĂ&#x;en Tricks werden dort trainiert, wo Kalifornien nicht so kalifornisch aussieht.


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BILDER: CHRISTIAN PONDELLA/RED BULL PHOTOFILES (2)

„Wenn du deIne angSt überWunden haSt, bLeIbt daS IrrSte gefühL ever übrIg.“ Später Vormittag, der Wind wirbelt kleine Staubfahnen vor sich her. Kühe trotten langsam über den ausgedörrten Boden. Wir sind in den Hügeln bei Valencia, knapp außerhalb von L. A. Kaum zu glauben, dass die aufpolierten Porsches und die sonnengebräunten Körper von Malibu bloß eine Autostunde weiter südlich zu Hause sind. In den öden Hügeln, die den Süden Kaliforniens vom fruchtbaren Mittelstück mit seinen Kornfeldern trennen, hat man zwei Motocross-Strecken in ein schmales Tal hineingefräst. Als Motocrosser kann man sich hier richtig wohl fühlen. Es gibt jede Menge Sprünge und Rampen, und Ärger mit den Nachbarn ist ausgeschlossen: Die Nachbarschaft besteht aus nichts als einem Schießplatz. Maddison hat sich unter einer blauen Zeltplane vor der stechenden Sonne verborgen und macht sich flugfertig. Über die Hosenbeine stülpt er zwei Knieschützer aus Carbon. Dann streift er ein Leibchen über seinen schmalen, muskulösen, mit Schrammen und Operationsnarben übersäten Oberkörper. Maddison schätzt, dass er sich in seiner Karriere mindestens dreißig Knochen gebrochen hat, dazu kommen noch diverse Gehirnerschütterungen, Schädelfrakturen und eine Reihe weiterer Verletzungen, jede für sich nichts für schwache Nerven. Maddisons Mechaniker Vernon „Buddy“ Wagner bastelt an der blauen Yamaha herum. Er fixiert die Bowdenzüge von Gas und Bremse: Robbie mag die Vorstellung gar nicht, dass sich seine Füße während einer kopfüber absolvierten Luftfahrt darin verheddern könnten. Buddy ist ein bulliger Bursche, der seine optische Eleganz ausschließlich aus schwarzen T-Shirts und Baseballkappen bezieht. Letztes Jahr wurde er Maddisons Fulltime-Angestellter mit einer sehr kurzen Job Description: das Beste aus Maddisons Bike herauszuholen. Buddy versteht seinen Job freilich umfassender, er dient, gemeinsam mit Amy, auch als Reisebegleiter, als Motivator und als Vertrauter, auf dessen Meinung man einfach hört. Das Motorrad, das Buddy jetzt hinausschiebt an den Rand des Kurses, ist das gleiche, das Maddison für den letzten Silvester-Sprung verwendet hat und Mitte Juli für den Sprung über die Londoner Tower Bridge, dessen Bilder um die Welt gingen. Auch bei der Red Bull X-Fighters World Tour, deren Finale am 22. August in London steigt, wird er auf seine blaue Yamaha vertrauen. „Er hat sich an sie gewöhnt“, sagt Buddy. „Wir hätten ein neues Bike, aber Robbie will einfach keine andere als die blaue.“

31. 12. 2007 aIr maddISon Robbies Art, das Jahr 2008 willkommen zu heißen: In Las Vegas verwendete er ein Footballfeld zur Illustration einer besonderen Leistung, nämlich der Verbesserung des WeitsprungWeltrekords auf einem Motorrad auf stattliche 323 Fuß, was knapp 99 Me-

tern entspricht. Beim offiziellen Rekordsprung herrschte jedoch leichter Gegenwind. Das Training an den Tagen davor hatte unter idealen Bedingungen stattgefunden und einen Langstreckenflug von nicht ganz 107 Metern ermöglicht.

31. 12. 2008 maddo auf dem dach Robbies Art, das Jahr 2009 willkommen zu heißen: Vor tausenden fassungslosen Zusehern sprang er in der Silvesternacht 2008 in Las Vegas auf die dortige Nachbildung des Arc de Triomphe, um gleich wieder den Rückweg anzutreten, freilich ebenso mittels

Luftfahrt. Die Rampe war zehn Meter hoch, das Dach der Triumphbogen-Replik ist in 30 Meter Höhe anzutreffen – das entspricht etwa der Abmessung eines zehnstöckigen Hauses. Robbie verletzte sich beim halsbrecherischen Stunt an der linken Hand.

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30. 5. 2009 der erSte SIeg Die Events der Red Bull X-Fighters World Tour sind die Majors des FMX. 2009 schaffte Robbie seinen ersten Sieg auf der renommiertesten Freestyle-Tour der Welt: Im kanadischen Calgary besiegte er im Viertelfinale den US-Superstar Nate Adams (trotz

dessen fabelhaftem 360) und im Finale den japanischen Routinier Eigo Sato, Favorit Mat Rebeaud wurde Dritter. „Einfach nur unglaublich. Jeder Freestyler träumt von einem Sieg bei den Red Bull X-Fighters. Für mich ist dieser Traum heute wahr geworden.“

13. 7. 2009 über dIe brücke Auch diese Bilder gingen um die Welt: Am Montag, dem 13. Juli, um exakt 2.55 Uhr morgens startete Robbie in London am Ufer der Themse seine blaue Yamaha, drehte am Gasgriff und raste mit 75 km/h auf die Tower Bridge zu – als diese im Begriff war, sich zu

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öffnen. Robbie hob auf der Nordseite ab, drehte einen sauberen Backflip und landete nach einem Flug mit 22 Metern Luftstand auf der südlichen Brückenhälfte. „Die Perspektive auf die Themse war cool. Es war einer der Momente, die man nicht mehr vergisst.“

Die Maschine spotzt und knurrt, als Maddison am Gasgriff dreht. Mann und Maschine verstehen sich blind, das zeigt sich, als Maddison seine Runden dreht, Staubwolken im Schlepptau. Immer und immer wieder springt er über eine Rampe, dreht das Motorrad in der Luft auf die Seite oder schwebt parallel dazu, hält sich nur am Sitz fest. Dann ein Backflip, ein Rückwärtssalto, noch einer. Amy, die auf einer Bank unter der Plane gesessen ist, unterbricht ihre Plauderei, als sie am Motorengeräusch erkennt, dass Robbie abgehoben hat. Sie wartet, bis die Maschine wieder gelandet ist und Robbie beschleunigt, dann steht sie auf und geht nach draußen, um besseren Überblick zu haben. Maddo zeigt den nächsten Sprung, er hat das Bike dabei perfekt unter Kontrolle und zeichnet einen wunderbaren Bogen in die Luft. „Oh!“, ruft Amy und klatscht in die Hände. „Der war gut!“ Die zwei haben sich vor fünf Jahren getroffen. Maddison, der damals diverse Verletzungen auszukurieren hatte, war insgesamt ein wenig von der Rolle: Er verbrachte zu viel Zeit im Nachtleben der partygeeichten Moto-X-Szene. Amy brachte Stabilität und Ordnung in sein Leben. Maddison gesteht, dass sie sich auch intensiv mit seinem Angebertum befasst hat. Das war immer da. Robbie war drei, als er sein erstes Abenteuer absolvierte: Er sauste mit dem Fahrrad die Straße hinunter, direkt auf den Schulbus zu, in dem seine kreischenden Kindergartenfreunde saßen. Kurz vor dem Zusammenstoß legte er eine Vollbremsung hin, inklusive Bremsspur, direkt neben den wartenden Eltern. Von seiner Mutter bekam er danach eine Ohrfeige, von seinem Vater einen Motorradhelm. Ein Jahr später kriegte Robbie seine erste Motocross-Maschine. (Kurz darauf hatte er sie zerstört.) Mit fünf sprang er von einem zweistöckigen Parkhaus, was rund zwölf Meter Luftfahrt bedeutete. Mit acht bestritt er Motocrossrennen: Sein Vater weckte ihn um drei Uhr morgens, dann rumpelten sie bis zu zehn Stunden mit dem Auto zu irgendwelchen staubigen Motocross-Tracks irgendwo in Australien. Auf diesen technisch anspruchsvollen Strecken fiel die Leichtigkeit auf, mit der Robbie sein Motorrad beherrschte. Und seine Schwäche, bei jeder Gelegenheit höhere Sprünge hinzulegen als die Gegner. „Ich wollte immer größere und größere Motorräder, damit ich höher und höher springen konnte“, sagt er. Mit sechzehn gab Maddison seine durchaus vielversprechende Motocross-Karriere auf und tauschte

BILDER: MICHAEL REGAN/GETTY IMAGES FOR RED BULL PHOTOFILES, JöRG MITTER/RED BULL PHOTOFILES

„Wenn du den SchauSpIeLer robbIe nIcht kennSt, kennSt du den Wahren robbIe nIcht.“


BILDER: JUSTIN KOSMAN/RED BULL PHOTOFILES, DANIEL GRUND/RED BULL PHOTOFILES, GARTH MILAN/RED BULL PHOTOFILES, CHRISTIAN PONDELLA/RED BULL PHOTOFILES

sie gegen die sichere Zukunft eines Elektrikers. Nach zwei Jahren in einem langweiligen Job hatte er es zwar zu einem Haus gebracht, aber glücklich war er nicht. Also kündigte er. „Mein Kopf sagte mir, dass das falsch war. Aber mein Bauch war sicher, dass es richtig war“, erinnert sich Maddison. „Und weil ich den Mut hatte, auf meinen Bauch zu hören, musste mein Verstand schließlich klein beigeben.“ Die letzten Monate verbrachte Maddison in einer speziellen Stimmung. Schuld daran war der Tod seines engen Freundes und X-Games-Siegers Jeremy Lusk. Der Amerikaner starb im Februar bei einem Contest in Costa Rica an den Kopfverletzungen, die er sich bei einem Sturz zugezogen hatte. Der Unfall schockte die Szene: Auf einmal war sie wieder präsent, die Gefahr, die in diesem Sport steckt. „Wie konnte es passieren, dass Lusk bei etwas sterben musste, was wir jeden Tag tun, während ich von einem dreißig Meter hohen Gebäude springe und hinterher davonspaziere?“, fragt Maddison. „Ist das fair? Ich versteh’s nicht.“ Der Zwischenfall hat Maddison vorsichtiger gemacht. Er hört ein bisschen genauer hin, wenn eine innere Stimme sagt, dass er jetzt vielleicht nicht aufs Motorrad steigen sollte: Es ist ein extrem dünner Grat zwischen Mut und Wahnsinn, auf dem ein FMXProfi balancieren muss, um einerseits das tun zu können, wofür er lebt – und andererseits zu überleben. Wie diese Balance aussieht, muss jeder Freestyler für sich selbst definieren. Maddison versucht, einfach im Moment zu leben, dankbar für jede Möglichkeit, auf dem Motorrad zu sitzen. „Ich kenne eine Menge Jungs, die Angst haben vor dem Tod“, sagt er. „Ich nicht. Das heißt nicht, dass ich zu viel riskiere, aber es ist wichtig, dass du alles aus deinem Leben herausholst. Das mache ich.“ Wohin geht Maddisons weitere Reise? Er selber hat manchmal das Gefühl, dass er zu früh zu viel gezeigt hat, zwei Riesensprünge innerhalb eines Jahres. Aber es gibt immer Konkurrenten, die ihn zwingen, noch höher zu springen, alte Rekorde zu brechen und neue aufzustellen. Was ihn am meisten antreibt, ist die Verehrung, die ihm seine Fans entgegenbringen, und das Rundherum bei den Sprüngen, die Atmosphäre bei den großen Red Bull X-FightersContests in Madrid oder in Mexico City, die viel zu verführerisch ist, um ihr zu widerstehen. In ein paar Tagen wird Maddison durch ein Fenster des Londoner Battersea-Kraftwerks springen, um mitten in einem spektakulären Kurs zu landen. Mit elf weiteren Freestyle-Motocrossern matcht er sich dann um den Sieg beim Finale der Red Bull X-Fighters Tour. Es geht darum, wer höher und spektakulärer springt, die tolleren Tricks zeigt. Aber es geht ebenso darum, wer die Menge am besten mitreißen kann. Und das ist eine Aufgabe ganz nach Maddisons Geschmack. „Wenn du Robbie, den Schauspieler, nicht kennst, kennst du auch den wahren Robbie nicht“, sagt er. „Denn das bin ich nämlich, ein Showman.“ Aktuelle Infos zur Tour: www.redbullxfighters.com News und Videos: redbulletin.com/redbullxfighters/de

EIGO SATO Der große japanische Routinier trickst 2009 besser denn je.

R e d B u l l x-f i g h t e R s

VIerkampf Im kraftWerk Mexico City, Calgary (CAN), Fort Worth in Texas und Madrid waren die ersten vier Stationen der Red Bull X-Fighters World Tour 2009. Das Finale steigt am 22. August, erstmals in London, und zwar an einem ganz besonderen Schauplatz: Die 10.000 Besucher fassende Arena wird in der Battersea Power Station eingerichtet, einem einzigartigen Industriedenkmal. Das Kohlekraftwerk am Ufer der Themse versorgte London von 1933 bis 1983 mit Energie, bereits in seiner aktiven Zeit wurde das eindrucksvolle Gebäude – einer der größten Ziegelbauten Europas – aber auch kultureller Verwendung zugeführt. 1977 wählten Pink Floyd die Battersea Power Station als Covermotiv ihres Albums „Animals“, The Who taten selbiges für „Quadrophenia“. Alfred Hitchcock hatte Battersea schon 1936 als Szenerie für seinen Film „Sabotage“ gecastet, ebenso nützten Monty Python in „Der Sinn des Lebens“ die einzigartige Kulisse. Im Film „1984“

verkörperte Battersea das Ministerium für Wahrheit. Um die Battersea Power Station für die speziellen Bedürfnisse von zwölf der weltbesten Freestyle-Motocrosser fit zu machen, sind 7500 Tonnen Dirt nötig, im fein abgestimmten Mix aus Schotter, Sand und Schlacke. Die Errichtung des Tracks dauert sechs, der Aufbau der Tribünen zwei Wochen. Der Kampf um den Gesamtsieg der Red Bull X-Fighters World Tour 2009 spitzt sich auf einen feinen Vierkampf zu: Nach dem Heimsieg von Dany Torres in Madrid führt Nate Adams (USA/225 Punkte) vor Eigo Sato (JAP/215) sowie dem Schweizer Mat Rebeaud und Robbie Maddison (je 210). Auf einen kollektiven Umfaller der vier Führenden müssen Cameron Sinclair (AUS/165) und Dany Torres (ESP/150) hoffen. Der Sieger eines Einzelevents erhält 100 Punkte, der Zweite 80, der Dritte 65. Die vier besten Ergebnisse jedes Riders kommen in die Wertung.

DANY TORRES Der Spanier zeigte beim Sieg in Madrid aufsteigende Form.

MATHIEU REBEAUD Der Schweizer ist seit Jahren in der Weltspitze etabliert.

NATE ADAMS Travis Pastrana hält Nate für den besten Freestyler der Gegenwart.

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Profi bei der Arbeit

Für das Palmen-Panorama hatte die achtzehnjährige australische Weltklasse-Surferin Sally Fitzgibbons kein Auge – ihre ganze Konzentration galt den perfekten Wellen.

