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Microsoft Word - COVER_1.docx Karlsruher COOLTURFÜHRER für Kinder und Jugendliche Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 1 Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! Ein Projekt der Literarischen Gesellschaft e.V. und des Deutschen Kinderschutzbundes OV Stadt und Landkreis Karlsruhe e.V. in Kooperation mit der Klasse 7c des Max-Planck-Gymnasiums Karlsruhe Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 2 Hrsg. von Adina-Monica Trinca im Auftrag der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe e.V. / Museum für Literatur am Oberrhein und Renate Gissel im Auftrag des Deutschen Kinderschutzbundes OV Stadt und Landkreis Karlsruhe e.V. Redaktion Adina-Monica Trinca, Cornelia Bekendorf und Renate Gissel Gestaltung Adina-Monica Trinca Druck Rathausdruckerei © 2014 Literarische Gesellschaft Karlsruhe e.V. Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10, 76133 Karlsruhe www.literaturmuseum.de Deutscher Kinderschutzbund OV Stadt und Landkreis Karlsruhe e.V. Kaiserallee 109, 76185 Karlsruhe www.kinderschutzbund-karlsruhe.de Projekt und Publikation mit freundlicher Unterstützung des Kulturbüros der Stadt Karlsruhe und der Kulturstiftung der Sparkasse Karlsruhe. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 3 Vorwort Die Stadt Karlsruhe hat eine lebendige und engagierte Kulturszene, die mit einer beachtlichen Menge an Angeboten für Kinder und Jugendliche, Kindergärten und Schulklassen aufwarten kann. Museen, Theater, Kunst- und Kulturvereine, Kinos, Bibliotheken und Zoo ziehen mit ihren Programmen jährlich zahlreiche junge Besucher an. Alle zwei Jahre setzen sich diese Karlsruher Kulturschaffenden zusammen – insgesamt über 40 Institutionen – und gestalten bei KiX + JuX, dem Festival der Kinder und Jugendlichen des Kulturbüros und Stadtjugendausschusses, ein buntes Ferienprogramm unter dem Motto „Workshops, Spaß und Unterhaltung“. „What’s up in Karlsruhe“ hieß der Workshop der Literarischen Gesellschaft und des Deutschen Kinderschutzbundes bei KiX 2013, bei dem Kinder ihre Kulturhighlights vorstellen konnten. Daraus entstand die Idee, einen spannenden und informativen von Kindern und Jugendlichen erstellten Kulturführer zu gestalten, der euch – und euren Eltern – über viele Jahre hinweg als Wegweiser durch die Vielfalt der kulturellen Angebote in Karlsruhe dient und viele Ideen für eure Freizeitgestaltung bereit hält. Ein schulischer Kooperationspartner für unser Projekt war mit dem Rüppurrer Max-Planck-Gymnasium schnell gefunden. Frau Cornelia Bekendorf konnte die Klasse 7c für die Idee begeistern, so dass sich im Frühling dieses Jahres achtundzwanzig motivierte junge Menschen aufmachten, fünfzehn Karlsruher Kulturorte eingehend zu erkunden. Natürlich gibt es in Karlsruhe noch sehr viel mehr interessante Kulturorte zu entdecken. Warum wurden also gerade diese ausgewählt? Nun, zum einen entspricht die Auswahl den Präferenzen der Klasse, der zu Beginn des Projektes die breite Palette der Karlsruher Kulturlandschaft kurz vorgestellt wurde, darunter sowohl den Schülerinnen und Schülern bekannte als auch noch unbekannte Angebote. Auch Anzahl der Teilnehmenden und nicht zuletzt der zeitliche Rahmen und die zur Verfügung stehenden Mittel setzten uns gewisse Grenzen. Interviews mit Verantwortlichen an den Kulturorten, Führungen und spannende Einblicke hinter die Kulissen, Internetrecherche und aufmerksames Lesen des umfangreichen Infomaterials bildeten die Grundlage für das Verfassen der Texte. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 4 Eine Vielzahl an Eindrücken und Informationen waren zu sondieren – wahrlich keine leichte Aufgabe! Natürlich flossen auch eigene Erfahrungen und Vorlieben mit ein, denn die „persönliche Note“ kommt in diesem Kulturführer nicht zu kurz. Wie das Ergebnis ausfallen sollte, war klar: Spannende, informative Texte mussten geschrieben, witzige Erlebnisse geschildert werden, die Interesse und Neugier der Leserinnen und Leser am Entdecken, Erkunden und Erforschen wecken sollten. Kurz: Texte, die ganz einfach Lust auf Kultur machen! Einfach? Keineswegs. Es wurde diskutiert und beraten, Formulierungen gefunden und verworfen, neu angesetzt, geschrieben, gekürzt und umgestellt, formatiert, bebildert und illustriert. Mit viel Engagement und Herzblut aller Beteiligten wurde dieser Kulturführer erarbeitet, der erstmals aus Sicht der Kinder und Jugendlichen einen Ausschnitt der vielfältigen Karlsruher Kulturangebote für junge Menschen präsentiert. Unser besonderer Dank gilt dem Kulturbüro der Stadt Karlsruhe und der Kulturstiftung der Sparkasse Karlsruhe für die Bereitstellung von finanziellen Mitteln. Dank den hier vorgestellten Institutionen, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich viel Zeit für unser Projekt genommen haben. Ausdrücklichen Dank an Frau Cornelia Bekendorf, die maßgeblichen Anteil am Gelingen dieses Projektes hat, an Frau Sabine Bentrop und die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe – besonders Selina Fucker und Sonja Gerst –, die die Siebtklässler verantwortungsvoll und umsichtig zu den Kulturorten begleitet, bei der Textarbeit und im Umgang mit dem Computer unterstützt haben, und ebenso an Herrn Karl Heinz Arheidt, der sich mit den Schülerinnen und Schülern der Illustration der vorliegenden Broschüre gewidmet hat. Dank auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinderschutzbundes, die als Begleitpersonen mitgewirkt haben und schließlich besonderer Dank an Herrn Prof. Dr. Hansgeorg Schmidt-Bergmann, geschäftsführender Vorstandsvorsitzender der Literarischen Gesellschaft und Leiter des Museums für Literatur am Oberrhein, und Frau Rosel Schumacher-Schlüter, 1. Vorsitzende des Deutschen Kinderschutzbundes OV Stadt und Landkreis Karlsruhe e.V. Und nun viel Spaß beim Erkunden der Karlsruher Kulturorte! Adina-Monica Trinca, Renate Gissel Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 Badisches Landesmuseum Karlsruhe 7 Museum für Literatur am Oberrhein 10 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Junge Kunsthalle 12 Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe 16 Stadtmuseum Karlsruhe 19 Städtische Galerie Karlsruhe 22 ZKM I Zentrum für Kunst und Medientechnologie 26 Kinder- und Jugendbibliothek 29 Junges Staatstheater Karlsruhe in der Insel 33 marotte Figurentheater 36 Sandkorn-Theater 38 Filmtheater Schauburg 42 jubez Karlsruhe 45 KOHI Kulturraum e.V. 47 Zoologischer Stadtgarten Karlsruhe 49 Bildnachweis 52 Kulturorte Stadtplan 54 Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 6 Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 7 BADISCHES LANDESMUSEUM KARLSRUHE Karl träumte von einem Schloss, von dem fächerförmig Strahlen abgehen und von dem aus er seine gesamte Stadt (Karlsruhe), die nach ihm benannt wurde, überblicken konnte. Allerdings wusste Karl zu dieser Zeit noch nicht, dass sein prächtiges Schloss im Ersten Weltkrieg zerstört und später wieder neu aufgebaut werden würde. Auch heute sind das Schloss und der Schlosspark sehr attraktiv. Natürlich wohnt heute niemand mehr im Karlsruher Schloss. Das Badische Landesmuseum ist jetzt darin und da gibt’s für Kinder und Jugendliche eine Menge zu entdecken! Der Stadt- und Schlossgründer Markgraf Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach Angebote für Kinder und Jugendliche Kinder- und Familienführungen An jedem ersten Freitag im Monat führen euch geschulte Kinderführer durch die Abteilungen Schloss und Hof. Jeden dritten Monat gibt es interaktive Familienführungen durch alle Sammlungen des Schlosses. Geocaching Jederzeit könnt ihr mit eurer Familie oder euren Freunden und einem GPS- Gerät auf Schatzsuche rund um’s Karlsruher Schloss gehen. Kindergeburtstage im Schloss Begebt euch auf die Spuren der Steinzeitmenschen oder Römer, habt Spaß im Land der Pharaonen, erkundet die Welt der alten Griechen oder probiert aus, wie es sich anfühlt, die Kleider früherer Zeiten zu tragen und die Vergangenheit lebendig werden zu lassen. Es macht sehr viel Spaß! In den Ferien Die Ferienangebote finden immer vormittags statt. Sie haben ein bestimmtes Thema und am Ende gibt es ein Fest für alle Teilnehmer. Sonderveranstaltungen und Feste Natürlich gibt es noch mehr Feste im Museum, zum Beispiel die Museums- nacht und den Museumstag. Am Museumstag ist der Eintritt sogar frei! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 8 Für Kinder von 6 bis 12 Jahren Museumsgespräche: Sucht euch zuerst ein Thema aus, wie z.B.: „Die Steinzeit erleben“, „Reise ins Land der Pyramiden“, „Auf den Spuren der Römer am Oberrhein“, „Die türkische Schatzkammer“, „Von Rittern, Händlern, Bauern – So lebten die Menschen im Mittelalter“, „Prinzen und Prinzessinnen – Kindheit am Badischen Hofe“ oder „Auf Großmutters Spuren“. In den Museumsgesprächen erfahrt ihr etwas über euer Thema und danach könnt ihr je nach Lust und Laune noch basteln oder experimentieren. Für Jugendliche Kinderführer (ab 12 Jahren): Wart ihr schon einmal in einem Museum und habt eine Führung gemacht und dabei gedacht: So etwas würde ich auch gerne einmal machen? Kein Problem! Im Badischen Landesmuseum könnt ihr selbst Kinderführer werden. Geht doch einfach hin und probiert es aus. Ihr bekommt eine Mappe und macht eine Schulung. Und schon seid ihr Kinderführer. Ihr könnt dann Führungen in den Abteilungen Schloss und Hof und Absolutismus und der Kunst- und Wunderkammer machen. Jugendclub (ab 15 Jahren): Ihr wolltet schon immer einmal selbst bei einer Sonderausstellung mitarbeiten oder einem Restaurator über die Schulter blicken und nette Leute treffen? Dann seid ihr im Jugendclub des Badischen Landesmuseums genau richtig! Tritt ein und reise mit! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 9 Unser Highlight Eines der kostbarsten Ausstellungsstücke ist die Großherzoglich Badische Krone. Wenn man hört, aus was sie gefertigt ist, kann man kaum glauben, dass sie so wertvoll sein soll. Sie ist aus Pappmaché und Silberblech! Ja wirklich, aus Pappmaché! Es ist aber das Drumherum, das sie so wertvoll macht, denn es sind ganz viele kleine Diamanten und Edelsteine daran befestigt. Die Großherzoglich Badische Krone Da sie so wertvoll ist, wird sie in einer speziell gesicherten Vitrine aufbewahrt. Text: Lea Gondorf und Felix Prolingheuer INFO Badisches Landesmuseum Karlsruhe Schlossbezirk 10, 76131 Karlsruhe Tel.: 0721 9266514, www.landesmuseum.de Öffnungszeiten Dienstag bis Donnerstag 10-17 Uhr, Freitag bis Sonntag, Feiertage 10-18 Uhr Montag geschlossen Eintritt Erwachsene 4 €, ermäßigt 3 €, Schüler 0,50 €, Jahreskarte 30 € Freitag von 14 bis 18 Uhr ist der Eintritt frei Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 10 MUSEUM FÜR LITERATUR AM OBERRHEIN Wenn du die Karlstraße entlangläufst, triffst du gleich hinter dem Europaplatz auf ein großes, prachtvolles Gebäude mit schön verzierten Torbögen. Dies ist das Prinz-Max-Palais. Wenn du dann durch den Torbogen trittst in den edlen und prächtigen Eingangsbereich, musst du nur noch ein paar Treppen hochlaufen in den zweiten Stock und schon stehst du im Museum für Literatur am Oberrhein. Das Museum wurde schon 1926 vom Scheffelbund gegründet, benannt nach dem berühmten Karlsruher Dichter Joseph Victor von Scheffel. Der Scheffelbund nennt sich heute Literarische Gesellschaft und die verleiht den Scheffel-Preis für besonders gute Leistungen der Abiturienten im Fach Deutsch. Um diesen wichtigen Preis zu bekommen, musst du dich aber richtig anstrengen! Wer Joseph Victor von Scheffel war, erfährst du in der Dauerausstellung des Museums. Die Dauerausstellung erkundest du am besten mit einer Audioführung. Die gibt es auch extra für Kinder. Du wirst seltene Erstausgaben von Dichtern und Autoren des ganzen Oberrheingebietes, Handschriften und besondere alte Briefe, z.B. von Goethe an Schiller, entdecken. Die Dauerausstellung des Museums Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 11 Angebote für Kinder und Jugendliche Du kannst Schreibworkshops besuchen, in denen du von bekannten Autoren und Autorinnen lernst, wie man Poetry Slam Texte, Gedichte, Kurzgeschichten und Erzählungen verfasst. Deine Freunde, Eltern, Lehrer usw. können zur Präsentation kommen, bei der alle ihre Texte dem Publikum vortragen. Meistens werden die Texte danach in einer Broschüre veröffentlicht und so kannst du deine erste Publikation in den Händen halten! Außerdem kannst du dich bei einer Führung auf die Spuren berühmter Karlsruher Dichter begeben und sehen, wo diese gewohnt und geschrieben haben. So beispielsweise Johann Peter Hebel, der erst Schüler, später Lehrer und dann Rektor am Bismarck-Gymnasium war. Für Schulklassen Ihr könnt Seminare und Vorträge besuchen, bei denen ihr unterschied- liche Literaturepochen, bedeutende Dichter und Dichterinnen und deren Werke kennen lernt. Unser Highlight Am besten hat uns gefallen, so viele alte Schriftstücke zu sehen. Es war spannend, zu sehen, wie Bücher früher aussahen. Sie waren aufwändig verziert und teilweise mit Hand geschrieben. Mönche schrieben ungefähr drei Jahre an einem Buch! Wir fanden es auch schön, nicht nur Bücher, sondern auch alte Möbelstücke aus dem Leben der Autoren und Autorinnen zu sehen. Zum Beispiel den großen Sessel, auf dem Joseph Victor von Scheffel saß, als er seine Bücher geschrieben hat. Das Scheffel-Kabinett Text: Vanessa Oheim und Jakob Stang INFO Museum für Literatur am Oberrhein Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 1334087, www.literaturmuseum.de Öffnungszeiten Dienstag, Freitag 10-18 Uhr, Donnerstag 10-19 Uhr, Samstag 14-18 Uhr, Sonntag 11-18 Uhr, Montag und Mittwoch geschlossen Eintritt frei Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 12 Wusstest du, dass es sogar noch eine Junge Kunsthalle gibt? Die Junge Kunsthalle ist extra für Kinder und Jugendliche. Sie wurde im November 2013 schon 40 Jahre alt. Vielleicht waren sogar schon deine Eltern früher einmal dort! Kinder und Jugendliche können hier speziell für sie gemachte Ausstellungen betrachten und anschließend malen, zeichnen, drucken oder auch spielen. Ist das nicht cool? Der Eintritt in die Junge Kunsthalle ist für Kinder und Jugendliche kostenlos. STAATLICHE KUNSTHALLE KARLSRUHE 1846 wurde die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe gegründet. Sie stellt Kunst vom Mittelalter bis heute aus, vor allem Gemälde und Skulpturen aus Deutschland, Frankreich und den Nieder- landen. Die Kunsthalle war eines der ersten Museen, das Kunst der breiten Öffentlichkeit zugänglich machte. Der Haupteingang der Kunsthalle Karlsruhe Im Jahr 1918/19 wurde die Kunsthalle staatlich, davor war sie im Besitz des Großherzoglichen Hauses. Die Kunstwerke, die Markgräfin Karoline Luise von Baden, eine große Kunstsammlerin, im 18. Jahrhundert kaufte, bilden den Grundstock der heute riesigen Sammlung der Kunsthalle. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 13 Als wir in der Kunsthalle waren, haben wir mit einer Mitarbeiterin ein Interview geführt, um mehr über das Museum zu erfahren. Uns wurde die Sammlung altdeutscher Malerei mit der Tafel der „Kreuzigung Christus“ von Matthias Grünewald als Highlight vorgestellt. Mein persönliches Highlight Vielleicht findest du mein Highlight, das Bild mit den blauen Schwämmen, und es gefällt dir auch so gut wie mir?! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 14 Angebote für Kinder und Jugendliche Malwerkstatt: Zuerst betrachtet ihr ein Bild in der Kunsthalle und dann malt ihr selbst ein Bild in der Malwerkstatt. Das könnt ihr alleine, mit Freunden oder den (Groß-)Eltern machen, sowohl an den Wochenenden als auch in den Sommerferien, wenn ihr zwischen 5 und 12 Jahre alt seid. Ihr müsst einfach ins Programm der Kunsthalle sehen, das ihr als Heft im Museum erhaltet oder auch auf der Homepage der Kunsthalle findet. Und so läuft ein Nachmittag in der Malwerkstatt ab: Als ich das erste Mal in der Malwerkstatt war – das ist schon ein paar Jahre her – sind wir zuerst ins Museum gegangen. Wir haben uns Köpfe von Politikern angeschaut, die aus Ton gefertigt waren und sehr grimmig geguckt haben. Danach haben wir darüber geredet. Wir haben beschrieben, was da zu sehen war und haben uns überlegt, was der Künstler wohl ausdrücken wollte. Danach sind wir alle zusammen in die Malwerkstatt gegangen und haben selbst Köpfe von erfundenen Politikern gestaltet. Was wohl die echten Politiker zu unseren Tonköpfen gesagt hätten? Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 15 „Open Space“ am Wochenende Am Nachmittag von 14 bis 17 Uhr können Kinder und Jugendliche ohne Anmeldung und bei freiem Eintritt die Ausstellung in der Jungen Kunsthalle besuchen und anschließend malen. „Kunst als Experiment“ ist für alle ab 10 Jahren, die Farbenrausch, Hell-Dunkel-Malerei, Druckgrafik, Collage, Modellieren oder dreidimensionales Arbeiten einmal ausprobieren wollen. Natürlich könnt ihr in der Kunsthalle auch Geburtstage feiern. Ihr betrachtet zuerst ein Bild im Museum und könnt dann in der Malwerkstatt malen oder die Junge Kunsthalle erkunden. Weitere Informationen zu den aktuellen Angeboten für Kinder und Jugendliche findet ihr unter www.kunsthalle-karlsruhe.de. Text: Victoria Dorn und Jonah Pfadt INFO Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Orangerie und Junge Kunsthalle Hans-Thoma-Straße 2-6, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 926 269, www.kunsthalle-karlsruhe.de Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag, an Feiertagen 10-18 Uhr Eintritt Erwachsene 8 €, ermäßigt 6 €, Familienkarte 16 €, Schüler 2 € Bei Sonderausstellungen geänderte Preise. Freier Eintritt für Kinder bis 5 Jahren und Inhaber des Oberrheinischen Museumspasses Junge Kunsthalle: Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 16 Wusstest du schon? Die Art des Chinesischen Riesensalamanders gab es schon zu den Zeiten der Dinosaurier! STAATLICHES MUSEUM FÜR NATURKUNDE Wenn man auf dem Friedrichsplatz steht, wundert man sich: „Warum steht ein riesiger Flugsaurier mitten in der Stadt?“ Der Grund dafür ist das Museum für Naturkunde. Blick auf das Naturkundemuseum Im Naturkundemuseum kann man viel über die Natur erfahren sowie über Tiere, Steine, Saurier und Naturspektakel. Die Saurierhalle Im Eingangsbereich sieht man einen Riesenlurch, der das Wappentier des Museums ist. Das Naturkundemuseum existiert seit 1785. Die Markgräfin Karoline Luise von Baden sammelte hauptsächlich Mineralien, Steine, Pflanzen und Tiere. Als ihre Sammlung zu groß wurde, beschloss man, ein neues, eigenes Haus dafür zu bauen. So entstand das jetzige Museum und das ist sehr beliebt. Über 170 000 Besucher verschiedenen Alters kamen 2013, um die Attraktionen zu sehen: lebende Amphibien, Reptilien, Fische und Insekten sowie ausgestopfte Tiere aller Art. Außerdem gibt es Mineralien und Nachahmungen von Naturereig- nissen, zum Beispiel einem Erdbeben. Die Sammlung beinhaltet über vier Millionen Tiere aus aller Welt und die drittgrößte Insektensammlung Deutschlands. In den Dauerausstellungen kann man sich immer über Mineralien, das Klima, Insekten und die Geologie am Oberrhein informieren. Außerdem gibt es zusätzlich noch Sonderaus- stellungen. Welche gerade laufen, steht auf der Webseite. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 17 Eine Echse betrachtet den Besucher: „ Na, wer bist du denn?“ Angebote für Kinder und Jugendliche Du willst etwas Besonderes erleben, bist zwischen 6 und 10 Jahre alt, hast aber keine Lust, allein durch das Naturkundemuseum zu gehen? Dann sind die Kinderkurse genau das Richtige für dich. Dort kannst du erforschen, warum Mineralien so schön sind, wie sich Spinnen fortbewegen und vieles mehr. Wenn du 6 Jahre oder jünger bist, kannst du an spannenden Experimenten teilnehmen. Du bist älter als 10 Jahre und möchtest auch in den Ferien etwas Spannendes erleben und dabei noch viel über die Natur erfahren? Dann besuche das Ferienprogramm. Das Naturkundemuseum veranstaltet immer wieder Aktionstage zu verschiedenen Themen. Dabei hast du die Chance, auch einmal einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Für Kindergärten und Schulklassen bietet das Naturkundemuseum Führungen zu verschiedenen Themen an. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 18 Der freche Krake in Aktion Unser Highlight: Der Krake Im Naturkundemuseum gibt es viele Attraktionen zu sehen, aber eine Sache fanden wir besonders gut: den Kraken! Er bewegt sich wie eine Schlange und man denkt, er hat seine Tentakel nicht unter Kontrolle. Es ist lustig, ihm zuzuschauen, denn er ist sehr neugierig und macht komische Sachen, zum Beispiel kriecht er in eine Flasche. Aber das wirklich Besondere ist, dass er als Jungtier von einem Mitarbeiter im Mittelmeer gefangen wurde. Da er nur zwei Jahre lebt, bleibt er nur ein Jahr im Naturkundemuseum und erfreut die Besucher. Nach diesem Jahr wird er wieder in die freie Natur ausgesetzt, um sich zu paaren. Deswegen kommen jedes Jahr neue Kraken ins Naturkundemuseum. Text: Lara Adam und Anton Lundberg INFO Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe Erbprinzenstraße 13, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 1752111, www.naturkundemuseum-karlsruhe.de Öffnungszeiten Dienstag bis Freitag 9.30-17 Uhr, Samstag, Sonntag, an Feiertagen 10-18 Uhr, Montag geschlossen Eintritt Erwachsene 3 €, ermäßigt 2 €, Familienkarte 6 € Freier Eintritt für Kinder unter 6 Jahren, Inhaber des Oberrheinischen Museumspasses und des Karlsruher Kinderpasses (nicht für Begleitperson) Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 19 STADTMUSEUM KARLSRUHE Das Prinz-Max-Palais und seine Geschichte Ihr müsst mal das prachtvolle Prinz-Max-Palais in der Karlstraße sehen – alles vom Feinsten mit Figurenschmuck und Marmortafeln – da staunt ihr bestimmt! Denn dieses riesige Gebäude war einmal der Altersruhesitz von August Schmieder, einem Bankier. Er ließ sich dieses Palais bauen, um seinen Ruhestand in schöner Umgebung zu verbringen. Es gibt auch einen Garten mit Zierbrunnen. Nach seiner Hochzeit mit Maria von Cumberland kaufte Prinz Max von Baden das Palais und nutzte es als Wohnung für sich und seine Familie. Das Gebäude wurde deshalb auch nach ihm benannt. Allerdings wurde es im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Danach wurde es wieder aufgebaut. Heute ist nicht nur das Stadtmuseum, sondern auch das Museum für Literatur am Oberrhein und die Kinder- und Jugendbibliothek in dem Gebäude untergebracht. Das Stadtmuseum befindet sich im ersten Stock und zeigt die Karlsruher Stadtgeschichte der letzten 300 Jahre. In der Dauerausstellung erfahrt ihr zum Beispiel, wie die Stadt entstanden ist und wer hier gelebt hat. Auch nachgebaute Wohnzimmer und Wohnungen im Empire- und Biedermeier-Stil und eine 50er Jahre Wohnung aus der Karlsruher Waldstadt sind zu sehen. Am Ende des Rundgangs gibt es ein kleines Kino, in dem ihr unter anderem alte Filme über die Geschichte des Zweirads oder aus dem Alltagsleben der 1950er und 1960er Jahre ansehen könnt. An gelben Multimediasäulen kann man zusätzliche Informationen zu verschiedenen Themenbereichen erhalten: kurze Filme, Bilder und Textbeiträge. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 20 Neben der Dauerausstellung kann man immer wieder Sonderausstellungen besuchen, in den letzten Jahren waren das beispielsweise die Ausstellungen „Automobilerfinder Carl Benz“, „900 Jahre Beiertheim“ oder „Dörfle“. Im „Dörfle“ lebten früher die ärmeren Bauern, die nicht innerhalb des Fächers wohnen durften. Die armen Leute waren unter sich und lebten nahe an den Feldern, die sie für die Adeligen bewirtschafteten. Ihre Wohnungen waren eng, niedrig und karg und es mussten viele Leute darin wohnen – also ich stell’ mir das ziemlich anstrengend vor. Da haben wir es heute viel besser! Unsere Highlights Das erste Zweirad Das Karlsruher Stadtmodell Die Stadtapotheke Die „Laufmaschine“ des Freiherrn Carl von Drais aus dem Jahr 1817. Die Stadt Karlsruhe im Jahr 1834, nachgebaut. Die Stadtapotheke aus dem Jahr 1820. Luis: „Ich finde das Stadtmodell besonders toll, weil ich gedanklich ‚durchlaufen‘ und mir zu verschiedenen Gebäuden Informationen abrufen kann.“ Inga: „Ich finde das Stadtmodell auch gut, weil man einen tollen Überblick über Karlsruhe hat, aber mir gefällt auch die Stadtapotheke, weil das noch eine originale Apotheke ist mit verschiedenen Kräutern und Salben, die noch handgefertigt wurden.“ Luis: „Wie vor 200 Jahren“! Inga: „Bald werden im Stadtmuseum noch mehr aktuelle Themen präsentiert. Schon jetzt kann man an interaktiven Stationen spannende Informationen zu wichtigen Themen, wie zum Beispiel Migration und Internationalität, abrufen.“ Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 21 Das Stadtmuseum ist nicht nur etwas für Erwachsene, für Kinder und Jugendliche gibt es auch viel zu entdecken. Angebote für Kinder und Jugendliche Für kleinere Kinder (5 bis 10 Jahre) Um der Geschichte Karlsruhes näher zu kommen, könnt ihr als Schulklasse oder bei Kindergeburtstagen verschiedene Führungen und anschließende Aktionen buchen. So erfahrt ihr zum Beispiel, wozu die Pyramide auf unserem Marktplatz steht. Bei den verschiedenen Aktionen habt ihr sogar die Möglichkeit, euer eigenes kleines Zweirad aus Draht und Pfeifenputzern zu bauen. Für ältere Kinder und Jugendliche (10 bis 15 Jahre) Für euch gibt es Führungen, bei denen ihr mit der ganzen Klasse mehr über die Stadtgeschichte von Karlsruhe lernen könnt. Hier können all eure Fragen zur Planung und Gründung der Fächerstadt geklärt werden. Text: Inga Schmidt und Luis Albus INFO Stadtmuseum Karlsruhe Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 1334230, www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/stadtmuseum Öffnungszeiten Dienstag, Mittwoch, Freitag 10-18 Uhr, Donnerstag 10-19 Uhr, Samstag 14-18 Uhr, Sonntag 10-18 Uhr, Montag geschlossen Eintritt Sonderausstellungen 2 €, ermäßigt 1 € Eintritt frei für die Dauerausstellung Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 22 STÄDTISCHE GALERIE KARLSRUHE Seid ihr interessiert an Kunst? Wollt ihr spannende Nachmittage erleben oder wisst ihr einfach noch nicht so recht, was ihr an eurem Geburtstag machen wollt? Dann seid ihr hier genau richtig, denn in der Städtischen Galerie könnt ihr mit tollen Führung- en und vielem mehr eine Menge Spaß haben. Und ihr könnt auch selbst kreativ werden! Also kommt vorbei und lasst euch inspirieren! Die Städtische Galerie ist in der Lorenzstraße 27. Sie liegt am Ende des Gebäudes, in dem auch das ZKM (Zentrum für Kunst und Medien- technologie) und die Staatliche Hoch- schule für Gestaltung Karlsruhe untergebracht sind. Der Eingang der Städtischen Galerie Im Erdgeschoss sind regelmäßig spannende Sonderausstellungen zu sehen. Die ständige Sammlung wird im ersten und zweiten Obergeschoss gezeigt. Doch auch da werden jedes Jahr Kunstwerke ausgetauscht, so dass die Besucher immer wieder etwas Neues zu sehen bekommen. Ein Teil der Kunstwerke, die in der ständigen Ausstellung zu sehen sind, kommen von dem Ehepaar Ute und Eberhard Garnatz aus Köln. Die beiden Kunstsammler haben viele bedeutende Kunstwerke gesammelt und sie der Städtischen Galerie als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Die meisten Kunstwerke sind von Künstlern aus Karlsruhe und Umgebung. Zum Beispiel das Werk „Lissy im Café“ vom Karlsruher Maler Karl Hubbuch. Mal sehen, ob ihr dieses Kunstwerk in der Ausstellung finden könnt. Mehr über Lissy erfahrt ihr übrigens in der Audioführung. Die ist extra für Jugendliche gemacht worden und zwar von einer 6. Klasse einer Schule aus Rheinstetten. Einige der Kunstwerke wurden von Professoren der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe speziell für die Städtische Galerie gemacht. Franz Ackermann hat sogar einen ganzen Raum gestaltet! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 23 Angebote für Kinder und Jugendliche Die Städtische Galerie bietet viele Workshops und Führungen an für Kindergärten und Schulklassen, bei der ihr mal richtig in die Welt der Kunst eintauchen könnt. Es gibt sogar Workshops, bei denen ihr in der Ausstellung Bilder zu einem bestimmten Thema anguckt und danach in einem großen Werkraum eure eigenen Dinge dazu bastelt oder malt. Wir waren selbst im Werkraum und können sagen, dass es dort viele tolle Materialien gibt mit denen ihr arbeiten könnt. Bilder aus der Malwerkstatt Auch bei KiX + JuX, dem Festival für Kinder und Jugendliche, das alle zwei Jahre stattfindet, ist die Städtische Galerie mit spannenden Workshops dabei. Aber das ist noch lange nicht alles, was ihr in der Städtischen Galerie machen könnt: Jeden Sonntag (außer in den Sommerferien) erwartet euch die Kinderwerkstatt um 15 Uhr, während eure Eltern eine spannende Führung bekommen. Dort könnt ihr richtig kreativ werden. Zu einem Thema passend zur Ausstellung bekommt auch ihr erstmal eine kurze Führung, bevor ihr dann eure eigenen Kunstwerke gestalten könnt. Eure Freunde sind natürlich auch eingeladen. Ihr müsst euch nicht einmal anmelden. Um das Museum selbst zu erkunden gibt es nicht nur die Audioführung, sondern zum Beispiel auch den Museumskoffer, der mit lauter Dingen gefüllt ist, die zur Ausstellung passen und mit denen man kleine Spiele und Kunstwerke machen kann. Blick in den Museumskoffer Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 24 Außerdem ist da noch das „Wirk- und Werkbuch für Kinder“, ein Buch über die ganzen Kunstwerke der Städtischen Galerie. Darin gibt es den Teil „schau mal“, bei dem ihr mehr über Bild und Künstler entdecken könnt, und den Teil „mach mal“, bei dem ihr zum Beispiel eine Anziehpuppe einkleiden könnt oder viele andere spannende Dinge. Ihr könnt auch eine Schnitzeljagd mitmachen oder euch mit einem Bilderrätsel auf die Suche nach bestimmten Kunstwerken begeben. Die Bögen dazu bekommt ihr gleich beim Eingang in die Sonderausstellung. Wenn ihr alle Fragen richtig beantwortet habt, bekommt ihr an der Kasse sogar einen kleinen Preis. Wenn ihr schon 16 Jahre alt seid, dann gibt es für euch den JugendKunstKlub LUX 10, bei dem ihr euer eigenes Programm gestalten könnt und zum Beispiel Gespräche mit Künstlern führen oder diese auch in ihrem Atelier besuchen könnt. Wenn ihr euren Geburtstag im Museum feiern wollt, dann können eure Eltern vorher mit dem Museum besprechen, was ihr machen wollt. Unser persönliches Highlight Bei unserer Führung durch die Städtische Galerie war unser Highlight der selbstgestaltete Raum von Franz Ackermann, den ihr hier links auf dem Bild sehen könnt. Vor allem fanden wir aber auch den Museumskoffer faszinierend. Bevor ihr wieder nachhause geht, werft mal einen Blick in den Museumsshop. Dort könnt ihr nicht nur Bücher und Kataloge kaufen, sondern auch richtige kleine Kunstwerke. Text: Mathis Braun und Jonas Schober Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 25 INFO Städtische Galerie Karlsruhe Lichthof 10, Lorenzstraße 27, 76135 Karlsruhe Tel.: 0721 1334444 (Kasse) www.karlsruhe.de/b1/kultur/kunst_ausstellungen/museen/staedtische_galerie Öffnungszeiten Mittwoch bis Freitag 10-18 Uhr, Samstag, Sonntag 11-18 Uhr Montag und Dienstag geschlossen Eintritt Sonderausstellung 7 €, ermäßigt 5 € Dauerausstellung 3 €, ermäßigt 2 € Teilnahme an öffentlichen Kinderaktionen: 2 € pro Kind Führung/Workshops für Schulklassen: 2 € pro Person Freitags ab 14 Uhr freier Eintritt! Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, Schulklassen in Begleitung einer Lehrkraft sowie Inhaber des Oberrheinischen Museumspasses (auch in die Sonderausstellungen) Franz Ackermann: Zu Hause mit Frontex, 2010 (Ausschnitt) Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 26 ZKM I Zentrum für Kunst und Medientechnologie Der Eingangsbereich des ZKM Was ist das ZKM? Das ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie) ist eine einmalige Institution speziell für neue Kunst und Medientechnologie. Es versucht, Kunst und Technik miteinander zu verbinden. Das ZKM ist in zwei Museen unterteilt: Im Medienmuseum werden die Besucher in die Ausstellungsstücke mit eingebunden. Man kann zum Beispiel Computerspiele spielen, Töne erzeugen und vieles mehr. Im Museum für Neue Kunst hängen nicht überall Bilder, wie man es aus anderen Museen kennt, sondern unter anderem Objekte wie beispielsweise ein Flugzeug. Außerdem gibt es im ZKM auch sehr viele andere Veranstaltungen wie Theater oder Filmvorführungen. Ein Tag im ZKM bringt unvergesslich tolle und spannende Erlebnisse für die ganze Familie. Und bitte unbedingt vormerken: Am 19. Juni 2015 eröffnet die GLOBALE im ZKM – Kunst / 300 Tage lang / global gesehen! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 27 Workshops im ZKM Das ZKM ist dafür bekannt, dass es hier viele verschiedene Workshops gibt, in denen man zum Beispiel seine eigene App, Homepage und sein eigenes Computerspiel oder sogar seinen eigenen Roboter programmieren kann. Kurzfilme für Besucher Es gibt auch Workshops zu Schnitt und Vertonung sowie zum Umgang mit Kamera und Greenscreen – das ist eine Leinwand, auf die jeder gewünschte Hintergrund projiziert werden kann. Für Jüngere gibt es die Familien- sonntage, an denen man mit (Groß-) Eltern zum Beispiel Lego-Roboter programmieren kann. Aber das ist noch lange nicht alles. Man kann im ZKM auch Geburtstage feiern und mit Freunden in den Werkstätten des ZKM experimentieren, fotografieren, filmen, malen, basteln und bauen. Und immer wieder gibt es Workshops zu wechselnden Themen. Du bist ein großer Star Wars Fan? Dann ist der Workshop „Die Rückkehr der Jedi Kinder“ genau das Richtige für dich. Bei diesem Workshop wirst du zum Jedi und kannst den Frieden in der Galaxie wieder herstellen und gegen das Böse kämpfen. Hier lernst du, wie du mit der Kamera umgehst, wie man Filme schneidet und vertont. Du kannst aber auch dein eigenes Comicheft gestalten, hier bist du völlig frei, denn du kannst eigene Bilder zeichnen oder fotografieren und die Bilder dann einfügen. Es gibt noch viele andere Workshops. Informiere dich doch einfach auf der Homepage des ZKM, www.zkm.de. Dort steht auch, was die Workshops kosten. Zuse Z22 – der erste Computer, gebaut 1955. Text: Emma Rogge und Leonard Elger Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 28 INFO ZKM I Zentrum für Kunst und Medientechnologie Lorenzstraße 19, 76135 Karlsruhe Tel.: 0721 8100 0, www.zkm.de Öffnungszeiten Mittwoch bis Freitag 10-18 Uhr, Samstag und Sonntag 11-18 Uhr Eintritt Medienmuseum oder Museum für Neue Kunst: Erwachsene 6 €, Kinder (7 bis 17 Jahre) 2 €, Familien (max. 2 Erwachsene und max. 3 Kinder unter 18 Jahren) 12 € Medienmuseum und Museum für Neue Kunst: Erwachsene 10 €, Kinder (7 bis 17 Jahre) 3 €, Familien (max. 2 Erwachsene und max. 3 Kinder unter 18 Jahren) 19 € Die Aussicht vom Dach des ZKM auf den Kubus. Dort finden regelmäßig Veranstaltungen und Konzerte des Instituts für Musik und Akustik statt. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 29 KINDER- UND JUGENDBIBLIOTHEK Stellt euch mal vor, dass ihr zwischen 42.000 Büchern, Filmen und Computerspielen auswählen könnt. Und das alles noch kostenlos! Genau so funktioniert die Kinder- und Jugendbibliothek in Karlsruhe (KJB). Diese ist seit 1981 im Prinz-Max-Palais angesiedelt und steht allen Kindern und Jugendlichen offen. In Baden-Württemberg ist es die größte Jugendbibliothek. Dieses tolle Angebot wird auch eifrig genutzt. Über 200 Leute besuchen täglich die KJB, also schnell hin, bevor andere euer gewünschtes Buch ausleihen. In der KJB kann man bis zu 40 Bücher zeitgleich ausleihen, die Leihdauer beträgt vier Wochen. Natürlich braucht man, wie in allen anderen Bibliotheken, auch einen Leseausweis. Man bekommt ihn kostenlos an der Infotheke – allerdings nur mit Unterschrift der Eltern. Beim ersten Besuch in der KJB kommt ihr also am besten mit euren Eltern. So viele Bücher, Filme, Spiele – da ist für euch sicher auch etwas dabei! Die KJB gehört zur Stadtbibliothek Karlsruhe, die mehrere Zweigstellen und auch noch einen Medienbus hat. Der Medienbus fährt durch die ganze Stadt und hält an verschiedenen Stellen, dort könnt ihr natürlich auch Bücher und Hörbücher ausleihen. Jederzeit kann man auch selbst Bücher zur Anschaffung vorschlagen. Und wenn ihr Lust habt, im Freibad ein Buch zu lesen, die KJB ist in den Sommerferien auch dort vertreten. Das ist doch mal ein Service! Doch genug der guten Worte… probiert es einfach selbst aus! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 30 Die Online-Recherche Oh Mann! Ich habe dieses tolle Buch gelesen und stehe jetzt hier vor den großen Bücherregalen der Bibliothek, aber ich kann den zweiten Band nicht finden! Und niemand ist da, um mir zu helfen! Hmmm… vielleicht kann ich ja irgendetwas mit diesen Computern anfangen … „Hast du nicht gewusst, dass du in der Kinder- und Jugendbibliothek alle Bücher und Medien, die es hier gibt, ganz einfach im Computer nachschauen kannst? Da kannst du schnell herausfinden in welchem Regal du sie findest. Wenn du den Titel des Buches, das du ausleihen willst, schon kennst, gibst du einfach den Titel ein und sofort zeigt dir der Computer Suchergebnisse an. Du klickst dann auf das, was du möchtest und der Computer gibt dir die nötigen Informationen, die du brauchst. Willst du es mal versuchen?“ „O.k. Eingeloggt. Jetzt also den Titel eingeben. Oh je, … Ich glaube, ich weiß nicht mehr wie das Buch heißt, es ist schon so lange her … Oh, aber ich habe jetzt die Auswahl zwischen dem Autor und der Art der Geschichte! Also, den Namen des Autors kenne ich nicht, aber die Art der Geschichte natürlich schon!“ „Ja, auch wenn du den Titel des Buches vergessen hast oder du nach keinem bestimmten Buch suchst, können wir dir helfen! Du kannst dann nach dem Autor, den du gut findest, nach der Art der Geschichte, zum Beispiel Vampirgeschichte oder Fantasiegeschichte, oder nach Thema suchen. Gib das Ganze einfach in die entsprechenden Felder ein und sieh dir die Suchergebnisse an. Probier ’ das doch einfach mal!“ „Gut, jetzt wähle ich einfach mal „Fantasiegeschichte“ aus. Oh je, jetzt habe ich 348 Suchtreffer … Das dauert aber ewig, bis ich mein Buch gefunden habe! Ich glaube aber, dass im Titel etwas mit dem „Meer der Nixen“ oder so vorkam. Das gebe ich jetzt auch mal ein! Aha! Nur noch 13 Suchtreffer, da muss es irgendwo sein! „Mary und das Meer der Nixen“, das ist es! Jetzt brauche ich nur noch den zweiten Teil. In diesem Regal muss er sein. Danke für die Hilfe! Das war ja wirklich einfach!“ „Gerne doch! Wir sehen uns!“ Auch ihr könnt die Online-Recherche nutzen. Es ist wirklich einfach und geht total schnell, sogar von zuhause am PC!!! Probiert es aus! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 31 Die Kinder- und Jugendbibliothek bietet nicht nur Medien für euch an, sondern auch tolle Workshops, Programme und Aktionen. Programme und Aktionen für Kinder und Jugendliche Für Kinder ab 3 Jahren Den Wunsch der Kinder, ihnen etwas vorzulesen, wollen die Mitarbeiter der KJB gerne erfüllen. Deshalb findet für die Kleinen immer eine Bilderbuch- Vorleserunde statt. Für Kinder von 4 bis 7 Jahren Für die etwas Größeren bietet die KJB zum Beispiel deutsch-türkische oder deutsch-russische Vorleserunden an. Anschließend werden die Geschichten durch Sprachspiele oder Malen und Basteln kreativ umgesetzt. Einmal im Monat wird ein Märchen vorgelesen und anschließend gebastelt. Das macht wirklich allen Spaß. Für Kinder ab 8 Jahren Für die Spielfans unter euch gibt’s natürlich auch etwas: Unter dem Motto: „Zusammen spielen – Zusammen gewinnen“ seid ihr herzlich eingeladen, viele tolle Spiele auszuprobieren und zu entdecken. Die Auswahl an Spielen ist riesig, hier findet ihr bestimmt etwas Neues zum Ausprobieren! Ihr könnt auch sehr gerne eure Freunde mitbringen. Ein ganzes Regal voller Spiele in der Kinder- und Jugendbibliothek Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 32 Für Kinder von 9 bis 14 Jahren Die KJB macht immer bei den KliK (Kinder-Literaturtage in Karlsruhe) mit, die alle zwei Jahre stattfinden. Dort werden für die Großen Workshops und Aktionen angeboten, wie zum Beispiel 2014 zum Thema Frieden, wo Mitglieder von amnesty international Karlsruhe Geschichten über Krieg und Frieden lasen und von ihrer Arbeit berichteten. Und zu guter Letzt: natürlich kann man in der KJB auch Hausaufgaben machen. Eine ganze Reihe an Nachschlagewerken steht für euch bereit. Mehr Informationen zu den aktuellen Programmen und Aktionen findet ihr auf der Homepage. Text: Mathis Braun und Jonas Schober INFO Kinder- und Jugendbibliothek im Prinz-Max-Palais Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 1334262, www.karlsruhe.de/b2/bibliotheken/zweigstellen/jugendbibliothek.de Öffnungszeiten Dienstag bis Freitag 10-18.30 Uhr, Samstag 10-14 Uhr, Montag geschlossen Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 33 JUNGES STAATSTHEATER KARLSRUHE IN DER INSEL Seid ihr bereit für die „Insel“?! Dann kommt mit! Ihr müsst auch nichts einpacken… Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr daheim sitzt und nicht wisst, was ihr machen könnt? Für dieses Problem gibt es jetzt eine Lösung! Falls euch die Langeweile wieder ergreift, kommt einfach in das Junge Staatstheater, das mit einer Vielzahl von Angeboten eine Menge Spaß und Freude bietet. Die „Insel“ ist sozusagen ein abgebrochenes Stück Festland, das sich Junges Staatstheater nennt. Sie ist ein Ort, der extra für euch gemacht wurde, um euch an planlosen Tagen zu beschäftigen! Das Junge Staatstheater wurde 2011 innerhalb des Badischen Staatstheaters gegründet – es ist also noch ganz schön jung – und will Kinder und Jugendliche für das Theater begeistern. Also euch!! Anfangs wurden die Stücke von nur zwei Schauspielern aufgeführt, mittlerweile hat sich die Zahl der Schauspieler verdoppelt. Stücke, die gespielt werden, sind unter anderem „Stadt Land Fluss“, „Neben Mir“, „Mia schläft woanders“, „FrierSchlotterSchwitz“ und seit September 2014 gibt es auch noch „Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee“. „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf ist das bisher erfolgreichste und meistgespielte Stück – über 100 Mal wurde es schon aufgeführt. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 34 Ein besonderer Besuch – eine kleine Geschichte Tristan und Ann-Kathrin sind zu einem ganz besonderen Besuch in die Insel eingeladen worden, dem Jungen Staatstheater, weil sie Reporter spielen dürfen für diesen Kulturführer. Nur noch schnell die Schreibsachen richten und die Kamera zücken und schon geht es los. Die Theaterpädagogin führt sie in den zugleich modernen aber auch gemütlichen Eingangssaal. Zunächst betreten sie die Bühne und erfahren einige interessante Sachen, die bei einem Bühnenbild beachtet werden müssen: Wie zum Beispiel, dass es feuerbeständig sein sollte. Aber auch unter dem Bühnenbild befindet sich viel Zubehör: Sogar ein Hohlraum, in dem sich die Schauspieler während der Aufführung umziehen können und die ganzen Requisiten liegen. Danach dürfen Tristan und Ann- Kathrin sogar hoch zur Technik klettern. „Wow, sind das viele Knöpfe!