Snowactive | Dezember 2023 | DE

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Das offizielle Verbandsmagazin von

DEZEMBER 2023

Elisa Gasparin im Porträt · Aline Danioth: Hart im Nehmen · Zu Tisch mit Pepe Regazzi


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Von alten und neuen Biathlon-Zeiten Bevor ich im vergangenen Frühling zu Swiss-Ski kam, hatte ich einige Zeit gebraucht, um meinen alten Arbeitsplatz auf der NZZ-Redaktion zu räumen. In gut 20 Jahren als Sportjournalist hatte sich eine Menge angesammelt. Vieles habe ich weggeworfen. Zu den Dingen, die ich wegen ihres Souvenirwerts behalten habe, gehört ein A3-Mannschaftsfoto des Schweizer Biathlon-Teams, das wahrscheinlich vor der Olympia-Saison 2005/06 aufgenommen wurde. Das Foto besitzt Symbolgehalt. Abgebildet sind die vier Athleten Matthias Simmen, Simon Hallenbarter, Mario Denoth und Roland Zwahlen, der Disziplinenchef, ein Trainer und ein Servicemann. Und fertig. Sieben Männer, null Frauen – so klein war das Team damals, und so klein war auch die Sportart in der Schweiz. Immerhin gab die weibliche Pionierin Selina Gasparin bald darauf ihr Weltcup-Debüt. Ich erinnere mich noch gut, wie sie in der Phase ihres Wechsels vom Langlauf zum Biathlon am Fest nach dem Engadin Skimarathon auf dem Boden der Mehrzweckhalle Samedan zu einer kleinen Demonstration angesetzt hatte: «Seht mal her, so geht Liegendschiessen!» Als Schweizer Sportjournalist, der sich für Biathlon interessierte, war ich damals ein Exot. Mein erster Arbeitgeber, die Sportinformation Si, gewährte mir ab und zu einen Biathlon-Besuch. Ich erlebte den einen oder anderen Weltcup (und damit auch das eine oder andere Dorffest) in Antholz. Nie vergessen habe ich etwa ein Nachtessen mit dem damaligen Team im Hotel Tiefenbach am Furkapass, als ich in einem Trainingslager vorbeischaute. Draussen schien gerade die Welt unterzugehen, so heftig prasselte der Regen herab.

Drinnen füllte sich mein Rucksäckchen mit Informationen, von denen manche unter dem Mantel der Verschwiegenheit zu bleiben hatten. Warum ich das an dieser Stelle erzähle? Seit dem 1. Mai bin ich nicht nur mit dem neuen «Snowactive» beschäftigt, sondern auch Teil der Equipe, die in Lenzerheide den bevorstehenden ersten BiathlonWeltcup in der Schweiz sowie die Biathlon-WM 2025 organisiert. Es hat lange gedauert, bis die Schweiz als kleines Land und grosse Schneesportnation auch im Biathlon-Kalender ein prominentes Plätzchen erhalten hat. Aber wenn ich zurückdenke an die Zeit dieses Siebnergrüppchens auf dem alten Mannschaftsfoto, dann staune ich über die Entwicklung in den letzten knapp 20 Jahren. Diese Entwicklung zeigt sich auch in der Biografie von Elisa Gasparin, der mittleren der drei Biathlon-Schwestern. Wir porträtieren sie in der Titelstory dieser Ausgabe. Wir würdigen aber auch Carola und Michael Hartweg, deren privates Engagement ein Gamechanger war für den Schweizer Biathlonsport. Kürzlich sah ich ein Teamfoto, das kurz vor Beginn der neuen Weltcup-Saison gemacht wurde. Von einem Mannschaftsfoto kann man nicht mehr reden, sieben von 17 Menschen darauf sind Frauen, und die Trainerin Sandra Flunger fehlt noch auf dem Bild. Zum Team gehören beispielsweise Niklas Hartweg und Sebastian Stalder, der beste und der drittbeste Athlet in der U-25-Weltcup-Gesamtwertung der vergangenen Saison. Es ist viel passiert im Schweizer Biathlon. Ich bin gespannt auf die nächsten Entwicklungsschritte. Viel Schnee wünscht, Philipp Bärtsch, Chefredaktor

EDITORIAL

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Impressum

Das offizielle Verbandsmagazin von Swiss-Ski, erscheint viermal pro Jahr Ausgabe vom Dezember 2023, 58. Jahrgang

Herausgeber Swiss-Ski Home of Snowsports, Arastrasse 6, 3048 Worblaufen T +41 31 950 61 11, snowactive@swiss-ski.ch

Redaktion Philipp Bärtsch (philipp.baertsch@swiss-ski.ch) Roman Eberle (roman.eberle@swiss-ski.ch) Ramona Hirt (ramona.hirt@swiss-ski.ch)

Freie Mitarbeit

Was macht eigentlich?

Joseph Weibel, Peter Birrer, Anita Fuchs, Stephan Bögli

26 Evelyne Leu

Art Direction/Layout LS Creative GmbH Leander Strupler

Inserate/Advertorials Swiss-Ski Matthias Rietschin (matthias.rietschin@swiss-ski.ch) Annalisa Gerber (annalisa.gerber@swiss-ski.ch) Prosell AG Wolfgang Burkhardt (T +41 62 858 28 10, w.burkhardt@prosell.ch) Rebekka Theiler (T +41 62 858 28 15, r.theiler@prosell.ch)

Abonnemente Jahresabo CHF 49.-, Zweijahresabo CHF 89.- (inkl. MWST)

Druck AVD Goldach AG Übersetzungen Syntax Übersetzungen AG Copyright Swiss-Ski Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion gestattet.

38 Pepe Regazzi


Inhalt

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14 Aline Danioth 12

Carola und Michael Hartweg Unser Skiclub

20 Ski-Club Hérémencia

6 Elisa Gasparin

Mein Heimgebiet

22 Jasmina und Juliana Suter 32 Franjo von Allmen, Marco Kohler und Livio Hiltbrand 48 Weltcup Goms 56 Kästle

Dürfen wir dich mal was fragen?

52 Nadine Fähndrich


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Biathlon

Bild: Stephan Bögli


Eine Karriere in verschiedenen Biathlon-Welten Elisa Gasparin biegt allmählich auf die Zielgerade ihrer Laufbahn ein. Dies im Wissen, an einigen Meilensteinen der hiesigen BiathlonGeschichte beteiligt (gewesen) zu sein, die vor einem Jahrzehnt beinahe utopisch schienen.

Bild: Stephan Bögli

Elisa Gasparin

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Am ersten Olympia-Sonntag 2014 in Sotschi liess nicht nur Dario Cologna nach dem Triumph im Skiathlon den Freudentränen freien Lauf, sondern wenig später an gleicher Stätte in Krasnaja Poljana auch Elisa Gasparin. Die damals vergleichsweise unbekannte Biathletin erreichte bei ihrem Olympia-Debüt als Achte ein KarriereBestergebnis. Während Gasparin bereits erste TV-Interviews geben musste, wusste sie nicht, welchen Schlussrang sie belegen würde, denn noch war das SprintRennen im Gang. Als ihr wenig später in der Mixed-Zone von Journalisten mitgeteilt wurde, dass sie ein olympisches Diplom gewonnen habe, kullerten sogleich Freudentränen über ihre Wangen.

Noch heute, zehn Jahre später, zaubern die Erinnerungen an jene OlympiaTage ein Lächeln auf Elisa Gasparins Gesicht. Nicht nur wegen des Glanzresultats, sondern auch wegen der für den Schweizer Biathlonsport so bedeutungsvollen Medaille ihrer älteren Schwester Selina – und weil beide zusammen mit Aita, der Jüngsten des Gasparin-Trios, den Traum eines gemeinsamen Starts im Olympia-Staffelrennen verwirklichen konnten. 2117 Tage nach jenen olympischen Staffel-Momenten schrieben die Gasparin-Schwestern, diesmal mit Lena Häcki, in Östersund abermals Biathlon-Geschichte. Mit Rang 2 zeichneten sie für den ersten Weltcup-Podestplatz einer Schweizer Frauen-Staffel verantwortlich. «Das war

immer ein Traum, ein Meilenstein, der ursprünglich fast unerreichbar schien», sagt Elisa Gasparin rückblickend. «Nach jenen Emotionen wurde mir bewusst, wofür ich all die Investitionen in unseren Sport auf mich nehme.» Doch wie ist die 32-Jährige überhaupt zum Biathlon gekommen? Über ihre sieben Jahre ältere Schwester Selina, möchte man meinen. Doch dem ist nicht so. «Wir haben den Sport ausprobiert, ohne es voneinander zu wissen – parallel sozusagen.» Laut ihrem langjährigen Trainer Markus Segessenmann war es Elisa, welche die Familie Gasparin mit dem Biathlon-Virus infizierte. Während andere Mädchen im Handarbeitsunterricht Kissen nähten, investierte Elisa diese Schulstunden in die

Am 8. Dezember 2019 realisierte erstmals eine Schweizer Frauen-Staffel einen Weltcup-Podestplatz – mit Startläuferin Elisa Gasparin (rechts) resultierte in Östersund hinter Norwegen Platz 2. Bild: Nordic Focus


Elisa Gasparin

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Zusammen mit ihren Schwestern Aita (Mitte) und Selina (rechts) war Elisa Gasparin 2014 Mitglied der ersten Schweizer Frauen-Staffel in der Olympia-Geschichte. Bild: Keystone

Fertigung eines Gewehrsacks. Mit dem Biathlonsport in Berührung gekommen war sie über eine Familie in Zuoz im Engadin, bei der sie sich im Dachgeschoss im Luftgewehrschiessen üben konnte. Ihre Biathlon-Begeisterung ist bis heute ungebrochen. Gleichwohl hatte Elisa Gasparin im Sommer 2022 gegen Motivationsprobleme anzukämpfen. Da wäre einerseits die Tatsache, nun schon seit anderthalb Jahrzehnten den Biathlon-Alltag zu leben. Andererseits tut sich Gasparin schwer damit, dass sich nationenübergreifend immer mehr liebgewonnene Kolleginnen aus dem Weltcup verabschieden. Mittlerweile ist sie eine der Ältesten im Feld. «Ich habe das Glück, in ein super Team integriert zu sein. Aber insgesamt ist es für mich nicht mehr das Gleiche wie noch vor ein paar Jahren.»

Auszeiten am Meer Elisa Gasparin ist eine meinungsstarke Person, die auch offen über schwierige Lebensphasen spricht, wie über jene vor anderthalb Jahren, als sie vor den Trainings mehrmals weinend zuhause sass, trainingsfertig angezogen – und es trotzdem nicht schaffte, am Training teilzunehmen. «Ich kann nicht, ich will nicht – es geht nicht», offenbarte sie eines Tages ihrer Trainerin Sandra Flunger. In Absprache mit ihr nahm sich Gasparin daraufhin eine dringend nötige Auszeit. Mit dem Dachzelt ging es ans Meer, nach Jesolo. Dorthin, wo sie als Kind schon manche Ferienwoche verbracht hatte. Es war Elisa Gasparins zweite Biathlon-Auszeit am Meer, nachdem sie in der Saison 2015/16 aufgrund gesundheitlicher Probleme hatte aussetzen müssen

– und alleine nach Mexiko verreist war, um die Energiespeicher aufzufüllen. Heute sagt sie: «Ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben und würde jederzeit wieder den Weg zum Biathlon einschlagen. Ich habe das Privileg, ein normales Leben und eines im Spitzensport mit dem gesamten Spektrum an Emotionen führen zu dürfen.» Elisa Gasparin befindet sich im Herbst ihrer Karriere. Als krönenden Abschluss hat die Gewinnerin von vier olympischen Diplomen die WM 2025 in Lenzerheide im Blick. «Diese Heim-WM motiviert mich in jedem Training, an jedem Tag.» Beim Weltcup-Debüt im März 2010 in Oslo hätte sie nicht einmal zu träumen gewagt, dass sie dereinst auf höchster Stufe vor Heimpublikum würde Wettkämpfe bestreiten können. Die damaligen Strukturen innerhalb des Schweizer Biathlons sind mit


10 den heutigen nicht ansatzweise vergleichbar. «Es war eine andere Welt», so Gasparin. Ein eigenes Frauen-Team gab es damals bei Swiss-Ski nicht. Dass es für sie keine einfache Zeit war, gibt die Bündnerin unumwunden zu. So kam es vor, dass sie in Andermatt bei Trainingskursen die einzige Frau unter oftmals rund zehn Jahre älteren männlichen Kader-Kollegen war. Ein eigenständiges Frauen-Team, das losgelöst war von den Junioren-Strukturen, wurde erst nach den Olympischen Spielen 2014 gebildet. Während mehrerer Jahre waren Elisa und ihre Schwestern dank Sponsoren mit Privattrainern unterwegs. Sie gründeten hierfür nach Sotschi die Gasparin Sisters GmbH – mit ihrem Vater als Geschäftsführer. Über Crowdfunding-Plattformen sammelten sie Geld. «Selina schämte sich, dass sie als Olympiamedaillengewinnerin über solche Wege um Geld betteln musste», erinnert sich Elisa Gasparin. Mittlerweile kommt es ihr vor, als sei dies in einem anderen BiathlonLeben gewesen. Heute verfügt das Schweizer Team dank der Roland Arena über eine topmoderne Infrastruktur und profitiert von einer umfassenden Betreuung.

Neue Rolle innerhalb des Teams Mitte Dezember gastiert sogar erstmals überhaupt die Biathlon-Weltelite in der Schweiz, am Weltcup in Lenzerheide in ebendieser Roland Arena in Lantsch/Lenz, wenige Gehminuten von Elisa Gasparins

Zuhause entfernt. Dieser weitere Meilenstein der Schweizer Biathlon-Geschichte ist die Generalprobe für die Weltmeisterschaften im Februar 2025. «Die Olympiamedaille von Selina war unheimlich wichtig für uns. Seither wissen die Leute in der Schweiz, was Biathlon ist. Und unser Sport wird medial viel besser abgedeckt.» Aber dies sei mittlerweile bereits zehn Jahre her, gibt Gasparin zu bedenken. «Die Medaille gerät langsam in Vergessenheit. Umso wichtiger sind diese grossen Heim-Events.» Dass das Ende ihrer Karriere naht, verdeutlicht nicht zuletzt Gasparins Entscheid vor einem Jahr, sich innerhalb des Teams etwas zurückzuziehen. Jahrelang war sie eine Art Team-Captain gewesen. «Früher machte ich stets meinen Mund auf, wenn es darum ging, für die Interessen des Teams einzustehen.» Diese Rolle sollen jetzt andere übernehmen; Gasparin will sich in ihren letzten Jahren als Biathletin primär auf sich konzentrieren. «Wenn aber jemand um Rat bittet, dann helfe ich nach wie vor gerne.» Elisa Gasparin ist die Schweizerin mit der längsten Biathlon-Karriere überhaupt. Bisher stehen für sie vier Weltcup-Podestplätze zu Buche – alle herausgelaufen mit der Staffel. Markus Segessenmann war bei all diesen Erfolgen als Trainer oder Disziplinenchef dabei. Seiner ehemaligen Athletin attestiert er eine hohe Sozialkompetenz. «Elisa war und ist für das Team enorm wertvoll – als Bindeglied, als Kommunikatorin.» Wenn er jeweils

den Puls innerhalb der Equipe habe fühlen wollen, dann habe er sich mit Elisa Gasparin zum Essen getroffen, so der Berner. Dank ihrer Präsenz seien das Frauen- und das Männer-Team im Weltcup viel deutlicher eine Einheit gewesen.

Heimrennen als Happyend Wenn man Markus Segessenmann und andere Weggefährten über Elisa Gasparin reden hört, wäre ein Einstieg als Trainerin nach dem Rücktritt ein durchaus logischer Schritt. Die Bündnerin wiegelt jedoch ab. Unabhängig von ihrer beruflichen Zukunft erachtet sie es als gewinnbringend, zunächst ein bisschen Abstand zu gewinnen und den eigenen Horizont in anderen Lebensbereichen zu erweitern. «Vielleicht merke ich schnell, dass ich nicht ohne Biathlon leben kann. Vielleicht bin ich aber auch komplett und für immer raus. Ich bin überzeugt, dass jede Lebensphase Schönes mit sich bringt.» Elisa Gasparin ist eine Frohnatur, die sich nicht allzu sehr über Zukünftiges Gedanken machen will. Sie lebt im Hier und Jetzt – und richtet ihren Fokus auf den anstehenden Heim-Weltcup in Lenzerheide. Was vor zehn Jahren nach ihrem Vorstoss ins Rampenlicht noch als Träumerei galt, ist nun Tatsache: Wettkämpfe vor Tausenden Schweizer Biathlon-Fans. «Diese Rennen zuhause sind, wenn man die Entwicklung des Schweizer Biathlons entlang meiner Karriere betrachtet, wie ein Happyend.» Text: Roman Eberle

Jetzt Tickets sichern Vom 14. bis 17. Dezember 2023 findet in Lenzerheide der erste Biathlon-Weltcup auf Schweizer Boden statt. Tickets sind auf www.lenzerheide2025.ch erhältlich. Swiss-Ski-Mitglieder profitieren von einem Rabatt von CHF 10.- pro Ticket.


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Biathlon

Die BiathlonRundumförderer Carola und Michael Hartweg haben entscheidend dazu beigetragen, die Sportart Biathlon in der Schweiz in eine nächste Dimension zu führen. Die WeltcupPremiere in Lenzerheide wäre ohne sie kaum vorstellbar. Es hat das Engagement und den Enthusiasmus einiger Unermüdlicher gebraucht, um den Schweizer Biathlonsport in rund zwei Jahrzehnten zuerst vom Totenbett zu neuem Leben zu erwecken und dann Schritt für Schritt auf das heutige Niveau zu bringen. Erinnert sei beispielsweise an Markus Regli, von der Integration der Sportart in die SwissSki-Familie 2004/05 bis im Frühling 2018

Disziplinenchef im Ehrenamt. In der Ära Regli verzehnfachte der Verband das zu Beginn mickrige Biathlon-Budget auf 1,8 Millionen Franken. Aber dass vom 14. bis 17. Dezember in Lenzerheide erstmals IBU-Weltcup-Wettkämpfe in der Schweiz stattfinden werden, ist grösstenteils Michael und Carola Hartweg zu verdanken. Das Ehepaar hat in den letzten zehn Jahren einen zweistelligen Millionenbetrag in die Förderung des Schweizer Biathlons investiert. Die These, dass es ohne ihren immensen finanziellen und zeitlichen Einsatz, ohne ihre flammende Passion für diesen Sport bis heute keine Anlage auf Weltcup-Niveau gäbe hierzulande, ist alles andere als steil.