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rodeo in mentawai Einige der größten Talente und einige der besten Surfer der Welt auf einem gemeinsamen zehntägigen Bootstrip: Impressionen einer einzigartigen Gruppenreise vor der Westküste Sumatras. Bilder: Agustín Muñoz


13 Surfer, 10 tAge, Millionen ZuSeher

Es war die wohl hochkarätigste Reisegruppe der Surfgeschichte: 13 junge Talente und Weltklasse-Surfer – unter ihnen Ex-Weltmeister Mick Fanning und Top-Profis wie zum Beispiel Sofía Mulánovich, Sally Fitzgibbons, Jordy Smith und Tim Boal – bestiegen vor der Westküste Sumatras in Indonesien gemeinsam ein Boot. Zehn Tage lang erkundeten sie die besten Spots rund um die Mentawai-Inseln. Von dem Trip profitierten nicht nur die Rookies, auch die Stars wurden in den zehn Tagen zu besseren Surfern. Bestes Beispiel: Jordy Smith’ Ausführung des Tricks „Rodeo Clown“ – bei dem Smith aus der Welle springt und sich zweimal um die eigene Achse dreht – gelang so perfekt, dass der Clip alle YouTube-Rekorde von Surftrick-Videos brach.

Weg und Ziel

Ausführliche Videoanalysen, akribische Beschäftigung mit dem Material und Laktattests (autsch!) gehörten selbst bei diesem Trip ins Paradies dazu. Aber die Arbeit lohnt, wie dieser perfekte Surf-Moment vor der untergehenden Sonne beweist.


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Vorbild

Dem Südafrikaner Jordy Smith war die weltweite Bewunderung der Internet-User nicht so wichtig. Ihn begeisterten die Reaktionen der Talente auf dieser Reise, „ihr Lächeln zu sehen war bereits genug, um eines auf mein Gesicht zu zaubern und mich mit der Begeisterung anzustecken“.

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eVolution der WeltMeiSter

Auf dem oberen „Mannschaftsfoto“ befinden sich zwei ExWeltmeister und der eine oder andere in spe (von links): Kolohe Andino (USA), Tiago Pires (POR), Conner Coffin (USA), Tim Boal (FRA), Evan Geiselman (USA), Jordy Smith (RSA), Cristóbal de Col (PER), Adriano de Souza (BRA), Michel Bourez (FRA), Ex-Weltmeister Mick Fanning (AUS), Sally Fitzgibbons (AUS), Ex-Weltmeisterin Sofía Mulánovich (PER), Julian Wilson (AUS).


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tunnelblick

Der 28-jährige Mick Fanning hat infolge seines durchaus privilegierten Berufsalltags schon einige der tollsten Plätze der Welt gesehen. Aber die Bedingungen im Indischen Ozean vor der Westküste Sumatras sind selbst für den ehemaligen Weltmeister außergewöhnlich. Der Australier war nach seinem rekordverdächtigen Acht-Sekunden-Tuberide restlos begeistert: „Das war einer der fünf geilsten Trips in meinem Leben.“ Alle Fotos, Videos und Infos zu Red Bull Rising: www.redbullsurfing.com

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bild: jรถrg mitter


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Über budapest

Die Faszination des Red Bull Air Race ist nirgendwo greifbarer als in Budapest. Eine Empfehlung für einen unvergesslichen Trip in Ungarns Hauptstadt am 19. und 20. August.

Aus dem ganzen Land strömen hunderttausende Fans an die Ufer der Donau, ins Zentrum der Hauptstadt, um Nationalheld Péter Besenyei beim Kampf um WM-Punkte anzufeuern.


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Wenn ich da steh am Ufer und schau in die Luft: Als Rookie-Zuschauer am Red Bull Air Race. Von Herbert Völker

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BILDER: BALAZS GARDI, MARKUS KUCERA (2), ZSOLT SZIGETVARy

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llein die Statur der Flugzeuge, diese kompakte Gedrungenheit! Reduktion auf Propeller, Motor, Mensch-in-Kapsel, mit kurzen Flächen. Es ist eine prächtige Muskelversion von der Grundidee des Fliegens, ohne Beiwerk. Diese Hornissenhaftigkeit kommt in der Arena-Atmosphäre des Red Bull Air Race eins zu eins rüber, der Flieger schwebt nicht ins Blickfeld, sondern sticht herein mit bösem Grummeln, beherrscht sofort den Luftraum über dem Zuschauer, ACTION! Das alte Ritual der Kunstflieger, den Auspuff mit einer Prise Paraffin zu füttern, um die Dramatik ihrer Figuren mit Rauchfahnen zu schmücken, wird im Air Race zum Imperativ: SMOKE ON! Die damit signalisierte Freigabe eines Laufs durch die Wettkampfleitung elektrisiert den Luftathleten im Cockpit genauso wie die paar hunderttausend über Tonanlagen und Videowalls an allen Ecken der Arena. Über die Gemütlichkeit des Zusammenfindens von „ein paar hunderttausend“ ließe sich ja grundsätzlich streiten, die Naturarena verteilt sich aber meist über die Schwünge einer Bucht oder die Ufer eines Flusses, da bleibt auch in der Dichte des Happenings noch Raum für Flockigkeit. Das Element Wasser taugt für das Ambiente eines WMLaufs ganz besonders, ist aber nicht zwingend. Es gab sehr wohl auch Rennen in Berlin oder im Monument Valley, aber Locations an Fluss und Meer bieten sich halt besonders an: in diesem Jahr am Persischen Golf (Abu Dhabi), am Pazifik (San Diego), am Detroit River zwischen USA und Kanada (Windsor), an der Donau (Budapest), am Douro (Porto) und an der katalanischen Küste (Barcelona). Zusätzliches Feintuning für die steigflugmäßige Stimmung eines Rennens kommt durch smarte Auskennerschaft. Die Videowalls sind hilfreich, wenn es beim Passieren der Air Gates um Finessen wie Anstellwinkel des Messerflugs geht. Oder beim Wendemanöver, sehr beliebt ist der Halbe Kubanische Achter (wir erkennen sofort einen 5⁄8 Looping mit 45°-Drehung, gefolgt von einer halben Rolle und einer Achteldrehung, nichtwahr?). Rund um alles fliegerische Bauchgefühl ist ein Rahmen mit absoluter Präzision gezogen. Auch kleinste Überschreitungen der Regeln sind nicht verhandelbar, sondern führen zu Sekundenstrafen oder, wenn’s blöd hergeht, auch zur Disqualifikation. Die Überwachung wird als exakte Wissenschaft betrieben, dank unbestechlicher Kamerapositionen und rascher Auswertung. Auch für die Race Stewards gelten die kurzen Wege der Fliegerei. So phantastisch die Manöver vom Boden aus wirken – wie dramatisch die Physik wirklich an Mensch und Material zerrt, wird höchstens an Inboard-Close-ups klar. Diese, uh, gestrafften Gesichtszüge der Piloten. 6 bis 8 g sind Routine für das Zusammenspiel aller Muskeln (mit einem ganz besonderen Hurra für die Bauchmuskeln), damit das Blut nicht allzu vehement vom Kopf in die Beine schießt. Es kommt auch zu 10 g, im Extremfall fast bis zum Zwölffachen des Körpergewichts. Faustregel für unsereins in der Achterbahn: Ab 3 g wird’s echt mulmig, im Hirn wie im Magen. Die Belastung der Piloten im Rennen ist einfach unvorstellbar. Wenn auch in den ersten Jahren das reine Show-Erlebnis den Ruf der Serie begründete, so ist aus der immer dichter


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Was Monte Carlo für die Formel 1, ist Budapest für die Red Bull Air Race World Championship: das Rennen mit der größten Tradition, dem schillerndsten Glamour, dem meisten Prestige.

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umkämpften Weltmeisterschaft ein neuer Schlag von Sport Heroes erwachsen. Mit allem, was dazugehört, also auch mitreisenden Fans, sehr hilfreich für die zusätzliche Befeuerung der Champions-League-Stimmung in der Arena. Zu den höchstgehandelten Spitzentypen gehört derzeit natürlich der österreichische Titelverteidiger Hannes Arch, extra cool, nicht nur mit seinem Background als BASE-Jumper von der Eiger-Nordwand. Super aufgestellt ist auch der britische Überflieger Paul Bonhomme, nach drei Läufen nur einen Punkt hinter Hannes Arch. Mike Mangold und Kirby Chambliss decken weitgehend die Amerika-Fraktion der Fans ab. Mit dem Franzosen Nicolas Ivanoff ist ein besonders smarter Typ nun in der engsten Spitzengruppe, gut für frische Folklore im Zirkus. Matthias Dolderer ist hoffnungsfroher Rookie, hat aber schon eine Menge Rückenwind aus der riesigen deutschen Aviatik-Fanzone. Aber da gibt’s noch eine über allen schwebende Eminenz, ganz egal ob im Plus oder Minus des aktuellen Punktekontostands: Péter Besenyei als Godfather dieses Sports, so streng und charismatisch, so asketisch und dabei so schillernd, so international und so entzückend ungarisch, eine fabelhafte Leitfigur für jede Art von Challenge auf hohem Niveau. Besenyei, demnächst gewiss wieder umjubelter Lokalmatador des Red Bull Air Race in Budapest, hatte an einem berühmten Landmark seiner Stadt, der Kettenbrücke, überhaupt erst den Durchbruch zur Genehmigung dieser Art des Fliegens erzielt. Eine tolle Geschichte, tell it again, Péter: „Ich bin kein Wichtigmacher, der plötzlich sagt, hey, ich will da unten durchfliegen, weil das so toll ist. Es war vielmehr die Idee einer Filmfirma, es ging um einen Film über Ungarn. Sie fragten mich, ob das machbar wäre. Ich sagte, ja, natürlich, falls ihr die Genehmigung zustande bringt. Es dauerte ein volles Jahr, und am Ende waren es mehr als zwanzig Stellen, die einverstanden sein mussten, angefangen von Regierung, Polizei, Stadtverwaltung, Kommunalverkehr, Wasserpolizei, Brückenaufsicht, Denkmalamt … und so weiter, es war wirklich eine unglaubliche Aktion. 2001 war es dann so weit. Ich war zuvor noch nie unter einer Brücke durchgeflogen, aber ich wusste, dass ich es konnte. Bloß im Rückenflug, dazu wollte ich mich erst nach zwei normalen Durchgängen entschließen. Ich tue solche Dinge nur, wenn ich mich absolut sicher fühle. Also flog ich. Einmal von Norden, einmal von Süden – und dann kopfüber, kein Problem.“ Es gab hunderttausend Zuschauer und enorme Publicity bei diesem „ersten Mal“, mit dem signalisiert wurde, dass erfahrene Profis solche Dinge beherrschen. So wurde die Kettenbrücke zu einem Symbol für das Red Bull Air Race und schmückt selbstverständlich auch die Strecke des kommenden, also fünften Weltmeisterschaftslaufs 2009. Wegen des Parcours in der Dichte der Stadt ist dies das „Monaco des Air Race“, es hat auch die längste Tradition in der jungen Sportart der Luftrennen. Bleibt die Frage für den smarten Fan: Linkes oder rechtes Donauufer? Besenyei meint links, wegen des unvergleichlichen Blicks auf die Skyline samt Parlament. Sonnenbrillen!, sagt er auch, die Nachmittagssonne kommt ganz schön heftig.

Herbert Völker schafft als einer der besten Schreiber Österreichs spielerisch den Spagat vom Sport bis hin zur Kultur. Für das Red Bulletin schloss er seine Wissenslücke zum Thema Red Bull Air Race.

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BILDER: BALAZS GARDI, MARKUS KUCERA (3), JÜRGEN SKARWAN, ZSOLT SZIGETVARy

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Budapest ist der Donau zugewandt: Das Rathaus steht direkt am Ufer, der Strom fließt durch die historische Innenstadt. Ein unglaubliches Bild: Flugzeuge rasen mit bis zu 370 km/h vor der prachtvollen Kulisse jahrhundertealter Häuser.


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Die News & Blogs der Ăœberflieger: redbulletin.com/redbullairrace/de

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ZSKA MoSKAu

Mit dem 32fachen sowjetischen Meister besucht heuer eine der größten Mannschaften der Eishockeygeschichte Salzburg im Rahmen des Red Bulls Salute. Wir haben uns bei der Roten Armee umgesehen. Text: Werner Jessner, Bilder: Moritz Schell

Ein vorsichtiger Schritt, dann noch einer. Runter bis zum BullyKreis. Ein Blick auf die Tribünen. Alles rot. Rote Sitze, 44 rote Trikots verdienter Spieler unterm Stadiondach, rote Geländer, rote Banner. Auch die eine Spielerbank ist rot, die andere blau. Wen das Schicksal auf die rote Spielerbank verschlagen hatte, der war arm dran. Er spielte gegen die roten Jungs. Und die waren auf der blauen Bank daheim. ZSKA Moskau, der Zentrale Sportklub der Armee Moskau. Hier du. Dort die Rote Armee. Erfolgreicher, kompromissloser, unbezwingbarer wurde nie Eishockey gespielt als in den guten Jahren von ZSKA Moskau, also grob gesprochen zwischen 1948 (erster Meistertitel) und 1991 (Sieg beim Spengler Cup). Wäre es nicht ZSKA Moskau gewesen, man hätte diesen Klub hassen müssen, zumal im Kalten Krieg. Deklariertes Aushängeschild der russischen Armee, jeder Spieler ein Offizier, die Zwangsversetzung der besten Spieler anderer Mannschaften zu ZSKA, dazu diese unerträgliche Ange70

wohnheit, über Jahrzehnte alles zu gewinnen, was es zu gewinnen gab: Sympathisch ist anders. Und dennoch schaffte es nicht einmal die West-Propaganda, ZSKA oder zumindest das sowjetische Nationalteam, das zu weiten Teilen mit dem Armeeklub identisch war, zu einem tauglichen Feindbild aufzubauen. Der Grund dafür lag in den Wurzeln des westlichen Selbstverständnisses: Das Spiel von ZSKA Moskau war schlicht zu schön, als dass man es hätte dämonisieren können. Wie Kunst und Kultur war es nach humanistischen Gesichtspunkten unangreifbar, die Poesie des Pucks. Wer ein Match der Sbornaja auf dem Höhepunkt ihrer Kunst sah, verstand, dass er Zeuge von etwas Großem war. Vor allem: Der Westen hatte dem lang nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Das Spiel der Kanadier war von jeher körperbetont, roh, während die Russen die Brasilianer auf Eis gaben, bloß ergebnisorientierter und disziplinierter. Spätestens heute,


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Sergei Makarow, Calgary Flames, 1989

Oben rechts: Olympiamannschaft der UdSSR von 1976 Vorn: Tretjak, Lutschenko, Schadrin, Cheftrainer Kulagin, Michailow, Malzew, Sidelnikow. Mitte: Trainer Loktjew, Charlamov, Alexandrow, Babinow, Schluktow, Ljapkin, Kapustin, Jakuschew, Petrow, Trainer Jursinow. Hinten: Arzt Belakowski, Gussew, Wassiliew, Zygankow, Schalimow, Masseur Detkin.