“, sagt Ann-Kathrin. Wahrlich, überall sind Tasten und Computer. Dann werfen sie einen Blick ins Büro, das überfüllt mit Ordnern und Blättern ist. In der Ecke gibt es witziger Weise sogar eine kleine Telefonkabine, in der immer jemand sitzt und Theaterkarten für Schulen und Kindergärten verkauft. Im Büro führt eine kleine Treppe hinunter zur Maske. Als Tristan und Ann-Kathrin dies erfahren, stürmen sie sofort runter, um das zu sehen: Große Spiegel an den Wänden, die umgeben sind von Kleiderständern. An den Wänden sind Schminktische, auf denen eine Menge Perücken stehen. Besonders Tristan findet es abgefahren. Dann gehen sie zum Probenraum, in dem sich gerade eine Schauspielerin aufwärmt. Sie gibt seltsame Laute von sich, die sie auf der Bühne besser und ausdauernder sprechen lassen sollen. Danach werden Tristan und Ann-Kathrin in den Blauen Salon hereingebeten, der Platz für Gespräche und andere Dinge bietet. Er heißt so, weil er aus lauter blauen Möbeln besteht. Zu guter Letzt dürfen sie noch bei einer Aufführung zusehen und die Schauspieler interviewen. Was für ein echt interessanter und spannender Tag!!! Unser Tag im Jungen Staatstheater Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 35 Vorbereitung, Vorbereitung, Vorbereitung!!! Ich wette, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie viel Organisation hinter einem Theaterstück steckt. Angefangen mit den Bühnenbildern bis hin zu den Eintrittspreisen muss alles ganz genau durchgeplant sein, Fehler können schwere Folgen haben! Als Erstes wird entschieden, was für ein Stück gespielt wird. Das beschließt die Theaterleitung zusammen mit den Theaterpädagogen und Dramaturgen, die an der Organisation der Spielpläne und dem Aufbau des Stückes beteiligt sind. Danach werden Regisseure kontaktiert, damit sich diese mit den Bühnen- und Kostümbildnern zusammensetzen und das Stück durchplanen können. Wenn das gemacht wurde, werden die Rollen besetzt. Nun wird sechs Tage die Woche je zwei Mal am Tag geprobt. Aber nicht nur Schauspieler, Regisseure und Dramaturgen sind daran beteiligt, sondern unter anderem auch Bühnenbildner, Techniker, Reinigungsmitarbeiter und Maskenbildner. Doch das ist noch lange nicht alles. Bis zu 100 Personen haben damit zu tun. Und das alles nur, damit wir das Theaterstück ohne Probleme genießen können. Workshops, Theatergruppen und mehr Das Junge Staatstheater hat eine Menge zu bieten: In den Schulferien ist das Theater fast immer offen, außer in der Sommerpause. Man kann sich Stücke angucken und manchmal finden auch Workshops statt. Einige Beispiele sind die Theaterworkshops bei KiX, dem Kulturfestival der Kinder, und den Kinderliteraturtagen oder dem Maus-Türöffner-Tag. Aber auch an Werktagen und Wochenenden gibt es jede Menge Programm. In den Theatergruppen kann man sich jede Woche am Nachmittag austoben und Spaß haben! Die Vorstellungen für Schulklassen sind meistens vormittags, sie beginnen um 11.00 Uhr. Das aktuelle Programm und weitere Infos dazu findet ihr hier: www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/paedagogik/ oder auf den Flyern des Badischen Staatstheaters. Text: Ann-Kathrin Braun und Tristan Böckem INFO Junges Staatstheater Karlsruhe in der Insel Karlstraße 49b, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 7258090, www.staatstheater.karlsruhe.de Öffnungszeiten, Spielzeiten und Preise stehen in Abhängigkeit zu den Stücken und können der Internetseite oder den Flyern des Badischen Staatstheaters Karlsruhe entnommen werden. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 36 MAROTTE FIGURENTHEATER Die marotte ist ein cooles, kleines Puppentheater, in dem ihr witzige und tolle Kinderbuchklassiker anschauen könnt. Vor 30 Jahren gründete eine immer in lila gekleidete Frau namens Trude Rehse ein Marionettentheater, das heutige Figuren- theater marotte. Auch heute noch sind die Sitze mit lilafarbenem Samt bezogen, obwohl die marotte schon seit vielen Jahren von Thomas Hänsel geleitet wird. Das Besondere an der marotte ist, dass die Schauspieler das Bühnenbild selbst gestalten und die Texte selbst schreiben. Auch die Puppen sind wirklich einzigartig, so dass es richtig Spaß macht zuzuschauen! Die Figuren gibt es in unterschiedlichen Größen – von der Fingerpuppe bis zu lebensgroßen Figuren! Außerdem werden sie aus den verschiedensten Materialien wie Stoff, Holz, Ton, Wolle gebaut. Die Puppen werden extra für die marotte entworfen. Diese drei großen Friedensengel des Karlsruher Künstlers Guntram Prochaska „bewachen“ den Eingang der marotte! Dabei geben die Puppenspieler ihre Ideen an die Figurenbauer weiter. Diese verwirklichen ihre Ideen und bauen zuerst Modelle, welche dann von den Spielern begutachtet werden. Wenn die Puppenspieler zufrieden sind, werden die Puppen von Hand gefertigt. Bei einem Besuch in der marotte ist die Stimmung mitreißend, denn das Publikum wird in das Stück mit einbezogen. Die Schauspieler verstellen ihre Stimmen so gut, man merkt gar nicht, dass verschiedene Puppen von der gleichen Person gesprochen werden. Die Puppen aus dem Stück „Wickie und die starken Männer“ Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 37 Aber was wird überhaupt in der marotte gespielt? Das Programm ändert sich immer wieder, es gibt aber ein paar Klassiker, die ständig gespielt werden, wie z.B. „Wickie“ oder die „Olchis“. Für die etwas Älteren unter euch gibt es auch ernste Stücke wie z.B. „Romeo und Julia“ oder Vorstellungen wie „Die Ritter der Kokosnuss“, die echt zum Kaputtlachen sind. Szene aus „Wickie“ Einmal im Jahr findet die marottinale statt, bei der ihr viele Stücke von anderen Puppenbühnen anschauen könnt. Angebote für Kinder und Jugendliche In der marotte könnt ihr Workshops besuchen, in denen ihr eure eigene Handpuppe herstellen könnt. Am Ende des Workshops findet dann eine von euch selbst ausgedachte Vorführung statt, bei der ihr als Schauspieler mit eurer Puppe spielt. Unser persönliches Highlight Wir finden es richtig klasse, dass das Publikum durch überraschende Aktionen zum Staunen gebracht wird, beispielsweise durch Lichtblitze, Feuer und die verschiedensten Arten von Geräuschen. Außerdem reagieren die Schauspieler auf Zurufe aus dem Publikum, was das Ganze noch lustiger und interessanter macht. Text: Anna Ruß und Janek Aldus INFO marotte Figurentheater Kaiserallee 11, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 841555, www.marotte-figurentheater.de Kassenöffnungszeiten Montag, Mittwoch, Freitag 9-13 Uhr, Dienstag und Donnerstag 9-16 Uhr Spielzeiten und Preise stehen in Abhängigkeit zu den Stücken und können der Internetseite oder den Flyern des marotte Figurentheaters entnommen werden. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 38 SANDKORN-THEATER Hast du Lust auf einen kleinen Ort, an dem du spannende und lustige Theaterstücke sehen kannst? Dann komm mit und lass uns das Sandkorn-Theater erkunden… Wir waren überrascht, was man aus so einem alten Fabrikgebäude, in dem sich die Bühne seit den 80er Jahren befindet, so alles machen kann. Als wir hinter die Bühne durften, waren wir erst einmal platt, als wir gesehen haben, was man alles auf engstem Raum zustande bringen kann und dass zu jedem Stück die passenden Requisiten gefunden werden. Sogar der Ton- und Lichttechniker hat vor lauter Enge keinen direkten Blick auf die Bühne, sondern nur durch eine Kamera. Toll fanden wir auch, dass das Theater einen speziellen Spielplan für uns Kinder und Jugendliche hat. Bei 16 Stücken, die üblicherweise auf dem Programm stehen, dürfte für jeden und auch für die Eltern etwas dabei sein: Klassiker, Comedy, Kabarett, Zeitgenössisches und Kinder- und Jugendstücke für Kinder ab fünf Jahren. Das Sandkorn-Studiotheater Die Enge der Räume hat den großen Vorteil, dass man das Gefühl hat, mitten im Geschehen und den Schauspielern ganz nahe zu sein. Man hat immer einen super Blick auf die Bühne, egal wo man sitzt. Cool fanden wir auch die lässige Atmosphäre. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 39 Ich bin im Sandkorn-Theater und sehe mich um. Angebote für Jugendliche Lust auf Bühne? Wenn ihr bereits 14 Jahre alt seid und nach einem Theaterbesuch im Sandkorn so begeistert seid wie wir, dann habt ihr die Möglichkeit, Mitglied im Jugendclub zu werden. Dort könnt ihr erste Bühnenerfahrung sammeln. Wenn ihr eine Chance sucht, eure in der Schule einstudierten Stücke einmal vor einem anderen Publikum zu spielen, bietet euch das Theater während der Schultheaterwochen die Gelegenheit dazu. Haben wir euer Interesse geweckt? Dann geht doch einfach selbst mal ins Sandkorn! Neulich im Sandkorn-Theater Während ich vor einer Theatervorstellung durch das Sandkorn-Theater schlendere, schreibt mich eine Freundin auf dem Handy an: Hey, wo bist du gerade? Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 40 Das ist ein Theater für alle Altersgruppen ab fünf Jahren. Nein, daher kommt der Name wirklich nicht, der kommt daher, dass das Theater früher eine christliche Laienspielgruppe war, die sich den Namen nach einer Geschichte aus der Bibel gab. Richtig gut. Weil die Theatersäle relativ klein sind, ist hier eine schöne Atmosphäre und man ist sehr nah an der Bühne. Nein, auf keinen Fall! Die Theaterstücke sprechen eigentlich jeden an und behandeln tolle Themen, die sogar nützlich im Alltag sind. Cool, aber was ist das Sandkorn-Theater überhaupt? Und woher kommt der Name Sandkorn? Bei Sandkörnern denke ich an meinen letzten Sommerurlaub am Meer! Oh, darauf wäre ich nicht gekommen. Wie gefällt es dir dort? Das hört sich super an, aber sind wir nicht schon ein bisschen alt für so ein Theater? Und gibt es etwas speziell für Jugendliche, außer dem normalen Spielprogramm? Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 41 Ja. Zum Beispiel einen Jugendclub für Leute ab 14 Jahren. Außerdem gibt es noch eine Schultheaterwoche, in der Schulen ihre Stücke vorführen und sich austauschen können. Das wäre auch was für unsere Schule. Also, es gibt zwei Säle, in den größeren passen ca. 170 Personen, in den kleineren nur ca. 100. Das klingt vielleicht viel, aber wenn man sich dort im Saal umsieht, sitzt man fast direkt am Bühnenrand. Ja, klar. Unter www.sandkorn-theater.de findest du alle Informationen. Text: Sibell Oster und Sven Strasser INFO Sandkorn-Theater Kaiserallee 11, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 848984, www.sandkorn-theater.de Kassenöffnungszeiten Montag bis Donnerstag 10-14 Uhr und 16-18 Uhr, Freitag 11-18 Uhr, Samstag 11-14 Uhr, Mittwochnachmittag geschlossen Spielzeiten und Preise stehen in Abhängigkeit zu den Stücken und können der Internetseite oder den Flyern des Sandkorn-Theaters entnommen werden. Wenn die Theatersäle so klein sind, würden wir da überhaupt alle reinpassen? Wie viele Leute passen da überhaupt rein? Oder gibt es mehrere kleine Säle? Könntest du mir bitte noch die Internetadresse schicken, damit ich mich noch genauer über die Stücke und den Spielplan informieren kann? Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 42 FILMTHEATER SCHAUBURG Lust auf Kino? Lust auf ein anderes Kino? Ein eher ungewöhnliches Kino? Dann folge uns … Inmitten zwischen den Mietshäusern der Südstadt liegt die Schauburg. Gleich hinter den Kassen gelangt man in eine ganz eigene Welt – der geschwungene goldene Treppenaufgang, mit blauem Samt ausgelegt, und der darüber schwebende Kronleuchter in der Mitte des Foyers erinnern an einen Palast… Der berühmte Treppenaufgang – majestätisch! Vorspann: Die Geschichte der Schauburg Die Schauburg gibt es als Kino seit 1906, sie ist damit das älteste Kino in Karlsruhe. Früher bestand das Kino aus nur einem einzigen Vorführraum, der in den 1950er Jahren 1001 Sitzplätze hatte. Seit 1928 trägt das Kino den Namen „Schauburg“. Das Kino ist nicht nur durch sein Alter einzigartig, sondern auch durch seine Filmauswahl, für die es schon häufig ausgezeichnet wurde. Es ist das einzige Kino in Karlsruhe, das nicht so „Mainstream“ ist, und mehr als nur die großen Blockbuster zeigt. Die Schauburg von außen – außergewöhnlich! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 43 Und noch ein Einspieler: Die Kinosäle Es gibt drei Kinosäle, einen großen mit 350, einen mittleren mit 150 und einen kleinen mit 61 Sitzplätzen. Im großen Saal werden hauptsächlich Premieren gezeigt. Die Leinwand ist 17x7 Meter groß und leicht gebogen, das heißt, man hat so das Gefühl, ein Teil des Films zu sein. Im kleinen Saal läuft das Kinderkino, das wöchentlich sein Programm wechselt. Von Disney-Klassikern über „Wickie“ und „Pippi Langstrumpf“ bis zu „Die Monster Uni“ ist hier für jeden etwas dabei. Im Sommer gibt es immer ein Open-Air Kino am Schloss Gottesaue, bei dem viele verschiedene Filme laufen. Blick aus dem Vorführraum auf die Leinwand – einfach königlich! We proudly present: Unser Highlight Unser Highlight war etwas, das normale Besucher nicht zu sehen bekommen, es sei denn man feiert Kinder- geburtstag. Wir bekamen einen Einblick hinter die Kulissen. Dort sahen wir die Maschinen, die die Filme auf die Leinwand projizieren und Filmrollen, die in den zwei älteren Maschinen aufgespult werden. Die neuere Maschine funktioniert über einen Computer, der die in die Maschine eingelegte Kassette steuert. Der Vorführraum – spannend! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 44 Abspann: Preise und Öffnungszeiten Die Preise der Schauburg sind im Gegensatz zu vielen anderen Kinos recht günstig. Es gibt viele Ermäßigungen, z.B. das Kinderkino, das jeden Tag um 15 Uhr anfängt und nur 3 € kostet. Geburtstagskinder kommen kostenlos rein. Ihr könnt aber auch einfach unter www.schauburg.de nach den Preisen gucken. Die Öffnungszeiten variieren unter der Woche von ca. 14 bis 24 Uhr und am Wochenende zwischen 11 und 24 Uhr. Text: Paul Epremian und Constantin Häßner INFO Filmtheater Schauburg Marienstraße 16, 76137 Karlsruhe Tel.: 0721 3500018 (auch Kartenreservierung), www.schauburg.de Kassenöffnungszeiten Montag bis Sonntag von 30 Minuten vor Beginn der ersten Vorstellung bis 20 Minuten nach Beginn der letzten Vorstellung. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 45 JUBEZ KARLSRUHE - Hey, was machst du denn heute? - Ich geh’ ins jubez. - Was ist denn das? - Du hast Lust deinen Tag mit coolem Zeug zu verbringen, doch weißt nicht, wo du hin sollst? Geh einfach ins jubez. Man lernt neue, nette Menschen kennen und kann neue Freundschaften außerhalb der Schule knüpfen. Im jubez ist jeder willkommen, der zwischen 6 und 27 Jahre alt ist. Das Schöne am jubez sind die vielen verschiedenen Aktionen, bei denen für jeden etwas dabei ist. Die Leute empfangen dich richtig nett, man fühlt sich sofort willkommen. Durch das große Feld der Aktionen findet man schnell etwas, das richtig cool ist und Spaß macht. Die Angebote wie Schreinern, Töpfern, das Arbeiten mit dem PC, Fotografie, Kunst und Textilien sind dauerhaft im Programm und sorgen für eine Menge Spaß. - Cool, was? - Wow, richtig geil! Kann ich da mal mitkommen? - Na klar, kostet auch fast nichts! Unser Highlight Klar, DU hast bestimmt eine eigene Meinung oder willst dir noch eine bilden. Aber unser Highlight war: Die Medienwerkstatt! WARUM? Weil man in der Medienwerkstatt sehr viele Computer-Sachen machen kann. Das mit den Computern ist ja schon cool, aber zum Glück kann man in der Werkstatt auch noch ganz andere Dinge rund um Medien machen. Z.B. Trickfilme drehen, Comics erstellen, etwas über Bildbearbeitung lernen, Videos drehen, etwas über analoge Medien lernen und noch viel mehr … Das alles macht die Medienwerkstatt zu einer dicken Empfehlung. Aber natürlich musst du entscheiden, was du im oder am jubez am meisten magst. Alles in allem kann man sagen, dass es diese riesige Vielfalt ist, die das jubez zu so einem besonderen Ort macht. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 46 Angebote und Aktionen für Kinder und Jugendliche Medien: Du kannst Trickfilme gestalten, im Internet surfen oder eigene Comics entwerfen. Fotografie: Hier schießt du deine eigenen Fotos mit einer sehr alten Kamera. Danach kannst du sie im Fotolabor selbst entwickeln. Kunst: Zeichnen, malen, drucken … hier kannst du in künstlerische Welten abtauchen und experimentieren. Töpfern: Du bearbeitest Ton mit professionellen Geräten und kannst töpfern, was du willst. Schreinern: Du arbeitest mit Holz, zum Beispiel kannst du schnitzen und sägen. Textilien: Bei dieser Aktion kannst du Stoff bearbeiten oder deine eigenen Taschen, Kuscheltiere oder Kleider entwerfen. Für Schulklassen Es gibt viele medienpädagogische Angebote, bei denen du mit deiner Schulklasse etwas über Alltagsdinge oder Ähnliches erfahren kannst. Wirf doch einfach einen Blick auf die Homepage www.jubez.de, da findest du alle Aktionen, Kurse, Workshops und Ferienangebote mit Angaben zu den Zeiten und Kosten. Text: Tobias Ehrmann und Anderson Klaue INFO jubez Karlsruhe Kronenplatz 1, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 1335630, www.jubez.de Infos und Kartenvorverkauf Dienstag bis Freitag 14-18 Uhr zu den Büroöffnungszeiten Öffnungszeiten Die Öffnungszeiten sind unterschiedlich je nach Werkstatt und Veranstaltung. Aktuelle Zeiten sind auf der Homepage aufgelistet. Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 47 KOHI KULTURRAUM e. V. Der Name KOHI stammt aus dem Japanischen, er bedeutet Kaffee. Früher war das KOHI eine Kaffee- und Sushi Bar, heute ist es ein Treffpunkt für Kulturinteressierte. Alle Mitwirkenden am KOHI arbeiten ehrenamtlich. Das KOHI ist für alle offen, jeder kann das Programm mitgestalten Das KOHI am Werderplatz und eigene Ideen einbringen. Seit 2007 finden dort verschiedene Veranstaltungen statt. Den Besuchern wird „freie Kunst“ geboten, zum Beispiel Poetry Slam, Lesungen, Konzerte und Theater. Beim Poetry Slam kann man sein eigenes Gedicht vortragen. Die Gedichte können von allen Themen handeln, z.B. Straßenbahnfahren, im Regen tanzen, unter der Dusche singen und vieles mehr. Viele stehen beim Poetry Slam zum ersten Mal auf der Bühne. Dadurch, dass Poetry Slam im kleinen Rahmen stattfindet, wird den Künstlern die Angst vor dem Auftritt genommen. Im KOHI ist Poetry Slam sehr beliebt. Alternativ können beim Song Slam eigene Lieder vorgetragen werden. KOHI - Ein freier Kulturraum für Karlsruhe und für dich! Der Theater-, Lese-, Konzert- und Vorführraum des KOHI Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 48 Angebote für Schulklassen Wollt ihr mal einen anderen Schultag erleben? Dann geht ins KOHI! Dort könnt ihr mit eurer Klasse Theaterstücke anschauen. Dabei lernt man viel über bekannte Stücke, wie z.B. über Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“, denn die Theater-Jugendgruppe KOHIBIRIS studiert Stücke wie „tell Tell“ ein und führt diese im KOHI auf. Könnt ihr eure Lehrer nicht überreden, ins KOHI zu gehen? Dann holt euch die KOHIBRIS in eure Schule. Die KOHIBRIS sind sehr erfolgreich und haben schon mehrere Preise für ihre Aufführungen gewonnen. Sie sind sogar schon im Ausland aufgetreten. Wenn ihr Lust habt, selbst Theater zu spielen, könnt ihr euch bei den KOHIBRIS bewerben. Nähere Informationen zu den KOHIBRIS sowie den nächsten Aufführungsterminen findet ihr auf der Homepage www.kohibris.de. Text: Leah Felder und Levin Kramer INFO KOHI Kulturraum e.V. Werderstraße 47, 76137 Karlsruhe www.kohi.de Öffnungszeiten und Eintritt Im KOHI gibt es keine Eintrittspreise, sondern man wird Mitglied. Testmitgliedschaft für eine Woche: 5 € Testmitgliedschaft für einen Monat: 12 € Feste Mitgliedschaft monatlich: 10 € Es gibt auch keine regelmäßigen Öffnungszeiten. Wenn du eine Veranstaltung besuchen willst, schaust du am besten vorher auf der Homepage oder im Programmheft nach! Das Programmheft bekommst du kostenlos im KOHI. KOHIBRIS Leitung: Sonja Beil, Theaterpädagogin www.kohibris.de, info@kohibris.de, Tel.: 0176 48302002 Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 49 ZOOLOGISCHER STADTGARTEN KARLSRUHE Wie kam es zur Entstehung des Zoos? Vor 150 Jahren wurde der Zoo von einem Geflügelzüchterverein gegründet. Dieser wollte die Tiere beziehungsweise Vögel vor dem Aussterben schützen. Wie ist es heute im Zoo? Im Zoo kann man eine Menge erleben. Man kann zum Beispiel gefährliche Raubtiere entdecken und niedliche Kleintiere anschauen. Insgesamt besitzt der Zoo 800 Tiere 150 verschiedener Arten. Wir dachten, dass man im Zoo ausschließlich Tiere anschauen kann und es nicht so viele andere Möglichkeiten für Spaß und Erholung gibt. Doch wir haben uns getäuscht. Der Zoo hat unterschiedliche Angebote für Jung und Alt. Schneeleopard im Karlsruher Zoo Hättest du gedacht, dass eine Million Besucher pro Jahr in den Karlsruher Zoo gehen? Wir nicht! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 50 Angebote für Kinder und Jugendliche Im Karlsruher Zoo kannst du mit deinen Freunden deinen Geburtstag feiern. Oder, wenn du mit mehreren Personen da bist, könnt ihr Führungen zu bestimmten Themen buchen. Das können auch Schulklassen oder Kindergar- tengruppen machen und die Tiere Afrikas, der Wüste oder der Polarregionen, die Raub- oder Wassertiere kennen lernen. Bei einer Führung wirst du nicht nur Tiere anschauen und von der Zoopädagogin etwas über sie lernen, sondern du bekommst auch Fell- und Hautproben von verschiedenen Tieren zum Anfassen! Und über die Geschichte des Zoos erfährst du auch etwas. Aber der Karlsruher Zoo bietet noch viele andere Aktivitäten: Du kannst mit der Gondoletta über den ganzen See fahren oder dich auf dem Abenteuer- spielplatz austoben. Auf dem Wachturm kannst du ein Ritter sein, der die Angreifer entdeckt oder du kannst mutig über die wackelige Zugbrücke laufen und das hohe Seilklettergerüst hinaufsteigen. Außerdem gibt es noch für die Kleinen eine Autostrecke um den Spielplatz herum, bei der man sich entscheiden kann, ob man einen großen Oldtimer oder einen kleinen Sportwagen fahren will. Unser persönliches Highlight Unser Highlight waren die Fütterungen, vor allem die der Seehunde und Seelöwen! Diese Fütterungen sind sehr lustig, weil der Tierpfleger mit den Tieren spielt und die Seelöwen Kunststücke machen. Text: Jule Lang und Joshua Hartig Warum sind Pinguine oben schwarz und unten weiß? Pinguine sind die Beute von Raubvögeln. Wenn die Raubvögel auf der Suche nach ihnen über das Wasser fliegen, können sie die Pinguine nur schwer erkennen, da sie auf dem Rücken so dunkel wie das Wasser sind. Auch Feinde aus der Tiefe, z.B. Robben, haben es schwer, die Pinguine zu finden, da ihr weißer Bauch von unten gesehen dem hellen Himmel ähnlich sieht. Gute Tarnung! Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 51 Die Pinguine im Karlsruher Zoo – von oben kaum zu erkennen! INFO Zoologischer Stadtgarten Karlsruhe Ettlinger Straße 6, 76137 Karlsruhe Tel.: 0721 1336815, www.karlsruhe.de/b3/freizeit/zoo.de Öffnungszeiten Der Zoo hat verschiedene Eingänge. Die Öffnungszeiten richten sich nach den Jahreszeiten. Aktuelle Informationen findest du auf der Homepage. Eintritt Einzelpreise: Kinder von 6 bis 15 Jahren 3,50 €, Erwachsene 7,50 € Gondoletta Rundfahrt: Kinder ab 6 Jahren 1,50 €, Erwachsene 3,50 € Jahreskarte: Kinder von 6 bis 15 Jahren 18 €, Erwachsene 35 € Weitere Informationen zu Kombitickets und Ermäßigungen auf der Homepage. Zoopädagogische Abteilung Tel.: 0721 133 6813, E-Mail: zooschule@zoo.karlsruhe.de Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 52 Bildnachweis S. 7 Badisches Landesmuseum Karlsruhe S. 8, 9, 16, 17, 18, 34, 36, 37, 38, 39, 42, 43, 44, 45, 46, 47 Max-Planck-Gymnasium Karlsruhe S. 10 unten, 11 Museum für Literatur am Oberrhein S. 10 oben (Ausschnitt) ONUK S. 12, 13, 14, 15, 20 oben Mitte, oben rechts, unten, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 49, 51 Adina-Monica Trinca S. 19 Martin Dürrschnabel S. 20 oben links Stadtarchiv Karlsruhe Illustrationen Cover Lara Adam (Klasse 7c, Max-Planck-Gymnasium) S. 6, 53 Diana Buterus (Klasse 9d, Max-Planck-Gymnasium) Comic-Figuren Strichmännchen Anderson Klaue (Klasse 7c, Max-Planck-Gymnasium) Comic-Figuren Pyramide Jakob Nagel (Klasse 7b, Max-Planck-Gymnasium) S. 56 Tobias Ehrmann (Klasse 7c, Max-Planck-Gymnasium) Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 53 Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 54 KULTURORTE Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 55 1 Badisches Landesmuseum Karlsruhe Schlossbezirk 10 2 Museum für Literatur am Oberrhein Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10 3 Stadtmuseum Karlsruhe Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10 4 Kinder- und Jugendbibliothek im Prinz-Max-Palais Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10 5 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Junge Kunsthalle Hans-Thoma-Straße 2-6 6 Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe Erbprinzenstraße 13 7 Städtische Galerie Karlsruhe Lichthof 10, Lorenzstraße 27 8 ZKM I Zentrum für Kunst und Medientechnologie Lorenzstraße 19 9 Junges Staatstheater Karlsruhe in der Insel Karlstraße 49b 10 marotte Figurentheater Kaiserallee 11 11 Sandkorn-Theater Kaiserallee 11 12 Filmtheater Schauburg Marienstraße 16 13 jubez Karlsruhe Kronenplatz 1 14 KOHI Kulturraum e.V. Werderstraße 47 15 Zoologischer Stadtgarten Karlsruhe Ettlinger Straße 6 Karlsruher Coolturführer für Kinder und Jugendliche! 56 Notizen Deutscher Kinderschutzbund OV Stadt und Landkreis Karlsruhe e.V. Wir sind viele! Über 230 Ehrenamtliche kümmern sich jährlich um mehrere hundert Personen und Familien. Um Kinder, Jugendliche und Familien, die nicht auf der Sonnenseite der Gesellschaft stehen. Unbürokratisch, schnell und effektiv, mit viel Engagement und Menschlichkeit bieten wir auf der persönlichen Ebene konkrete und praktische Hilfe an. Unser Team hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lebenssituation und die Zukunftsperspektiven der Kinder aus Karlsruhe und Umgebung zu verbessern. Außerdem setzen wir uns in der Gesellschaft für die Rechte der Kinder ein, weisen auf gefährdende Entwicklungen für Kinder hin und versuchen, kinderfreundliche Entscheidungen in der Politik herbeizuführen. Wir nehmen die Probleme der Menschen, die zu uns kommen, sehr ernst und bemühen uns, diese Probleme gemeinsam mit ihnen zu lösen. Wir unterstützen unsere Klienten dabei, wieder auf eigenen Füßen stehen zu können und ihr Leben zukünftig ohne Hilfe zu meistern. So unterschiedlich wie unsere Klienten sind auch die Probleme mit denen wir uns beschäftigen. In neun Fachbereichen und zwei Sonderprojekten kümmern wir uns um die unterschiedlichsten Belange. Unsere MitarbeiterInnen verfügen über ein breitgefächertes und fundiertes Wissen in der Zusammenarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Wir bieten eine Vielzahl von Beratungsangeboten, unterstützende Hilfe sowie Kurse für Eltern und Jugendliche und beteiligen uns an ausgewählten kulturellen Angeboten, wie man an diesem Kulturführer sehen kann. Wir arbeiten ehrenamtlich – unser Verein finanziert sich zu zwei Dritteln aus Spenden, was immer wieder aufs Neue eine große Herausforderung für uns bedeutet. Unsere Angebote sind entweder kostenfrei oder können zu einem geringen Betrag gebucht werden. Nähere Informationen zu unserer Arbeit sind unter www. kinderschutzbund-karlsruhe.de zu finden. Renate Gissel Geschäftsführerin Deutscher Kinderschutzbund OV Stadt und Landkreis Karlsruhe e.V. COVER_1.pdf Kinderkulturführer_Downloadversion_mit Druckerei_10.09.14 COVER_2
https://presse.karlsruhe.de/db/meldungen/17126/kinderkulturfuhrer_downloadversion_mit.pdf
Zoo - Rallye Dein Weg beginnt am Affenhaus. Die Informationstafeln werden Dir beim Beantworten der Fragen helfen. 1. Welcher Gesichtsausdruck zeigt einen Schimpansen, der sich be- droht fühlt und angespannt ist? (A) (B) 2. Wo schlafen Zwergmäuse? in selbstgebauten Kugelnestern (A) in hohlen Bäumen (B) 3. Beschreibe das Gesicht der Rotscheitelmangaben! Sie haben ein schwarzes Gesicht mit hellen Augenlidern. (A) Sie haben ein helles Gesicht mit schwarzen Augenlidern. (B) 4. Welcher Schwanz gehört zu den Kattas? (A) (B) (C) Verlasse nun das Affenhaus. Im Außenbereich findest Du einen Affen mit besonderen Fähigkeiten. 5. Wozu benutzt der Geoffroy-Klammeraffe seinen Greifschwanz? zum Zufächeln von Luft an heißen Tagen (A) zum Hangeln und Klettern (B) Tipp: Die Lösungen dieser Rallye findest Du auf der Rückseite. Aber nicht mogeln!  Gehe am Teich entlang, wo sich viele Enten und Gänse tummeln, dann geradeaus bis zu den Tieren der Afrikasavanne. 6. Welche Ente hat das „auffälligste Prachtgefieder“? (siehe auch Info-Tafel!) M __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ 7. Was ist die Hauptnahrung des Zebras? Tse-Tse-Fliegen (A) Gras (B) Hafer (C) 8. Strauße sind die größten und schwersten Vögel der Erde. Können sie fliegen? ja (A) nein (B) Deine letzte Station ist das Giraffenhaus. 9. Wie trinken Giraffen? sie setzen sich hin (A) sie spreizen die Vorderbeine und senken den Kopf zum Wasser (B) 10. Erdmännchen kommen aus Afrika. Sie leben… in großen Familienverbänden als Einzelgänger So, das hast Du sicher super gelöst! Danke für Dein Interesse! Wenn Du mehr über unsere Tiere wissen willst, komm´ einfach zu den Veranstal- tungen der Zoopädagogik oder frage nach neuen Erlebnisspielen im Zoo. Wir freuen uns auf Dich! Lösungen: A / A / A / B / B / Mandarinente / B / B / B / B Zoologischer Stadtgarten Karlsruhe Zoopädagogik Telefon 0721 / 133 - 6813 Telefax 0721 / 133 - 6809 zooschule@zoo.karlsruhe.de S ta n d 0 1 /2 0 1 7
https://www.karlsruhe.de/b3/freizeit/zoo/zoopaedagogik/rallyes/HF_sections/content/ZZkmyRyB4ugZ3a/ZZkmyRIv7hhfBu/Rallye%20II%20Affen%20-%20Giraffen%202017%206-8.pdf
Dein Weg beginnt am Affenhaus. Die Informationstafeln werden Dir beim Beantworten der Fragen helfen. 1. Welcher Gesichtsausdruck zeigt einen Schimpansen, der sich be- droht fühlt und angespannt ist? (A) (B) 2. Wo schlafen Zwergmäuse? in selbstgebauten Kugelnestern (A) in hohlen Bäumen (B) 3. Beschreibe das Gesicht der Rotscheitelmangaben! Sie haben ein schwarzes Gesicht mit hellen Augenlidern. (A) Sie haben ein helles Gesicht mit schwarzen Augenlidern. (B) 4. Welcher Schwanz gehört zu den Kattas? (A) (B) (C) Verlasse nun das Affenhaus. Im Außenbereich findest Du eine Affenart mit besonderen Fähigkeiten. 5. Wozu benutzt der Geoffroy-Klammeraffe seinen Greifschwanz? zum Zufächeln von Luft an heißen Tagen (A) zum Hangeln und Klettern (B) Tipp: Die Lösungen dieser Rallye findest Du auf der Rückseite. Aber nicht mogeln!  Gehe am Teich entlang, wo sich viele Enten und Gänse tummeln, dann geradeaus bis zu den Tieren der Afrikasavanne. 6. Welche Ente hat das „auffälligste Prachtgefieder“? (siehe auch Info-Tafel!) M 7. Was ist die Hauptnahrung des Zebras? Tse-Tse-Fliegen (A) Gras (B) Hafer (C) 8. Strauße sind die größten und schwersten Vögel der Erde. Können sie fliegen? ja (A) nein (B) Deine letzte Station ist das Giraffenhaus. 9. Wie trinken Giraffen? sie setzen sich hin (A) sie spreizen die Vorderbeine und senken den Kopf zum Wasser (B) 10. Erdmännchen kommen aus Afrika. Sie leben… in großen Familienverbänden (A) als Einzelgänger (B) So, das hast Du sicher super gelöst! Danke für Dein Interesse! Wenn Du mehr über unsere Tiere wissen willst, komm´ einfach zu den Veranstal- tungen der Zoopädagogik oder frage nach neuen Erlebnisspielen im Zoo. Wir freuen uns auf Dich! S ta n d 1 0 /2 0 1 8 Zoologischer Stadtgarten Karlsruhe Zoopädagogik Telefon 0721 / 133 - 6813 Telefax 0721 / 133 - 6809 zooschule@zoo.karlsruhe.de Lösungen: A / A / A / B / B / Mandarinente / B / B / B / A mailto:zooschule@zoo.karlsruhe.de
https://www.karlsruhe.de/b3/freizeit/zoo/zoopaedagogik/rallyes/HF_sections/content/ZZkmyRyB4ugZ3a/ZZkmyRIv7hhfBu/RallyeIIAffen-Giraffen2018_6-8.pdf
Dein Weg beginnt am Affenhaus. Die Informationstafeln werden Dir beim Beantworten der Fragen helfen. 1. Welcher Gesichtsausdruck zeigt einen Schimpansen, der sich be- droht fühlt und angespannt ist? (A) (B) 2. Wo schlafen Zwergmäuse? in selbstgebauten Kugelnestern (A) in hohlen Bäumen (B) 3. Beschreibe das Gesicht der Rotscheitelmangaben! Sie haben ein schwarzes Gesicht mit hellen Augenlidern. (A) Sie haben ein helles Gesicht mit schwarzen Augenlidern. (B) 4. Welcher Schwanz gehört zu den Kattas? (A) (B) (C) Verlasse nun das Affenhaus. Im Außenbereich findest Du einen Affen mit besonderen Fähigkeiten. 5. Wozu benutzt der Geoffroy-Klammeraffe seinen Greifschwanz? zum Zufächeln von Luft an heißen Tagen (A) zum Hangeln und Klettern (B) Tipp: Die Lösungen dieser Rallye findest Du auf der Rückseite. Aber nicht mogeln!  Gehe am Teich entlang, wo sich viele Enten und Gänse tummeln, dann geradeaus bis zu den Tieren der Afrikasavanne. 6. Welche Ente hat das „auffälligste Prachtgefieder“? (siehe auch Info-Tafel!) M __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ 7. Was ist die Hauptnahrung des Zebras? Tse-Tse-Fliegen (A) Gras (B) Hafer (C) 8. Strauße sind die größten und schwersten Vögel der Erde. Können sie fliegen? ja (A) nein (B) Deine letzte Station ist das Giraffenhaus. 9. Wie trinken Giraffen? sie setzen sich hin (A) sie spreizen die Vorderbeine und senken den Kopf zum Wasser (B) 10. Erdmännchen kommen aus Afrika. Sie leben… in großen Familienverbänden (A) als Einzelgänger (B) So, das hast Du sicher super gelöst! Danke für Dein Interesse! Wenn Du mehr über unsere Tiere wissen willst, komm´ einfach zu den Veranstal- tungen der Zoopädagogik oder frage nach neuen Erlebnisspielen im Zoo. Wir freuen uns auf Dich! Lösungen: 1A / 2A / 3A / 4B / 5B / Mandarinente / 7B / 8B / 9B / 10A Zoologischer Stadtgarten Karlsruhe Zoopädagogik Telefon 0721 / 133 - 6813 Telefax 0721 / 133 - 6809 zooschule@zoo.karlsruhe.de S ta n d 0 1 /2 0 2 0 Rallye II Tour: Affen bis Giraffen 2020
https://www.karlsruhe.de/b3/freizeit/zoo/zoopaedagogik/rallyes/HF_sections/content/ZZkmyRyB4ugZ3a/ZZkmyRIv7hhfBu/Rallye%20II%20Affen%20-%20Giraffen%202020%206-8.pdf
Pfinzgaumuseum Karlsruhe-Durlach Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 3 Herausgegeben von der Stadt Karlsruhe Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach Akzente seiner Neugestaltung Karlsruhc 1976 Inhalt Dr. Ludwin Langenfeld : Geschichte des Pfinzgaumuseums . 7 Dr. Helga Walter-Dressler: Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser 19 Prof. Dr. Ernst Petrasch: Durlacher Fayencen 1723-1840 . 30 Dr. Walther Franzius: Zu r Technik der Fayeneeherstellung . 40 Dr. Ludwin Langenfeld: D ie Straßburg-Durlacher Bibel von 1529/30 und ih re Drueker Wo lf Köpfl und Velt in Kobian . 42 Dr. Eva Zimmerman n: Zwei spätgotische Bildwerke aus Wössingen 69 Ernst Schneider: Du rlach im Wandel der Jahrhunderte . 77 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibl iothek Das Pfinzgaumuseum in Ka rl sruhe-Durlach - Akzente seiner Neugestaltung Karlsruhe: C. F. Mü ller, 1976 ISBN 3-7880-9565-2 Redaktion: Archivdirektor Dr. Ludwin Langenfe ld Umschlagbild (Pfinzgaumuseum): Manfred Schaeffer, Karlsruhe Gesamtherstellung : C. F. Müller, Großd ruekerei und Verlag GmbH, Karlsruhe 5 Zugleich mit dem Erscheinen dieser Dokumentation öffnet das Pnnzgaumuseum im Prinzessinnen- bau des Durlacher Schlosses nach langw ieriger Restaurierung und Neugesta ltung wieder seine engen und doch so weit gewordenen Pforten. Eng, weil die al tehrwürdige Wendeltreppe wenig- stens zum Teil in den Zugang zu den einzelnen Stockwerken miteinbezogen bleibt. Weit, weil die Neugestaltung, indem sie große Akzente setz t, nämlich die Durlacher Fayencen, die Bi lder des Durlacher Malers Karl Weysser, die a lten Durlacher Buchdruckerzeugnisse und sd,ließlich die um die Schlacht bei Durlach kreisenden Revolu tionsdokumente von 1848/49, ei ne schöpferische und vita le Vielfalt offenbart, die der Mutterstadt Karlsruhes zur Ehre gereicht und der überörtliche Bedeutung und Ausstrahlung zukommt. Die Stadt Karlsruhe freut sich, das so erneuerte Museum, das der Initiative eines ei nzeln en seine Entstehung verdankt, der Offentlichkeit als Zeichen ihrer kulturellen Bemühungen übergeben zu können. Mögen alle sich mitverantwortlich fü hlen für die Erhaltung und Pflege der unersetzlichen Werte, die hier zusammengetragen wurden. E ine künfl:ige Restaurierung des gesamten Schloßkomplexes wi rd dem Museum weitere Räume ersch li eßen. Dann werden - über die heute gesetzten Akzente hinaus - all die vielfältigen Zeugnisse der Heimat- liebe gezeigt werden können, die den ei nzelnen Bürger mit der Gesamtheit der Gemeinde ver- binden . Ostern 1976 Otto Dullenkopf Oberbürgermeister Ludwin Langenfeld Geschichte des Pfinzgaumuseums Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach verdankt seine Gründung und sei nen Aufbau der Privatinitiative einer einzigen Persönlichkeit, nämlich dem am 29. Juli 1877 in Durlach geborenen Friedrich Eberle. Er war das jüngste Kind der a lten Durlacher Bürgerfamilie des Werkmeisters Eustachius Eberle. Der Vater Eberle war, wie später sein Sohn, ein begabter Mann, Erfinder einer für seine Firma sehr brauchbaren Zündholz maschine. Schon als Kind interessierte sich der Sohn Fried rich für die Geschichte seiner Heimatstadt. 1909 fing er an, a lte heimatliche Gegen- stände zu sammeln . Inzwischen war er in den Dienst der damaligen Reichspost getreten, bei der er eine einundfünfzigjährige Dienstzeit (Postinspektor) verbrachte. Der Sechsunddreißigjährige trat im Jahre 1913 mit dem Anerbieten an den Durlacher Gemeinderat heran, daß er Altertümer sammeln und ein Museum entstehen lassen wo ll e. Am 16. September 1913 übertrug ihm dcr Gemeinderat Durlach das Ehrenamt ci nes "Städtisdlcn Konservators". Friedrich Eberle hat die- ses Datum mit Recht späterhin immer als den Gründungstag des Pfinzgaumuseums bezeichnet. Bereits am 24. September 1913 erschien der erste einer langen Reihe seiner Artikel und Aufrufe im "Durlacher Wochenblatt (Tageblatt)", in dem es heißt: "Einem langen und vielsei tigen Wunsch entsprechend, hat nun unsere Stadtverwaltung der Anlegung einer städtischen Sammlun g zuge- stimmt und für die Sammlungsobjekte einen Raum im Rathaus zu r Verfügung gestellt. Es ist jetzt Gelegenheit, Gaben, wie Durlacher Fayence, Zinnsachen, a lte Schlösser und Beschläge, Urkunden, Durlacher Abbi ldungen und Bücher, Du rlacher Produkte der letzten Jahrzehnte u.s.w., die da und dort noch herumliegen, an den richtigen Ort zu bringen und damit se inen Namen zu verewigen. Möge jedes dazu beitragen, daß alte, interessante Gegenstände nicht mehr zu Durlach hinauswandern. Es tut ei nem ordentlich wehe, wen n man fremde Sammlungen durch- geht und sieht, daß Durlacher Sachen, vielfach als Geschenk, dort aufgestellt sind ." Der Auf- ruf war .. Durlacher Altertümersammlung" überschrieben. Bereits fü nf Wochen später, am 30. Oktober 1913, konnte Eberle im "Durlacher Wochenbla!!" melden, daß der Sammlung in- zw ischen gegen dreihundert Objekte, darunter 27 Durlacher Fayencen, zugefüh rt worden seien. Zum gleichen Zeitpunkt zog die Sammlung in ei nen großen Kellerraum der Gewerbeschule um. In der Ausgabe des "Durlacher Wochenblatts" vom 5. Jun i 1914 taucht zum ersten Male der Name "Pfinzgaumuseum" fü r die .. Durlacher Altertümersammlung" auf. Diese Benennung ist eine glückliche Erfindung Friedrich Eberles, der damit schon damals - unter Beibehaltung der Zentralfunktion Durlachs - seine Sammelkonzeption auf die umgebende Landschaft, insbeson- dere den östlich angrenzenden Pfinzgau ausdehnte. Bereits in der Ausgabe des "Durlacher Wochenblatts" vom 25. Juli 1914 erscheint nur noch die Benennung "Pfinzgaumuseum", die wohl 7 auch durch die zu gleicher Zeit laufenden Landtagsverhandlungen initiiert wurde, in denen zur Sprame kam, die einzelnen Bezirke mödlten ihre Altertümer sammeln und der Staat solle ihnen hierbei mit Rat und Tat zu r Seite stehen. Einige Tage später unterbrach der Ausbruch des Welt- krieges die heimatpflegerischen Bemühungen. Die Sammlung wurde in ein großes Zimmer des Gymnasiums verbracht. Hier wäre sie, schreibt Eberle in seinen Aufzeichnungen, den Krieg über verblieben, .. wenn nicht ein so vergeßlicher Professor im StOckwerk obenan den Wasserhahnen Wappen tafel des Durlacher Schlosses von 1565 hätte offen stehen lassen, wod urch die Nacht das Wasser durch die Decke in das Sammelzimmer drang und die Gegenstände durchnäßte und beschmutzte". Nun wurde die Sammlung in ein Zim- mer im 3. Stock werk verlagert und kam von hier aus 1918 zunächst in die Privatwohnung Eberles. Im Juli 1922 gelang es Eberle, die 1905-1907 durch den Landeskonservator der Offentlichen Baudenkmale instandgesetz ten Räume des sogenannten Prinzessi nnen baues, der südwestlichen 8 Ecke des Durlacher Markgrafenschlosses, zu erhal ten. Die Sammlung war inzwischen bedeutend angewachsen, nicht zuletzt durch den Ankauf der umfangreichen Fayencensammlung der Familie Walz durch die Stadt Durlach (ein Ankauf, der 1963 eine Parallele durch den Ankauf eines 15teiligen Services durch die Stadt Karlsruhe fand) und durch weitere Spenden aus der Bevölke- rung. Hier muß insbesondere des Freiherrn Schilling von Canstatt zu Hohenwettersbach als eines hochherzigen Förderers des Museums gedacht werden. Anfang März 1924 wurde das Museum eröffnet. In einem Schreiben vom 6. März 1924 sprach der Oberbürgermeister der Stadt Durlach, Zöller, Friedrich Eberle den Dank des Stadtrates "fü r das Gelingen des großen Werkes" aus. Einige Tage später besichtigte der Stadtrat das Museum und in der Stadtratssitzung vom 19. März 1924 wurde Eberle nochmals der Dank der Stadtverwaltung ausgesprochen. Vom April bis Oktober 1924 war das Museum nunmehr den Besuchern sonntags von 11 - 13 Uhr zugänglich, die überwachung und das Kassieren des Eintrittsgeldes (30 Pfg.) waren Ehrensache des Konser- vators und seiner Frau. (übrigens wurde erst ab 1. April 1955 der Museumsbesuch entgeltfrei ge- macht.) Während des Winters blieb das Museum geschlossen, da es nur unzulänglich beleuchtet war und vor allem über keinerlei Beheizung verfügte (die Luftfeuchtigkeit betrug bis zum Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972 im Mittel70 Ofo). Diese winterliche Schließung des Museums ist seither alljährlich durchgeführt worden, erst mit der völligen architektonischen und museums- technischen Neugestaltung des Museums, zu dessen Eröffnung im Frühjahr 1976 die vorliegende Dokumentation erscheint, wird - dank der modernen Heizungs- und Beleuchtungsanlagen - eine ganzjährige Offnung möglich. Da wir einen historischen Abriß schreiben, wollen wir um der Wahrheit wi llen nicht verschwei- gen, daß es 1925 zu einer Kontroverse zwischen dem Durlacher Oberbürgermeister und Konser- vator Eberle kam, in deren Verlauf Eberle sein Amt niederlegte. Der Stadtrat Resch wurde zum- ehrenamtlichen Verwalter des Museums bestellt ("Du rlacher Tageblatt" vom 19. 3. 1925; Proto- koll der Stadtratssitzung vom 18. 3. 1925; persönl. Aufzeichnungen Eberles). Im Anzeigenteil des "Durlacher Tageblatts" vom 21. 3. 1925 veröffentlichte Eberle eine persönliche "Erklärung", die zeigt, wie sehr er sich getroffen fühlte. Allzu lange scheint jedoch dieser Interimszustand nicht gewährt zu haben. Spätestens 1929 hat Eberle wohl seine Tätigkeit wieder aufgenommen, wie sein Artikel "Unser Pfinzgaumuseum" zeigt, den er in der Jubiläumsausgabe zum 100jährigen Bestehen des "Durlacher Tageblatts" am 1. 7. 1929 veröffentlichte. Aber schon im April 1934 kam es wieder zu Spannungen und einem Rücktritt Eherles von seinem Amt, weil das Museum wertvolle Durlacher Stücke an das Armee-Museum in Rastatt abgeben soll te. Die Verwaltung des Museums ging in die Hände der Durlacher Lehrerschaft über. Als im März 193 7 der damalige Rektor Edel infolge Arbeitsüberhäufung um Enthebung von seinem Amt als Konservator bat, erklärte sich Eberle zum zweiten Male bereit, das Amt mit Wirkung vom 1. 3. 1937 wieder zu übernehmen. Während des Zweiten Weltkrieges blieb das Museum geschlossen, die wertvollsten Stücke (insbesondere Fayencen) wurden zur Aufbewahrung an Durlacher Bürger verteilt. Um die übrige Sammlung bei einem eventuellen Luftangriff zu schützen, schlief Friedrich Eberle wäh- 9 rend der Dauer von sechs Monaten nachts im Museum. Im Mai 1945 wurde das Museum von den Friedrich Eberle Franzosen, im Juli von den Amerikanern als "Off limits") als unbetretbar für die Alliierten, erklärt. Die meisten Waffen der Sammlu ng (Geweh re, Pistolen, Säbel, Munition ) mußten den französischen Behörden abgeliefert werden, ein Verlust, den das Museum wohl am leichtesten ver- schmerzen konnte. Friedrich Eberle konnte die zweite Nachkriegszeit sein es Museums, das im Juni 1948 wiedereröffnet wurde, nicht mehr erleben. Im April 1948 zwang ihn sein Gesu ndheitszu- stand, sein Ehrenamt endgiiltig abzugeben . Am 16.6 . 1948 fan d im Amtszimmer des Leite rs des Stadtamtes Durlach durch Oberbürgermeister Töpper, Karls ruhe (die Stadt Ka rlsruhe war seit der 1938 erfolgten Eingemei ndung Durlachs rechtmäßiger Hausherr des Museums) , ein e Ehrun g Fricdrich Eberles statt, anschließend wurde das Museum besichtigt. Am 30. 11. 194 8 verstirbt Friedrich Eberle und wi rd am 2. 12. auf dem Durlacher Bergfriedhof beigesetzt . Am 7. 6. 