Sie machten das neue Herzstück möglich Michael Hartweg gehörte 2007 zu den vier Gründern von Leonteq – und wurde mit der Fintech-Firma vermögend. Leonteq unterstützte den Bau der 2013 eröffneten Biathlon Arena Lenzerheide, damals bestehend aus einem Schiesstand, einem Betriebsgebäude und einer Rollskibahn. Damit stand zwar die schweizweit erste Anlage für internationale Wettkämpfe. Aber ein Heim-Weltcup war noch in weiter Ferne. Es brauchte ein zweites Ausbauprojekt. Doch die Finanzierung stockte. «Wir waren als Fans an den Schweizer Meisterschaften in Ulrichen, als uns der Swiss-Ski-Nachwuchschef Hartwig Birrer davon erzählte», erinnert sich Michael Hartweg (50). Als Fans deshalb, weil zwei ihrer drei Kinder Gefallen gefunden hatten am Zweikampf aus Langlaufen und Schiessen: Julia und Niklas, der heutige Weltklasse-Biathlet. Drei Jahre nach der Biathlon Arena Lenzerheide wurde Ende 2016 das Nordic House eröffnet, das neue Herzstück, hauptsächlich finanziert von den Hartwegs. Bevor sie entschieden, massiv in die Sportart zu investieren, hatten Carola und Michael Hartweg gesehen, wie Biathlon in ihrer alten Heimat Deutschland boomte. «Wir waren stets der Überzeugung, dass die Schweiz mit der grossen Affinität für den Schiesssport, Langlauf und Wintersport allgemein eine Biathlon-Nation ist, ohne es zu wissen», sagt Michael Hartweg. Dem Ehepaar ging es von Beginn an um eine ganzheitliche Förderung. Schon Leonteq – Michael Hartweg stieg vor acht


Jahren aus der Firma aus – hatte sich auch im Nachwuchsbereich oder als Namenssponsor der nationalen Wettkampfserie engagiert.

Ein Stützpunkt und ein Zügelprojekt Und so gaben sich die Hartwegs auch nicht damit zufrieden, dass Lenzerheide – oder genau genommen die Gemeinde Lantsch/Lenz – dank ihrem Einstieg über eine topmoderne Infrastruktur verfügte. «Was wäre eine Anlage ohne Athletinnen und Athleten?», fragt Carola Hartweg (49). Sie und ihr Mann wollten einen echten Stützpunkt aufbauen. 2015 gründeten Carola Hartweg und Ivan Lechthaler den Biathlon Stützpunkt Ostschweiz (BSO) für den Nachwuchs aus den fünf Regionalverbänden Bündner Skiverband, Ostschweizer Skiverband, Skiverband Sarganserland-Walensee, Zürcher Schneesportverband und TiSki sowie des Sportgymnasiums Davos. Carola Hartweg ist bis heute Präsidentin dieser Talentschmiede, die neben ihrem Sohn Niklas auch Sebastian Stalder, Amy Baserga oder

Lea Meier hervorgebracht hat. Der Stützpunkt schloss die Lücke zwischen den Skiclubs, die Biathlon im Angebot haben, und den Swiss-Ski-Kadern. 2016 zügelten Selina, Elisa und Aita Gasparin nach Lenzerheide. Daheim im Engadin waren die Trainingsbedingungen unbefriedigend, den gemeinsamen Privatcoach konnten sich die drei Schwestern nicht länger leisten. Die Hartwegs unterstützten die Gasparins bei der Haus- und Wohnungssuche. Mittlerweile wohnt die Mehrheit des Weltcup-Teams ganz in der Nähe der Arena. Ein nächster grosser Schritt im Bemühen der Hartwegs, die Bedingungen für die Schweizer Athletinnen und Athleten umfassend zu verbessern, war die Gründung der Stiftung Mission Biathlon im Jahr 2017. «Wir sahen, wie gerade die Konkurrenz in unseren Nachbarländern von unzähligen Staatsstellen für Sportler und Trainer profitiert – und wollten etwas unternehmen, um diesen Nachteil zu verkleinern», sagt Carola Hartweg. Die Stiftung unterstützt aber nicht nur Schweizer Biathletinnen und Biathleten direkt, sondern finanziert auch Projekte, die einer optimierten Betreuung dienen.

Stiftung Mission Biathlon Mit ihrer Stiftung Mission Biathlon verfolgen Michael und Carola Hartweg das Ziel, den Schweizer Biathlonsport in all seinen Facetten zu fördern. Unterstützt werden insbesondere die Infrastruktur und der Betrieb der Biathlon Arena Lenzerheide (Roland Arena) in Lantsch/ Lenz sowie Schweizer Biathletinnen und Biathleten, speziell der Nachwuchs des Biathlon Stützpunkt Ostschweiz (BSO). Die Stiftung wird noch von vielen anderen Gönnerinnen und Gönnern alimentiert. Dabei sein kann man ab einem Jahresbeitrag von 200 Franken. Weitere Informationen auf der Website www.stiftungmissionbiathlon.ch.

«Wir waren baff» Das Leuchtturmprojekt ihrer Vision war immer, Lenzerheide (und damit die Schweiz) auch im Biathlon zu einer Weltcup-Station zu machen. Dafür musste man sich hochdienen, doch den Hartwegs und ihrer Crew gelang es, die Ochsentour in rekordverdächtigem Tempo zurückzulegen. 2020 wurde zum Jahr des grossen Durchbruchs. Im Januar fanden in Lenzerheide Nachwuchs-Weltmeisterschaften statt, die höchsten Ansprüchen genügten. «Bei einem Nachtessen mit dem Vorstand des Weltverbandes IBU sagte man zu Urs Lehmann und mir, wir sollen uns doch für die WM 2025 bewerben», erzählt Michael Hartweg. «Wir waren baff, aber als man uns die Situation mit all den Fragezeichen rund um den Bewerber Weissrussland erklärte, war Urs und mir klar, dass wir diese Chance packen mussten.» Im November des gleichen Jahres erhielt die Lenzerheide die WM 2025 zugesprochen, im Februar 2021 folgte die Aufnahme in den Weltcup-Kalender der Saison 2023/24. Per 1. Mai 2022 verkauften Carola und Michael Hartweg die mittlerweile in Roland Arena umbenannte Anlage an Swiss-Ski. Obwohl sich Michael Hartweg vor kurzem auch aus dem Verwaltungsrat der Arena zurückgezogen hat, ist kein Ende ihres Engagements in Sicht. «Der Schweizer Biathlonsport wird für uns noch lange eine Herzensangelegenheit bleiben», sagt Michael Hartweg. «Wir hoffen, mit dem BSO und unserer Stiftung noch zu manchem Entwicklungsschritt beitragen zu können.» Zuerst werden sie jetzt aber die grosse Premiere in vollen Zügen geniessen. Es wird ein Heim-Weltcup im engeren Sinn, denn in ihrem Zweitdomizil in der Ferienregion Lenzerheide fühlen sich Carola und Michael Hartweg längst mindestens so sehr zu Hause wie in ihrem Wohnort Wollerau. Text: Philipp Bärtsch

Carola und Michael Hartweg

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Ski Alpin

Allen Widrigkeiten zum Trotz Seit sie mit zwei Jahren zum ersten Mal auf den Latten stand, gab es für Aline Danioth nur noch eines: Skifahren. Auch wenn ihr Weg von zahlreichen Verletzungen geprägt ist, hält sie auch nach dem vierten Kreuzbandriss am grossen Traum fest. Langsam, gesteht Aline Danioth, beginne sie die Frage, wie es ihr gehe, zu nerven. Es sei immer lieb gemeint, ist der 25-Jährigen bewusst. Nur mit dem «mitleidigen Ton», wie sie sagt, hat sie Mühe. Dass sie als «die Athletin mit den Verletzungen» und als «Pechvogel» angesehen wird, stört sie zunehmend. «Klar: Bei vielen Dingen wünschte ich mir, es wäre einfacher gegangen. Aber menschlich wäre ich nicht so weit, wenn die Verletzungen nicht passiert wären.»

Die jüngste Verletzung erlitt Danioth am 5. März. «Den Leuten ist vielfach nicht bewusst, wie gut es mir mittlerweile bereits wieder geht. Und wenn ich sage, dass es mir gut gehe, merkst du, dass sie es kaum glauben», sagt sie. Dass sich die Leute nach ihrem Befinden erkundigen, kommt nicht von ungefähr. Wer die Geschichte von Aline Danioth erzählt, landet unweigerlich bei den vielen verletzungsbedingten Rückschlägen.


Aline Danioth

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Das Lachen nicht verloren: Aline Danioth kämpft unermüdlich weiter für ihre grosse Leidenschaft. Bild: Valentin Studerus


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Er ging auf. Die Erfolge stellten sich schnell ein. Medaillen am European Youth Olympic Festival, an den Olympischen Jugendspielen, an den JuniorenWeltmeisterschaften. Doch dann passierte es zum ersten Mal: Danioth riss sich im Dezember 2016 das Kreuzband im linken Knie. Der Aufstieg wurde ein erstes Mal jäh gestoppt. Doch die Urnerin kämpfte sich zurück, kürte sich 2018 erneut zur Junioren-Weltmeisterin in der Kombination, gewann erste Europacup-Rennen und an den Elite-Weltmeisterschaften 2019 Gold mit dem Schweizer Team. Es folgten: ein Bandscheibenvorfall und im Januar 2020 in Sestriere ein Kreuzbandriss im rechten Knie. Auf dem Weg zurück riss das Kreuzband im Oktober 2020 gleich nochmals. Doch Danioth kam erneut zurück, stand in der Altjahrswoche 2021 wieder am Start eines Weltcup-Rennens, gewann vier Europacup-Slaloms und erreichte an den Olympischen Spielen in Peking den 10. Platz. Im vergangenen Februar wurde sie hervorragende WM-Sechste. Der Aufstieg schien erst richtig loszugehen. Mit zwei Jahren stand Aline Danioth zum ersten Mal auf den Ski. Seither war für sie klar, wohin ihr Weg sie führen soll. Bild: ZVG

Der diesjährige Kreuzbandriss war bereits der vierte ihrer Karriere. Alle hätten es verstanden, wenn Danioth die Reissleine gezogen hätte – am allermeisten sie selbst. Es habe Momente gegeben, in denen sie sich gefragt habe, ob ihr Körper nicht für den Spitzensport geeignet sei. «Ich mache alles, bin wirklich fit, achte auf die Regeneration – und trotzdem ist es wieder passiert», sagt sie. «Ich habe mir schon überlegt, ob die neuerliche Verletzung ein Zeichen dafür ist, dass ich nicht für den Sport gemacht bin.» Es gibt sie, die Situationen, in denen Danioth mit dem Schicksal hadert. Doch aufgegeben hat sie nicht. Ihre Bestimmung sieht sie auf der Piste. «Ich hätte nicht die Passion fürs Skifahren geschenkt bekommen, wenn ich nicht dafür gemacht wäre», ist sie mittlerweile wieder überzeugt. «Und wahrscheinlich muss ich das

alles erleben, damit ich auch alles Schöne erleben kann. Hätte ich den 6. Platz im WM-Slalom ohne all das geholt, wäre es ein gutes Resultat gewesen. So war es einfach nur pure Freude – und der Moment, in dem ich merkte: Es hat sich gelohnt. Alles.»

Von klein auf im Ski-Fieber Aline Danioths unbändige Liebe für den Skisport wurde früh geweckt. Seit sie mit zwei Jahren zum ersten Mal auf den Ski stand, gab es für sie nichts anderes. Als sie in die Freundschaftsbücher schreiben sollte, was sie später einmal werden wollte, war «Skirennfahrerin» die Antwort. Und als sie Schnupperlehren absolvieren sollte, wollte ihr nichts zusagen. Die Gedanken waren stets auf der Piste. «Es gab immer nur diesen einen Plan.»

Doch 15 Tage nach dem WM-Coup passierte es in einem Europacup-Riesenslalom in Schweden schon wieder: ein – wie Danioth sagt – «schöner Riss», der das Kreuzband im rechten Knie zum dritten Mal durchtrennte. Und das ohne Sturz. «Ich bekam Druck auf den Aussenski, verlor den Grip, rutschte weg und der Ski griff wieder. Das reichte.» Den Augenblick unmittelbar nach der Verletzung bezeichnet Danioth als den schlimmsten. «Der Schmerz ist nicht einmal das Problem. Viel eher ist es der Fakt, dass du weisst, was auf dich zukommt und wie viel du nach der letzten Verletzung bereits gegeben hast.» Direkt nach dem Unfall beschäftigte Danioth auch etwas anderes: die neuerliche Verletzung kundzutun. «Ich hatte enorm Angst davor, meine Eltern anzurufen. Sie haben schon so viel durchmachen müssen mit und wegen mir. Mein nächster Gedanke war: Was denken die Leute? Ich fürchtete mich vor den Reaktionen, vor Sprüchen wie: ‹Es lohnt sich


Aline Danioth

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Der bislang grösste Erfolg: Im Februar dieses Jahres fährt Danioth im WM-Slalom in Méribel auf den 6. Platz. Es ist ihre bis dato beste Platzierung auf höchster Stufe. Bild: Keystone

nicht mehr.› Ich zögerte es etwa drei Tage hinaus, bis ich mit der Nachricht an die Öffentlichkeit ging. Aber was dann kam, überwältigte mich.»

Auch Roger Federer litt mit Zahlreiche Fans, Freundinnen und Kollegen meldeten sich. Der Tenor: überwiegend positiv. «Es war wunderschön, zu merken, wie viele Leute sehen, wie sehr

in den Sport liebe.» Besonders überrascht war sie von den Genesungswünschen von Roger Federer via Instagram. Für Danioth als Federer-Fan ein absolutes Highlight. «Ich sass mit meinem Mami im Auto und schaute etwa fünfmal, ob es wirklich Roger war. Und als ich realisierte, dass tatsächlich er mein Bild kommentiert hatte, musste ich noch einmal weinen. Roger ist die grösste Inspiration.»

Nach dem ersten Schock begann Danioth, ihr Schicksal anzunehmen. «Ich habe keine Antwort gefunden, warum es wieder passiert ist – irgendwann habe ich auch nicht mehr aktiv danach gesucht. Du kannst es nicht ändern. Und ich wusste, dass ich es schon zuvor geschafft hatte, wieder zurückzukommen.» In einer ersten Operation liess sich Danioth die Bohrkanäle auffüllen. Dann flog sie mit der Freundin ihres Bruders in die USA. Im 500-Dollar-Bus ihrer Gotte – «nicht einmal sie wusste, ob der Bus fährt

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18 oder nicht» – machten die beiden Frauen einen dreiwöchigen Roadtrip. Sie gingen wandern, klettern, surfen. «Zwischendurch hatte ich schon Schmerzen im Knie, doch für mich war es dennoch der bestmögliche Entscheid, wegzugehen. In diesen drei Wochen vergass ich meine ganze Geschichte. Ich konnte einfach leben.» Danach kehrte Aline Danioth nicht nur in die Schweiz zurück, sondern auch in die Realität: Fünf Tage nach der Landung folgte die Kreuzband-Operation. Die Verletzung hat im Kopf der dreifachen Junioren-Weltmeisterin etwas verändert. «Ich habe versucht, sie auch als Chance zu sehen. Es gibt für mich immer noch nur den Plan A – aber trotzdem habe ich mir überlegt, was danach noch kommen könnte.» Im April 2023 begann Danioth eine Ausbildung zur Pilates-Lehrerin. Bis im Dezember gibt sie zweimal pro Woche Unterricht. «Es ist enorm cool.» Danioths Fokus liegt aber auch so zu 100

Prozent auf der Reha, die sie mit ihrer Physiotherapeutin und dem Konditionstrainer im OYM in Cham absolviert. Diese Reha verlaufe optimal, Ende Dezember will die Andermatterin wieder auf den Ski stehen. Sie strahlt, wenn sie davon erzählt. «Im Sommer beschäftigte ich mich möglichst wenig mit dem Skifahren, weil es mich traurig machte. Doch als es das erste Mal herunterschneite, begann es so richtig zu kribbeln.» Für Renneinsätze in dieser Saison sei die Zeit eher knapp. «Ich schaue laufend, aber auf einen Monat mehr oder weniger kommt es auch nicht an. Ich will erst zurückkehren, wenn ich voll parat bin.» So oder so kann es Danioth kaum erwarten. «Ich freue mich auf alles: das Adrenalin, das Renngefühl – sogar auf die grossen Emotionen nach einer Enttäuschung. Und wenn ich wieder am Start stehe, weiss ich: Ich habe es geschafft. Das wird mich mit grossem Stolz erfüllen.»

Die immer gleiche Leidenschaft Das Leben als Skirennfahrerin bezeichnet Danioth auch heute noch als Traum – «trotz aller Verletzungen». Sie habe Momente erlebt, die sie sonst nicht erlebt hätte. «Aber es ist auch ein Riesenkampf, eine Achterbahnfahrt. Ich habe mich schon oft gefragt, ob ich auch Skirennfahrerin geworden wäre, wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt. Und ich muss gestehen, dass ich Kreuzbandrisse, vor denen mich viele gewarnt hatten, unterschätzte. Zum Glück! Sonst hätte mich das womöglich daran gehindert, diesen Weg zu gehen und meinen Traum zu leben.» Diesen verfolgt Aline Danioth kompromisslos weiter. Nur wenn sie nicht mehr schmerzfrei Ski fahren könnte, «dann wäre es vorbei». Der Lockerheit, die sie wieder an den Tag legt, liegt eine tiefe Zufriedenheit zugrunde. «Ich habe alle Ziele erreicht, die ich als Mädchen hatte. Ich war an Olympischen Spielen, an Weltmeisterschaften, konnte Erfolge feiern. Ich gebe noch immer 150 Prozent, aber ich weiss: Wenn der Worst Case eintritt, kann ich stolz sagen, dass ich geschafft habe, was ich wollte.» Sportliche Ziele hat sie sich dennoch gesteckt. Aline Danioth träumt nach wie vor davon, eines Tages die kleine Kristallkugel für den Gewinn des Slalom-Weltcups in die Höhe zu stemmen. Auch die Winterspiele 2026 stehen weit oben. «Wenn ich meiner Karriere dereinst einen Titel geben soll», sagt Aline Danioth, «dann hoffe ich auf diesen: ‹Das Kämpfen hat sich gelohnt›.» Text: Ramona Hirt

Bis sie Ende Dezember planmässig wieder auf den Schnee kann, schuftet Danioth im OYM in Cham für ihr Comeback. Bild: Valentin Studerus


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Unser Skiclub

Nicht nur dank der Vereinsprominenz in Feierlaune Im jüngeren Segment präsentiert sich das Geschlechterverhältnis in etwa ausgeglichen, bei den älteren Semestern überwiegen die Männer. Von den rund 600 Mitgliedern gehört etwa die Hälfte dem Aktivsektor an. Das älteste Clubmitglied zählt 92 Lenze, das jüngste ist gerade einmal zwei Jahre alt.

Vor 40 Jahren erstmals an der Spitze

Loïc Meillard (rechts) zu Gast am «Derby des Masses».