Sergei Makarow gegen Larry Robinson: UdSSR gegen Kanada, September 1981 Wjatscheslaw Fetissow, Weltmeister 1983

Wladimir Krutow gegen Greg Millen: Olympische Winterspiele 1988

CREDiT

Links: Wladimir Krutow, Wladislaw Tretjak, Wjatscheslaw Fetissow, 1984 Unten: Wladislaw Tretjak im Brennpunkt des Geschehens: UdSSR gegen USA, Olympische Winterspiele 1976 Rechts: Wladimir Krutow, 1983

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wo die Grenzen zwischen den beiden Grundschulen des Hockeys zusehends verschwimmen, ist klar, dass die Welt ein gutes Stück ärmer wäre, hätte es das, was hier auf diesem Platz, auf diesem Gelände der Roten Armee mitten in Moskau entstanden ist, nie gegeben. Das europäische Eishockey, wie wir es heute kennen, ist eine Fusion der beiden Stile, und ohne die feine Klinge, die via ČSSR importiert wurde, wäre der Alte Kontinent im internationalen Vergleich wohl noch heute chancenlos. Heute ist es selbst auf den zweiten Blick schwer zu ermessen, was es einmal bedeutet haben muss, in diesem Stadion für ZSKA zu spielen. Die hölzerne Ehrentribüne, einst for Bonzen only: clowneske Requisite einer schwarzweißen Zeit. Kantine: Mahnmal der Sättigungsbeilage. Kraftraum: ein schmaler Schluf voll Altmetall (der wohlmeinende Besucher übersieht dabei geflissentlich, dass Teile der Anlage mittlerweile von vereinsnahen Menschen als Altautoreifendepot zweckentfremdet werden). Von der Decke der zweiten Eisfläche, der kleineren mit NHLMaßen im ersten Stock, bröckelt Verkleidung. Man erreicht das Obergeschoß über einen Lift, der sich bloß nie zum Kaputtwerden durchgerungen hat. Diese Anlage war hochmodern, sie wurde anlässlich der Olympischen Spiele 1980 errichtet, sie war weltweit die größte ihrer Art. Nun ist das halt auch schon wieder 29 Jahre her, seither ist viel passiert. Nur nicht bei ZSKA. ZSKA, ein Mekka für morbide Sport-Ostalgiker? So weit wird es nie kommen, dafür strahlt der Name zu hell. Das russische Eishockey findet sich nach einer Schrecksekunde von knapp zwanzig Jahren wieder selbst, die beiden jüngsten WM-Titel sind ein beredtes Zeugnis dessen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion gingen die besten Spieler in den Westen, heute sind sie zurück und bringen mit, was sie in Amerika und Kanada gelernt haben. Die Verantwortung, die sie jahrelang beim Bully zu tragen gewohnt waren, tragen sie nun in der KHL (siehe Kasten).

BiLDER: GETTy iMAGES (2), iMAGO SPORTFOTODiENST (6), MORiTZ SCHELL (3)

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ir treffen Wjatscheslaw Fetissow, Jahrgang 1958, dreizehnfacher sowjetischer Meister, siebenfacher Weltmeister, Doppelolympiasieger, zweifacher Stanley-Cup-Gewinner, um nur die wichtigsten Auszeichnungen zu nennen. An Titeln gemessen, ist er der erfolgreichste Eishockeyspieler der Welt. Nach einem Gastspiel als Trainer arbeitete er als Sportminister, heute ist er für die Vergabe von staatlichem Geld an Sportinstitutionen zuständig. Und als wäre das nicht genug, gibt er seit einigen Wochen zusätzlich den Präsidenten von ZSKA Moskau. „Sport im Allgemeinen und Hockey im Speziellen ist ein probates Mittel, um die Jugend von Dummheiten fernzuhalten“, doziert er. „Wir sehen, dass wir dort, wo wir neue Sportstätten gebaut haben, deutlich weniger Probleme mit Alkohol, Drogen und Gewalt haben.“ 400 neue Eisflächen sollen in Russland zusätzlich entstehen, man müsse den Schwung, der zwei WM-Titel nutzen. Auch wenn die MarketingMaschinerie der NHL anders tönt: Jenen Stellenwert, den Eishockey in Russland ganz selbstverständlich hat, hat es im Westen (zumindest in den USA) nicht überall. Frag einen Passanten in Anaheim oder Phoenix nach Hockey, und du wirst dich wundern. Wer es einst zu ZSKA Moskau geschafft hat, gehört noch heute, Jahrzehnte später, zur Elite, und Eishockey ist ganz selbstverständlich Teil der Alltagskultur. Auch ZSKA, in der letzten Saison in der zweiten Runde der Play-offs sang- und klanglos 3:0 gegen den Lokalrivalen Dynamo Moskau untergegangen, soll, wenn es nach Fetissow geht, bald wieder zur alten Größe zurückkehren: „Mit Konstantin Kornejew und Oleg Saprykin haben wir zwei aktuelle Weltmeister im

WjAtScheSlAW FetiSSoW „Unser Ziel muss sein, wieder den Stamm der National­ mannschaft zu stellen.“

WlAdiSlAW tretjAK „Ich würde nicht sagen, dass es leichter war, für ZSKA zu spielen als fürs Nationalteam.“

Andrei KoWAlenKo „Jedes Team hinterlässt eine Spur in deinem Herzen, von Montréal bis Moskau.“

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FActS & FigureS

Die Kontinental Hockey League hat im letzten Jahr die alte Super League abgelöst und will das Pendant zur National Hockey League sein. Die Teams kommen neben Russland aus Lettland, Kasachstan und Weißrussland; langfristig ist an eine Expansion nach Europa gedacht. Die KHL teilt sich in vier Divisionen à 6 Teams. Nach den Vorrunden (4-mal gegen die Teams in der eigenen Division, 2-mal gegen die anderen Teams) wird in den Play-offs der Gagarin Cup ausgespielt. Erster KHL-Sieger: Ak Bars Kazan im Finale gegen Lokomotiv Jaroslawl. Wie in der NHL gibt es eine Salary Cap, die sich in ein Budget für den „normalen“ Kader und ein Extra-Budget für vier Superstars aufteilt. Das Draft-System für Nachwuchskräfte ist ebenfalls stark an die NHL angelehnt, außerdem gibt es ein Agreement mit der nordamerikanischen Liga, sich gegenseitig keine Spieler wegzunehmen.

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Daheim bei der Roten Armee: Das günstigste Ticket in der KHL kostet 500 Rubel, umgerechnet rund 12 Euro. Spätestens in den Play-offs ist in der alten Halle der Bär los. Bald schon sollen neue Helden zu den alten im Museum stoßen.

Kader. Unser Ziel muss aber sein, wieder den Grundstock der Nationalmannschaft zu stellen, wie es zu meiner aktiven Zeit der Fall war. in den nächsten drei Jahren wollen wir wieder Weltspitze sein.“ Erste Zeichen der neuen Zeit werden bereits sichtbar. Fetissow, einst Kapitän mit 24, hat Sponsoren mitgebracht, Kontakte und Ansehen. Das bloße Bekenntnis von Fetissow zu seinem alten Verein verbreitet Optimismus (siehe auch das interview mit Wladimir Jursinow). Die Gänge im Bauch des Stadions sind frisch in Knallrot und Knallblau gestrichen, aktuelle Fotos vermischen sich mit den allgegenwärtigen Bildern großer Zeiten, dabei ist das noch nicht einmal das Museum. Dort wird in einem eigenen zweistöckigen Gebäude mit Festsaal und poststalinistischen Wandfresken dem großen Militärsportverein gehuldigt, mit all seinen Errungenschaften zwischen Eiskunstlauf, Leichtathletik und Ringen. Eishockey nimmt bei weitem nicht den meisten Platz in diesem Schrein sowjetischer Sport-Überlegenheit ein, knapp 40 Quadratmeter sind es nur, eingepfercht zwischen Speedway und Fußball. Das Stadion selbst wird jetzt Schritt für Schritt von innen her renoviert, außen hingegen soll es den herben Sowjet-Charme behalten, was nur passend ist in einem Umfeld, dessen Nebeneingänge noch immer von viel zu jungen Menschen mit viel zu großen Kappen und viel zu großen Gewehren bewacht werden. Quer durch die Stadt, Termin beim „Mann mit den tausend Händen“, dem „Oktopus“, dem Erfinder des Butterfly-Style, bei dem der Tormann derart mit den Beinen arbeiten muss, dass sich das Gerücht hielt, Spielern in der Sowjetunion würden 74

schon als Kindern die Beine gebrochen, damit sie dazu überhaupt in der Lage seien. Wladislaw Tretjak, 57, residiert in einem unscheinbaren Haus in einem unscheinbaren Viertel von Moskau. Ein älterer Herr, Typ Leihopa, offensichtlich ein Kumpel aus alten Zeiten, löst Kreuzworträtsel im kleinen Vorzimmer, ein paar historische Fotos, eins des aktuellen WM-Teams, Grünzeug, Plastikkitsch. Nichts deutet darauf hin, dass der Mann im Nebenraum Präsident des Russischen Eishockeyverbandes ist. Er ist der Mann, dem einst der ganze Westen gewünscht hätte, dass ihm der Puck durchrutscht, „keine Ahnung, wie ich es geschafft habe, den Druck auszuhalten“. Zu seiner aktiven Zeit war Tretjak überlebensgroß, übertraf sogar sein Vorbild Viktor Konowalenko, von dem er die Rückennummer 20 übernahm. 1972, damals war er zwanzig Jahre alt und stand schon seit drei Jahren im Tor, besiegte er mit der Sbornaja Kanada, „das ist bis heute – neben dem WM-Titel 1978 gegen die ČSSR natürlich – mein emotionalster Sieg. ich würde aber nicht sagen, dass es leichter war, für ZSKA zu spielen als fürs Nationalteam. Die Erwartungen waren hier wie dort riesig.“ Tretjak hat zehn WMTitel in 15 Jahren gesammelt, außerdem 13 sowjetische Meistertitel. Der eine oder andere ist zu großen Teilen ihm zu verdanken. Er war der Mann, an dem die Angreifer zerschellten. Dennoch ist Wladislaw Tretjak ein Mann mit tragischer Geschichte. Die Montreal Canadiens hatten ihn gedraftet, doch die Sowjet-Armee verbot ihm, Russland zu verlassen. Erst streikte er, dann beendete er seine Karriere. Nur im Rahmen der „Super Series“, einer Vergleichsserie zwischen Ost und West, war es ihm vergönnt, gegen „seine“ Canadiens zu spielen. Jahre später wur-


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de ein Zusammenschnitt eines dieser Spiele im Stadion in Montréal gezeigt, die Canadiens hatten 0:5 verloren. Wladislaw Tretjak erhielt seine Ehrung aus den Händen von Maurice „Rocket“ Richard persönlich, dem nach seinem Dafürhalten besten Spieler aller Zeiten. „15.000 Zuschauer standen auf und spendeten mir Standing Ovations, obwohl ich nie für den Verein gespielt hatte.“ Das Foto der Begegnung hängt gerahmt links von seinem Schreibtisch, er hält es in Ehren. Plötzlich ist hier in diesem halb abgedunkelten Büro die Magie des Eishockeys spürbar, die alles verbindende Kraft eines Weltsports, den keine Politik und keine ideologie daran hindern konnte, Freundschaften unter Männern zu schließen, die eigentlich Gegner waren.

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ndrei Kowalenko ging in den Westen, sobald klar war, dass Eishockey in der UdSSR nicht mehr jenen Stellenwert haben würde, den es einst hatte. in der NHL lockte der Dollar, Andrei unterschrieb ein Papier, damit war er aus der Armee entlassen und durfte im Ausland arbeiten, so einfach war das 1992, „wenn sie uns nicht hätten gehen lassen, hätten wir andere Methoden gefunden“. Er spielte als Right Wing bei den Quebec Nordiques, Colorado Avalanche, Montreal Canadiens, Edmonton Oilers, Philadelphia Flyers, Carolina Hurricanes und Boston Bruins, schoss 173 Tore in 620 Spielen. 2001 wurde das Heimweh nach Russland übermächtig. Da sagte er zu seiner kanadischen Frau: „Honey, wir fahren nach Jaroslawl. ich habe einen Vertrag bei Lokomotiv unterschrieben.“ – „Für wie lange?“ – „Nur für zwei Jahre, Honey. Danach gehen wir zurück nach Toronto.“ Es wurden schließlich vier Jahre in Jaroslawl, dann hängte er zwei in Omsk an und drei bei Sewerstal Tscherepowets, heute leben sie in Moskau. Sehr schnell hatte sich Kowalenko nicht nur wieder auf die größere Eisfläche eingestellt, sondern auch den Respekt der anderen Spieler verdient. Hier kam ein Mann, der gern Eishockey spielte und bereit war, alles dafür zu geben. Kowalenko ist ein Riese mit sanften Augen, sein Spitzname in der NHL war „the Tank“, der Panzer. Letztes Jahr ist er als Spieler

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„Wer SoWjetiScher MeiSter Werden Wollte, MuSSte gegen ZSKA beStehen“

BiLDER: MORiTZ SCHELL (5)

Wladimir Jursinow, Jahrgang 1940, war Spieler bei Dynamo Moskau. Als Trainer führte er unter anderem die russische Nationalmannschaft zu drei Olympiasiegen und sieben WM-Titeln. Sie haben sowohl als Trainer wie auch als Spieler immer nur gegen, aber nie für ZSKA Moskau gespielt. Was haben diese Matches für Sie bedeutet? Ein Match gegen ZSKA war immer was Besonderes. Nicht nur wegen der Stimmung, auch die Spieler, die Trainer waren immer einen Schritt voraus oder haben es zumindest versucht. Sie hatten Ideen, wir hatten Ideen. Wer sowje-

tischer Meister werden wollte, musste gegen ZSKA bestehen. Wo liegt die historische Bedeutung von ZSKA für das russische Hockey? Über Generationen, von Tarassow und Tichonow bis heute, wurde bei ZSKA

zurückgetreten und arbeitet seither als Chef der Spielergewerkschaft. Er sitzt im yorkshire, einer Sport-Bar in einem gigantischen Neubauviertel. im Schatten der Wohntürme ahnt man die Größe Russlands, und doch kann man sie nicht begreifen. Wer es als Jugendlicher in die Auswahl von ZSKA Moskau geschafft hat, hat nicht zwanzig andere geschlagen, nicht fünfzig oder hundert. Er war besser als tausende andere. Andrei hat all die Jerseys aufgehoben, von der Red Army bis zum Olympiasieger-Trikot, eines Tages soll ein Museum daraus werden. Stationen einer Karriere, in der das eine das andere ergibt, vom zugefrorenen Teich bis zur Jugendmannschaft, die Einberufung in die Armee und nahezu folgerichtig das Trikot von ZSKA. Warum, wieso, das sind keine Fragen, die wichtig sind, wenn du es unter diesen Bedingungen nach ganz oben schaffen willst. in Kowalenkos Erinnerung haftet auch ZSKA nichts Heldenhaftes an, die legendäre KLM-Linie mit Krutow, Larionow und Makarow ist für ihn bloß eine Teenagererinnerung, bevor sein eigenes Leben losging. Kowalenko wirkt nicht überheblich, im Gegenteil. Er beseitigt auch souverän den Verdacht, ein Söldner zu sein, der bei einer Biografie wie seiner immer mitschwingt. „Jedes Team hinterlässt eine Spur in deinem Herzen, von Montréal bis Moskau. ich habe überall good guys getroffen.“ Spieler wie Andrei Kowalenko stehen für eine neue Art des Eishockeys, global, erfahren, gewandt. Russische Schule plus internationale Ausrichtung: Sehr gut möglich, dass wir vor einer Renaissance des russischen Hockeys stehen. Bei allen Bemühungen: „So was wie ZSKA Moskau in den Achtzigern wird es wahrscheinlich nie wieder geben. Das Spezielle daran war, dass uns allen bewusst war, Teil von etwas sehr Großem zu sein, schon damals“, sagt dessen heutiger Präsident Wjatscheslaw Fetissow, „es war eine ganz besondere Mannschaft. Nur einmal im Jahr haben wir halt die Uniform angezogen.“ Genau dort will ZSKA Moskau wieder hin, abzüglich der Uniformen. Der Weg zurück beginnt am 28. August um 20.30 Uhr in Salzburg. Red Bulls Salute: 27. bis 30. August 2009, Salzburg; www.redbullssalute.com ZSKA-Video: redbulletin.com/zska/de

das Wissen weitergegeben. Slawa Bykow, der mit der russischen Nationalmannschaft jetzt zwei WM-Titel in Serie geholt hat, war gleichzeitig Trainer bei ZSKA. Dieser Klub ist so wichtig für unser Hockey. Ich bin überzeugt: Wenn ZSKA zurück an der Spitze ist, ist das russische Hockey ebenfalls Weltspitze. Alle wollen ZSKA wieder gewinnen sehen. Neo-Präsident Fetissow will in drei Jahren wieder Weltspitze sein. Realistisch? Er ist der richtige Mann, da bin ich ganz sicher. Ist die KHL auf dem richtigen Weg? Das erste Jahr war schon erfolgreich. Zusätzlich könnte die Wirtschaftskrise unserer Liga helfen, weil Spieler aus der NHL in die KHL wechseln werden. Und bei uns ist eine Welle sehr guter junger Spieler am Heranwachsen, die ihren Zenit noch nicht erreicht haben.

