Französische Farbenspiele

Von Bastian Strobl
Gepunktet, Grün, Gelb, Weiß: Wer bestimmt die Farbenspiele der Tour de France 2011
© Getty
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Gepunktetes Trikot: Die Bergwertung

Col du Tourmalet, Luz-Ardiden, Col du Galibier, L'Alpe d'Huez. Selten war eine Tour de France derart gespickt mit Highlights wie in diesem Jahr. Wie bei den Sprintern gibt es auch bei den Bergziegen einige Änderungen im Reglement. Bei Anstiegen der 4. Kategorie bekommt nur noch der Erste einen Punkt (bisher drei), bei der 3. Kategorie der Erste zwei (bisher vier) und der Zweite einen. Auch bei der zweiten (fünf statt zehn Punkte) und ersten Kategorie (zehn statt 15) gibt es für die Fahrer neuerdings weniger zu holen. Einzig bei der "hors categorie" gibt es weiterhin 20 Punkte für den Gewinner, auch wenn nur noch an sechs statt der bisherigen zehn Fahrer Punkte vergeben werden. Es ist also nicht mehr so leicht wie in der Vergangenheit, durch lange Fluchten viele Punkte zu hamstern.

Doch nicht nur die Vergabe wurde angepasst, auch die Regel der doppelten Punkte beim letzten Berg einer Etappe wurde geändert. Eine Verdopplung gibt es nur noch bei den vier Bergankünften, was wiederum den Favoriten in die Karten spielen wird. Denn es müsste schon mit dem Teufel zu gehen, wenn Contador, Schleck und Co. bei den Bergankünften nicht um den Tagessieg kämpfen. Daneben gibt es aber noch andere Fahrer, denen das rot-weiß Gepunktete zuzutrauen ist. SPOX nennt die Namen und sagt, warum sie zum Bergkönig werden können.

Fränk Schleck (31, LUX / Leopard-Trek): Der große Bruder

Gestatten, der luxemburgische Straßenmeister. Doch Fränk ist damit natürlich noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Auch wenn er in der Gesamtwertung vermutlich seinem Bruder Andy den Vortritt lassen muss, so darf er alleine wegen seiner Rolle als Edelhelfer mit einem Auge auf das Bergtrikot schielen.

An der Seite seines Bruders soll und wird er viele Bergpässe als einer der Ersten überfahren und sich damit zwangsweise Punkte sichern. Selbst wenn er bei den Bergankünften in den entscheidenden Momenten seinem Bruder und Contador nicht folgen kann, wird er noch das eine oder andere Pünktchen abgreifen.

SPOX-Prognose: Auch wenn das Bergtrikot nicht das erste Ziel der neuen Radsport-Weltauswahl Leopard Trek sein wird, so könnte Fränk alleine durch seine Rolle im Team in den Kampf um das Gepunktete einsteigen. Und damit vielleicht den Schleck'schen Doppelerfolg perfekt machen.

 

Christian Horner (39, USA / RadioShack): Der Routinier

Je oller desto doller! So könnte man die Karriere von Christian Horner bezeichnen. Mit geschlagenen 39 Jahren auf dem Buckel hat der Amerikaner in dieser Saison seinen größten Erfolg eingeheimst: Den Sieg bei der Kalifornien-Rundfahrt. Vor allem seine Leistung bei der Bergankunft in San Jose, die er gewann, war mehr als beeindruckend.

Als Teil der RadioShack-Viererspitze (zusammen mit Klöden, Leipheimer und Brajkovic) könnte er also nicht nur in der Gesamtwertung, sondern insbesondere im Kampf um das Bergtrikot der lachende Dritte oder in diesem Fall eher der lachende Vierte sein.

SPOX-Prognose: Teamwertung, Gesamtklassement oder eben Bergwertung: Die RadioShack-Allianz wird ihre Finger bis auf die Sprintwertung überall im Spiel haben. Während seine drei starken Teamkollegen den Blick vermutlich vor allem auf die Gesamtwertung werfen, könnte sich Horner ein Duell mit dem älteren Schleck um das Maillot a pois liefern.

John Gadret (32, FRA / AG2R): Das französische Ass

Traditionell ist beim Rennen um den Bergkönig auch immer ein aussichtsreicher Kandidat aus Frankreich dabei. Nachdem zu Beginn des Jahrtausends Richard Virenque die Wertung dominierte, könnte in diesem Jahr die Stunde von Gadret schlagen.

Ein bisschen wie Phoenix aus der Asche kam der 32-Jährige in diesem Jahr ins Rampenlicht, vor allem durch seinen vierten Platz beim Giro d'Italia. Allerdings wurden im Anschluss auch Stimmen laut, die sich diese Leistungsexplosion nur mit unlauteren Mitteln erklären konnten. Die größte Frage wird aber ohnehin sein, ob Gadret die Giro-Form konservieren kann.

SPOX-Prognose: Wenn Gadret mit der Giro-Form zur Tour kommt, könnte er sogar eine Top-Platzierung in der Gesamtwertung anstreben. Vermutlich wird er sich aber auf Ausreißergruppen und die Bergankünfte konzentrieren. Das Bergtrikot ist für einen Mann mit seinen Fähigkeiten also auf jeden Fall machbar.

 

Jurgen van den Broeck (28 , BEL / Omega): Die Überraschung 2010

Der Überraschungsfünfte des letzten Jahres ist mittlerweile kein Unbekannter mehr. Das merkt man schon daran, dass van den Broeck unter anderem von Contador und Schleck als Konkurrent äußerst ernst genommen wird. Auch sportlich gesehen lief es zuletzt rund: Die Dauphine Libere schloss der Schlaks mit einem Etappensieg und dem vierten Gesamtrang ab.

Das Bergtrikot wäre für den Belgier dennoch wohl nur ein kleiner Trost. Als verbesserter Kletterer und hervorragender Zeitfahrer (Junioren-Zeitfahrweltmeister) bringt er das Gesamtpaket mit, um auch in diesem Jahr wieder unter die Top fünf zu fahren. An seiner Seite hat van den Broeck zudem noch den derzeit vermutlich besten Klassikerfahrer Philippe Gilbert.

SPOX-Prognose: Eigentlich spricht alles für eine Top-Platzierung in der Gesamtwertung. Sollte sich van den Broeck allerdings zu früh zu viel Rückstand einhandeln, wird er alles auf die Bergwertung setzen.

 

Roman Kreuziger (25, CZE / Astana): Der Wino-Adjutant

Während van den Broeck in seiner Mannschaft klar der Kapitän ist, hat Kreuziger eine andere Situation vor der Nase: Bei seinem neuen Team Astana tanzt alles nach der Pfeife von Alexander Winokourow. Bedeutet also: Kreuziger wird bei der Tour zum kasachischen Adjutanten-Dienst abkommandiert. Und das als immerhin Sechster des diesjährigen Giro.

Dadurch ist er jedoch in derselben Situation wie Fränk Schleck: Als Edelhelfer und guter Kletterer wird er oftmals mit der Top-Gruppe über den Berg kommen und gehört dank der neuen Regelen damit automatisch zum Favoritenkreis für das rot-weiß Gepunktete.

SPOX-Prognose: Von den Fähigkeiten her könnte Kreuziger im Bergtrikot nach Paris fahren. Vermutlich bleibt für ihn jedoch auch dank der Team-Konstellation nur der lang ersehnte Tour-Etappensieg. Aber wer weiß schon, was passiert, wenn Wino wirklich mal schwächelt?

Ranking Gesamtwertung: Alle gegen Contador

Ranking Sprintwertung: Cavendish in Grün nach Paris?