Die Absicht der Gründung des SkiClub Hérémencia im Februar 1923 war klar: «Die Vereinigung hat zum Ziel, die körperlichen Kräfte der männlichen Jugend durch die wunderbare und immer wichtiger werdende Wirkung dieser Sportart zu entwickeln. Darüber hinaus soll sie als gute Harmonie und als Band der Freundschaft zwischen der Jugend dienen», steht in den ersten Statuten geschrieben. Damals waren die Mitglieder ausschliesslich junge Männer, und sie fuhren hauptsächlich Ski. Heute, 100 Jahre später, ist der Ski-Club Hérémencia eine moderne Vereinigung von Sportbegeisterten unterschiedlicher Genres: Skifahrer, Freeskier und Telemarker. Und teils weiblich.

In exakt diesem Alter standen auch Loïc und Mélanie Meillard zum ersten Mal auf den Ski. Von Kindesbeinen an sind sie im Ski-Club Hérémencia – und haben sich von dessen Mitgliedern schon mehrfach feiern lassen. Zuerst nach Erfolgen in regionalen, danach in nationalen und mittlerweile in internationalen Rennen. Die skibegeisterten Geschwister vereinigen nicht weniger als neun (Junioren-)Weltmeisterschaftsmedaillen auf sich, wobei deren acht auf das Konto von Loïc Meillard gehen. Gut möglich, dass der Ski-Club Hérémencia auch nach der «Ära Meillard» in den höchsten Kadern von Swiss-Ski vertreten sein wird. Aktuell befindet sich Julie Deschenaux auf dem Weg dorthin. Die 19-Jährige ist im C-Kader und hat schon einige Europacup-Einsätze hinter sich. Vor vier Jahrzehnten, im Winter 1983/1984, hatte Luc Genolet als erstes Mitglied des Ski-Club Hérémencia eine Europacup-Saisonwertung gewonnen – in der Abfahrt.


Ski-Club Hérémencia

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Ein herausragender Winter für den Ski-Club Hérémencia war jener von 1984/85, als Luc Genolet die Europacup-Gesamtwertung gewann und in der Abfahrt sowie im Riesenslalom jeweils den 2. Gesamtrang belegte. Fortan wurde er als erster Fahrer des Ski-Club Hérémencia im Weltcup eingesetzt. Auf dieser Stufe realisierte der mittlerweile 60-Jährige je zwei Top-Ten-Resultate in der Abfahrt und in der Kombination. Im Jahr nach dem glanzvollen Abschneiden von Genolet im Europacup sorgte Chantal Bournissen für Schlagzeilen – ebenfalls als Gewinnerin der Abfahrtswertung in der Kontinentalserie. 1991 war Bournissen dann die beste Weltcup-Abfahrerin des Winters und wurde zudem in Saalbach-Hinterglemm Weltmeisterin in der Kombination. In der Summe durfte sich Chantal Bournissen siebenmal als Siegerin eines Weltcup-Rennens feiern lassen, sechsmal in der Abfahrt, einmal im Super-G. Zuletzt war der Ski-Club Hérémencia nicht nur mit den Meillard-Geschwistern auf höchster Stufe vertreten. Auch der am Ende des letzten Winters zurückgetretene Bastien Dayer hatte jahrelang Aufsehen erregt. Der Telemarker gewann nicht weniger als je 15 Kristallkugeln und WM-Medaillen sowie 46 Weltcup-Rennen.

Chantal Bournissen, Kombinationsweltmeisterin 1991. Bild: Keystone

Telemarker Bastien Dayer.

Vom Derby zu Konzerten Im Ski-Klub Hérémencia hat es also schon viel zu feiern gegeben. Auch in diesem Jahr und unabhängig von sportlichen Erfolgen. Aus Anlass des 100-jährigen Bestehens standen, verteilt aufs ganze Jahr, diverse Festivitäten auf dem Programm. Den Auftakt bildete Ende März das 1969 zum ersten Mal ausgetragene «Derby des Masses», ein Riesenslalom für Jung und Alt. Zugegen waren alle bereits erwähnten und weitere bekannte Personen wie LiseMarie Morerod, Annick Bonzon, Xavier Gigandet, Hugues Ansermoz und JeanJacques Rey. Höhepunkt der Feierlichkeiten war der Jubiläumstag mit dem Tour d'Hérémence, einem Lauf für Kinder und Erwachsene, der DV von Ski Valais sowie einem Festakt mit Vertretern der Gemeinde, des Kantons und von Swiss-Ski. Es gab auch eine Vernissage des Buchs und der Ausstellung über die Geschichte des Clubs, die den ganzen Sommer über besucht werden konnte. Den Abschluss bildeten Anfang September zwei Konzerte in unmittelbarer Nähe der 1985 umgebauten und vom Ski-Club Hérémencia bewirtschafteten Cabane d'Essertze im malerischen Val d'Hérens.

An der Spitze des Ski-Club Hérémencia steht seit 2015 eine Frau: Raphaëlle Favre, die sich schon davor regelmässig als freiwillige Helferin engagiert hat. Welche Ziele verfolgt sie mit dem Dorfverein? «Den finanziellen und personellen Status quo wahren, die Begeisterung fürs Skifahren in der Region aufrechterhalten, gute Skifahrerinnen und Skifahrer, Skilehrerinnen und Skilehrer sowie künftige Profiathletinnen und -athleten ausbilden und unterstützen.» Nach dem Jubiläumsjahr wird sich der Ski-Club Hérémencia nicht zurücklehnen. Auch in diesem Winter werden neben dem Trainingsbetrieb diverse Anlässe organisiert. So zum Beispiel ein Lotto und ein Dreikönigskurs (Skiunterricht für Kinder mit einem abschliessenden Rennen), ein FIS-Riesenslalom der Frauen, ein JO-Rennen, ein Familien-Skitag und das Clubrennen mit Raclette. Die älteren Mitglieder treffen sich überdies zu Ausflügen – und schwelgen dabei in Erinnerungen. Text: Anita Fuchs


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Mein Heimgebiet

Am «Chlingel» und «Froni» liegt ihr Reich Der Stoos ist die Heimat von Jasmina und Juliana Suter. Am Klingenstock und Fronalpstock erlernten sie das Skifahren. Heute brettern die Schwestern liebend gerne eine neue Piste hinunter, deren Name Programm ist: «Die Gääch».

Jasmina und Juliana Suter tun sich nicht schwer, die Koffer zu packen und aufzubrechen in die weite Welt, neue Kulturen kennenzulernen und Abenteuer zu erleben. Aber die beiden Skirennfahrerinnen des Weltcup-Speed-Teams lieben es genauso, wieder heimzukehren in ihr kleines, feines Reich, wo sie aufgewachsen sind: hoch oben in der Idylle des Stoos auf 1300 Metern.

Wenn die 28-jährige Jasmina und die drei Jahre jüngere Juliana von ihrer Heimat erzählen, von ihrer tiefen Verbundenheit mit der Region und die Eigenheiten der Berge schildern, dann kürzen sie die Namen gerne ab. Sie reden liebevoll vom «Chlingel» und «Froni», an deren Hängen sie das Einmaleins des Skifahrens

lernten und heute noch oft anzutreffen sind. Das Schwärmen endet mit der Erkenntnis: «Der Stoos ist und bleibt das schönste Skigebiet.»

Mit den Ski zur Schule Jasmina und Juliana Suter haben ihren Lebensmittelpunkt weiterhin auf dem Bauernhof, ihrem «Heimetli», unterhalb des K lingenstocks, mitten im Skigebiet. Der Rückzugsort ist ihre Oase, in der sie leere Batterien aufladen können. Die Schwestern sind zwei von fünf Kindern der Familie Suter, für die der Skisport stets ein zentrales Thema und nie einfach nur ein Zeitvertreib war. «Mir kommt es vor, als wären wir auf den Ski gestanden, bevor wir überhaupt laufen konnten», sagt Jasmina Suter mit einem Augenzwinkern. Alle Suter-Kinder wurden Mitglieder des Skiclubs Stoos, gingen regelmässig mit den Ski zur Schule und verbrachten im Winter jede freie Minute im Schnee.

Die steilste Standseilbahn der Welt. Bild: Mirielle Schmidig


Jasmina und Juliana Suter

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Jasmina (links) und Juliana Suter. Bild: Stephan Bögli

«Wir schauten, dass wir den Tag auskosten konnten», erzählt Juliana Suter, «wir fuhren, bis die Lifte den Betrieb einstellten. Müdigkeit kannten wir keine, auch nach vielen Stunden nicht.» Und wenn die Beine allenfalls doch einmal etwas schwer wurden oder die Mägen knurrten, waren sie ja im Nu daheim.

Geprägt von Rupert I und Rupert II Die ausgeprägte Leidenschaft hat nicht nur mit der unmittelbaren Nähe zu Pisten und Liften zu tun, sondern auch mit dem Grossvater und dem Vater: Rupert senior bestritt selber Rennen – wie Rupert junior, der danach zwei Jahrzehnte lang als Skilehrer auf dem Stoos im Einsatz stand. Bild: Mirielle Schmidig


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Die Erinnerungen sind frisch, als läge das Erlebte nicht bereits Jahre zurück. In der Skischule lassen sich die jungen Suters mit den anderen Kindern auf einem Schlitten zum Schlepplift bringen. Das Besondere daran: Gezogen wird der Schlitten von einem Pferd. «Während der Saison verliessen wir den Stoos praktisch nie», sagt Jasmina, «der Skisport hatte uns so gepackt.» Später fahren sie, quasi vor der Haustür, ihre ersten Rennen. Sie sind so talentiert, dass sie bald nicht mehr nur national, sondern auch im Ausland starten. Aus den beiden werden Weltcup-Athletinnen. Die Sesselbahn Klingenstock. Bild: Mirielle Schmidig

Fremden erklären Jasmina und Juliana Suter die Eigenheiten ihres Lieblingsgebiets simpel. «Wer zu uns auf den Stoos kommt, taucht in eine eigene Welt ein», sagt Juliana, «das wird einem bewusst, sobald man die Bahn verlassen hat. Ich habe oft den Eindruck, dass bei uns die Uhren etwas anders ticken und die Zeit langsamer läuft.» Dann fügt sie an: «Die Lebensqualität leidet gewiss nicht darunter, im Gegenteil. Für uns ist es ein Privileg, hier daheim sein zu dürfen.» Das empfinden die Suter-Schwestern nicht nur im Winter auf den Ski, sondern auch im Herbst. «Das Panorama ist für uns nicht neu und trotzdem jedes Mal ein Genuss.» Ein Merkmal der besagten eigenen Welt ist auch die Tatsache, dass der Stoos für Touristinnen und Touristen nur mit der Luftseilbahn ab Morschach oder mit der steilsten Standseilbahn der Welt, die von Schwyz direkt ins Bergdorf führt, erreichbar ist. Jasmina und Juliana Suter haben vermutlich keinen Meter des 35 Kilometer umfassenden Pistennetzes ausgelassen. Und doch haben beide denselben Favoriten: den «Chlingel». Dort ist vor einem Jahr eine neue, schwarze Piste eröffnet worden, deren Name Programm ist. «Die Gääch» heisst sie und weist an den extremsten Stellen ein Gefälle von deutlich mehr als 40 Prozent auf.

Stoos Kanton: Schwyz

Höhe: 1305 bis 1935 Meter über Meer Anlagen: 8 Pistenkilometer: 35 Anzahl Pisten: 19 Swiss-Ski-Athletinnen: Jasmina und Juliana Suter (beide Ski Alpin)

Die beiden Schwestern sind gerne temporeich unterwegs. «Steile Hänge hinunterzufahren ist schon cool», sagen sie. Aber wer es gemütlicher mag, ist auf dem Stoos genauso gut aufgehoben. «Die Pisten bieten für jeden Geschmack etwas», betont Juliana. Die Suters und der Stoos – das ist eine untrennbare Kombination, nicht nur dann, wenn Schnee liegt und sie am «Chlingel» oder «Froni» fahren können.

Im Sommer packen sie auf dem Bauernhof an, den inzwischen ihr Bruder Samuel führt, das jüngste der Suter-Kinder. Für Jasmina und Juliana ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sie helfen, wo sie können. «Wir sind füreinander da.» Die Arbeit auf dem Hof hat einen angenehmen Nebeneffekt: Sie dient als Konditionstraining. Text: Peter Birrer


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1 Snowboard-Traumpaar

wagt den nächsten Schritt Dario Caviezel und Ladina Jenny trauen sich: Wie der Bündner und die Glarnerin auf Instagram bekanntgaben, haben sie sich verlobt. Das Snowboard-Alpin-Paar ist seit rund vier Jahren auch abseits der Piste unzertrennlich. Der Antrag erfolgte auf 2625 Metern über Meer. Auf einer Wanderung von Glarus nach Graubünden ging Caviezel auf dem Segnespass vor Jenny auf die Knie. «Sie hat Ja gesagt!», freute er sich. Jenny bezeichnete die Verlobung schlicht als «magischen Moment». (RHT)

Bild: GEPA/ÖSV 4 Jetzt voten für Stefanie Grob als «SRF 3 Best Talent Sport» 3 3 Neuer Job für Sanna Lüdi

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Bild: Instagram/ladinajenny

2 Ein weiterer Award

für Marco Odermatt Marco Odermatt ist noch vor den Sports Awards am 10. Dezember ein weiteres Mal ausgezeichnet worden. An der Gala der «Initiative Schweiz» im Kursaal Bern erhielt der momentan weltbeste Skirennfahrer den «Prix Suisse». Mit diesem Award wird seit 2021 jeweils eine Persönlichkeit geehrt, die «mit Mut, Kreativität, Innovation, harter Arbeit und Durchhaltewille Grossartiges für unser Land leistet und geleistet hat. Es sind Vorbilder für die heutigen und künftigen Generationen.» Vor Marco Odermatt hatten den Preis der Unternehmer Peter Spuhler und die Wissenschafterin Martine Clozel bekommen. Die Laudatio hielt die Bundesrätin und Sportministerin Viola Amherd. Odermatt war wegen des Weltcup-Events in Zermatt nicht persönlich anwesend im Kursaal – im Gegensatz etwa zum früheren US-Präsidenten Bill Clinton oder zu Thomas Zurbuchen, dem langjährigen Forschungsdirektor der Nasa. (PBH)

Im vergangenen April verkündete Sanna Lüdi, 37, den Rücktritt vom Spitzensport. Die Berner Skicrosserin hatte dreimal im Weltcup triumphiert und dreimal an Olympischen Spielen teilgenommen – und immer wieder gravierende Verletzungen erlitten. Auf die Zeit danach hatte sich Lüdi unter anderem mit dem CAS Sportmanagement an der Universität St. Gallen vorbereitet. Nach Einsätzen als TV-Expertin und einem Praktikum bei SRF Sport arbeitet Lüdi seit dieser Saison für den Weltverband FIS. Als «Cross Media Coordinator» bleibt sie der liebgewonnenen Szene erhalten. (PBH)

Zweimal Gold, zweimal Silber: Stefanie Grob kehrte im Januar mit schwerem Gepäck aus St. Anton heim. Die Appenzellerin mauserte sich mit ihren Erfolgen zur grossen Figur der alpinen JuniorenWeltmeisterschaften. Nun kämpft die 18-Jährige um den nächsten Sieg: Grob ist als «SRF 3 Best Talent Sport» nominiert, das am 10. Dezember an den Sports Awards gekürt wird. Grob tritt gegen die Fussballerin Iman Beney und den Eiskunstläufer Naoki Rossi an. Das OnlineVoting auf www.srf3.ch läuft noch bis am 9. Dezember 2023. (RHT)

5 Livio Hiltbrand als Berner

Nachwuchssportler des Jahres ausgezeichnet Grosse Ehre für Livio Hiltbrand: Nach seiner Goldmedaille im Super-G und der Bronzemedaille in der Abfahrt an den alpinen Junioren-Weltmeisterschaften in St. Anton im Januar durfte sich der 20-Jährige den Award für den Berner Nachwuchssportler 2023 überreichen lassen. Die Trophäe erhielt er Anfang November in der Langnauer Ilfishalle. In die Wahl flossen die Meinungen der Fachjury und die Publikumsstimmen ein. (RHT)

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Bild: L. Grötzinger

Bild: Initiative Schweiz

LEUTE

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Leute


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Was macht eigentlich?

Sie trägt die Erinnerung an 2006 um den Hals

So erzählt sie das im Wohnzimmer ihres Hauses in Bünzen bei Boswil AG. An einer Wand sticht ein hölzerner Bilderrahmen mit wertvollem Inhalt ins Auge: Die gewichtige Goldmedaille ist darin platziert, flankiert von der Startnummer 2 und verschiedenen Fotos, die Leu beim Sprung und Jubel danach zeigen. Lange hat sie die Errungenschaft in einer Kiste aufbewahrt, bis ihr Mann Martin fand, dass sich das in der Stube gut machen würde. Leu trägt das Symbol ihres Triumphs sowieso schon seit bald 18 Jahren um den Hals. Die Kette mit der Goldmedaille im Kleinformat als Anhänger schenkte ihr Martin zum 30. Geburtstag.

Mit dem Rücktritt fällt eine Last ab Evelyne Leu wurde in Turin AerialsOlympiasiegerin. Heute lebt die 47-jährige Baselbieterin mit ihrer Familie im Aargauer Freiamt und steht oft auf dem Tennisplatz – um selber zu spielen oder Kinder zu unterrichten. Wie bewunderte sie Athletinnen und Athleten, die Grosses erreichten, zum Beispiel: einen Olympiasieg. Evelyne Leu schaute ehrfürchtig zu diesen Berühmtheiten hoch, und wenn ihr zufällig eine von ihnen über den Weg gelaufen wäre, Roger Federer beispielsweise, wäre sie wohl ausgewichen, «weil ich nicht gewusst hätte, wie ich reagieren soll. Ich hätte vermutlich keine Worte gefunden.» Aber solche Leute faszinierten Leu, und manchmal schoss ihr der Gedanke durch den Kopf: «Wie fühlt sich ihr Leben wohl an?» Für sie waren das nicht irgendwelche Menschen, sondern solche mit Heldenstatus. Oder wie sie sagt: «Überfiguren.» Und dann bricht der 22. Februar 2006 an, es ist ein Mittwoch, der die Zukunft von Evelyne Leu stark prägen und vieles verändern sollte. Die Skiakrobatin springt an den Winterspielen von Turin in den Olymp, sie ist plötzlich in Gesellschaft all jener, die sich in ihren Augen in anderen Sphären bewegten. Bei

der Landung spürt Leu einen heftigen Adrenalinschub im Körper, mit Worten lässt sich ihr Glücksgefühl kaum beschreiben.