Was können europäische Mannschaften unternehmen, um nicht zwischen den zwei Blöcken NHL und KHL zerrieben zu werden? Der Weg von Red Bull Salzburg ist zum Beispiel sehr richtig und interessant für die Entwicklung einer Mannschaft und des österreichischen Nationalteams. Ich kenne die Nachwuchsarbeit in Russland, der Schweiz, Schweden und Finnland, und ganz ehrlich: Kaum wo sind die Voraussetzungen so gut wie in Salzburg. Erste Ergebnisse sieht man ja schon bei Österreichs U20, die mit fünf Salzburgern in der A-Gruppe spielt. Sehen Sie eine längerfristige russische Dominanz, oder werden auch andere Länder vorn mitspielen? Grundsätzlich gibt es überall gute Spieler. Es liegt an den Bedingungen, ob sie die Chance kriegen, sich zu sehr guten Spielern zu entwickeln.

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More Body&Mind Belebendes für Körper und Geist.

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Wer wird der Schnellste beim Red Bull Road Rage am 10. Oktober am Moritzberg (Röthenbach/Leinburg) bei Nürnberg sein? Für eine schnelle Zeit auf dem anspruchsvollsten Track der Red Bull Road Rage-Geschichte braucht man nur ein Bike, Schutzausrüstung und ausreichend Mut. 150 Männer und Frauen können sich der Herausforderung stellen.


more body & mind

Auf nach Budapest! Lust aufs Highlight der Red Bull Air Race-Saison bekommen? Hier alle Tipps, wie Sie den 19. und 20. August am Donauufer genießen.

White Heaven Szent István tér 4­5 T +36 30 8128913 www.thewhiteheaven.hu

Creol Roosevelt tér 7­8 T +36 1 3027909 www.creolbar.hu Modernes karibisches Fisch­ restaurant, das sich nach Sonnenuntergang in eine Latino­Bar verwandelt. Gute Cocktails, Live­Musik.

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Menza Liszt Ferenc tér 2 T +36 1 4131482 www.menza.co.hu Pastelltöne in Orange und Grün, Retro, die Ausstattung ist eine Mischung der sechzi­ ger und siebziger Jahre. Gutes, bodenständiges Essen.

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Das Exklusiv-Package Dank Geo­Events können sich Betuchte ein Rennerlebnis der besonderen Art gönnen. Im Package enthalten: Übernach­ tung im Vier­ oder Fünfsterne­ hotel, penibel durchgeplantes Programm am Qualifying­ und Renntag und die wohl edelste und komfortabelste Sicht aufs Renngeschehen. Man sitzt, isst, trinkt und chillt entweder in der einzigartigen High Flyer’s Lounge oder feiert im Business Race Club oder Race Club. An­ und Abreise erfolgen individuell. Info: www.geo­ events.at

Im eleganten, schneeweißen Interieur des Restaurants vor der Szent István Bazilika werden leichte Fischspeisen ebenso serviert wie argentini­ sches Steak oder süße Sushi – alles erstklassig!

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Das Red Bull Air Race kann in der Public Area gratis verfolgt werden. Wer sich Drängelei und Rummel der erwarteten 1,5 Millionen Besucher er­ sparen will, erwirbt ein Ticket für den Grandstand (65 Euro für beide Tage). Wer es noch bequemer wünscht, platziert sich im Race Club (288 Euro für beide Tage), und wer geho­ benere Atmosphäre genießen möchte, leistet sich ein Ticket für die High Flyer’s Lounge (1140 Euro für beide Tage).

Das Fan-Package Red Bull Air Race­Rookie Matthias Dolderer hat für Fans ein Flugzeug gechartert, das am 19. August in Memmingen (Bayern) abhebt und in Buda­ pest landet. Restplätze und Infos zum Package mit Über­ nachtung und Meet & Greet auf www.matthiasdolderer.com.

Ungarns Küche in drei Wor­ ten? Schwere Hauptspeisen, Paprika. Für Liebhaber exzel­ lenter Nachspeisen wäre es unverzeihlich, sich ein Stück Dobos­Torte entgehen zu lassen. Sehr zu empfehlen auch die Somlói galuska. Historische Kaffeehäuser gibt es in Budapest en masse.

Choco Hüvösvölgy út 138 T +36 1 4424626 www.choco.hu Ein von Schokolade inspirier­ tes Restaurant, entspannend, zeitgenössisch, verlockend.

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bilder: Jörg Mitter, Olaf PignatarO/red bull PhOtOfiles; illustratiOn: Mandy fischer

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Zeitplan Qualifying (Mi., 19. Aug.) 13:00 Pre­Show und Side Acts 14:30 Erstes Qualifying 15:30 Zweites Qualifying 17:45 Hospitality Pit Lane Walk (High Flyer’s Lounge und Race Club Gäste) Race Day (Do., 20. Aug.) 13:00 Pre­Show und Side Acts 14:00 Rennstart mit der Wild­ Card­Session 15:00 Top 12 15:40 Super 8 16:15 Final 4 17:00 Siegerehrung 21:00 Feuerwerk

Per Bahn oder Auto Von Wien nach Budapest Keleti dauert die Bahnfahrt drei, von München sieben Stunden. Die Anreise mit dem Auto ist nur bedingt zu emp­ fehlen: In der Stadt gibt es kaum Parkplätze.

City-Trip mit Mehrwert: Mitte August lockt Budapest mit dem tollsten Red Bull Air Race der Saison.

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Per Flugzeug Vom Flughafen Ferihegy (Aus­ trian dreimal täglich ab Wien, Lufthansa fünfmal täglich ab München) nach Budapest Zentrum gelangt man per Taxi, Mietauto, Zug, Bus oder U­Bahn. Schnell geht es auch mit den Buslinien 93 und 200, die zwischen Flughafen und der U­Bahn­Station Köbánya­ Kispest fahren. Wer dann in die blaue U­Bahn­Linie (M3) steigt, ist in 20 Minuten in der City.

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Der 20. August ist ungarischer Nationalfeiertag (man ge­ denkt des ersten ungarischen Königs Stephan I.), inoffizieller Höhepunkt der landesweiten Feierlichkeiten ist das tatsäch­ lich bombastische Feuerwerk am späten Abend über dem Track des Red Bull Air Race. Die Atmosphäre beim Rennen hat nicht nur terminbedingt etwas Länderspielartiges: Mitfavorit Péter Besenyei ist ungarischer Nationalheld in der Dimension eines deutschen Fußballweltmeisters oder österreichischen Abfahrts­ olympiasiegers.

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anreise

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Basics


more body & mind

Budapests, hat letztes Jahr im Dezember eröffnet. Beein­ druckend ist die Panorama­ Lounge mit riesigen Couches, lila Dekor und atemberauben­ den Kronleuchtern. Café Del Rio Petöfi híd, Buda­Seite T +36 30 2972158 www.rio.hu Budapests größter Outdoor­ Club ist Restaurant, Bar und Lounge zugleich. Palmen, Scheinwerfer, Cocktails, man fühlt sich wie in Rio.

gooD to know

Leroy Café Ráday utca 11­13 T +36 30 2079220 www.leroyraday.hu Angesagtes Café auf einer angesagten Straße (die man von der überaus angesagten Terrasse überblickt). Drinnen bieten dunkle Möbel den perfekten Hintergrund für ein romantisches Candle­Light­ Dinner. Callas Café Andrássy út 20 T +36 1 3540954 www.callascafe.hu Art­déco­Atmosphäre vor der Ungarischen Staatsoper. Sehr gutes, überraschend günsti­ ges Frühstück.

party Bed Beach Hajógyári sziget T +36 30 4364400 www.bedbeach.hu Eine exotische Sommer­Party­ Location für den Jet­Set. Wer sich fühlt und gern heraus­ putzt wie ein Millionär, dem wird’s gefallen. Sensation Fehérvári út 87 T +36 20 9660360 www.clubsensation.hu Gilt als derzeit schönster Club

Trinkgeld War der Service von Kellner, Barmann oder Taxifahrer okay, sind 15 Prozent Borravaló angemessen. Öffis Straßenbahn, U­Bahn, Bus, ein gut funktionierendes System – rund um die Uhr. Nähere Infos: www.bkv.hu Währung 1 EUR = 273,15 HUF (Forint) Nützliche Telefonnummern Notruf: 112; Rettung: 104 (auf Englisch: 311 1666); Feuerwehr: 105; Polizei: 107; englischsprachige Hotline, falls man überfallen wird: 438­8080. Touristeninformation Die ungarische Touristen­ information unterhält Büros in über 150 Städten und Ort­ schaften, sechs in Budapest, das größte in der Sütö utca. Gratisbroschüren in über 15 Sprachen liegen dort auf. Über die 24­Stunden­Hotline +36 30 30 30 600 können Informationen rund um die Stadt in Deutsch und Englisch abgerufen werden. Polizei-Info 1052 Budapest, Sütö utca 2 (Deák Ferenc tér) Telefonnummer: +36 1 4388080 Montag bis Sonntag: 8.00–20.00 Uhr E­Mail: info@budapestinfo.hu Taxis Nur Taxis, die seitlich mit ent­ sprechenden Logos versehen sind, sind zuverlässig und preislich okay. Ein Taxi per Telefon zu bestellen kommt günstiger, als eines auf der Straße heranzuwinken. City Taxi (Englisch) 211­1111 Fö Taxi 222­2222 Rádió Taxi 377­7777 Tele5 355­5555 Weitere Infos zum Rennen: www.redbullairrace.com

Red Bull Road Rage:

Yes you can! Beim Red Bull Road Rage werfen sich 150 Rider vom Berg. Ob Downhiller, Road-Racer oder 4Crosser, hier hat jeder seine Chance.

Kalifornien, schweiz, nun franken: die street-downhill-Extravaganza kommt nach deutschland. auf den Moritzberg in röthenbach/ leinburg, den hausberg der nürnberger, um präzis zu sein. Jeweils vier racer stehen zugleich am start, es gibt nur einen Weg runter: asphaltiert, steil, schmal, tricky. Mitmachen kann jedermann und jedefrau. nur bike, schutzausrüstung und Mut sind Pflicht (infos und anmeldung: www.redbull.de). besonderer leckerbissen: die strecke des red bull road rage am Moritzberg wird technisch anspruchsvoller und vielfältiger sein als alle vorangegangenen. erwartet keine breite autobahn, sondern spitzkehren und steilkurven. neben Mut wird besonders das taktische geschick der racer gefordert sein: Wo kann ich überholen, wie lange nutze ich den Windschatten, wann schere ich aus, um eine attacke zu starten, wie spät kann ich den bremspunkt setzen? nur die zwei schnellsten pro heat steigen nämlich in die nächste runde auf. folglich ist das starterfeld des red bull road rage bunt wie bei keinem anderen bike-event: amateure, Pros aus allen lagern (straße, downhill, cross country, 4cross), damen und herren werden sich dem berg stellen. Wer mag, kann sogar sein trekkingbike satteln. am abend des 10. Oktober wird die Welt wissen, aus welchem lager der schnellste biker deutschlands kommt. nutzt also die verbleibenden tage, um euer bike zu pimpen, am start zu feilen und Kurventechnik zu trainieren, holt euch Motivation bei dani Pedrosa und sebastian Vettel! erlaubt ist, was schnell macht. achtung: die teilnehmerzahl ist auf 150 limitiert, noch gibt es freie Plätze. details, technisches reglement und anmeldung auf www.redbull.de. Red Bull Road Rage, Moritzberg (Röthenbach/Leinburg): 10. Oktober 2009

Beat the Street: Beim Red Bull Road Rage fahren jeweils vier Racer gegen den Berg.

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MORE BODY & MIND

Surfen mit Stil Ob wir nun im kalten Europa den Wellen den Garaus machen oder in südlichen Breiten: Dieses coole Zeug gehört in den Koffer.

Im Uhrzeigersinn, von links oben: Sunwise Keywest-Sonnenbrille, ca. 27 Euro (www.sunwise.co.uk) Manhattan Portage WestSide-Rucksack, 63 Euro (www. manhattan-portage.co.uk) Rip Curl Otia-T-Shirt, 33 Euro (08712 778008) CAT Navigo-Chronograph, 163 Euro (www.catwatches.co.uk) Fox Gemusterte Shorts, 58 Euro (www.foxeurope.com) Aloe Gator SPF40+, wasserfestes Sonnengel, 14 Euro (store.magicseaweed.com) Großes Bild: O’Neill Psycho-Freak-4,5/ 3,5-mm-Kaltwasseranzug, 350 Euro, (www.oneill.com)

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BILDER: KINGSLEY BARKER

Gegenüberliegende Seite, von oben: Rusty Piranha Surfboard, 464 Euro (www.surfdome.com) Mrs Palmers Cool Water Surf Wax, 151 Euro (store.magic seaweed.com) Dakine Kainui-Sieben-FußLeine, 19 Euro (www.surfdome.com)



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MORE BODY & MIND

Jetzt wird’s etwas kitzeln Ja: Barfußwasserski ist erlernbar. Nein: Einfach ist es nicht. Erleben Sie mit uns eine Unterrichtsstunde der etwas anderen Art.

TEXT: MANUEL KURZMANN; BILDER: RICARDO HERRGOTT

Der Herr am großen Bild zeigt, wie’s richtig geht. Der Herr ganz unten rechts steht derweil noch am Anfang seiner Barfußwasserski-Laufbahn. Auf dem Equipment-Bild in der Mitte fehlen erwartungsgemäß die Fußbekleidungen.