1948 war der damalige Stadtoberrechnungsrat H ein rich Li ede vom Karlsruher Oberbürgermeister mit der ehrenamtlichen Betreuung des Museums beauftragt worden. Die Lehrerin Mathilde Sauder un d der Lehrer Hans Wolf aus Durlach erkl ärten sich zur Unterstützung Liedes bereit. Mit H einrich Liede war eine Persönlichkeit gefunden, die mit dersel ben Hingabe wie sei n Vorgänger Eberle die angesammelten Schätze rund 25 Jahre, bis z um Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972, betreute. Seine Aufgabe war naturgemäß weniger das Sammel n als das Bewahren und Betreuen. Sein steti- ger Kampf galt der Verbesseru ng der Unzulänglichkeit der Räume, vo r a llem der (leider von ihm nicht mehr erreichten) Hinzugew innung wei terer Räume (vo r all em des erst mit der jetzigen Neueröffnung in Benutzung genommenen Raum es der frü heren Wanderherberge). Auch H einri ch Li edes Lei stung kann nicht hoch gen ug eingeschätzt werden. Unter seiner Leitun g haben von 194 8 bis 1972 rund 35000 Besucher das Museum besichtigt. W ie sein großer Vorgä nger war H einrich Liede Sonntag für Sonntag an der Spitze seiner ehrenamtlichen Aufsichtskräfhe im Museum anwesend, deren Namen hi er dankbar genannt werden soll en: neben der unermüd- lichen Witwe Fried rich Eberles, Fra u Walburga Eberle, di e am 29 . 3. 1960 versta rb, und der sdlOn genannten Lehrerin Mathilde Sauder waren dies die Damen: Gabrie le Stürzenacker und Em ma Mayer, die H erren: Heinz H entschel, Werner Krieger, Max Lenzi nger, OttO Meyer, Karl Pfatteicher, Siegfried Riemann, Wolfgang Rösch , Friedrich Schaaf, Helmut Voss und Max Zeiss. Zusammenfassend ist es unsere Pflicht, der Persönlidtkeit Eberl es gerecht zu werden. Dies ist ebenso leicht wie schwer. Leicht: den n seine Verdienste liegen klar zu Tage. E r hat aus tiefer Heimatliebe und echtem Heimatstol z heraus d ie An fänge des Museums gelegt und die Sa mmlun- gen fünfunddreißi g Jahre hindurch angereichert und betreut. Seine A ufgabe wa r mit Fug un d Recht das Sammeln, nicht das Sichten . Erst mußte ein Grundstock gescha ffen werden, der es uns H euti gen ermöglicht, auszuwähl en un d Akzente zu setzen. Für diese Sammlun g hat Eberl e auch seinen persönlichen Besitz und seine persö nlichen Mittel rückhaltlos hingegeben, unter- stützt von seiner dieser Aufgabe ebenso tief verbundenen Gattin. Gefördert wurde diese Gene- rosi tät Eberles durch seine menschliche Kommunikationsfreudi gkeit (er wa r Mi tg lied all er mög- lichen Vereine) und durch den feinen, still en Humor, der ihm zu eigen war und der sich an 11 Geburtstagen der Freunde in sinnigen Geburtstagsgedichten äußerte. Schwer: denn über den wahrhaft polyhistorischen Charakter seines Geistes wissen heute nur noch die wenigsten Bescheid. Eberle wa r ein exzellenter Kenner der Geschichte seiner Vaterstadt Durlach und des Pfinzgaus. In ungezählten Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften hat er sein Wissen ausge- breitet, in vielen Vorträgen seine Zuhörer belehrt, als Orga nisator vieler Festzüge die Zuschauer begeistert. Seine handschriftlichen Aufzeichnungen, darunter zahlreiche Manuskripte, bebilderte Mappenwerke (u. a.: "Die Pfinz von der Quelle bis Zl\r Mündung", "Der Turmberg") füll en ganze Regale. Eine einzigartige Schlagwort-Kartothek über die Geschichte Durlachs enttäuscht den Sud,enden selten . Eberle war aber auch ein gewandter Zeichner und Aquarellist. Mit fein em Strich hielt er jeden geschichtlich oder künstlerisch bedeutenden Gegenstand an Durlachs Gebäuden (Wappen , Türstürze, Fensterumrahmungen) fest. Die Flora des Turmbergs hat er in Einzeldarstellungen aquarelliert. Nic!1t zul etzt ließ er seine H eimatliebe in vielen Gedichten ausströmen. Eberles größte und nachwirkendste Tat aber war die In itiative, den sogenannten Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses als Museumsgebäude einzu richten. D enn wenn auch die zwa r schöne, aber auch enge und - besonders für ältere Besucher - unbequeme ehrwürdige Wendeltreppe mit ih ren neun verschiedenen Steinmetzzeichen, die im Prinzessi nnenhau die drei Stockwerke miteinander verbindet, einer Museumsplanung nicht gerade günstig war, so han- delte es sich hier doch, abgesehen von der Ruine des Gottesauer Schlosses, um die ä lteste und eine der schönsten Raumanlagen in Karlsruhe überhaupt. Das Karlsruher Schloß ist immerhin 150 Jahre jünger. Di e "Altertümersammlungen" konnten nirgendwo adäquater untergebracht sein als in diesen historischen Räumen VOn wahrhaft: einmali gem Wert. Bei all diesen Verdien- sten Eberles war es eine Ehrenpflicht für den Karlsruher Gemei nderat, 1960 eine Straße in Durlach nach ihm zu benennen. Der Prinzessinnenbau, in dessen volkstümlirnem Namen sich die Erinnerung an die Prinzes- si nnen des baden-durlachischen Hauses erhalten hat, ist - neben zwei Treppentürmen im Bereich des Baden-Werkes und einem Balkonstück im H ofdes sog. Wasserwerkes - der einzige erha ltene Bestandtteil der alten Karlsburg, die Markgraf Karl H. (Regentschaft 1553-1577) bei der Ver- legung seiner Residenz von Pforzheim nach Durlach 1563/65 erbauen ließ . Ober die Grü nde der plötzlichen E ntsch ließung des Markgrafen, sei ne Residenz von Pforzheim nach Durlach zu ver- legen, ist (ebenso wie über die G ründe des Markgrafen Karl Wi lhelm, seine Residenz 1715 von Durlach nach dem dadurch neu gegründeten Ka rlsruhe zu verlegen) wenig Greifbares beka nnt. Die Vermutungen reichen von der Behauptung des markgräflich baden-durlachischen Hi storikers Johann Christian Sachs (1770), es seien im Falle Pforzhei m Unstimmigkeiten zw ischen den Bürgern Pforzheims und dem Markgrafen bestimmend gewesen bis zu der, im Falle Karlsruhe, von modernen Historikern konstruierten geopolitischen Bewußtheit eines Markgrafen, der aus der topog raphischen E nge der durch die sumpfige Kinzig-Murg-Niederung gehemmten Residenz Durlach in das sandige Gebiet der Niederterrasse (und damit zum Rhein hin!) hinausstrebte. Ober das Durlacher Schloß schreibt Johann Christ ian Sachs: "Es wurde mit großen Kosten in kurzer Zeit zu Stande gebracht und erhielt nach dem durchlauchtigsten Erbauer den Namen Karlsburg. E r selbst hatte den Riß dazu entworfen und das ga nze Bauwesen ging unter sei ner 12 besonderen Aufsicht vor sich; er zahlte auch die Arbeitsleute mit eigener Hand aus und bekam daher den Namen : Karl mit der Tasche." Mag es sich hinsichtlich der Funktion der Tasche auch um eine liebenswürdige Fabel handeln (sie enthielt wohl eher das Schreibzeug des Fürsten), so hat dieses Anhängsel dem Markgrafen doch seinen volkstümlichen Namen eingetragen. Die eben zur Residenz erhobene dankbare Stadt Durlach ließ 1567 ihrem Markgrafen ein lebensgroßes Standbild aus gelbem weichem Sandstein errichten. Sein Schöpfer war der Tübinger Bildhauer Leonhart Baumhauer. Es war von 1567 bis 1862 a ls Krone des Durlacher Marktbrunnens vor dem Durlacher Rathaus aufgestellt, wurde 1862 auf den Schloßplatz, an die vordere Ecke des Platzes vor der Karlsburg, versetzt und mußte dort 1911 dem zunehmend en Verkehr weichen. Die starke Verwitterungserscheinungen aufweisende Statue wurde anschließend von dem Karlsruher Bild- hauer Heinrich Bauser zur ferneren Aufbewahrung in einern nicht den Wetterunbilden aus- gesetzten Raume restauriert. Zugleich fertigte Bauser eine naturgetreue Kopie des Standbildes, die seither den Balkon des Durlacher Rathauses schmückt. Die Originalstatue wurde erst ins Rathaus, dann in die Torhalle des Prinzessinnenbaues verbracht, wo sie jahrzehntelang der Jugend als willkommene Zielscheibe diente. Im Zuge der Neugestaltung des Museums wurde sie auf Veranlassung des Schreibers dieser Zeilen 1974 in den Steinsaal des Pfinzgaumuseums gebracht und in aufwendiger Arbeit durch den Karlsruher Restaurator Anton Rommel zum zweiten Male restauriert. Der Kunsthistoriker Hans Rott hatte zwar 191 7 in seinem bekannten Werk über "Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur G ründung Karlsruhes" noch die Ansicht vertreten : "Die Statue hat in Zuk unft, gleich einer wurmzerfressenen Altartafel etwa, als Museumsstück zu gelten, an der als einer monumentalen historischen Urkunde keine Restauration oder Erneuerung vorgenommen werden darf", aber die der Statue mutwillig und geda nkenlos zugefügten Schäden rechtfertigten die vorgenommene Restaurierung. Heute bildet sie, im zeitgenössischen Steinsaal des Museums aufgestellt, für die Besucher das treffendste Eingangssymbol. Im sei ben Steinsaal ist der Sockeltorso der Statue mit der Jahreszahl 1567 und ein künstlerisch wertvoller Grabstein (Frau in kniender Gebetshaltung) aus der Mitte des 16. Jahrhundert aufgestellt. Besondere Achtung verdient der hier ebenfalls aufgestellte Grab- stein des Baumeisters Demetrius Dangel von Zwiefalten (gestorben 1570), des Erbauers der Karls- burg (Bauperiode von 1563-65). Das von den Nachfolgern Karls 11. (den Markgrafen Ernst Friedrich - 15 77/ 1604 -, Georg Friedrich - 1604/ 1622 -, Friedrich V. - 1622/ 1659 -, Friedrich VI. - 1659/ 1677 - und Friedrich Magnus - 1677/ 1709, von letzterem zeigt das Museum Originaldokumente) erwei- terte Schloß wurde am 16. 8. 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Franzosen nieder- brannt. Reste der Ruinen standen mindestens noch bis zum Jahre 1834 , wie ein kleinesOlgemälde von L. Steinbach zeigt, das im Museum aufbewah rt wird und den Zustand nach der Natur festgehalten hat. Nach der Zerstörung begannen 1698 der Auf- und Neubau, der 1702 durch den inzwischen ausgebrochenen Spanischen Erbfolgek rieg, der alle Einkünfte auf Jahre hinaus wegnahm, wieder zum Erliegen kam. Dieser kurzen Bauperiode verdanken wir das heute an 13 den Prinzessinnenbau anschließende neue Schloß (Westwand des Haupthofes) mit barocker Fassade von Domenico Egidio Rossi. In der Torhalle des Prin zessinnenbaus, deren südliche Aus- fahrt jetzt zugemauert ist (bausthützeristhe Überlegungen zwangen dazu; in der Südmauer sind noth die Gleitri nnen des ehemaligen Fallgatters sichtbar, womit der Durthgang versth lossen werden kon nte), ist seit 1905/07 in die west lithe Wand die große Wappentafel von 1565 aus grauem Sandstein eingelassen, die einst über dem Portal der a lten Karlsburg prangte und die wohl das künstleristh wertvollste und ehrwü rdigste Monument des alten Durlath darstellt. Sie ist in drei Felder ein getei lt, bekrönt von einem Schmuck fries, umrahmt von Pilastern und Säul- chen mit reichem Renaissanceornament. Im mittleren Feld trägt sie das Wappen Karls 11., auf der linken Seite das Wappen seiner ersten Gemahlin Kunigunda, geborene Markgräfin zu Brandenburg, auf der rethten Seite das Wappen seiner zweiten Gemahl in Anna, geborene Pfalz- gräfin zu Veldenz . Besonders charakteristisch ist die Figur eines liegenden, die Geige spielenden Mannes, die der Meister der Tafel im Segmentbogen feld über dem Gesims, umrahmt von Engel- figürthe n angebratht hat. Reste der typisthen Bemal ung des Kreuzrippengewö lbes sind in der Torhalle noth sithtbar, mit ähnlithen Gewölben waren in der Karlsburg sämtlithe Räume des Erd- und des ersten Obergeschosses ei ngedeckt. Im ersten Obergesthoß des Museums geben die beiden Südzimmer mit ihrem dicken Mauerwerk, den tiefen Fensternischen und den ni edrigen Tü ren mit profiliertem Gewände noch einen Begriff von der Pracht der Räume der alten Karls- burg. Thre Bemalung wurde 1905/07 naturgetreu erneuert und 1975 verständnisvoll au fge- frischt. Der erste, kleinere Raum ist von einem Kreuzrippengewölbe überdeckt, der zweite von einem Netzgewölbe, dessen Rippen auf Konsolen in halber Wandhöhe ansetzen. Sie waren unverständlitherweise durth eine später angebrachte häßl ithe hölzerne Wandverkleidung ver- deckt, di e den Raumeindruck verdarb. Diese wurde bei der Restaurierung 1974 wieder ent- fern t, so daß der Raum jetzt wieder sein e ursprüngliche kompositorische Feinheit ausstrahlt , di e wir auch bew ußt durth ei n Minimum an Einrithtungsgegenständen (Vi tr inen, Möbel) erhal- ten wollten. So kann man diese beiden ältesten auch als die schönsten Räume in Karlsruhe bezeichnen. Der Fußboden bei der Räume wurde mit Bodenfliesen ausgelegt, die eigens nach dem Muster auf dem Turmberg gefundener Bodenfliesen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts von der Karls ruher Majolika gegossen wurden. Tn den bei den "Karl-Weysser-Sälen" und dem dazugehörigen Flu r des ersten Obergesthosses wurden 1974 die Flathdecken entfernt, so daß die ursprünglithen gewölbten Decken des Baumeisters Domenico Egi dio Rossi wieder zur Geltung kommen. Im zwei ten Obergesthoß wu rden die Gewölbe des großen Saales bei der Erneuerung 1905/07 d urth eine Stuckdecke ersetzt, di e 1974 in lithten Tönen bemalt wu rde. D ie hier an der Nord(Balkon)-Seite unter der Decke vorhandenen, mit Renaissanceornamenten verzierten Konsolen trugen das Gesims der al ten Süd wand des Sthlosses. Alle diese Maßnah- men wurden von dem Architekten Rolf Siemons in Durlath mit hohem stil ististhem Feingefühl getroffen. Wenn wir nun über die Nachkriegszeit des Pfinzgaumuseums zu berichten haben, so tun wi r dies, unserer Chronistenpflicht entsprechend, mit der gebotenen Genauigkeit. Wir können aber einleitend nicht verschweigen, daß diese Jahre (von der Wiedereröffnung 1948) bis zum Beginn 14 der Restaurierungs- und museumtechnischen Neueinrichtungsarbeitcn (1972) elOcn 1m Hin- blick auf das Museum selbst (beileibe nicht in Hinblick auf die aufopfernde Betreuung durch seinen ehrenamtlichen Leiter, Heinrich Liede, und sei ne schon genannten Mitarbeiter) unfrucht- ba ren Zeitraum darstellen, weil man in dieser Zeit weder in der Hinzugewinnung zusätz licher Räume noch (folgeri chtig) in der - immer wieder erkannten und geforde rten - Sichtung und Lichtung der Bestände weiterkam. Bis zum Ableben der verdienten Gattin Friedrich Eberles, Frau Walburga Eberle, im Frühjahr 1960, bestand allseits die pi etätvoll e Meinung, daß zu Lebzeiten der Witwe des Begrü nders des Museums an den Beständen und deren A ufstellung nichts geändert werden sollte. Späterhin scheiterte das Vorhaben immer wieder am Fehlen der benötigten Magazin- bzw. Abstellräume. SdlOl1 sei t 1956 hatten sich in PresseveröfFentlichungen immer mehr kritische Stimmen erhoben, die eine Neugestaltung des Museums forderten. Der Verfasser dieses Überblicks hat versucht, durch ei ne 1965 eingerichtete Ausstellung der Werke Karl Weyssers (Olbilder, Studien, Zeich nungen) im Rathaus-Saal in Durlad, und durch eine 1973 ebendort eingerichtete Ausstellung "Die Badische Revolution 1848-1849", welch letztere sich zum größten Teil auf die (i nzwischen im letzten Augenblick vor der endgültigen Zerstö- rung durch Nässe und Fäulnis restauriert,en) Bestände des Pfinzgaumuseums stützte, die Auf- merksamkeit einer größeren OfFentlichkeit auf die Gesamtrestaurierung des Phnzgaumuseums hinzulenken. In diesem Zusammenhang verdient festgehal ten zu werden, daß die durd1 die Restauration bedingte Schließung des Museums noch einen erfre ulichen NebenefFekt hatte. Das Badische Landesmuseum im Karl sruher Schl oß veranstaltete im Sommer und Herbst 1975 eine Ausstellung "Durlacher Fayencen - 1723-1847", die für al le Zukun ft vorbi ldlich und einmalig bleiben wi rd. Eine umfangreiche Katalog-Dokumentation aus diesem Anlaß wird als nidu mehr wegzudenk endes Standardwerk über diesen Gegenstand bestehen bleiben. Da das Phllzgaumuseum neben dem Badischen Landesmuseum die zweitgrößte Sammlung Durlacher Fayencen überhaupt besitzt, kam uns das Ane rbi eten des Badisd1en Landesmuseums, aus Anlaß der Ausstellung den gesamten Bestand des Phnzgaumuseurns wissenschaftlich zu bearbeiten und die fünfz ig schönsten Stücke daraus in der Ausstellung im Schloß zu zeigen, überaus gelegen. Für die so erstmals erfolgte, überaus ergebnisreiche und in vielen Details interessante wissen- schaft liche Bearbeitung der Bestände des Pfin zgaumuseums sind wi r dem Direktor des Badischen Landesmuseums, Prof. Dr. Ernst Petrasch, insbesondere dem w issenschaft lichen Sachbearbeiter Dr. Walther Franzius zu bleibendem Dank verpflichtet . Anfang der fünfz iger J ahre setzte sich verstärkt die Einsicht d urch, daß im Aufbau des Museums der tragende Gedanke, gewissermaßen der rote Faden, der den Besucher sinnvoll durch di e Aus- stellung geleiten könne, fehl e. Imm er dri ngender wurde ein e Umgestaltung gefordert. In einem Artikel der "Badischen Volkszeitung" vom 24 . 8. 1956 hieß es: Die Räumlichkeiten seien weder ausreichend noch zweck mäßig. In einem kleinen Raum seien wertvolle Antiquitäten unter- gebracht, die jedoch nicht zur vollen Geltun g kämen, weil sie wie in einem Trödlerladen angehäuft seien . Kostbare Urkunden und Drucke seien in vorsi ntflutlichen Vitrin en gelagert. 15 Ein kritischer Leserbrief mit der für sich sp rechenden Überschrift "Pfinzgau-Museum : Ein Besuch im Reich der Spinnen", erschien am 26. 5. 1959 in den "Badischen Neuesten Nachrichten". Unter dem 3. 10. 1959 berichtete das "Durlacher Tagblatt" unter der überschrift "Bestände des Pfinz- gau-Museums sollen gesichtet werden", daß der städtische Kulturauschuß eine Kommission zur Sichtung der Bestände gebildet habe, so daß nur das Wesentliche, für die eigentliche Durlacher Geschichte Wertvolle übrigbleibe und entsprechend besser zur Schau gestellt werden könne. In einem Expose legte am 12. 4. 1960 ein Kommissionsmitglied dar, die Bezeichnung Pfinzgau- Musum sei nicht der richtige Name, denn es gleiche eher einem Depot oder Magazin. Dies liege hauptsächlich an der Unterbringung. Die Sammlungen müßten zu einer chronologisch geordneten Schau zusammengestellt, die Spreu vom Weizen getrennt werden. In einem großen Artikel der "Badischen Neuesten Nachrichten" vom 10. 5. 1961 wird unter dem Titel "Das Pfinzgau-Museum braucht einen neuen Stil" festgestellt, daß die genannte Kommission "nur allgemeine Urteile zum Problem der Auslichtung dieses Urwaldes historischer Gewächse abgab, aber nicht für jedes einzelne der weit über 1000 Stücke eine endgültige Entscheidung fällte . Nur das hätte weiterhelfen können." Auch in diesem Artikel wird wieder festgestellt, daß diejenigen Stücke, deren Qualität den Wert des Museums ausmachen, durch die Masse zweitrangiger oder den Pfinzgau nicht betreffender Gegenstände erdrückt würden. Man dürfe sich daher nicht scheuen, einiges gänzlich zu beseitigen. Bei dieser "Herkules-Arbeit" gehe es nicht so sehr primär um eine Erweiterung des Museums, sondern um eine zeitgemäße Form. Ein Museum sei heute näm- lich nur wirksam, wenn es nicht auf Vollständigkeit Wert lege, sondern auf sorgfältig ausge- wählte wenige Beispiele. Da die Kommission über allgemeine Erwägungen nicht hinaus gekom- men war, wurde nun das Stadtarchiv mit einer Durchsicht der Bestände beauftragt. Der damalige Archivdirektor teilte aber zum Jahresende 1960 mit, daß mit einer Aussortierung nidtt begonnen werden könne, da die Museumsräume nicht beheizbar seien und keine ausreichenden Magazin- räume zur Verfügung stünden . In einem Artikel vom 23 . 9. 1961 berichtete das "Durlacher Tagblatt" von einer erneuten Sitzung des Kulturausschusses . Man sei sich darüber einig gewesen, daß das Museum durch unnötigen und wesensfremden Ballast beeinträchtigt sei. Die weniger guten Bestände müßten ausgeschieden werden; eine gründliche Durchsicht durch Fachleute sei nicht zu umgehen. Diese Forderung wurde wiederum in einer Sitzung des Gemeinderates vom 31. 12. 1961 aufgestellt. Am 24 . 3. 1962 berichtet das "Durlacher Tagblatt" über die bekannten Unzulänglichkeiten. Der Artikel räumt ein, daß das Museum einmal von einem Kunstkenner "der größte Ramschladen in Karlsruhe und Umgebung" genannt worden sei. Immer wieder wird auch in allen Veröffentlichungen auf die Feuchtigkeit der Räume und die Problematik der engen Wendeltreppe, insbesondere für ältere Besucher, hingewiesen . Inzwischen hatte die Stadt in ihrer Gemeinderatssitzung vom 12. 5. 1964 einen Vertrag zwischen Stadt und Land Baden- Württemberg gebilligt, der die überlassung der Karlsburg an die Stadt zum Preis von 1,6 Mil- lionen Deutsche Mark vorsah. Am 4. 1. 1965 machen die "Badischen Neuesten Nachrichten" wieder auf die unzulänglichen Zustände im Museum aufmerksam. Am 27 . 7. 1971 berichtet dieselbe Zeitung von einem Einbruch ins Pflnzgaumuseum, wobei insgesamt 21 Pistolen gestohlen wurden. 16 Inzwischen waren die Überlegungen hi nsichtlich einer Gesamtrestauration des Prinzessinnen- baues endgültig in Gang gekommen. In ei ner Sitzung von Vertretern der Durlacher Bürger- gemeinschaft, der Stadtverwaltung und des Staatlichen Denkmalamtes vom 8. 12. 1971 wurde der einzuschlagende Weg in Form ei nes Stufenplanes festge legt. Von der Idee der Restauration der jetz igen Museumsräume kam man bald zur größeren Idee des Ausbaus des gesamten Schloß- komp lexes als Kulturzentrum. Dies war fü r das Pfinzgaumuseum insofern schon von Bedeutung, als man a ls erste Etappe die Bereitstellung f reier Räum e im angrenzenden Sdlloßflügel für die Auslagerung der Museumsbestände beschloß. Das widltigste Ergebnis betraf die E ntlastun g der so vielfach kri tisierten alten Wendeltreppe. Durdl eine Verwendung des direkt an den alten Teil des Prinzessinnenbaues angrenzenden Treppenhauses im neueren Teil des Rossiflügels konnte, wie die Architekten nun feststellten, ein normaler Treppenzugang zum ersten und - auf dem ßesuchcrrückweg - vom zweiten zum ersten Stockwerk geschaffen werden ; der Zugang zum dritten Stockwerk würde allerdings immer über die Wendeltreppe erfolgen müssen. Immerhi n ergab diese Treppenkombination eine wesen tliche Verbesserung der Zugänglichkeit. Die Artikel in den "Badischen Neuesten Nach richten" vom 15 . 11., 19. 11. und 30. 11. 1971 berichteten über die erwähnten Aktivitäten der Bürgergel1Jeinschaft Durlach und A ue bzw. des Freundesk reises Pfinzgau-Museum innerhalb dieser Bürgergemeinschaft im Hinbl ick auf die Bestrebungen, das Museum unbedingt im Prinzessinn enbau zu belassen. Unter dem letzterwähnten Datum hielt der A rchitekt Dipl.-In g. Prosper Collin g in Form eines altertüml ichen Briefes an den Erbauer des Prinzessinnenbaues Demetrius Dangel ein Plädoyer für das Pfinzgaumuscum und ein im Sch loßflü gel zu erstellendes Durlaeher Kulturzentrum. Es fol gte am 15. 12. 1971 eine Gesamt- vorstandssitzung der Bürgergemeinschalt Durlach und Aue mit dem als Vertreter der Stadt ent- sandten Kulturreferenten; am 4. 2. 1972 eine Sitzung des Bezirksbeirats Durlaeh im Sitzu ngs- saa l des Durlacher Rathauses; am 8. 5. 1972 eine Sitzung bei dem Baudezernenten; am 23. 6. 1972 ei ne Ku lturausschußsitzung im Karlsruher Rathaus und am 29 . 3. 1973 ei ne weitere Sitzun g des Bezirksbeirats Durlach im Sitzu ngssaal des Durlacher Rathauses, die sich sämtlich eingehend auch mit den Maßnahmen für das Pfinzgaumuseum befaßten. Gleichzeitig eröffnete die Bürger- gemeinschaft Durlach und Aue unter ihrem Vorsitzenden Dr. Karl-Wilhelm Maurer ein e Bürger- spendenaktion für das P finzgaumuseu m, die überaus erfreulichen Anklang bei der Bevölkerung fa nd . Im Spätsommer 1972 wurden die Bestände des Museums in die angrenzenden Räume des Schloßflügeis ausgelagert und die bauliche Restaurierung konnte beginnen . Dazu erschien im August 1973 eine reich bebilderte Dokumentation über den Prinzessin nenbau (Mitteilungen des Baudezernates, N r. 20). Das neu erstandene Museum öffnet seine Pforten zu Ostern 1976. Seine Akzente liegen - neben der Sicherstellun g der erwähnten Steindokumente - bei der Repräsentation der Durlacher Fayencen, der Werke des in Du rl adl geborenen Malers Karl Weysser, der Dokumente der Revo- "ltion 1848/49 (in der Durlach d urch die Schlacht bei Durlach am 25. Juni 1849 eine besondere Rolle spielte) und der alten Durlacher Druckerzeugnisse (in ihrem Mittelpunkt die sogenannte 17 Durladler Bibel von 1529). Eine künftige Erwei terung der Raumverhältnisse im Zuge der Restaurierungsarbeiten am gesamten Schloß flügel birgt die Möglichkeiten, dieses Grundsatzpro- gramm durch die Vielfalt heimatkundlicher Exponate zu erwei tern. Bei unseren Akzentsetzungen gingen wir von der Wichtigkeit und dem Wert der zusammenhängenden Bestände aus; im Sin ne der Thesen, die der Geschäftsführer des Verbandes der Rheinischen Heimatmuseen, Professor Dr. Rudolf Stampfuß 1968 für die Heimatmuseen von heute aufgestellt hat und in denen es heißt: "Wi r wollen keine romantischen Heimatstuben mehr, wir wollen den Dingen den Moder nehmen. Das Museum ist eine Halle, in der man diskutieren darf; die Zeit der Filzpantoffel ist vorbei. Ei n Museum soll auch keine Schauerkammer sein . Die Heimatmuseen sind echte For- schungsstätten, die das Material für die Zukunft erhalten müssen." Möge sid1 das nun erneuerte Pfinzgau-Museum schon in seiner jetzigen Gestalt würd ig in den Kreis der baden-württembergischen Heimatmuseen einordnen. Möge die Bewahrung seiner alt- ehrwürdigen Räume und die Pflege seiner wertvollen Bestände ein Anliegen aller Bürger sein! 18 Helga Walter-Dressler Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser Karl Weysser wurde am 7. September 1833 in Durlach geboren '. Er war das zehnte und letzte Kind des damaligen Durlacher Bürgermeisters Friedrich Wilhelm Weysser und seiner Frau Karoline geb. Musculus . Der französische H ei ratskontrakt der Eltern aus dem Jah re 1815 in kunstvoll verschnörkel ter Kanzleischrift ist noch vorhanden. Aus ihm geht hervor, daß die elsässische Braut, eine Apothekerstochter aus Sulz am Wald, 5068 Franken, der Bräutigam 8571 Franken mit in die Ehe brachten. Offensichtlich stammten beide aus wohlhabenden Ver- hältnissen . Karl Weyssers Vater war ursprünglich Kaufmann. Mi t den Jahren hatte er auch im öffent- lichen Leben Erfol g. Er wurde Stadtrat und Mitglied des evangel ischen Kirchengemeinderats, sch ließlich von 1830 bis 1836 Bürgermeister von Durlach. Von 1832 bis 1838 wa r er außerdem Mi tglied der von der Bevölkerung gewählten 2. Kammer der badischen Landstände ' . Die Familie wohnte bis 1860 am Durlacher Marktplatz im Eckhaus Hauptstraßel Kronenstraße (heute Pfinztalstraße 56). Von Kar! Weyssers zahlreichen Geschwistern lebten bei seiner Geburt nur noch zwei Brüder und eine Schwester " ein bei der damaligen hohen Säuglin gssterblichkeit leider übliches Familienschicksal. Die Schulzeit absolvierte Weysser an der Durlacher Höheren Bürgerschule, dem sog. "Pädagogium", wo er 184 1 eintrat ' . Dann schickte ihn der praktisch denkende Vater, der vom fin anziell unsicheren Künstlerberuf offenbar nicht viel wissen wollte, auf das Polytechnikum nach Karlsruhe, die spätere Technische H ochschule und heutigen Uni- versität . Dort hat sich in dem noch erhaltenen "Einschreibbuch für die Eleven" für das Studien- jahr 1852/ 53 Karl Weysser eigenhändig eingetragen. Vorher hatte er schon den ,, 1. In genieur- cours" besucht und wollte nun in die "Mechanisch-technische Schule" überwechseln, mit dem Berufsziel "Leh rfach" '. Die über Karlsruhe hinaus berühmte Po lytechnische Schule bestand damals aus drei allgemeinen mathematischen Klassen und darauf aufbauend sieben "Fachschul en". In den dreijähri gen mathematischen Grundkursen wurden neben den Kenntnissen für die technischen Fächer auch Sprachen, Religion und Geschichte sowie Freihandzeichnen, Kalligraphie und Modellieren geleh rt. Die Spezialisierung fand dann in den Fachschulen statt, zu denen die obengenannte Ingeni eur- schule und die Mechanisch-technische Schule gehörten ' . Obwohl Kar! Weyssers eigentliche Neigung dem Nebenfach Zeichnen gal t, scheint er sei n Mathe- matik- und Maschinenbaustudium 7 mit Ernst und Interesse betrieben zu haben. Denn viele Jahrzehnte später schreibt er: "Während ich mich aber noch heute meinen li ebsten, nun längst verstorbenen Lehrern der rei nen und an gewandten Mathematik: Karl Buzengeiger, Guido 19 Schreiber, Wilhelm Eiseniohr, Jakob Ferdinand Redtenbacher, Peter Gustav Lejeune-Dirichlet, Jakob Steiner und Johann Franz Encke und auch dem Geographen Karl Ritter zu großem Dank verpflichtet fühle, war ich leider im Bezug auf meine ästhetische Bildung meist nur auf eigene Erfahrungen angewiesen 8 ," Es ist zu verm uten, daß unter Weyssers obengenannten Lehrern, von denen die meisten noch heute als Kapazitäten ihres Fachs in der Literatur bekannt si nd, vor allem Redtenbacher einen prägenden Einfluß auf den jungen Studenten ausübte. Redtenbacher leitete damals die Mecha- nisch-technische Schule und wurde später Direktor des Pol ytechnikums. Er verstand nicht nur sein Fach, den Maschinenbau, außerordentlich lebendig und mit umfassender Kenntnis darzu- stell en, sondern er hatte auch darüber hinausgehende Interessen, die sich mit denen seines Schülers Weyssers unmittelbar berührten: .Seine liebste Mußebeschäftigung war das Skizzieren in der Landschaft und das Aquarellieren, das er in späteren Jahren durch das Malen in 01 ablöste'." Wie lan ge Weysser am Karlsruher Polytechnikum studiert hat, ließ sich bis jetzt nicht feststellen, ehensowenig wann er an die Berliner Bauakademie gegangen und wie lange er dort gebliehen ist 10. Inzwischen war in Karlsruhe im Juli 1854 die Großherzogliche Kunstschule gegründet und als Direktor der Düsseldorfer Landschaftsmaler Johann Wilhelm Schirmer berufen worden. Im ersten Schuljahr war Karl Weysser noch nicht dort, aber im zweiten Schuljahr 1855/56 finden wir ihn eingeschrieben 11, Die Ausbildung dauerte damals insgesamt 7 Jahre. Großer Wert wurde auf die Schulung des Formensinns durch Zeichnen gelegt. Einem Spezialgebiet (Historien-, Porträt-, Landschafts- und Genremalerei) durfte sich erst zuwenden, wer den "Antikensaal" durchgemacht hatte, wo nach Gipsabgüssen antiker und moderner Statuen gezeichnet wurde. Für die Landschaftsmaler, die in Karlsruhe als Schüler Schirmers die größte und bedeutendste Gruppe bildeten, folgte dann der Besuch der vorbereitenden Landschaftsklasse. Dort kopierten sie vor allem Naturstudien ihres Lehrers in 0 1 und lernten nach der Natur zeichnen und kleinformatige Bilder malen. In die Künstlerklasse schließl ich wurde nur aufgenommen, wer in der Vorbereitungsklasse genügend Talent gezeigt hatte. "Schi rmer regierte in Karlsruhe ganz im Sinne der Akademiedirektoren des 19. Jahrhunderts als unumschränkte Autoritätsperson. Seinen Anweisungen hatten die Schüler Gehorsam zu leisten ... Auch außerhalb der offiziellen Unterrichtsstunden sollten die Schüler im Geiste ihres Lehrers erzogen werden " ." Zu Weyssers Studienkollegen in der Landschafts- klasse gehörten u. a. earl Ludwig Fahrbach, Emil Lugo, Gusta v Osterrot und ab 1859/60 auch Hans Thoma. Nach vierjährigem Studium verließ Weysser die Karlsruher Kunstschule und siedelte im Herbst 1860 zur weiteren Ausbildung nach München über, wo er bis zum Juni 1861 blieb ". Ob er dort an der Akademie ein geschrieben war oder, was naheliegender erscheint, dem Kreis der Maler um Eduard Schleich d. 1\. und Kar! Spitzweg angehörte, ließ sich bis jetzt noch nicht feststellen. Für den Wechsel des Studienortes zu diesem Zeitpunkt sind verschiedene Gründe denkbar: 1859 wa r Weyssers Vater gestorben und 1860 das Elternhaus am Durlacher Marktplatz von den vier Geschwistern verkauft worden 14. Möglicherweise hat der Maler seine günstige Finanz- 20 lage benutzt, um einen Studienaufenthalt in München zu fi nanzieren . Vielleicht gehörte Weysser auch zu denjenigen Kunstschülern, die in den Jahren 1859-61 aus Protest die Karlsruher Schule verließen, weil sie sich durch ungerechtfert igte bürokratische Eingriffe der Obrigkeit in ihrer Ausbildung behindert fühlten ". Nicht zuletzt mag der Wunsch, ein intensiveres Studium der Architekturmalerei zu absolv ieren, für einen Wechsel nach München bestimmend gewesen sein. Im Schuljahr 1861 /62 kehrte Karl Weysser wieder an die Karlsruher Akademie zurück ". Nach dem Tod seines Lehrers Schirmer im September 1863 ging er im November 1863 ei n zweites Mal nach München und blieb dort bis zum März 1864 ". Offenbar hat er dann noch das restl iche Studienjahr bis zum Sommer 1864 in Karlsruhe verbracht 18. Damit war seine Ausbildung abgesch lossen. Schon während der Studienzeit war Weysser in den Sommerferien zeichnend und malend in Süddeutschland unterwegs. So hat er, wie man den datierten Zeichnungen im Karlsruher Denk- malamt und den Olskizzen der Städtischen Kunstsammlungen entn ehmen kann , im Jahre 1862 den Bodensee bereist. Im Sommer 1863 war er u. a. am Hochrhei n in Laufenburg, Säckingen und Basel, 1864 am Neckar, in Schwäbisch-Gmünd und Marburg an der Lahn . Wo Weysser nach dem Verkauf des elterlichen Hauses 1860 wohnte, ist unbekannt. Jedenfalls war er von 1865 bis 1869/ 70 in Karlsruhe ansässig ". In diesen Jahren reiste er u. a. ins Tauber- tal, in den Schwarzwald und an die Mosel. 1869 unternahm er eine Fahrt nad, Südtirol, was durch Zeichnungen und O lskizzen aus Klausen und Brixen belegt wird. Für die Zeit zwischen 1870 und 1881 fehlt jeg licher Hinweis fü r einen festen Wohnort. Weysser war offenbar ein unruhiger Geist, den es nie lang am seI ben Pla tz hielt. So ist überliefert, daß er am liebsten einen Zigeunerwagen besessen hätte, um damit unabhängig in der Gegend herum- zukutschieren 20 Vielleicht hat er also in den 70e r Jahren, der Zeit seiner größten Produktivität, überhaupt keinen festen Wohnsitz gehabt und immer nur ein paar Wochen an ei nem O rt zuge- bracht. 1872 war der Künstler offensichtlich längere Zeit im Elsaß (das seit 187 1 zum deutschen Reichsgebiet gehörte), denn über 100 Zeichnungen elsässischer Denkmäler und Bauten von seiner Hand aus diesem Jahr befinden sich im Straßburger Denkmalarchiv ". Seine Tätigkeit dort beschränkte sich jedoch nicht nur aufs Zeichnen, sondern bezog auch das Malen mit ein, denn im Oktober 1875 waren Bilder aus dem Elsaß von Karl Weysser im "Kunstverein der Groß- herzoglichen Kunsthalle" in Karlsruhe ausgestellt". 1880 zeichnete Weysser viel am Mannheimer Hafen, 1881-1884 wohnte er in Heidelberg". In Heidelberg gab er 1883 unter dem Pseudonym "K. W. H eisster" (Karl Weysser heißt er) auch seine erste kleine Veröffentlichung heraus. Si e trug den Titel "An di e Mitglieder des Kunst- vereins in Hutzelwaldberg" und richtete sich in sati rischer Form gegen Vorstand und Jury des Heidelberger Kunstvereins. Von 1885 bis 1888 lebte Karl Weysser in Baden-Baden " . Auch hier hat er sich publ izistisch betätigt und im Jahre 1887 ein satirisches Bän dchen unter dem Titel "Durch Dick und Dünn - Asthetische und auch andere Betrachtungen" herausgebracht. Von 1890 bis 1894 wohnte er noch- 21 mals in Karlsruhe ", von 1895 bis zu seinem Tod am 28 . 3. 1904 war er wieder in Heidclberg ansässig ~t1 . Dort erschien 1898 sei ne dritte und letzte Veröffentlichung .,Der Darwinismus und die moderne Malerei im Spiegel einer möglichst richtigen Weltanschauung". Seinem unsteten Leben nach zu schließen, hätte man an nehmen können, daß Kar! Weysser nie verheiratet war. Mit ann ähernd 52 Jahren hat er aber doch noch geheiratet, und zwa r am 7. Februar 1885 in Baden-Baden ". Seine Frau, Auguste Luise Sickinger, stammte aus Durlach und war 21 J ah re jünger als er " . Viell eicht faßt e der Künstler den Entschluß zur Ehe unter dem E indruck seiner drohenden E rblindung. Das früheste bekannte Gemälde Karl Weyssers ist ei n Brustbild seines Vaters. Es ist weder datiert noch vom K ünstl er signiert; aber auf der Rücksei te w urde vermerkt, daß es den Bürger- meister Weysser 1840 darstelle, von seinem Sohn Karl gemalt und von Frau Weysser 1936 erworben worden sei ". 1840 kann nicht das J ahr sein, in dem das Bild gemalt wurde, der Künstler wäre damals erst ein Kind von 7 Jahren gewesen. Vielleicht soll es ,, 1849" heißen, da wurde nämlich der Vater 60 Jahre alt . Es wäre denkbar, daß ihn der dann immerhin 16jährige angehende Maler aus diesem Anlaß porträtiert hat. Als Zeichen der Verehrung und auch als Beweis für sein Talent. Mit liebevoll beobachtendem Blick hat sich der junge Mann in die Gesichtszüge des Vaters vertieft. Daß er den 60jährigen - abgesehen vom grauen H aar - etwas zu jugendlich ideal isiert da rgestell t hat, wäre von sei nem eigenen Alter her durchaus begreiflich. D ie feine fa rbliche Differenzierung verrät aber dod, schon eine gewisse Schulung. Vielleicht hat er das Bildnis auch in seiner Karlsruher Akademiezeit noch einmal übermalt 30. Manche von Weyssers landschaftlichen Olskizzen aus den frühen 60er Jahren zeigen noch deut- lich den Einfl uß der Schirmerschen Olskizzen. E r bevorzugt eine dunkle, au f tiefgrünen und rostroten Tönen basierende Palette, die Einzelheiten w ie z . B. Blätter und Aste sind sehr genau mit spitzem Pinsel hingetupft. Der Maler kämpft gelegentlich noch mit Komposit ionsschwierig- keiten wie z . B. auf dem Blatt von Schwäbisch-Gmünd, wo er zur Belebung des Vordergrundes ein kleines Mädchen zu absichts voll in die Mitte plaziert. Ahnlich genau durchgearbeitet sind auch Weyssers Zeichnungen aus den frühen 60er Jahren, die vor a llem Stadtansichten am Bodensee und Hochrhein darstellen. Eine ganze Reihe dieser Zeichnungen wurde fünfundzwanzig Jahre später (1887) im 1. Band der "Kunstdenk mäler des Großherzogturns Baden - Die Kunstdenkmäler des Kreises Konstanz" veröffentlicht. Der Künstl er ha t damals sei ne Motive bis in die Einzelheiten mit der Feder durchgezeichnet. Beson- deren Wert legt er auf die Beleuchtung und schaflt so Atmosphäre. E r kontrastiert geschickt helle, weiß gelassene Partien mit beschatteten, die er mit einem dichtmaschigen Netz von Schraffuren überzieht. Dabei fällt auf, daß auch komplizierte perspektivische Verkürzungen ihm sichtlid, keinerlei Mühe machen, ja, daß er sie sogar sucht. Figü rliche Darstellungen si nd dagegen nur Neben- sache und selten überzeugend in den Gesamtzusam menhang eingebu nden. Sie wi rk en oft im Maßstab falsch und in der anatomischen Durchbildung unsicher. Ei ne Erk lärung fü r di esen Unterschied der zeichnerischen Fähigkeiten gibt Weysser sel bst in einer seiner Schriften. Er meint dort, daß . der Maler, je nach dem Gebiet, das er sich erwähl t, eine gründl ichere Kennt- 22 Marktplatz in Dur!ach. Gemälde von Kar! Weysser I1lS In manchen Hülfswissenschaften, z . B. der Landschafter in der Anatomie, gar nicht not- wend ig hat ... " 31. In den Zeichnungen der 70er Jahre verzichtet Weysser meist auf eingehende Schilderung der Einzelheiten und hebt von einem ganzen Komplex - Ortsansicht oder Straßenbild - nur besonders markante Partien wie geschnitzte oder bildhauerisch gestaltete Erker, Brunnen, Kirch- türme, Tore usw. durch genaue Zeichnung hervor, während er das übrige mit raschen Strichen a ndeutet. Die Technik ist raffinierter, er verwendet jetzt neben Lavierungen auch Weiß- höhungen als Beleuchtungseffekte und zeichnet gelegentlich auf farbigem, meist grau-blauem Papier. In diesem J ahrzeh nt zwischen 1870 und 1880 entstehen seine freiesten und ei ndrucks- vollsten Zeichnungen . Mit sparsamen, gezielt eingesetzten Mitteln zeichnet er Blätter vol ler Atmosphä re. Eine entspredlende E ntwicklung zur Großzügigkeit zeigt sich auch in den Olstudien der 70er Jahre. Die Pinselschrift ist jetzt freier und verzettelt sich nicht mehr in allzu genauer Schilderung der Einzelheiten. Dort, wo der Maler auf jede effektvolle Komposition verzichtet, nah an sein Motiv herangeht und sich ganz in das nuancenreiche Spiel der Farben vertieft, sind sie am über- zeugendsten. Mit Vorl iebe sieht er in verwinkelte Gassen, a lte Höfe, zerfallene Schuppen und Hintereingänge, schl ichte Motive ohne jeden "höheren" Anspruch. Diese Bildehen sind auch eine Augenschule für den Betrachter, der zuerst v ielleicht achtlos an ihnen vorübergega ngen ist. Beim näheren Hinsehen erkennt er den Reichtum der verschiedenen Grau-Braun-Grün- und Ockertöne und ihr fein abgestuftes Zusammenspiel. Darüber hinaus versteht Weysser es meisterhaft, die unterschiedliche Stofflichkeit von Holz, Ziegel, Sandstein, Verputz usw. zu charakterisieren. Immer wieder sind es Struktur und Farbe von sonnen beschienenem altem Gemäuer, meist in Verbindung mit Pflanzen, die ihn zum Malen locken. So hat er z. B. den Hof der alten Zehntscheuer in Durlach aus den verschiedensten Blickwinkeln festgehalte~ . Karl Weyssers Einstellun g zu solchen schlichten Motiven kommt in seinen "Ästhetischen Betrach- tungen" von 1887 deutlich zum Ausdruck: " ... überlassen wir das unschönste lind nüchternste Bauwerk sich selbst und damit allen Einflüssen und Zufällen der Witterung und pflanzlichen Entwickelung, so wird es endlich, und wenn auch erst als Ruine mit Moos und Epheu, Gesträuch und Bäumen bewachsen, ein e Schönheit erreichen, die wenig zu wünschen übrig läßt. Dieser in ästhetischer Beziehung wohltäti ge Einfluß der Natur und nicht immer die a ltertümlidle Bauart ist es auch, welche den Architekturmaler veranlaßt, vorzugsweise in alten Ortschaften Studien zu machen 3:! . " In der freien Natur wird Karl Weysser besonders vom Wasser angezogen. Am Bodensee, am Neckar, am Rhein, an der Pflnz, der Murg und der Mosel ist er den verschiedensten Stimmun- gen nachgegangen, hat das stille dunkle Gewässer um die Hungersteine am Necka r, die wind- gekräuselte Oberfläche des Bodensees und den zwischen Steinen dahinplätsdlernden Sd,warz- waldbach in nuancierten Farben festgehalten. Seine Liebe gil t der "unverfä lschten Gottesnatur" . Allem Menschenwerk steht er skeptisch gegen über, das äußert er immer wieder: "Während z. B. jede natürliche Felspartie zu ihrer ebenso natürlichen U mgebung in allen Jahreszeiten gleich gut 24 stimmt, steht z. B. bei Bauwerken der rote S:lndstein im Sommcr nicht seltcn grcll in dcr Land- schaft, während er mit dem Schnee wieder besser harmoniert. Umgekehrt wirkt ein gelb licher Stein neben dem Schnee leicht süßl ich, während seine Farbe im Sommer nichts zu wünschen übrig läßt. Aus diesen Beispielen erkennen wir aber auch wieder die ästhetischen Vo rzüge, welche die reine Natur allen menschlidlen Werken voraus hat :3:3." Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre zeichnet Kar! Weysser kaum noch mit der Feder, sondern meistens mit dem P insel. Dabei fällt a uf, daß die bisher außerordentlich sichere Art der Erfassung und Darstellung deutlid, nachläßt. Außer mit dem zuneh menden Alter - er ist jetzt Ende SO - hängt das wohl mit seiner Augenkrankheit zusammen. Bei den farbigen Studien macht sich diese Schwäche weniger bemerkbar. Hier hilft vielleicht die langjährige Erfah rung im Umgang mit Farben, die verminderte Fähigkeit zu genauer Beobachtung zu überbrücken. Ge rade die etwas diffuse, mehr a uf den zartfarbigen Zusammenklang als das deutliche Detail cingehcnde Malweisc verleiht den Bildern dieser Zeit einen besonderen Zauber. Möglicherweise hat sich Weyssers Sehkraft aud, durch eine Operation noch ein mal vorüber- gehend gebessert. Eine Stelle in seiner Schrift über den Darwinismus und die moderne Malerei von 1898 scheint von persönlicher Erfa hrung diktiert. Es heißt dort: "Nun werden al lerdings in unserer Zeit sehr bedeutende Operationen zur Heilung krankhafter oder verletzter Organe gemacht. Wenn es aber der Arzt mit seinem Wissen und Können auch fcrt igbringt, einen ver- schlimmerten Zustand des Auges, z . B. die Blindheit wieder a ufzu heben oder zu mildern, so ist dcch die An näherun g an den gcsu ndcn und normalen Zustand nod1 lange nid1t mit einer dem normalen Zustand vorausgehenden Selbsterfindung oder Selbstbildung des Auges zu ver- gleichen 34." Man hat Karl Weysser oft den "badisd1en Spitz weg" genannt und dabei wohl vor a llem a n ver- gleimbare Stadtansichten mit winkligen alten Gassen gedacht. Die Münchener Schule um Schleich d. Ä. und Spitzweg mit ihrer Vorliebe für die intime Darstellung im kleinen Format scheint tatsächlich nachhaltiger auf ihn gewirkt zu haben als Schirmers Karlsruher Sd1Ule, der in seinen offiziellen Gemälden die heroische großformatige Landschaft pflegte. Trotzdem trifft die Bezeichnung "badischer Spitz weg" auf Weysser nicht zu. Denn bei Spitzweg ist die Archi- tektur Bühnenkulisse für seine psychologisierenden Bildererzählungen, für Weysser dagegen sind Architektur und Landschaft in ihrer natürlid1Cn Erschein ung das Hauptthema und das F igür- liche nur malerisches Beiwerk. Obwohl Weysser soviel herumgereist ist, waren es immer wieder ä hnliche Winkel und Ecken, die ihn interessierten. Es ist also nicht das cha rakterist isch andere einer besti mm ten Gegend, was ihn anzieht, sondern er sucht und fi nd et das ihm Gemäße, eng Umgrenzte, Schlichte, Bescheidene. Das aber verzaubert er mit der Subti lität se iner Malerei . In klarer Einsrnätzung seiner Begabung hat Weysser damit glückl ich verm ieden, was er an anderen Malerkollegen auszusetzen fand: " ... mand1es Talent, das bei einer richtigen Erkcnntni s seiner Leistungsfähigkeit als Bäch lein fri sch und klar hätte dahin fließen können, wurdc nun, wei l es sidl nach allen Seiten ausbreiten wollte, zu einem stehenden Sumpf, a n dem höd1stens die 25 Kritiker als quakende Frösd,e ihre besondere Freude hatten "." Daß es sich bei Weyssers tllskizzen nicht nur um künstlerische Nebenprodukte gehandel t hat, scheint mir sowohl durch die ziemlich konsequente Signierung wie vor all em durch seine sch rift- lichen Außerungen bekräftigt zu werden. In seiner schlichten, unprätcntiäsen Schilderung von Natur und A rchitektur war Weysscr durch- aus fortschrittlich im Sinne der zuerst von den Mündmcr Malern Leibl und Lier vertretenen Auffassung, daß nicht wie bisher ein effekvolles Motiv die H auptsache sei, sondern die male- rische Verklärung eines anspruchslosen Stücks Natur. Der Anstoß zu dieser Auffassung, die sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der deutschen Landschaftsmalerei immer mehr durch- zusetzen begann, war von Frank reich ausgegangen. Dort hatten schon in den 1850er Jahren die Münchner Maler Spitz weg und Schleich d. i'i.., vor a ll em aber ein Jahrzehnt später Li er die Werke der Maler von Barbizon - einem D orf südöstlich von Paris - kennen- und schätzen gelernt. "übera ll wo ich ging und stand , gingen mir die Meisterwerke der großen Land- schaftsma ler D upre, Daubigny, Corot und Rousseau nach ... es wurde mir klar, daß die wi rkl iche Poesie der Landschaftsmalerei in der einfachen, schönen Natur selber liegt und nie durch künstliche Mittel herbeigezaubert werden kann " ." Dieses Bekenntnis Liers könnte auch sein 7 Jahre jüngerer Generationsgenosse Karl Weysser abgelegt haben. An der Karlsruher Kunstakademie verfolgte die jüngere Generation, die unter dem bei Lier geschulten Schön leber die Landschaft um ih rer selbst will en zu malen begann, ähnliche Ziele. Es war ein kü nstlerische Bewegung, die Wcyssers zurückhaltend-versponnenem Naturell, dem alles Pathos zuw ider war, wohl im Inn ersten entsprodlen hat. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß Weysser in den 1880er Jahren auch andere Bilder gemal t hat - offensichtlich im Atelier komponiert-, die im absichtsvollen Arrangement verschiedener Archi tektur- und Landschaftselemente einen altertümlicheren Eind ruck machen. Wie weit dies etwa mit Rücksicht auf Auftraggeber geschah oder ob man darin nicht doch eine gewisse Zweigleisigkeit seiner künstlerischen Außenll1gen sehen muß, bedarf noch der Klärung. Die Käufer von Karl Weyssers kleinformatigcn, unprätentiösen Bildern waren und sind wohl heute noch vor a llem Privatleute. Museen scheinen sich zu Weyssers Lebzeiten kaum für seine dem Repräsentativen abholde Kunst interessiert zu haben. Das heißt aber nicht, daß er im offiziellen Kunstbetrieb ein völlig Unbekannter wa r. So erwa rb z. B. der "Ku nstverein für das Großherzogtum Baden" 1863 neben Bildern anderer bad ischer Maler Weyssers "Der al te Marktbrunnen in Durlach" und stellte, wie schon erwähnt, 1875 mehrere Wochen lang seine Bilder aus dem Elsaß in der Karlsruher Kunstha ll e aus. Die dok umentarische Bedeutung von Weyssers Architekturzeichnungen, in denen sich sach liche Genau igkeit mit künstlerischer Qualität verband, wu rde dagegen schon damals von den für die nAl tertumssammlungen" zuständigen Stellen erkannt. So erwarb beispielsweise die "Großher- zogliche Badische Altertumshalle" eine ganze Reihe sein er badischen Stadtansichten. Wie eben- fa lls schon erwähnt, erschi enen sie ab 1887 zum Teil als Illustrationen in den Kunstinventar- bänden . Die über 100 Zeichnungen elsässischer Motive, die sich im Straßburger Denkmalamt befinden, werden vermutlich auch wäh rend Weyssers Aufenthalt dort angekauft worden sein . 26 Die im Pfinzgau-Museum ausgestellten Bilder lind Zeichnungen Karl Weyssers sind zu m Teil als Geschenke an das Museum gekommen. Der weitaus überwiegende Teil stammt aus dem Nachlaß des Malers in Pforzheimer Privatbes :tz, von dem die Stadt Karlsruhe 1942 zahlreiche Stücke erwerben konnte. Auch für Durlach haben Weyssers Bilder und Zeichnungen neben der künstlerischen eine histo- rische Bedeutung. Denn zum Teil zeigen sie Ansichten, die heute in dieser Form gar nicht meh r ex istieren. So gibt zum Beispiel das schöne Bild des Durlacher Marktbrunnens 37 eine Ansicht wieder, die schon zu Weyssers Lebzeiten histo:-isch geworden war : Der Brunnen ist hi er noch mit der bekrönenden Figur des "Karle mit der Tasch" dargestellt. Sie wurde 1862 entfernt und auf den Durlacher Schloßplatz versetzt 38 . Dasselbe gilt für den Gebäudekomplex mit der alten Zehntscheuer, den Karl Weysser in den 1870er Jahren verschiedentlid, gema lt hat. A ls man das Gelände für den Bau der Friedrichschule zw ischen Lamm- und Zehntstraße benötigte, wurde der ganze Komplex vor 1878 abgerissen. Es ist anzunehmen, daß der Durlacher Maler und Zeich ner Karl Weysser ni e ernsthafte finanzielle Sorgen hatte, denn er lebte immer in Wohn - gegenden , in denen wohlhabende Bürger ansässig waren. Sicher hing das auch mit seinem Eltern- haus und den sich daraus ergebenden per~önlichen Beziehun gen zu einer entspred1enden Käufer- schicht zusammen. Trotzdem darf man sich den Lebensweg des Künstlers nicht sorgenfrei vor- stellen. Denn ein Augenleiden hat ihn in den letzten beiden Jahrzehnten seines Lebens stark beeinträchtigt. Und was könnte einem Maler, der vor allem :1uf seine Augen angewiesen ist, Sd,lim meres widerfahren. Anmerkungen 1 Taufbuch der Durlacher Evangelischen Kirchengemeinde 1828-1838, S. 242. 2 Nachruf v. 29. Mai 1859 im Durlacher Tagblatt und Durlacher Stadtrechnungen (Stadt- a rd,iv Karlsruhe). 3 Friedrich Ludwig (geb. 1822), Emil Ludwi g (geb. 1826) und Marie (geb. 1828) . Nach Taufbüchern der Ev. Kirchengemeinde Durlach. 4 Stadtarchiv Karlsruhe, Bestand Durlach 2824. 5 Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 448 / 2606. 6 Anzeige der Vorlesungen an der Großherzoglich Badischen Polyted111ischell Schule zu Carls- ruhe für das Jahr 1853/ 54. Carlsruhe o. J. 7 In Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 irr tümlich "Stud. zuerst Archi - tektur . .. " 8 K. Weysser, Der Darwinismus und die moderne Malerei im Spi egel ei ner mögl ichst richtigen Weltanschauung. Heidelberg 1898, S. 5. 9 O . Kraemer, Ferdinand Redtenbacher. In: Die Tech ni sche Hochschule Fridericiana Karl s- ruhe. Festschrift zur 125-Jahr-Feier 1950. Karlsruhe 1950, S. 81. 10 Leider sind keinerlei Archi valien über Weysser bei in Frage kommenden Berliner Nachfolge- 27 behö rden der Bauakademie vorhanden (brief!. Mitt. von Dipl.-Ing. Ute Büchs, Plansamm- lung Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, v. 6.10.1975) . 11 R. Theil mann, Johann Wilhelm Schirmers Karlsruher Schule. Diss. Heidelberg 1971, S. 371 . 12 ders. a. a. O . S. 127. 13 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 14.10. 1975 über einen Eintrag im poli zei lid1en Fremdenkartenregister (Serie 6, N r. 26135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 15 . 11. 1860 bis 10. 6. 1861 zur Ausbildung in München war, am Sendlinger-Tor-Platz 1/ 2 wohnte und am 10. 6. 1861 wieder nach Durlach abreiste. 14 Grundbuch Bd. 17, S. 52. 15 Die Ei ngriffe betrafen die Aktmodelle. Da die Behörden Aktmodellstehen als sittenwidriges Verhalten ansahen, wurden mehrmals weibliche Modelle von der Sittenpolizei gewaltsam abgeführt. Erst eine Verordnung des Innenministeriums von 1860 stellte klar, daß Studien "a uch nach dem Nackten zur Ausbildu ng der Kunstschüler nothwendig und durd, nichts anderes zu ersetzen sind", verpflichtete aber die Direktion, darüber zu wachen, daß dabei "nichts vorgeht, was die Zwecke der Kunstanstalt irgend wie überschreitct'j (Theil mann a. a. 0 ., S. 84 ff. ). 16 Theilmann a. a. 0 ., S. 374 . 17 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 4. 10.1975 über ei nen Eintrag im polizei lichen Frem- denkartenregister (Serie 6, Nr. 26 135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 23.11. 1863 bis 1864 zu r Ausbildung in München war und in ·der Schwanthalerstraße 2311 wohnte. Be- merkung vom 15 . 3. 1864: "z. Z. im Irrenhaus, am 26. 3.1864 abgereist nach Hause." 181m Schuljahr 1863/64 ist Weysser noch ei nmal an der Karlsruher Kunstschule eingeschrie- ben (Theilmann a. a. 0., S. 375). 19 Er woh nte in der Kriegsstr. 11 , damals ein e Wohngegend wohlhabender Bürger, H aus- besitzer war der Architekt und Bauinspektor Serger, außer Weysser wohnten dort der Maler G leichauf, der Hofmusikus Braun und der Zeichner Gladbach. Nach Weyssers Wegzug über- nahm der Maler Anton von Werner die Wohpung (nach Karlsruher Adreßkalender 1865- 1870). 20 G. Kird1er, Der Maler Karl Weysser, ein Nachfah r der Romantik: In: Das Bild. Karls- ruhe, Jg. 6 (1936), S. 83. 21 Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 und brief]. Mitt. der Di rection Regio- nale des Affaires C ultllrelles, Strasbourg v. 4. 11. 1975. 22 Karlsruher Nachrichten v. 31. Oktober 1875, S. 1022. 23 Brief]. Mitt. des Heidelberger Stadtarchivs v. 29. 10. 1975. 24 Brief]. M itt. der Stadtgeschichtlichen Sammlungen in Baden-Baden v. 7. 10. 1975, daß Weysser 1885 im Haus Scheibenstr. 4 wohnte (außer ihm noch ein Maler August Schott, Prof. Eduard Eisen und der Musiker-Maler Vitus Staudacher). 1888 woh nte er im Haus Rettigstr. 4. 25 ]n einem neu erbauten Haus in der Lcopoldstr. 7. Mi tbewoh ner waren Lieutenant Frh. v. Beaulieu-Marconnay, Prof. Ludwig Levy, Architekt, und Johan n Schroth, Architekt. Das Haus gehörte dem Major a. D. Hoffmann (nach Karlsruher Adreßkalender 1890-1894). 28 29 26 Briefl. Mitt. des Stadtarchi vs Heidelberg v. 29.10.1975. 27 Standesamt N r. 8/1885 (bri efl. Mitt. des Standesamtes Baden-Baden v. 16. 12 . 1975). 28 Sie starb am 23 . Januar 1912 in Heidelber;; im Alter von 58 Jahren. Ih r Vater war der Postschaffn er Wilhelm Sickinger und sta mmte aus Spöck . Ihre Mutter hieß Magdalene geb. Beck und lebte zuletzt in Waghäusel (briefl. Mitt. des Stadtarchi vs H ei delberg v. 29. 10. 1975). 29 Frau Anna Weysser war ei ne angeheiratete N ichte des Malers, wahrschcinlid1 di e Frau seines 1855 geborenen Neffen ea rl Fri ed rich Weysser. Sie lebte später in Mün chen und hat dem Pfin zgaumuseum u. a. den H eiratskontrakt der Eltern Weysser geschenkt. Sie starb 1965 fast 99jährig in München. 30 Auf diese Möglichkeit hat mich der Restaurator der StaatI. Kunsthalle Karl sruh e, Herr Brammer, hingewiesen. 3 1 Weysser, Darwinismus, 5 . 54. 32 Weysser, Durch Dick und Dünn. Baden-Baden 1887, 5.35. 33 Weysscr, D arwinismus, S. 86. 34 ders., a. a. 0., S. 7. 35 ders., a. a. 0., S. 9 1 f. 36 Zi ti ert nach Theilmann, Die Grötzinger Ma lerkolonie, Ausstellu ngskatalog der Staa tI . Kunst- halle Karlsruhe. Karlsruhe 1975, S. 11 . 37 Das Bild (Inv. Nr. 60/1690, siehe Abb.) ist n icht identisch mit dem oben erwähnten Gemäld e aus den 1860er Jahren, da es weder datiert noch signiert ist und auch di e Schlußiiberm alun g fehlt. Auch sti listisch läßt es sich nicht mit Weyssers Früh werken vereinbaren. Offensichtlich handelt es sich um die in einem Briefwechsel erwähnte Kopie, di e er Ende 1903 in Arbeit hatte, aber nicht mehr vollenden konnte, wei l er nach längerer Krankheit im März 1904 starb . Das Bild war ein Geschenk des Kü nstlers a n seine Vaterstadt Durlach, die zuvo r verschiedene Skizzen des Brunnens angekauft hatte, da man an die Wiederaufstellung der Brunnenfigu r dadlte (nach Akten im Stadtarchiv Karls ruhe, Bestand Durlach A 3156). Die Skizzen si nd vielleicht identisch mit denjenigen, die sich heu te unter der In v.-Nr. W 98-100 im Karlsruher Denkmalamt befinden. 38 s. S. 13. Ernst Pet rasch Durlacher Fayencen 1723-1840 Auf die Frage, welche unter den deutschen Fayence-Fabriken die älteste ist, gi bt uns der "Badensche gemeinnützige Hof- und Staatskalender für das Jahr 1786" die Auskunft, "daß wahrscheinlich die zu Durlach" allen anderen deutschen Manufakturen "ebenso an Alter wie an Güte und Schönheit der Waare vorgehe". Dieses zweifellos lokalpatriotisch gefärbte Urteil der ältesten gedruckten Chronik über die Durlacher Fayence-Manufaktur läßt sich heute - soweit es die Entstehungszeit betriffi - freilich nicht mehr aufrecht erhalten. Denn bekanntlich wurden die ersten deutschen Fayence-Fabriken bereits um di e Mitte des 17. Jahrhunderts in Hanau, Frankfurt und Berlin gegründet. In künstlerischer Hinsicht jedoch erweisen sich vor allem die nod, vor 1800 in Durlach ent- standenen Fayencen den Erzeugnissen anderer führender Fabrikationsstätten mindestens eben- bürtig und haben ihren hervorragenden Rang in der deutschen Fayencekunst bis heute behalten. Auf eindrucksvolle Weise hat dies die große, 1975 vom Badischen Landesmuseum im Karls- ruher Schloß veranstaltete Ausstellung bestätigt, die zum ersten Male einen umfassenden über- blick über die Gesamtproduktion der berühmtesten badischen Fayence-Fabrik vermittelte und ihre künstlerische Leistung in einem gänzlich neuen Licht erscheinen ließ . Die noch vor wenigen Jahrzehnten geäußerte Meinung läßt sich heute jedenfalls nicht mehr aufrechterhalten, daß nämlich "Durlach in dem gewaltigen deutschen Fayence-Orchester nur ein bescheidenes Instru- ment gespielt hat" . Gewiß nicht die Sologeige - so dürfen wir dieses gleichnishafte, aber unzureichende Urteil jetzt mit gutem Grund zurechtrücken - aber ein dominierendes Instru- ment von durchaus eigenem und beglückendem Wohlklang unter den rund hundert Fayence- Manufakturen, die im 18. Jahrhundert in Deutschland existierten. In der heiteren Anmut ihrer manni gfaltigen Dekore, mit ihrer meist strahlend weißen Glasur von porzellanartiger Brillanz und in ihrer oftmals delikaten Farbgebung lassen Durlacher Erzeugnisse einen Wesenszug erkennen, der bei deutschen Fayencen im allgemeinen nicht allzu häufig in Erscheinung tritt. Mit ihren Geburtswehen, ihrem mehrmaligen Besitzerwechsel, den durchzustehenden Konkur- renzkämpfen und ständigen Geldnöten unterscheidet sich die Durladler Manufaktur jedoch kaum von der C hronik äh nl icher Betriebe jener Zei t. 1723 - acht Jahre nach der Grü ndun g von Karlsruhe - erteilte Markgraf Kar! Wi lhelm von Baden-Durlach "Johann Heinrich Wachenfeldt dem Porcellain-Fabrikanten, von Wolfshaagen auß dem Hessen Casselischen gebürtig" das Privil eg, "allda eine Porcellain und Tabac Pfeifenfabrique aufzurichten" . Wie wir aus dem Privileg vom 3. März 1723 weiter erfahren, überließ der Markgraf Wachenfeld zu diesem Zweck "Unsern bißhero eigenthümlidl zuständig geweßten Bauhof-Platz zur Durladl in der Vorstatt außer dem Pfinzthor, sambt denen darauf stehenden Gebäudten und Hofraithung . .. 30 neben dem Roßschwemme weg liegendt, vornen auf die Landstraß und hinten auf die Pfinz- bach stoßend .. . um Ein Tausend Gulden Reichswährung . .. " . Die Gründung der Fabrik entsprach durchaus der merkantilistischen Wirtschaftspolitik im Zeit- alter des Absolutismus, der badische Regent folgte als Protektor einer "Porcellainfabrique" dem Beispiel manch anderer Landesfürsten. Denn mit den neueingeführten exotischen Getränken Tee, Kaffee und Schokolade hatte auch das aus Ostasien importi erte Porzellan sei nen Sieges- zug durch ganz Europa angetreten, das für jene mod ischen Tafelgenüsse wie gesdlaffen war. Als dann 1709 dem Alchimisten Friedrich Böttger in Meißen die Nacherfindung des China- porzellans gelungen war, da wollte bald selbst der kleinste unter den rund dreihundert deut- schen Duodezfürsten seine eigene Porzellanfabrik. Freilich war das, was die meisten dieser Betriebe zu produzieren imstande waren, bestenfalls Fayence, die dem Porzellan nur äußerlich ähnlich ist. Man nahm es abcr mit dcr Bezeichnung nicht so genau und verlieh auch der weniger kostspieligen Fayence den Namen Porzellan, das damals von aller Welt begehrt war. Aber nichts wäre falscher, als die Fayence deshalb geri nger einzuschätzen. Ist doch die Tonmasse, die zu ihrer Herstellung verwendet wird, gleichermaßen plastisch gut bildsam, und ihre glänzend weiße, undurchsichtige Glasur bietet denselben idea len Malgrund für jederlei bunte Ausstattung. SdlOn im alten Babyion und Agypten bekannt, war die Fayence auf ihrem weltweiten Weg über die Perser, Araber und Mauren im Mittelalter nach Spanien gelangt. Mallorca (Majorca), von wo aus dieses farbenprächtige Irdengut nach Italien exportiert wurde, gab der hier bald selbst crzeugten Majolika den Namen . Faenza hinwiederum, das widltigstc Zentrum der italienischen Kunsttöpferei im 16. Jahrhundert, wurde zur Lehrmeisterin und Namensgeberin für die Fayencekunst nördlich der Alpen. Ober Frankreich und die Niederlande, wo Delft sich bald eine führende Rolle eroberte, wurde die Fayence schließlich auch in Deutschland bekannt. Doch kam es wegen des Dreißigjährigen Krieges hier erst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts zur fabrikmäßigen Produktion von Fayence. Die meisten deutschen Fayence-Manufakturen wuchsen jedodl erst seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts wie Pilze aus dem Boden. Um diese Zeit wurdc - wie bereits erwähnt - auch die Durlacher nPorccllain-Fabrique" gegründet. Hinter dem vielversprechenden Firmentitel verbarg sich allerdings auch hier nichts anderes als eine Fayence-Manufaktur. Johann H einrich Wachenfeld, ihr Grü nder, hatte erst wenige Jahre zuvor gemeinsam mit Karl Franz Hannong die nachmals berühmte Straßburger Fayence-Fabrik ins Leben gerufen . Ungeachtet mancherlei wirtschaftlicher und technischer Schwierigkeiten ist es Wachen feld auch in Durlach gelungen, die Produktion bald in Gang zu bringcn. Fabrikation und Warenverkauf erfreuten sidl anscheinend gerade ihres erstcn Auf- schwungs, als Wachen feld - kaum 32 Jahre alt - 1726 plötzlich starb. Obgleidl seine Frau Anna Maria, eine Tochter des Durlacher Hufschmieds Peter Geibel, das Geschäft unverzagt weiterführte, wollte sich der anfängliche Erfolg nicht wieder einstellen . Auch dann nicht, als sie 1728 den "Porzellaner" Johann Ludwig Wagner geheiratet hatte, wohl aud, in der Hoffnung, 31 dem Betrieb damit wieder zu einem sachverständigen Prinzipal zu verhelfen. Die Schulden- last der Manufaktur, die damals kaum mehr als zehn Arbeiter beschäftigt haben dürfte, wurde von Tag zu Tag drückender, während der Absatz immer mehr zurückging. Als 1733 der Polnische Erbfolgekrieg auch Durlach in Mitleidenschaft zog, scheint die Fabrik überhaupt stillgelegt worden zu sein. 1739 übernahm Joseph Vincent das Unternehmen, ver- strickte sich jedoch bald in immer größere Schulden und entfloh 1744 "bei Nacht und Nebel" kurzerhand wieder nach Frankreich. 1749 ersteigerte der Herrenalber Klosterwirt und Handelsmann Johann Adam Benckiser das verwaiste Fabrikgebäude und richtete darin mit seinem Schwager) dem Durlacher Posthalter Georg Adam Herzog, eine .. Cotton- und Fayencen-Fabriqucn CompagnieU ein. Dieser Neu- beginn hat nach jahrelang stagnierender Produktion zugleich jene Blütezeit der Manufaktur eingeleitet, die den eigentlichen Ruhm der Durlacher Fayencen begründete. Ein wesentlicher Anteil an diesem schwunghaften Auftrieb ist zweifellos Dominikus Cuny zuzuschreiben, dem neubestellten technischen Direktor des Unternehmens. Cuny oder "König aus Nancy in Lothringen gebürtig" - wie der erfahrene Fachmann in Durlach benannt wurde -, sammelte bald einen ständig wachsenden Stab geschickter Formdreher, tüchtiger Maler und erfahrener Brenner um sich. 1750 heiratete er Christina Frankin, eine Tochter des Durlacher Scharfrichters, übersiedelte aber einige Jahre später nach Hollitsch in Mähren, um die dortige Fayence-Manu- faktur zu übernehmen. In den ersten Jahrzehnten nach dem Neubeginn erreichte die Fabrik mit nahezu hundert Arbeitern ihren wirtschaftlichen und künstlerischen Höhepunkt. Durlacher Fayencen müssen schon damals weithin bekannt und beliebt gewesen sein . Schenken wir zeitgenössischen Berichten Glauben, so muß sich der rege Absatz zu jener Zeit nicht nur nach Schwaben, Bayern und Tirol erstreckt haben, sondern auch die Schweiz und Holland wurden beliefert. Abnehmer der Ware waren zunächst bürgerliche Kreise, ebenso der Adel und die markgräfliche Hofhaltung, wie uns aus mehreren Akten bekannt ist. In späterer Zeit fanden die Erzeugnisse der Manufaktur vor- wiegend unter den "kleinen Leuten" ihre Käufer, bei Handwerkern und bei der ländlichen Bevölkerung. Die Konkurrenz neuentstandener Unternehmen in den Nachbarländern, die bislang zum festen Durlacher Absatzgebiet gehörten, begann sich bald nachteilig auszuwirken. Es waren dies vor allem die 1771 errichtete Porzellanfabrik Baden-Baden und die im gleichen Jahr gegründete kurpfälzische Fayence-Manufaktur in Mosbach. Inzwischen hatten Christian Friedrich Benckiser und Georg Friedrich Gerhard Herzog, die Söhne der Gründer, die Leitung des Unternehmens übernommen. Nach wie vor waren in der Fabrik - wie es noch 1768 heißt - "Jahraus, Jahr- ein, gegen 60 Personen, worunter 20 Maler, 12 Dreher und Poussirer, 6 Brenner ete." tätig. Obgleich der Betrieb weiterhin florierte, machte sich gegen Ende des Jahrhunderts ein gewisser künstlerischer Rückgang bemerkbar. Die Geschichte der Manufaktur ist rasch zu Ende erzählt. 1806 war Johann Adam Benckiser, ein Enkel des Gründers, neuer Fabrikinhaber geworden. Unter dem allgemeinen Einfluß der neuen 33 gesellschaftlichen Verhältnisse und der zunehmenden Industrialisierung ging man jetzt auch in Durladl dazu über, zur H ebun g der Rentabilität anspruchslosere Massenware zu produzieren. So wurde 1813 mit der Fabrikation von Stein gut begonnen, jenem billigeren und widerstands- fähigen keramischen Produkt, das seit dem Ende des 18. Jahrhunderts von England aus Fayence und Porzellan mehr und mehr vom Markt verdrängte. Aber wie andernorts, ließ sich auch in Durl ach der weitere Verfall der Produktion nicht mehr aufhalten; die Tage der Manufaktur waren gezählt. H eißt es doch in ei nem Bericht des Durlacher Oberamts von 1831: "Kaum und mühselig erhält sich die Porcellain-Fab rik, die ein en Waaren Vorrath von 20 000 Gulden hat und nicht verkaufen kann. " Nachdem sie im gleichen J ahr noch- mals den Besi tzer gewechselt hatte, wurde die Manufaktur ein Jahrzehnt später von den Lahrer Kaufleuten Friedrich Lichtenberger und Friedrich Engler im Zeichen des fortsch reitenden lndu- striezeital ters in eine "Cichorien-Caffee und Kartoffel-Mehl-Fabrik" umgewandelt und ihre Brennöfen wurden für immer gelöscht. So fand schließlich auch die einz ige und erfolgreid1Ste von allen a lten Fabriken der ehemaligen Residen zstadt Durlach, die sich ins 19. Jahrhundert hinüberretten konnten, ihr Ende. Einige der brotlos gewordenen Arbeiter haben dann nod, etliche Jahre in dem benachbarten "Kutsd,er Schenkelschen Hause" Birnkrüge und an~eres Geschirr nach alter Manier in eigener Regie bemalt und gebrannt. Vom einstigen Fabrikgebäude, dessen Ansicht uns eine beschei dene Tuschzeichnung von 1795 überliefert, ist im Geviert der jetzigen Pfinz-, Hub- und Kleinbachstraße nur noch ein un an- sehn lid,er Rest stehengeblieben. * Im Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses - nur wenige hundert Meter von der einstigen Manu fa ktur entfernt - hat man zwischen den beiden Weltkriegen neben vielen anderen Kunstwerken, Dokumenten und Erinnerungsstücken zur Stadtgeschichte auch eine ansehnliche Sammlung von Durlacher Fayencen zusammengtragen; nach jahrelanger Magazinierung ist sie nun im gänzlich neugestalteten Pfinzgaumuseum der Offentlichkeit w ieder zugänglich. Mit ihren über 200 Einzelstücken bildet sie nicht nur ein e der wichtigsten Abteilungen des jetzigen Museums, sondern sie ist nach Art und Umfang di e zweitgrößte Sammlung neben den nodl wesentlich umfangreicheren Beständen im Bad isdlen Landesmuseum . Rund 50 Fayencen dieser Kollektion haben die 1975 im Karlsruher Schloß präsentierte A usstellung a ls wichtige Leih- gaben bereichert und sind im Ausstellungskatalog ausführlich beschrieben und abgebildet. Wenn- gleich in der Sammlung des Pfinzgau museums die Blütezeit der Manufaktur (1749-1800) mit einer Reihe seltener und interessanter Stücke vertreten ist, so übcrwie~en der Zahl nadl die Erzeugnisse der Spätzeit nad, 1800. Aus der Frühzeit der Durlacher Fabrik (1723-49) hingegen, deren Produktion bis vor wen igen Jahren noch gänzlich unbekannt war, haben sich überhaupt nur einige Beispiele im Sd,Ioß Favorite bei Rastatt erhal ten. Ihre kürzliche Entdeckung und Darbietung a ls Durladler Fabrikate wa r eine der ü berraschungen der Karlsruher A usstellung. Es handelt sid, dabei um 35 etliche T ell er, Platten, Schalen, Krüge und Wandleuchter, die mit ein em kräftigen Randborten- dekor in Blaumalerei ("Style rayonnant") geschmückt sind und außer dem Wappen von Baden- Durlach noch das Spiegelmonogramm des Mark grafen Karl Wilhelm zeigen. Wahrscheinlich haben w ir es dabei mit Resten eines Services zu tun, das die Manufaktur in den ersten Jahren ihres Bestehens als wohlgelungene Probe ihres Könnens für die markgräfliche H of tafel gelie- fert hat. Was in den wirtschaft lich und künstler isch ergiebigsten Jahrzehnten des Unternehmens nach 1750 erzeugt wurde, gehört zu den besten Leistungen Durlachs und bildet zugleich den Fundus, aus dem alle fo lgenden Maler- und Formergenerationen bis zur Schließung der Manufaktur immer wieder Anregungen geschöpft haben. Merkwürdigerweise scheint man beim Neubeginn 1749 zunächst auf Formen und D ekore der Frühzeit zu rückgegriffen zu haben. Jedenfa lls zeigen die um 1750 entstandenen Stücke in modifizierter Form jenen charakteristischen blauen Behang- dekor, der das vorhin erwähnte Service im Schloß Fa vo rite ziert. Dem gewandelten Zeit- geschmack entsprechend, sind die Formen der Teller, Platten und Terrinen jetzt aber vielfach geschweift und fassoniert, der zarte Randdekor ist in feines Blatt- und Bandelwerk aufge- lockert. Bald aber kam eine Fülle neuer Formen und Dekore hinzu. Allein im "Preis-Courant" von 1786 sind an die zweihundert der verschiedenartigsten Geschirrformen verzeichnet, die einzeln aufz uzählen hier zu weit führen wü rde. Begnügten sich d ie Maler zunächst mit Kobaltblau - der keramischen Kardinalfarbe schlecht- hin, die mit dem chinesischen Porzellan nach Europa gelangt war - so fand en alsbald weitere Malfa rben reichliche Verwendung: Gelb, G rün und Manganviolett, später dann noch Eisenrot. Mi tunter wurden die Dekore auch nur in einer Fa rbe gemalt, dem sogenannten "cn cama'ieu", und damit äußerst delikate Wirkungen erzielt. Verwendet wurden in den Durlacher Malerstuben aussch ließlich Scharffeuerfa rben. Daneben blieben viele Stücke auch unbemalt, um sie bi ll iger in den H andel bringen zu können; außer den obligaten weißglasierten Fayencen - die in mehre- ren Exemplaren im Pfinzgaumuseum vorhanden sind - haben sich auch einige Gesdli rre mit lindgrüner und kaffeebrauner G lasur erhalten. Der Modelaun e der Zeit entsprechend, fo lgten dem vorhin erwähnten Behangdekor die "india- nischen" Blumen, w ie man die stilisierende Blumenmalerei nach ostasiat ischen Vorbildern da- mals nan nte. Diese großflächig und flott gemalten Blumensträuße mit eigenartig aufbrechenden Blütendolden und "geknickten" G räsern finden sich auf zahlreichen Geschi rren . Zunächst nur in Blau gemalt, kamen dann bald noch Gelb und Grün dazu; in Verbindung mit der schwarzen Um- ri ßzeichnung erbrachten sie jenen harmonischen und wa rmen Farbd rei klang, der für diese Periode Durladls besonders charakteristisch ist. Wohl angeregt von anderen Manufak turen treten um 1760 auch in Durlach die ersten . deutschen" Blumen auf den P lan. Anfangs noch mit ostasiatischen Motiven gemischt und als bescheidene Nebenmotive verwendet, füllen die aus Nelken, großen Tulpen und Rosen locker gebildeten bunten Sträuße bald die Schauseiten der Gefäße und sind bis ans Ende der Produktion der bevor- zugte Dekor geblieben. Solch ein Rosenzweig in gestufter Blaumalerei schmückt auch eine um 1770 entstandene Kachel in der Sammlung des Pfi nzgaumuseums, der ein besonderer Seltenheits- 36 wert zukommt: Als einziges bisher bekanntes Exemplar dieser Gattung liefert uns dieses quadra- tische Pl ättchen den sichtbaren Beweis für die aktenkundige ü berlieferung, daß in der Durlacher Manufaktur auch Kachelöfen und Fliesen hergestellt wurden. Im Gefolge der Chinamode in der europäischen Kunst des 18. Jahrhunderts erscheinen um 1765 auch auf Durlacher Erzeugnissen figürliche Chinoiserien. Diese bezaubernden Darstellungen gehören nicht nur zum besten, was Durlach an malerischer Ausstattung geschaffen hat, sondern dürfen überhaupt zu den reizvoll sten Schöpfungen der gesamten deutschen Fayencemalerei ge- zählt werden. Inmitten exotisch anmutender Gärten oder bizarrer A rchitekturen, einzeln oder in Gruppen placiert und in phantasievol le Kostüme gekleidet, agieren di ese mu nteren Chin esen- fi gü rchen in verschiedenen Beschäftigungen und a llerl ei Vergnügungen. Meist von fli egenden Vögeln und überlebensgroßen Insekten umschwirrt, bevölkern diese europäisierten Miniatur- Ch inesen nun die Durlacher Platten, Teller, Tee- und Wärmegeschirre, Leuchter und Schreibzeuge. Zun ächst nur ein farbi g in Blau, Schwarz oder in modi schem Seladon grün gehalten, werden die C hinoiserien später auch mehrfarb ig gemalt. Wie der Verfasser kürzlich an anderer Stelle nach- weisen konnte, dienten den Durlacher Malern für ihre Chinoiserien vornehmlich Stiche von El ias Baeck a ls graphische Vorlagen, die ein Augsburger Verlag bereits um 1724 herausgegeben hatte. Reizvollen Exemplaren dieser Durlacher Ch inesendekore begegnet der Besucher des Pfi nzgau- museums außer auf einigen Kaffee- und Milchkännchen vor allem in dem großen Tablett mi t durchbrochenem Rocaille-Rand, auf dem ein Angler inmitten einer üppigen Flußlandschaft w ieder- gegeben ist. Auch das Zeitalter der Romantik hat auf Durlacher Erzeugnissen seinen Niederschlag gefunden, als man um 1780 dazu überging, die Gesch irre mit zum Tei l miniaturartig kleinen "romanti- schen" See- und Ruinen landschaften zu schmücken, wobei jetzt als neueingeführte Farbe ein leuch- tendes Eisenrot vorherrscht. Ein mehrtei liges Service, bestehend aus einem rechteck igen Tablett, mehreren Kannen und Tassen, das 1963 von der Stadtverwaltung für das Pfinzgaumuseum er- worben werden konnte, sei hier a ls besonders geglücktes Beispiel dieser in li ebevoller Klein arbeit gema lten Landschaftsdekore hervorgehoben. Diese Landschaftsmalerei ist bekanntlich in Mosbach so getreulich nachgeahmt worden, daß die Erzeugnisse der bei den Ma nufak turen oft kaum zu unterscheiden si nd, wenn sie nicht - w ie dies bei Mosbacher Fayencen häufig der Fa ll ist - mit einer Marke versehen sin d. Durlach hingegen hat niemals ein Fab rikzeichen geführt. (Nur das sei t 1813 fabrizie rte Steingut mu ßte auf amtliche Ano rdnung ab 1818 den mit Blindstempel eingepreßten H erstellungsort "Durlach" aufweisen.) Aktenstücke wurden gelegentlich mit einem Petschaft gesiegelt, dessen Buchstaben FFD (Fayence Fabrik Durlach) auch auf ei ner sei denen Jubiläumsfah ne von 1828 wiederkehren, die jetzt im Pfinzgaumuseum verwahrt wird. Ledi glich ein er größeren Zahl von Malermarken begegnen wi r auf zahlreichen Durlacher Stücken; gelegentlich haben einige der etwa fünfzig in den Fabrik- akten aufgeführten Maler ihre A rbeiten auch mit vo llem Namen signiert. Es gibt indessen ein E rzeugnis der Manufaktur, das nachhaltiger als jede Marke ihren Namen 37 weithin so vertraut gemacht hat, daß es heute gewissermaßen als das eigentliche Wahrzeichen .. der Fabrik angesehen w ird. Es sind jene schmucken Birnkrüge, die vorwiegend zu Gesmenk- zwecken auf Bestellun g in verschiedenen G rößen einzeln angeferti gt wurden. Neben figürlichen Szenen un d Zu nftem blemen - die meist von ei ner Rocaille-Kartusche und Blumenzweigen um- rahmt sind -, überliefern sie uns in ihren Aufsch riften oftmals auch den Namen, Beruf und Wohnort des Auftraggebers sow ie das H erstellu ngsjahr. Da sie nachweislich von 1754 bis zum endgült igen Verlösd,en der Brennöfen - also fast ein J ahrhundert hindurch - prod uziert wurden, hat ihre weite Verbreitun g freilich andererseits die übri gen Du rl acher Erzeugnisse etwas überschattet. Zugleich läßt sid, an diesen buntbemalten und meist recht volkstümlichen Birnkrügen - gleichsam wie in ein er Musterkoll ektion - di e gesamte künstlerische Entwicklung der Manu- faktur ablesen, wie dies beisp ielsweise auch an den fund fü nfzig Birnkrügen des Pnnzgaumuseums möglich ist, deren ältester 1757 entstanden und deren spätester 1843 datiert ist. Verwendu ng fa nden sie vorwiegend als Schenkkrü ge, mit welchen der H austrunk aus dem Keller geho lt und bei Tisdl kreden zt wurde. H andelt es sich aud, nicht um Werke "hoher Kunst", so si nd diese schlichten , in der Spätzeit zuweilen mit unbeholfenem Pinsel bemalten Wein krüge vor a llem für di e Familienforschung und H eimatgeschichte, fü r die Kostüm- und Volkskunde ei ne wahre Fundgrube. Diese nach Hund erten zählenden und in vielen Sammlungen verwah rten Birn- krüge bilden mit ihren mannigfalt igen Darstellungen einen bunten Bilderreigen, gleichsam einen ein zigarti gen Kultur- un d Zei tsp iegel vom täglichen Leben in Stadt und Land, der uns von der hei teren Welt des graziösen Rokoko über die Drangs"ale und Kriegsnöte der napoleon ischen Ara bis an die Schwe lle unseres Industri ezeitalters führt. Als weitere Du rl acher Spez iali tät seien hier noch jene reizvollen Anbietplatten in Kleeblattform genannt, di e sonst keine deutsche Manufaktur auf den Markt gebracht hat. Besonderer Beliebheit dürften sidl auch di e zierlichen Schreibzeuge erfreut haben, die in Nieren- und Herzform aus- geformt, oder aud, geschweiften Rokoko-Kommoden en mi ni ature nachgebildet und origi nalge- treu bemalt wurden. Ein namentlich in D urlach gepflegtes Formstück wa ren auch jene kegel- stumpfförmi gen Warmhaltegefäße mit abnehmbarem Napf, sogenan nte Rechauds, die zugleich als Nachtl icht gerne Verwendung gefu nden haben. Al s bescheidene Besonderheit seien noch die kleinen runden Schälchen erwähnt, die aufs Spinnrad aufgestülpt werden konnten und zum Benetzen der Finger dienten. Figü rl iche Plastik hingegen, wie sie bei anderen Manufakturen zu finden ist, wurde in Durlach so gut wie überhaupt nicht hergestellt. Belege fü r beschei dene Versuche auf diesem Gebiet liefern uns unter anderem einige Gipsformen für kleine Fa yencetiere sowie ein liegendes Löwenfigü rchen aus Du rladler Stein gut, die zu den Raritäten der Sammlung des Pfinzgaumuseums zählen, jedoch eher als interessant denn als künstlerisch bedeutsam bezeichnet werden können. Alles in allem spricht es für die Gediegenheit der in Durlach entwickelten Formtypen und für ih re Beliebtheit bei den Käufern, daß so ma nd,es Modell der Blütezeit in nur geringfügiger Abwandlung selbst noch in der Spätperiode der Manufaktur ausgefo rmt wurde. Das wichtigste Schmuckelement in der Produktion nach 1800 bi lden neben figürlichen Darstellun- gen die verschiedensten Blumenmoti ve, die jetzt frei lich !lidlt mehr die künstlerische Feinheit der 38 39 Blütezeit aufweisen, sondern meist summarisch mit flüchtigem Pinsel hingesetzt sind . An die Stelle der lockeren Rokokosträuße treten in zunehmendem Maße nun didltgeflodltene G irlanden und Kränzchen, bei welchen vor allem zu r Zeit des Biedermeier das modische Vergißmeinnicht und das Stiefmütterchen die Hauptrolle übernehmen. Auf vielen Geschirren, vor allem auf Platten und Tellern, nehmen außer den verschiedenen Blumendekoren jetzt kurze und längere Inschrif- tcn,Widmungen und Sprüche den beherrschenden Platz ein. Obgleich sie niemals über den Rang sogenan nter Gelegenheitsdichtung hinausgeh en, spricht aus diesen meist unbeholfenen, zuwcilcn aber humorvoll gewürzten Versen stets der nai ve Ton urwüchsigen Volksempfindens. Sie künden von den Freuden und Leiden eines bestimmten Berufsstandes, preisen die Liebe, Treue und Freundschaft und huldigen emphatisch - wie könnte es im Weinland Baden anders sein - dem edlen Rebensaft. Proben dieser schlichten "Dichtkunst" findet der lesefreudige Bctradlter auch auf zahlreichen Stücken im Pfinzgaumuseum. Kommen wir abschließend noch auf eine besondere Gruppe d1arakteristisd1er Formstücke und Dekore zu sprechen, die in Durlach von etwa 1825 bis ans Ende der Produktion gebräud1 1ich waren. In auffälliger Weise gleichen diese Stücke bis ins unscheinbarste Detail hinein manchen Erzeugnissen einiger Schweizer Manufaktllren, namentl ich jenen der Zürcher Fabrik im Schooren und der in Matzendorf im Kanton Solothurn. Schon seit einiger Zeit beschäftigt die Keramik- fo rschung dieses Problem, ohne daß es bisher gelungen ist, eine schlüssige Begründung für diese merkwürdige Duplizität zu finden . Die Ausstellung im Badischen Landesmuseum, in der erstmals ges icherte Schweizer mit DurIacher Fabrikaten direkt konfronti ert wurden, konnte zur weiteren Klärung dieser umstrittenen Frage wesentl iche Argumente beisteuern . Dabei hat sich unter ande- rem herausgestellt, daß so manches bislang Durlach zugesch riebene Stück jetzt eindeutig als Schweizer Erzeugnis anerkannt werden muß; neben etlichen Terrinen, Kannen, Tassen und Tellern, die als vermeintliche Durlacher Fabrikate ins Pfinzgaumuseum gelangt si nd , triffi dies beispielsweise auch für das hübsche Barbierbecken von Johannes Brunner zu, das erst 1849 - a lso fast ein J ahrzehnt nach Stillegung der Durlacher Manufaktur - entstanden ist. Walther Franzius Zur Technik der Fayenceherstellung Für die Fayenceproduktion bedient man sich ei nes gut bildsamen und möglichst kalkhaltigen Tones. Die Vasen, Kannen und sonstigen Ge fäße werden vorwiegend auf der Töpferscheibe gedreht. Beim Abschneiden des Gegenstandes von der Scheibe mit Hilfe einer Drahtschlinge ent- stehen auf dem Boden bogenförmige Parallel rillen. Sie sind für die Böden von Durlacher Birn- krügen cha rakteristisch und verschwinden erst um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, als man zur Glättung der Böden übergeht. Die von der Scheibe abgenommenen Objekte läßt man zunächst an der Luft etwa lederhart trock- nen . D an n werden die meist in besonderen Formen hergestellten Henkel und Ausgußtüllen "an- garn iert". Mi t Tonbrei werden sie an genau festgelegten Stell en auf die Gefäße gek lebt. Da der trockene Ton von Henkel bzw. Ausgußtülle und Gefäß der Kittmasse die Feuchtigkeit entzieht, entsteht eine feste Verbindung. Darauf kommen die Stücke in den Ofen zum sogenannten "Schrühbrand" mit Temperaturen von etwa 8000 Celsi us. Durch die Hitze wird ihnen weitere Feuchtigkeit entzogen und damit eine größere Festigkeit verliehen. In einem neuen Arbeitsgang werden sie glasiert, d. h. mit einer besonderen Schicht überzogen. Grundbestandteil der Glasur ist Quarzsand, dem vor allem Zinnoxyd zugefügt wird. Das Gemenge wi rd fein gemahlen und mit Wasser zu ein em verhältnismäßig dünnflüssigen Brei angerührt. In diesen weißgrauen Glasur- brei werden die gesch rühten Stücke nur kurz eingetaucht. Die Glasurmasse sch lägt sich als mehli- ger überzug auf der Oberfläche des Gefä ßes nieder, weil der poröse Ton die in ihr enthaltene Feuchtigkeit rasch aufsaugt. Ein zweiter Brand bei etwa 10000 Celsius bringt den überzug zum Schmelzen, so daß er mit dem Scherben ei ne feste Verbindung eingeht. Die gebrannte Glasur ist wasserundurchlässig und hat eine glasartige Konsistenz. Ihr porzellanähnl iches Weiß ist für die Durlacher Fayencen besonders charakteristisch. Neben der "Weißware" wurde auch ein- oder mehrfarbig bemalte Fayence hergestellt. Für die Dekoration bediente man sich in Durlach ausschließlich der sogenannten Scharffeuerfarben. D iese werden in vorwiegend grauer Lösung auf die noch ungebrannte Glasur aufgetragen. Erst im "scharfen Feuer", a lso im Glasurbrand bei etwa 1 0000 Celsius, erha lten sie die Leuchtkraft ihrer Farben. Sie sink en in die schmelzende Glasur ein und ergeben besonders zarte, manchmal leicht verschwommene Umrißlinien. N ur weni ge der aus Metalloxyden bestehenden Farben halten die hohC' Temperatur des Glasu rbrandes aus, ohne zu verbrennen : Blau, Gelb, Grün , Manganviolett und Schwarz. Erst um 1780 kam in Durlach auch das Eisenrot a ls Scharffeuerfarbe auf. Man verzichtete bewußt au f die reichere Farbskala der sogenannten "Muffelfarben" , die bei geringerer Temperatur in einem dritten Brand auf die bereits fertige Glasur aufgeschmolzen 40 41 werden . Mit den Scharffeuerfarben hatte man einen unempfindlichen, homogen mit der Glasur verschmolzenen Dekor. Die nur auf der Oberfläche der Glasur haftenden Mulfelfarben dagegen waren viel eher Beschädigungen ausgesetzt. N ur das Scharffeuer-Schwarz, das man in Durlach gewöhnlich in ausgezeichneter Qualität herstellte, ist gelegentl ich ausgebrochen und hat dann ei ne spürbare Vertiefung in der Glasur hinterlassen . Der Scherben - so nennt man die gebrannte Tonmasse - ist bei den Du rlacher Erzeugnissen meist geblich, doch kommt er bisweilen auch in rötlicher Tönung vor. Das wegen seiner Porzellan- ähnlichkei t bekannte glänzende Weiß der Glasur ist sahniger und nicht so kalt wie bei der Por- zell anglasur. Außerdem hat die Du rlacher G lasur, besonders an dünn aufgetragenen Stell en, häufig einen rötl ichen Schimmer. Ludwin Langenfeld Die Straßburg-Durlacher Bibel von 1529-30 und ihre Drucker Wolf Köpfl und Veltin Kobian Ober das im fo lgenden kurz "Durlacher Bibel" genannte Druckerzeugnis von 1529/30 ist in der Populärlitcratur soviel Ungereimtes zusammengeschrieben worden, daß wir uns hier eingehen- der damit beschäftigen wo ll en. Dieser Bibeldruck und sein Durlacher Buchdrucker haben den Namen Durlachs seit jetzt 445 Jahren anfangs in die religiöse, dann in die wissenschaftlich inter- essierte Welt hinausgetragen. Johann Daniel Schöpflin, übrigens Schüler des markgräflichen Gymnasi ums zu Durladl, hat in seiner "Historia Zaringo Badensis" 1764 den Vermerk: "A. 1529 & 30. D urlac i imp rcssa est Gcrma ni ca versio parti s Bib liorum Lutheri 1, " D er mark gräflieh Baden-Durlachische wirkliche Kirchenrat und Rektor des Gymnasi ums JIlustre, Johann Christian Sachs, berichtet 1769 in seiner Geschichte der Markgrafschaft Baden " daß "im Jahr 1529 und 30 ein Teil der Heiligen Schrift, wie sie von DoktOr Luthcrn in die deutsche Sprache übersetzt worden, gedruckt wurde". Julius Lampadius (d. i. Julius Leichtlen) berichtet 181 1 in seinem Büchlein "Bei- träge zur Vaterlandsgeschichte", daß der Markgraf (er gibt irrtümlich M. Ernst statt M. Phi lipp an) die Bibel 1529/30 Zl1 Durladl drucken ließ. Siegmund Friedrich Gehres berichtet in seiner Kleinen Chronik von Durladl 1824 ebenfa lls, daß 1529/30 ein Teil der Bibel, wie sie von Doktor Luther ehemals ins Deutsche übersetzt ward, in der "Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei" in Durlach im Druck erschien '. Schließlich berichtet auch Kar! Gustav Fecht in sei ner Geschichte der Stadt Dur!ach 1869 über den Dur!acher Bibeldruck und fügt kursorisch hinzu: "Anfang und Schluß erschienen aber in Straßburg, auch ist nicht Alles nach Luther's Obersetzung, weldlc erst einige Jahre später fertig wurde '." Mit Fechts Feststellu ng sind di e bei den widltigsten Themenkreise angeschlagen, die wir nachfolgend präzisieren wollen. Die »Durlacher Bibel" eine sog. »kombinierte" Bibel Luthers gesamte Bibelübersetzung wurde erst 1534 abgeschlossen, die erste Wittenberger Voll bibel ersdlien im September 1534. Seither beherrschte Wittenberg im ganzen weiteren 16. Jahrhundert hinsichtlidl des Druckes von Voll-Bibeln das Feld. Aber schon vorher wu rde Luthers Bibel-über- setzu ng durch den Nad1druck der schon fertiggestellten Teil e weit verbreitet. Hi er standen seit 1523 in Norddeutschland Erfurt, in Süddeutschland Augsburg, Straßburg und Nürnberg und bis 1527 aud, Basel im Vordergrund. Man stellte dabei seit 1529 sogenannte kombinierte Voll-Bibeln in der Weise her, daß man die von anderer Hand bereits übersetzten Propheten (der Züricher "Prädikanten" oder der Wormser Wiedertäufer Hetzer und Denck) und die Apokryphen (des Zü rid,er Theologen Leo Jud) dem Luthertext hinzufügte. So erschienen 1527/ 29 und 1530 in Zü rich bei C hristoph F roschauer 2 kombinierte Bibeln, 1529 die sogenan nte "Wiedertäuferbibel " bei Peter Schöffer in Worms, ei ne 1534 in Frankfurt bei Ch ristian Egenolph , ei ne 1534 in Augs- 42 bu rg bei H einrich Stay ner und eben unsere Straßburg-Duriacher Bibel bei Wolf Köpfl und Veltin Kobian 1529/30 (Nachdruck bei Wolf Köpfl, Straßburg 1530/32). Sie benutzt neben der Luther- übersetzun g für die Apokryphen Juds übersetzun g, fü r die Propheten (außer den bereits von Luther übersetzten Jesaja, Jona, H abakuk und Sacharia) Hetzer-Dencks Wormser Prophetenver- deutschung ' . Die "Durlacher Bibel" teils in Straßburg, teils in Durlach gedruckt Das zweite Kennzeichen des uns beschäftigenden Bibcldrucks ist, daß er zum Teil in Durlach, zum Teil in Straßburg gedruckt ist. Dabei ist von vorn herein festzuhalten, daß die Arbeitsteil ung zwi- schen Straßburg und Durlach nicht identisch is t mit der eben geschilderten Auftei lung zwisd,en Texten Luthers und Texten anderer übersetzer. Wir wissen nicht) wie diese Arbeitsauftcilung zustande kam. In Durlach wurden ged ruckt: der Dritte Teil des Alten Testamentes, di e "Lehr- bücher": Das Buch Hiob, Der Psal ter, Die Sprüche Salomos, Der Prediger Salomo, Das H ohelied Salomos, ferner sämtliche Propheten. Der in Durlach gedruckte Teil nimmt a lso, wie Fecht richtig bemerkt, den Mittelteil der Bibel ein. Auf dem Titelb latt zum "Dritten Teil des Alten Testamen- tes " ist Durlach angegeben (1529) und - wie wir noch zeigen werden - das Kennzeidlen , um nicht zu sagen di e Druckermarke Veltin Kobians angebracht. Die links davon befindlid,e Seite (Schluß des "anderen", Zweiten Teils des Alten Testamentes) schli eßt mit der markanten Drucker- marke Wolf Köpfls Zl1 Straßburg ab (Abb. I ). Das Titelblatt der Propheten, ein großartiger Renaissanceentwurf, trägt zwa r den Vermerk: "Straßbu rg bey Wolff Köpfl " (1530) (Abb. Ir), aber am Ende der Propheten steht - wie übrigens auch am Ende des Dritten Teils des Alten Testamentes (vgl. Abb. III, linke Seite) der Vermerk: "Gedruckt zu Durladl durch Vel tin Kobian / auß verlegung Wolff Köpffels / burgcrs zu Straßburg I" (Abb. IV). Das Renaissance- titelblatt zu den Propheten ist also unzweifelhaft in Straßburg ged ruckt, wohl weil Vel tin Kobian ei nen so aufwend igen und teuren Druckstock in Durlach nicht zur Verfügu ng ha tte. (Übri gens soll nach einer Mitteilung Engelbert Strobels' der Stuttga rter Wasserzeichenforsdler Gerhart Piccard festgestellt haben, daß auch der in Durlach herausgebrachte Teil der Bibel auf Straßburger Papier gedruckt ist.) Und Veltin Kobian in Durlach hat "auß verl egung Wolff Köpffcls, burgers zu Straßburg" gedruckt, d. h. im Auftrag Wolff Köpffels. Damit kommen wi r zu der Frage nach den bei den Druckern und ihrem gegenseiti gen Arbeits verhältnis. Die Drucker Wo lf Köp{l in Straßburg und Veltin Kobian in Hagenau' Als Luther sich 1519 öffentlich vom Papsttum lossagte, stellte er die Geister sei ner Zeit vor die offene Entscheidung. Das Elsaß, insbesondere Straßburg, empfing die Reformation mit offenen Armen. Seit 1519 wurden die Schriften Luthers in Straßburg gedruckt. Durdl den Reformator Martin Butzer erhiel t die Reform einen spezifisch straßburgischen Charakter. 