Ihr Full-Full-Full wird berühmt Doch das Ganze hat auch etwas Merkwürdiges an sich. Da gewinnt Evelyne Leu Gold an einem gigantischen Anlass, sie weiss, dass Millionen von Menschen am Bildschirm mitgefiebert und gejubelt haben, auch Prominente. Noch im Zielraum erhält sie eine erste Bestätigung. Plötzlich hat sie «den Sämi» am Telefon, den Bundesrat und Sportminister Samuel Schmid, der ihr zum Coup gratuliert. Und auch wer keine Affinität für ihre Disziplin Aerials hat, weiss nun, was unter einem Full-FullFull zu verstehen ist: drei Salti mit drei Schrauben – das, was die nach dem ersten Sprung fünftplatzierte Leu im zweiten Durchgang aufgeführt hat. Aber es gibt danach keinen Knall, der signalisieren würde, dass sich Evelyne Leu jetzt Olympiasiegerin nennen darf. Eine Erinnerung hat sich eingebrannt: «Ich sitze auf einem Stühlchen, ordne meine Gedanken und realisiere: Ich bin immer noch der gleiche Mensch.»

Evelyne Leu trat 2010 zurück, seither hat sie die Sprungski nicht mehr angerührt. In ihrer Karriere war wahnsinnig viel passiert. 1998 in Nagano erlebte sie die olympische Atmosphäre zum ersten Mal und staunte primär über die Dimensionen der Veranstaltung. 2002 in Salt Lake City war sie dabei, obwohl sie einen Monat zuvor einen Kreuzbandriss erlitten hatte. 2006 in Turin folgte die Sternstunde und vier Jahre später in Vancouver der enttäuschende Schlusspunkt. Die Energiereserven waren aufgebraucht. Als sie «das erste Mal pensioniert wurde», wie es Leu formuliert, fühlte sie sich von einer Last befreit. Leu hat stets nach eigenen Prinzipien funktioniert und lieber nicht Dutzende Sprünge aneinandergereiht, um Sicherheit zu bekommen. Sie setzte auf den mentalen Aspekt und zog es vor, Sprünge gedanklich durchzugehen, immer und immer wieder. «Ich konnte mich überwinden. Ich legte mir einen Plan zurecht und ging dann an die Grenze», sagt sie. Und: «Ich war ehrlich mit mir.» Das bezieht sie auch auf den Entschluss, sich aus dem Spitzensport zurückzuziehen. In einer ersten Phase als Athletin im Ruhestand schaute Leu gelegentlich noch im Jumpin in Mettmenstetten, dem Trainingszentrum mit den


Evelyne Leu

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Bild: Adrian Baer


28 Wasserschanzen, vorbei. Aber die Besuche wurden immer rarer, inzwischen weiss Leu gar nicht mehr, wann sie das letzte Mal dort war. Ihre Lauf bahn, sagt sie, sei weit weg, ihr Alltag hat längst einen komplett anderen Rhythmus. Die Distanz wird ihr immer wieder bewusst, wenn Winterspiele anstehen. 2014, vor Sotschi, spürte sie noch ein Kribbeln und stellte sich vor, was nun in den Köpfen der Teilnehmenden abgeht. 2018, vor Pyeongchang, war dieses Gefühl nicht einmal mehr ansatzweise da.

Bescheiden durch die Karriere Ihr Sport war fast ein Jahrzehnt lang der Hauptberuf der gelernten Elektrotechnikerin aus Bottmingen BL. Aerials fand normalerweise wenig Beachtung, wenn nicht gerade Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften stattfanden. Deshalb standen auch die Sponsoren nicht Schlange. Leu lernte, bescheiden zu leben und zeitweise mit 30’000 Franken pro Jahr auszukommen. Sie wusste: Wenn sie mehr Geld zur Verfügung haben wollte, musste sie erfolgreich springen, um sich Zusatzeinnahmen in Form von Preisgeldern zu sichern.

Aber das störte sie nie wirklich, so etwas wie Existenzängste kannte sie nicht. «Ich hatte keine familiären Verpflichtungen und war gedanklich frei», sagt Leu heute. «Man kann den Stil, den ich pflegte, mutig nennen. Oder naiv.» Ein Rückschlag setzte ihr allerdings arg zu: der Kreuzbandriss 2002, die Zeit nach Salt Lake City, die unfreiwillige Pause, die sie daheim verbrachte, ohne Arbeit, ohne Aufgabe. Als 2010 ein neuer Lebensabschnitt begann, musste Evelyne Leu finanziell nicht bei Null starten. Dank dem Olympiasieg hatte sie Geld verdient und gespart, etwa mit Vorträgen, die sie bei Firmen halten durfte. «Es wäre ja auch nicht lustig gewesen, wenn mein Erfolg von Turin unbeachtet geblieben wäre», sagt sie mit einem Lächeln. Man könnte meinen, dass Leu der Skiakrobatik hätte enger verbunden bleiben müssen, zum Beispiel als Trainerin. Sie entschied sich für einen anderen Weg und liess sich zur Marketingfachfrau ausbilden. 2011 heiratete sie ihren Freund Martin Trottmann, 2012 wurde sie Mutter von Corsin, 2014 von Nevin.

Ihren Wohnort fanden sie auf einer Velotour Zu viert leben sie in einem ruhigen Quartier in einer Gemeinde, die sie zufällig entdeckten, als sie eines Tages mit dem Velo von ihrem damaligen Wohnort Mettmenstetten im Knonaueramt nach Bünzen ins Aargauer Freiamt fuhren. Und Leu fand auch eine neue sportliche Herausforderung: Tennis. Hampi Schläpfer, der jahrzehntelang als Servicemann im alpinen Skizirkus unterwegs war und heute als Platzwart des TC Bremgarten amtet, animierte sie dazu. Die einstige Wintersportlerin wurde Mitglied, nahm ein paar Lektionen, spielte bald Interclub und liess sich zur Trainerin auf Jugendstufe ausbilden.

Evelyne Leu und ihre Goldmedaille 2006 in Turin. Bild: Keystone


Evelyne Leu

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Evelyne Leu ist jetzt Mitinhaberin einer Tennisschule. Bild: Adrian Baer

Das Tennis nimmt nun viel Zeit in Anspruch. Leu spielt und unterrichtet, ausserdem ist sie Mitinhaberin der Tennisschule «S.T.E.P. Tennis Training» und kümmert sich dort auch um administrative Belange. Ihre praktische Arbeit beschränkt sich nicht nur auf die Sommermonate – im Winter bringt sie den Kindern das Einmaleins des Tennissports in der Halle bei. Und wie verfolgt sie heute die AerialsWettkämpfe? «Mich interessiert schon, was läuft», antwortet sie. Aber wenn sie die Resultate erfahre, reiche ihr das. Die Kapitel ihrer Lebensgeschichte, die sie seit 2010 schreibt, findet Evelyne Leu genauso faszinierend. Text: Peter Birrer

Evelyne Leu springt im Final von Rang 5 zum Olympiasieg. Bild: Keystone


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Advertorial

AMAG/Audi X Swiss-Ski:

55 Jahre Partnerschaft & Innovation

Vlnr: Marc Berthod, Didier Cuche, Camille Rast, Priska Nufer, Yannick Chabloz, Jasmine Flury, Corinne Suter, Niels Hintermann

Seit 55 Jahren unterstützt die AMAG zusammen mit Audi Schweiz den Schweizerischen Skiverband Swiss-Ski als Automobilpartner und feiert nicht nur Platinhochzeit, sondern auch die Verlängerung der Erfolgspartnerschaft.

Der vollelektrische Q8 Sportback e-tron Quattro. Das AudiAllradsystem garantiert sicheren Vortrieb auch unter winterlichsten Strassenbedingungen – eine ideale Voraussetzung für Schneesportler

AMAG/Audi und der Schneesport – ge­ hören einfach zusammen. Seit 55 Jahren – das gibt Platin. Ein Edelmetall, das für Beständig­ keit und Robustheit steht. Genauso beständig, wie die Partnerschaft von AMAG/Audi Schweiz und Swiss-Ski – die längste Sponsoring Zu­ sammenarbeit im Schweizer Sport. Und sie geht weiter. «Wir haben entschieden, die Partner­ schaft, um weitere vier Jahre zu verlängern bis einschliesslich zur Saison 2026/2027. Wir freu­ en uns sehr auf weitere vier Sponsoringjahre mit hoffentlich einigen Medaillen. Der künftige Fokus der Audi AG und uns, Audi Schweiz, liegt


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Corinne Suter hat stets das Ziel im Visier. Sei es auf der Skipiste oder der Rennstrecke.

auf dem alpinen Ski-Weltcup. Diese Strategie passt perfekt zu unserer Brandphilosophie, zu unseren drei P’s: Performance, Progressive, Premium», sagte Dieter Jermann, Brand Di­ rector Audi Schweiz. Doch nicht nur gemeinsame Ziele ver­ binden. Gemeinsam stehen sie für Leistung, Effizienz und Sportlichkeit, aber auch für Nach­ haltigkeit und Vorsprung durch Technik. Sie

leben den Fortschritt, um das zu erreichen, was zuvor noch nie jemand getan hat. Seit 1968 sorgen die AMAG/Audi Schweiz dafür, dass die Athletinnen und Athleten bei jeg­ licher Witte­rung sicher ankommen. Ins­ besondere mit der Lancierung des quattroAntriebs entwickelte sich die Marke mit den Vier Ringen zum optimalen Mobilitätspartner für Swiss-Ski. Denn das Audi-Allradsystem garantiert sicheren Vortrieb auch unter winter­ lichsten Strassenbedingungen – eine ideale Voraussetzung für Schneesportlerinnen und Schneesportler.

Mit der Verlängerung der Partnerschaft wird auch die Elektrifizierung der Swiss-Ski Flotte weitergehen. Seit 2020 bestreitet SwissSki mit Audi Schweiz den konsequenten Weg in Richtung nachhaltiger elektrischer PremiumMobilität mit Plug-In- und vollelektrischen Audi e-tron Modellen. «Wir bieten heute schon Fahr­ zeuge mit Elektroantrieb an, welche bis nahe­ zu 600 km Reichweite besitzen. Ich bin daher sehr zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit den Skiprofis in den kommenden Jahren die Swiss-Ski Fahrzeugflotte nachhaltig elektri­ sieren werden», sagt Dieter Jermann.

Mehr zur Partnerschaft von Audi und Swiss-Ski erfahren Sie hier: www.audi.ch/swiss-ski

Vlnr: Urs Lehmann, Präsident Swiss-Ski und Dieter Jermann, Brand Director Audi Schweiz beschliessen die Verlängerung der Partnerschaft.


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Ski Alpin

Das gemächlichschnelle Berner Speed-Trio Ihre Heimat ist das Berner Oberland. Ihre zweite Heimat sind die SpeedStrecken dieser Welt. Mit Franjo von Allmen, Marco Kohler und Livio Hiltbrand machen sich gleich drei Berner Giele daran, in den Speed-Disziplinen Fuss zu fassen. Ein Gespräch über Ziele, den Reiz der Geschwindigkeit und die verbindenden Wurzeln.

vor dem Fernseher zum Titel fahren sah. «Ich hatte eine relativ hohe Nummer, zwischen der Besichtigung und meinem Start war recht viel Zeit», erinnert sich Kohler. «Wir gingen also ins Hotel und schauten das Rennen der Junioren-WM. Einer nach dem anderen ging raus, um die Streif runterzufahren – ich war noch immer da und sah, wie Livio zum Sieg fuhr.»

Ihr grosser Moment spielte sich fast gleichzeitig ab. Es war im Januar 2023, als Livio Hiltbrand, 20, an den alpinen Junioren-Weltmeisterschaften in St. Anton zunächst die Bronzemedaille in der Abfahrt holte und sich tags darauf zum Junioren-Weltmeister im Super-G kürte. Zu diesem Zeitpunkt sass Marco Kohler, 26, rund 190 Kilometer entfernt in einer Hotellobby in Kitzbühel. Er wartete auf seinen grossen Einsatz, das Weltcup-Debüt in Kitzbühel, als er den Kollegen Hiltbrand

Hiltbrand gelang in St. Anton der grosse Coup, Kohler fuhr in derselben Woche und in demselben Land sein erstes Weltcup-Rennen, wobei er auf die ersten Punkte bis zu seinem nächsten Einsatz wenig später in Aspen warten musste. Dort wiederum feierte Franjo von Allmen, 22, seinen Weltcup-Einstand. Die Geschichten der drei, so scheint es, sind eng vernetzt. Denn Hiltbrand, Kohler und von Allmen teilen sich nicht nur die Leidenschaft für den Speed, sondern auch die

Heimat: Sie alle stammen aus dem Berner Oberland. Kohler wuchs in Meiringen auf, von Allmen in Boltigen, Hiltbrand nur knapp 15 Autominuten davon entfernt in Därstetten. Was bedeutet euch Heimat? Marco Kohler: Das Berner Oberland ist ein wichtiger Rückzugsort für uns. Wir sind viel unterwegs mit dem Team – das Heimkommen ist immer schön, und wenn du zuhause auch noch die schönsten Berge hast… Livio Hiltbrand: Für mich bedeutet Heimat Natur und Freiheit. Die hast du bei uns in den Bergen viel mehr als beispielsweise in Zürich. Viele von uns könnten es sich nicht vorstellen, in eine Stadt zu ziehen – oder zumindest nicht in eine grössere. Spiez würde vielleicht noch knapp gehen. (lacht)

Livio Hiltbrand holte an der Junioren-WM Gold im Super-G. «Seither kam etwas mehr Aufmerksamkeit auf mich zu.» Bild: GEPA/ÖSV


von Allmen, Kohler und Hiltbrand

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«Wir sind alle drei bodenständig, lustig drauf und machen gerne mal einen blöden Spruch»: Marco Kohler, Livio Hiltbrand und Franjo von Allmen (v. l.). Bild: Stephan Bögli

Was wurde euch von der Familie und der Heimat am meisten mitgegeben? Marco Kohler: Die Bodenständigkeit. Livio Hiltbrand: Absolut. Die bodenständige, gemütliche, lockere Art – und dass wir nicht wegen allem gleich in den Stress kommen.

Franjo von Allmen: Genau. Wir Berner sind nicht unbedingt langsam, wie es das Klischee besagt, sondern nehmen es viel eher gemütlich. In der RS musste bei meinen Kollegen aus Zürich immer etwas laufen. Wir aus dem Simmental sagten uns lieber: «Jetzt nehmen wir noch einen Kaffee, dann schauen wir weiter.»

Das Weltcup-Debüt in Kitzbühel bezeichnet er als einen «rechten Start»: Marco Kohler. Bild: Keystone

Nur gemächlich sind die Jungs allerdings nicht unterwegs – ganz im Gegenteil. Ihre Skikarriere verfolgen sie alle in den Speed-Disziplinen. Und das mit Erfolg und dem Durchbruch in der vergangenen Saison: Hiltbrand durfte als JuniorenWeltmeister den Super-G am WeltcupFinale fahren. Er verlor nur 1,98 Sekunden auf den Sieger Marco Odermatt. Kohler


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als Erster und von Allmen als Zweiter der Abfahrts-Wertung im Europacup konnten sich einen Weltcup-Fixplatz in derselben Disziplin sichern. Warum seid ihr Speed-Fahrer geworden? Marco Kohler: Im Speed waren wir einfach am besten. (lacht) Franjo von Allmen: Genau, nicht bei den schnellen Bewegungen im Slalom. Marco Kohler: Also ich wäre gerne Slalom gefahren – aber das ergibt sich, je nach Talent. Welches Gefühl löst Geschwindigkeit in euch aus? Marco Kohler: Viel Adrenalin und a bsolute Glücksgefühle. Das Adrenalin hat einen Suchtfaktor – es ist, ich muss es so sagen, einfach geil.

Dass gleich drei Swiss-Ski-Athleten aus dem Berner Oberland drauf und dran sind, die Speed-Disziplinen aufzumischen, erachtet Franz Heinzer eher als Zufall. Er muss es wissen: Der Abfahrtsweltmeister von 1991 ist seit vielen Jahren EuropacupGruppentrainer der Speed-Fahrer. In der vergangenen Saison trainierte er von Allmen und Kohler, die sich häufig ein Zimmer teilten. Sie sind nun in Weltcup-Trainingsgruppen aufgestiegen. Nachgerückt ist Livio Hiltbrand, mit dem Heinzer zuletzt in die Europacup-Saison gestartet ist. «Es gab schon früher immer gute Speed-Fahrer aus dem Berner Oberland – und die gibt es unter anderem mit ihnen drei auch jetzt wieder», erzählt Heinzer.

«Da fiel eine Last von mir»: Mit dem Sichern des Weltcup-Fixplatzes erreichte Franjo von Allmen sein grosses Saisonziel. Bild: Stephan Bögli

Welche eurer Fähigkeiten würdet ihr zusammenbasteln für den komplettesten Skifahrer? Marco Kohler: Von Franjo würde ich den Start nehmen. Livio Hiltbrand: Ja, ich auch! Ich bekam in Zermatt einmal brutal aufs Dach von ihm. Er kann den Ski sehr gut gehenlassen, sodass er auch in den Gleitpassagen immer sehr schnell ist. Dann hat er durch seinen muskulösen Körper sicher gute Voraussetzungen dafür, dass es bei ihm ein bisschen besser schiebt als bei mir. Marco Kohler: Aber bei dir ist die Position sicher besser, weil du klein bist. Livio Hiltbrand: Das stimmt, aber ich würde trotzdem von euch beiden je zwei Zentimeter nehmen, wenn ich könnte. Franjo von Allmen: Marco hat sich letztes Jahr im Europacup durchgesetzt, ich würde seine Konstanz nehmen. Livio Hiltbrand: Ja, die fehlt dir manchmal noch. Ich würde von dir nur die schnellen Fahrten nehmen. Franjo von Allmen: (lacht) Ja, von deiner Konstanz könnte ich mir noch mehr abschauen, Marco. Und sonst fährst du auch nicht schlecht Ski.

Franz Heinzer attestiert allen drei Jungs viel Potenzial. «Franjo hat eine riesige Grundschnelligkeit», sagt er. «Livio ähnelt Beat Feuz, er ist ein sehr gefühlvoller Skifahrer. Und Marco hat sich zu einem unheimlich konsequenten Sportler entwickelt nach drei Jahren Kampf nach einer schweren Knieverletzung. Er kommt von weit unten und weiss genau, wie er zu den Resultaten gekommen ist, die er erreicht hat.» Im Januar 2020 war Kohler als Vorfahrer im Training zur LauberhornAbfahrt eingesetzt worden. Er stürzte im Ziel-S und erlitt Risse des Kreuzbandes, des Innenbandes und der Patellasehne sowie im Innenmeniskus im linken Knie. Die Karriere als Spitzensportler stand infrage, Ärzte zweifelten an der Fortsetzung. Kohler kämpfte sich zurück. 2023/24 darf er im Weltcup angreifen.


Franjo und Marco, ihr habt einen Fixplatz in der Abfahrt geholt. Ist das eine Erleichterung, weil ihr die elf Weltcup-Abfahrten definitiv fahren könnt, oder mit erhöhtem Druck verbunden? Franjo von Allmen: Es ist eine Frage der Perspektive. Du kannst es als Druck von aussen anschauen oder als das Gegenteil: keinen Druck zu haben, weil du sowieso fahren kannst. Ich würde eher sagen, es ist eine Erleichterung. Marco Kohler: Druck kommt von innen oder aussen. Der Druck, den ich mir selber mache, bleibt derselbe: Ich will immer besser fahren und Weltcup-Punkte machen. Von aussen ist der Druck sicher weniger hoch. Ich habe meinen Platz und muss keine Qualifikation fahren, um Swiss-Ski oder meinem Team etwas zu beweisen.