Der Himmel ist grau im sonst so idyllischen Örtchen Wallsee an der Donau. Der Fluss ist es auch. Und: Nach zwei Wochen Regen samt daraus resultierendem Hochwasser treiben noch immer Äste im Wasser. Perfekte Bedingungen, um mit siebzig Sachen barfuß über das Wasser zu gleiten? Leise Zweifel. Wir treffen uns im Wassersportzentrum Wallsee mit Georg Wimmer. Er hat Barfußwasserskilauf in Österreich bekannt gemacht. Zu Glatze, sportlicher Figur und FlipFlops trägt er ein Spitzbubenlächeln. Wimmer hat seine Söhne Georg junior und Stefan mitgebracht, ebenfalls in diesem Sport zu Hause. Bei ihnen war das Talent für den Sport wohl schon im Erbgut enthalten. Der Vierte im Bunde heißt Timo: kein Wimmer-Bub, aber gleichfalls ein Könner. Nach Smalltalk – wichtigste Frage: Ist der Neuling wasserscheu? – folgt die Einschulung, noch auf festem Boden. Dafür zwängt man sich in die Barfußwasserski-Panier, einen Schutzanzug mit eingenähter Schwimmweste. Dann erklärt Georg senior die richtige Position am Wasser: „Arme locker lassen“, „Po nach hinten“, „Zehen nach oben“, „Knie abwin-

keln“, „Rücken gerade halten“. Alles easy, würde man meinen. Nur eine Sache verwirrt, weil sie eher untrainierbar ist: Georg erwähnt, dass große Plattfüße von Vorteil seien. Die lägen besser auf dem Wasser, fast wie Carvingski auf Schnee. Sobald die Basics halbwegs verinnerlicht sind, geht es ins Motorboot. Die Wassertemperatur ist mit 18 Grad alles andere als tropisch. Egal. Zuerst zeigt Stefan der Jüngere am kurzen Seil Barfußwasserski in Perfektion. Seine Bewegungen wirken präzise, dennoch spielerisch. Und das, obwohl sein Vater voll aufs Gas steigt und bis zu 72 km/h schnell fährt. Die Erklärung für das hohe Pflichttempo liefert die Physik: Wasserski funktionieren bereits mit gut 30 km/h, da die Brettln dem Wasser eine wesentlich größere Angriffsfläche bieten als blanke Füße. Das Manko der Barfüßigkeit muss durch mehr Tempo ausgeglichen werden. – Wieder was gelernt. Bevor man als Novize loslegen darf, gibt es mahnende Worte vom Meister: „Spiele mit dem Wasser. Du musst ein Gefühl für die Geschwindigkeit und die Kräfte mitbekommen, die auf dich wirken. Lass

Heiße Sohlen, coole Runden

Wallsee, Tel.: 07433 2518, www.barfusswasserski.com) geht es dann so weiter: Man reist mit Badehose und Handtuch an, bucht einen Tageskurs (100 €, Ausrüstung inklusive, Saison zwischen Mitte April und Mitte September) und vergisst das Wetter: Barfußwasserskilaufen ist bei Regen und Sonnenschein möglich. Deutscher Spezialist für Barfußwasserski ist Franz Kirsch (seine Tochter ist eine Ex-Weltmeisterin!), der eine

Die körperlichen Voraussetzungen fürs Barfußwasserskifahren sind schnell aufgezählt: körperliche und geistige Fitness, möglichst wenig Übergewicht und gute Schwimmkenntnisse. In Wallsee/Donau (Beach- & Wassersportzentrum, 3313

dir Zeit und versuche, so locker wie möglich zu bleiben.“ Doch warum zuhören, wenn man eh schon alles weiß? Der letzte Gedanke vor der Erkenntnis. Dann geht alles schnell. Man springt vom Boot ins kühle Nass und hantelt sich – hinter ihr herfliegend – bis ans Ende der Übungstange. Oberste Priorität beim Festhalten: der Affengriff (obenliegender Daumen, damit er geschont wird). Loslassen bedeutet Mehrfachsalto inklusive toller Flug- und schmerzhafter Landephase. Mit wachsender Beschleunigung steigen Puls und Nervosität. Ist das Tempo hoch genug, gibt Georg das Startsignal. Nun gilt es, die Füße durch eine schnelle Seitwärtsbewegung nach vorne zu bringen: ein Kraftakt für die Bauchmuckis. Dann richtet man die Zehen gen Himmel, zieht die Beine etwas an und – es klappt! Bei Anfängern aber nicht lange. Kaum geht die Balance verloren, wird der Körper zum Spielball der Elemente. Man klatscht aufs Wasser und fliegt durch die Luft wie Superman auf Drogen. Trotzdem sollten die Hände auch in dieser Situation genügend Kraft aufbringen, um die Stange festzuhalten. Wer schon einmal einen Kieselstein flach aufs Wasser geworfen hat, weiß, was sonst passiert. Nach drei bis vier Versuchen lässt die Kraft langsam nach. Pausen werden dann unverzichtbar. Ein Tipp: Red Bull trinken und Hühnersuppe löffeln. Das lädt die Akkus für die nächste Runde auf. Mehr Fotos auf: redbulletin.com/wasserski/de Wasserskischule in Schleich an der Mosel betreibt (Tel.: +49 6507 99133, +49 172 6502902, wasserkirsch@ t-online.de). Der Grundkurs kostet 60 Euro, samt Leihausrüstung. Wer wahren Profis auf die Füße schauen will: Von 17. bis 22. August 2009 steigt in Wallsee die Barfußwasserski-Europameisterschaft. Hinfahren und zuschauen (Feldstecher nicht vergessen!) lohnt sich definitiv.

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MORE BODY & MIND RED BULL INDIANAPOLIS GP 30. 8. 2009

HOT SPOTS

Hoffen auf besseres Wetter. Letztes Jahr führte Hurrikan „Ike“, mit starkem Wind und Regen, zu Rennabbrüchen und Absagen. Indianapolis, USA

Die besten Events des Monats rund um die Welt.

RED BULL LEDGENDS 5./6. 8. 2009

RED BULL ROOKIES CUP 15. 8. 2009

Wenn erst der Red Bull Hummer eingetroffen ist und die Obstacles aufgebaut sind – dann wird sich herausstellen, wer die wahre BMX-Legende ist. Wellington, Neuseeland

Der 17-jährige Norweger Sturla Fagerhaug dominierte bisher die Motorrad-Rookies-Saison. Sechs Rennen umfasst die Serie, die hier zu Ende geht. Brünn, Tschechien

BILLABONG JUNIOR SERIES 7. – 10. 8. 2009

BELFAST TALL SHIPS ATLANTIC CHALLENGE 13. – 16. 8. 2009

Südafrikanische Junior-Surfserie, die heuer aus zwei Grade 1 und Grade 2 ASP International Pro Junior Events in Scottburgh und Victoria Bay besteht. Victoria Bay, Südafrika

Nach über 7000 Seemeilen segeln die 40 Schiffe in den Hafen von Belfast. Dort wird auch das Just Acro Paragliding Team mit Gábor Kézi und Pál Takáts einen Synchron-Akrobatik-Gleitflug aus 1000 Meter Höhe hinlegen. Belfast, Nordirland

RED BULL CLIFF DIVING SERIES 8. 8. 2009 Am türkischen Mittelmeer springen die zwölf wagemutigen Cliff Diver vom mit 27,5 Metern höchsten Punkt der heurigen Saison. Antalya, Türkei

IFSC CLIMBING WORLD CUP 8./9. 8. 2009

BILDER: RED BULL PHOTOFILES (4)

Die erst 16-jährige österreichische Weltmeisterin und Weltcupführende Johanna Ernst wird in der katalanischen Hauptstadt von ihren Konkurrentinnen gejagt. Auch WM-Bronzemedaillengewinner David Lama möchte seine gute Form bestätigen. Barcelona, Spanien

FIM MOTOCROSS WORLD CHAMPIONSHIP MX1 & MX2 9. 8. 2009 Für Antonio „Tony“ Cairoli und Max Nagl geht es hier um wichtige Punkte im Kampf um den Weltmeistertitel in der Klasse MX1. Loket, Tschechien

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PGA CHAMPIONSHIP 13. – 16. 8. 2009 Camilo Villegas wurde 2008 beim letzten Major-Turnier des Jahres Vierter. Titelverteidiger ist der Ire Pádraig Harrington. Hazeltine National Golfclub, Chaska, Minnesota, USA

BARCLAYCARD WORLD FREERUN CHAMPIONSHIP 2009 15. 8. 2009 Eine phantastische Kulisse und ein spektakulär designter Parcours mit Kong Boxes, Kicker Walls und Railings erwarten die 25 besten Freerunner aus siebzehn Nationen. Trafalgar Square, London, GBR

RED BULL ROMANIACS 15. – 19. 8. 2009 Eines der härtesten MotorradEnduro-Rennen, bei dem die Biker vier Tage lang in Rumänien über Berge, Geröll, Schotter, Wiesen und Flüsse brettern. Sibiu, Rumänien

12. IAAF LEICHTATHLETIK-WM 15. – 23. 8. 2009 10.000-Meter-Läuferin Sabrina Mockenhaupt wird vor heimischem Publikum sicher besonders motiviert antreten. Berlin, Deutschland


MORE BODY & MIND RED BULL FLUGTAG 9. 8. 2009 Unbekannte Flugobjekte im russischen Luftraum. Allerdings nur kurz – eine unsanfte Landung der Fluggeräte ist garantiert. Moskau, Russland

FORMEL-1-GRAND-PRIX VON EUROPA 23. 8. 2009 DTM NÜRBURGRING 16. 8. 2009 Auf geht’s in die zweite Saisonhälfte der deutschen Tourenwagen-Serie. Und das am legendären Nürburgring. Nürburg, Deutschland

RB LEIPZIG – FSV ZWICKAU 16. 8. 2009 Eine neue Ära beginnt. RasenBallsport Leipzig tritt zum ersten Heimspiel der Saison gegen den FSV Zwickau in der NOFV Oberliga Süd an. Stadion am Bad, Markranstädt, Deutschland

FIVB PAF OPEN 17. – 23. 8. 2009 Auch im hohen Norden kann man ausgezeichnet Beachvolleyball spielen. Das Duo, das es momentan zu schlagen gilt, ist das deutsche Weltmeisterteam Brink/Reckermann. Åland, Finnland

RED BULL AIR RACE 19./20. 8. 2009 Budapest ist der traditionsreichste Austragungsort eines Red Bull Air Race. Drei Rennen vor Ende der World Series spitzt sich der Kampf um den WM-Titel zu – Hannes Arch führt nur einen Punkt vor Paul Bonhomme. Budapest, Ungarn

CHILL & RIDE 20. – 23. 8. 2009 Die besten Athleten treffen sich beim größten „Behind the Boat“Wakeboard-Event Europas. Die Amateure haben eine eigene 400 Meter lange Strecke. Freistett am Rhein, Deutschland

RED BULL ART OF MOTION 22. 8. 2009 Die Freerun-Elite trifft sich beim Kärnan-Turm im Südschwedischen, um unglaubliche Körperbeherrschung zu demonstrieren. Helsingborg, Schweden

RED BULL STREET STYLE 29. 8. 2009 Welcher slowakische Ballartist sichert sich ein Ticket für das Red Bull Street Style-Finale 2010 in Südafrika? Bratislava, Slowakei

ADAC MX MASTERS 22./23. 8. 2009 Die besten Motocross-Piloten und talentierte Jungbiker werden wieder bei den acht Stationen der Serie an den Start gehen. Gaildorf, Deutschland

Im Vorjahr gewann hier Felipe Massa vor Lewis Hamilton. Und wer wird heuer als Erster die Zielflagge sehen? Valencia, Spanien

RED BULLS SALUTE 27. – 30. 8. 2009 Beim traditionellen EishockeyTurnier empfängt der EC Red Bull Salzburg diesmal die Adler Mannheim (GER), Espoo Blues (FIN), HC Sparta Prag (CZE), ZSC Lions (SUI) und ZSKA Moskau (RUS) in der Eisarena. Salzburger Eisarena, Österreich

10. OFFLINE SPORT GAMES 29. 8. 2009 Rund 30.000 Zuschauer werden beim größten nationalen ActionSports-Festival erwartet, bei dem unter anderem Benjamin Shenker und Tobias Wicke dabei sein werden. Skate-, BMX- oder Breakdance-Fans kommen sicher voll auf ihre Kosten. Budapest, Ungarn

ÖTZTALER RADMARATHON 30. 8. 2009 4000 Hobbyradsportler machen sich auf die Strecke, die 238 Kilometer lang ist. Dabei sind Berge mit bis zu 18 Prozent Steigung, u. a. der Brenner, der Kühtaisattel und das Timmelsjoch, zu bewältigen. Sölden, Österreich

FORMEL-1-GRAND-PRIX VON BELGIEN 30. 8. 2009 Man darf gespannt sein, ob es den Red Bull Racing-Piloten Sebastian Vettel und Mark Webber gelingt, in den Ardennen den Punkteabstand zum Brawn-GPTeam weiter zu verkürzen. Spa-Francorchamps, Belgien

UCI MOUNTAINBIKE WELTMEISTERSCHAFT 1. – 6. 9. 2009 Die Mountainbiker krönen ihre Besten. Elisabeth Osl und Gee Atherton dürfen sich nach dem bisherigen Saisonverlauf Hoffnungen auf einen Spitzenplatz machen. Canberra, Australien Mehr Hot-Spots auf: www.redbulletin.com

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die macHt deR nacHt Mehr als einmal um die Welt für alle, die nie müde werden.

m. WaRd 4. 8. 2009 Ein Mann und seine Gitarre: M. Ward gilt als der US-Songwriter seiner Generation und zieht seit fast zehn Jahren mit seiner Klampfe durchs Land, ob mit R.E.M. oder Bruce Springsteen auf Tour oder mit Cat Power und Bright Eyes im Studio. Antone’s, Austin, USA

eRykaH Badu 4. 8. 2009 Die First Lady of Neo-Soul kehrt mit ihrem neuen Album auf die Bühne zurück. „Part Two“ führt ihre „New Amerykah“-Serie fort. Beach at Governors Island, New York, USA

telePatHe @ PoolBaR FeStival 6. 8. 2009 Im New Yorker Stadtteil sprießen momentan großartige Bands aus dem Boden. Animal Collective, Gang Gang Dance oder Telepathe. Das Damen-Duo hat seine Gitarren gegen Synthesizer ausgetauscht und bäckt damit den wohl heißesten Avantgarde-Dancepop der Stunde. Poolbar, Feldkirch, Österreich

Bilder: getty images, dirk mathesuis, Picturedesk.com, moritz schell

motoRcitySoul 7. 8. 2009 Obwohl der Name eine falsche Fährte legt – das DJ-Duo stammt nicht aus Detroit, sondern aus Frankfurt –, fangen sie den Geist der Motorcity in smoothen Deep-House-Tracks ein. As Terrazas de MOVE @ EXPO Coruña, La Coruña, Spanien

lollaPalooza FeStival 7. – 9. 8. 2009 1991 vom Jane’s-AddictionFrontmann Perry Farrell ins Leben gerufen, gilt es als Woodstock der Neunziger. Selbst für Pop-Granden wie Depeche Mode, Kings of Leon, Lou Reed oder die Beastie Boys ist es eine Ehre, dort zum Mikrofon zu greifen. Grant Park, Chicago, USA

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audioRiveR FeStival 7. – 9. 8. 2009 Wem das Sónar in Barcelona zu überlaufen ist, sollte einen Blick nach Osten riskieren. An elektronischen Kapazundern mangelt es auch hier nicht: So haben sich bereits Techno-Tier Richie Hawtin, DJ Hell oder Radio Slave für die Plock-Party angekündigt. Plock, Polen

SonnemondSteRne 7. – 9. 8. 2009 Der Name verrät es schon: Zum Schlafen bleibt wenig Zeit. Tanzmusik im 24/7-Takt ist angesagt, von Techno über Bigbeat bis Elektro, von alten Helden wie Fatboy Slim oder Sven Väth bis zu Junggemüse wie Raresh oder Chapeau Claque. Bleilochtalsperre, Saalburg, Deutschland

SummeR Sonic FeStival 7. – 9. 8. 2009 Silent-Disco, Sonic-Art und Seaside-Village: Das japanische Riesenfestival hat dazu noch heiße Geschosse im Köcher – von R ’n’ B-Röhre Beyoncé mal

kiSSogRam Sie kamen frisch von der FranzFerdinand-Tour und enterten den Red Bull Tourbus. Nur backstage zeigten sie leichte Ermüdungserscheinungen (S. 91). Berlin, Deutschland


more body & mind

ganz abgesehen: Nine Inch Nails auf Abschiedstour, Aphex Twin auf Comeback-Abwegen oder Sonic Youth auf ewiger Coolness-Welle. Tokio und Osaka, Japan