1524 hatte sie schon die Mehrheit der Bevölkerung erfaßt. Zum großen Teil ist dies dem Einfl uß der Buchdrucker zuzusdlrei ben. Neben den D ruckereien von Crato, Myl ius und Wendel in Rihel gehörte Wolf Köpfl (in der "Durlacher Bibel" stehen die beid en Schreibweisen Wollff Köpffl und Wolff Köphl 43 nebeneinander; auch nannte er sich Wolfius Cephalus; in der Sekundärliteratur heißt er Wolfgang - Köpfel) zu den drei großen Druckern in Straßburg zur Reformationszeit. Wolf Köpfl wa r der Neffe des berühmten Reformators Wolfgang Capiton (einer latinisierten Form des Familien- namens Köpfel ). O hne Zweifel ha t nicht nur der Ei nfluß, sondern auch die finan ziell e Unter- stützung seines Onkels Wolf Köpfl zur Verbreitung der reformatorischen Schriften angeregt. Sie stell en mehr als die H älfte seiner Produktion dar. Er druckt die Schriften Luthers (35 Ofo seiner Druckerproduktion), die Capitons und der anderen straßburgischen Reformatoren Matthias Zell und Martin Butzer. Se in erster Mitarbeiter ist Petcr Braubach (aus Braubach am Rhein), der in der Folgezei t dann eine Druckerei in H agenau gründete (wo 1532 auch Veltin Kobian auftaucht!). 1522 ersdleint das erste Druckwerk KöpfIs, ein Brief Luthers an Hartrnut von Kronberg. Der Druckvermerk weiSt aus: "gedruckt zum Steinbruck". Steinbruck, auch Roßmarktbruck, gelegen am Roßmarkt, heute Place Broglie, wa r wahrscheinlich die Steinbrücke, die über den Graben der Lohgerber fü hrte, wenn man von der Domstraße kam, denn die anderen vier Brücken in der Nähe wa ren aus Holz. Köpfl kümmerte sich nicht um das Edikt von Worms von 152 1, das verbot, häretische Schriften zu d rucken . Der Bischof selbSt intervenierte beim MagiStrat gegen KöpfIs Geschäftigkeit. 1524 erließ der MagiStrat bindende Vorschriften für die Buchdrucker: sie mußten ihre Werke vorh er der Zensur vorlegen, mußten ihren Namen auf ihre Publikationen drucken und durften nichts anonym drucken. Im a llgemeinen wurden die Vorschriften beachtet, um 1525 trugen 80 % a ller in Straßburg veröffentlichten Werke den Druckernamen. Trotzdem veröffent- lichte Köpfl 1526 anonym ein Colloquium, das der. Reformato r Oeco lampade (H ausschein), Mittler zw ischen Luther und Zwingli , gegen sei ne katholi schen Gegner gehal ten hatte. Köpfl wu rde ins Gefängnis gesteckt, aber als sei ne Frau ein Kind erwartete, wu rde er kurze Zeit später gegen ein e Buße von 5 Florins wieder f re igelassen. Köpfl wa r stolz darauf, seinen Namen auf die Titelblätter seiner Bücher zu seezen, stolz darauf, durrn sein Engagement die neuen Ideen zu pro- klamieren. Er druckte aus reformatorischer überzeugung, erst in zweiter Linie als Kaufmann. 1524 veröffentlicht er die erste Ausgabe einer deutschen Messe, im seI ben Jahr wurde die erste Messe in DeutSch in der Kapelle St. Johannes der Kathedra le gehalten. Köpfl hat außerdem lateinische und besonders griechische Werke ged ruckt, auch eine griechische Bibel 1526, er selbst konnte Griechisch. Um sein e dreibändige Bibelausgabe von Luther, 1524125, zu ill ust rieren, wandte er sich an den großen Illustrator Joha nn Weiditz (den Alteren). Von ihm bezog Köpfl auch ornamentale Umrahmungen ("encadrementS"), die in der Mitte Platz für den Titel frei- ließen und nicht weni ger a ls 15 verschiedene Druckermarken. Im Neuen Testament a llerdings begnügte sich Weiditz damit, die Apokalypse mit Kopien nach H olbein (1523) zu schmücken ' . Auch Hans Baldu ng Grien (1476-1545) hat für Wolf Köpfl gearbeitet. Köpfl hatte neben der Druckerei auch eine der blühendsten Papiermühlen in Deutschland. 154 7 verhei ratete sich Köpfl zum zweiten Mal mit Margrethe Einhart, Witwe von Ulrich Würtemberger, Pastor von Schiltig- heim. Köpfl starb 1554. Aus der ersten Ehe hatte er zwei Söhne: Paul und Philipp, die erst das väterl iche U nternehmen fo rtführten, dann, 15 57, nach Worms übersiedelten, wo sie bis 1563 druckten. Das Bürgerbuch erwähnt eine Tochter Köpfls, die sich 1551 mit Danicl Günter aus Worms verheiratete. 44 Die Druckerzeichen Köpfls sind fast ausschließlich charakterisiert durd1 einen Eckstein, der in den verschiedensten Variationen auftaucht. Nur einige Marken reduzieren sidt auf Engel- oder Tierköpfe, in Schilder oder in Bordüren plaziert und machen Anspielungen auf den Namen des Druckers. Das Sinnbild des Ecksteins ist aus der Heiligen Schrift genommen: "Christus ist der Eckstein / Und ein Schildt der Wahrheit / Wer auff disen steyn feilt der wirt zurschellen" heißt cs auf der wohl schönsten Druckermarke (1525), die Köpfl verwandt hat (Abb. V). Dieser Eckstein wird tei ls durch Engel gehalten, teils von zwei Schlangen umschlungen (wie in dcr "Durlacher Bibel"), die, umgeben von einer Strahlenkrone, eine Taube übersteigt (vg l. Abb. I). Von diesem Eckstein-Schlangen-Signet gibt es noch eine einfachere Variante (in der "Durlacher Bibel " als Abschluß des 1. Teils des Alten Testaments). Wir zeigen sie in Abb. VI (allerdings mit dem in der DB nicht ausgedruckten Namenshinweis Ce-phal = Cephalus) '. Nach Straßburg nimmt Hagenau den zweiten Platz in der Geschichte des elsässischen Buchdrucks cin ". Gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts rivalisieren zwei große Drucker in Hagenau, Heinrich Gran und Thomas Anshelm, mit Straßburg. Von 1523 bis 1532 führt Johann Setzer, dann, bis 1536, dessen Schwiegersohn Peter Braubach. Von 1532 bis 1542 machte Veltin (Valentin) Kobian ihm Konkurrenz, der -:- wie Köpfl in Straßburg - der eifrigstc Propagan- dist der Reformation in Hagenau war. Er druckte vorwiegend Wiedertäufer-Sd1rifttum . Kobian stammte, nach Angabe Ritters 11, aus Durlach. Bevor er eine eigene Druckerei hatte, arbeitete er während mehrerer Jahre (mindestens seit 1520) in Hagenau als Druckereigeselle. Hier heißt er 1524 "Veltin Durlach buchtrucker" oder" Veltin Kobie buchtrucker" . Zwischen 1525 und 1530 ist man ohne Nachrichten von ihm. 1529/ 30 lindet man ihn als selbständigen Drucker zu Durlach. Aber schon 1530 siedelt er nach Ettlingen über, wo er, unter dem Impressum "Ettelingae apud Va- lentinum Kobian" fünf Drucke erscheinen läßt. Warum Kobian von Durlach nach Ettlingen über- siedelte, ist unbekannt, man nimmt an, daß ihn die um die Mitte des 15. Jahrhunderts dort errich- tete erste Papiermühle Badens dazu verlockte ". Im September 1532 gründete er seine Druckerei in Hagenau, in der er, anschließend an seine Durlacher und Ettlinger Publikationstendenz, drei weitere medizinische Werke veröffentlichte. Der Erfolg dieser medizinischen Abhandlungen beim Publikum scheint nicht sehr groß gewesen zu sein. Kobian verzichtet auf dieses Genre und ver- öffentlicht ab 1534 vorzüglich religiöse Werke der sektiererischen Wiedertäufer-Richtung (Mel- chior Hofmann, Johann Eisenburg, Kaspar Beck, Michel Wächter). Der Hagenauer Magistrat überwachte - wie in Straßburg - seine Produktion (etwa 30 Werke), indessen scheinen die Stadtväter der katholischen Stadt doch ziemlich tolerant gewesen zu sein, weil sie 1536 eine Verdeutschung einer Kampfschrift gegen den kirchlichen Zölibat des Venezianers Franziskus Barbarus durchgehen ließen. 1537 wird er a ls "Feltin in der Rosengasse" genannt. Am 16. August 1543 (nach Ritter, a. a. 0., Anm. 7) oder nach einer anderen Quelle am 17. August 1542 (nach Heitz-Barack, a. a. 0., Anm. 9) stirbt Kobian im Hospital, dem er die bescheidene Summe von 10 Batzen hinterläßt. Wennig vor 1550 verschwindet die Kobian-Druckerei in Hagenau. Ober die Hagenauer Druckermarken Kobians besteht offensichtlich Ungewißheit. Er besaß wohl 45 in Hagenau keine eigene Druckermarke, sondern nur ornamentale Titeleinfassungen. Das schöne - Signet mit dem sein Gefieder spreizenden Pfau, der einen Fuß auf e inen H ahn, den anderen auf einen Löwen setz t, wobei der Pfau, dem österreichisd1en Wappen entlehnt, a ls Anspielung auf die kaiserliche Stadt H agenau zu gelten hätte, schreibt Hanauer dem persönlichen Wappen Jerome Gebweilers zu, des Direktors der Lateinschule in Hagenau, der bei verschiedenen Druckern drucken ließ ". Auch die Druckermarke Kobians mit zwei Schilden, deren eines die Rose von H agenau, das andere ein Hufeisen mit zwei Sternen und einem Kreuz zeigt 14, ordnet Hanauer dem Hagenauer Hufsd1mied und Verleger Hans Griesbach zu. Tatsächlich tri tt in den übrigen H agcnaucr Druckermarken kein Hufeisen au f, nur die der Stadt zugeord nete Rose. Die srnriA:- künstl erische Qualität eines Hagenauer Kobian-Druckes von 1536 möge unsere Abb. VII zeigen. Die Druckertätigkeit Veltin Kobians in Dur/ach 1529130 Vel tin Kobian hat in den woh l knapp zwei Jahren sei ner Durlacher Tätigkeit außer sei nem Bibeldruek "auß verlegung Wolff Köpffls, burge rs zu Straßburg", noch drei kleinere Schriften gedruckt. Bleiben wi r zu nächst bei der uns zen tral interessierenden Bibel: Wir w issen nicht, w ie di e Geschäftsverbindung mit Köpfl in Straßburg zustande kam, können nur vermuten, daß die Sdla ltstation dieser Verbindung Hagenau war. Weder das städtische noch das staatliche Archiv in Straßburg besitzen Unterlagen, die sich auf die Verbindung Köpfl - Kobian beziehen ". Selt- samerweise erwähnen auch weder Ri tter noch Hanauer (vgl. Anm. 7) das gemeinsame Bibel- U nternehmen zwischen Köpfl und Kobian . Auch feh ren uns verbindliche Fakten darüber, wie Velti n Kobian aus Hagenau nach Durlach kam, wenn man hier nicht seine von Ritter 16 behaup- tete Durlacher H erkunft a ls ausschlaggebend werten wi ll. 17 Jahre vor Kobians Durlacher Bibel- druck hatte a ll erdings Du rlach (auch Turrclaci, Thurrelacum) bereits eine kl eine Druckerei zu verzeich nen, der man bisher drei Drucke zuschreiben konnte 17. Als Drucker bezeichnet sich der Durlacher Pfarrer N ikol aus Keibs, Mitglied des Johanniterordens. Er stand offenbar in näheren Beziehungen zu dem bekannten Künstler Hans Schäuffelin, da drei H olzschnitte desselben a ls Einblattdrucke den Keibschen Druckvermerk tragen . Keibs bedeutendster Druck wa r di e "Passio C hristi" von Ulrich Vannius, 1512, dessen Titelblatt wir zeigen (Abb. VIII) . Vermutlich kam Veltin Kobian nach Durlach (oder nach Durlach zurück), weil die damals schon sich in Durlach bei Hof und Bevölkerung zeigenden lutherischen Neigungen sein em Bibelunternehmen günstiß waren . Zwar wurde die Reformation in Durlach, wie überhaupt in der ganzen Markgrafschaft Baden-D urlad1 erst 1556 durch Markgraf Kar! II. (eben unseren "Karl mit der Tasche", Regie- rungszeit 1553 - 1577) offi zie ll eingeführt. Der Rcformationsbefehl gin g am 1. Juni 1556 ins Land hinaus >s. Aber schon der Vo rgänger Karls 11. , Markgraf Ernst (Regierungszeit 1527 bis 1553), nahm zwar keine offizielle Reformation in seinen Landen vor, bekannte sich auch nicht öffentlich zur "Augsburgischen Konfession" (1530), der maßgeblichen Bekenntnisschrift der luthe- rischen Kird1e, arbeitete aber auf den Reichstagen an der Vereinigung der Gemüter, nahm sich der Evangelisd1en zu Kenzingen und Waldshut an und hi elt sich selbst einen evangelischen H ofpredi- ger. D ie Durlacher Bibel war noch unter Markgraf Philipp (t 1533) gedruckt worden und Vier- ordt behauptet, wohl in Anlehnung an Leichtlen (vgl. Anm. 3), der Markgraf selbst habe Auftrag 46 gegeben, sie zu drucken ". Adolf Wolfhard drückt den Sad1Verhalt so aus: "Die Markgrafen hatten cvangelisd1c Neigungen, wollten es aber doch mit dem Kaiser nicht verderben ." Wolf- hard weist auch auf die Tatsache hi n, daß der aus Du rl ach stammende Jakob Si mmler Luthers ständiger Begleiter während dessen H ei delberger Aufenthalts im Frühjahr 1518, a lso ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung der 95 Thesen, war . "Er dürfte also der erste Durlacher gewesen sein, der mit Luther in persönl iche, freundsrnafHiche Beziehungen trat :!O ." Vor dem Hintergrund dieser günstigen geistesgesch ichtlichen Posi tionen muß man Veltin Kobians Durlacher Bibeldruck-Unternehmen sehen, von dem man annehmen kan n, daß es woh lwollende Förderung durch den Markgrafen Phil ipp erfuhr. überhaupt waren ja die Markgrafen in religiö- sen Fragen stark engagiert, w ie auch das sogenannte "Stafforter Buch" beweist, das der Nach- folge r Karls 11. , Markgraf Ernst Friedrich (Reg ierungszei t 1577 - 1604), der sich seit 1599 öffentl id, zu r Leh re Ca lvi ns bekannte, auf Anraten sei ner Berater Georg Hanfeid, Johann Pisto- ri us und Joha nn von Münster im Jah re 1599 in dem Fürstlid1en Schlosse zu Staffort drucken ließ. Dieses Bud1 ist ei ne Abhandlung über die Grü nde, die den Markgrafen veranlaßten, zur Calvi- nischen Glaubenslehre überzutreten . Das Buch rief heftige Gegenschriften württembergischer und säd1sischer Theo logen hervor, ein Exempl~r dieses sehr seltenen D ruckes befi ndet sich im Pfinz- gaumuseum " . Schließlich sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, daß die Gemahlin von Friedrich Magnus, Markgräfin Augusta Maria, während ihres durch die französischen Kriege (1689 völlige Zerstörung Durlachs) erzwungenen zehnjährigen Aufenthalts im BaseIer Domizil, ein e vierbändige Bibelausgabe veranstaltete, d ie vor allem für die vielen markg räflichen Pfarrer bestimmt war, deren Bücher in dem unseli gen Kri ege verbrannt wa ren . Es ist ein sorgfältiger, von Augusta Maria seit 1696 begonnener, stets überwachter und 1698 zu Ende gebrachter Druck des Basler Druckers Joh. Jak . Battier ". Veltin Kobia n druckte, wie bereits erwähnt, außer der Bibel in Du rlach noch drei k leinere Sch ri f- ten, und zwar 1529 eine fünfzehnseitige naiv-medizin ische Abha ndlu ng "Eyn Regiment Wie man sich vor der Neüwen P lage / Der Englische Schweis gena nt / bewaren . Unnd so man da mit ergrif- fen wi rt / darinn halten soll / Durch Euricium Lord um / Der Artzney Doctorem und Professo- rem zu Margpurg". Das Büchlein ist im Pfinzgaumuseum vorhanden (Abb. IX). Auf dem letz ten Blatt steht der Drllckervermerk: "Gedruckt zu Durlach durch Velt in Kobian / Anno 1529", aber auch die Zierleiste auf dem Titelblatt weist das Büchlein, wie wir noch zeigen werden, als Kobian-Druck aus. - Der zweite Druck von 1530 ist eine Art Gesch ichtskalender von Christi Geburt bis 1529 auf achtundzwanzig Seiten unter dem Titel: "Annotatio seu Breviarium Rcrum Memorabilium ac magis insign ium a nato Ch risto usq ue ad nostra tempora gesta rum . Ex pro batissimis historiographis Industrie se lectar." Der D ruckervermerk steht auf dem Titelbl att : "Turrelaci per Valentinum Kobian, An : 1530." Auf der letzten Seite ist nur noch" Turrelacum" genan nt (Abb. X). Die Zierleiste ist dieselbe, aber auch das typische Druckerzeid1en Kobians (wie wi r noch zeigen werden) t ritt auf dem Titelblatt auf. - Der dritte DlIriacher Druck hat den Titel: "Xpovos sive Cronichon ins in gn iorum gestarum 1530" und hat uns nid1t vorgelegen. Er 47 ist lateinisch gehalten ". Die buchtechnisch-künstlerische Gestalt der "Durlacher Bibel" Neben un vollständigen beziehungsweise aus erstem und zweitem Druck zusammengesetzten wenigen sogenannten nMischexemplaren" und w enigen "Tei lexemplaren" der "Durlacher Bibel" gibt es - neben dem Exemplar des Pfinzgaumuseums - nur noch drei vollständige Exemplare der ganzen Bibel. Wir hatten das Glück, zwei davon mit dem Durlacher Exemplar durch Augen- schein vergleichen zu können " . Wolf Köpfl hat seine Bibel mit reichem Buchschmuck ausgestattet, der zu einem erheblichen Teil gewiß besonders für sie hergestellt worden is t. Wen n wi r Ritter glauben können " , ist der Illustrator H einrich Vogtherr, 1490 in Dillingcn (Donau) geboren, 1556 in Wi en gestorben. Textbilder finden sich an 332 Stellen der Bibel, doch ist dasselbe Bild oft zwei mal und mehrmal gebraucht, so daß die Zahl der vorhandenen verschiedenen Bilder erheb- lich nied ri ger ist " . Köpfl selbst gibt auf dem Eingangs- bzw. Gesamttitelblatt an: ,, !tem auch mitt zweyhundert Figuren mehr dann vo r hien nie / im Truck auß gangen seind ." Die Charakteri- stik der Personen auf den Tex tbildern ist gut. Die Bilder sind sämtl ich durch Zierleisten an der einen Seite auf di e Breite des D rucksatzes gebracht und des öfteren auch durch soldlC oben oder un- ten, bzw. oben und unten höher gemacht. Besonders schön ist das schon erwähnte Renaissance-Titel- bl att der Propheten, im Mittelpunkt unten eine weibliche H albfigur, deren Körper in zwei Schlan- genleiber ausgeht, ein Motiv, das in ähnlichen Varianten im 16. Jahrhundert immerwieder auftaucht (Abb . ll) ". Das Ein gangs- bzw. Gesamtti telbl att selbst is t in der Einfassung ident isch mit dem Teiltitelblatt zum "Ander they l des Alten Testaments", wie wi r durch Vergleichung mit dem Wolfenbüt teler Exemplar feststellen konnten. Da das Gesamtti telblatt im Exempl ar des P fin z- gaumuseums und im Stu ttga rter Exempl ar fehl t , im Wolfenbütteler Exempl ar im Druck ver- schmi ert ist, zeigen wi r statt dessen ein en guten Abdruck des, wie gesagt, identischen Teiltitel- blatts des "andern Teils des Alten Testaments" (Abb. X I). Das Blatt zeigt den Kampf Josuas mit den Amalekitern . In der Mitte unten das Druckerzeichen Köpfls in einer gegenüber den Abbil- dungen I und VI va riierten, reicheren Form. A uf der linken Seite ist auf einem Fahnentuch die Jahreszahl 1528 sichtba r (die auch einmal auf einem Textbild im "Buch der Richter" auftaucht). Der Bildersd,mllck des Neuen Testaments ist unabhängig von dem des Alten Testaments, künst- lerisch wen iger wertvoll und, wie es scheint, in den Anfängen steckengeblieben. D as Titelblat t zum Neuen Testament zeigt in sei ner Einfassung Gegenstände der Rüstung und Ausrüstung eines Kriegers. Unter den vier Bildern der Evange listen, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, taucht dasjenige des Johannes zweima l auf, mit einem Gesicht von mädchenhafter Weichheit. Es fo lgen fünf Apostelbilder von immer demselben H olzstock, dem auf besonderem H olzstock jedesmal das Attribut mit der haltenden H and zugefü gt is t. Sie trägt bei Pau lus (oft wiederholt) das Schwert, bei Petrus den Schlüssel, bei Joha nnes den Kelch mit der Schlange, bei Jakobus d ie TlId1 wa lkerstange, bei Judas die Keul e ". Zum T ext der Offenbarung find en wir die 21 H olbein- schen Bilder in schl echten Abdrücken (in allen verglichenen Bibelexemplaren), d ie eine starke Abnutzung der Stöcke erkennen lassen. Zierleisten sind in den in Straßburg ged ruckten Teilen durchgehend verwendet, um den zu schmalen Bildern die Breite der Kolumne zu geben; zuwei- 48 len ist außerdem oben oder unten oder aum an beiden Stellen eine Zierleiste an das Bild ange- fügt. Die Initialen sind von verschiedener Größe und Gestalt (teils Pflanzen-, tei ls Körperorna- mentik), künstlerisch besonders herausragend sind zwei N- und I-Initialen (42/3 x 42/3 mm) im zweiten Teil des Alten Testamentes (Straßburger Teil) und zwei schöne Zierbuchstaben (E und D), die mit den besten europäischen Leistungen der Zeit konkurrieren :!II. Der in Durlach gedruckte Teil weist - neben z. T. schönen Initialen - kaum Bildschmuck auf. Kobian ver- fügte in Durlach offensichtl ich nicht über die entsprechenden Druckstöcke (was wir sd10n beim Titelblatt zu den Propheten feststellten). So bleibt aud, das in Durlach gedruckte Titelblatt zum Dritten Teil des Alten Testaments ohne Zierrahmen (Abb. I). Lediglich bei den Propheten finden wir links von der kleineren Initiale zwei verschiedene leistenartige Bilder (insgesamt 16mal) mit einem bärtigen Mann mit Spruchband neben einer tragenden Säu le, einmal von vorn, einmal von der Seite dargestellt. Besondere Erwähnung verdienen aber im Durlacher Teil (Dritter Tei l des Alten Testaments) zu Beginn des Buchs Hiob und des Psalters zwei große bildliche Darstellungen Hiobs und Davids (letzterer von der B-Initiale eingefaßt; 11,5 x 7,2 cm und 10 x 8 cm, s. Abb. XII u. XIII) . Kobians Bemühen um die Schönheit des Satzbildes soll Abb. XIV demonstr ieren. Das Druckerzeichen Köpfls findet sid1, wie scho n erwähnt, öfters (vgl. Abb. I, I V, X I). Auf den von Kobian in Durlach gedruckten Teilen fehlt das Druckerzeichen, es sei denn, man macht sid, unsere folgende Theorie zu eigen : Kobian verwendet, gewissermaßen als Ersatz für ein eigenes Druckerzeichen (das er, weil er im Auftrag Köpfls druckte, nicht bringen konnte) 30 ei ne ihm spez ifisch eigene Zierleiste. Es handelt sich um ein e vertikal angelegte, aber stets horizontal gedruckte Komposition mit Schild- und Körperornamentik, insbesondere mit einem spitzbärtigen nackten Mann und einer nackten Frauengestalt. Diese .,Zwei Körper-Leiste" taucht in dem in Durlach gedruckte Teil (Kobian) insgesamt sieben mal auf, insbesondere auch auf dem absolut sicher in Durlach ged ruckten Titel zum Dritten Teil des Alten Testaments (Abb. J), aber auch z. B. unter dem benannten König-David-Bild (Abb. XIII). Diese Zierleiste hat Kobian aber auch bei seinen dem Durlacher Bibeldruck vorangehenden kleinen Durlacher Drucken verwandt (Abb. IX u. X) . Sie scheint also wirklich eine Art Ersatz-Druckermarke zu sein ' 1. Der kleine, sozusagen verspielte Zierschnörkel aus einer herz- oder blattförmigen Figur mit versch nörkeltem Stiel (Abb . I) taucht außer auf dem Durlacher Titelblatt am Ende des Buches Hiob (ebenfa lls Durlacher Teil) noch einmal auf. Das Zeichen ist auf einem der Bibel vorangehenden Durlacher Druck eindrucksvoll variiert (Abb. X) und ist auch auf einem Hagenauer Druck Kobians aus dem Jahre 1536 zu sehen (Abb. VII) . Obwohl dieser Zierschnörkel in mannigfach variierter Form von vielen deutschen und europäischen Druckern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhu nderts benutzt wird 3:!, scheint Kobian eine besondere Vorliebe für seine dekorative Verwendung gehabt zu haben. Die spezifische Gestalt des Bibelexemplars im Pfinzgaumusettm Der Vergleich unseres Bibelexemplars mit den Exempl aren von Stuttgart und Wolfenbüttel 49 ermöglicht erstmals eine genaue Zustandsschi lderu ng des Exemplars im Pfinzgaumuseurn. Sein - Zustand ist im allgemeinen als gut zu bezeichnen. Gebunden ist es in einen einfachen Kalbs- ledereinband aus den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts. Es fehlen insgesamt 85 Seiten, die sich wie folgt au fteilen: Gesamttitelblatt und Rückseite (" Register der gantzen Bibel ") Vorrede D. Martin Luthers und leere Rückseite Das erste Buch Mose Der in Durlach gedruckte "Dritte Teil des Alten Testamentes" ist voll- ständig vorhanden . 2 Seiten 9 Seiten Seite 62 Seiten (Renaissance)-Titelblatt der Propheten (Abb. 11 ) 1 Seite und Rückseite (erste Seite der Vorrede) Seite Im Durlacher Exemplar statt dessen ein leeres Blatt (2 leere Seiten); der Druckstock für das Titelblatt der Propheten befand sich augenscheinlich in Straßbu rg; sonst ist auch dieser in Durlach gedruckte Teil vollständig vo rhanden. Titelb latt: "Dye bücher dye bey den alten ... " (Abb. IV) Seite (nach "End des Propheten Maleachi") und Rückseite ("G nad und frid dem Chris tlichen Leser") Seite Rückseite von "Bel. cvij", vor Titelblatt "das gantz New Testament" Seite (enthält Köpfls Druckermarke und den Text: "Getruckt zu Straßburg by Wolff Köpphel uff den neünden tag des H erbstmons im ja r M.D.XXIX." D ie Seite ist im Durlacher Exemplar unlösbar überklebt. Offenbarung 4 Seiten (zwischen - rechts unten - "Das xvi . Capi tel" und - rechts mitte - "Das xx. Capitel") Vorletzte Seite: .. Hie volgt das Register . .. " und Rückseite (letzte Seite): "Errata" Seite Seite 85 Seiten Handschriftliche Ei ntragungen aus der Zei t zeuge n von frühem eifrigem Studium der Bibel, augen- schein lich durch einen Theologen. Das in Durlach ged ruckte Titelblatt zum D ritten Teil des Alten Testaments weist in roter Tinte die Jahreszahl 1533 aus. Besonders der "Psalter" ist mit Unterstreichungen und Anmerkungen versehen, an seinem Schluß finden wir einen Sdmörkel mit der Jahreszahl 1540. übri gens zeigt ein Schriftvergleich der Eintragungen im Durlacher und Straßburger Bibelteil (um 1533/40), daß beide Teile sd10n von Anfang an zusammengebunden waren . Am Schluß des Buches "Esther" find et sid, ein Eintrag: "Anno 1667 hab ich die Bibell ... kauft kost Ein Reichsdaler ... " Das statt des Renaissance-Titelblatts der Propheten gesetzte leere Blatt ist vor- und rückseitig mit einer der üblichen fam il iä ren Eintragun gen (Tauf-Vermerk 1670) und Hinweisen auf Bibelstel len beschrieben. 50 Wie wir sahen, stellt uns dieser gemeinsame Straßburg-Durlacher Bibeldruck noch vor manche ungelöste Probleme. Als Zeugnis der religiösen Entwicklungen, der frühen drucktechnischen Mög- lichkeiten wie als Dokument der hei matlichen Geschichte ist er uns gleicherweise wichtig und ehrwürdig. Anmerkungen 1 Johann Daniel Schöpflin, Hi storia Zaringo Badensis. Carlsruhe 1763-1766, Bd. I!, 1764, 5.333. 2 Johann Christian Sachs, Ei nlei tung in die Geschichte der Marggravschafl und des marggräv- lichen altfürstlichen H auses Baden. Carlsruh e. II! . Teil, 1769, S. 190; IX. Teil, 1770, S. 58. 3 Julius Lampadius (d . i. Julius Leichtlen), Beiträge zur Vaterlandsgeschichte. Heidelberg 1811 , 5.50. - Siegmund Friedrich Gehres, Kleine Chronik von Durlach. Ein Beitrag zur Kunde deutscher Städte und Sitten. Karlsruhe 1824, I. Teil, S. 70 . - Woher Gehres die Bezeichnung "Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei " hat, ist uns unbekannt. 4 Karl Gustav Fecht, Geschichte der Stadt Durlach. Heidelberg 1869. S. 243. 5 Vgl. M. Luther, Die gantze Heilige Schriffi Deudsch. Wittenberg 1545 . Nad1druck Mün- chen (Rogner & Bernhard) 1972, I. Bd., S. 77. Weitere Nachd rucke bei Köpfl 1535/ 36 und 1537/38. Letzterer bringt schon ganz Luthers übersetzung. 6 Engelbert Strobel, Ein Streifzug durch die Geschichte von Alt-Durl ach. Tei l 11. In : Badische Neueste Nachrichten . Karlsruhe. Vom 3. 11. 1961. 7 Sämtliche Inhalte dieses Abschnitts verdanke ich der grundlegenden Arbeit von Fran,ois Ritter, Histoire de )'imprimerie alsacienne aux XVc er XVIc siecles. Strasbourg-Paris 1955 (eingehend besprochen von Jean Rott, Note sur I' imprimerie Alsacienne aux XVc et XVIc siecl es. In: Revue d'Alsace. Bd. 95 (1956), S. 63 ff .) und der Arbeit von A. H anauer, Les imprimeurs de Hagenau. Straßburg 1904. - Die Arbeit von Ca rl Schmidt, Zur Geschichte der ältesten Bibliotheken und der ersten Buchdrucker zu Straßburg, Straßburg 1882 (unver- änderter Nachdruck Graz 1971 ) ist für unsere Untersuchung unergiebig, da sie mit dem Jahre 1520, das "den übergang aus dem Mittelalter und dem elsässischen streng katholischen Humanismus zur Periode der Reformation" bezeichnet, absch ließt. 8 Seltsamerweise erwähnt die grundlegende Arbeit von Ritter - Anm. 7 - KöpfIs Gesamt- bibelausagbe von 1530 nur am Rande, nämlich an läßlich ihres Illustrators Heinrich Vogtherr (a. a. 0., S. 283 ). D iese Erwähnung geschieht ohne jeden Bezug auf Kobian. 9 Vgl. Pau l Heitz und K. A. Barack, Elsässische Büchermarken . Straßburg 1892, S. XIX, XV I-XX. (Ein Exem plar im Lesesaal der Württembergischen Landesbibliothck Stuttgart.) 10 Ritter - Anm . 7 - hat augenschein lich Hanauers Forschungen mitverarheitet. In unseren Darlegungen sind die Ergebnisse beider Forscher zusammengefaßt. 11 Ritter, a. a. 0., S. 402: "Valentin Kobian etait originaire dc Durlach." Woher Ritter (der sich auch hier auf Hanauer stützt) dies wissen will , ist unbekannt. Wahrscheinlich schließt er dies 51 aus Kobians H agenauer Druckervermerk von 1524 "Veltin Durlach buchtrucker" . Sicher ist • nur, daß Kobian als selbständiger Drucker zum ersten Mal in Durlach auftaucht. Die Durla- cher Kirchenbücher, die allein Auskunft geben könnten, si nd 1689 sämtlich verbrannt. 12 Vgl. Karl Springer, Ettlinger Wasserzeichen. Ein Beitrag zur Geschichte der Papiermacherei . In: Badische H eimat, 15 Jg. (1928), S. 232 ff . Ferner: Strobel - s. Anm. 6 - und den Artikel "Medizinbücher aus Ettl ingcr Druckereien" in: Badisme Neuestc Naduichten, Karlsruhe, vom 7. 9. 1968. Die Ettlinger Drucke sollen danach auf Ettlinger Papier ged ruckt sein; Strobel behauptet dies teilweise auch für den im nächsten Kapitel näher behandelten Durlacher Druck "Annotatio" von 1530. Die Ettlinger Drucke waren: Jak. Schenk, Gerichtsordnung, 1530; Kaspar Gretter, Drey schön Psalmen .. . 23 . 8.1531; Joh. Virdung, Novus medicinae metho- dus, 1532 ; Joh. Brenz, Tractatus casuum ... matrimonialium, 1532 ; Avicenna, Quarta fen, primi de universali ratione medendi, 1531. (Quel le: Josef Benzing, Buchdruckerlexikon des 16. Jahrhunderts. Frankfurt a. M. 1952, S. 50).- Das Albgaumuseum in Ettlingen war im Besitz einiger Ettl inger Kobian-Drucke, sie sind, wie der Leiter des Museums mitteilt, vor einigen Jah ren entwendet worden . 13 Vgl. Heitz - Barack, a. a. 0., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. I, und Ritter, a. a. 0., Anm. S. 407. 14 Vgl. H eitz - Barack, a. a. 0 ., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. 2, und ei ne Notiz S. XXXII. Es scheint so zu sein, daß di e Komposition mit zwei Schilden, von denen eines obl igatori sch die Hagenauer Rose trug, das andere das jeweilige Drucker- (oder Verleger) zeid1en, die übliche Form der Hagenauer Signete darstellt . So finden wir diese Komposition z. B. auf ei ner Titel- einfassung aus Heinrich Grans Druckerei um 1510, wo das rechte Schild ein X-förmiges Zeichen, darüber das Monogramm H. G. trägt (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher-Ornamentik der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 74). Siehe ferner Anm. 30. 15 An dieser Stelle sei dem Direktor des Städtisd1en Ard,ivs in Straßburg, Monsieur F. J. Fuchs, und dem Direktor des Archives Departementales in Straßburg, Monsieur F. J. Himl y, für freund liche Auskünfte gedankt. 16 VgI.Anm.11. 17 Vgl. Josef Rest, Die Entwicklung des Buchd rucks in Baden. In: Klimschs Druckerei-Anzeiger, Frankfurt a. M., 57 Jg. N r. 26 v. 1. 4. 1930 und Engelbert Strobel, Von alten Durlacher Druckern. In: Soweit der Turmberg grüßt, Karlsruhe, 2. Jg. Nr. 5 v. 1. 7. 1950. - Der im folgenden erwähnte Druck "Passio Christi " war 1924 im Buchhandel angeboten . 18 Sachs, a. a. O. - Anm. 2 -, IV Teil, Carlsruhe 1770, S. 95 ff. - In diesem Zusammen- hang ist interessant, was Sachs über die Beziehungen der badischen Markgrafen zu Straßburg berichtet: "Die Freundschaft, welche die Herren Markgrafen zu Baden seit langen Jahren gegen die Stadt Straßburg gezeigt hatten, veru rsachte, daß Markgraf Karl an demjenigen Anteil nahm, was zwischen derselben und ihrem Bischof vorgi ng. Der Stadtrat hatte Anno 1529 das Meßwesen in den Hauptkirchen eingestellt." Sachs berichtet dann von den jahre- langen Verhandlungen der Stadt Straßburg mit dem katholischen Bischof E rasmus und fährt fort: "Bei diesem ganzen Geschäfte wurde von den Straßburgern nichts ohne unsers Mark- grafen Rat und Gutbefi nden vorgenommen." (Sachs, a. a. 0., S. 132 f.) 52 19 a. a. O. - Anm. 18 -, S. 10,17,22 f., 56. Ferner: J. Chr. Sachs, Auszug aus der Geschichte der Markgrafschaft und des markg räflichen altfürstlichen H auses Baden, Carlsruhe 1776, S. 85. - Durlach kam erst nach dem Ableben Markgraf Philipps (Baden-Badische Linie) 1533 zur Pforzheimischen oder Durlachischen Linie. - Vgl. Karl Fried rich Vierordt, Ge- schichte der evangelischen Kirche in dem Groß herzogturn Baden, Karlsruhe 1847, Bd. I, S. 243. 20 Adolf Wolfhard, Aus Durlachs Vergangenheit. In: Evangelischer Bundesbote. Karlsruhe, Jg. 1928, Nr. 8/9, S. 4. - Den Gesamtzusammenhang der badischen Reformationsgeschichte beleuchtet Ernst Walter Zeeden, Klein e Rcformationsgeschichte von Baden-Durlach und Kur- pfalz. Karlsruhe 1956 (hier insbesondere S. 20 ff.). 2 1 Titel: "Christi ichs Bedencken und erheb liche wolfund irte Moti ven deß Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn / Herrn Ernst Friderichen Markgraven zu Baden und Hochberg / ... Welche ihre Fürst. Gn. biß dahero von der Subscription der Formulae Con- cordiae abgehalten / auch nachmaln / dieselbige zu underschreiben / bedencken haben. Samt ihre F. G. Confession und Bekandrnuß über etliche von den Evangelischen Theologen erweckte strittige Artickel. An den Durchleuchtigen Hochgebornen Fü rsten und Herrn / Sei ner F. G. geliebten Herrn Brödern und Gevattern / Herrn Georg Friderichen / Markgrafen zu Baden und Hochberg / . .. Ausser den / in Ihrer F. G. vorhero gesetzem schreiben / oder Epistel / an statt der Pracfation / ei ngewendten Ursachen / getreuer Brüderlicher wohlmeinung / selbsten verfast / und in Truck verfertigt. Getruckt in Ihrer F. G. Schloß Staffort Durch Bernhardt Albin M.D.XCIX." - Im selben Jahr erschien in Staffort ei ne kleinere Ausgabe dieses Buches zum Gebrauch in der Schullehre, deren Satz, abgesehen vom Titel, vorangestelltem Edikt und Paginierung sich buchstäblich mit S. 359-555 der größeren Ausgabe deckt (vgl. Lautenschla- ger, Bibliographie der badischen Geschichte. Bd. H , 1, Karlsruhe 1933, S. 37, Nr. 9572 . Und: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 18. Bd., Leipzig 1906, S. 744 f.). - Der Markgraf hatte den Speyerer Drucker Bernhardt Albin, Calvinist und bedeutendster Speyerer Drucker im 16. Jahrhundert, eigens nach Staffort kommen lassen. - Staffort liegt nörd lich von Karlsruhe, gehört jetzt zur Großgemeinde Stutenscc. Das Schloß wurde 1689 völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Markgraf Ernst Friedridl weilte häufig zu länge- rem oder kürzerem Aufenha lt dort. - Literatur: Sachs, a. a. 0., Anm. 18, S. 252 ff.; Sachs, Auszug, a. a. 0., Anm. 19, S. 99; Gehres, a. a. 0 ., Anm. 3, 2. Teil, S. 95; Karl Friedrich Vierordt, a. a. 0., Anm. 19, Tr. Bd. Karlsruhe 1856, S. 32 ff.; Fecht, a. a. 0., Anm. 4, S. 251 (Titel des "Stafforter Buches" ist fa lsch wiedergegeben); Die Kunstdenkmäler Badens, IX. Bd., 5. Abteil.: Karlsruhe Land (bearb. v. Lacroix, Hirschfeld, Paeseler), Karlsruhe 1937, S. 197. Emi l Strauß hat den Widerstand der Pforzheimer Bürger gegen das kalvinistische Engage- ment Ernst Friedrichs in seinem 1912 erschienenen Roman "Der nackte Mann" behandelt. 22 Titel: "Bi blia ... Teutsch Doct. Mart. Luther. Auff gnädigste Vero rdnung und Vorschub der durchlauchtigsten Fürstin Frauen Augustae Mariae Marggräfin zu Baden und Hochberg. Basel 1698 bei Joh. Jak. Battier." Literatur: Hans Rott, Kunst und Künstler am Baden-Durlacher 53 Hof bis zur Gründung Karlsruhes. Karlsruhe 1917, S. 141. F 23 Der Druck soll in der Vatikan-Bibliothek in Rom vorhanden sem. Vgl. Benzing, a. a. 0 ., Anm. 12, S. 43 u. 5 . 7. - Der zweitgenan nte Druck .,Annotatio" stand uns in einem seltenen Exempla r der Stadtbibliothek Trier zur Verfügung, wofür wir H errn Bibliotheksdirektor Dr. Laufner, Trier, zu Dank verpflidltct sind. (Ein Exemplar war 1927 im Antiquariat an- geboten.) - In dieser Geschichtschronik heißt es unter der Jahreszahl 1222: "Conradus Fridcrici primi Cesaris frater occisus in Du rlach oppidu lo, prope Lueshardum si luam, ob adu lterium, dum proficiscitur contra Zeringeses." Unter 1230: "Rudolphus Habspurgen . Alsatiae dominus Durlachum, Mulbergum ac Baden cepit, turrim Durlacensem destruxit." Unter 1519 : "Pestis admodum sevit, ur a Pasce festo uscß Martini in Durlarn mille ceorum, & apud Ettlingen Sesquimille emigrarent." Der Verfasser (oder Kobian) hat also in weltge- schichtlichem Zusammenhang der Druckerstadt Durlach gebührende Reverenz erwiesen. Unter 1524 vermerkt er auch die von uns schon berichtete Intervention des Markgrafen Ernst zugu nsten der Kenzingcr Lutheraner. - Im ganzen handelt es sich um ein Kompositum aus weltgeschichtlichen und provinziellen Daten. 24 Die "Durlacher Bibel" ist in Stuttgart (Württembergische Landesbibliothek), Wolfenbüttel (Herzog-August-B ibliothek) und Wernigerode als Gesamtexemplar vorhanden . Die Bayerische Staatsbibliothek München hat ihr Exemplar durch Kriegseinwirkung verloren, die Schloß- bibliothek Maihingen (FürstI. Bibliothek Harburg) hat ihr Exemplar 1934 verkauft. Für die freu ndl iche Vermittlun g in die Einsichtnahme des Stuttgarter und Wolfenbütteler Exemplars sowie des in Stuttgart vorhandenen Nachdrucks von 1530/32, sind wir dem Leiter der Badi- schen Landesbibliothek Karlsruhe, Bibliotheksdirektor Dr. Elmar Mittler, zu Dank verbun- den . 25 Ritter, a. a. 0., Anm. 7, S. 283. 26 Diese wie die folgenden Angaben sind - nach Überprüfung - folgender maßgeblichen Quelle entnommen: P. Pietsch, Bibliographie der deutschen Bibel Luthers. Nr. 146. In: M. Luther, Deutsche Bibel. Bd. 2, 1909, S. 472 u. S.490/500. Wir ergänzen diese Angaben später durch spezielle Hinweise auf die Druckermarken Kobians und auf das Bibelexemplar des Pfinzgaumuseums. 27 Erinnert sei auch an die bei den Schlangenleiber in der Druckermarke Wolf KöpfIs. 28 Derselbe Druckstock ist auf einem Corvinus-Druck KöpfIs aus dem Jahre 1540 für Sankt Andreas wiederverwendet, das Attribut ist hier das Kreuz mit schräggestelltem Balken (vgl. Ritter, a. a. 0 ., Anm. 7, S. 241). 29 z. B. mit den Arbeiten von Geoffroy Tory in Paris um 1536 (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher- Ornamentik der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 97). 30 Es war üblich, daß ein Drucker, der im Auftrag ("auß Verlegung") druckte, keine eigene J!1ruekermarke benutzte, sondern dem betreffenden Werk das Signet des Auftraggebers mit- g~b. So zeigte z. B. der Straßburger Drucker Matthias Schürer, der für die Brüder Atlantsee in Wien druckte, in diesen Büchern nur das schöne Atlantsee-Wappen) nicht das Schürersmc Wappen mit der Garbe (vgl. auch Anm. 14). 54 55 31 Im ganzen in Straßburg ged ruckten Bibelteil taucht diese Zierleiste nur dreimal auf (Neues Testament, Episteln St. Pauli u. St. Johannis). Es ist zu vermuten, daß dieser Teil auch in Durlach ged ruckt wurde. Unsere These wi rd gestützt durch die Einsicht in den Straßburger Nachdruck von 1530/ 32, der ohne Kobians Mitwirkung bei Wolf Köpfl erschien. In dieser Neuauflage, die im übrigen im ganzen nicht mehr so reich illustriert ist wie die Erstausgabe (es fehlen Holbeins Holzschnitte zur Offenbarung; dafür ist als Titelblatt für das Neue Testa- ment die Renaissance-Umrahmung der Erstausgabe - Abb. II - übernommen) taucht weder di e spezielle Zierleiste noch der besagte Zierschnörkel auch nur einmal auf. 32 z. B. bei dem Straßburger Drucker Christian Egenolph, dem Mainzer Peter Schöffer oder dem Franzosen Jean de Tournes. - Das Exemplar des Pfinzgaumuseums wurde wohl beim späte- ren Einband beschnitten, ebenso wie die Exemplare in Stuttgart und Wolfenbüttel. Einer Seiten höhe von 25,5 cm (Exempla r Pfinzgaumuseum) steht eine Seitenhöhe von 28 cm (Exemplar Stuttgart der Neuauflage 1530/32) gegenüber. Dagegen erwähnt Schöpflin 1764 (a. a. 0., Anm. 1) ein Durlacher Exempla r in Quartformat aus der nach Basel geretteten Baden-Durlachischen Bibliothek. ... .' : , , ; ... I . ' .. ; : ". J)lop~(tdl ~lUc groß 6nb fkitt. J.Ja~u Urcr~tQ Gar fU! <tnitrdil. ~ ~IOi~lr blr I})!Op~tltn. f<) ' "'f (JI(aia Jncmla 11111 • LJr~totitl ~anlll f<)it IlI>öltf flrplI/n I})lop~tlCn f. J.Jorta. ~il. O1~~um. ij. Jo~d. \)iij J)abafuf iJj. :2Ionoe. ir. @<vI/ania 'ili; .o6.1bia. r. J)aßoai. ]"olla. rj. 6rdlaiia rolidia. ril. ~aladii. , .. -)./ # .', ' 1"'".1. 1 ' '., I • • ' .,', . ,,' jJ '" l( il 'I,t 'O lpll(il l!J..U'~J U 9 "JJ °tlU O C ·'I'OOttcr 'J ' t I ~ "!1J1IiJd>e 'J, .... ,1.'; Jnl"q.C ( I". 'p~oC . _ ~ . _ 'wngotcl '1.1' " ')0 (( 'I 1~ ;C1I'~ W I,qclo'({, ",uam M I!"" 1)(3' ;t~ \ : ?'W " , ~ P)J"9 '(1 '1111 lI'" """,uC .).j'C J ... . '" "'''ljdo:\t> 1lQ 1l~)O'lG liO 'IlJIJ'PIX tUl ,.0 # l''')n nv.Ci 'U Pij ~U9 ~O.l!3 lJl).cs !P"AdOt{f ,p)I<I,"O ) IJlQ ung ~l"" UIllI~lj UlQ "9 0 IJU l)"!)) 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XXX, • XI .. ~a6~n~g;icb. _ ii . rnadill fldi DtemOlgme fra aufT~.l OvfT« It b.dOovffcrtnadi i~!a(ftr ;.'/~tii.f,Jio~ Q) gtOadilt/ m,ine fÖnt m~dilfllge("nDietl! 1In0 Dfn~mn gt('Ontt ~abtn inl~ltm ~q: qen.~Wo I~rt J)iob aUt taßt • .E~6eßa&fldi a6er anfT t~nCtag/Da Dt~ finDe r Q!Otlt, tamm MnD für Dm RERRf!! I",um/tam D,r6atd and) ~nDerflt.~q: HERRa&cr (p'adi.u Dem 6alan/ll'0 tüp~ bu ~cr'6atan anltl>OllU Dem HERREN bR fp,at!ilJdi ~ab im fanO bm6~er .ogrn ~R 6~n ~erDlIrlf1 jogrnn. ~er HERR (p"'di;~ 6atan/.f,Jafr Ou nidit adil 9~61 auff llIti nm fnedit .f,Jio&, ~rnn reifr ('in gftidie nidil im fanD'/(dif'dir ~nDrcdif/90ttf~'di tiß ~nD m,tDu Oaß 60(e. 6arall anrWOlfte Dem HERREN ~nnD (pI4di/ ro?t~nfr Du Daß .f,Jio6 bm6 fUnfr <!loft (o'ditrt' .f,Jafr 01. bodi i~n/ fein flallv~nnD affte wae ,r ~al/ rin9hm6~"~ml>art/ ou ~fr Dem ",erd fein.fl ~rnOt9'f'9nef/\,"Dfrin 06r ~.I ndi aa~!tVfltl im fanO,/<lI&crml"brin, ~dO auv ~nnb rafr' an olfe~ wae er ~afl "'a5 gifbfO/rr wirt bidi ine ongrfldil fe9f·~,r HERRE f",odi!IA 6at.n/ 6i~e/ allt&wae -.! tr ~.f/f'v in Deintr ~,lbf/ on aUevn an ;~II ftfbe fege Oein, ~,lbt nidit.~a 9irnO 6!V lan auv \'on btln HERREN. . ~ae raoeea6cr Da ftint (ont ~nD radi' malTen ~nnD rrunden Ivrill in i~,e6 &:Ö' . Dr.re~au(t btHlflfl farn tvn 601r;1i J,Jio6 man lm ~IID fp,adil ~it rinDrrp/l'ugtftn NIIID Die fanOt<:lOIJ.Dtr&i,& tfdvnnen oi,"gtnne6mi~n an berwIV> . ,. gOUfoUig .~I/ Dalldrn bit auv ffidi 21r06io ~mvnl \,"nb namtll flt ~nnD fdifügtfl Diefna6tll mir.DII fdicrpfTt Dte fdin'erDIP/\'nb id! bIll 'amldl f'Önfrbil alftvn tnrrunen/bae icf) Dite anfagtt/~4 Dtrnv.di rtDtf/fam tvn anDcrbnnb fp:adjt al? baeftf\!! ~rtte fit! bom ~piitd/MnDwf' . b:.nDI (diaff~nbfna6m ~nD wrltlet fltt madi .~nD icf)6vlI affr~n tnlrUnntnl bae idj biro auff allfa9tl .. ~a Du nodi "betl fam rvnirl1~ .!D .N ..... 