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Livio, du bist als JuniorenWeltmeister stärker im Fokus. Inwiefern stressen dich die gestiegenen Erwartungen? Livio Hiltbrand: Das lässt mich ziemlich kalt. Ich werde versuchen, mich im Europacup zu etablieren. Und es ist sicher auch mein Ziel, an den Junioren-Weltmeisterschaften noch einmal eine Medaille zu machen, im Optimalfall wieder den Sieg zu holen.

Franz Heinzer spricht von «realistischen Zielen», die Hiltbrand sich gesetzt hat. «Er kommt als Junioren-Weltmeister, nun muss er versuchen, sich im Europacup zu etablieren. Ich denke, dass er da um den 10. Platz fahren kann, und wenn ihm ganz gute Rennen gelingen, kann er auch weiter nach vorne fahren.» Auch bei von Allmen und Kohler ist er zuversichtlich. «Es liegt einiges drin. Sie haben sich eine Basis geschaffen und verdient, von der aus sie zuschlagen und grossartige Leistungen erbringen können.»

Marco und Franjo, welche Ziele habt ihr euch für die erste Saison auf höchster Stufe gesetzt? Franjo von Allmen: Ein Weltcup-Podest. Marco Kohler: Das haben wir schriftlich! Franjo von Allmen: Das war ein Witz. Regelmässig in die Top 30 zu fahren, wäre optimal. Es ist sicher ein hohes Ziel, aber ich setze mir lieber hohe Ziele als solche, die ich zu einfach erreichen kann. Marco Kohler: Bei mir ist es genauso: möglichst häufig in die Top 30 fahren, um am Ende der Saison in den besten 30 der Weltrangliste zu sein. Wenn ich im Weltcup ankommen und mich positiv präsentieren kann, bin ich zufrieden. Text/Interview: Ramona Hirt

von Allmen, Kohler und Hiltbrand

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Advertorial

Sunrise Moments: Unvergleichliche Erlebnisse und Nähe zu den Stars

Langlaufen in Davos und Goms: Auf der Originalstrecke mit den Profis

Rund um die anstehenden Weltcups bietet Sunrise nicht nur einen exklusiven Zugang zu einmaligen Erlebnissen, sondern auch eine einzigartige Nähe zu den Athletinnen und Athleten sowie viele andere spannende Angebote rund um Swiss-Ski.

Die Sunrise Lounge in Adelboden: Ein Blick aufs Chuenisbärgli der begeistert Die Sunrise Lounge in Adelboden ist nicht einfach nur ein Platz zum Zuschauen, sondern eine exklusive Plattform, die Momente schafft, die in Erinnerung bleiben. Hier können Sunrise Kundinnen und Kunden das atemberaubende Chuenisbärgli aus einer Perspektive erleben,

die den Atem raubt. Es ist die Gelegenheit, den Skisport hautnah zu spüren und die Faszination von Adelboden aus bester Position, mitten im Geschehen zu erleben.

Die «Loube» in Wengen: Eine Bühne für unvergleichliche Ausblicke Durch Sunrise Moments hast du die Möglichkeit, die «Loube» in Wengen zu be­ suchen – unsere Aussichtsplattform, die nicht nur einen einzigartigen Blick auf den Hunds­ chopf gewährt, sondern auch auf die Majestät der Schweizer Alpen. Hier spürt man nicht nur die Atmosphäre des Skisports, sondern kann auch den Fahrtwind der Skirennfahrer hautnah erleben. Die Loube schafft so eine Verbindung zu den Stars des Sports, die durch keine an­ dere Aussichtsplattform erreicht wird.

Sunrise Moments geht einen Schritt wei­ ter, indem es die Möglichkeit bietet, auf den originalen Weltcup-Strecken in Davos oder Goms einen Tag mit den Profis zu verbringen. Hier werden nicht nur Skitechniken verfeinert, sondern auch persönliche Tipps von den Bes­ ten der Branche gegeben. Diese einzigartige Erfahrung ermöglicht es Sunrise Kundinnen und Kunden nicht nur, sich mit den Stars des Langlaufs zu messen, sondern gewährt auch Special Insights und ein VIP Package für einen unvergleichlichen Tag auf den Spu­ ren der Profis.

Skisprung-Spektakel in Engelberg mit exklusiver Aussichtsplattform Ein weiteres Highlight im Moments-Pro­ gramm ist das Skisprung-Event in Engelberg. Sunrise Kundinnen und Kunden haben die Ge­ legenheit, vergünstigte Tickets für dieses spek­ takuläre Ereignis zu erwerben. Doch das ist nicht alles – wir bieten auch eine exklusive Aussichtsplattform an welcher die Athletinnen und Athleten direkt vorbeifliegen. Eine Pers­ pektive, welche es so noch nicht gab. Von dort aus kannst du nicht nur die atemberaubenden Sprünge der Athletinnen und Athleten ver­ folgen, sondern auch die Spannung dieser grossartigen Disziplin hautnah erleben.


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Vergünstigte Tickets für die Weltcups in Adelboden & Wengen Sunrise bietet seinen Kundinnen und Kunden nicht nur exklusive Erlebnisse, son­ dern auch vergünstigte Tickets für die Schwei­ zer Weltcups wie beispielsweise Adelboden oder Wengen.

Swiss-Ski Mitglieder profitieren doppelt! Als Swiss-Ski Mitglied erhältst du unter sunrise.ch/swiss-ski exklusiven Zugang zum attraktiven Mitgliederangebot von Sunrise mit Rabatten von bis zu 50% auf TV, Internet und Mobile. Durch deine Mitgliedschaft profitierst du nicht nur kurzfristig – alle Sunrise Kundin­ nen und Kunden haben automatisch Zugriff auf Sunrise Moments und können von unver­ gesslichen Aktionen und Momenten profitieren. Diese exklusiven Vorteile begleiten dich nicht nur während der laufenden Saison, sondern

über die gesamte neunjährige Partnerschaft mit Swiss-Ski. Entdecke die aktuellen An­ gebote unter sunrise.ch/moments und spare nicht nur heute, sondern auch in den kom­ menden Jahren.


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Snowboard

Bild: Juliette Chrétien


Der Coach, der sein Team auch das Kochen lehrte Pepe Regazzi ist der Mann hinter einer goldenen Ära des Schweizer Halfpipe-Snowboardens. Nun hat er als Trainer des Teams aufgehört, nach fast 20 Jahren. Zeit für ein Bilanzessen in der engsten Heimat. Wo soll man mit Pepe Regazzi zusammensitzen, wenn nicht in einem besonderen Tessiner Ristorante? Das Missultin in seinem Dorf Vira am Lago Maggiore wirft Regazzi, 55, zurück in die Zeit, als er noch ein Ragazzo war. «Damals hiess das Missultin noch Rodolfo», erzählt Regazzi. «Sonntags nach der Kirche kam ich mit meinem Vater und mit meinem Grossvater immer hierher zum Aperitivo.» Es war eine Art Ritual der Männer von Vira, und sie pflegten es, während die Frauen daheim das Mittagessen kochten. «Wir hockten rund um den grossen Tisch in der Mitte des Raumes, das Kaminfeuer brannte, wir redeten und sangen Tessiner Lieder.» Das Ristorante hat sich verändert seither, es ist aufwendig renoviert worden und steht seit der Wiedereröffnung vor zwei Jahren für gehobene Gastronomie.

Was der Lauf der Zeit aus dem Ragazzo Pepe gemacht hat? Einen Reisenden, der seiner Heimat eng verbunden geblieben ist. Einen Facettenreichen, der immer wieder neue Projekte anpackt. Einen SnowboardPionier, der als Trainer zu einer legendären Figur geworden ist.

«So viel mehr als ein Trainer» Fast 20 Jahre lang stand Regazzi an den Halfpipes dieser Welt und coachte das Schweizer Team. Zu diesem Team gehörte bis 2014 auch Ursina Haller, die WMZweite von 2011. Haller sagt über Regazzi: «Pepe ist so viel mehr als ein Trainer. Er hat so viele von uns geprägt – nicht nur als Athletinnen und Athleten. Sondern als Menschen. Einen wie ihn triffst du nur einmal im Leben.» Regazzi hat sein Team immer als echte Gemeinschaft verstanden. Er lebte vor, was er einst in Vira aufgesogen hatte: die Freude am Zusammensein, Kochen und Essen, die Freude am Leben. Im Ausland mietete er immer wieder Apartments, wo der Snowboard-Coach

Pepe Regazzi

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Pepe Regazzi 1996 am Monte Gridone, hoch über dem Lago Maggiore. Bild: Privatarchiv

abends zum Koch-Coach mutierte, wo alle gemeinsam in der Küche standen und vorbereiteten, was danach auf den Tisch kam. Regazzi gab 2012 «Ticino ti cucino» heraus, ein wunderbares Buch mit Originalrezepten und kulinarischen Geschichten aus dem Tessin. 2016 folgte, wieder in Kooperation mit der Fotografin

Juliette Chrétien, seiner Partnerin, «Famiglia nostrana». Es ist ein Buch, in dem man nur dann blättern sollte, wenn man alles stehen und liegen lassen kann, um mit dem nächsten Zug in den Südkanton zu reisen und all die Grotti, Unterkünfte, Weingüter, Käsereien, Metzgereien, die für das ursprüngliche Tessin stehen, in natura zu entdecken.

«Die Inspiration für diese Bücher geht nicht zuletzt auf diesen Ort zurück», sagt Regazzi zwischen zwei Gängen im Missultin. Als er noch selber eine Art Profisnowboarder war, verschlug es Regazzi im Tessiner Sommer immer wieder in den argentinischen Winter. «Ich sah, wie stolz die Menschen dort auf ihr Fleisch oder ihren Wein sind. Und ich fragte mich, warum die eigenen Spezialitäten im Tessin weniger zelebriert werden. Ich wollte etwas dagegen tun.»

Schockverliebt am Monte Tamaro

Powdern in Chile (1995).

Das Snowboarden machte aus Pepe Regazzi einen Nomaden, aber verfallen war er diesem Sport im Tessin. Ein Wintertag im Jahr 1986 am Monte Tamaro, Tiefschnee. Regazzi, 17-jährig und in der Lehre, hat erstmals ein solches Brett an den Füssen, es ist geliehen. Er zieht seine Spur in den Hang – und schon ist es um ihn geschehen. Ende der Achtzigerjahre zieht Regazzi ins Engadin und wird Snowboardlehrer – es ist ein sehr neuer und recht exotischer Beruf in der damaligen Zeit. 15 Winter lang macht er das,


Pepe Regazzi

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Regazzi freut sich mit Jan Scherrer über dessen WM-Bronzemedaille 2021 in Aspen.

daneben fährt er alpine Snowboardrennen und Boardercross und nimmt auch an Freestyle-Contests teil. Später verlagert Regazzi den Fokus auf die Ausbildung, er wird erster J+S-Snowboard-Experte, engagiert sich bei Swiss Snowsports. 2005 stösst er als Assistent von Marco Bruni zu Swiss-Ski, 2011 löst er seinen Compagnon als Headcoach ab.

Es gibt kaum einen besseren Zeitzeugen für den Wandel des Snowboardens von der Subkultur zum Massensport, vom Akt der Rebellion zum handelsüblichen olympischen Spitzensport, vom primär freigeistig-stylischen zum ebenso akrobatisch-athletischen Spektakel. Christian Haller, der Bruder von Ursina Haller, brachte die Entwicklung 2016

in der «Neuen Zürcher Zeitung» so auf den Punkt: «Snowboarden ist von einem Sport im Schnee zu einem Sport in der Luft geworden.» Halfpipes für die Elite sind heute monströse Skulpturen aus Schnee und Eis, kein Vergleich zum harmlosen Halbröhrchen, in dem Gian Simmen 1998 in


42 Nagano zum ersten Olympiasieger wurde. Der Bündner brauchte damals noch keinen Helm, und die Kappe fiel ihm während des Runs vom Kopf. Doch Regazzi wehrt sich, wenn das heutige Freestyle-Snowboarden mit Kunstturnen verglichen wird wegen all der zirkusreifen Rotationen um die Körperachsen. Er denkt lieber an Katzen, die auf den Füssen landen, nachdem man sie in die Luft geworfen hat. Fliegen und stehen – darum geht es, und wer sich dieses Katzenhafte nicht aneignet, lebt gefährlich. Regazzi begriff das früh und begann deshalb mit der Accademia Teatro Dimitri zusammenzuarbeiten, der Zirkusschule des legendären Clowns; er liess seine Athleten vom Akrobatiktrainer und von der Tanzlehrerin der Accademia unterrichten.

Was da alles zusammenkam! Der Vordenker Regazzi steht für eine goldene Ära des Schweizer Halfpipe-Snowboardens. Der Höhepunkt? Der Olympiasieg von Iouri Podladtchikov am 11. Februar 2014 in Sotschi, 16 Jahre und einen Tag nach Gian Simmen. Was da alles zusammenkam! Podladtchikov hatte für die Vorbereitung eine Industriehalle in Freienbach und eine Vert-Ramp für das Skateboard-Training gemietet, er investierte Zehntausende von Franken aus dem eigenen Sack.

Am Monte Gambarogno (1995).

Regazzi importierte ein Trampolin aus Kanada, das grösser war als alle Trampoline, die er zuvor gesehen hatte. Auch dieses Trampolin stellten sie in die Industriehalle, «wir bauten ein Gerüst aus Holzpaletten darum herum und spannten ein Netz, damit niemand rausfliegt», erinnert sich Regazzi. Podladtchikov war ein sportlicher Extremist, hart zu sich und manchmal schwierig für andere, aber seine Halle war auch die Halle seines Teams. Für Podladtchikov kulminierten dieser Innovationsgeist, diese Hingabe, dieser Schweizer Weg im grösstmöglichen Triumph – im Land seiner Geburt und Herkunft. Und Pepe Regazzi sagte

etwas, was man Trainer gerade in kleineren Sportarten, in denen ihr Idealismus umso wichtiger ist, immer wieder sagen hört in Momenten, die doch einfach nur erfüllend sein sollten. Er sagte, er sei ausgelaugt.

Manchmal befand er sich in einem Dilemma Regazzi schöpfte neue Kraft und machte weiter. Erst jetzt ist seine Zeit als Trainer des Schweizer Teams zu Ende gegangen. Weil die Suche nach einem Nachfolger schwierig war, hat Regazzi das Team ein letztes Mal auf die Saison vorbereitet, unterstützt von Iouri Podladtchikov, der seit diesem Jahr punktuell für den Verband arbeitet. Am 1. November wurde Regazzi vom Deutschen Patrick Cinca abgelöst. Regazzi hat sich und das HalfpipeSnowboarden immer wieder hinterfragt, gerade nach schweren Stürzen und heftigen Verletzungen. «Unsere Sportart stösst an Grenzen, vor lauter Medaillendenken und Streben nach noch mehr Rotationen verlieren wir die Realität aus den Augen», meinte er, nachdem Iouri Podladtchikov 2018 ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte. «Es ist auch der Moment für die Message, dass jeder Athlet in Gefahr ist.»

Gleich zwei WM-Medaillen 2017 in Sierra Nevada: Silber für Iouri Podladtchikov (links), Bronze für Pat Burgener (rechts).


Wenn er von der Eskalation sprach, wie er die Entwicklung hin zu immer noch schwierigeren Tricks nannte, war sich Regazzi des Dilemmas bewusst, in dem er sich befand. «Als ich anfing, wollte ich, dass wir die dominanten Amerikaner schlagen», sagt Regazzi. Um das zu schaffen, mussten die Schweizer die Entwicklung nicht nur annehmen, sondern mitgestalten. «Doch meine Einstellung zum Spitzensport hat sich verändert in den letzten Jahren. Heute sehe ich im Spitzensport vor allem eine grossartige Chance, wahnsinnig viel über sich zu lernen und eine bessere Person zu werden.»

Pepe, der Pächter Pepe Regazzi macht kein Geheimnis daraus, dass er eine gewisse Müdigkeit und Sättigung verspürt nach all den Jahren. Er sehnt sich danach, weniger herumzureisen

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und weniger Zeit am Pipe-Rand zu verbringen. Er wird der Szene in reduziertem Umfang erhalten bleiben, als Privatcoach der bereits 34-jährigen Spanierin Queralt Castellet und des erst 15-jährigen ItaloAmerikaners Alessandro Barbieri. «Für mich hat eine Übergangsphase begonnen», sagt er. «Mein Traum wäre, eine richtig geile Freestyle-Academy aufzubauen in der Schweiz.» Aber da ist noch ein anderes Projekt. Im nächsten Sommer wird die Capanna Gambarogno eröffnet. Die einstige Militärhütte liegt auf dem Gipfel des Monte Gambarogno, die Aussicht auf den Lago Maggiore ist betörend. Regazzi und sein Freund Manolo Piazza konnten die Hütte 2010 für wenig Geld kaufen. Mit dem Ziel, sie in ein Bergrestaurant mit Schlafplätzen zu verwandeln, wurde

2016 ein Verein gegründet. Letztes Jahr begann der grosse Umbau, Regazzi hat in seiner Freizeit wochenlang selber Hand angelegt. Auch mit der Capanna verbindet ihn eine lange Geschichte. In den Neunzigerjahren hatte der damals florierende Snowboardclub Gambarogno die Hütte gemietet, Regazzi und seine Freunde verbrachten viel Zeit dort oben. Nun wird er sie als Pächter übernehmen. Wo soll man das nächste Mal mit Pepe Regazzi zusammensitzen, wenn nicht in der Capanna Gambarogno? Text: Philipp Bärtsch

Pepe Regazzi

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Advertorial

Schöffel

Wenn Nachhaltigkeit als Echo wirkt Das Thema Nachhaltigkeit ist auch in der Textilindustrie längst angekommen. Für den bayerischen Bekleidungshersteller Schöffel ist Nachhaltigkeit das Herzstück der Unternehmensphilosophie. Produktionsfaktoren, Verfügbarkeit nach­ haltiger Rohstoffe, Abfallproduktion und Recy­ cling, soziale Verantwortung von Unternehmen, Mitarbeitenden gegenüber: von Zulieferfirmen wie den Mitarbeitenden im Unternehmen, sind die zentralen Aspekte der Nachhaltigkeit in der textilen Kette. Schöffel lebt diese Grund­ sätze schon länger, seit drei Jahren steht der Begriff «echo» für die unternehmenseigene

Nachhaltigkeits-Vision. Vier Buchstaben re­ flektieren die Werte Umwelt, Gemeinschaft, Menschheit und Chance, und die Buchstaben e-c-h-o sind die Anfangsbuchstaben und Aus­ druck dieser Deutung in englisch: Environment – Community – Humanity – Opportunity. «Echo» ist der Widerhall von Stimmen in den Bergen und wird zum gewollten Sym­ bol für die Unternehmensphilosophie, die auf der festen Überzeugung beruht, dass nach­ haltiges Handeln langfristige Auswirkungen auf den Menschen selbst und die Umwelt hat. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück.