PeteR BJoRn and JoHn John Eriksson sagt auf Seite 88, wo es in der kühlen Stadt des Nordens heiß hergehen kann. Und wo nicht. Stockholm, Schweden

Øya FeStival 11. – 15. 8. 2009 Im Stadtkern von Oslo konzertieren norwegische Geheimtipps neben internationalen Großmeistern wie Arctic Monkeys, Grizzly Bear oder Wilco. Middelalderparken (Medieval Ruin Park), Oslo, Norwegen

c/o PoP FeStival 12. – 16. 8. 2009 Ursprünglich aus Trotz gegründet, weil die Popkomm 2004 von Köln nach Berlin übersiedelte, darf die c/o pop heuer jubeln. Während die Berliner angesichts der Musikwirtschaftskrise w. o. geben, erfreut sich die Kölner Musikmesse großer Beliebtheit. Bei dem eleganten Seiltanz zwischen Indie-Rock und Elektronik kein Wunder: Moderat, Beirut, Patrick Wolf, WhoMadeWho, Theo Parrish, Whitest Boy Alive. Offenbachplatz, Schauspielhaus, Köln, Deutschland

Hart arbeiten und ebenso hart feiern, bis es hell wird: Wir haben uns die Clubszene in Russlands Hauptstadt angesehen. Und kamen rein, trotz Gesichtskontrolle (S. 92). Moskau, Russland

la Route du Rock FeStival 14. – 16. 8. 2009 Der Gesang der Möwen im Hintergrund und frische Muscheln zum Abendessen: perfekte Voraussetzungen also, vor allem wenn das Line-up mit so verlockenden Namen wie My Bloody Valentine, Tortoise, Deerhunter oder The Kills aufwartet. Saint-Malo, France

SPiRit oF BuRgaS FeStival 14. – 16. 8. 2009 Eine Reise zum Schwarzen Meer zahlt sich aus: Die wiedervereinten US-Crossover-Querschläger Faith No More sind heuer hier Ehrengäste, so wie die famosen Knöpfchendreher des Amsterdamer Beat-Kollektivs Rush Hour und Rave-Veteran Speedy J. Central Beach, Burgas, Bulgarien

SaRaJevo Film FeStival 12. – 20. 8. 2009

cHiemSee Reggae FeStival 14. – 16. 8. 2009

Todd Haynes war letztes Jahr hier, Kevin Spacey und RegieLegende Mike Leigh: Das Sarajevo Film Festival ist Südosteuropas bedeutendstes. Heuer widmet sich eine Retrospektive dem Werk des großen Jia Zhangke. Ebenfalls zu sehen: „Turn it Loose“, der spektakuläre Dokumentarfilm über das Breakdance Event Red Bull BC One. verschiedene Kinos, Sarajevo, Bosnien-Herzegowina

Zwischen bayrischer Gemütlichkeit und karibischer PartyAtmosphäre pendelt das größte Reggae-Festival Deutschlands, bei dem Peter Fox, Junior Kelley, Iriepathie oder Jan Delay ein Knickserl vor dem allmächtigen Jah hinlegen. Chiemsee, Deutschland

dJ deeP 14. 8. 2009

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werden schwedische Hausmannskost und internationale Schmankerln auf zwei OpenAir- sowie einer Indoor-Bühne. Lily Allen, Fever Ray, Vivian Girls oder Chairlift gibt’s als Hauptgericht. Slottsskogen, Göteborg, Schweden

Er gilt als Gralshüter der Wurzeln von elektronischer Tanzmusik. House in seiner frühesten Form ist das Forschungsgebiet des Franzosen. Dementsprechend breit gefächert legt der Connaisseur seine DJ-Sets an, Hauptsache, die Platten entsprechen seiner Maxime „deep and dirty“. Montpellier, Frankreich

Way out WeSt FeStival 14./15. 8. 2009 Indie- und Alternative-Rock stehen am Menüplan, kredenzt

aRenaPalooza 15. 8. 2009 Was dem Wiener Opernfan der Rathausplatz, ist dem Rocker im Sommer die Arena: Konzerte im Freien mit mindestens so viel Dezibel wie Sternen am Nachthimmel. Die Highlights heuer: die britischen Neo-Rocker Maxïmo Park und die frankophilen Bossa-Novisten Nouvelle Vague. Arena, Wien, Österreich

dinoSauR JR. 16. 8. 2009 J Mascis hat langes graues Haar und eine große Brille. Nicht im Traum würde man vermuten, dass er der Kopf der vielleicht einflussreichsten Band der USIndie-Szene ist. Und seinerzeit von Kurt Cobain angefleht wurde,

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Peter bjorn and john Stockholm Resident Artist

So schmeckt Stockholm Von Zeit zu Zeit schreiben schwedische Journalisten, wir Jungen müssten eigentlich gar nicht nach New York, Barcelona oder London ziehen. „In Stockholm hat man doch alles, was man braucht“, sagen sie. Stimmt nicht. Stockholm ist eine saubere und schmucke kleine Stadt, in der es viel Natur, saubere Luft und alte Häuser gibt. Und das war’s dann eigentlich. Aber zumindest gibt es einige nette Orte, wo man Gleichgesinnte trifft und eine wirklich gute Zeit verbringen kann. Unsere Eltern und Lehrer haben uns immer gesagt, wer nicht ordentlich frühstücke, werde dumm oder arm. Im schlimmsten Fall beides. Warum also nicht mit einer gepflegten Morgen-Empfehlung beginnen? Wer Brot mag, kommt an der Bulleboden-Bäckerei nicht vorbei. Neben dem besten Brot Schwedens gibt es auch grandiose Suppen und Salate. Von der Bäckerei, die in einer faden Gegend, in Kungsholmen, liegt, führt der Weg 88

geradeaus ins Zentrum zur Stadthalle. Wer von euch einmal den Nobelpreis bekommen hat, kennt sie bereits und hat in den heiligen Hallen schon getafelt. Für alle anderen ist die Stadthalle einen Besuch wert. Wenn man schon einmal dort ist, sollte man die kleine Galerie Magnus Karlsson (1) besuchen. Es ist die erste Adresse für einige der besten schwedischen Künstler wie Niklas Eneblom, Jockum Nordström oder Karin Mamma Andersson. Hier bin ich auch auf das Gemälde „The Trophy Room“ von Thomas Broomé gestoßen, das auf dem Cover unserer aktuellen-Platte „Living Thing“ ist. Nach diesem Kulturabstecher geht’s in die Touristenfalle der Stadt: Gamla Stan oder, wie die Besucher sagen, in die Altstadt. Hier darf man auf keinen Fall eine Pause einlegen. Die Gegend ist voll von mittelmäßigen, überteuerten Restaurants. Trotzdem: Das schwedische Königsschloss und die alten Gassen sind

einen Spaziergang wert. Für Souvenirjäger: Absurdere Holzschuhe und Elch-Shirts kriegt man nirgends. Nach der Altstadt-Durchquerung gelangt man nach Slussen, der Schleuse, die den Wasserstand in Stockholm reguliert und sich in den Archipel hinaus Richtung Finnland zieht. An Slussen führt kein Weg vorbei, wenn man nach Söder, den südlichen Stadtteil, gelangen möchte. Einen längeren Aufenthalt dort kann ich nicht empfehlen – nicht gerade die feinste Ecke hier. In nur fünf Minuten zu Fuß gelangt man in eine coole Gegend, die gern als Stockholms SoHo bezeichnet wird. Manche WannabeHipster nennen sie SoFo (Söder om [südlich der] Folkungagatan). Klingt das nicht schrecklich? Aber es gibt sehr nette Spots hier. Zum Beispiel meine Lieblingsbar Snotty (2): phantastisches Essen, toller Service. Wenn ich nicht gelegentlich auch Musik machen müsste, würde ich hier die ganze Zeit

Bilder: Johan Bergmark, getty images

John Eriksson von der schwedischen Indie-Sensation Peter Bjorn And John nimmt seine Heimatstadt unter die Lupe: vom Vasa-Museum bis zur Rockspelunke.


bei der noch unbekannten Band Nirvana als Drummer einzusteigen. Die Entwicklung gibt ihm recht: Dinosaur Jr. klingen heute noch frisch wie 1984, während Nirvana ja nicht mehr ganz so lebendig ist. Central Park SummerStage, New York, USA

Red Bull EmSee 20. 8. 2009

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Linke Seite, von links: Peter Morén, Björn Yttling und John Eriksson, der uns hier durch Stockholm führt. Diese Seite: der Plattenladen Mickes Skivor (o.) und die Bar Snotty.

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FM4 Frequency Festival 20. – 22. 8. 2009

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Als ob man es als Freestyle-MC nicht ohnehin schon schwer genug hätte, geht es beim Red Bull EmSee nicht nur darum, sich spontan gute Reime zu überlegen. Nein, die Rapper müssen auf Bilder und Schlagwörter reagieren und diese in ihren Freestyle-Text einbauen. Simultanübersetzen ist ein Kinderspiel dagegen! Atlanta, USA

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1 Galleri Magnus Karlsson, Fredsgatan 12 2 Snotty’s, Skånegatan 90 3 Indigo, Götgatan 19 4 Sturehof, Stureplan 2

BildeR: Nicholas Pitt (2); Illustration: Mandy Fischer

Wenn man schon dort ist, kann manKarlsson ins 1 Galleri Magnus Sjöhästen gehen und dem Besitzer Kalle einen lieben Gruß von uns ausrichten. Peter 2 Snotty's Bjorn And John haben hier regelmäßige Clubnächte veranstaltet. Die Party hieß „Lucky 3 Indigo You“, es war phantastisch. Noch heute reden die Leute darüber, wie ausgefallen wir den 4 Sturehof restaurant Laden dekoriert haben! Außerdem gibt’s in

abhängen. Nach ein paar Bierchen würde ich einen Barwechsel ins Indigo (3) in der benachbarten Götgatan vorschlagen. Eine der wenigen Bars, die wirklich nach Bar aussehen. Etwas abgehangen und einfach ehrlich. Hier trifft man schwedische Rockstars und Nachtvögel, die wissen, was sich sonst so in der Stadt tut. Zur Kateraustreibung am nächsten Tag empfehle ich einen Spaziergang durch den Stadtpark Djurgården, der geradewegs zum Vasa-Museum führt. Dort kann man ein riesiges altes Schiff aus dem 17. Jahrhundert bestaunen, das Taucher vom Meeresgrund heraufgeholt haben. Traurige Geschichte eigentlich: Da steht dieses alte Wrack nun, das hunderte Jahre und Abenteuer überstanden hat, in einem alten, stinkigen Museum. Wen diese Story so deprimiert, dass er einen Drink braucht, dem wird im Sturehof (4) geholfen. Top-Tipp: ein Löjromstoast mit einem Glas Champagner oder ein Fem Assietter – fünf kleine, vorzügliche Häppchen – und ein Bier. Gestärkt geht’s per Taxi weiter nach Hornstull. In dieser Gegend trifft man garantiert die Sängerin von Sahara Hotnights beim Kaffeetrinken und den Soul-Rocker Moneybrother beim Spaghettiessen. Vielleicht unterhält er sich aber auch gerade mit Pete von der Band The Hives bei einem Stück Pizza über die letzte Konzertreise.

der Gegend noch einen Plattenladen namens Mickes Skivor, in dem man fast rund um die Uhr Musik kaufen kann. Vor allem alte Vinylplatten und kaputte Videokassetten. Rechts daneben haben wir übrigens unseren Proberaum in einem dreckigen Keller. Nicht weit entfernt liegt auch das Studio, in dem wir vor einigen Jahren im Sommer unser Album „Writer’s Block“ aufgenommen haben. In den abendlichen Aufnahmepausen gingen wir immer runter zum Fluss. Ins Strand, noch einer unserer Stockholmer Lieblingsplätze. Der Laden wird von Musikidealisten geführt, die immer spannende, internationale Artists in die Stadt holen. Mein Tipp: Bestellt an der Bar einige Shots, geht tanzen, und ist man unter 45 Jahre alt, stehen die Chancen nicht schlecht, dort jemanden zu treffen. Dann allerdings, ähm, kann ich nicht mehr weiterhelfen, dann muss man Stockholms nächtliche Geheimnisse schon selbst erkunden. Infos über die Band: www.peterbjornandjohn.com

Das Frequency, die Stiefmutter österreichicher Festivaltradition, zieht heuer von Salzburg nach St. Pölten. Stilikone Grace Jones ist dabei, genau wie Superdandy Jarvis Cocker und die beste Band der Welt: Radiohead. Green Park, St. Pölten, Österreich

Pukkelpop Festival 20. – 22. 8. 2009 Für Agoraphobiker wär das nix: 150.000 Menschen auf einem Feld, dazu über 200 Pop-Acts. Fürs Festivalvolk aber ist es ein sommer­ licher Segen, da das Programm mit Acts wie Kraftwerk, dEUS, Klaxons, Booka Shade und 50 Cent so bunt wie berauschend ist. Kempische Steenweg, Hasselt, Belgien

Hip Hop Kemp Festival 20. – 22. 8. 2009 MCs, Maler, Tänzer, Skater oder Sprayer sind genauso willkommen wie die heurigen Stargäste: Method Man, Camp Lo oder Killa Kela. Festivalpark, Hradec Králové, Tschechien

DJ Assault 20. 8. 2009 Ghetto Tech, der schnelle ElectroStil, den der Detroiter DJ 1982 aus der Taufe hob, zählt heute noch zum tanzbarsten Schallgut, das in Clubs kursiert. The Upper Deck, Salisbury, USA

Red Bull X-Fighters London 22. 8. 2009 Der spannendste Event im FreestyleMotocross macht zum ersten Mal

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in London Halt. Ab 20.30 Uhr werden die Spitzenreiter Eigo Sato, Mat Rebeaud und Robbie Maddison in der Battersea Power Station um Punkte kämpfen. Battersea, London, England

Red Bull FenSteRlkönig 22. 8. 2009

tHeo PaRRiSH @ Sunday BeSt 23. 8. 2009 Er hat House vom Mief der Großraumdisco befreit und dem Genre ein neues Gesicht verpasst: Theo Parrish verarbeitet das Beste, was die USMusikgeschichte zu bieten hat – von Freejazz über Disco bis Soul –, zu wunderbar verhaspelten DancefloorRohdiamanten, deren Schönheit sich der Oberflächlichkeit verschließt. The BKLYN Yard, Brooklyn, USA

Jazzanova 24. 8. 2009 Wer hätte gedacht, dass aus dem kleinen Berliner DJ-Kollektiv jemals eine achtköpfige Band hervorgehen würde, die mit solcher Verve auf der Bühne steht, dass altbackene Zuschreibungen wie Downbeat oder NuJazz angesichts der großartigen Darbietung an Bedeutung verlieren. Billboard Live, Tokio, Japan

Szegedi iFJúSági naPok 26. – 29. 8. 2009 Zu Zeiten des Eisernen Vorhangs hießen Musikfestivals noch Jugendtage. So hat auch das Szegedi Ifjúsági Napok 1968 begonnen, bevor es nach der Wende in Pension geschickt wurde. Mit neuem Esprit und Namen ist es nun zurück, nur das Line-up erinnert teils noch an alte Tage: Guano Apes, Macy Gray oder Tankcsapda. Újszegedi Partfürdö, Ungarn

H-BlockX 28. 8. 2009 Ende der Neunziger stürmte eine Stoner-Komödie die deutschen Kinos. „Bang Boom Bang“ hieß die Produktion mit Oliver Korittke, H-Blockx steuerten den Soundtrack bei. Letztere laden nun zur 10-Jahr-

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dj/ ruPture Saalfelden

Andy Moor (li.) und DJ/Rupture kratern in neuen Sounds herum.