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Um so größer wa r die Überraschung, als an läßlich der Neuein ridltung des Pfinzgaumuseums zwei aus Wössingen stam- mende Figuren dieser Epoche, eine Madonna und ein männlicher Heiliger, ans Licht kamen, die mit besonderer Sorgfalt geschnitzt sind '. Leider tragen die Bildwerke schwere Schäden: beiden si nd die Hände sowie die Nase bzw. Nasenspitze abgeschlagen; mit den Händen hat der Heilige seine Attribute, hat die Maria ihr Kind verloren. Dies si nd typische Wunden, w ie sie ein Bi lder- stürmer den ihm verhaßten Idol en zuzufügen pflegte. Fragen wir, wann das geschah, stellt sich ganz a llgemein die Frage nach der Geschichte der Bildwerke. Ehe sie im April 1893 in die dama- lige Großherzogliche Sammlung vaterländischer Altertümer kamen, befanden sich die Figuren im Rathaus von Wössingen. Ein hl. Sebastian und eine weibliche Heilige, die heute verschollen si nd, gehörten noch dazu:!. Es hieß damals, daß die vier Bildwerke aus einer der zwei früheren Kirchen von Wöss ingen sta mmten 3. Diese Angabe läßt sich heute genauer fassen: die Figuren müssen vom Hochaltarsch rein der Kirche zu Unterwössingen herrühren, für den sie am Ausgang des 15. Jahrhunderts, also noch vor der Reformation, geschaffen wurden. Der Ort, der ursprüng- lich in Unter- und Oberwössingen getrennt war, gehörte zur Markgrafschaft Baden; nach den im 16. Jahrhundert erfolgten Erbteil ungen kam er zur Linie Baden-Durlach. Das bedeutet, daß spätestens mit der Kirchenordnung von 1556 U nter- und Oberwössingen evangelisch geworden si nd . Welche Patrozinien die Kirchen in den beiden Ortsteilen zur katholischen Zeit besaßen, ist nicht bekannt; doch wissen wi r, daß zu Unterwössingen eine Kaplanei St. Katharina und eine Kapla nei St. Wendelin gehörten '. Wendel in ist nun auch die Benennung, die w ir aufgr und der ikonographischen Untersuchung unserer männlichen Figur geben müssen. Trotz der Verstümmelung lassen sich die Attribute dieses Heiligen erkennen : der jetzt kopflose Schäferhund, der auf der rechten Seite des Man- nes hockt, vo rne am Sockel der Ansatzpunkt der Hirtenkeule, die der Heilige in der Linken gehalten hat, und schließlich auf der linken Seite ein ebenfalls als Attribut gedachtes, min iatur- haft klein es Felsengebi rge mit buschigen Bäumen und zwei kopflosen Tieren, die wohl Schaf und Schwein darstellten. Wendel in war ei n iroschottischer Königssoh n, der auf den Thron verzichtet hatte und nach einer Rom-Wallfahrt bei Trier ein Einsiedlerleben führte. Er hütete die Tiere eines Edelmannes und pflegte die Herde zu einem weit entfernten Berg, dem heutigen St. Wendel, zu treiben, wo er betete. Darüber geriet der Edelmann in Zorn, weil er glaubte, daß die Tiere nicht mehr rechtzeitig heimkehren würden, was aber wunderbarerweise doch geschah. Wendclin wurde 69 später Abt des Klosters Tholey. Sein Grab fand er auf jenem Berg, zu dem er so oft zum Beten .. HI. Wendelin aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt. gezogen war. Vielleicht soll das kleine Felsmassiv zu Füßen unserer Figur eben diesen Berg andeu- ten. Die besondere Kleidung des Heiligen: über violettem Gewand trägt er eine rote Pelerine mit Kapuze und einen breitkrempigen roten Hut (kann sowohl Pilger- wie Hirtentracht sein); nur wenn sich auf der jetzt abgeschlagenen vorderen Hutkrempe eine Muschel, das typische mittel- alterliche Pilgerabzeichen, befand, war eindeutig das Pilgergewand gemeint. Als Schutzpatron des Viehs war Wendelin im späten Mittelalter ei n viel verehrter, volkstümlicher Heiliger, der in der spätgotischen Kunst oft dargestellt wurde, so z. B. nicht weit von Wössingen in dem 1523 datierten Beiertheimer Altar 5. Dadurch, daß glücklicherweise St. Wendelin als Patron der einen Kaplanei in Unterwössingen überliefert ist, läßt sich die Kirche dieses Ortsteiles als ursprünglicher Standort unserer Figuren bestimmen. Die Größe der Bildwerke - die Muttergottes ist immerhin 114,5 cm hoch - legt es nahe, in ihnen die Reste des Hochaltarretabels zu sehen. Wenn die beiden verschollenen Figuren, Sebastian und eine weibliche Heilige, auch dazu gehörten - wofür die übereinstimmenden Maße sprechen -, müßten wir aus Gründen der Symmetrie sogar einen stattlichen, mit fü nf Bildwerken gefüllten Altarschrein annehmen: ZU Seiten der Madonna standen dann je zwei Figuren. Die Ver- stümmelung der Skulpturen geht wahrscheinlich auf die Reformationszeit zurück. Danach mögen die Figuren auf dem Kirchenspeicher verschwunden sein . Vielleicht hat man sie erst wiederent- deckt, a ls nach dem Neubau einer Kirche für ganz Wössingen, die 1821-1822 nach dem Entwurf Weinbrenners entstand, die beiden alten Gotteshäuser abgerissen wurden. Reste einer steingrauen Bemalung, die über den jetzt freigelegten Spuren original er Fassung lag, sprechen dafür, daß man die Figuren im 19. Jahrhundert "aufgefrischt" hat. Trotz aller Beschädigungen, trotz des weitgehenden Verlustes der ursprünglichen Fassung, die den Bildwerken etwas Leuchtendes gegeben hatte - während wir heute den stumpfen dunklen Holzton sehen -, ist noch so viel künstlerische Substanz vorhanden, daß wir die Leistung des Schnitzers zu erkennen vermögen. Beide Skulpturen stehen auf hohen mitgeschnitzten Architektursockeln, wobei derjenige der Maria durch reichere Profilierung ausgezeichnet ist. Auch die Körperhaltung entspricht sich hi er und dort : mit leichtem Tritt ist das unbelastete rechte Bein, das "Spiel"bein, vorgeste ll t, auf der Gegenseite schwingt die Hüfte aus, die Schulter folgt dieser Schrägstellung, d. h. die rechte Schulter hängt herab, doch der Kopf ist wieder aufgerichtet, beim Wendelin sogar der erhöhten Schulter zugeneigt. Dadurch ergibt sich ein Aufbau in schwingender gotischer S-Linie, der alle gewichtigen ruhenden Horizontalen meidet. Bei der Madonna als der Hauptfigur ist die Schwin- gung stärker ausgeprägt; durch die Neigung des Oberkörpers nach rückwärts - a ls Gegenbewe- gung zu dem ehemals vorne auf dem link en Arm sitzenden Kind - gew innt sie auch noch an räumlicher Tiefe. Das ruhige Antlitz der Maria mit dem nur eben angedeuteten Lächeln in den Mundwinkeln war ursprünglich wohl als stilles Gegenbild zum Christkind gedacht, das die Spätgotik quirlig-bewegt - wie ein richtiges Kind - darzustellen pflegte. Der H eilige dagegen zeigt die Vorliebe der Zeit 71 für ed le Charakterköpfe von schmerzlich-bewegtem Ausdruck . Scheinbar bildnisgetreu in der • Madonna aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt. genauen Wiedergabe der Einzelheiten, jeder Runzel, jeder Locke, ordnen sich die Formen doch nach dem Gesetz künstlerischer Ebenmäßigkeit ; auch der Ausdruck bleibt verhalten im Sinne spätmi ttelalterlicher Frömmigkeit. Die Gewänder sind auffallend knittrig. Dies gilt wieder für die Marienfigur in besonderem Maße: nach dem weitgehenden Verlust der Fassung mit ihren sondernden Farben ist es oft schwer zu unterscheiden, was Kleid, was Kopftueh, was Mantelfutter, was Außenseite des Mantels ist . Der Blick schräg von der Seite zeigt, wie auch hier die Gewandgebung nicht abgerundet, sondern die Tiefe räumlich zu staffeln versucht. Maria trägt ein eng tailliertes blaues Kleid mit Pelzbesatz am Hals, wie es zu Ende des 15. Jahrhunderts Mode war, darüber einen goldenen, rotgefütter- ten Mantel, d. h. eigentlich ei n loses Tuch, das unter den Ellenbogen hochgenommen ist und dessen ei ne Bahn quer über den Leib gezogen ist, so daß sie vorn e den Unterkörper deckt. Offen herabfallendes Haar, Schleier und Kronreif kennzeichnen die Gestalt a ls die jungfräuliche Him- melskönigin; der Mond zu ihren Füßen ist das Attribut des apokalyptischen Weibes (Offenba- rung 12, 1), das von der mittelalterlichen Theologie seit dem 12. Jahrhundert oft mit Maria gleichgesetzt wurde. Gerade bei diesen Motiven zeigt sich die Lust des Künstlers an ein er kompli- zierten Verknüpfung der Formen: der Schleier deckt nicht nur das Haupt der Mutter, sondern diente mit sei nem Ende auch als Unterlage für das - sicher nackt dargestellte - Kind; und die Mond- sichel muß sich gleich in zwei Kleidungsstücken - Rocksaum und Mantelsaum - verfangen. Auch der Schäferhund des Wendel in ist halb vom Mantel des Heiligen verdeckt. Beide Figuren tragen spitze Schuhe, wie sie nach dem Jahr 1500 nidn mehr Mode waren. Die nächstverwandten Skulpturen - auch sie heute Eigentum des Badischen Landesmuseums - stammen aus der Kirche von Knielingen, ebenfalls einem altbadischen Ort, welcher zum Gebiet der protestantischen Durlacher Linie zählte ' . Die ursprüngliche Aufstellung der Knielinger Figu- ren läßt sid, nicht mehr mit Sicherheit bestimmen. Vielleicht stand das große Vesperbi ld in der Mitte des Hochaltarschreins und die Anna Selbdritt ebenda als Seitenfigur, während die kniende Maria Magdalena zur Kreuzigung im Gesprenge gehörte. Oder es handelte sich um einen Kreuzaltar mit der Kreuzigungsgruppe im Schrein; in diesem Fall wäre zumindest das Vesper- bild a ls isoliert aufgestelltes Andachtsbild zu denken . Obwohl durch den Holzwurm hier viel von der Oberfläche zerstört wurde, lassen sich Gemeinsamkeiten mit den Wöss inger Figuren er- kennen: die Gesichter mit den tiefliegenden Augäpfeln, den scharf umrissenen, schweren Ober- lidern, die Bildung des Halses bei der Wössinger Madonna und der Maria des Vesperbildes, die fei ne knittrige Behandlung der Binnenfalten, überhaupt die genaue Ausarbeitung der Einzel- fo rmen, und schl ießlich die Bändigung dieser kleinteiligen Unruhe durch den geschlossenen Umriß . Wir sehen uns hier der Spätform eines Stiles gegenüber, der den großen, oft versch lun genen, aber immer räumlich aufgelockerten Faltenwurf schätzte, der Gestalt und Gewand gerne vonein- ander zu lösen versuchte, um dadurch ein reiches Gegenspiel ihrer Formen zu erzeugen (Da ngols- heimer Maria im Museum Berlin-Dahlem, Hochaltar der Nördlinger Georgskirche). Doch jetzt sind aus der ehemals großzügigen Faltenfülle kleine scharfkantige Splitterformen, aus den 73 Raumtiefen zwischen Mantel lind Körper schmale Schluchten geworden. Neu ist, daß nun der Kopf des hl. Wendclin Vesperbild aus Knielingen, vermutlich Straßburger Werkstatt, um 1500 • Umriß die räumliche Bewegung zusammen faßt, wodurch die bildhaft-flächige Ansicht der Skulp- tur betont wird. Bei den Knielinger Figuren - vor allem bei der Anna Se1bdritt - ist darüber hinaus auch ein Flacherwerden der einzelnen Motive festzustellen . Sie dürften deshalb etwas später als die Wössinger - schon um die Jahrhundertwende - entstanden sein. Doch sonst ist vom Neuen der Renaissance-Zeit noch nichts zu spüren. Seinem Ursprung nach ist dieser Stil straßburgisch. Das spricht dafür, daß die Wössinger und Knielinger Bildwerke aus einer bisher nicht mit Meisternamen belegbaren Straßburger Werkstatt stammen; auch andernorts in der Markgrafsdtaft, in Baden-Baden, Oos und Beiertheirn, hat man sich damals Altäre in diesem Hauptort spätgotischer Schnitzerkunst bestellt. Anmerkungen 1 Bei diesen Figuren handelt es sich um Dauerleihgaben des Badischen Landesmuseums, die sich seit 1924 im Pfinzgaumuseum befinden . - Maria, Höhe mit Sockel 114,5 em, Inv.-Nr. C 6704; hl. Wendelin, Höhe mit Sockel 104,5 em, Inv.-Nr. C 6706; beide aus Lindenholz, dreiviertelrund, rückseitig ausgehöhlt. Herr Restaurator Anton Rommel hat die Figuren im Sommer 1975 von übermalungen befreit und gereinigt. 2 Hl. Sebastian, Höhe 110 em, Inv.-Nr. C 6703; weibliche Heilige, Höhe 111 em, Inv.-Nr. C 6705 . 3 Die Kunstdenkmäler des Großherzogturns Baden, -Bd. IX, 1, Kreis Karlsruhe, Amtsbezirk Bretten, Tübingen 1913, S. 162 ff. erwähnt die Figuren nicht. Für Auskünfte und Hi lfe bin ich Herrn OttO Bickel, Herrn Dr. Hans Huth, Herrn Dr. Hermann Rückleben, Herrn und Frau Pfarrer Hans-Ulrich Schulz und Herrn Dr. Hans Martin Schwarzmaier zu Dank ver- pflichtet. 4 Wössingen im Wandel der Zeit, 1971, S. 69. 5 Ausstellungskatalog Spätgotik am Oberrhein, Meisterwerke der Plastik und des Kunsthand- werks 1450-1530, Badisches Landesmuseum, Karlsruhe 1970, Nr. 147-152, Abb. 130. 6 Alle drei Figuren aus Lindenholz, Fassung abgelaugt. Vesperbi ld Höhe 106,5 em, untere Breite 53 em, Inv.-Nr. C 1993; Anna Selbdritt, Höhe 112 em, Inv.-Nr. C 1996; Maria Mag- dalena, Höhe 70,5 em, Inv.-Nr. C 1992. Nähere Angaben bei A. v. Schneider, Die plastischen Bi ldwerke, Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseum, Karlsruhe 1938, Nr. 90-92, Taf. 44-46, und bei Spätgotik am Oberrhein (Anm. 5), Nr. 112-113, Abb. 104. Aus Knie- lingen stammten außerdem die heute verschollenen Figuren: Christus am Olberg, Holz, Höhe 68 em, Inv.-Nr. C 1994, und ein Holzrelief mit männlicher Figur, Höhe 70 em, Inv.-Nr. C 1995; der Zusammenhang dieser bei den mit den drei hier behandelten Figuren ist unklar. Laut Inschrift am Westturm wurde der spät gotische Bau der Knielinger Kirche 1480 begonnen (siehe: Die Kunstdenkmäler Badens, Bd. IX, 5, Karlsruhe-Land. Karlsruhe 1937, S. 157). 76 Ernst Schneider Durlach im Wandel der Jahrhunderte Im Uf- und Pfinzgau lassen sich sei t der Mitte des 12. Jahrhu nd ertS die Sta ufer nachweisen. Sie konnten in diesem Raum vor allem als Inhaber der Vogtei über klösterlichen Besitz, in erster Li nie des Klosters Weißenburg, Fuß fassen. Im Pfinzgau kam dem heutigen Turmberg bei Du rl ach eine wichtige Stellung der staufischen Macht zu. Zwischen 1187 und 1196 sind di e Staufer in den Besitz der Burg Grötzingen (auf dem Tu rmberg) gelangt, haben die G rafschaft im Pfinzgau und die weißenburgischen Lehen an sich gezogen. Als ihr bedeutendstes Werk im Pfinzgau gilt die Gründung der Stadt Du rlach, die in den Jahren 1191/92 wohl gleichzeitig mit Etdingen durch Kaiser H ein rich VI. erfolgt sein dürfte. D ieser Kaiser hielt sich vom Dezember 11 91 bis Mai 1192 - eine ungewöhnlich lange Zeit - in Weißenburg, H agenau und Speyer auf. Im Jahre 11 96 weilte H einrich VI. in Durlach und hat hier zwei Urkunden ausgestellt. Und aus dem Jahre 11 96 stammt die erste urkundliche Erwähnung von Du rlach als "oppidum" . Diese Fak ten bewei- sen, daß Du rlach im Jahre 11 96 als Stadt bestanden hat. Vorher ist der Name nicht nachzuweisen. Wie andere frühe Stauferstädte liegt Du rl ach an der Grenze zwischen Altsiedel- und Rodun gs- land , zwischen Ebene und Hügelland. Von Bedeutung ist auch die Lage an der alten Straße von Frankfurt nach Basel. Die Stauferstad t Durlach, woh l a ls Festungsstadt gedacht und im Bereich der Gemarkung Grötz ingen angelegt, wurde durch ein 5traßenkreuz bestimmt, dem sich im Laufe der Jahrhunderte vier Stadttore anschlossen. Vo n dieser Stauferstadt ist nichts mehr erhalten. Durlach zählt aber auch zu den Städten, die durch Anlehnung an ei ne berei ts vorhandene Burg entstanden sind. Diese Burg erhob sich auf dem heutigen Turmberg und ist, entgegen Angaben im Durlacher Schrifttum, ä lter a ls die Stadt. Zu Ende des 11 . Jahrhunderts haben auf diesem Berg die Grafen von Hohenberg ihre Burg err ichtet. Das Gebiet gehörte seit dem 8. Jahrhundert dem Kloster Weißenburg, die Burg stand vo r der Gründ ung von Durlach auf Grötzi nger Ge- markung und heißt deshalb auch "castrum Grecingen". Von hi er aus kolonisierten die H ohen- berger den H ardtwa ld und gründeten das Kloster Gottesaue. Im 12. Jahrhundert war diese Burg Sitz der G rafen von Grötzingcn, die in engen Beziehungen zu den Staufern standen. Auch die Grabungsergebnisse lassen den Sch luß zu, daß diese Burganlage vor 1100 entsta nden ist. Nu r weni ge Jahre verblieb Du rlach in staufischem Besitz. Markgraf H ermann V. von Baden (11 90-1243) hatte sich mit Irmingard, der Tochter des welfischen Pfal zgrafen Heinrich des Jüngeren, verheiratet. Dadurch wa r er in den Besi tz der Stadt Pforzheim und ei nes Teils der braunschweigischen Güter gelangt. Im Jahre 1219 tauschte H ermann V. von Kaiser Friedrich 11. die Reichs- und Stauferstädte Lauffen, Eppingen und Sinsheim als P fa ndschaften, Etdingen als Lehen und Du rlach a ls Eigentum gegen die bra unschweigischen Güter. In einer späteren U rkunde vom November 1234 wurde dieser Tausch durch Kaiser Fried rich II . nochmals bestäti gt . Mit Durlach war sicher die Burg Grötzingen an die badischen Markgrafen gekommen, auch die Vogtei über das Kloster Gottesaue, aber nicht der gesamte Stauferbesitz. Für die markgräfliche Städtepolitik bedeutete diese Erwerbung, daß dad urch eine Verbindung vom oberrhei nischen Gebiet zu den a lten markgräflichen Besitzungen am mittleren Neckar geschaffen werden konnte. Die Markgrafen förderten die Stadt und bauten sie aus. Die überlieferung ist zu dürftig, um den Ausbau Durlachs vom 13. bis 15. J ahrhundert genauer verfolgen zu können. Selbst über ein so hervorstechendes Merkmal der mittelalterlichen Stadt, nämlich die Stadtummauerung mit den Stadttoren und -türmen, lassen sich zur Entstehung keine genauen Angaben mad1en. Die Stadtmauer erscheint urkundli ch als Lagebenennung seit dem 14. J ahrhundert und umschloß ursprünglich das von der (heutigen) Bienleinstor-, Zunft-, Amt- haus- und Kclterstraße gebi ldete Oval. Im 15. Jahrhundert wurde die Stadtmauer nach Nord- osten hinausgerückt, 1468 wurde das Blumentor errichtet. Früh belegt si nd die Kirche (ecclesia Durlach 1255) und die mittela lterl iche Ticfburg, auf deren Stelle die spätere Karlsburg mit dem heutigen Prinzessinnen bau errichtet wurde. Für den Rang Durlachs als Stadt ist auch die Verleihung des Marktrechts von Bedeutung. Am 10. August 1418 verlieh König Sigismund der Stadt das Recht, jährlich zwei Jahrmärkte, auf St.-Jakobs- und St.-Gallen-Tag, abzuhalten. Dies ist die friiheste Nachricht über die Abhaltung von Jahrmärkten in Durlach. Das Marktwesen wurde .wie überhaupt das öffentlid,e Leben durch Ord nungen geregelt, die 1536 im Durlacher Rechtsbuch zusammengefaßt wurden, aber sicherlich schon lange vo rher bestanden. Sowohl die Königsurkunde von 1418 als auch das Rechtsbud1 von 1536 befinden sich im Stadtarchiv Karlsruhe. Als im Jahre 15 35 die Markgrafen Ernst und Bernhard den Vertrag über die Teilung der Mark- grafsd1aft schlossen, erhi elt Ernst neben seinen bisherigen Besitzungen u. a. die Städte, Schlösser, Amter pforzheim, Durlach, Mühlburg. Er wählte Pforzheim als Residenz, die sein Nachfolger, Markgraf Karl 11. , im Jahre 1565 nach Durlach verlegte. Durlach - Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach. Dies wirkte sich zunächst im Stadt- bild aus. Im Vordergrund stand der Bau des Residenzschlosses, der Karlsburg, aber auch Stadt- mauer und Stadttore wurden erneuert, Straßen und Plätze wurden gepflastert. Die Durlad1cr wurden von manchen Abgaben befreit. Das Verhältnis des Landesherrn zu den Einwohnern sciner Residenz wird in besonderer Weise durch den Inhalt einer am 17. Mai 1567 ausgestellten Urkunde gekennzeichnet. Karl I I. sprach in dieser Urkunde die Befreiung der "E inwohner und gantzen Gemeindt unser Statt Durlach" von der Leibeigensd1aft gegen Bezahlung einer bestimmten Summe aus. In diesem "Servitut" sah der Landesherr ein großes Hindernis für die Entwick lung seiner Residenzstadt. Auch diese Urkunde wird im Stadtarchiv Karlsruhe verwahrt. Als selbstbew ußter Landesherr hat Karl TI. die Errichtung einer Münzstätte ins Auge gefaßt (Ende 1571). Von 1572 bis 1575 wurden unter Karl 11. Münzen geprägt : Taler, Halbbatzen, Dreier und Pfennige. Die Talerprägungen von 1575 waren nur von kurzer Dauer und gehören heute zu den Seltenheiten. Unter Karls Sohn, Markgraf Ernst Friedrich, wurd e 1586 das Dur- 78 lacher Gymnasium vollendet und eingeweiht. Zahlreiche bedeutende Gelehrte haben an diesem Gymnasium gewirkt. Diese Entwicklung der Residenzstadt auf den verschiedensten Gebieten fiihrte im 17. Jahrhundert zu schweren Rückschlägen. Der 30jährige Krieg lastete schwer auf den Oberrheinlanden, aud, auf Durlach und sei ner Bevölkerung. Nur langsam gelan g es, normale Verhältnisse zu schaffen, als das Land vom Pfälzischen Erbfolgek ri eg heimgesucht wurde. Schicksalstag für die Stadt und ihre Bewohner wurde der 16. August 1689 : an diesem Tag ging Durlad1 in Flammen auf. Das Schloß brannte bis auf den Prinzessinnenbau ab. Nur wenige Häuser blieben verschont. Unter den zahl reichen Maßnahmen, die nach diesen schw eren Kriegsjahren zur Förderung der Stadt ergriffen wurden, ist der von Markgraf Fried rid1 Magnus seiner Residenzstadt am 3. April 1699 erteilte "Freiheitsbrief" zu nen nen . Die bisherigen Privilegien blicben bestehen, also auch die Befreiung von der Leibeigenschaft. Wer ein modellmäßiges Haus baute, war 20 Jahre lang von gewöhnlichen und außergewöhnl ichen Abgaben und Lasten befreit, auch von Frondiensten. Die Sorge um das Wohl der E inwoh ner geht aus folge nder Stelle dieser Urku nde hervor: "Uns wi rd auch übrigens immerfort gelegen sein, die jetzige sowohl als künftige Bürger und Inwohner dieser unser lieben Statt Durlach nicht all~in bey guter auskömm licher Nahrung zu conserviren und zu schützen, sondern auch darin von Tag zu Tag nach Möglichkeit zu verbessern ... " Auch dieser "Freiheitsbricf" zähl t zum Bestand des Karlsruher Stadtarchivs. Mitten in den nur langsam vorankommenden Wiederaufbau der zerStörten Stadt trat ein Ereig- nis, durch das die weitere Entwicklung von Durlach einen empfindlichen Stoß erlitt: 1715 ver- legte Markgraf Karl Wilhelm seine Residenz von Durlach nach Karlsruhe. Man darf diesen Vor- gang nicht isoliert, nur auf Durlach bezogen sehen. Durlach zählt zu der Städtcgruppe an der Bergstraße und am Gebirgsrand, die als planmäßige Gründung ebenso wie andere Randstädte längere Zeit landesherrliche Residenz war und im 18. Jahrhundert diese Funktion an die Neu- gründungen in der Ebene abtreten mußte. Die Stadt DurIach war sich der Folgen, di e sich aus diesem Verlu st ergaben, durchaus bewußt. Wohl versuchten die Markgrafen Ka rl Wilhe1m und vor allem Karl Friedrich, die Wirtschafts- kraft der Stadt zu fördern. Es entstanden im 18. Jahrhundert Fabriken oder Manufakturen, die auf landesherrliches Privileg hin gegründet und mit zahlreichen, immer wieder erneuerten Frei- heiten von Abgaben, Steuern und Zöllen ausgestattet wurden. Diese industriellen Versuche sind als Ausdruck des merkantilistischen Wirtschaftssystems zu sehen. Sie haben sich für die Stadt öfters nachteilig ausgewirkt: wiederholt waren ihre Besitzer unter Hinterlassung von Schulden "echap- piert". N ur eine dieser Gründungen hat das 18. Jahrhundert überdauert: die Fayencefabrik . Im Jahre 1779 befaßte sich der Durlacher Rat mit der Frage über die Errichtung einer Univer- sität. Aus zwei Gründen sei dieses Vorhaben genannt: zum einen zeigt es das Bemühen der städti- schen Organe um Mittel und Wege für die Entwicklung der Stadt, zum andern aber gibt dieses Vorhaben Aufschluß über allgemeine Durlacher Verhältnisse des 18 . Jahrhunderts. Wegen des Universitätsprojektes hat sich der Durlacher Rat am 30. April 1779 in einer ausführlichen Bitt- schrift an den Landesherrn gewandt. Darin wird die wirtschaftliche Lage, die Armut und der • Zerfa ll der Stadt in bewegten Worten geschildert. "Hätte Durlach das unschätzbare Gl ück eines solchen Instituts, so würden die Brandstätten und Lücken der Stad t, welche bisher traurige Zeugen der Un vermögenheit der Inwohner sind, bald in modellmäßige Gebäude verwandelt seyn, schlechte Lotterfall en niedergerissen, zu tauglichen Häusern gemacht, an dere um ei n Stockwerk erhöhet und die ganze Stadt nach und nach verschönert werden.« Nach diesem Zeugnis hatte Durlach im ausgehenden 18. Jahrhundert die Folgen langer Kriegs- jahre noch nicht überwunden. Erst die im 19 . Jahrhundert eingetretenen territorialen, politischen und wirtschaft lichen Veränderungen schufen auch für Durlach ein en Wandel. Vor a llem war es die zunehmende Industrialisierun g, die nicht nur neue StädtetypeIl SdlUf, sondern auch die älteren Städte veränderte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist in D urlach ein wi rtschaftlicher Auf- schwung zu verzeichnen. Als im Jahre 1903 die Durlacher Gewerbe- und Indust rie-Ausstellu ng veranstaltet wurde, befanden sich unter den 230 Ausstellern 132 Durlacher Firmen. Eine wichtige Voraussetzung für diese Entwicklung bildete der Ausbau der Verkehrsverbindun- gen, vo r a ll em der Bahnbau (Lini en H ei delberg - Karlsruhe, Durlach - Mühl acker, Kraichgau- bahn). Aber auch städtische Einrichtun gen wurden geschaffen wie das Gaswerk (1861) und das Wasserwerk (1896/97). Um die Jah rhundertwende wuchs die Stadt weit in das Umland hinein . Eine wesentliche Strukuränderung brachte der aufs trebenden Stadt das Jahr 1938, in dem sie in die Großstadt Karlsruh e eingegliedert wurde . . Die Geschichte einer Stadt und ihrer Bewohner is t Spiegelbild der Landes- und Reichsgesch ichte. Durlach, von den Staufern gegründet, seit dem 13. Jahrhu ndert Markgrafenstadt, 150 Jahre lang Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach, ha t in dieser jahrhundertelangen territoria- len Zugehöri gkeit Zeiten friedliche r Entwicklung und Entfaltung, aber auch schwere, von K rieg, Not und Armut geprägte Jahre erlebt. Alle diese Schicksalssch läge hat die Durlacher Bevölke- rung gemeistert. Der Gegenwa rt obliegt die verpfli chtende Aufgabe, sich dieser Tradition bewußt zu sein und das überlieferte Kultu rgut zu bewah ren. Dieser Aufgabe dient auch das neugestaltete Pfin zgaumuseum . Hinsichtlich der Revolutionsdokumente 1848/49 des Pfinzgaumuseums verweisen wir auf "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" Band 2 Die Badische Revolution 1848/49 im Pfinzgaumuseum erhältlich (DM 2,-) Vorankündigung: Als Band 4 der "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" wird erscheinen: Ernst Schneider Durlacher Volksleben 1500 - 1800 Volkskundliches aus archivalischen Quellen
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmpZbwlSRBoIy/Pfinzgaumuseum.pdf
Aktivtag Ehrenamt 2018_Broschüre_bis40.indd Ehrenamt zeigt sich. Etwas Sinnvolles tun – mach mit! Stadt Karlsruhe Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement Karlsruher Aktivtag 16. Juni 2018, 10 bis 17 Uhr Friedrichsplatz Talente einbringen – Gleichgesinnte fi nden 2 | Karlsruher Aktivtag 2018 Impressum Stadt Karlsruhe Amt für Stadtentwicklung Zähringerstraße 61 76133 Karlsruhe Leiterin: Dr. Edith Wiegelmann-Uhlig Bereich: Büro für Mitwirkung und Engagement Christian Fulda Bearbeitung: Rosemarie Strobel-Heck Layout: Stefanie Groß Bildnachweis: © Amt für Stadtentwicklung, Rosemarie Strobel-Heck © Technisches Hilfswerk Karlsruhe (Seite 12) Gedruckt in der Rathausdruckerei auf 100 Prozent Recyclingpapier © Stadt Karlsruhe Inhalt Seite Grußwort Bürgermeister Dr. Albert Käufl ein 5 Bühnenprogramm 6 Teilnehmende Verbände und Vereine 8 Pagode „Stadtgesellschaft“ 8 Pagode „Internationale Welt“ 10 Pagode „Umwelt, Tiere und Nachhaltigkeit“ 12 Lageplan 14/15 Pagode „Wohlfahrt“ 18 Pagode „Kinder und Jugend“ 20 Pagode „Gesundheit und Hilfe“ 23 Pagode „Kultur und Sport“ 26 Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 3 Kameradschaft für Sicherheit 4 | Karlsruher Aktivtag 2018 Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 5 Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, das freiwillige Engagement der Karlsruherinnen und Karlsruher ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Sie gestalten das Leben in unserer Stadt entscheidend mit. Das bürgerschaftliche Engagement ist Ausdruck unserer lebendigen Demokratie und zeigt sich facettenreich. Ob in der unmittelbaren Nachbarschaft oder im Stadtteil, ob im Verein oder in der Kirche, ob in privaten Initiativen, Selbsthilfegruppen oder in den großen Wohlfahrtsverbänden und Rettungsdiensten – überall setzen sich Bürgerinnen und Bürger eigenverantwortlich für andere ein. Dafür möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Der ehrenamtliche Einsatz bedeutet nicht nur anderen zu helfen und etwas zu geben. Viele Engagierte erleben auch, dass sie beschenkt werden. Wer sich für andere stark macht, bereichert auch das eigene Leben. Wer sich für eine gute Sache ehrenamtlich engagiert, geht nicht nur einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung nach, sondern gewinnt an Mut und Einfühlungsvermögen. Solche Menschen werden zu Vorbildern, wie wir sie in unserer schnelllebigen Zeit dringend benötigen. Ich lade Sie herzlich zum Karlsruher Aktivtag ein. 35 ehren- amtliche und gemeinnützige Organisationen bieten eine reiche Auswahl an Engagementmöglichkeiten und präsentieren ihr Können in einem bunten Bühnenprogramm. Bestimmt ist auch für Sie etwas dabei. Machen Sie mit! Dr. Albert Käufl ein Bürgermeister Grußwort Etwas Sinnvolles tun – Mach mit! DD Alb t Kä fl i 6 | Karlsruher Aktivtag 2018 Bühnenprogramm 10 Uhr Eröffnung Europafanfaren Karlsruhe e. V. Musikalischer Leiter: Siegfried Nowack Begrüßung Bürgermeister Dr. Albert Käufl ein 10:30 Uhr Kinder und Jugendliche der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. Tanz und Gesang Leiterinnen: Ida Martjan, Aelita Corkil, Aljona Chistjakova 11 Uhr Freundschaftsgesellschaft Karlsruhe-Krasnodar e. V. Russisches Tanzensemble „Kalina“ und Jugendtanzgruppe „Kalinuschka“ Leiterin: Helena Pauli CVJM Karlsruhe e. V. Jugendgruppe TEN SING | Show Musikalischer Leiter: Moritz Brandner 12 Uhr Chöre des Chorverbands Karlsruhe e. V. Latinka e. V. Traditionelle Tänze aus Lateinamerika Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 7 13 Uhr Der Arbeiter-Samariter-Bund stellt vor: Netzwerk Pfl egebegleitung und Rettungs- hundestaffel Orgelclub Karlsruhe e. V. Instrumentalkonzert Chöre des Chorverbands Karlsruhe e. V. 14 Uhr Chöre des Chorverbands Karlsruhe e. V. UNESON gUG LERNFREUNDE und Theater-AG der Tulla-Realschule Schneewittchen und die sieben Zwerge Pädagogische Leitung: Rucen Kartaloglu 15 Uhr Gemeinwohl-Ökonomie Regionalgruppe Karlsruhe Sketche rund um die Gemeinwohl-Ökonomie Turnverein Knielingen e. V. Musical- und Showtanzgruppe „Musical Emotion“ Trainer und Choreograf: Witalij Kühne 16 Uhr Chöre des Chorverbands Karlsruhe e. V. 17 Uhr Veranstaltungsende Moderation: Ingrid Vollmer, Pressebüro ivo-Press 8 | Karlsruher Aktivtag 2018 Teilnehmende Verbände, Vereine und Initiativen Pagode „Stadtgesellschaft“ Bahnhofsmission Karlsruhe Susanne Daferner Bahnhofsplatz 1, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 30955 E-Mail: daferner@bahnhofsmission.de Internet: www.bahnhofsmission-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: unsere Homepage gestalten: fotografi eren und Beiträge schreiben | bei Flohmärkten und anderen Veranstaltungen helfen | in der Bahnhofsmission mitarbeiten Badischer Landesverein für Innere Mission KdöR Marina Mandery Südendstraße 12, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 120844-16 E-Mail: ehrenamt@badischer-landesverein.de Internet: www.badischer-landesverein.de So können Sie sich engagieren: Senioren in Altenhilfe-Einrichtungen besuchen und Gesellschaft leisten | Gruppenaktivitäten anbieten oder begleiten | gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen Freizeitaktivitäten unternehmen oder zu Gottesdiensten begleiten | im Quartiersprojekt Südweststadt im Bürgerzentrum oder im Mitmach-Laden Veranstaltungen und Aktionen anbieten | bei Bürotätigkeiten im Mitmach-Laden helfen Mitmach-Aktionen: Rollator-Parcours | Ehrenamts-Quiz Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 9 Stadtfeuerwehrverband Karlsruhe e. V. Ulrich Volz Ritterstraße 48, 76131 Karlsruhe Telefon: 0721 670278 E-Mail: u.volz@t-online.de Internet: www.sfv-ka.de So können Sie sich engagieren: ab 18 Jahren als Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner | die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mitgestalten | beim Musikzug, im Einsatz oder bei der Versorgung der Einsatzkräfte mitwirken Aktion am Stand Besichtigung des Löschfahrzeugs | Spiele für Kinder Historische Bürgerwehr Karlsruhe e. V. Hans-Josef Essig Lindenallee 18a, 76189 Karlsruhe Telefon: 0721 578863 E-Mail: info@buergerwehr-karlsruhe.de Internet: www.buergerwehr-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: bei der Pfl ege der Heimatkunde und des Brauchtums mitwirken | Informationen zur Stadtgeschichte erarbeiten Sozial-Treff 88 e. V. Karlsruhe Elke Schüßler St. Florian Straße 11, 76135 Karlsruhe Telefon: 0176 70991017 E-Mail: elkeschuessler@web.de Internet: www.sozialtreff88.wordpress.com So können Sie sich engagieren: für Menschen in Not montags frisches Essen kochen | ihre Sorgen ernst nehmen und Gesprächspartnerin oder Gesprächspartner sein | mit materiellen Dingen unterstützen Heimat schenken 10 | Karlsruher Aktivtag 2018 Pagode: „Internationale Welt“ LATINKA e. V. Bildungsprojekte für Kinder in Lateinamerika Rossana Tovar Hubstraße 5, 76227 Karlsruhe E-Mail: info@latinka.org Internet: www.latinka.org So können Sie sich engagieren: bei Veranstaltungen unterstützen | bei der Entwicklung sozialer Projekte mithelfen Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 11 Freundschaftsgesellschaft Karlsruhe-Krasnodar e. V. Herbert Huber Am Steinweg 49, 76327 Pfi nztal Telefon: 07240 4437 E-Mail: huber-pfi nztal@kabelbw.de So können Sie sich engagieren: Mithelfen bei Messen und Ausstellungen, Sport- und Kulturveranstaltungen, bei den Hilfstransporten für Kranken- häuser und soziale Einrichtungen mithelfen und vieles mehr. Freunde für Fremde e. V. Gertrud Stihler, Albrecht Heise Kaiserallee 12d, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 845341 E-Mail: freunde-für-fremde@gmx.de Internet: www.freunde-fuer-fremde.de So können Sie sich engagieren: Deutschunterricht für Menschen mit Migrationshintergrund geben | Fremde beraten und begleiten | bei der Öffentlichkeits- arbeit mitwirken Kroatischer Kulturverein Matica hrvatska e. V. Vlado Bulic Kaiserallee 12d, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 858941 E-Mail: info@matica-karlsruhe.de Internet: www.matica-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: Mithelfen bei den Blutspendeaktionen, dem internationalen Kinderschachturnier, der Fahrradtour zum Vatertag, den Malwettbewerben für Kinder, in der kroatischen Bibliothek und vieles mehr. Mitmach-Aktionen: Kinderschminken, Malwettbewerb „Kinder malen Karlsruhe“, Memory-Kartenspiel Einsatz im In- und Ausland 12 | Karlsruher Aktivtag 2018 Mennonitisches Hilfswerk e. V. Migrationsberatungsstelle Natalia Tuzin Alter Schlachthof 59, 76131 Karlsruhe Telefon: 0721 6271486 E-Mail: asylka@menno-hilfswerk.de Internet: www.mh-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: mithelfen beim Projekt „Küka Kochen mit Flüchtlingen“ | in der Kleiderkammer beim Sortieren, Einräumen und Ausgeben der Kleidung helfen | Deutschunterricht geben | mit Menschen mit Migrationshintergrund Museen, den Zoo und andere Einrichtungen besuchen | Gefl üchtete in der Landeserstaufnahmestelle besuchen Mitmach-Aktion: Basteln mit Kindern. Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 13 Pagode „Umwelt, Tiere und Nachhaltigkeit“ Gemeinwohl-Ökonomie | Regionalgruppe Karlsruhe Ingo Laubenthal Indianaring 36, 76149 Karlsruhe Telefon: 0721 9850492, 0151 50731314 E-Mail: karlsruhel@ecogood.org Internet: www.gwoe-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: Unsere junge Bewegung sucht Verstärkung für die Bildungsarbeit, für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und für die Pfl ege unserer Internetseite. Mitmach-Aktion: Wie solidarisch und nachhaltig leben wir derzeit? Füllen Sie unseren Gemeinwohl-Selbsttest aus! AG Tierschutz Pferde und Co. e. V. Jessica Förster Söllingerstraße 9a, 76327 Pfi nztal-Kleinsteinbach Telefon: 0152 3493684 E-Mail: tierschutzhof-durlach@web.de Internet: www.agtierschutz.wixsite.com/pfi nztal So können Sie sich engagieren: bei der Versorgung von Tieren in artgerechter Haltung auf einem Gnadenhof helfen Stadt- gesellschaft Inter- nationale Welt Umwelt, Tiere, Nach- haltigkeit Wohlfahrt Stadtgesellschaft Bahnhofsmission Karlsruhe | Badischer Landesverein für Innere Miss Internationale Welt LATINKA e. V. | Freundschaftsgesellschaft Karlsruhe-Krasnodar | Fr Umwelt, Tiere, Nachhaltigkeit Gemeinwohl-Ökonomie | AG Tierschutz Pferde und Co Wohlfahrt AWO | Caritasverband | Diakonisches Werk | Deutsches Rotes Kreuz | Deutsc Kinder und Jugend BeoCoach | CVJM | Landsmannschaft der Deutschen aus Russland Gesundheit und Hilfe AMSEL | Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe | Melitta-Schöpf-St Kultur und Sport Chorverband Karlsruhe | Orgelclub Karlsruhe | Bläserchor St. Peter un 14 | Karlsruher Aktivtag 2018 Kinder und Jugend Gesundheit und Hilfe Kultur und Sport Gastronomie Bühne sion KdöR | Stadtfeuerwehrverband | Historische Bürgerwehr | Sozial-Treff 88 eunde für Fremde | Kroatischer Kulturverein Matica hrvatska | Mennonitisches Hilfswerk o. | UNA Tierrettungsdienst | BUZO Bürgeraktion Umweltschutz | Bürgerverein Stadtmitte cher Paritätischer Wohlfahrtsverband | Deutscher Kinderschutzbund | UNESON gUG LERNFREUNDE tiftung | Paritätische Sozialdienste | Arbeiter-Samariter-Bund nd Paul Karlsruhe-Mühlburg | Musikverein 1896 Karlsruhe-Daxlanden | TUS Neureut 1892 Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 15 Kartengrundlage: Liegenschaftsamt 16 | Karlsruher Aktivtag 2018 UNA Union für das Leben e. V. | Tierrettungsdienst Telefon: 0700 95295295 E-Mail: kontakt@tierrettungsdienst.eu Internet: www.tierrettungsdienst.eu So können Sie sich engagieren: Als Tier-Nothelferin/Tier-Nothelfer oder Tier-Notfallsanitäterin/ Tier-Notfallsanitäter mitarbeiten. Der Verein bildet dazu aus. Als Telefonistin oder Telefonist zur Unterstützung der Tier-Rettungsleitstellen. Mitmach-Aktion: Demonstration und Unterweisung bei der Reanimation eines Hundes. BUZO e. V. | Bürgeraktion Umweltschutz Zentrales Oberrheingebiet Mari Däschner Kronenstraße 9, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 380575 E-Mail: mail@buzo-ka.de Internet: www.buzo-ka.de So können Sie sich engagieren: Beiträge für die Vereinszeitschrift verfassen | Projekte wie „Fächergärtner“ unterstützen | bei der Vorbereitung von Aktionen wie „Parking Day“ mitwirken | unser Team für die Infostand-Betreuung bei Veranstaltungen verstärken Mitmach-Aktion: Saatgut-Bälle herstellen | Stofftaschen bemalen Umwelt schützen – Zukunft sichern Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 17 Bürgerverein Stadtmitte | Initiative „Erhaltet die Hundebeutel“ Rolf Apell (Bürgerverein) Jahnstraße 14, 76139 Karlsruhe Telefon: 0721 9203101 E-Mail: info@karlsruhe-stadtmitte.de Internet: www.karlsruhe-stadtmitte.de Andreas Gold (Initiative) E-Mail: erhaltetdiehundebeutel@gmail.com Internet: www.facebook.com/verantwortungsbewusstehundehaltung So können Sie sich engagieren: Als Patinnen und Paten für eine saubere Innenstadt sorgen und Tütenspenderboxen mit Hundekotbeuteln bestücken. 18 | Karlsruher Aktivtag 2018 Pagode „Wohlfahrt“ Arbeiterwohlfahrt Karlsruhe gGmbH Kreisverband Karlsruhe Stadt Carmen Gilles Rahel-Straus-Straße 2, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 35007-119 E-Mail: c.gilles@awo-karlsruhe.de Internet: www.awo-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: Gefl üchtete in der Landeserstaufnahmestelle unterstützen | Seniorinnen und Senioren begleiten und betreuen | Freizeitange- bote für Menschen mit Handicap gestalten und vieles mehr. Caritasverband Karlsruhe e. V. Hans-Gerd Köhler Wörthstraße 2, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 921335-13, -28 E-Mail: hg-koehler@caritas.karlsruhe.de Internet: www.caritas-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: bei der Beiertheimer Tafel Waren aufbereiten | Kunden bedienen | beim Caritas-Sozialdienst Ratsuchende unterstützen | Seniorinnen und Senioren in Pfl egeheimen besuchen und begleiten | in der Nachbarschaftshilfe Menschen durch Gespräche, Kontakte, beim Schriftverkehr oder im Haushalt helfen Diakonisches Werk Karlsruhe Judith Weidermann Stephanienstraße 98 – 100, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 167-148 E-Mail: weidermann@dw.karlsruhe.de Internet: www.dw-karlsruhe.de Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 19 So können Sie sich engagieren: Kinder im Startpunkt-Elterncafé betreuen | Gefl üchteten Computerkurse geben oder ihnen bei Bewerbungen helfen | Freizeitangebote für sozial Benachteiligte und für Menschen mit psychischen Einschränkungen gestalten | für Seniorinnen und Senioren Fahrten durchführen | schwerkranke Menschen begleiten | Veranstaltungen für den Hospizdienst durchführen Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Karlsruhe e. V. Hans Kleebauer Ettlingerstraße 13, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 9338743 | 0170 4878820 E-Mail: hans.kleebauer@gmx.de Internet: www.drk-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: Seniorinnen und Senioren besuchen und aktivieren | Teilneh- mende an Seniorenreisen zum Flughafen oder Busbahnhof bringen | Menschen mit Hilfebedarf bei Behördengängen be- gleiten | im Sanitäts-/Rettungsdienst, in der Notfallhilfe, bei der Blutspende, der Öffentlichkeitsarbeit und anderem mitwirken Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband | Kreisverband Karlsruhe Ulrike Sinner Kanalweg 40/42, 76149 Karlsruhe Telefon: 0721 91230-21 E-Mail: kontakt@paritaet-ka.de Internet: www.paritaet-bw.de/regional/kreisverbaende/ karlsruhe/startseite.html So können Sie sich engagieren: beim Arbeitskreis Leben AKL Menschen in Lebenskrisen und in Selbsttötungsgefahr begleiten | bei der Reha-Südwest Menschen mit Behinderungen bei Freizeitaktivitäten unterstützen | beim Verein für Jugendhilfe im Programm „ehrenamtliche Betreuungs- helfer“ junge Menschen zwischen 7 und 18 Jahren betreuen Mitmach-Aktion: Talentschuppen: Ehrenamt-Superstar Kinder in ihre Zukunft begleiten 20 | Karlsruher Aktivtag 2018 Pagode „Kinder und Jugend“ BeoCoach | Stadtjugendausschuss e. V. Karlsruhe Natalie Piekert Kronenplatz 1, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 133-5625 E-Mail: n.piekert@stja.de Internet: www.beonetzwerk.de So können Sie sich engagieren: Als „BeoCoach“ unterstützen Sie eine Schülerin oder einen Schüler beim schulischen Lernen, bei der Berufsorientierung und bei der gesellschaftlichen Integration. Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 21 CVJM Karlsruhe e. V. Angela Thomas Nowackanlage 5, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 38165 E-Mail: at@cvjm-karlsruhe.de Internet: www.cvjm-ka.de So können Sie sich engagieren: Freizeiten für Kinder und Jugendliche betreuen | im Outdoorpark erlebnispädagogische Sozialkompetenztrainings für Schulen, Vereine und Unternehmen durchführen (eine Ausbildung wird angeboten) | bei Baueinsätzen im Waldheim oder im Büro mithelfen | bei der Sponsorenrallye am 30. September mitwirken Mitmach-Aktion: Spiele und erlebnispädagogische Aktivitäten Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. Erna Pacer, Vera Wild, Lilia Sonnenfeld Scheffelstraße 54, 76135 Karlsruhe E-Mail: info@jugendhaus-karlsruhe.de Internet: www.jugendhaus-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: mitmachen im Jugendhaus Deutscher Kinderschutzbund e. V. | Ortsverband Stadt- und Landkreis Karlsruhe Renate Gissel Kanalweg 40/42, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 842285 E-Mail: gissel@kinderschutzbund-karlsruhe.de Internet: www.kinderschutzbund-karlsruhe.de Mitreden – mitmachen – mitbestimmen 22 | Karlsruher Aktivtag 2018 So können Sie sich engagieren: Als Sprachpatinnen und Sprachpaten für Grundschulkinder mit sprachlichen und sozialen Problemen, beim Kinder- und Jugendtelefon, im Elterncafé mit Elternberatung und bei weiteren Aufgaben in unseren zehn Fachbereichen. Mitmach-Aktion: Kinder können sich schminken lassen | bei einem Ratespiel mitmachen UNESON gUG LERNFREUNDE Jasmin J. Sahin Teuschneureuterstraße 27, 76149 Karlsruhe Telefon: 0721 9829920, 0170 1130660 E-Mail: jasmin.sahin@uneson.org Internet: www.uneson.org So können Sie sich engagieren: Flüchtlingskinder, die in der Landeserstaufnahmestelle wohnen, begleiten und betreuen: Bildungs- und Freizeitangebote gestalten Mitmach-Aktion: Geschicklichkeitsspiele Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 23 Pagode „Gesundheit und Hilfe“ AMSEL | Kontaktgruppe Karlsruhe Selbsthilfegruppe für Multiple Sklerose Sigrid Wagner Kleinbachstraße 12, 76227 Karlsruhe Telefon: 0721 403558 E-Mail: sigewagner@web.de Internet: www.amsel-regional.de So können Sie sich engagieren: bei Angeboten wie kreatives Werken und Spieltreff mithelfen | die Kontaktgruppentreffen unterstützen Mitmach-Aktionen: Altersimulationsanzug: Wie fühlen sich Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen? Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe Karlsruhe e. V. Dieter Engel Adlerstraße 31, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 34890 E-Mail: hallo@freundeskreis-karlsruhe.de Internet: www.freundeskreis-karlsruhe.de So können Sie sich engagieren: Wir bieten Hilfen für Betroffene und Angehörige in Suchtbereichen wie Alkohol, Medikamente, Spiel-, Internet- und Mediensucht, bei Essstörungen und Verhaltenssüchten, informieren über Präventionsangebote und sind Ansprechpartnerinnen und –partner für Multiplikatoren wie Schulen, Jugendeinrichtungen und Personalverantwortliche. Mitmach-Aktionen: Parcour und Übungen mit Rausch-, Restalkohol- und Drogenbrillen | Verkehrssituationen unter simulierten Promilleeinfl uss erkennen 24 | Karlsruher Aktivtag 2018 Melitta-Schöpf-Stiftung | Seniorenbesuchsdienst Dr. Melitta Büchner-Schöpf Riefstahlstraße 10, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 843342, 0172 7242091 E-Mail: melitta-schoepf-stiftung@gmx.de info@modehaus-schoepf.de So können Sie sich engagieren: Seniorinnen und Senioren in Heimen besuchen und begleiten Mitmach-Aktionen: Wie hoch ist Ihr Blutdruck? Wir messen ihn. Paritätische Sozialdienste gGmbH Karlsruhe Kanalweg 40/42, 76149 Karlsruhe Internet: www.paritaet-ka.de Elke Vienken, Selbsthilfebüro Telefon: 0721 91230-53 E-Mail: vienken@paritaet-ka.de Susanne Butz, Servicestelle für ehrenamtliches und soziales Engagement Telefon: 0721 91230-34 E-Mail: butz@paritaet-ka.de So können Sie sich engagieren: Beim Selbsthilfebüro: Aktive Unterstützung bei der Vorbereitung des Selbsthilfetags im Oktober 2018 Bei der Servicestelle für ehrenamtliches und soziales Engagement: „wellcome – Praktische Hilfe nach der Geburt“: junge Eltern unterstützen | „Begleitet zuhause leben“: Seniorinnen und Senioren besuchen und begleiten | „Wohnen für Hilfe“: Seniorinnen und Senioren, Familien und Menschen mit Behinderung bieten Studierenden ein Zimmer und erhalten von ihnen Unterstützung im Alltag. Stark und kompetent Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 25 Arbeiter-Samariter-Bund e. V. Region Karlsruhe Pforzheimer Str. 27a, 76227 Karlsruhe Telefon: 0721 49008-740 E-Mail: presse@asb-ka.de Internet: www.asb-ka.de So können Sie sich engagieren: Angehörige von pfl egebedürftigen Personen begleiten | im Sanitätsdienst als Ersthelferin oder Ersthelfer bei Konzerten, Fußballspielen und anderen Veranstaltungen mitwirken | als Erste-Hilfe-Ausbilderin oder Erste-Hilfe-Ausbilder Schulungen durchführen | beim Bevölkerungsschutz oder bei Katastropheneinsätzen zupacken Mitmach-Aktionen: Was ist bei der Ersten Hilfe zu tun? | Der ASB-Besuchshunde- Dienst stellt sich vor. 26 | Karlsruher Aktivtag 2018 Pagode „Kultur und Sport“ Chorverband Karlsruhe e. V. Horst Winter (Präsident) Gürrichstraße 20, 76149 Karlsruhe E-Mail: info@er-team.de Internet: www.chorverband-karlsruhe.de Beatrix Raviol (Jugendreferentin) Im Brunnenfeld 3b, 76228 Karlsruhe E-Mail: mail@beatrix-raviol.de So können Sie sich engagieren: Mitsingen in einem der 118 Chöre des Stadt- und Landkreises Karlsruhe. Der Chorverband bietet Weiterbildungen wie „Die Carusos – singen mit Kindern“, Stimmbildung, Ausbildungen für Kinderchorleitungen und Vizechorleitungen, Chormanagement und vieles mehr. Mitmach-Aktion: „Ich singe, wann singst Du?“ – A-capella-Ensembles laden zum Zuhören und Mitsingen ein. Orgelclub Karlsruhe e. V. Karl Armbruster Daimlerstraße 37, 76185 Karlsruhe Telefon: 07244 607897 E-Mail: vorstand@orgelclub-karlsruhe.de Internet: www.orgelclub-karlsruhe.jimdo.com So können Sie sich engagieren: Bei der Pfl ege, Förderung und Verbreitung des Einzel- und Gruppenspiels an der modernen digitalen Orgel und anderen Tasteninstrumenten wie Akkordeon, Keyboard und E-Piano mitwirken. Mitmach-Aktion: Probieren Sie eine digitale Orgel oder ein Keyboard aus! Amt für Stadtentwicklung | Büro für Mitwirkung und Engagement | 27 Bläserchor St. Peter und Paul Karlsruhe-Mühlburg e. V. Christina Köhly Sophienstraße 234, 76185 Karlsruhe Telefon: 0721 8304124 E-Mail: bcm-ka@gmx.de Internet: www.bcm-ka.de So können Sie sich engagieren: Als Musikerin oder Musiker im Jugend- oder Stammorchester, als Schülerin oder Schüler zur Ausbildung an der Blockfl öte oder an einem Instrument, als Sponsor bei Musikveranstaltungen und Auf- tritten, als Fördermitglied zur Unterstützung der Bläserjugend bei Veranstaltungen und um die Freude an Blasmusik weiterzugeben. Mitmach-Aktion: Musikinstrumente ausprobieren | Das Jugend- und das Stammorchester stellen sich vor Musikverein 1896 Karlsruhe-Daxlanden e. V. Myriam Schmitt Hatzelkeckweg 8, 76286 Rheinstetten Telefon: 0176 31368250 E-Mail: myriam_schmitt@web.de Internet: www.musikverein-daxlanden.de So können Sie sich engagieren: Für Kinder und Jugendliche bieten wir musikalische Ausbildung an. Mitmach-Aktion: Musikinstrumente ausprobieren TuS Neureut 1892 e. V. Ulrike Gabrys Rechts der Langen Richtstatt 4, 76149 Karlsruhe E-Mail: ulrike.gabrys@gmx.de Internet: www.tusneureut.de So können Sie sich engagieren: als Übungsleiter, bei der Ausbildung zum Übungsleiter und anderen Weiterbildungsangeboten | Mithelfen bei der Renovierung der Umkleideräume: malen und lackieren Amt für Stadtentwicklung Büro für Mitwirkung und Engagement Wir unterstützen ehrenamtliches Engagement:  Bürgerbeteiligung und Stadtteilentwicklung  Fortbildung für Ehrenamtliche  Beratung bei der Suche nach einem passenden Engagement  Online-Freiwilligenagentur für Organisationen und Ehrenamtliche  Schulung ehrenamtlicher Lesepatinnen und Lesepaten, Vermittlung an Kindergärten und Schulen  Informationen zur Vereinsgründung und zu Satzungsfragen  Ausbildung von Bürgermentorinnen und Bürgermentoren  „jes - Jugend engagiert sich“: Förderprogramm für Jugendengagement  Unterstützung des gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen  Ehrung engagierter Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen  Forum Ehrenamt als Beirat des Gemeinderats  Förderung von Bürgerzentren Besuchen Sie uns im Internet: www.karlsruhe.de/bme