So reagiert der Endverbraucher Nachhaltigkeit ist «en vogue», nicht nur in der Textilindustrie. Ist die Wahrnehmung in der Gesellschaft die gleiche wie die von den Produzenten? Schöffel hat dazu eine di­ gitale Umfrage durchführen lassen mit teils überraschenden Ergebnissen. Wie wichtig ist dem Endverbraucher, ob ein Produkt nach­ haltig produziert wird? Fast die Hälfte der Be­ fragten würden in den Winterferien auf Nach­ haltigkeit achten. Und: Das Kaufverhalten bei Outdoorbekleidung orientiere sich stärker an ökologischen Aspekten. Für den ehemaligen


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Skirennfahrer Felix Neureuther, Markenbot­ schafter von Schöffel Sport ist das noch zu wenig: «Es ist noch ein weiter Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Winter. Aber die Menschen handeln oft intuitiv richtig.»

Komplizierte textile Produktonskette Textile Lieferketten sind komplex und aufgrund der geografischen Lage der Produktionsstätten, vornehmlich im asiatischen Raum, nicht immer kontrollierbar. Schöffel ge­ hört zu den Textilherstellern, die mit der Ver­ öffentlichung von detaillierten Informationen zu den Produktionspartnern Transparenz schaffen und so mithilfe Textilarbeiterinnen und Arbei­ ter zu schützen. Diese Informationen werden laufend auf der Website der Fair Wear Foun­ dation publiziert. Fair Wear Foundation ist eine unabhängige Stiftung, die sich weltweit für die Mitarbeitenden in der Textilindustrie einsetzt. Für ihr Engagement wurde die Firma Schöffel von der Stiftung mehrfach mit der höchsten Auszeichnung für faire Produktionsprozesse ausgezeichnet. Ein durchdachtes Umweltmanagement ist eine weitere Säule der firmeneigenen Strategie und wird vor der eigenen Haustüre seit 2019 angewandt. Parallel zum 2011 ge­ fertigten Anbau wurde auch die bestehende Photovoltaik-anlage erneuert, über die rund 31 000 kWh Strom im Jahr erzeugt wer­ den. Seit 2016 bezieht die Niederlassung in Schwabmünchen ausschliesslich Strom aus regenerativer Wasserkraft eines regiona­ len Energieversorgers. Die Liegenschaft des Schöffel-Hauptsitzes in Schwabmünchen (bei Augsburg) wird komplett mit klimaneutralem Ökogas beheizt. Darüber hinaus betreibt das Unternehmen ein aktives Schadstoff- und Chemikalienmanagement zum Schutz der Um­ welt. Bis 2030 soll der CO2-Ausstoss hal­ biert werden.


46 Zentraler Punkt: die Materialien Diskussionspunkt in der textilen Produktionskette von hochwertiger OutdoorBekleidung ist die Verwendung von nach­ haltigen Materialien, zu denen auch tierische Rohstoffe gehören. Schöffel stellt in diesem Punkt sicher, dass alle verwendeten tierischen Rohstoffe aus artgerechter Tierhaltung stam­ men. Für eine Skijacke von Schöffel werden bis zu 750 Meter Garn benötigt, für eine Daunen­ jacke sogar bis 1000 Meter. Woher kommt das Garn? Zu einem kleinen Teil aus Natur­ fasern; vor allem aber wird Garn aus pflanz­ lichen Fasern hergestellt. Die Herkunft ist von entscheidender Bedeutung, ebenso wie die Frage, wie ein Textilproduzent mit per- und polyfluorierten Chemikalien umgeht, kurz PVC mit mehr als 3000 verschiedenen Substanzen, die weder natürlich und biologisch abbaubar sind. Die Crux: Der Einsatz von PFC ist bei der Herstellung von Funktionsbekleidung not­ wendig. Es schütze den Endverbraucher vor den natürlichen Elementen der Natur. Schöffel hat viele Jahre an Alternativen gearbeitet und verzichtet heute weitgehend auf PFC in der Produktion – und wo es unumgänglich ist, wer­ den Chemikalien eingesetzt, die nicht wasser­ löslich und daher nicht gefährlich sind.

Vollständig recycelbare Wanderhose Der Kreis der Nachhaltigkeit schliesst sich mit dem Recycling von Bekleidung. Der bayerische Textilhersteller wurde letztes Jahr mit dem ISPO-Award für nachhaltige OutdoorHosen ausgezeichnet. Schöffel lancierte zwei Modellreihen von Wanderhosen: Circular Eco­ nomy und Circular Fasion. Die Funktionshose ist nicht nur langlebig, sondern wurde bereits aus recycliertem Material gefertigt. Die aus­ gediente Hose kann dann wiederum recycliert werden. Um diesen Kreislauf nicht zu unter­ brechen, nimmt Schöffel Schweiz alte Hosen zurück, um die Textilien zu hochwertigem Poly­ ester für neue Produkte zu verarbeiten.


47 Im Gespräch mit Peter Schöffel, geschäftsführender Gesellschafter des bayerischen Bekleidungsherstellers Schöffel

«Nachhaltigkeit ist Teil der Unternehmensphilosophie» Der Bekleidungshersteller Schöffel hat Nachhaltigkeit schon lange in seiner Unternehmensphilosophie verankert und konzentriert sich dabei auf vier Hauptbereiche: Produkt, Umwelt, nachhaltige Dienstleistungen und den Bereich Soziales. Wir haben den geschäftsführenden Gesellschafter Peter Schöffel gefragt, was das konkret bedeutet. Peter Schöffel, ist der Begriff Nachhaltigkeit nicht einfach nur eine moderne Zeiterscheinung und zu einem griffigen Marketingmittel geworden?

Peter Schöffel: Schöffel ist kein Unter­ nehmen, das mit seinen Produkten eine un­ mittelbare Veränderung im der Bereich der Nachhaltigkeit bietet. Hingegen können wir unser Angebot nachhaltiger produzieren. Und wir sensibilisieren die Endverbraucherin­ nen und Endverbraucher für einen sorgsamen Umgang mit der Natur.

Sie leiten das Familienunternehmen bereits in siebter Generation und produzieren Outdoor-Textilien für den Sommer- und Wintersport. Wann hat bei Ihnen das Bewusstsein für Nachhaltigkeit eingesetzt?

Wir lebten bereits Nachhaltigkeit, als sie noch nicht derart «en vogue» war wie heute. Wir verstehen Mensch und Natur als Einheit und haben als Familienunternehmen das nö­ tige Bewusstsein, dass wir für nachfolgende Generationen erhalten müssen.

Ihre Nachhaltigkeitsstrategie umfasst nach eigenen Angaben vier Bereiche: Produkt, Umwelt nachhaltige Dienstleistungen und Soziales. Wie nehme ich als Endkonsument bzw. als Endkonsumentin ihre Bestrebungen war?

Nehmen wir als Beispiel die kommen­ de Sommerkollektion von 2024. Sie hat einen spürbaren Zuwachs an recycelten und nach­ wachsenden Rohstoffen. Oder unsere Stra­ tegie umfasst auch die CO2-Reduktion. Bis 2030 werden wir unsere Emissionen in der gesamten Lieferkette durch intelligente Ein­ sparungsmassnahmen um 50% reduzieren (Basis 2019). Das ist ein für alle bei uns täti­ gen Mitarbeitenden ein Kraftakt, dem wir uns mit ganzer Konsequenz stellen.


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Langlauf

mit topmoderner Infrastruktur zurück auf der Weltcup-Landkarte

Bild: Goms Tourismus


Weltcup Goms

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Ende Januar kehrt das Goms auf die internationale Langlauf-Bühne zurück. Der Weltcup-Tross absolviert im Nordischen Zentrum in Ulrichen an drei Tagen fünf Rennen. Der rasche Zuschlag durch die FIS wurde im Oberwallis erhofft, aber nicht zwingend erwartet. Wenn der Langlauf-Weltcup in dieser Saison im Obergoms gastiert, kommt dies nicht – wie man meinen könnte – einer Premiere, sondern einer Rückkehr gleich. Bereits neun Jahre bevor Dario Cologna den Langlaufsport mit seinem Tourde-Ski-Triumph 2009 hierzulande ins Bewusstsein einer breiten Sportöffentlichkeit rücken konnte, war in Ulrichen um Weltcup-Punkte gekämpft worden. Am 16. Februar 2000 jubelten Kristina Smigun, die nachmalige Olympiasiegerin aus Estland, sowie der Finne Jari Isometsä von der obersten Stufe des Podests. Es waren für 24 Jahre die letzten Siegerehrungen im Wallis nach Langlauf-Wettkämpfen auf höchster Stufe. Nun, vom 26. bis 28. Januar und damit weniger als vier Monate nach der offiziellen Eröffnung des neuen Nordischen Zentrums, feiert das Obergoms die Rückkehr auf die Weltcup-Landkarte – und dies sogar mit einem umfangreicheren Rennprogramm als ursprünglich geplant.

Das Goms gilt als sehr schneesicher. Bild: Goms Tourismus

«Eine positive Überraschung» Für die Realisierung des Nordischen Zentrums waren sowohl Neu- als auch Umbauten nötig. Bereits 2006 wurde das kleine Start- und Zielhaus errichtet, das beispielsweise dem Skiclub Obergoms die Organisation und Durchführung von Wettkämpfen massiv erleichterte. In steten Schritten ist die Anlage in der Folge zu dem gewachsen, was sie heute ist. «Das Obergoms will sich als nationaler und internationaler Player für Langlaufund Biathlon-Events positionieren», sagt Chantal Carlen. Die 32-Jährige, die in Brig als Anwältin und Notarin tätig ist, steht dem Organisationskomitee des Langlauf-Weltcups als Präsidentin vor. Bereits

beim letzten internationalen LanglaufAnlass im Obergoms half die zweimalige Universiade-Teilnehmerin mit – damals als Voluntari. Auf eine lange Vorlaufzeit werden die Weltcup-Verantwortlichen beim Start zum Auftaktrennen, einer Mixed-Staffel am Freitag, 26. Januar, nicht zurückblicken können. Dass sie bereits in der laufenden Saison rund 200 Athletinnen und Athleten anlässlich eines WeltcupWochenendes im Obergoms empfangen dürfen, haben Carlen und ihr Team einerseits angestrebt. Anderseits kam der rasche Zuschlag durch die FIS durchaus etwas unverhofft. Laut der Oberwalliserin, die seit 2022 als Co-Präsidentin für den örtlichen Skiclub Obergoms tätig ist, war dies «eine positive Überraschung». Eine grosse Herausforderung, die es danach zu bewältigen galt, war die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Hotelbetten für die Athletinnen und Athleten und deren Betreuer-Teams.

Dreitätiges Langlauf-Festival

Nordisches Zentrum Goms. Bild: Claudia Jost

Einer der grossen Vorzüge des Obergoms als Langlauf-Destination ist neben der neuen, topmodernen Infrastruktur die grosse Schneesicherheit. Normalerweise präsentiert sich das Goms Ende Januar als tiefverschneite Winterlandschaft. Um die Reisetätigkeit des Weltcup-Trosses zu reduzieren, sollen mehr Wettkämpfe an einem Ort stattfinden. Im Sinne der Nachhaltigkeit wurde das Goms deshalb


50 von der FIS zusätzlich mit der Austragung einer Mixed-Staffel betraut. Bei diesem neuen Wettkampfformat bilden jeweils zwei Frauen und zwei Männer pro Land ein Team. Es werden je fünf Kilometer abwechslungsweise in der klassischen und freien Technik absolviert. Am Samstag stehen in Ulrichen die Skating-Sprints auf dem Programm, tags darauf finden Massenstartrennen über 20 Kilometer in der freien Technik statt. Die Infrastruktur des erweiterten und ausgebauten Nordischen Zentrums wird es den Langlauf-Fans erlauben, von der Tribüne weite Teile der Strecke zu überblicken und die Wettkämpfe hautnah mitzuerleben. Die Sprint-Strecke ist vom Start-und-Ziel-Gelände aus sogar komplett einsehbar.

Chantal Carlen, OK-Präsidentin Weltcup Goms.

Von und nach Andermatt respektive Brig werden an den drei WeltcupTagen Extrazüge eingesetzt, sodass die Zuschauerinnen und Zuschauer auch am

späten Abend, nach einem Besuch der verschiedenen musikalischen Programmpunkte, für eine Weiterreise mit dem öffentlichen Verkehr in Richtung Bern und Luzern gut angebunden sind. Dem Organisationskomitee ist es ein grosses Anliegen, ein Langlauf-Festival mit attraktivem Rahmenprogramm für Gross und Klein auf die Beine zu stellen. Erwartet werden über das gesamte verlängerte Wochenende hinweg rund 10'000 Besucherinnen und Besucher, wobei der Freitag ganz im Zeichen von rund 800 Schulkindern steht, denen der Schneesport im Allgemeinen und der Langlaufsport im Besondern nähergebracht werden sollen. Am Samstag findet zwischen der Qualifikation und den Sprint-Finals ein MiniWeltcup für Kids der lokalen Skiclubs statt. «Ein wichtiges Ziel, das wir mit dem Weltcup verbinden, ist, den einheimischen Nachwuchs zu Spitzenleistungen auf Weltniveau anzuspornen», so Chantal Carlen. Text: Roman Eberle

L I C E N S E T O C A R V E Photo : ©Théo Ledru

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Schneebar

Schneebar

Ein Quartett für Snowstainability

Neues Skimuseum im Jura Diesen Herbst öffnete im ehemaligen Bahnhofsrestaurant von Les Bois im Kanton Jura das Musée du Ski seine Tore. Die Ausstellung ist der Geschichte des alpinen und des nordischen Skisports gewidmet. Im Laufe der Jahre hat der Kurator und Mitbegründer Laurent Donzé Tausende von Skiern und Stöcken, aber auch Schuhe, Helme, Startnummern und Bindungen gesammelt. Ein Paar Ski stammt aus dem Jahr 1870, zu bestaunen sind aber ebenso Skier von bekannten ehemaligen Swiss-SkiAthleten wie Dario Cologna oder Didier Cuche. Laurent Donzé wollte aber nicht nur die Vergangenheit des Skisports zugänglich machen. Aufgegriffen werden deshalb auch aktuelle Themen wie die Wachs-Entwicklung. (REE) www.museeduski.ch

Stabwechsel im Crystal Club Der Crystal Club ist die grösste private Gönnerorganisation von Swiss-Ski und fördert primär den Nachwuchs. Nun hat der 1981 vom damaligen Skiverbandsdirektor und späteren Bundesrat Adolf Ogi gegründete Club einen neuen Präsidenten erhalten. Dominik Büchel folgt auf Damian Hunkeler. Hunkeler ist seit 1993 Mitglied des Crystal Club, 1998 wurde er Vizepräsident und 2005 Präsident. «Kontinuität ist das höchste Gut. Damian Hunkeler hat es vorgemacht», schreibt Dominik Büchel zur Amtsübernahme über seinen Vorgänger. «Ich werde in der Spur, die er gelegt hat, weiterfahren.» (PBH) www.crystal-club.ch

Snowstainabilty, der im Mai 2022 von Swiss-Ski und der Nachhaltigkeitspartnerin BKW gegründete Verein für einen nachhaltigeren Schneesport, ist mit einer Botschafterin und drei Botschaftern in die neue Saison gestartet: Lea Meier (Biathlon), Killian Peier (Skispringen), Ryan Regez (Skicross) und Daniel Yule (Ski Alpin). «Snowstainability heisst für mich eine Zukunft im Schneesport. Und eine Zukunft für den Schneesport», sagt Lea Meier. «Denn es geht sowohl um uns Athletinnen und Athleten als auch um alle Schneesportbegeisterten in unserer Gesellschaft.» Snowstainability fördert Projekte in den Bereichen ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit, die in der Schweiz umgesetzt werden und direkt mit dem Schneesport zusammenhängen. Die Möglichkeit, Unterstützung für ihr Nachhaltigkeitsprojekt zu beantragen, steht Akteurinnen und Akteuren der gesamten Schweizer SchneesportCommunity offen. (PBH) www.snowstainability.ch

Anstossen auf die Platinhochzeit Was mit einigen wenigen Transportern begann, feierte kürzlich Platinhochzeit: AMAG/Audi und Swiss-Ski dürfen stolz auf 55 Jahre Partnerschaft zurückblicken. Es ist die längste von Swiss-Ski überhaupt. Um darauf anzustossen und die Verlängerung der Partnerschaft 2027 zu feiern, lud AMAG/Audi Mitte Oktober in die AUDI e-tron energy bar nach Grindelwald. Adolf Ogi war ebenso zugegen wie Ski-Legende und Audi-Ambassador Didier Cuche. Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann brachte seine Freude zum Ausdruck, weiterhin auf das Engagement des treuesten Swiss-Ski-Partners zählen zu dürfen. «In der heutigen Zeit ist das keine Selbstverständlichkeit.» (RHT)

Mit dem ÖV zum halben Preis an den Migros Ski Day Die Anreise zum und die Rückreise vom Migros Ski Day wird ab dieser Saison nicht nur komfortabel, sondern auch kostengünstig. Alle Familien, die sich für einen der Familienskitage von Swiss-Ski und der Hauptsponsorin Migros angemeldet haben, profitieren dank der SBB/RailAway AG und Snowstainability von 50 Prozent Rabatt auf die ÖV-Tickets. So reisen Teilnehmende nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch an den Migros Ski Day. (RHT) www.migros-ski-day.ch


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Dürfen wir dich mal was fragen?

Bild: Keystone

Nadine Fähndrich

«Ich kann mir Zahlen besser merken als Namen - ausser jene von Babys.»

Was war dein bisher grösstes Abenteuer? Ich bin grundsätzlich kein Adrenalin-Junkie. Als ich in Dubai in den Ferien war, traute ich mich jedoch mittels Zipline von einem 170 Meter hohen Haus aus zu einem Flug über die Marina. Ich erlebte so den Jachthafen aus der Vogelperspektive.


Wer war die Heldin oder der Held deiner Kindheit? Meine Eltern. Und meine LieblingsComic-Figur war damals Globi. Wofür konntest du dich als Kind so richtig begeistern? Ich bin generell sehr begeisterungsfähig und habe schon immer sehr gerne verschiedene Sportarten ausgeübt – und sehr viel Sport im Fernsehen geschaut. Ein Highlight war immer, sonntags zusammen mit der Familie das «Sportpanorama» zu schauen. Das war eine Art Ritual. Welche peinliche Geschichte aus deiner Kindheit packen deine Eltern am liebsten aus? Als Kind war ich einmal in St. Moritz mit den Ski unterwegs, kurz nachdem die Alpinen dort ihren Weltcup bestritten hatten. Die Piste war noch extrem eisig. Als ich stoppen wollte, rutschte ich prompt den gesamten Steilhang hinunter. Gefühlt dauerte diese Rutschphase ewig.