Let’s get jazzy Zum dreißigsten Jubiläum spannt das Jazzfestival Saalfelden den Bogen weit: vom legendären Saxophonisten Ornette Coleman bis zur Turntable-Kunst von DJ/ Rupture Jazz. Ein Begriff, der große Assoziationen weckt. Namen wie John Coltrane oder Miles Davis schießen durch den Kopf, man denkt an verrauchte Bars in Harlem oder stickige Spelunken in New Orleans. Jedenfalls nicht an Salzburg – oder gar an Bauernhof. Was ein großer Fehler ist, denn gerade in Saalfelden ist der Jazz seit dreißig Jahren tief verankert. 1978 fand dort zum ersten Mal das Festival „Drei Tage Jazz“ auf der sogenannten Ranch statt. Heute haben sich zwar Name und Location – mittlerweile findet das Spektakel im Stadtzentrum statt – geändert, das Herzblut und die Leidenschaft, mit der die Veranstalter ans Werk gehen, sind unverändert. Zur heurigen Jubiläumsausgabe konnten sie einen besonders großen Fisch an Land ziehen. Einen, der für den Freejazz wohl mindestens genauso viel geleistet hat wie Michael Jackson für die Popkultur: Ornette Coleman. Seit 14 Jahren war der Visionär nicht mehr zu Gast in Österreich, rund 50 Jahre ist es her, dass der US-Amerikaner mit seiner avantgardistischen Spielweise die damals vorherrschenden Paradigmen des Jazz aus den Angeln gehoben hat: 17.

November 1959, ein junger Altsaxophonist betritt die Bühne des berühmt-berüchtigten New Yorker Jazzclubs Five Spot. Er greift in die Tasten. Röchelt, bläst, schnauft, schwitzt. Kurz: Er erfindet Freejazz. Auch wenn nicht jeder Konzertbesucher die seltsamen Klänge dieses Autodidakten nachvollziehen konnte, in jener Nacht waren sich alle einig: It’s the new thing! Ornette Colemans Engagement im Five Spot wurde daraufhin prompt von zwei Wochen auf zweieinhalb Monate verlängert, der Rest ist Musikgeschichte. Generationenwechsel: DJ/Rupture ist ein junger Musiker aus New York. Seine Sporen hat er sich als Drum ’n’ Bass-DJ Ende der Neunziger verdient. 2001 entdeckte er, dass man mit Plattenspielern weit mehr machen kann, als lediglich Musik zu mischen. Seitdem sind Nadel und Vinyl seine Instrumente, mit denen er wahnwitzige Mixtapes zwischen brachialen Beats, moderner Klassik und östlichen Klängen formt. Von Magazinen geliebt und von Pop-Papst John Peel zum Ritter geschlagen, holte er sich letztes Jahr Andy Moor, den Gitarristen der holländischen PostPunk-Legenden The Ex, für ein Projekt ins Boot. Ihr Album „Patches“ ist eine akustische Reise. Eine Soundcollage so rau und verkratert wie die Mondlandschaft. DJ/Rupture und Moor forschen nach Sounds, tauchen in die Mikroebene des Klangs ein. Und streifen dabei Dubstep, Post-Rock, Minimal-Music sowie Motown-Klassiker. Den beiden live beim Soundscollagieren und Gitarrewürgen zuzusehen ist etwas ganz Besonderes. Auch wenn DJ/Rupture und Andy Moor keine leichtverdauliche Kost liefern – viele Besucher werden sich nach ihrem Gig am Jazzfestival Saalfelden wohl einig sein: It’s the new thing! Jazzfestival Saalfelden: Loferer Straße 30, 5760 Saalfelden; Mehr Infos und das Programm: www.jazzsaalfelden.at

Bild: moor & ruPture

Während sich Jungs weltweit mit der Frage quälen, welcher denn der passende Spruch sei, die Dame des Herzens um ein Date zu bitten, geht man in Bayern pragmatischer vor. Fensterln heißt die dortige Lösung, und Red Bull verwandelt diese amouröse Anbandelungsstrategie nun in einen Wettbewerb. In den Disziplinen „Holz vor der Hütte“, „Fensterln“ und „Nageln“ treten sechzig Schürzenjäger gegeneinander an. Anmeldung und Infos: www.redbull.de


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Küsse auf dem heißen Blechdach Die Berliner Electro-Rocker Kissogram bezaubern den Berliner Mauerpark. Trotz Lebensmittelvergiftung und Kater.

Nach ihrer EuropaTournee mit Franz Ferdinand enterten Kissogram den Red Bull Tourbus in ihrer Heimatstadt Berlin.

Bild: dirk mathesius

Kissogram Berlin

Es wuselt. An sich nichts Ungewöhnliches für einen sonnigen Sonntagnachmittag im Berliner Mauerpark, es ist Flohmarktzeit. An der Eberswalder Straße, zwischen Bäumen, besprayten Mauern und Klamottenständen schauen sich Kids um neue WG-Möbel um, stöbern durch staubige Plattenkisten oder schlendern einfach durch die Marktstände. Doch an diesem Nachmittag ist der Geräuschpegel höher als sonst: Hinter dem Flohmarkt versammeln sich tausende Musikbegeisterte in einer Naturarena am Fuße des Jahn-Stadions. Vor ihnen thront ein Bus, auf dessen Dach sich ein junger Mann in Wortakrobatik übt. Sein Name ist Materia, die Blechstreben, die die Welt bedeuten, bedecken den Red Bull Tourbus. Hier in dieser wohl entspanntesten Ecke der Spreestadt hat sich der Rocker auf vier Rädern heute eingeparkt, um den Mauerpark im Rahmen der Fête de la Musique akustisch wachzurütteln. Während Materia, der erste Act des Red Bull Tourbus-Festivals, das Publikum mit seiner unkeuschen Mixtur aus Rap und breitspurigem Electro eingroovt, fühlt sich hinter der Bühne einer noch gar nicht nach RockShow. Joe Dilworth, der neue Drummer von Kissogram, Berlins Independent-Pop-Liebkindern, lässt sich durchkneten. Auf einem

Massagestuhl liegt er, der Oberkörper nackt, die Augen geschlossen. Eine Entspannung, die der Brite dringend nötig hat. Er hat sich gestern eine Lebensmittelvergiftung beim Thailänder geholt, erzählt er, der Schweiß steht ihm noch auf der blassen Stirn. Auch seine beiden Mitstreiter Sebastian Dassé und Jonas Poppe können die Euphorie, die vor der Bühne herrscht, vorerst nur erahnen, sie kauern auf einer der roten Backstage-Couches. Sie sind gerade angereist, um sich vor ihrem Gig den Fragen einer Gruppe Jungreporter zu stellen, die mit Unterstützung des Red Bull Tourbus-Teams Musikjournalismus-Luft schnuppern dürfen. Jonas hat die Sonnenbrille tief ins Gesicht gezogen. So ganz gewöhnt habe er sich an die verhältnismäßig hellen Festivalkonzerte noch nicht, sagt der Nachtmensch. „Wir waren gestern zwar nicht zu lange im Kim, unserer Lieblingsbar in der Brunnenstraße, aber es ist dennoch früh für eine Live-Show.“ Kurz vor dem Auftritt checkt die Band das Equipment. Sebastian und Jonas stimmen die Gitarre und stellen hastig die Keyboards ein. Zwischen all den Synthesizern thront ein auffallendes graues Plastikbrett. Casio steht am Hals des gitarrenartigen Instruments, das so futuristisch wie spielzeugartig anmutet. „Eine ganz seltene MIDI-Gitarre“, erklärt Jonas den antiken Hybriden aus Klampfe und Keyboard, „allerdings wird sie heute nicht zum Einsatz

kommen, weil wir keine Zeit für einen Soundcheck haben und dieses alte Ding jedes Mal eine gewisse Anlaufzeit braucht.“ Der Begeisterung tut die Absenz dieses optischen Aufputzes aber keinen Abbruch, als Kissogram die Bühne betreten. Mit einem Mal ist die Band frisch, Lebensmittelvergiftung und Kater wirken wie weggeblasen. Jonas hat sich in ein türkises Sakko geworfen, seine nussbraune Slacker-Frisur weht im Wind. „Ich fühl mich wie auf einem Hochsteig“, sagt er, „kommt näher!“ Das hätte das Publikum auch ohne Aufforderung gemacht. Die Songs des aktuellen Albums „Rubber & Meat“ gehen sofort in Mark und Tanzbein. Trotz der deutlich rockigeren Attitüde haben die frischen Tracks nichts von dem synthetischen Druck und der Bryan-Ferry’schen Verve in Jonas’ Stimme eingebüßt. „Am Anfang war’s schwierig mit dem Publikum, weil sie viele der neuen Songs noch nicht kannten“, werden sie nach ihrem Gig bescheiden sagen, „die letzten zwei Stücke aber haben prima funktioniert.“ Stimmt, als am Ende ihr größter Hit „Forsaken People Come to Me“ ertönt, verwandelt sich der Kieselsteinplatz vor dem Red Bull Tourbus endgültig in einen erdigen Dancefloor. Die Sonne als Discokugel ist Zeuge. Die besten Pics und Clips vom Red Bull TourbusFestival: redbulletin.com/tourbus/de; sonstige Infos und der Tourkalender: www.redbulltourbus.com

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Blick von der Galerie des Luch, übersetzt Sonnenstrahl: In der Bolschaja Pirogowskaja gibt es die angeblich besten Cocktails der Stadt (und sicher die höchste Bar).

3 Clubs in Moskau

Schlaflos Hart arbeiten, hart feiern, bis es wieder hell wird: Moskau ist keine Stadt für Weicheier. Wir starten in der Kalina Bar und arbeiten uns durch die 16-Millionen-Metropole. 92

Um zu erkennen, dass Moskau nicht nur im Osten, sondern auch sehr weit nördlich liegt, braucht man sommers keine Landkarte. Ein Blick auf die Uhr reicht. Vor 22 Uhr ist nix los, warum auch, draußen ist es ja noch hell. Idea­ ler Start in die Nacht ist eine Liftfahrt in den letzten Stock des Lotte Plaza. Dort befindet sich die Kalina Bar (1), eine der drei besten Party-Locations von ganz Moskau, wie die Einheimischen versichern. Lauter schöne Menschen hier! Abgesehen davon bietet die Kalina Bar den Vorteil guter Aussicht. Von der Terrasse aus sieht man – wer mag, bei italienischem oder asiatischem Essen – den spektakulären Turm des Außenministeriums, dahinter zeichnet sich Gorki-Park ab. Drinnen legen DJs auf, der Abend groovt sich ein. Langsam geht’s auf Mitternacht zu, die Location füllt sich. Vor dem Soho Rooms (2) stapeln sich die Rolls-Royces und Ferraris, drinnen lassen es sich der Russe und seine Begleiterin auf vier Floors gutgehen, von der Plauderecke mit dicken Ledersofas über die Live-Band bis

zum Dancefloor findet jeder seins. Gute Clubs erkennt man in Russland übrigens daran, dass sie keinen Eintritt verlangen. Wer die Gesichtskontrolle besteht, gehört dazu. Einmal drin, verlangt es die Etikette, auch ordentlich Geld auszugeben (der Nichtrusse neigt dazu, das als Geprotze misszuverstehen). Russisches Nationalgetränk am Abend ist Wodka Red Bull, ein sehr egalitärer Drink: Jeder kann es sich leisten, es hängt nur vom Wodka ab. Geschmackliche wie finanzielle Obergrenze ist der gerühmte Beluga. Über dessen Nuancen lässt sich im Luch (3) formidabel diskutieren, im Schatten einer Bar, die sich über die gesamte Höhe von zwei Stockwerken eines alten Industriegebäudes erhebt. Das Interieur ist eine witzige Mischung aus Kitsch, dunklem Holz, modernen Plastiken und Lagerhalle, das Publi­ kum etwas älter als im Soho. Luch heißt Sonnenstrahl, und deren erster dringt schon bald durch die verglaste Front, früher als erwartet, auch das eine Folge der geografischen Lage. Die besten Clubs der Welt: redbulletin.com/clubs/de


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Party des Streifens. Mit einem erneuten Screening, den Hauptdarstellern und einem Konzert am Dach des Red Bull Tourbusses. Ruhrpark, Bochum, Deutschland

electRic elePHant FeStival 28. – 30. 8. 2009

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Reading/leedS 28. – 30. 8. 2009

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1 Soho Rooms

Wenn der legendäre Electric Chair Club in Manchester einen Betriebsausflug plant, dann wird nicht gekleckert. Andrew Weatherall, Emily Barker, Daniele Baldelli oder Joakim sorgen an der kroatischen Küste für entschlackte House-Grooves. Petrcane, Kroatien

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1 Kalina Bar Lotte Plaza, Nowinski-Boulevard 8 2 Soho Rooms Sawwinskaja Nabereschnaja 12, Haus 9 3 Luch Bolschaja Pirogowskaja 27, Haus 1

Tour durch eine Stadt, die niemals schläft: Start auf der Terrasse der Kalina Bar, um mit einem Wodka Red Bull im Soho Rooms fortzusetzen, Live-Band an der Pool-Terrasse inklusive. Die besten Tage für Party sind Freitag und Samstag, die in Moskau gern ineinander übergehen.

Reading ist das älteste noch aktive Pop-Festival der Welt (seit 1961). Neben den Main Stages mit Headlinern wie Bloc Party, Jamie T, Gossip oder Yeah Yeah Yeahs spielen auf der Festival-Republic-Bühne aufkeimende Superstars wie La Roux. Little John’s Farm (Reading), Bramham Park (Wetherby), Großbritannien

outSide landS muSic and aRtS FeStival 28. – 30. 8. 2009 Wer heute nach San Francisco geht, sollte wohl statt Blumen im Haar eher Ohropax im Gepäck haben. Acts wie Pearl Jam, Mars Volta, Beastie Boys oder M.I.A. bürgen dafür, dass es ordentlich krachen wird! Golden Gate Park, San Francisco, USA

Bilder: moritz schell (4); illustration: mandy Fischer

keRRi cHandleR 29. 8. 2009 Der Botschafter des instinktiven 4/4-Grooves ist mitverantwortlich, dass House Mitte der neunziger Jahre plötzlich wieder organisch wurde: mit Stimmen, Soul und einer Prise Jazz. Parque Xtremo, Yunguilla, Ecuador

FeStival oF WoRld cultuReS 29./30. 8. 2009 Ob Turbofolk vom Balkan, Obertongesang aus Tibet oder heißer Samba aus Brasilien, auf der Artistenliste ist immer ein Platzerl frei, solange die Musik authentisch und der Künstler spannend ist. So ist auch heuer wieder die ganze Welt zu Gast auf der Grünen Insel. Dublin, Irland Mehr Nacht-Events auf: www.redbulletin.com

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Bitte anschnallen! Über den Wolken ist die Freiheit grenzenlos. Auf dem Weg dorthin begegnen uns jedoch häufig Hindernisse.