https://www.karlsruhe.de/b4/buergerengagement/aktivbuero/engagementformen/karlsruher_aktivtag/HF_sections/content/ZZnvtdYr7K1Ett/ZZnBlFYZs7Snfz/Aktivtag%20Ehrenamt%202018_Brosch%C3%BCre.pdf
Dokumentation Marktplatz_101109 Mühlburger Marktplatz der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 Dokumentation Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 2 Inhaltsverzeichnis 1. Grußwort des Bürgermeisters der Stadt Karlsruhe Wolfram Jäger ................ 4 2. Die Marktplatz-Methode................................................................................ 5 3. Ablauf des Mühlburger Marktplatzes ............................................................. 8 4. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen .......................................................... 13 5. Liste der Vereinbarungen ............................................................................. 14 Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 3 Zusammenfassung „Gute Geschäfte“ entstanden am 16. Oktober 2010 auf dem ersten Mühlburger Marktplatz der guten Geschäfte, einer Veranstaltung auf Initiative des Zentrums für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze) Freiburg zusammen mit dem Aktivbüro der Stadt Karlsruhe. „Gemeinnützige Organisationen und Unternehmen können Arbeitszeit, Know-how und Sachleistungen tauschen. Dabei gibt es nur Gewinner, denn von dieser Art der Partnerschaft profitieren alle“, erklärte Bürgermeister Wolfram Jäger in seiner Eröffnungsrede. Und Jäger hatte recht: Vertreter von seit Jahren in Mühlburg ansässigen Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen tauschten sich aus und handelten erfolgreich. Eine knappe Stunde hatten beide Parteien im Kulturzentrum Tempel Zeit, um zu Vereinbarungen zu gelangen, bei denen alles verhandelt werden durfte außer Geld. Fast alle anwesenden Einrichtungen schlossen ein Geschäft ab. Aber nicht nur Vereinbarungen entstanden auf dem Marktplatz, der eigentliche Wert ließ sich gar nicht auf Papier festhalten: „Ich habe Unternehmen und andere Einrichtungen kennen gelernt, von deren Existenz ich gar nichts wusste, obwohl ich schon seit Jahren in Mühlburg lebe. Diesen neuen Kontakten werde ich in Zukunft sicher weiter nachgehen,“ erklärte eine Teilnehmerin. Bei Veranstaltungsende befanden sich einige Vereinbarungen noch in der Entstehung und lassen eine Vertiefung der entstandenen Kontakte sowie weitere Geschäfte vermuten. Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 4 1. Grußwort des Bürgermeisters der Stadt Karlsruhe Wolfram Jäger „Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich sehr, Sie heute zum „Mühlburger Marktplatz der guten Geschäfte“ begrüßen zu können. Nach „guten Geschäften“ muss man sonst häufig lange suchen und ganz ohne Geld geht es in der Regel auch nicht. Der heutige Marktplatz aber funktioniert etwas anders: Gute Geschäfte werden hier im Minutentakt abgeschlossen und das ganz ohne Geld. Gemeinnützige Organisationen und Unternehmen können Arbeitszeit, Know-how und Sachleistungen tauschen. Dabei gibt es nur Gewinner, denn von dieser Art der Partnerschaft profitieren alle. Dass dieser erste Karlsruher Marktplatz der guten Geschäfte in Mühlburg stattfindet, verdanken wir einer Kooperation des Zentrums für zivilgesellschaftliche Entwicklung aus Freiburg mit dem städtischen Aktivbüro und dem Stadtteilmanagement Mühlburg. Besonders freut mich, dass es Ihnen gelungen ist, so viele Personen, Unternehmen und Institutionen für diese spannende Idee zu gewinnen. Sie alle werden hier und heute für Karlsruhe Neuland betreten in der Förderung bürgerschaftlichen Engagements. Ich würde mir wünschen, dass das Mühlburger Beispiel Schule macht und dies nicht der letzte Marktplatz der guten Geschäfte in Karlsruhe ist. Immerhin hat sich die Marktplatz-Methode bereits in über fünfzig Städten bewährt und wurde im Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet. Lassen also auch Sie sich heute von dieser Idee begeistern. Ich wünsche Ihnen dabei viel Freude, viele neue Kontakte und vor allem natürlich gute Geschäfte.“ Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 5 2. Die Marktplatz-Methode Im Mittelpunkt dieser Idee steht die Stärkung der Kommune durch Vernetzung und aktiven Austausch zwischen verschiedenen Akteursgruppen in der Kommune. Ziel des Marktplatzes ist es, Unternehmen und gemeinnützige Einrichtungen ins Gespräch zu bringen und neue, nutzbringende Kooperationen zu schaffen, indem beide Handelspartner Sach- und Dienstleistungen tauschen. Dem Einfallsreichtum sind dabei keine Grenzen gesetzt. Es gibt nur eine Regel: Geld darf nicht fließen. In den Niederlanden unter dem Titel Beursvloer entwickelt, hat die Bertelsmann-Stiftung die Idee im Jahr 2006 nach Deutschland geholt. Seit dem setzt sich der Marktplatz der guten Geschäfte als erfolgreiches Instrument der aktiven Kommunalentwicklung in immer mehr Stadtteilen, Städten und Landkreisen durch. Bis Ende 2010 werden Erfahrungen aus mehr als 150 Marktplätzen, die bis dahin in Deutschland stattgefunden haben, vorliegen. Die Marktplatz-Methode wurde inzwischen weiter ausdifferenziert: Mittlerweile existieren Engagement-Marktplätze, die das Themenfeld bürgerschaftliches Engagement in den Fokus nehmen, sowie Kooperationsbörsen und themenspezifische Marktplätze. Der Marktplatz-Ablauf Wie auf einer Handelsbörse bringen Unternehmen und Gemeinnützige innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens Angebot und Nachfrage zusammen. Dabei ist jeder bestrebt, für sein Angebot den passenden Partner zu finden und „gute Geschäfte“ zu tätigen. Sobald sich Handelspartner einig sind, werden schriftliche Engagementvereinbarungen über den Austausch fachlicher Kompetenzen, personeller Leistungen oder von Sachmitteln getroffen. Handel zum allseitigen Nutzen Unternehmen und gemeinnützige Organisationen haben auf dem Marktplatz die Möglichkeit, ohne Geldeinsatz Partnerschaften einzugehen und von den Kompetenzen und der Einsatzbereitschaft der Handelspartner zu profitieren. Unternehmen und Gemeinnützige Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 6 werden damit Teil des Netzwerkes einer aktiven Bürgerschaft in ihrer Stadt oder in ihrem Stadtteil. Die Verankerung und Bekanntheit der Unternehmen im Stadtteil wird gestärkt und die Kundenbindung durch soziales Engagement gefördert. Gemeinnützige Einrichtungen können neue Partner finden, gute Projekte öffentlichkeitswirksam umsetzen und ihre Kompetenzen vielseitiger einsetzen. Hierbei begegnen sich gemeinnützige Einrichtungen und Unternehmen auf Augenhöhe. Gemeinnützige Einrichtungen sind nicht mehr in der Rolle des Bittstellers, sondern agieren als Handelspartner, der etwas im Gegenzug für eine Unterstützungsleistung zu bieten hat. Initiator und Projektrahmen des Mühlburger Marktplatzes Der erste Markplatz der guten Geschäfte in Karlsruhe fand auf Initiative des Zentrums für zivilgesellschaftliche Entwicklung in Freiburg (zze) im Rahmen des EU-Projektes Quality Ageing in an Urban Environment statt. Das zze ist ein Forschungsinstitut, das angewandte Sozialforschung mit en Schwerpunkten bürgerschaftliches Engagement, good governance und unternehmerisches Engagement. Das zze hat den ersten Mühlburger Marktplatz zusammen mit dem Aktivbüro der Stadt Karlsruhe und GRiPS, dem Büro für Kommunikation und Projektsteuerung in Ettlingen umgesetzt. Q-Ageing ist ein Kooperationsprojekt zwischen neun Partnern aus Italien, Slowenien, Ungarn, Polen und Deutschland. Ziel des dreijährig angelegten Projektes ist es, öffentliche Dienstleistungen für Senioren zu weiterzuentwickeln, Potentiale freiwilligen Engagements zu ergründen, die Situation älterer ArbeitnehmerInnen zu verbessern und städtische Lebensumgebungen seniorengerechter zu gestalten. Im vergangenen Jahr haben die neun Projektpartner aus Ungarn, Slowenien, Polen, Italien und Deutschland jeweils Bedarfserhebungen durchgeführt und ausgehend von den Ergebnissen erste Konzepte für Pilotprojekte entwickelt. 2010 erfolgt die Realisierung dieser Konzepte in konkreten Projekten. Der Mühlburger Makrtplatz der guten Geschäfte ist eines dieser konkreten Projekte, von denen insgesamt mehr als zwanzig Projekte in den Partnerstandorten im laufenden Jahr umgesetzt werden. Die Erfahrungen mit den Pilotprojekten sowie entsprechende Empfehlungen werden gesammelt und veröffentlicht, Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 7 um andere Regionen in der EU zur seniorenfreundlichen Stadtgestaltung zu animieren und ihnen entsprechende Instrumente bereitzustellen. Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 8 3. Ablauf des Mühlburger Marktplatzes Vorbereitung Vor dem eigentlichen Handelstag hielten die Initiatorinnen des ersten Mühlburger Marktplatzes Vorbereitungsseminare für Vertreterinnen und Vertreter gemeinnütziger Einrichtungen und für Unternehmen ab. Die Seminare dienten dazu, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Marktplatz-Methode vertraut zu machen und sie auf den Marktplatz-Tag vorzubereiten. Auf dem Seminar lernten die gemeinnützigen Einrichtungen, sich selbst und ihre Anliegen kurz und knapp zu präsentieren. Sie überlegten, welche Angebote sie den Unternehmen machen könnten und entdeckten dabei Kompetenzen und Ressourcen, derer sie sich bis dahin wenig bewusst waren. Schließlich identifizierten sie diejenigen Bedürfnisse ihrer Organisation, die sie hofften, durch Handel am Marktplatz-Tag zu gewinnen. Hierunter fielen beispielsweise Innenanstrich, Design von Flyern und Broschüren, Organisationsberatung oder materielle Dinge wie PC, Drucker, etc.. Unter die Leistungen, die die Organisationen häufig im Gegenzug anbieten konnten, fielen beispielsweise Räumlichkeiten und Gelegenheiten für Werbung und Fachvorträge. Botschafter, Makler und Notare Neben den gemeinnützigen Einrichtungen und Unternehmen gewannen die Initiatoren auch Botschafter, Makler und Notare für den Marktplatz-Tag. Botschafter sind bekanntere Persönlichkeiten in der Stadt, die hinter dem Marktplatz stehen, das Konzept unter den Unternehmen und Gemeinnützigen bekannter machen und die Initiatoren bei der Gewinnung von Teilnehmenden unterstützen. Makler zeigen ihren Einsatz erst am Marktplatz-Tag: Sie werden aktiv, wenn Teilnehmende, etwa aus Unsicherheit oder mangelndem Überblick nicht mit einem passenden Gegenüber ins Gespräch kommen. In diesem Fall vermitteln die Makler, die auch im Gegensatz zu den Teilnehmenden die Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 9 Angebote und Gesuche der Teilnehmenden kennen, einen Kontakt und bringen Handelspartner ins Gespräch. Notare werden aktiv, wenn Geschäfte getätigt wurden. Ihre Aufgabe ist es, die getroffenen Engagementvereinbarungen zu prüfen, zu erfassen und zu besiegeln. Obgleich nicht rechtskräftig, verleiht die Prüfung durch den Notar den Vereinbarungen doch Verbindlichkeit. Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 10 Der Marktplatz-Tag Am Marktplatz-Tag trafen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nacheinander ein. Viele Gemeinnützige kamen in kreativen Outfits, die ihre Angebote und ihre Wünsche deutlich sichtbar machten. Die Outfits erleichterten es den Unternehmen, das Wesen sowie Angebote und Gesuche der Organisationen zu identifizieren. Gleichzeitig hoben sie die ohnehin freundliche Stimmung und erleichterten die Kontaktaufnahme. Marktplatz-Outfit der AWO-Einrichtung Hotel Anker Diejenigen, die ihre Angebote und Gesuche noch nicht kenntlich gemacht hatten, fanden vor der Eröffnung noch Gelegenheit und Materialien, diese zu präsentieren. Outfit-Basteln vor Veranstaltungsbeginn Um 14 Uhr begann die Veranstaltung offiziell: Der Moderator des Marktplatzes, Thomas Schrimm, hieß den Schirmherr der Veranstaltung, Bürgermeister Wolfram Jäger, alle Teilnehmenden, Botschafter, Makler und Notare willkommen. In einer kleinen Einlage simulierte er Geschäftsverhandlungen zwischen einer Seniorentheatergruppe und einer Marketingagentur und verdeutlichte so, wie eine gemeinnützige Organisation mit einem Unternehmen in Kontakt treten und verhandeln können, und wie eine in diesem Zuge getroffene Engage- mentvereinbarung aussehen könnte. Moderator Thomas Schrimm und Silke Marzluff bei Eröffnung des Marktplatzes Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 11 Wolfram Jäger, Bürgermeister in Karlsruhe für Kultur, Bürgerbeteiligung und Stadttteilentwicklung läutete als Schirmherr der Veranstaltung den Marktplatz die Handelszeit mit einem Gongschlag ein. Bürgermeister Wolfram Jäger eröffnet das Handeslparkett Die Teilnehmenden hatten nun eine gute Stunde Zeit, um Handelspartner zu finden, mit diesen in Kontakt zu treten, zu verhandeln und Engagement- vereinbarungen abzuschließen. Handelstreibende im Gespräch Falls die Teilnehmenden nicht von selbst zum Gespräch fanden, sprang ein Makler ein und unterstützte sie dabei. Makler Thomas Laschuk im Gespräch mit Handelstreibenden Erste Geschäfte schlossen die Teilnehmenden bereits nach kurzer Zeit ab. Aufgrund der übersichtlichen Teilnehmerzahl konnte fast jeder und jede Handelstreibende mit allen anderen Teilnehmenden in Kontakt treten. Dabei bahnten sich auch über die ursprünglichen Gesuche hinausgehende Kooperationen an. In Verhandlungen Nachdem zwei Handelspartner eine Engagementvereinbarung erzielt hatten, legten sie das Dokument dem Notar vor, der prüfte und für gültig erklärte. Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 12 Notarin Safian prüft eine Engagementvereinbarung Nach Abschluss der Handelszeit hatten fast alle Teilnehmenden eine Engagementvereinbarung abgeschlossen. Einige zusätzliche Vereinbarungen bedurften weiterer Klärung und konnten deshalb am Marktplatz-Tag noch nicht abgeschlossen werden. Die Teilnehmenden äußerten sich ausnahmslos positiv über die Veranstaltung. Viele betonten in ihrem Feedback neben den geschlossenen Vereinbarungen auch den Wert der neuen Kontakte, der sich erst in der Zukunft voll zeigen würde. Die Initiatorinnen danken an dieser Stelle allen Mitwirkenden des ersten Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte, insbesondere Ute Kinn, die den Stadtteilentwicklungsprozess in Mühlburg leitet, für ihren unermüdlichen Einsatz! Bürgermeister Jäger, Silke Marzluff und Ute Kinn bei Ende des Marktplatz-Tages Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 13 4. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen Gemeinnützige Einrichtungen: Christliches Jugenddorfwerk Deutschlands e.V., Sektion Karlsruhe Bürgerzentrum Mühlburg e.V. ArcheNOAH gGmbH Herz-Jesu-Stift Ev. Karl-Friedrich-Gedächtnis Gemeinde Karlsruher Tafel e.V. Hotel Anker (AWO Kreisverband Karlsruhe – Stadt e.V.) ArcheNOAH gGmbH Kinder- und Jugendtreff Mühlburg Unternehmen Beratungsraum rollende Räder Atelier für Nachhaltige Eleganz Transurban Rheinpotheke St. Antoniusheim co-razon organisationsentwicklung Event Floristik Partyservice Schmid Rheinhafen GmbH Real Markt ProMedic Rettungsdienst gGmbH Makler Silke Marzluff, Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung Freiburg Thomas Laschuk, Taxiunternehmen Ute Kinn, GRiPS Büro für Kommunikation und Projektsteuerung, Ettlingen Notare Michael Becker, Firma Athos Ingenieure Kerstin Safian, Seniorenbüro der Stadt Karlsruhe Gerd Handl, Wirtschaftsförderung Karlsruhe Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 14 5. Liste der erzielten Vereinbarungen Das Medienagentur Transurban entwirft einen Werbeflyer für die Karlsruher Tafel e.V. und erhält im Gegenzug dafür Umzugshilfe oder Renovierungsarbeiten im Umfang von circa 16 Stunden. Das Medienagentur Transurban entwirft einen Werbeflyer für den ProMedic Rettungsdienst gGmbH und erhält im Gegenzug dafür Umzugshilfe oder Renovierungsarbeiten im Umfang von circa 16 Stunden. Die Rheinhafen GmbH bietet Freikarten für ihr Fahrgastschiff. Ehrenamtliche Helferinnen des Herz-Jesu-Stift werden dafür beim Rheinhafenfest im Sommer 2011 aushelfen. Die Künstlerin Eva Balogh bietet der Rheinhafen GmbH eine Performance oder einen Malkurs für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. Dafür erhält sie Gelegenheit für eine Ausstellung in den Räumlichkeiten der Rheinhafen GmbH oder zehn Freikarten für das Fahrgastschiff. Die ArcheNOAH gGmbH erhält vom CJD einen Schreibtisch und stellt dafür dem CJD fünf Stunden Berufsberatung zur Verfügung. Die Unternehmensberatung co-razón hält einen Fachvortrag zum Thema Mobbing und kann dafür sechs Mal den Konferenzraum des St. Antoniusheims nutzen. Das Unternehmen Event-Floristik stellt der evangelischen Karl-Friedrich-Gemeinde eine floristische Altardekoration. Die Gemeine leiht dafür Event-Floristik eine Beschallungsanlage aus und veröffentlicht eine Anzeige von Event-Floristik in den Gemeindenachrichten. Frau Eisenbraun bietet Organisationsberatung für das neue Bürgerzentrum und darf dafür die Räume des neuen Bürgerzentrums in Mühlburg für Vorträge nutzen. Der Party-Service Schmid stellt dem Bürgerzentrum eine Kühltheke zur Verfügung und erhält dafür die Möglichkeit, die Räumlichkeiten des Bürgerzentrums einen Abend zu nutzen. Der REAL Markt stattet das Bürgerzentrum mit Geschirr und Putzmaterial aus und darf dafür die Räumlichkeiten des Bürgerzentrums nutzen. Die getroffenen Vereinbarungen sind auch einsehbar über www.muehlburg-live.de. Dort werden wir auch über die Umsetzung der Engagementvereinbarungen berichten. Dokumentation des Mühlburger Marktplatzes der guten Geschäfte am 16. Oktober 2010 15 Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung Bugginger Str. 38 79114 Freiburg www.zze-freiburg.de Te.: + 49 (0) 761 47812 14
https://web3.karlsruhe.de/Stadtentwicklung/afsta/Stadtentwicklung/Stadtteilentwicklung/muehlburg/download/Dokumentation%20Marktplatz_101016.pdf
Karlsruhe Zukunft Nord Karlsruhe Zukunft Nord: Mikroklimasimulationen der Bauplanung im Berei h des Entwi klungsgebiets Zukunft Nord Projektberi ht erstellt fur die Stadt Karlsruhe, Umwelt- und Arbeitss hutz Prof. Dr. Mi hael Bruse Dezember 2016 ENVI MET GmbH Essen Dokumentversion: 12. Dezember 2016 0 Inhaltsverzei hnis 1 Einleitung 1 1.1 Untersu hungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.2 Bewertung dur h numeris he Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 Vorhandene klimaokologis he Untersu hungen zum Planungsgebiet 3 2.1 FFH-Vertragli hkeitsstudie (2011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.2  Okologis he Tragfahigkeitsstudie fur den Raum Karlsruhe (2011) . . . . . . . 3 2.3 ExWoSt- Modellvorhaben " Innenentwi klung versus Klimakomfort\ (2013) . . 3 2.4 " Stadtbauli her Rahmenplan Klimaanpassung: Anpassungskomplex Hitze\ (2015) 4 2.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3 Mikroklimasimulationen mit dem Modell ENVI-met 7 3.1 Das Modell ENVI-met 4.1 eXpert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.2 Das Untersu hungsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.3 Festlegung der Modellgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.4 Meteorologis he Rahmenbedingungen fur die Simulationsre hnung . . . . . . . 12 3.4.1 Windri htung und -ges hwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3.4.2 Lufttemperatur und -feu hte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.4.3 Bodentemperatur und -feu hte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.4.4 Zusammenfassung der meteorologis hen Rahmenbedingungen . . . . . 14 4 Simulationsergebnisse 15 4.1 Analyse des Stromungsverhaltens der Kaltluft (Na ht 02:00) . . . . . . . . . 16 4.2 Windfeldbere hnungen fur die Bestandssituation und Planungsvariante . . . . . 16 4.2.1 Windfeld Tagsituation 14:00 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4.2.2 Windfeld Na htsituation 04:00 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4.3 Analyse der Lufttemperatur fur die Bestandssituation und Planungsvariante . . 17 4.3.1 Lufttemperatur Tagsituation 14:00 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4.3.2 Lufttemperatur Na htsituation 04:00 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4.3.3 Na htli he Abkuhlungsdynamik des Gebiets 22:00 . . . . . . . . . . . . 19 4.4 Bioklimatologis he Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.4.1 Funktionsweise von PET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.4.2 Interpretation von PET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4.4.3 Analyse der bioklimatologis hen Modellergebnisse . . . . . . . . . . . . 21 4.4.4 Biometeorologis he Situation Tag (15:00 Uhr) . . . . . . . . . . . . . 22 4.4.5 Biometeorologis he Situation Abend (22:00 Uhr) . . . . . . . . . . . . 23 5 Zusammenfassung und Planungsempfehlungen 25 6 Literatur 27 7 Anhang: Abbildungstafeln 29 iii 1 1 Einleitung Die Stadt Karlsruhe plant unter der Bezei hnung " Zukunft Nord\ die stadtebauli he Entwi k- lung des Areals zwis hen dem NSG " Alter Flughafen Karlsruhe\ im Westen, der Nordweststadt im Norden, der Hardtwaldsiedlung im Suden und der Erzbergerstrae im Osten (vgl. Abbildung 1.1). Abbildung 1.1: Umgebungsplan des Untersu hungsgebiets " Zukunft Nord\ (Quelle:  Okologis he Tragfahigkeitsstudie der Stadt Karlsruhe, 2011). Im Jahr 2015 wurde zur Entwi klung des Gebiets ein stadtbauli her Wettbewerb ausgelobt, 1 1 Einleitung dessen uberarbeiteter Siegerentwurf die Grundlage fur den heute aktuellen und in diesem Gut- a hten betra hteten Bebauungsentwurf (Stand Marz 2016) bildet. Der Siegerentwurf sieht eine Neubebauung des Gebietes unter der Beibehaltung und Integration einzelner Gebaude in das Planungskonzept vor. Hierbei rei ht die Neubebauung weiter in das Freigebiet hinein und uberbaut somit Teile der bisherigen Bra h a he des NSG " Alter Flughafen Karlsruhe\. 1.1 Untersu hungsgegenstand Untersu hungsgegenstand des vorliegenden Guta htens ist die numeris he Modellierung des Mikroklimas (Wind, thermis he Situation und Bioklima) fur die Ist-Situation ( " Bestand\ hier- na h) sowie die aktuelle Planungssituation ( " Plan\ hierna h) jeweils fur die Tages- und die Na htsituation. Hierbei wird ein typis her sommerli her Tag mit einer austaus harmen Ho h- dru kwetterlage als Rahmenbedingung angenommen, da si h unter diesen Voraussetzungen die dur h die Umweltgestaltung hervorgerufenen Eigenarten des Mikroklimas am deutli hsten auspragen konnen. 1.2 Bewertung dur h numeris he Simulation Eine klimaorientierte Stadtplanung von heute benotigt Informationen daruber, wie si h das System Stadt in Abhangigkeit von unters hiedli hen Planungsszenarien unter den heutigen sowie den zu erwartenden Klimabedingungen verhalten wird. Das Mikroklima einer Stadt ist dabei ebenso komplex wie das Klima der Erde selber oder die Wettervorhersage. Es gibt keine einfa he Regel, um wie viel Grad ein Park die Lufttemperatur senkt oder ob das S hlieen einer Baulu ke einer wesentli he Veranderung des Mikroklimas verursa hen wird. Den einzigen sinnvollen Weg zur Bewertung von Planungsszenarien bieten daher numeris he Simulationen, die quasi einen " Wetterberi ht\ fur einen Stadtteil oder ein Quartier erstellen konnen. Mit Hilfe von Modellsimulationen lasst si h die Struktur der Stadt beliebig verandern, ohne dass ein einziges Haus in der Wirkli hkeit abgerissen oder gebaut werden musste. So lassen si h die vers hiedensten Planungsszenarien " dur hspielen\ und die beste Option kann ausgewahlt werden. Zur numeris hen Bewertung von kleinskaligen klimatologis hen Prozessen hat si h das Re- henmodell ENVI-met (www.envi-met. om) weltweit bewahrt. Mit ENVI-met ist es mogli h bei einer raumli hen Au osung von ubli herweise 1 bis 5 Meter die Stadtstruktur mit den un- ters hiedli hen Objekten und Materialien detailliert na hzubauen und das hieraus resultierende Mikroklima zu simulieren. Die Analyse der mikroklimatologis hen Prozesse sowohl fur die Bestandssituation, als au h fur das Planungsszenario erfolgt in diesem Guta hten mit der aktuellen Version ENVI-met 4.1 eXpert der ENVI MET GmbH, Essen. 2 2 2 Vorhandene klimaokologis he Untersu hungen zum Planungsgebiet 2.1 FFH-Vertragli hkeitsstudie (2011) Im Rahmen der Entwi klung von " Zukunft Nord\ wurde 2011 eine FFH-Vertragli hkeitsstudie, eine spezielle artens hutzre htli he Prufung sowie eine Eingris-/Ausglei hbewertung dur h- gefuhrt (Breunig, 2011). Dieses Guta hten wurde allerdings in der damaligen Ermangelung ei- nes konkreten Bebauungsszenarios unter der Annahme einer ktiven Bebauungsstruktur dur h- gefuhrt. Da diese erhebli h von der nunmehr festgelegten Struktur abwei ht und das lokale Mikroklima sensibel auf kleine Detailveranderungen reagiert, ist diese Studie fur den aktuellen Rahmenplan im Berei h der Klimatologie ni ht anwendbar. 2.2  Okologis he Tragfahigkeitsstudie fur den Raum Karlsruhe (2011) Die "  Okologis he Tragfahigkeitsstudie fur den Raum Karlsruhe\ ebenfalls aus dem Jahre 2011 untersu ht das S hutzgut Klima/Lufthygiene als eines von funf relevanten S hutzgutern. Im Hinbli k auf das Untersu hungsgebiet sind die Aussagen zu den Kaltluftstromungen und Beluftungsbahnen von Relevanz (siehe au h folgender Abs hnitt). Die Betra htungen zur Kalt- luftproduktion sowie den Kaltluftab ussen basieren auf mesoskaligen Modellre hnungen mit dem Modell FITNAH. Fur das Gebiet " Alter Flughafen\ wird in dem Beri ht S.73 eine mittlere Kaltuftproduktionsrate von 350-700 m 3 /s angegeben. Da dieser Wert ohne relativen Bezug zu einer Fla he und ni ht dierenziert angegeben ist, kann er ni ht uberpruft oder hinterfragt wer- den.  Ubli he a henbezogene Kaltluftproduktionsraten fur Frei a hen liegen im Berei h von 10-20 m 3 /m 2 s. Si herli h ri htig ist die Feststellung, das es si h bei dem ehemaligen Flug- hafengelande um eine Fla he mit mindestens mittlerem Kaltluftproduktionspotential handelt. Die FITNAH Modellre hungen zum Kalluftab u sind ebenfalls Grundlage fur das im Ans hluss betra htete Projekt " ExWoSt\ und werden dort betra htet. 2.3 ExWoSt- Modellvorhaben " Innenentwi klung versus Klimakomfort\ (2013) Das ExWoSt- Modellvorhaben " Innenentwi klung versus Klimakomfort\ wurde von 2009-2012 als eine Projektstudie fur den Na hbars haftsverband Karlsruhe dur hgefuhrt. Der Fokus dieser Studie lag in der Ausarbeitung mogli her Umgestaltungsvarianten fur typis he Stadtquartiere mit dem Ziel, auf die dur h den Klimawandel hervorgerufene Zunahme von sommerli hen Hit- zebelastungen stadtebauli h zu reagieren. Wennglei h die in dem Beri ht vorges hlagenen Um- gestaltungsmanahmen an se hs Gebieten im Raum Karlsruhe konkretisiert werden, so handelt es si h um generelle " Best-Pra tise\ Manahmen aus dem Berei h der Klimawandeladaption. 3 2 Vorhandene klimaokologis he Untersu hungen zum Planungsgebiet Die hier vorgestellten Prinzipien und We hselwirkungen werden im Rahmen der Analyse der Modellergebnisse in diesem Beri ht ebenfalls beru ksi htigt, wennglei h der Zielhorizont fur die Simulationen ni ht die Klimaprojektionen 2050, sondern die aktuelle Zeitphase ist. Im Rahmen der Erlauterung der " Manahme 1\ wird auf das na htli he Kaltluftstromungsfeld (au h) im Berei h des hier untersu hten Gebietes " Alter Flugplatz\ Bezug genommen. Die hier gezeigte Abbildung (vgl. Abbildung 2.1) ist etwas genauer als die in der oben genannten okologis hen Tragfahigkeitsstudie gezeigte Grak. Abbildung 2.1: Kaltluftstromungen im Berei h des Untersu hungsgebiets " Zukunft Nord\ (Quelle: ExWoSt-Modellvorhaben, 2012) Wennglei h die Fla he des alten Flughafens eine potentielle Kaltluftpoduktions a he ist, kommt es aufgrund der Fla henneigung sowie der quasi komplett ums hlieenden Randbebauung zu keiner Ausformulierung von signikanten Kaltluftstromen, die uber das Gebiet selber von Be- deutung waren. Die in die westli h ans hlieenden Wohnviertel geri htete Stromung wird si h in der di hten Bebauung na h kurzer Zeit au osen, glei hes gilt fur die lei hte Ostkompo- nente der Stromung im mittleren Teil des Gebietes. Die ausgewiesenen Leitbahngebiete im Sudwesten tragen keine Dur hluftungsfunktion, da si h die Leitbahn aufgrund der angrenzen- den Bebauung ni ht weiter fortsetzt. Um die Auswirkungen der geplanten Bebauung auf die Dur hluftungssituation genauer zu betra hten, wurden zwei zusatzli he Simulationen uber das Gesamtgebiet dur hgefuhrt (vgl. Abbs hnitt 4.1, Seite 16). 2.4 " Stadtbauli her Rahmenplan Klimaanpassung: Anpassungskomplex Hitze\ (2015) Fur die Studie " Stadtbauli her Rahmenplan Klimaanpassung: Anpassungskomplex Hitze\ her- ausgegeben vom Stadtplanungsamt der Stadt Karlsruhe im Jahr 2015 gelten im Wesentli hen die glei hen Aussagen wie zur ExWoSt-Studie: Au h hier werden generelle Prinzipien zur Redu- zierung oder Vermeidung von innerstadtis hen Hitzebelastungen auf einer allgemeinen Ebene mit einzelnen Fallbeispielen aus Karlsruhe vorgestellt und diskutiert. 4 2 2.5 Zusammenfassung 2.5 Zusammenfassung Zusammenfassend lasst si h feststellen, dass einerseits grundsatzli he und groraumige Unter- su hungen uber das Klima im Berei h Stadt Karlsruhe sowie dem Umland existieren, anderer- seits Detailstudien zu Anpassungsmanahmen in ausgewahlten Gebieten in Karlsruhe dur h- gefuhrt wurden. Mikroklimatologis he Untersu hungen oder Sondermessungen im Berei h des Untersu hungsgebiets, speziell unter Verwendung der aktuellen Bebauungsplanung, konnten im Rahmen dieses Guta htens ni ht gefunden werden. Aus den grundlegenden Studien lasst si h ein Potential zur Kaltluftbildung im Berei h des NSG " Alter Flughafen Karlsruhe\ feststellen, das quantitativ im ubli hen Rahmen einer Frei a hemit wenig Baumbewu hs liegt. Allerdings fehlt im Gebiet eine einheitli h Hangneigung und dur h die fast komplett ums hlieende Umbauung konnen si h keine Luftleitbahnen mit ubergeordneter Bedeutung fur entfernter liegende Bebauungsberei he ausbilden. 5 3 3 Mikroklimasimulationen mit dem Modell ENVI-met 3.1 Das Modell ENVI-met 4.1 eXpert Das Modell ENVI-met (siehe u.a. Bruse 2007, Bruse und Fleer, 1998; www.envi-met. om) ist ein dreidimensionales ni ht-stationares Stromungs-Energiebilanzmodell zur Bere hnung des Mi- kroklimas und der Lufts hadstoverteilung in komplexen Umweltsituationen, wie beispielsweise das stadtis he Umfeld. Die physikalis hen Grundlagen des Modells basieren auf den Gesetzen der Stromungsme hanik (ni ht-hydrostatis he Navier-Stokes Glei hungen), der Thermodyna- mik (Energiebilanz von Ober a hen sowie Energieerhaltung in der Atmosphare) sowie weiteren spezis hen Teilmodulen wie z.B. des Strahlungstransfers, der Gebaudephysik oder der Biody- namik von P anzen. Abbildung 3.1: Grundkonzept des Mikroklimamodells ENVI-met Mit einer typis hen Au osung von 1 bis 5 Metern im Raum und 1 bis 5 Sekunden in der Zeit liegt das Haupteinsatzgebiet von ENVI-met in der Simulation des Mikroklimas in Stadten mit dem Fokus auf einzelnen Gebaude(-komplexen) oder Straenzugen.  Ubli herweise wird mit ENVI- met zumindest ein Zyklus von 24 Stunden Modellzeit simuliert, um ein realistis hes Aufwarmen und Abkuhlen der betra hteten Struktur sowie die Ausbildung der damit verbundenen Aus- taus hprozesse zu ermogli hen. Die in diesem Projekt zum Einsatz gekommene Version 4.1 7 3 Mikroklimasimulationen mit dem Modell ENVI-met eXpert ist fur die Simulation von komplexen Mikroklimasituationen in urbanen Raumen beson- ders geeignet, da sie folgende, zum Teil in der eXpert-Version exklusive, Fahigkeiten aufweist: Simulation des Warmehaushalts der Gebaude mit 7 Bere hnungspunkten in jedem Fassaden- und Da hsegment Neue, ho hau osende Bestimmung der Strahlungs usse Ein neues dreidimensionales Modell zur Bere hnung und Analyse der Vegetationsvitalitat unter Beru ksi htigung des dreidimensionalen Bodenwasserhaushaltes 3.2 Das Untersu hungsgebiet Zur Erstellung der ENVI-met Modellgebiete des Planungsgebietes und der angrenzenden Bebau- ung wurde im Wesentli hen auf die von der Stadt Karlsruhe im Shapele-Format bereitgestellt Geodaten zuru kgegrien. Die Digitalisierung der Vegetationsbestande wurde mit Luftbildern von GoogleEarth abgegli hen und gegebenenfalls erganzt. Die Planungssituation zur " Zukunft Nord\ wurde von der Stadt als AutoCad DWG Datei bereit- gestellt und ubernommen. Die Hohen der geplanten Gebaude waren in den Planungsunterlagen nur sto kwerkss harf angegeben. Die Planungsdaten unters hieden si h dabei in Details (z.B. Position der Bauwerke am Stadtteilplatz) von den Darstellungen in der bereitgestellten Vorlage Ergebnisprasentation Planungsauss hu 12. Mail 2016, wobei anzumerken ist, dass au h in dem letztgenannten Dokument ni ht alle Abbildungen kongruent sind. Die Verwaltung der Geodaten und die Erstellung der ENVI-met Modellgebiete erfolgte in dem Programm ENVI-met Monde. Abbildung 3.2 zeigt die Datenstruktur des Modells " Bestand\, Abbildung 3.3 das entspre hende Modell fur den Planfall. 3.3 Festlegung der Modellgebiete Mit a. 700 1600 Metern ist das Planungsgebiet zu gro fur eine ho hau osende mikroska- lige Untersu hung. Daher wurden das Untersu hungsgebiet fur die Detailuntersu hung in zwei Teilgebiete (Modellgebiet N / Modellgbebiet S) unterteilt. Beide Modellgebiete uberlappen si h einige Meter, um  Ubergangseekte zu minimieren. Das Modellgebiet Gro wurde zur Untersu- hung des Stromungsfeldes im Gesamtgebiet verwendet (vgl. Abbildung 3.4). Insgesamt wurden die Modellgebiete wie folgt festgelegt: Modellgebiet Gro (  Ubersi ht) Groe: 675 1610 m, Au osung xy : 6.0m , Gitterzahl: 113 269 Gitterpunkte Modellgebiet N (Detail) Groe: 450 m 600 m, Au osung xy : 3.0 m , Gitterzahl: 151 200 Gitterpunkte Modellgebiet S (Detail) Groe: 420 m 660 m, Au osung xy : 3.0 m , Gitterzahl: 141 221 Gitterpunkte Die Lage und Au osung der Modellgebiete fur den Bestand- und den Plan- Zustand sind iden- tis h. Der  Uberlappungsberei h zwis hen den Modellgebieten N und S betragt a. 80 Meter. Zur verbesserten Darstellung des Planungsgebiets sind die Modellgebiete um 8 Æ aus der Nord- ri htung gedreht. Abbildungstafeln 1 und 2 zeigen am Beispiel des Gesamtmodells die Verteilung der Gebaudehohen. 8 3 3.3 Festlegung der Modellgebiete Abbildung 3.2: Geodatenmodell BESTAND in ENVI-met Monde 9 3 Mikroklimasimulationen mit dem Modell ENVI-met Abbildung 3.3: Geodatenmodell PLAN in ENVI-met Monde 10 3 3.3 Festlegung der Modellgebiete Abbildung 3.4:  Ubersi ht uber die Modellgebiete 11 3 Mikroklimasimulationen mit dem Modell ENVI-met 3.4 Meteorologis he Rahmenbedingungen fur die Simulationsre hnung In Rahmen des vorliegenden Guta htens sollten die mikroklimatologis hen Rahmenbedingungen fur die Bestands- und Planungssituation fur einen typis hen warmen Sommertag untersu ht werden. 3.4.1 Windri htung und -ges hwindigkeit Bei der Auswahl der zu betra htenden Windri htung und -ges hwindigkeit ist bei der Unter- su hung sommerli her Ho hdru klagen zwis hen einer synoptis hen Windstromung und einem potentiellen katabatis hen Windsystem zu unters heiden. Abbildung 3.5: Mittlere Windri htungsverteilung im Juli an der Station Rheinstetten (Quelle: www.windnder. om) Die synoptis he Windstromung gibt als ubergeordneter Hohenwind sowohl die Windri htung als au h die Referenzwindges hwindigkeit vor. Die Abnahme der Winds hwindigkeit mit der Hohe erfolgt dann in Abhangigkeit von thermis her S hi htung und Bodenrauigkeit gema der logarithmis hen Regel u(z) = u r ln(z=z 0 ) ln(z r =z 0 ) H wobei z die betra htete Hohe der Windges hwindigkeit u(z) ist, z 0 steht fur die Rauigkeitslange der Ober a he, z r ist die Referenzhohe und u r die Windges hwindigkeit in dieser Hohe. H ist eine Skalierungsfunktion zur Beru ksi htigung der thermis hen S hi htung. Katabatis he Windsysteme hingegen basieren auf Temperatur- und Di hteunters hieden der bodennahen Luftmassen und sind unabhangig vom ubergeordnetenWindfeld. Voraussetzung fur ihre Entstehung sind neben einer generellen austaus harmen Wetterlage signikante Tempera- turunters hiede zwis hen der " kalten\ Luft und der Umgebungsluft und, im Fall der na htli hen Kaltluftab usse, ein ausrei hend starkes und einheitli hes Gefalle der Bodenober a he. Die Untersu hungen in diesem Guta hten gehen von dem Vorliegen einer s hwa hen, aber ge- ri hteten synoptis hen Windstromung mit einer fur die Sommermonate typis hen Windri htung aus den Sektoren um Sudwest aus (vgl. Abbildung 3.5). 12 3 3.4 Meteorologis he Rahmenbedingungen fur die Simulationsre hnung Zusatzli h zu den allgemeinen Untersu hungen wurde die Auswirkung der Bebauungsmanah- me auf das Stromungsfeld eines angenommenen sudwartsgeri hteten Kaltluftab usses (vgl. Abbildung 2.1) untersu ht. Hierbei wurde das gesamte Planungsgebiet mit der Umgebung in einem groen Modellgebiet untersu ht. 3.4.2 Lufttemperatur und -feu hte Die Festlegung der Lufttemperatur und relativen Feu hte am Modelleinstromrand ist, soweit keine Extremwerte angenommen werden, fur die Simulation kein sensibler Parameter, da die Modellergebnisse uber einen relativ breiten Werteberei h linear skalieren, dass heit, das Ver- halten des Mikroklimasystems ist bei angenommenen 25 Æ C ni ht anders als bei 30 Æ C, ledigli h die Temperaturverteilung zeigt einen Oset von 5 Kelvin. Abbildung 3.6: Tagesgang Lufttemperatur und relative Feu hte fur die Modellsimulationen Der Tagesgang der Lufttemperatur und Luftfeu hte wurde mittels des sogenannten Simple- For ings auf Stundenbasis fur das 2 Meter Niveau im Modelllauf vorgegeben (vgl. Abbildung 3.6). 3.4.3 Bodentemperatur und -feu hte Fur die Verteilung der Bodentemperatur und -feu hte wurden mittlere Werte einer typis hen Sommersituation angenommen. Fur die Bodentemperatur wurde eine einheitli he Temperatur von 19,85 Æ C und fur die Bodenfeu hte eine nutzbare Feldkapazitat u von 50 % in der obersten Bodens hi ht und von 60 % in allen anderen Bodens hi hten angenommen. Die nutzbare Feldkapazitat ist vereinbarungsgema deniert als: u = f wilt wobei f der Wassergehalt des jeweiligen Bodenmaterials bei Feldkapazitat ist (maximale Sattigung bevor Wasser in untere Bodens hi hten abgegeben wird) und wilt der minimale Wassergehalt des Bodens ist, den P anzen benotigen, um den Bodenporen uber die Wurzeln Wasser entziehen zu konnen. 13 3 Mikroklimasimulationen mit dem Modell ENVI-met Beide Werte reagieren im Modellauf s hnell auf die jeweiligen Standortbedingungen. Dur h die Auswahl einer mittleren Bodenfeu hte entspre hen die Simulationsergebnisse einer som- merli hen Witterungslage mit vereinzelten Nieders hlagen in den vergangenen Wo hen. Zur Simulation des Mikroklimas unter der Annahme einer langeren Hitze- und Durreperiode sind sie jedo h ni ht geeignet. 