Aus welchem Traum wärst du am liebsten nicht mehr aufgewacht? Ich hatte einmal – bevor ich das erste Mal im Weltcup zuoberst auf dem Podest stehen durfte – in einem Traum bei einem Weltcup-Rennen gewonnen. Glücklicherweise wurde dieser Traum später Realität.

Vor welcher Frage würdest du dich in einem Bewerbungsgespräch fürchten? Vor der Frage, welches aus meiner Sicht meine Stärken sind. Ich finde das bis heute schwierig zu beantworten. Das sollen lieber andere tun. Zu welcher Tageszeit sollte man dir besser keine schwierigen Fragen stellen? Früh am Morgen, dann bin ich noch zu wenig wach. Ich bin kein Morgenmensch. Was sind für dich die grössten Modesünden? Irgendwie gibt es das für mich nicht, denn vieles relativiert sich jeweils wieder. Häufig denke ich zunächst, dass man dies oder jenes doch nicht anziehen könne. Wenn es dann aber mehrere Leute tragen und ich mich daran gewöhnt habe, dann wirkt es auf mich plötzlich völlig normal.

Was ist dein grösster Tick? Ich weiss oftmals bei Interviews oder Fotoshootings nicht wohin mit meinen Händen und spiele in gewissen Situationen mit ihnen rum.

Was darf in deinem Kühlschrank nie fehlen? Käse, besonders mag ich Feta und Gruyère.

Womit vertrödelst du zu viel Zeit? Definitiv mit dem Handy, wenn ich auf Instagram durch die verschiedenen Reels scrolle. Ich nerve mich dann jeweils nach einer gewissen Zeit über mich selbst.

Welches Menü gibst du zum Besten, wenn du jemanden beeindrucken willst? Derzeit koche ich häufig Curry-Gerichte, wenn ich Besuch habe. Kürzlich bereitete ich eines mit Kürbis zu – es schmeckte sehr fein.

In was für Situationen jagt es dir den Nuggi raus? Die Intoleranz von Leuten ist etwas, was mich hässig macht. Es nervt mich, wenn Leute über andere urteilen, obwohl es sie selbst gar nicht betrifft.

Wovor drückst du dich im Haushalt am meisten? Vor dem Putzen und Glätten.

Wofür gibst du zu viel Geld aus? Das variiert, momentan für die Pflege meiner Fingernägel.

Worauf legst du beim Buchen eines Hotels den grössten Wert? Für mich muss das Gesamtpaket passen. Wenn ich ein Hotel buche, dann achte ich auf die Bewertungen, den Standort und den Preis.

Nadine Fähndrich

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54 Wo findet man dich in einem Club am ehesten? Ich war schon sehr lange nicht mehr in einem Club. Aber wenn ich wieder einmal einen besuchen würde, dann auf jeden Fall auf der Tanzfläche. Wohin würdest du auswandern, wenn du müsstest? Ich würde nach Sardinien auswandern – und dort eine Gelateria eröffnen. An der Costa Paradiso, im Norden der Insel, verbringe ich eigentlich jedes Jahr Ferienzeit. Welches Zitat würdest du dir am ehesten tätowieren lassen? Irgendein Zitat zum Thema Hoffnung – passend zu meinem Namen. Nadine bedeutet «die Hoffnung». Hast du ein verborgenes Talent? Von einem Talent im engeren Sinn würde ich nicht sprechen, aber ich würde mich als Zahlenmensch bezeichnen. Mathematik liegt mir eigentlich sehr gut, weshalb ich womöglich den Weg in Richtung Buchhalterin eingeschlagen hätte, wenn

ich nicht Profisportlerin geworden wäre. Auch kann ich mir Zahlen besser merken als beispielsweise Namen – ausser jene von Babys. Wann hast du zum letzten Mal etwas zum ersten Mal gemacht? Das ist noch gar nicht so lange her. Ich habe begonnen, Italienisch zu lernen. Mir gefällt die Sprache sehr gut. Ich wollte eine Beschäftigung für den Kopf als Ausgleich zum Sport. Eigentlich bin ich wie erwähnt eher ein Zahlenmensch. Und ich sollte den Fokus zunächst eigentlich eher darauf legen, besser Englisch zu reden. Aber Italienisch gefällt mir einfach besser. Mit wem würdest du gerne für einen Tag das Leben tauschen? Um einmal zu erfahren, wie das Leben als anderes Geschlecht ist: Mit einem Mann, ohne allerdings sagen zu können, mit wem konkret. Was machst du, wenn du den EuromillionsJackpot knackst? Ich würde meinen Liebsten ein Geschenk machen – und mir persönlich möglicherweise eine Ferienwohnung auf Sardinien gönnen.

Schweizer Langlauf-Königin Nadine Fähndrich vom SC Horw avancierte in den vergangenen Jahren zur erfolgreichsten Schweizer Langläuferin der Geschichte. 2021 an den Weltmeisterschaften in Oberstdorf gewann sie zusammen mit Laurien van der Graaff Silber im Teamsprint, an den Olympischen Spielen 2022 in Peking wurde sie im Sprint Fünfte. In der vergangenen Saison siegte die 28-jährige Luzernerin in drei Weltcup-Rennen.

instagram.com/nadinefaehndrich www.nadinefaehndrich.ch

Was willst du in deinem Leben unbedingt noch lernen? Einerseits die italienische Sprache, gerne würde ich aber auch den Barista-Kurs für Fortgeschrittene absolvieren. Jenen für Anfänger habe ich bereits hinter mir – und ich habe mir eine Kolben-Kaffeemaschine gekauft. Worauf freust du dich am meisten nach der Sportkarriere? Darauf, dass ich die permanente Selbstkontrolle in Form von «Wann gehe ich schlafen?», «Habe ich genügend Erholung?», «Welche Nahrung nehme ich zu mir?» ablegen kann. Ausserdem sehne ich mich manchmal nach einem geregelten Alltag, denn momentan ist bei mir jeder Tag anders. Ich kann mir aber vorstellen, dass ich mich wieder nach mehr Abwechslung sehne, sobald ich einen geregelten Alltag habe. Aufgezeichnet: Roman Eberle


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Advertorial

Ski-in, Ski-out im rocksresort in Laax Ferien im rocksresort sind perfekt für alle Schneesport-Fans. Das Resort liegt an der Talstation von Laax, von wo aus die Gondel Sportler und Natursuchende direkt auf den Berg bringt. LAAX ist eines der grössten und beliebtesten Skigebiete der Schweiz und be­ sonders für seine Freestyle-Szene und viel­ fältigen Wintersportmöglichkeiten bekannt. Das Skigebiet bietet nebst 214 Pistenkilometern, 27 Bahnen, 5 Snowparks und der grössten Halfpipe der Welt mit der LAAX School auch eine der besten Ski-und Snowboardschulen schweizweit. Ausserdem hat HotellerieSuis­ se das rocksresort in den Spezialisierungen Biking, Hiking und Snowsports prämiert.

Ein einzigartiges Hotel-Konzept Wer im rocksresort nächtigt, muss auf nichts verzichten. Das einzigartige Konzept des Bündner Ferienresort umfasst 11 Häu­ ser mit Ferienwohnungen verschiedener Grös­ sen und Hotelzimmern, ein Luxuschalet, die «casa mulania», mit luxuriösen Appartements, und das traditionelle Chalet-Hotel «signina» mit gemütlichen Doppelzimmern und eige­ ner Wellnessanlage. Dazu gesellen sich 8 Restaurants, 6 Bars und diverse Läden auf dem Gelände.

Ferien für alle FamilienKonstellationen Ein grosser Vorteil des Resorts ist die Lage gleich an der Talstation Laax – perfekt für ein Ski-in, Ski-out. Das rocksresort unter­ hält auch ein eigenes Kinderprogramm, denn es trägt nicht ohne Grund das Qualitätslabel Swiss Family Hotel. In den Vier-Sterne-Servi­ ced-Apartments mit ein bis vier Schlafzimmern sind alle Familienkonstellationen denkbar,

von Alleinerziehenden bis zu Drei-Genera­ tionen-Ferien. Den höchsten Komfort bieten die persönlich betreuten «rocks suites» in der casa mulania. Hier kümmert sich ein eigener Chalet-Manager schon vor der Anreise um alle Gästewünsche.

reLAAXen nach der Piste Und wo bleibt die Entspannung? Die findet man im Wellness & Spa-Bereich des signinahotels, das ebenfalls im rocksresort liegt. Sauna, Heilkräuter-Massage und ande­ re Wohlfühlbehandlungen erwarten den Gast nach actionreichen Wintersporttagen. Und wer die Annehmlichkeiten des Spas mal nur zu zweit geniessen möchte, nutzt die kostenlose Kinder-Abendbetreuung bis um 21 Uhr.

Verleihen Sie Ihrem Fahrstil den letzten Schliff Feilen Sie zusammen mit einem Top-Instruktor der LAAX School am letzten Schliff Ihres Fahrstils und sparen Sie mit dem «School Deal» bis zu CHF 150.- pro Person. Das Angebot umfasst: • 3 Übernachtungen im rocksresort • Je ein 2-Tageskipass pro Person • 3h Ski-/Snowboardlehrer • Wellness-Eintritt • Endreinigung • Bettwäsche • Kurtaxe

reservation@rocksresort.com +41 81 927 97 97 | rocksresort.com


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Tiski Skiindustrie

Die neuen Ski der Weltmeisterin Kästle hat nach bewegten Zeiten wieder Fuss gefasst im Weltcup. Zum kleinen, aber umso exklusiveren Speed-Team gehört neu auch die Abfahrtsweltmeisterin Jasmine Flury. Da fährt man neun Jahre meist im Schatten Anderer im Weltcup – und plötzlich ist alles anders. Jasmine Flury, die Speed-Spezialistin aus Davos Monstein, tritt im Februar 2023 ins Rampenlicht, als sie in Méribel völlig überraschend Abfahrtsweltmeisterin wird. Zwei Jahre zuvor hatte Flury von Stöckli zu Fischer gewechselt. Dass sie sich nach dem WM-Coup für einen nächsten Transfer zu einem Nischenplayer entschied, war eine weitere Überraschung. Warum ausgerechnet Kästle? Flury sagt, der Auslöser sei Ilka Stuhec gewesen, die in ihrer ersten Saison bei Kästle mit sehr guten Resultaten aufgefallen sei. Das habe sie auf die Marke aufmerksam gemacht.

Die Tatsache, dass sie bei Fischer als einzige Speed-Frau in die neue Saison gestartet wäre, habe ihre Wechselgelüste zusätzlich befeuert. Deshalb habe sie nach dem Weltcup-Finale ihre Fühler in Richtung Vorarlberg ausgestreckt. Seit dem Weltcup-Debüt 2014 hatte Jasmine Flury als rare Highlights zwei Podestplätze erreicht. Als Weltmeisterin stand die 30-Jährige schlagartig im Rampenlicht, was ihr eigentlich eher zuwider ist. Doch bei den Verhandlungen mit Kästle war der neue Status natürlich von Vorteil. Kästle holte für Flury sogar

ihren Servicemann Pierluigi Parravicini ins Team. Der ehemalige Swiss-SkiPool-Servicemann betreut Jasmine Flury nun exklusiv. Auf die Frage, was anders oder besser sei, kann Flury keine Erklärung geben. Sie ist sich bewusst, dass ein Markenwechsel kein Erfolgsgarant ist. Als entscheidenden Faktor sieht sie das Umfeld, das ihr ein Ausrüster bietet. «Schon bei meinem ersten Fabrikbesuch spürte ich eine ganz besondere Atmosphäre in diesem Unternehmen. Alles ist kleiner, familiärer und vertrauter.»

Kästle-CEO Alexander Lotschak. Bild: Markus Beer


Kästle

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Jasmine Flury fährt jetzt auf Kästle ab. Bild: PD


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Kurz nach dem Rücktritt 1990 übergibt Pirmin Zurbriggen dem Kurator des Museums in Saas-Fee einen Kästle-Ski. Bild: Keystone

Mehrere Besitzerwechsel Was ist das für ein Unternehmen, das 1924 von Anton Kästle in Hohenems gegründet wurde und 75 Jahre später abrupt von der Bildfläche verschwand? Kästle gehörte zu den grossen österreichischen Skiproduzenten, in Spitzenzeiten wurden in Hohenems bis zu 400'000 Paar pro Jahr hergestellt. Bereits Ende der Sechzigerjahre übernahm Josef Fischer, der Inhaber des gleichnamigen Konkurrenten, das Unternehmen. Anfang der Neunzigerjahre verkaufte er Kästle an den italienischen Benetton-Konzern, der die Produktion nach Italien verlagerte und in der Folge die Marke einstellte.

2007 kaufte der heutige CEO Alexander Lotschak mit Kollegen und dem Vorarlberger Unternehmer Rudolf Knünz die Markenrechte von Benetton zurück und startete einen Relaunch. Ein Wiedereinstieg in den Rennsport stand nicht im Vordergrund, war aber eine Option im Hinterkopf der neuen Eigentümer. Mit einer ausgewogenen Kollektion aus Alpinski, Langlaufski sowie später auch Touren- und Freeride-Ski fasste die Marke schneller als erwartet wieder Fuss im schrumpfenden Skimarkt, ab 2014 mit erfahrenen Leuten am alten Stammsitz in Hohenems. 2018 wurde der ehemalige tschechische Skirennfahrer Tomas Nemec Mehrheitsaktionär. Sein Portfolio umfasst auch eine Skifabrik in Nove Mesto, die vor allem

für Fremdmarken produzierte. Auch Kästle hatte seine Ski nach dem Comeback bei einem Mitbewerber herstellen lassen. Nun war das nicht mehr nötig. Seit fünf Jahren werden die Kästle-Ski in Tschechien produziert – mit Ausnahme der Weltcup- und Boutique-Modelle, die in Vorarlberg über die Presse laufen. Die jährliche Produktionsgrenze ist mit 100'000 Paar Ski hoch angelegt.

Die Kästle-Legenden Sailer und Zurbriggen Im Rennsport hatte Kästle die Blütezeit mit Toni Sailer in den Fünfziger- und mit Pirmin Zurbriggen in den Achtzigerjahren erlebt. Zurbriggen blieb dem Ausrüster bis zum Karriereende treu. Wie


Kästle

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Olympiasieger 1988: Pirmin Zurbriggen nach einem seiner grössten Triumphe. Bild: Keystone

schon beim Relaunch gingen die neuen Eigentümer auch bei der Rückkehr in den Rennsport mit Bedacht vor. Sie stellten ein Team aus Spezialisten zusammen, die viel Erfahrung mitbrachten. Dazu zählen etwa Rainer Nachbauer, der Leiter Entwicklung und Rennsport, und … Pirmin Zurbriggen. Den Walliser hat Kästle vor zwei Jahren als Markenbotschafter, Berater und Talentscout wieder ins Boot geholt. «Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst», wurde der CEO Alexander Lotschak in der Medienmittteilung zum Engagement der Abfahrtsweltmeisterin zitiert. «Schliesslich tritt Jasmine Flury in die Fussstapfen von Altmeister Pirmin Zurbriggen.» Flury bildet zusammen mit Ilka Stuhec und Ester Ledecka ein

hochkarätiges Speed-Team. Alle drei haben schon mindestens eine Goldmedaille an Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften gewonnen. Insgesamt umfasst das Kästle-Team rund 40 Athletinnen und Athleten, von denen gut zwei Drittel Europacup- und FIS-Rennen fahren oder in den FreestyleDisziplinen unterwegs sind. «Wir können und wollen nicht den ganz grossen Wurf landen, sondern mit unseren bescheidenen Mitteln Schritt für Schritt den Anschluss an die Spitze schaffen», sagt der CEO Lotschak. Dazu gehört solide Nachwuchsarbeit – auch in der Schweiz, wo der Walliser Luca Grichting verpflichtet wurde, um mit Clubs und Leistungszentren zusammenzuarbeiten.

Beim Bündner Madrisa-Nachwuchsrennen ist Kästle Titelsponsor, und dabei soll es nicht bleiben. «Wir bieten unsere Dienste gerne auch Veranstaltern in anderen Regionen an», sagt Lotschak. Und was meint er zur Bündner Weltmeisterin? «Jasmine passt perfekt zu uns.» Gute Voraussetzungen also für ein längerfristiges Engagement. Jasmine Flury kann sich gut vorstellen, mindestens bis zu den Olympischen Winterspielen 2026 zu fahren. Text: Joseph Weibel


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Verband

«Freeskier und FreestyleSnowboarder machen eigentlich genau das Gleiche»

Dominik «JP» Furrer war das junge Oberhaupt von «La Familia», dem Swiss Freeski Team. Jetzt ist er zurück bei Swiss-Ski, um zwei Sportarten näher zusammenzubringen. Das Projekt soll dazu beitragen, dass die Schweiz über die Heim-WM 2025 hinaus auch eine Freestyle-Nation bleibt. Werfen wir doch zuerst einmal ein paar Namen in die Runde: Ryan Regez, Mathilde Gremaud, Noé Roth, Julie Zogg, Andri Ragettli, Fanny Smith, Jan Scherrer, Sarah Hoefflin, Kalle Koblet. Neun Athletinnen und Athleten, die dafür stehen, dass Swiss-Ski derzeit auch in den Sportarten Skicross, Freeski, Aerials und Snowboard eine Erfolgsära erlebt. Neun Namen, und die Liste liesse sich noch um so manchen verlängern. Wie gut, finden in 15 Monaten, vom 17. bis 30. März 2025, die Snowboard- und Ski-Freestyle-Weltmeisterschaften im Engadin statt, in St. Moritz und am Corvatsch. Ein Heimspiel ohne Grenzen? Sacha Giger ist der Direktor all dieser Sportarten bei Swiss-Ski. Er sagt: «Mit dem Ziel Heim-WM vor Augen wollen wir nicht nur alles unternehmen, um im Engadin erfolgreich zu sein. Sondern uns auch so ausrichten, dass wir möglichst viele Kids und Jugendliche für unsere Sportarten gewinnen können und die Erfolgsserie nicht abreisst.» Um das zu erreichen, haben Giger und seine Leute seit dem Olympia-Winter 2021/22, als die Freeskierin Gremaud und der Skicrosser Regez mit Goldmedaillen von den Winterspielen in Peking zurückkehrten, so einiges an den Strukturen verändert. Seit dem 1. Mai 2022 gibt es in Sacha Gigers Bereich zwei neu formierte Sportcluster: «Style» für Snowboard Freestyle, Freeski, Aerials und Moguls. Und «Speed» für Snowboardcross, Skicross und Snowboard Alpin. Der Grundgedanke dahinter: Der Verwandtschaftsgrad und das Synergiepotenzial sind nicht so sehr eine Frage des Schneesportgeräts, also Snowboard oder Ski. Sondern vor allem eine Frage der Anforderungen. Der Freeskier Ragettli

Dominik «JP» Furrer. Bild: Keystone


Park & Pipe

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trainiert viel eher wie der Halfpipe-Snowboarder Scherrer als wie der Skicrosser Regez. Und die Skicrosserin Smith viel eher wie die Alpin-Snowboarderin Zogg als wie die Freeskierin Gremaud.