Oben: Nach Einparken des Fliegers unbedingt Diebstahlsicherung aktivieren! Unten: „Mama, kriege ich ein Upgrading, wenn ich brav bin?“

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Vorbild Stealth-Bomber: „Eigentlich ist es ein normales Geschäftsflugzeug, aber ein spezieller Anstrich macht es für Aktionäre unsichtbar.“

„Sie haben das Kleingedruckte nicht gelesen, Sir: Ihr Ticket ist dezidiert eines für einen Sitz, dessen Rückenlehne während des Fluges permanent von einem kleinen Kind getreten wird.“

illustrationen: cartoonstock.com (6), dietmar kainrath

Was dem Esel die motivierende Karotte, ist dem Vogel der Wurm. Darunter wundert sich ein Astronaut: „Wahnsinn, wie klein die Welt ist, wenn du von dieser Seite durchschaust.“


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City

Der unwahrscheinlichste aller Orte

Von Michal Hvorecky

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kein Heilmittel. Aber auch nicht gegen die Geburt. Meine ganze Kindheit durchlebte ich als jemand anderes. Ich kam mir vor wie ein Ersatz in einer späteren Zeit. Eine Fortsetzung. Ein Sequel. Ich schaute mir selbst zu, als würde ich in einem Film mit­ spielen, der mir nicht gefiel und den bis zum Schluss zu sehen ich nicht die ge­ ringste Lust hatte. Wenn ich eine Weile Spaß an etwas hatte, wurde mir meist schlagartig klar, dass das eigentlich nicht meine Freude war, sondern dass der­ jenige sich amüsierte, der vor mir hier gewesen war und den ich nur vertrat und imitierte. Das hört sich an wie eine schlechte Gruselgeschichte – und alles war erst zu Ende, als meine Eltern bei einem Auto­ unfall ums Leben kamen. Damals war ich elf. Lange hatte ich das Gefühl, als wäre ich der einzige Überlebende des Unter­ gangs von Atlantis. Vorher hatte es eine komplette Zivilisation gegeben, einen eigenständigen Kontinent, und plötzlich war alles weg. Ich war als einziger Zeit­ zeuge übrig geblieben und musste mich nun ganz allein an alles erinnern. Ich war das, was man einen „Staatszögling“

„Ich schaute mir selbst zu, als würde ich in einem Film mitspielen, der mir nicht gefiel …“ nennen könnte. Fürsorgliche beamtinnen zogen mich mit ihrer sozialen Pflege­ mütterlichkeit auf. Von dem Wechsel an ein Internat, wo ich selbständig werden konnte, war ich deshalb begeistert. Ich brauchte Veränderung. Die meisten meiner Mitschüler hießen nach berühmten Marken. Das war mo­ dern, als unsere Eltern jung waren. Man konnte dafür von den Firmen ziemlich viel Geld bekommen, deshalb rissen sich die Familien regelrecht darum. In den Kinderwagen wimmelte es damals nur so von babys, die nach Autos, Lebens­ mitteln, Möbeln oder Parfüms benannt waren. Die Mädchen hießen Lancia, nivea, novartis, Porsche oder nestlé; die Jungs Gucci, Evian, Hilfiger oder renault. noch schlimmer dran waren die Kin­ der, die einen so unerträglich langen na­ men wie GlaxoSmithKline, time Warner

ILLUStrAtIon: ALbErt ExErGIAn

Ich wurde am 29. Februar in bratislava geboren, genau in der Mitte Supereuro­ pas. Ganz zu beginn jenes Jahrhunderts, das sich gern als das letzte bezeichnete, schon als es noch kaum begonnen hatte. Mein name ist Irvin Mirsky. Doch eigent­ lich bin ich Irvin Mirsky II. Einen Irvin Mirsky hatte es nämlich schon gegeben. Mein älterer bruder war bei seiner Geburt gestorben, und meine Eltern hatten mir denselben namen wie ihm gegeben. Sie zwangen mich meine ganze Kindheit lang, regelmäßig auf den Friedhof zu gehen, wo er beerdigt war. Ich musste ein Grab mit meinem namen besuchen. Sie zogen mir Sachen an, die eigentlich für ihn bestimmt waren. Sie lasen mir aus seinen büchern vor. Ich spielte mit seinem Spielzeug. Wenn meine Mutter mit mir redete, hatte ich das Gefühl, sie meine eigentlich meinen bruder. Mein Vater gab mir oft zu verstehen, ich sei nur das Plagiat eines Ideals, mit dem ich mich nicht messen könnte. Hinter seinen Worten verbarg sich die Kraft einer Illusion – eine realität der stärkeren Sorte. Woran meine Eltern wohl dachten, als sie mich zeugten? Wollten sie nur eine replik herstellen? Gegen den tod gibt es


Cable oder Doppelnamen wie thyssen Krupp trugen. Viele Mitschüler mussten zudem während ihrer Schulzeit teilweise mehrmals den namen wechseln, wenn die von ihnen beworbene Firma verkauft worden oder gar Pleite gegangen war. Die meisten mochten ihre namen nicht, doch sie konnten ja nichts dagegen tun. Aus ihren Verträgen kamen sie nicht her­ aus. Deren Auflösung hätte ein Vermögen gekostet. Wenn sie sich vorstellten, muss­ ten sie außer ihrem namen oft auch einen Slogan aufsagen, wofür es von den Firmen noch mehr Geld gab. „Hallo, ich bin McDonald’s. Ich liebe es“, stellte sich mir ein Mitschüler vor. „Irvin? Freut mich, ich bin Apple. think different“, verkündete meine banknachbarin. „Hallo. Hier ist Vichy, weil Gesundheit auch Hautsache ist“, tönte es aus dem telefonhörer. Ich selbst bin nur dank der tatsache verschont geblieben, dass es diese Mode zur Zeit, als mein bruder auf die Welt kam, noch nicht gab. Ein normaler name – das ist das Einzige, wofür ich ihm dank­ bar bin. bei meiner Geburt bekamen mei­ ne Eltern schon in der Entbindungsklinik zahlreiche Angebote, aber ihr Entschluss,

mich zu einem Ersatzmann zu machen, war stärker. Schon damals wartete ich nur noch darauf, dass ganze Länder umbenannt und dadurch Staaten wie redbullgarien, Whirlpolen, Chevrolettland, Pumarokko oder Mazdadonien auf der Landkarte auf­ tauchen würden. Die Jahre, in denen ich aufwuchs, gaben selbst gern vor, die fröhlichsten aller Zeiten zu sein. Endlich war der baby­ boom gekommen. Eine Ära, die der neuen Konsumgeneration gehörte, die in einen Wohlstand hineingewachsen war, wie ihn die Welt bisher nicht gekannt hatte. Ich empfand das überhaupt nicht so. Jeden tag sollte man in vollen Zügen genießen, aber ich verlor stattdessen einen nach dem anderen. Es war modern, so zu lächeln wie Figuren aus der Werbung, doch mir wollte das einfach nicht gelingen. Wer von meinen Altersgenossen dazu in der Lage war, der war in seinem ein­ tönigen Leben wenigstens permanent fröhlich. Ich konnte das nie. Ich genoss nur das, was nicht real war. Mir scheint, dass seit einer bestimmten Zeit jede Epoche mindestens zweimal durchlebt wird. Die zwanziger Jahre. Die Dreißiger. Die Sechziger. Die Achtziger.

Die neunziger. Die retromode schiebt mit Verspätung ganze Dekaden nach vorn und nötigt sie den folgenden Generationen auf. Künftigen Menschheitsgeschlechtern wünsche ich, dass sich das Jahrzehnt meiner Eltern nicht wiederholen möge. Der Hyperkonsum ist tot – so wie sie selbst auch. Dieser Text ist ein Auszug aus dem Roman „City: Der unwahrscheinlichste aller Orte“. © Tropen Verlag, 2006. Aus dem Slowa­ kischen von Mirko Kraetsch.

Leser machen Programm Schicken Sie Ihren Text bitte an: readbull@redbulletin.at Das Thema ist frei, doch irgendwo kann eine Dose versteckt sein. Die besten Texte (4000 bis 5000 Anschläge) werden abwechselnd mit den Storys professioneller Autoren veröffentlicht.

Michal Hvorecky,

Jahrgang 1976, lebt als freier Autor in Bratislava. Er veröffentlichte bisher drei Romane und zwei Erzählbände und publizierte in der „FAZ“, der „Zeit“ und im Magazin „Volltext“. 97


Ankowitschs Kolumne belebt Körper und Geist

WeltklasseKolumne Dank unserer angeborenen Fähigkeit zum Selbstbetrug kommen wir leichter durchs Leben. Ich weiß ja nicht, wie Sie das sehen – aber ich finde, dass ich hier Monat für Monat ganz ausgezeichnete Kolumnen abliefere. Sie suchen ihresgleichen, und noch in vielen Jahren wird man von ihnen sprechen, weil sie so pointiert sind, so geistreich und so einzigartig; ihr Autor, wird man sagen, sei ein Ausbund an … Halt, halt! Bevor Sie sich an die Stirn fassen und zum Handy greifen, um dem Chefredakteur eine SMS zu schicken, sein Kolumnist sei größenwahnsinnig geworden und müsse umgehend aus dem Verkehr gezogen werden, will ich Ihnen erklären, wie es zu diesem hemmungslosen Selbstlob kommen konnte. Und warum Sie es genauso halten sollten wie ich, sich also regelmäßig selbst zu überschätzen. Aber alles der Reihe nach. Wer andere danach fragt, ob wir Menschen dazu in der Lage sind, die Welt so zu sehen, wie sie ist, wird skeptische Blicke ernten. Skeptisch, weil diese Frage ziemlich sinnlos erscheint. „Selbstverständlich!“, werden wir hören, „selbstverständlich sind wir dazu in der Lage!“ Wie sonst könnten wir unseren Weg durch die belebte Innenstadt finden, komplizierte Formulare ausfüllen und SMS an Chefredakteure schicken. Na gut, wird mancher einräumen, ein paar Menschen kenne er schon, bei denen er so seine Zweifel habe, aber alles in allem – vor

Bereits Kinder biegen sich die Wirklichkeit so hin, dass sie ihnen freundlicher erscheint, als sie tatsächlich ist. allem er selbst habe einen klaren, unverstellten Blick auf die Realität. Diese Ansicht ist weit verbreitet, nachvollziehbar und ehrenwert. Sie hat nur einen kleinen Haken – sie ist falsch! Denn wie eine Reihe von psychologischen Untersuchungen gezeigt hat, neigen wir Menschen dazu, uns ein grundsätzlich zu positives Bild von der Welt zu machen. Wir lügen uns in den eigenen Sack. So biegen sich bereits vierjährige Kinder die Wirklichkeit so hin, dass sie ihnen freundlicher erscheint, als sie tatsächlich ist. Klassisches Beispiel gefällig? Zwei Kinder streiten um einen Legostein. Das stärkere nimmt ihn an sich und gibt ihn nicht wieder her. Was macht das kleinere Kind? Sobald es eingesehen hat, dass

gegen das große nichts auszurichten ist, lügt es sich die Wirklichkeit in seinem Sinne zurecht: „Wollte ich sowieso nicht haben, den blöden Stein!“ Wenn Sie nun meinen, dem unterlegenen Kind klarmachen zu müssen, dass es sich eben selbst betrügt und besser realistisch bleibe, sollten Sie das schleunigst bleibenlassen! Sie würden das Kind einer der wirkungsvollsten Lebensbewältigungsstrategien berauben, die wir Menschen haben: uns etwas vorzumachen. Wie existenziell wichtig unser angeborenes Talent zum Selbstbetrug ist, zeigt der Umstand, dass depressive Menschen nicht darunter leiden, die Welt besonders duster zu sehen; ihr Problem ist vielmehr, alles genau so zu sehen, wie es wirklich ist! Das heißt: Uns über den Verlust des Legosteins (eines Jobs/einer Chance) hinwegzulügen ist kein Zeichen charakterlicher Schwäche, die man uns austreiben sollte. Es ist vielmehr unser Versuch, einigermaßen unbeschädigt durchs Leben zu kommen (das auch so genug Kränkungen für uns bereithält). Doch nicht nur dazu dient unsere Fähigkeit zum Selbstbetrug. So hat sich gezeigt, dass Eltern prinzipiell dazu neigen, ihre Kinder für klüger zu halten, als diese tatsächlich sind. Mit dem wunderbaren Effekt, dass sie ihren Nachwuchs damit fördern, muten sie diesem damit doch immer ein wenig mehr zu, als er gerade leisten kann. Überflüssig zu sagen, dass die elterliche Verblendung zur Last wird, wenn sie zu mächtig wird – ebenso wie die Schönfärberei der Erwachsenen. So wird es Sie nicht wundern, dass ich auf diese Kolumne mit der Überzeugung zurückblicke, ein Stück bleibenden Journalismus geschaffen zu haben, für den besten Leser der Welt, als den Sie sich sehen – vollkommen zu Recht natürlich! Christian Ankowitsch, 50, ist ein österreichischer Journalist und Schriftsteller. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

Herausgeber und Verleger Red Bulletin GmbH Chefredaktion Robert Sperl, Stefan Wagner (Stv.) Creative Director Erik Turek Art Director Markus Kietreiber Fotodirektion Susie Forman, Fritz Schuster (Stv.) Chefin vom Dienst Marion Wildmann Leitende Redakteure Werner Jessner, Uschi Korda, Andreas Kornhofer, Nadja Žele Redaktion Ulrich Corazza, Felix Fuchs, Daniel Kudernatsch, Manuel Kurzmann, Florian Obkircher, Lucas Perterer, Christoph Rietner, Simon Schreyer, Clemens Stachel Grafik Claudia Drechsler, Dominik Uhl Fotoredaktion Markus Kucˇera, Valerie Rosenburg Senior Illustrator Dietmar Kainrath Autoren Christian Ankowitsch, Christian Seiler Mitarbeiter Michael Paterniti, Anthony Rowlinson, Andreas Tzortzis, Herbert Völker Illustratoren Mandy Fischer, Albert Exergian, Lie-Ins and Tigers, Andreas Posselt Lektorat Hans Fleißner Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Christian Graf-Simpson, Nenad Isailovic Herstellung Michael Bergmeister Produktion Wolfgang Stecher Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Geschäftsführung Karl Abentheuer, Rudolf Theierl Projektleitung Bernd Fisa Sonderprojekte Boro Petric Finanzen Siegmar Hofstetter Verlagsleitung Joachim Zieger Marketing Barbara Kaiser (Ltg.), Regina Köstler Projektmanagement Jan Cremer, Jürgen Eckstein, Dagmar Kiefer, Sandra Sieder, Sara Varming Anzeigenverkauf Bull Verlags GmbH, Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien; anzeigen@at.redbulletin.com Office Management Martina Bozecsky, Claudia Felicetti Firmensitz Red Bulletin GmbH, Am Brunnen 1, A-5330 Fuschl am See, FN 287869 m, ATU 63087028 Sitz der Redaktion Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 9022128800 Fax +43 1 90221-28809 Kontakt redaktion@at.redbulletin.com Redaktionsbüro London 14 Soho Square, W1D 3QG, UK Telefon +44 20 7434-8600 Fax +44 20 7434-8650 Web www.redbulletin.com Erscheinungsweise Das Red Bulletin erscheint jeweils am ersten Dienstag des Monats als Eigenbeilage von und in Kooperation mit folgenden Partnerzeitungen – in Österreich: Kleine Zeitung, Oberösterreichische Nachrichten, Die Presse, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten; Burgenländische Volkszeitung, Niederösterreichische Nachrichten. In Deutschland: Münchner Merkur, tz. In Großbritannien: The Independent. In Irland: Irish Independent. In Nordirland: Belfast Telegraph. Gesamtauflage 2,1 Millionen Leserbriefe bitte an leserbriefe@at.redbulletin.com

DAS RED BULLETIN ERSCHEINT JEDEN ERSTEN DIENSTAG IM MONAT. DIE NÄCHSTE AUSGABE GIBT ES AM 1. SEPTEMBER 2009.

ILLUSTRATION: ALBERT EXERGIAN

KO LU M N E


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