Vom Skispringer zum Freeskier zum Snowboarder Dieser Logik folgt auch ein Projekt, das Sacha Giger und der Chef Freestyle Christoph Perreten seit dieser Saison vorantreiben: Die Park-&-Pipe-Disziplinen (Slopestyle, Big Air und Halfpipe) und ihre Teams im Snowboard und im Freeski sollen näher zusammenrücken und stärker voneinander profitieren. Anvertraut haben Giger und Perreten das Projekt einem alten Bekannten: Dominik «JP» Furrer. Der 33-jährige Einsiedler war in seiner Jugend Skispringer; es war die Zeit, in der sein Vater Gary Furrer die Sportart als Swiss-Ski-Disziplinenchef führte. Der Junior wandte sich aber bald Schanzen und Stilnoten der anderen Art zu. JP Furrer wurde zu einem Motor der Schweizer Freeski-Szene und zum Oberhaupt von «La Familia», wie sich das Swiss Freeski Team nennt. Bald nachdem Sarah Hoeff lin und Mathilde Gremaud 2018 in Pyeongchang Gold und Silber im olympischen Slopestyle-Contest gewannen, verabschiedete sich der Teammanager und Trainer Furrer. Mittlerweile ist JP Furrer Mitinhaber zweier Crossfit-Center in Einsiedeln und Horgen sowie privater Konditionstrainer einer Gruppe von Athletinnen und Athleten aus verschiedenen Sportarten. Und neuerdings Teilzeit zurück bei Swiss-Ski. Furrer ist wohl der ideale Mann, um die Sportarten Snowboard und Freeski in der Schweiz enger miteinander zu verbinden, ohne sie ihrer Eigenständigkeit zu berauben. Als Crossfit- und Konditionstrainer hat er längst ein sportartenübergreifendes und diverses Umfeld geschaffen. Bei ihm trainieren nicht nur Andri Ragettli, der Freeski-Star, Nicolas Huber. Bild: Keystone


62 das Training ist gleich, die Tricks funktionieren gleich, nur die Achsen, um die sich die Athletinnen und Athleten drehen, sind etwas anders.»

Strebt bald jemand in beidem nach ganz oben? JP Furrer hat schon viel Zeit damit verbracht, in den verschiedenen Teams den Puls zu fühlen. Er hört alle an, von der Elite bis zum Nachwuchs, und stellt fest, dass die Bereitschaft zur Zusammenarbeit gross ist. «An unseren Sportmittelschulen oder in der Spitzensport-RS ist es längst normal, dass Freeskier und Freestyle-Snowboarder zusammen trainieren», sagt Furrer. «Der Nachwuchs sagt mir, wir sollten das weiter oben unbedingt auch machen, der Mehrwert sei immens.» Und weiter oben, da stosse er auf offene Ohren.

Mathilde Gremaud. Bild: Keystone

Sacha Giger sagt: «Snowboard Freestyle und Freeski – das ist Copy-and-paste auf unterschiedlichen Brettern. Fabian Bösch wäre als Freestyle-Snowboarder wohl genauso gut geworden wie als Freeskier – und Jan Scherrer als Halfpipe-Skifahrer wohl genauso gut wie als HalfpipeSnowboarder.» Giger ist überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis jemand in beiden Sparten in Richtung Weltspitze strebt, angelehnt an Ester Ledecka, die Olympiasiegerin im Snowboard Alpin und Ski Alpin.

Furrer mit Christian Siegenthaler. Bild: Instagram

oder Dario Caviezel, einer der weltbesten Alpin-Snowboarder. Sondern auch Christian Siegenthaler, ein Crossfit-Athlet mit einer Beeinträchtigung. Wenn Furrer, dieser Bewegungsfreak und Abenteuersuchende, selber im Schnee unterwegs ist, hat er Latten an den Füssen, mit denen sich entweder langlaufen lässt oder die er nach einem Aufstieg mit Fellen zu einem Splitboard

zusammensetzen kann. «Ich begann vor sieben Jahren zu snowboarden, mittlerweile fahre ich nicht mehr Ski», sagt Furrer. Es ist dieser gemischte Background, der ihm in beiden Szenen tiefes Insiderwissen verschafft hat und höchste Glaubwürdigkeit verleiht. Furrer sagt: «Freeskier und Freestyle-Snowboarder machen eigentlich genau das Gleiche. Sie nutzen dieselben Infrastrukturen,

Giger betont aber auch, dass es immer ein Swiss Snowboard Team und ein Swiss Freeski Team geben werde. Nur schon die weitgehend separaten internationalen Contest-Kalender lassen allfällige Fusionsgedanken verfliegen. «Es geht nicht darum, Teams zusammenzulegen», sagt Giger. «Aber wir wollen unsere Ressourcen optimal nutzen, in der Saisonvorbereitung oder in der sportlichen und medizinischen Betreuung zusammenspannen. Wir sind überzeugt, dass die Athletinnen und Athleten von einem verstärkten Miteinander und einem gemeinsamen Spirit nur profitieren werden.» Text: Philipp Bärtsch


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Tiski

Inklusion funktioniert (auch) im Skisport Die Tessiner Gruppe der blinden und sehbehinderten Sportlerinnen und Sportler (Gruppo ticinese sportivi ciechi e ipovedenti, GTSC) entstand 1975/76 dank dem Unternehmergeist und der Leidenschaft ihrer beiden Initianten Elio Medici und Rino Bernasconi. Die beiden Freunde wandten sich an Giorgio Piazzini, den damaligen Leiter der Schweizer Skischule Cardada und erzählten ihm von ihrem Wunsch, trotz ihrer Erblindung die verschneiten Pisten auf Skiern zu bezwingen. Ein scheinbar unmögliches Unterfangen für Menschen, die wie Elio Medici und Rino Bernasconi über keine eigene Sehkraft mehr verfügen.

Wie konnte man diesen Wunsch dennoch erfüllen? Mithilfe von Bruno Rainelli, damals Skilehrer im Gebiet CardadaCimetta und von Haus aus Funktechniker, fand die Gruppe einen praktikablen und vor allem zuverlässigen Weg: Es sollte zu zweit mit einem ständig eingeschalteten Funkgerät Ski gefahren werden. «Die blinde Person», erklärt Giulio Clerici, amtierender Präsident der GTSC, «fährt vor einem Begleitfahrer oder einer Begleitfahrerin (Guide), der oder die der Spur der blinden Person folgt und ihr über Funk einfache Anweisungen gibt. So kann sie oder er die Abfahrt in völliger Sicherheit bewältigen.» Zum Abbiegen wird «rechts»

oder «links» verwendet, was je nach Tonfall eine mehr oder weniger scharfe Kurve anzeigt; zum Anhalten wird «Halt» gerufen, während man mit «frei» angibt, dass die Piste frei von Hindernissen ist.

Vom Skisport- zum Multisportverein Gegründet wurde der Verein mit dem Ziel, blinden und sehbehinderten Menschen zu den Freuden des Skifahrens und Langlaufens zu verhelfen. Mit den Jahren wurde der Verein immer grösser. Heute umfasst er eine Vielzahl von Sportarten: von Wandern über Schwimmen, Wasserski und Gymnastik bis zu Tandem-Velofahren. Wer aber könnte seine erste Liebe je vergessen? «Von all unseren Sportarten ist das Skifahren sicherlich eine derjenigen, die uns am meisten Freiheit schenken. Der Guide leiht uns zwar seine Sehkraft, aber die blinde Person bestimmt die Geschwindigkeit und das Tempo. Obwohl viele es zunächst für unmöglich halten: Skifahren ist durchaus ein Sport für Blinde und Sehbehinderte.» Spass, Freundschaft, Austausch, Sicherheit, Vertrauen und persönliche Entwicklung: Diese Begriffe sind für die GTSC, die heute über siebzig blinde beziehungsweise sehbehinderte Athletinnen und Athleten zählt, von grosser Bedeutung. Die Mitglieder stammen nicht nur aus dem Tessin, sondern auch aus der übrigen Schweiz und aus Italien. Dazu kommen rund 20 speziell ausgebildete Skilehrerinnen und Skilehrer.


SCI Svizzera Italiana

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Wenn es ein Wort gibt, das dem Club und seinem Präsidenten besonders am Herzen liegt, dann ist es «Inklusion». «Das bedeutet für uns in erster Linie, dass es keinen Unterschied zwischen Guides und Blinden sowie zwischen uns und anderen Personen auf der Piste gibt», sagt Giulio Clerici. «Unsere Skifahrerinnen und Skifahrer tragen zum Beispiel keine farbigen Leibchen, um sich in der Menge sichtbar zu machen und sich so quasi als Gefahr zu erkennen zu geben. Ausserdem sind wir, wie jeder andere Skiclub auch, Mitglied von TiSki und SwissSki, und zwar schon seit 1985. Das erfüllt uns mit Freude und grossem Stolz.» Die Inklusion kommt auch im GTSCLogo perfekt zum Ausdruck. Die äussere Form ist ein gleichseitiges Dreieck, in dem jede Seite denselben Stellenwert hat. Die beiden identischen S stehen für ein Paar, das zusammen Ski fährt und synchrone Spuren im Schnee hinterlässt, während Gelb und Schwarz die letzten Farben sind, die Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung noch wahrnehmen können. «Diese drei Elemente fassen perfekt zusammen, wer wir sind, was unsere Philosophie ist und dass wir Inklusion durch Sport als Botschaft vermitteln wollen», sagt der Präsident Giulio Clerici.

Grundsätzlich sind Guides hervorragende Skifahrerinnen und Skifahrer. Sie müssen in der Lage sein, blinde oder sehbehinderte Personen auch bei ungünstigen Wetterverhältnissen sicher zu begleiten. Jedes Paar muss ein solides Vertrauensverhältnis aufbauen, da die blinde oder sehbehinderte Person sich vollständig auf den Guide verlässt. Das bedeutet jedoch nicht, dass Paare ein für alle Mal feststehen. «Tatsächlich hat niemand immer den gleichen Guide. In unserem Club fährt jeder mit jedem», sagt Clerici.

 Wie wird man ein solcher Guide? Die GTSC bildet ihre Guides intern aus; eine Anerkennung als J+S-Leiterin oder -Leiter ist daher nicht unbedingt erforderlich. Die Ausbildung dauert insgesamt ein Jahr und umfasst sowohl theoretische als auch praktische Kurse auf der Piste. Angehende Guides lernen, indem sie erfahrenen und bereits ausgebildeten Guides im Schnee folgen. Am Ende dieses Prozesses bewertet ein Fachausschuss die Kandidatinnen und Kandidaten und legt fest, ob sie die Ausbildung erfolgreich bestanden haben.

Bis nach Japan und in die Rocky Mountains

 Die GTSC hat schon immer neue Horizonte erkundet. «Dank Veranstaltungen wie Interski sind wir bis nach Japan und in die Rocky Mountains gereist», sagt Clerici. «Wir wollen auch in Zukunft Neues entdecken, blinden und sehbehinderten Menschen den Sport näherbringen und neue Guides ausbilden. Wir wollen eine Anlaufstelle sein und die Botschaft verbreiten, dass eine Behinderung im Sport keine Einschränkung darstellt. Grenzen lassen sich nämlich überwinden.» In etwas mehr als zwei Jahren hebt sich der Vorhang für die Olympischen und Paralympischen Winterspiele in Mailand und Cortina d'A mpezzo. Ein Ereignis, das auch von der GTSC mit Spannung erwartet wird. Sie möchte es gerne direkt miterleben. «Unser Traum ist, zu unserem 50-Jahr-Jubiläum in Mailand und Cortina präsent zu sein, um auf uns und unsere Philosophie im Zeichen der Inklusion aufmerksam zu machen.»

 Text: Nicolò Manna


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Carte blanche Es braucht viel Energie und Durchhaltevermögen, um den Wandel im Sport aktiv voranzutreiben und zu beschleunigen. Und es braucht den Glauben daran, dass wir die Welt verändern können. Nicht allein, aber gemeinsam. Blosse Lippenbekenntnisse bringen den Sport nicht weiter, Taten statt Worte sind gefordert.

Marlen Marconi

Ethik, Nachhaltigkeit, Diversität – warum das auch für Swiss-Ski wichtige Themen sind Die Gesellschaft befindet sich in einem stetigen Wandel. Der Sport als Teil der Gesellschaft wandelt sich entsprechend, manchmal schneller, meistens langsamer. In Themen wie Ethik, Nachhaltigkeit oder Diversität hinkt der Sport hinterher.

Im Bereich Ethik hat sich im Schweizer Sport namentlich seit den sogenannten «Magglingen-Protokollen», die im Jahr 2020 breite Bevölkerungskreise aufgeschreckt haben, vieles bewegt. Es wurden unter anderem Rahmenbedingungen geschaffen, um Verstösse in Bezug auf ethisches Verhalten und Missstände melden und sanktionieren zu können. Diese Veränderungen sind wichtig, können aber auch verunsichern. Was früher gang und gäbe war, ist es heute vielleicht nicht mehr. Damit die Handlungsgrundsätze des ethischen Verhaltens im Schweizer Sport bei uns im Schneesport (vor-)gelebt werden können, wünsche ich mir vor allem Reflexion und Dialog. Verhaltensmuster können hinterfragt und neu ausgerichtet werden, indem sich jede und jeder mit dem eigenen Verhalten auseinandersetzt und indem ethische Themen besprechbar gemacht werden. Dies sind wichtige Schritte hin zu einem wertvolleren Sport. Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Gesellschaft so präsent wie noch nie. Vor allem die ökologischen Aspekte und damit die Auswirkungen des Klimawandels betreffen den Schneesport immer stärker. Die Nullgradgrenze steigt an und schneearme Winter nehmen zu. Um die Herausforderungen des Klimawandels für den Schneesport meistern zu können, wünsche

Marlen Marconi, 41, arbeitet seit Anfang 2021 als Leiterin Strategische Projekte bei Swiss-Ski und verantwortet unter anderem die Bereiche Ethik und Nachhaltigkeit. Die Davoserin studierte Sportwissenschaft an der Universität Bern und doktorierte 2013 zum Thema Identifikation und Entwicklung von Talenten im Sport.

ich mir mehr (Eigen-)Verantwortung und Weitsicht. Die CO2-Emmissionen sind zwingend massiv zu senken, um die Erwärmung noch abbremsen zu können. Wir alle müssen diesbezüglich unsere Hausaufgaben machen und können einen Beitrag leisten. Im Schneesport sollten die Diskussionen nun aber einen Schritt weitergehen. Es braucht eine Vision, wie der Schneesport in den nächsten zehn, zwanzig Jahren aussehen soll und welche Weichen heute gestellt werden müssen, damit wir auch künftig unsere Leidenschaft ausüben können. Jetzt können wir noch agieren, irgendwann nur noch reagieren. In verschiedenen Bereichen der Gesellschaft wie zum Beispiel in der Politik oder in der Wirtschaft konnten in den letzten Jahren Fortschritte in Bezug auf die Gleichstellung von Männern und Frauen erreicht werden. Im (Schnee-)Sport ist der Anteil von Frauen in Entscheidungsfunktionen oder von Trainerinnen weiterhin sehr tief – zu tief. Ist das ein Problem? Aus meiner Sicht schon. Die Antwort geht jedoch über die Geschlechterfrage hinaus. Diversität bringt viele positive Aspekte mit sich. In diversen Teams können innovativere und kreativere Lösungen gefunden werden, das Teamgefühl kann gestärkt und Toleranz gefördert werden. Diversität kann ihre positiven Seiten aber nur ausspielen, wenn jeder und jede so sein kann, wie er oder sie ist. Die Vielfalt an Erfahrungen, Kompetenzen, Sichtweisen und Denkansätzen bringt den Mehrwert, nicht das Geschlecht, die Hautfarbe oder das Alter per se. Für uns alle wünsche ich mir mehr Mut, um diese Vielfalt zuzulassen. Und allen Frauen den Mut, den Schritt in eine Führungsfunktion oder in die Rolle der Trainerin zu wagen. Das Leben ist kein Wunschkonzert, ich weiss. Nichtsdestotrotz brauchen wir den Wandel im Sport und sollten ihn aktiv angehen. Daher wünsche ich mir vor allem, dass es nicht bei Wünschen bleibt, sondern dass wir gemeinsam den (Schnee-) Sport tatsächlich weiterentwickeln.


MONTANA UND SWISS-SKI setzen Zusammenarbeit langfristig fort

S

wiss-Ski setzt bei der Ski- und Snow-

nisse der Athletinnen und Athleten für den

board-Aufbereitung langfristig auf das

Weltcup abgestimmt.

grosse Know-how von MONTANA SPORT INTERNATIONAL AG. Durch die erneuerte

«Wir sind äusserst erfreut, dass wir die

Vereinbarung bleibt Montana bis mindestens

Zusammenarbeit mit MONTANA SPORT

2031 Official Supplier von Swiss-Ski.

INTERNATIONAL AG mindestens acht Jahre weiterführen können. Die langfristige Natur

Als ein weltweiter Technologieführer rüstet

dieser Partnerschaft ermöglicht es uns, das

Montana Skiservice-Betriebe für die opti-

Fachwissen von Montana optimal zu nutzen

male Betreuung von Schneesportlerinnen

und gemeinsam innovative Kompetenzen auf-

und Schneesportlern aus. Seit 2018 unter-

zubauen. Dadurch werden wir in der Lage sein,

stützt das Unternehmen aus Stans Swiss-Ski

die Prozesse in Bezug auf Belag, Kanten, Schnee

Daniel Züger,

bei der Aufbereitung von Ski und Snow-

und Wachs noch besser abzustimmen», sagte

Leiter Technologiecenter Swiss-Ski

boards während ganzjähriger Materialtests,

Walter Reusser, CEO Sport von Swiss-Ski.

wodurch die besten Belagsstrukturen für die

Maschinen. Dadurch verschaffen wir uns einen

verschiedenen Schneeverhältnisse entwickelt

Daniel Züger, Leiter des Technologiecenters

Wettbewerbsvorteil für unsere Athletinnen

werden können. In enger Zusammenarbeit mit

von Swiss-Ski, fügt hinzu: «In enger Zusammen-

und Athleten. Entsprechend freuen wir uns

den Serviceleuten werden auch das Tuning und

arbeit mit Montana verfolgen wir Pläne zur

sehr auf die langfristige Zusammenarbeit mit

die Seitenkanten individuell auf die Bedürf-

Entwicklung innovativer Technologien und

MONTANA SPORT INTERNATIONAL AG.»

MONTANA SPORT INTERNATIONAL AG · 6370 Stans · Switzerland · montana-international.com

v.l.n.r. Daniel Züger, Leiter Technologiecenter Swiss-Ski | Walter Reusser, CEO Sport Swiss-Ski Martha A. Poletti, CEO Montana | Kaspar Keiser, Stv. CEO und Leitung Technik Montana


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