3.4.4 Zusammenfassung der meteorologis hen Rahmenbedingungen Datum: 20.07. Bewolkung: keine Windges hwindigkeit und {ri htung: Hauptanalysen: 1.5 m/s aus Sudwest in 10 m uber a hem Gelande, Kaltluftanalyse: 0.8 m/s aus Nord in 10 m Lufttemperatur: Maximum 30.00 Æ C um 16:00 Uhr, Minimum 14.98 Æ C um 06:00 Uhr in 2 m Hohe Relative Luftfeu hte: Maximum 70.00% um 06:00 Uhr, Minimum 40.00% um 16:00 Uhr in 2m Hohe Bodenbedingungen: Bodentemperatur: 19.85 Æ C in allen S hi hten, Relative Bodenfeu hte: 50% (0{20 m), 60% (alle anderen S hi hten) 14 4 4 Simulationsergebnisse In den na hfolgenden Abs hnitten werden die unters hiedli hen Untersu hungsaspekte der Si- mulationsre hnungen zu " Zukunft Nord\ vorgestellt. Die Referenzen zu den Abbildungen beziehen si h hierbei auf die ganzseitigen Abbildungstafeln im Anhang. Die Abbildungen mit dem Index " a\ zeigen dabei jeweils den nordli hen Teil des Untersu hungsgebiets, wahrend die Abbildungen mit dem Index " b\ analog den sudli hen Teil darstellen. Da das Untersu hungsgebiet in zwei Teilgebiete zerlegt werden musste, sollten der untere Randberei h des nordli hen Modellgebiets ni ht interpretiert werden, da hier der Eins hwing- berei h des Modells liegt. Die Planungsberei he in diesem Rand sind im sudli hen Modellgebiet ebenfalls vorhanden und konnen dort interpretiert werden. Abbildung 4.1: Randberei h des nordli hen Modellgebiets (grau), der ni ht interpretiert werden sollte. 15 4 Simulationsergebnisse 4.1 Analyse des Stromungsverhaltens der Kaltluft (Na ht 02:00) Unter Verwendung des groen Modellgebietes wurde untersu ht, inwieweit die beabsi htigte Bebauung einen potentiellen Kaltluftab uss aus nordli her Ri htung beein usst. Hierbei wird die Kaltluftstromung modellte hnis h als eine langsame synoptis he Windstromung angenom- men, so dass Produktions- und Au osungseekte ni ht abgebildet werden konnen. Die Reduzie- rung der Stromungsges hwindigkeit sowie eventuelle Umleitungseekte konnen jedo h hiermit analysiert werden. Abbildungstafel 3 zeigt das Stromungsfeld fur den Bestandsfall, , hier angenommen fur denBestand Zeitpunkt 02:00 1 . Die Einzelbebauung im Norden ist bereits ein signikantes Hindernis fur eine von Norden heran- getragene Kaltluft, dass weit uber die West-Ost Ausdehnung des Untersu hungsgebiets hinaus- rei ht. Diese Bebauungsstruktur ma ht es unwahrs heinli h, das Kaltluftvolumina, die auer- halb des Untersu hungsgebiets produziert wurden, uber eine Luftleitbahn in das Gebiet hinein transportiert werden. Ledigli h in der Mitte des Untersu hungsgebiets, in der Verlangerung der A hse Erzbergerstrae sowie in der Erzbergerstrae selber, ist das Potential einer s hmalen dur hgangigen Luftleitbahn erkennbar. Somit verbleibt als Kaltluftquelle das Untersu hungsgebiet selber, genauer, die Frei a he des al- ten Flugplatzes. Im Bestandsfall wird die Kaltluftproduktions a he dur h die Bestandsbebauung im nordli hen Teil sowie entlang der Erzbergerstrae reduziert. Dur h die sudwartsgeri htete Komponente der Kaltluft einerseits und dur h die riegelhafte Bebauung entlang der Erzberger- strae kommt es zu keinen Austaus hprozessen zwis hen der Frei a he des alten Flugplatzes und der Bebauung im Osten. Ein relevantes Eindringen der Kaltluft in bebaute Gebiete kann daher nur am sudli hen Ende des NSG beoba htet werden. In Abbildungstafel 4 ist analog das Stromungsfeld der Kaltluftstromung fur den PlanungsfallPlan dargestellt. Dur h die Erweiterung der Bebauung in das Gebiet des alten Flugplatzes hinein, wird innerhalb der neuen Bebauung die sudwartsgeri htete Stromung modiziert. Dur h die Bebau- ungsstruktur kommt es jedo h zu keiner grundlegenden Veranderung der Stromungsri htung, weder auf dem Gebiet des NSG, no h im Berei h der Erzbergerstrae oder der na h Osten ans hlieenden Bebauung. Das Eindringen der Stromung in die sudli h ans hlieenden Gebie- te wird dur h die Manahme ni ht modiziert, die Veranderungen bes hranken si h auf das eigentli he Planungsgebiet. Tafel 5 zeigt verglei hend die Dierenzen der Windges hwindigkeit in 1.8 Meter uber Grund.Veranderung Hier wird no hmals deutli h, dass si h die Veranderung im Stromungsverhalten auf den eigent- li hen Planungsberei h bes hranken. 4.2 Windfeldbere hnungen fur die Bestandssituation und Planungsvariante Die ho hau osenden Windfeldbere hnungen fur den Bestand und die Planungsvariante gehen von einer synoptis h induzierten Windstromung aus Sudwest mit einer Windges hwindigkeit von 1.5 m/s uber freiem Grund aus. Die Untersu hungen wurden jeweils fur die Tagsituation (14:00 Uhr) und die Na htsituation (04:00 Uhr) dur hgefuhrt. 1 Da in dieser Modellierung keine Produktion oder Au osung von Kaltluft explizit modelliert wurde ist die Uhrzeit der Betra htung im Prinzip irrelevant 16 4 4.3 Analyse der Lufttemperatur fur die Bestandssituation und Planungsvariante 4.2.1 Windfeld Tagsituation 14:00 In Abbildungstafel 6 a/b ist das Stromungsfeld in der Bestandsbebauung um 14:00 Uhr Bestand Mittags dargestellt. Die Bebauungsstruktur im nordli hen Randberei h des alten Flugfeldes ist aerodynamis h undierenziert und lasst die nordostwarts geri htete Stromung mit nur geringen Modikationen passieren. An den Gebauderandern kommt es teilweise zu Dusenwirkungen, die si h allerdings auf den Nahberei h des Gebaudes bes hranken. Die Riegelbebauung im Berei h der DHBW Ho hs hule sowie das angrenzende Air raft-Phillip Gebaude blo kieren die Stromung. Es kommt zu winds hwa hen Zonen insbesondere in den Hofberei hen der Ho hs hule sowie zu starken Duseneekten zwis hen den beiden Gebauden und an den Kanten der Ho hs hule. Abbildungstafel 7 a/b zeigt die Ergebnisse der Windfeldsimulation fur den Planungszustand Planung um 14:00 Uhr. Generell ist die Windstromung innerhalb der geplanten Bebauung stark reduziert mit Werten um 0.5{0.6 m/s, was 50 bis 60% der ursprungli hen Windges hwindigkeit ent- spri ht. Eindeutige Beluftungsa hsen lassen si h in der geplanten Struktur ni ht identizieren. Die hierfur potentiell geeigneten Parkfenster kommen dieser Funktion bei der angenommenen sudwestli hen Anstromung ni ht na h, da ihre A hsen West-Ost ausgeri htet sind und dur h die aufgelo kerte Bebauung am Rand keine Umlenkung des Windes erfolgt. Teilweise kommt es bei der geplanten Bebauung zu Duseneektenan den Gebaudekanten. Insbesondere bei den Zugangen zum geplanten Stadtteilplatz sind diese Eekte zu beoba hten. Groere Problemberei he, die verandert werden sollten, lassen si h in der vorliegenden Wind- feldstudie ni ht erkennen. Die Thematik der Dur hluftung des Planungsgebiets wird bei der Analyse der Lufttemperatur no hmals aufgenommen. 4.2.2 Windfeld Na htsituation 04:00 Bei einem synoptis h angetriebenen Windfeld besteht der wesentli he Unters hied zu dem Tageswindfeld in der veranderten Stabilitat der Atmosphare. Dur h eine weniger labile bezie- hungsweise im bodennahen Berei h gegebenenfalls stabile S hi htung ist der vertikale Aus- taus h reduziert, was si h in etwas geringeren Windges hwindigkeiten als wahrend des Tages bemerkbar ma ht. Die generelle Struktur des Windfeldes hinsi htli h der Windri htung und der relativen Verteilung der Windges hwindigkeit ist jedo h glei h. Die Abbildungstafeln 8 a/b sowie 9 a/b zeigen das Windfeld fur die Bestandssituation und das Planungsszenario fur 04:00 Uhr. Die Analysen und Aussagen fur die Na htsituation sind aufgrund der obenstehenden Rahmenbedingungen analog zur Tagesituation. 4.3 Analyse der Lufttemperatur fur die Bestandssituation und Planungsvariante Analog zu der Analyse des Windfeldes erfolgt die Betra htung der bodennahen Lufttemperatur fur die Tagessituation (14:00 Uhr) sowie fur die Na htsituation (04:00 Uhr). Die vertikale Verteilung der Lufttemperatur am Einstromrand (hier: links und unten) wird dur h eine eindimensionale Losung der Temperaturglei hungen erzeugt, wobei als Bodentemperatur eine uber alle Zellen des Modellgebiets gemittelte Temperatur verwendet wird. Die Temperatur der einstromenden Luft hangt hierdur h zu Teilen von dem Modellgebiet selber ab, wodur h  Anderung im Modell au h  Anderungen in der einstromenden Lufttemperatur zur Folge haben. Daher sollten einerseits die Zellen direkt an den Einstromrandern ni ht interpretiert werden, da si h dort die Temperaturverteilung an die lokalen Modellgegebenheiten anpasst. Anderer- seits kann es sein, dass bei einem direkten Verglei h der Lufttemperaturen ein gegebenenfalls vorhandener Oset der Einstromtemperatur korrigiert werden muss. 17 4 Simulationsergebnisse 4.3.1 Lufttemperatur Tagsituation 14:00 Abbildungstafel 10 a/b zeigt die Verteilung der Lufttemperatur in 1.8 m Hohe um 14:00 UhrBestand fur die Bestandssituation. Der vorgegebene groskalige Referenzwert fur 14:00 Uhr war mit 27 Æ C in 2 m Hohe u.G. angesetzt. Im Berei h der Frei a he des NSG " Alter Flughafen\ ent- spri ht diese angenommene Temperatur au h der si h einstellenden Glei hgewi htstemperatur, di hte Baumbestande reduzieren die Lufttemperatur lokal um -0.5 bis -0.8 K. Im sudli hen Teilgebiet liegen die warmsten Zonen im Berei h der Erzbergerstrae und in der Nahe des Air raft-Phillip Gebaudes (um die 28 Æ C). Die halboenen Hofberei he der ostli hen Randbebauung zeigen si h hingegen mit 26 bis 26.5 Æ C etwas kuhler. Im nordli hen Teilgebiet wird die Verteilung der Lufttemperatur stark dur h die Bestandsbe- bauung, Bodenversieglung sowie fehlende Vegetation am ostli hen Rand des alten Flugfel- des beein usst. Die warmen Berei he zwis hen den Gebauden zeigen Werte von 28 Æ C, wobei dur h die Bestandsvegetation immer wieder kuhlere Berei h eingestreut werden. Dur h die Windstromung aus Sudwest wird erwarmte Luft auf den nordli hen Teil der Erzbergerstrae transportiert, so dass hier die Lufttemperatur generell hoher liegt als im sudli hen Berei h des Straenzuges. Die Randbebauung im Osten zeigt anlog zum sudli hen Teilgebiet das glei he Verteilungsmuster mit etwas kuhleren Berei hen in den halboenen Hofzonen. In der Abbildungstafel 11 a/b ist die Verteilung der Lufttemperaturen um 14:00 Uhr fur denPlan Planungsfall dargestellt. Im Berei h der verbliebenen Frei a he des alten Flughafens zeigen si h die Temperaturen unverandert, wobei si h die geplanten Baume und Grun a hen entlang des Parksaums und des Parkfensters dur h Verringerungen der Lufttemperatur um -0.5K bemerkbar ma hen. Innerhalb der geplanten Bebauung ma ht si h die aufgelo kerte Bebauung mit den gestreu- ten S hattenmustern sowie der grozugige Einsatz von Vegetation positiv dur h ausgegli hene Temperaturen um die 27 Æ C bemerkbar. Vereinzelt nden si h Berei he mit etwas hoheren Lufttemperaturen, beispielsweise sudwestli h des Jugend lubs, die Zusammen mit der biome- torologis hen Bewertung betra htet werden sollten. Die Lufttemperatur im nordli hen Berei h der Erzbergerstrae ist im Verglei h zur Bestandssi- tuation weniger warm, da der Zustrom erwarmter Luft aus dem versiegelten Teil der Bestands- bebauung dur h die Vielzahl von Baumen reduziert wird. 4.3.2 Lufttemperatur Na htsituation 04:00 Die Verteilung der Lufttemperatur wahrend der Na ht ist eine Konsequenz aus den unter- s hiedli hen Energieeintragen wahrend des Tages, den verwendeten Materialien sowie der Dur hluftung des Gebiets. Die Zeit um 04:00 Uhr kann hierbei reprasentativ fur die Verteilungs- muster in der Na ht angesehen werden, wobei die lokalen Abkuhlungsraten im na hfolgenden Abs hnitt no hmals einzeln betra htet werden. Die angenommene Referenztemperatur fur die Antromung wurde mit 17.13 Æ C festgesetzt. In der Bestandssituation (Abbildungstafel 12 a/b) lasst si h deutli h der Temperaturunter-Bestand s hied zwis hen dem freien Gelande des NSG " Alter Flughafen\ und der versiegelten Berei- he erkennen.  Uber der Frei a he betragt die Lufttemperatur um die 17.5 Æ C wahrend sie im nordli hen Teil der Bebauung auf Werte bis zu 20 Æ C ansteigt. Die Warmefahnen der Ober- a hen folgen der Windri htung und erwarmen si h beim  Uberstrei hen weiterer warmer Ober- a hen weiter. Im unteren Teil des nordli hen Modellgebiets wird daher dieser advektive Eekt entlang der Straena hse etwas unters hatzt. Wahrend der relativ groe Abstand zwis hen den Baukorpern der Bestandsbebauung auf dem al- ten Flugfeld wahrend des Tages zu einem hoher Strahlungssumme und somit hohen Temperatu- ren fuhrte, ist er in den Na htstunden gunstig. Zwar ist das Bestandsgebiet warmer als die Frei- a he, aber dur h die gute Dur hstrombarkeit der Bebauung sind deutli he Abkuhlungseekte 18 4 4.4 Bioklimatologis he Analyse dur h die kuhle Fris hluft erkennbar. Ledigli h im nordli hsten Abs hnitt der Erzbergerstrae und den Bestandsgebauden staut si h die Warme mit Lufttemperaturen bis zu 20 Æ C (+2.5K Erwarmung). Die thermis he Situation fur den Planungsfall (Abbildungstafel 13 a/b) stellt si h deutli h Plan anders dar als die Bestandssituation. Wie bereits in Abs hnitt 4.2, S. 16, dargestellt, sind in der geplanten Bebauung keine klaren Dur hluftungsa hsen erkennbar, insbesondere ni ht fur die hier betra htete sudwestli he Windri htung. Daher kommt zu einer Anstauung der Warme im gesamten Planungsgebiet mit Ausnahme der westli hen aueren Bebauungsreihen. Die Luft- temperatur im Planungsgebiet liegt zwis hen 19.5 und 20 Æ C und somit +2 bis +2.5K uber der Temperatur der anstromenden Luft (vgl. ebenfalls Abbildungstafeln 14 a/b). Der gro- a hige Besatz mit Straenbaumen verstarkt diesen Eekt weiter, da dur h den Kronenraum die langwellige Ausstrahlung der Ober a hen reduziert wird. Die veranderte Bebauungssituation beein usst ebenfalls die Riegelbebauung ostli h von der Erzbergerstrae. In den bereits erwahnten halboenen Hofen steigt die Temperatur in der Folge der Advektion warmerer Luft um bis zu +0.5K 4.3.3 Na htli he Abkuhlungsdynamik des Gebiets 22:00 Wahrend die vorangehenden Abs hnitte die raumli hen Verteilung der Lufttemperatur zu einem Zeitpunkt betra htet haben, erlaubt die Analyse der Abkuhlungsraten (Abbildungstafeln 15 a/b sowie 16 a/b) einen Einbli k in die zeitli he Dynamik der Lufttemperatur. Dargestellt ist jeweils die Abkuhlungsrate der Lufttemperatur um 22:00 Uhr in Kelvin pro Stunde. Der Zeitpunkt von 22:00 Uhr ist interessant fur die Beurteilung, da hier fur viele Mens hen der Na hts hlaf beginnt und sie somit besonders sensibel gegenuber erhohten Lufttemperaturen reagieren. Generell sind die Muster von Lufttemperatur und Abkuhlungsrate zwar ahnli h, die Abkuhlungsrate lasst aber die Wirkung von kuhlender Fris hluft bzw. deren Fehlen no h deut- li her erkennen. So kann man beispielsweise fur den Bestandsfall sehr gut das Eindringen und die kuhlende Wirkung der Fris hluft vom alten Flugfeld in die Bebauung erkennen und des- sen Rei hweite abs hatzen. Fur den Fall der Planungsvariante lasst si h so eine Eindringtie- fe und Kuhlwirkung der Fris hluft von maximal a. 100 m erkennen, dana h nahert si h die Abkuhlungsrate dem Wert von -0.7 K/h an, der um 22:00 Uhr in den verdi hteten Berei hen vorherrs ht. 4.4 Bioklimatologis he Analyse Das Ziel einer bioklimatologis hen Analyse ist es, das Zusammenwirken der vers hiedenen kli- matologis hen Parameter (Sonnenstrahlung, Lufttemperatur, Wind, Feu hte) auf den mens h- li hen Organismus und das daraus resultierende thermis he Empnden zu quantizieren. Dieser Prozess ist allerdings komplex, da einerseits die unters hiedli hen Klimaparameter glei hzeitig auf den Mens hen einwirken und si h verstarken oder aber neutralisieren. Andererseits lasst die rein physikalis he Bewertung von Energie ussen nur bedingt Ru ks hlusse uber die hieraus resultierende thermis he Wahrnehmung des Mens hen zu. In der Humanklimatologie oder Bioklimatologie wird deshalb versu ht, die Zusammenhange zwis hen den physikalis hen Prozessen an der S hnittstelle Mens h-Umwelt und dem subjekti- ven Wohlbenden zu parametrisieren. Hierzu sind in der Vergangenheit vers hiedene mehr oder minder komplexe Indikatoren entwi kelt worden, mit deren Hilfe eine Bewertung des Mikrokli- mas vereinfa ht werden soll (vgl. z.B. VDI 3787). Wennglei h fast alle komplexeren Methoden auf dem glei hen Grunds hema basieren, namli h der Bere hnung der Energiebilanz des Mens hen ausgedru kt dur h seine Hauttemperatur und 19 4 Simulationsergebnisse Korperkerntemperatur, so gibt es denno h eine ganze Reihe miteinander konkurrierender Pa- rameter. Die Diskussion, wel her Indikator am besten geeignet ist fur eine bioklimatologis he Analyse wird oft kontrovers gefuhrt, obwohl bei objektiver Betra htung die bere hneten Ergeb- nisse zwar in ihrer Einheit dierieren, aber nur wenig in ihrem Aussagegehalt. Fur diese Untersu hung wurde der Parameter PET ( " Physiologis he  Aquivalent- temperatur\) fur die Bewertung verwendet (vgl. VDI 3787). PET ist bei der Bewertung des Auenklimas ni ht nur der weltweit am haugsten eingesetzte Indikator, er ist zudem sehr trans- parent und physikalis h analog zu den etablierten Verfahren zur Bestimmung der Energiebilanz des Mens hen in Innenraumen. Generell ist PET deniert als die Lufttemperatur eines (theo- retis hen) typis hen Innenraums, die zu der glei hen stationaren Haut- und Kerntemperatur fuhren wurde wie die betra htete Auensituation. 4.4.1 Funktionsweise von PET PET ist ein statis her bioklimatologis her Indiktor fur das Temperaturempnden des Mens hen. " Statis h\ bedeutet hierbei, dass angenommen wird, dass si h der Organismus des Mens hen in einem stationaren energetis hen Glei hgewi htszustand hinsi htli h der Kernparameter Haut- temperatur, Kerntemperatur und S hweirate bendet. Bis si h ein sol her stationarer Endzustand einstellt, konnen 5 bis 20 Minuten vergehen, je na hdem wie stark die Ausgangsverfassung des jeweiligen Mens hen und das Mikroklima, dem er ausgesetzt ist, dieriert. PET ist somit vor allem geeignet, um das thermis he Empnden von Mens hen zu bewerten, die eine gewisse Zeit an einem Ort verweilen. Fur si h bewe- gende Mens hen ist PET ni ht geeignet, da der Ein uss des Mikroklimas am jeweiligen Ort ubers hatzt wird. Die Bewertung von si h bewegenden Personen ist erhebli h komplexer, da hier ni ht nur die Eigens haften des lokalen Mikroklimas beru ksi htigt werden mussen, sondern au h die instationaren Vorgange am einzelnen Mens hen und seine Bewegungsmuster dur h das Untersu hungsgebiet. In diesem Projekt wurde die Implementierung von PET in ENVI-met BioMet 1.0 verwendet, die gegenuber der Originalversion na h Hoppe (1999) aus VDI 3787 einige Fehlerkorrekturen aufweist. Zur Bestimmung von PET wird zuna hst die Energiebilanzglei hung des Mens hen fur die Auensituation gelost. Als Ergebnis erhalt man als relevante Kennwerte fur den thermis hen Zustand des Mens hen unter anderem die mittlere Hauttemperatur die Korperkerntemperatur die aktuelle S hweirate Die zu bewertende Auensituation wird uber die Parameter Windges hwindigkeit Lufttemperatur Luftfeu hte Strahlungstemperatur deniert. Die Strahlungstemperatur ist eine theoretis he Temperatur, die den Ein uss von Sonnenstrah- lung und Warmestrahlung auf das thermis he Empnden des Mens hen parametrisiert. Zur Ta- geszeit ist die Strahlungstemperatur der wi htigste Parameter bei der Bestimmung von PET, alle anderen Faktoren treten weit in den Hintergrund. 20 4 4.4 Bioklimatologis he Analyse Der Mens h selber wird dur h seine Kopereigens haften, sein Ges hle ht, seine Aktivitat sowie seine Bekleidung deniert. Letztere wird uber den lo-Wert parametrisiert, der einem thermi- s hen Widerstandswert entspri ht. Fur die Simulationen in diesem Projekt wurde von einer lei hten Sommerbekleidung (tagsuber lo= 0.5, abends lo=0.9) ausgegangen. Die ubrigen Einstellungen entspre hen den Standardannahmen na h VDI 3787 bzw. ISO 7730 und sind na hfolgend dargestellt. Abbildung 4.2: Einstellungen zur Denition der personli hen Parameter fur die PET Bere h- nung in ENVI-met BioMet Na hdem der thermis he Zustand des Modellmens hen fur die Auensituation bestimmt ist, wird der so denierte Mens h in eine standardisierte Innenraumsituation mit 0.1 m/s Wind und keiner Sonnenstrahlung ubertragen. In einem na hsten Re henprozess wird nun jene Innen- raumtemperatur iterativ gesu ht, bei der si h die glei he Hauttemperatur und Kerntemperatur einstellen wurde, wie sie fur den Auenberei h bestimmt wurde. Das Ergebnis dieses iterativen Verfahrens { die theoretis he Innenraumtemperatur { ist der PET-Wert. 4.4.2 Interpretation von PET Der PET-Wert ist, wie viele andere Indikatoren (z.B. Wind-Chill, Gefuhlte Temperatur), der Versu h eine komplexe Auenraumbedingung in eine verstandli here Innenraumsituation zu transferieren. Abbildung 4.3 verans hauli ht eine typis he Klassizierung von PET und dem Warmeempnden des Mens hen fur einen mitteleuropais hen Mens hen. Die hier eingetragenen PET-Grenzwerte sind jedo h nur als Orientierung zu verstehen. Sie va- riieren uber die Sommersaison und sie unters heiden si h regional. Zudem ist die PET Skala na h oben und unten oen und kann dur h weitere Attribute wie " extrem hei\ oder " extrem kalt\ frei erweitert werden. Wie bei allen Modellergebnissen ist vor allem die raumli he Vertei- lung der Werte und deren Veranderungen dur h Planungsmanahmen relevanter als der exakte numeris he Wert von PET. 4.4.3 Analyse der bioklimatologis hen Modellergebnisse Die Analyse der bioklimatologis hen Bedingungen im Untersu hungsgebiet erfolgt fur die Uhr- zeiten 15:00 Uhr und 22:00 Uhr. Die 15:00 Uhr Werte reprasentieren die Hitzebelastung wahrend des Tages, wobei die Uhrzeit einen Kompromiss zwis hen maximalem Sonneneintrag (13:00 Uhr) und maximaler Lufttemperatur (16:00 Uhr) darstellt. 21 4 Simulationsergebnisse Abbildung 4.3: Warmeempnden in der PET Skala Die abendli he Situation wird dur h den 22:00 Uhr Wert reprasentiert. Dieses ist die Uhrzeit, ab der im allgemeinen die Nutzung des Auenraums stark abnimmt und die gut die Verhaltnisse na h Sonnenuntergang bis zum Ende der angenommenen Auenraumnutzung reprasentiert. 4.4.4 Biometeorologis he Situation Tag (15:00 Uhr) Abbildungstafel 17 a/b zeigt die Verteilung der PET fur die Bestandbebauung um 15:00 Uhr.Bestand Hierbei dierenzieren si h die dur h Gebaude und Baume bes hatteten Berei he (PET um 30 Æ C, Empnden lei ht warm) von denen, die unbes hattet sind (PET im Mittel 44 bis 48 Æ C, Empnden hei bis sehr hei). Innerhalb dieser Zonen sind feinere Dierenzierungen dur h die Windstromung und die Lufttemperatur zu beoba hten. Deutli h erkennen lassen si h die baumbestandenen halboenen Hofe der Riegelbebauung im Osten der Erzbergerstrae, die bereits bei der Diskussion der Lufttemperatur als kuhlere Zonen herausgestellt wurden. Im Berei h des sudli hen Abs hnittes des alten Flugfeldes liegen die PET Werte dur hweg im heien Berei h, da hier quasi keine Baume als S hattenspender existieren. Im nordli hen Berei h des Flugfeldes existieren zwar mehr Baume, aber die heien Berei he dominieren au h hier. In der Nahe von Gebauden, insbesondere im Berei h der DHBW Ho hs hule sind aufgrund von fehlendem Luftaustaus h und Re ektionen von den Gebaudewanden sehr heie Zonen zu nden. In der Planungssituation (Abbildungstafel 18 a/b) wird dur h die S hattenberei he die groePlan Zahl und glei hmaige Verteilung von Baumen (Feldahorn) uber das Planungsgebiet deutli h. 2 Groere Berei he mit starker Hitzebelastung sind im Planungsgebiet ni ht zu erkennen. Al- lerdings weist die Abbildung einzelne Stellen aus, bei denen dur h lei hte Veranderungen der Baumplazierungen Verbesserungen errei ht werden konnten. Ungunstige Berei he sind au h hier die westli hen Gebaudeberei he der Ho hs hule, da hier keine Planungsanderungen vorge- nommen wurden. 2 Allerdings geht diese Verteilung von einer Baumgroe von 12 Metern aus, die im Allgemeinen erst na h einigen Jahren errei ht sein wird 22 4 4.4 Bioklimatologis he Analyse Der Berei h um den Jugend lub weist zwar lei ht erhohte Lufttemperaturen auf, wir aber dur h die S hattenwirkung der Baume ges hutzt, so dass au h hier die PET in den meisten Berei hen im warmen Berei h liegt. 4.4.5 Biometeorologis he Situation Abend (22:00 Uhr) Die Verteilung von PET na h Sonnenuntergang ist wesentli h sensibler gegenuber kleineren Veranderung der Umwelt als wahrend der Tagesstunden. Ab dem Untergang der Sonne do- minieret neben der Lufttemperatur und der Windstromung vor allem die lokale langwellige Strahlungsbilanz die Verteilung von PET. Insbesondere grokronige Baume oder di ht beiein- ander stehende Baume konnen die langwellige Ausstrahlung des Bodens reduzieren und die Warme so unter dem Kronenda h halten (Biergarteneekt). Die Verteilung der PET-Werte Abbildungstafel 19 a/b um 22:00 Uhr zeigt, das alle Wer- Bestand te innerhalb der sehr groen PET Klasse " komfortabel\ liegen. Allerdings kann diese Klasse nur bedingt die Aufenthaltsqualitat im Freiraum abbilden, insbesondere ni ht in den Sommer- monaten, in denen man die Auenberei he in den Abendstunden bei nur maiger oder keiner Bewegung nutzen mo hte. Daher konnen die PET-Werte fur die Abendsituation dahingehend interpretiert werden, dass PET Werte um a. 21 Æ C eine Nutzung des Auenraums ohne oder mit nur lei hter zusatzli her Bekleidung (Ja ke, Pullover) zulassen und positiv zu bewerten sind. Werte unter 20 Æ C konnen hingegen vor allem auf langere Dauer als zu kuhl empfunden werden. Im Falle der Bestandsbebauung fallen insbesondere wieder die halboenen Hofe der ostli hen Bebauung der Erzberger Strae auf. Dur h den Baumbestand wird hier ein angenehmes Biokli- ma mit lei hten Variationsmogli hkeiten ges haen. Des Weiteren zei hnet si h der Mittelstrei- fen der Strae dur h seinen di hten Baumbestand als angenehm temperiert aus, wennglei h eine Aufenthaltsfunktion dort unwahrs heinli h ist. Die Bestandsbebauung im nordli hen Teil des alten Flugfeldes zeigt tendenziell kuhlere PET- Werte, wobei si h hier vereinzelte Baumeekte oder Fassadenwarmestrahlung lokal bemerkbar ma hen. Die bereits erwahnte gute Dur hstrombarkeit und damit Abkuhlung des Gebiets re- sultiert hier letztendli h in kuhleren Bedingungen. Im Planungsfall (Abbildungstafel 20 a/b) lasst si h wiederum die gro a hige Verteilung der Plan Baume und deren Eekt auf den Strahlungshaushalt der Ober a he und damit Erhohung der PET-Werte erkennen. Ledigli h in den Berei hen der Parkfenster wird es dur h die eindringende Fris hluft etwas kuhler mit PET-Werten um und unter 19 Æ C. Die bereits diskutierte reduzierte Abkuhlung des Gebietes, hervorgerufen dur h die geringe Dur hstrombarkeit und in den Na htstunden dur h die Abs hirmung dur h den Baumbestand, fuhrt hier letztendli h zu einer im Auenberei h thermis h angenehmeren Situation. Hiervon protieren allerdings nur jene Mens hen, die planen, si h um diese Uhrzeit im Auenberei h aufzuhalten. 23 5 5 Zusammenfassung und Planungsempfehlungen Das vorliegende Guta hten untersu ht die mikroklimatologis hen Bedingungen im Berei h des stadtebauli hen Entwi klungsprojekts " Karlsruhe Zukunft Nord\ dur h numeris he Modellre h- nungen mit dem Modell ENVI-met 4.1 eXpert. Hierzu wurde einerseits die Bestandssituation (2016) analysiert, andererseits wurden die Auswirkungen der beabsi htigten Bebauung des Ge- biets auf der Basis des aktuellen Rahmenplans untersu ht. Im Hinbli k auf die Kaltluftproduktion und Kaltluftleitung kann festgestellt werden, dass das Untersu hungsgebiet selber dur h die oene Fla he des NSG " Alter Flugplatz\ ein min- destens mittleres Kaltluftbildungspotential hat, diese Kaltluft aber dur h eine fehlende kla- re Fla henneigung sowie die fast dur hgangig ges hlossene Randbebauung ni ht transportiert werden kann. Potentielle Kaltluftstromungen aus nordli hen Ri htungen werden dur h die ge- plante Bebauung ni ht signikant gestort, da bereits in der Bestandssituation dur hgangige Luftleitbahnen fehlen. Dur h den relative groen Gebaudeabstand der Bestandsbebauung am Rande des alten Flugfel- des ist der Berei h westli h der Erzbergerstrae gut beluftet. Allerdings fuhrt der groe Abstand und der sparli he Vegetationsbestand au h zu einer starken Erwarmung wahrend des Tages. Dur h die geplante Bebauung verandert si h vor allem die Beluftungssituation innerhalb der neuen Bebauung selber. Hier fehlen dur hgangige Luftleitbahnen fur die vorherrs hende som- merli he Windri htung aus Sudwesten. Dur h die zahlrei hen Baume und deren S hattenwurf ist die Hitzebelastung wahrend des Tages innerhalb der neuen Bebauung reduziert. Wahrend der Na htstunden ma ht si h die fehlende Luftdur hlassigkeit in einer  Uberwarmung des Plangebietes bemerkbar. Hieran andern au h die geplanten Parkfenster, zumindest bei der hier untersu hten Windri htung, ni hts. Die Eindringtiefe der kuhleren Luft vom NSG " Alter Flugplatz\ in das Plangebiet ist fast uberall unter 100 Meter. Die Warmespei herung in der Bebauungsstruktur fuhrt, verstarkt dur h den grozugigen Baum- bestand, zu positiven bioklimatologis hen Eekten fur den Aufenthalt im Freien in den Abend- und Na htstunden. Hier ware in Abhangigkeit von der geplanten Nutzungsstruktur abzuwagen, ob der Aufenthaltfunktion oder dem S hlafkomfort der Bewohner eine hohere Wi htigkeit zu- geordnet wird. Planungsempfehlungen In dem Gebiet sind zahlrei he Baump anzungen geplant, hierdur h entsteht im mittel eine deut- li he Reduzierung von Hitzestre. Allerdings verbleiben immer einzelne kritis he Punkte, an de- nen es unangenehm hei werden kann. Hier waren, au h im Hinbli k auf die Abkuhlungsfunktion, alternative Begrunungsmanahmen (Fassadenbegrunung, Pergolas et ) mogli herweise die ele- gantere Losung. In Abhangigkeit von der geplanten Nutzungsstruktur des neuen Quartiers sollte der Aspekt der Windleitbahnen beru ksi htigt werden. Die Nahe des alten Flugplatzes bietet die seltene Gele- genheit, sommerli he Hitzesituationen dur h das Einleiten von kuhlen, lokalen Luftmassen zu 25 5 Zusammenfassung und Planungsempfehlungen ents harfen. Die aktuelle Planung des Gebiets ma ht von dieser Mogli hkeit keinen Gebrau h. Zwar wurde das Konzept der Parkfenster deniert, diese tragen jedo h keine sonderli he kli- matologis he Funktion. Der grote Teil der Bebauung ist in westli her Ri htung zum alten Flugfeld abges hottet und biete der Fris hluft keine Dur hluftungsbahnen. Essen, im Dezember 2016 Prof. Dr. Mi hael Bruse 26 6 6 Literatur Breunig, Th. (2011): Guta hten Bebauungsplane " New-York-, New-Jersey-, Delaware-Strae\ und " Flugplatz Ost\, FFH-Vertragli hkeitssudie, spezielle Artens hutzprufung, Eingris-/ Ausglei hsbewertung, unveroentli htes Guta hten, Stadt Karlsruhe Bruse, M., Fleer, H. (1998): Simulating Surfa e{Plant{Air Intera tions Inside Urban Environments with a Three Dimensional Numeri al Model, Environmental Software and Modelling, (13), S. 373-{384. ExWoSt-Modellvorhaben Innenentwi klung versus Klimakomfort (2013), Projektstudie 2009-2012 im Auftrag des Na hbars haftsverband Karlsruhe  Okologis he Tragfahigkeitsstudie fur den Raum Karlsruhe (2011), Herausgeber: Na hbars haftsverband Karlsruhe Hoppe, P. (1999): The physiologi al equivalent temperature - A universal index for the biometeorologi al assessment, Int J. Biometeorol., (43), S.71{75 Stadtbauli her Rahmenplan Klimaanpassung- Anpassungskomplex Hitze (2015), Herausgeber: Stadtplanungsamt Karlsruhe 27 7 7 Anhang: Abbildungstafeln 29 7 Anhang: Abbildungstafeln . 30 X ( m ) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 Y (m) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 7 5 0 .0 0 9 0 0 .0 0 1 0 5 0 .0 0 1 2 0 0 .0 0 1 3 5 0 .0 0 1 5 0 0 .0 0 N E N V I _ m e t K A _ G e s a m tg e b ie t_ P la n ü b e rs ic h t. L E O X A b b ild u n g 1 : Z u k u n ft N o rd B e st a n d V o g e lp e rs p e k ti v e a u s k = 1 3 ( z= 1 9 .0 0 0 0 m ) G e b ä u d e h ö h e u n te r 2 .0 0 m 2 .0 0 b is 4 .0 0 m 4 .0 0 b is 6 .0 0 m 6 .0 0 b is 8 .0 0 m 8 .0 0 b is 1 0 .0 0 m 1 0 .0 0 b is 1 2 .0 0 m 1 2 .0 0 b is 1 4 .0 0 m 1 4 .0 0 b is 1 6 .0 0 m 1 6 .0 0 b is 1 8 .0 0 m ü b e r 1 8 .0 0 m M in : 0 .0 0 m M a x : 1 2 .0 0 m V e g e ta ti o n V e g e ta ti o n : L A D 0 .5 - 1 .0 V e g e ta ti o n : L A D 1 .0 - 1 .5 V e g e ta ti o n : L A D 1 .5 - 2 .0 V e g e ta ti o n : L A D a b o v e 2 .0 X ( m ) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 Y (m) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 7 5 0 .0 0 9 0 0 .0 0 1 0 5 0 .0 0 1 2 0 0 .0 0 1 3 5 0 .0 0 1 5 0 0 .0 0 W in d N E N V I _ m e t K A _ G e s a m tg e b ie t_ P la n ü b e rs ic h t_ P la n .L E O X A b b ild u n g 2 : Z u k u n ft N o rd P la n G e b ä u d e h ö h e u n te r 2 .0 0 m 2 .0 0 b is 4 .0 0 m 4 .0 0 b is 6 .0 0 m 6 .0 0 b is 8 .0 0 m 8 .0 0 b is 1 0 .0 0 m 1 0 .0 0 b is 1 2 .0 0 m 1 2 .0 0 b is 1 4 .0 0 m 1 4 .0 0 b is 1 6 .0 0 m 1 6 .0 0 b is 1 8 .0 0 m ü b e r 1 8 .0 0 m M in : 0 .0 0 m M a x : 1 2 .0 0 m V e g e ta ti o n V e g e ta ti o n : L A D 0 .5 - 1 .0 V e g e ta ti o n : L A D 1 .0 - 1 .5 V e g e ta ti o n : L A D 1 .5 - 2 .0 V e g e ta ti o n : L A D a b o v e 2 .0 X ( m ) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 Y (m) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 7 5 0 .0 0 9 0 0 .0 0 1 0 5 0 .0 0 1 2 0 0 .0 0 1 3 5 0 .0 0 1 5 0 0 .0 0 W in d N E N V I _ m e t K A _ G e s a m tg e b ie t_ S Q _ W in d 0 4 0 0 .L E O X A b b ild u n g 3 : Z u k u n ft N o rd B e st a n d 0 2 :0 0 x /y S ch n it t b e i k = 4 ( z= 1 .8 0 0 0 m ) W in d g e s c h w in d ig k e it < 0 .0 0 m /s 0 .2 0 m /s 0 .4 0 m /s 0 .6 0 m /s 0 .8 0 m /s 1 .0 0 m /s 1 .2 0 m /s 1 .4 0 m /s 1 .6 0 m /s > 1 .8 0 m /s M in : 0 .0 0 m /s M a x : 0 .8 5 m /s X ( m ) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 Y (m) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 7 5 0 .0 0 9 0 0 .0 0 1 0 5 0 .0 0 1 2 0 0 .0 0 1 3 5 0 .0 0 1 5 0 0 .0 0 W in d N E N V I _ m e t K A _ G e s a m tg e b ie t_ P la n _ W in d 0 4 0 0 .L E O X A b b ild u n g 4 : Z u k u n ft N o rd P la n 0 2 :0 0 x /y S ch n it t b e i k = 4 ( z= 1 .8 0 0 0 m ) W in d g e s c h w in d ig k e it < 0 .0 0 m /s 0 .2 0 m /s 0 .4 0 m /s 0 .6 0 m /s 0 .8 0 m /s 1 .0 0 m /s 1 .2 0 m /s 1 .4 0 m /s 1 .6 0 m /s > 1 .8 0 m /s M in : 0 .0 0 m /s M a x : 0 .8 5 m /s X ( m ) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 Y (m) 0 .0 0 1 5 0 .0 0 3 0 0 .0 0 4 5 0 .0 0 6 0 0 .0 0 7 5 0 .0 0 9 0 0 .0 0 1 0 5 0 .0 0 1 2 0 0 .0 0 1 3 5 0 .0 0 1 5 0 0 .0 0 W in d N E N V I _ m e t K A _ G e s a m tg e b ie t_ V e rä n d e ru n g _ W in d 0 4 0 0 .L E O X A b b ild u n g 5 : V e rg le ic h Z u k u n ft N o rd P la n - 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Karlsruher Beiträge Nr. 1 r sru er eiträ e Nt: 1 Mai 1981 I kr,lu,~cbcr i[ ~ t.Jd t vcrw ,llt un~ K,lrbruhc SIeLlI, Sill'l,: FriedriLh WClllbrellller, scin Bcitr,l~ zur B,lIIkunst des 19. J.lhrhulldcrts. Wulf ~dll!ll1cr: Dic ArdlilcktclI des 19. f,lhrhul1derts von der Scliule Wcinbrellllcrs bis I klln,lIIn Billing. fO,lLhilll Giirilke: 'KI,ISSiZlSIl1US Traditioll und Neue S,lchlic hkeit der ersten I Lilfll' lb 20. J,lhrhulldcl1s. Ottok,Jr LJhl: "DCII kwürdigkcltclI" Akt L1,ll i t :ÜCII. Zur RezcptlOn \'(111 hiedridl \X!clIIbrcnlll'l. . run Karlsruher Beiträge Vortragsfolge an läßlich des Weinbrenner-Jahres 1976 5. November 1976: Prof. Dr.-Ing. Stefan Sinos: Friedrich Weinbrenner, sein Beitrag zur Baukunst des 19. Jahrhunderts. 18. November 1976: Prof. Dr.-Ing. Wulf Schirmer: Die Architekten des 19. Jahrhunderts - von der Schule Weinbrenners bis Hermann Billing - 3. Dezember 1976: Dr.-Ing. Joachim Göricke: Klassizismus-Tradition und Neue Sachlichkeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts . 17. Dezember 1976: Prof. Ottokar Uhl: "Denkwürdigkeiten" - Aktualitäten. Zur Rezeption von Friedrich Weinbrenner Hcrausgeber: Stadt Ka rlsruhe Verlag und Gesamtherstellung: G. Braun (vo rmals G. ß r.l unsche H o fbu chdruckcre i und Ve rlag) GmbH, Karl-Fried rich-Str. 14- 18 7500 Karlsruhc 1 Umsch laggestaltung und La.yout : O. Then, Karlsruhc «:> 198 1 by G. Braun und Stadt Ka rlsruhe ISBN) 7650 040 1 4 Geleitwort des Oberbürgenneisters zu Heft 1 der neuen Schriftemeihe "Karlsruher Beiträge" Wenige Namen sind mit unserer Stadt so eng verbun- den wie der Name Friedrich Weinbrenner. Karlsruhe verdankt diesem bedeutenden Baumeister zum großen Teil sein städtebauliches Gesicht. Er gab der Stadt in zentralen Bereichen, so vor allem am Marktplatz und an den ihn rahmenden Gebäuden, zu Beginn des letz- ten Jahrhunderts ihren unverwechselbaren Charakter. Die bauliche Entwicklung ging zwar weiter, doch seine Handschrift ist bis heute unverkennbar. Die Stadt Karlsruhe hat das Jahr des 150. Todesta- ges von Friedrich Weinbrenner 1976 zum Anlaß ge- nommen, ihren großen Sohn in besonderer Weise zu würdigen. Der erstmals ausgeschriebene Architektur- wettbewerb um die "Weinbrenner-Plakette" und eine zusammen mit der Universität Karlsruhe veranstaltete Vortragsreihe, in deren Rahmen sich anerkannte Ex- perten mit Leben und Werk des bekannten Baumei- sters beschäftigten, bildeten die Schwerpunkte. Beides geschah in der Absicht, das Interesse an Friedrich Weinbrenner sowie an der baulichen Entwicklung Karlsruhes wachzuhalten und die Bevölkerung anzu- regen, sich mit der Gestaltung unserer Stadt auseinan- derzusetzen. Es ist kein Zufall, daß sich die erste Ausgabe der neuen Schriftenreihe "Karlsruher Beiträge" ebenfalls dem Thema Weinbrenner widmet. Die im ersten Heft veröffentlichten Vorträge aus dem Weinbrennerjahr wollen eine Möglichkeit bieten, das Wissen um die hi- storische Entwicklung zu vertiefen und die Diskussion über stadtgestalterische Fragen fortzusetzen. Eine Dokumentation für interessierte Bürger also, die jen- seits der Tagesaktualität auf das Wesentliche zielt. Dabei gehen die vier Referenten durchaus von unter- schiedlichen Standpunkten und Ansätzen aus, so daß die Ergebnisse ihrer, Überlegungen auch nicht unbe- dingt in gegenseitigem Zusammenhang zu sehen sind. Die "Karlsruher Beiträge", die von jetzt an in unre- gelmäßigen Abständen und in jeweils begrenzter Auf- lage erscheinen sollen, werden sich jedoch nicht auf städtebauliche Probleme beschränken. Sie werden aus besonderem Anlaß vor allem kulturelle und stadtge- schichtliche Themen unterschiedlicher Art aufgreifen und versuchen, sie der Bevölkerung durch eine geeig- nete Darstellung nahezubringen. Die Stadt Karlsruhe will mit diesem Angebot Bürgern und Besuchern eine weitere Möglichkeit eröffnen, Karlsruhe kennen und lieben zu lernen. Ich wünsche der neuen Schriften- reihe daher einen guten Start und hoffe auf eine starke Resonanz in der Öffentlichkeit. Karlsruhe, im Mai 1981 Otto Dullenkopf Oberbürgermeister ' Inhalt Geleitwort des Oberbürgermeisters Prof. Dr.-Ing. Stefan Sinos: Friedrich Weinbrenner, sein Beitrag zur Baukunst des 19. Jahrhunderts Prof. Dr.-Ing. Wulf Schirmer: Die Architekten des 19. Jahrhunderts - von der Schule Weinbrenners bis Hermann Billing Dr.-Ing. Joachim Göricke: Klassizismus-Tradition und Neue Sachlichkeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Prof. Ottokar Uhl: "Denkwürdigkeiten" - Aktualitäten. 3 7 61 103 Zur Rezeption von Friedrich Weinbrenner 139 Stefan Sinos Friedrich Weinbrenner Sein Beitrag zur Baukunst des 19.Jahrhunderts Friedrich Weinbrenner Sein Beitrag zur Baukunst des 19. Jahrhunderts Die Stadt Karlsruhe bekam in ihrer relativ kurzen Ge- schichte durch d ie P lanungen in zwe i verschiedenen Epochen ihre Bedeutung für die Bauku nst des europä- ischen Raumes. Diese zwe i Epochen fallen einerseits mit ihrer Gründung und der Planung der sogenannten Fächerstad t, noch im Geiste des Barocks, andererseits mit ihrer großen Erweiterung und N eugesta ltung am Anfang des 19. Jahrhunderts, a lso in einer vom Kl ass i- zism us geprägten Zeit zusammen. Die Grundzüge des somit entstand enen Stadtbild es sind mehr oder we ni- ger im alten Stadtbere ich noch zu finden. Die Anti- these der barocken Gründung mit dem kl ass izisti- schen Weiteraufbau ist hier trotz mancher Zerstö run- gen spürbar. Wen n jedoch die barocke Stad tgründung als ein formal ex tremes Beispiel der barocke n Stadt- plan ung in die Baugeschi chte einging, das zwar vor- züglich den Ge ist des Abso luti smus wiederspiegelt, sonSt aber ohne richtige Beziehung zum Stadtorganis- mus gestanden hat, stell t die klassi zistische Erweite- rung der Stadt eine Schöpfung dar, welche di e ge - samte Stadtprob lematik faßt und wirklich neue Wege für den Städtebau aufze igt. Diese klass izistische Stadt Karlsruhe ist mit dem Namen ei nes Baumeisters eng verknüpft, dessen Werk das Stad tbil d geprägt und der Stad t ihre vo ll e Bedeu- tung in der bi sherigen Bau kunst gegeben hat, näm li ch mit Friedrich Weinbrenner. In einer der g rößten Zei - ten de utscher Ku lturgeschichte, in der neu e wirt- schaftli che un d po li tische Strömun ge n nach de r fran- zös ischen Revo lution bemerkbar w urden , hat die Stadt Karl sruhe das G lück gehabt, einen U ni versal- geist vo m Format Weinbrenners zu haben, der ihr den Anspruch eines kulturellen Zentrums gab. Es ist dem- nach auch heute so, daß jede W ürdigung der Stadt im baugeschichtlichen Z usammenhang vor allem mit dem Namen Weinbrenners verbunden bleiben muß. In einer begrenzten Würd igun g di eses Baumeisters kön nen natürl ich ni cht alle Einzelheiten seines Wir- kens geklärt werden. Aus di esem Grund wird im fo l- gend en der Versuch untern ommen, die Leitvorstellun- gen, welche das Werk Weinbrenners gep rägt haben, zu umreißen und di e Bedeutung seiner H andlungen für se ine Zeit und seine Nachwelt zu unterstreiche n. Somit wird vo n einer reinen biographischen Darstel- lung zum Teil abgewichen und ein größerer Wert auf die Behandlung einzelner Schwerpunkte im Leben und Schaffen des Baumeisters ge legt. Z um besseren Verständnis des weiteren sind jedoch am Anfang ei- nige Fakten über seine Herkunft und seine Jugendzeit no twendig. Friedri ch Weinbrenner ist im November 1766 in Karlsruhe geboren, "in dem reichen und fru chtbaren Jahre", w ie er in sein en "Denkwürdigkeiten" schreibt, "worauf ein so furchtbarer W inter fo lgte, daß .. . di e ·Bäume in dem ... Eichwalde krachten und ze rspran- ge n" l Mit diesen Sätzen fängt seine se lbstbiographi - sche Schilderung an und damit wird se in e Geburt mi t zwei ex tremen N aturereigni ssen ve rbund en. Man kann natürli ch hi er nur den Versuch Weinbren ners ab lesen, sein Geburtsjahr deutlich z u markieren; viel- leicht könnte auch seine Geistauffass un g dokumen - tiert gesehen werden, also di ejen igen ein es Mannes, der in einer Ze it der großen Gegensätze lebte, we lche auch sein Werk beeinflußten. D er Sohn eines Hofzimmermeiste rs erlern te von klein auf das väte rliche H andwe rk und schildert se ine frühe Jugend als sorglos und glückli ch. Durch den früh en Tod se ines Vaters, den er mi t acht Jahren ve r- lor und den Tod se iner Mutter, we lche in se inem sechzehnten Lebensjahr starb , hat er sehr jung mit sei- nem Brud er die Geschäfte des Famili enbetri ebs über- nommen , eine Aufgabe, die er auch mit großem Fleiß bewältigte. "Der Drang, das Z immerh and werk z u er- lernen, war ... so groß, daß ich in meiner Unschuld oft Gott auf den Knien bat, daß er die Welt ni cht un- tergehen ode r mich ste rben lassen möchte, bevor ich mich nicht ... so berühmt gemacht hätte, wie diese r 1) Fr. Weinbrenner: Denkwürdigkeiten. Herausgegeben von A. von Schneider, Karlsruhe 195 8, S. 15 oder jener Meister ... " Mit diesen Worten beschreibt er in seinen "Denkwürdigkeiten" seine frühe Haltung z um Fami lienhandwerk.' Als er sechzehn wurde, machte ihn allerdings der Gedanke sehr traurig "die ganze Z immermannskunst bereits inne zu haben". Denn wie er im weiteren schreibt, "fand (er) darin gar we nig Befriedigendes, weil (er) ... woh l fühlte, daß man sich mit derselben keinen Namen und noch viel weniger berühmt machen könne". 3 Er versuchte also in den folgenden Jahren mit gro- ßem fleiß weitere Bildung zu erlangen, vor allem Bil - dung, die ihn zum Erlernen der BaukullSt führen konnte. Dieses Unternehmen war für die damalige Zeit in Karlsru he nicht so einfach zu bewältigen und er bemerkt, daß es ihm "doch gänzl ich an den für das höhere Studium der Baukunst unentbehrlichen Vor- kenntnissen" fehle, "wei l sich daz umal niemand in Karlsruhe fand, welcher die Architektur gründ lich kannte". 4 Diese Bemerkung ist woh l sicherlich über- trieben. Sie zeigt jedoch die Schwierigkeiten, die er anfangs hatte, ein ri chtiges Baustudium zu beginnen. Später versuchte er das mit Reisen nachzuholen. Als er dann in Wien oder in Berlin die Gelegenheit be- kam, ein richtiges Studium z u verfolgen, zog er näm- lich ein e freie Studienart vor und besuchte ke ine Bau- schule für eine längere Zeit. So blieb er auch weiter- hin ein Geist, der ständig auf die Suche nach dem Neueren ging, ein Baumeister, der nach der wahren Kunst strebte und seine Haltung z ur Kunst mit denje- nigen eines Hungrigen, "der in einem Kochbuche li est", verglich S Er präsentiert sich also als ein Geist mit großen Ambitionen, der in sei nem Baustudium forschend und tastend nach neuen Formen suchte, die seine Weltanschauung und sein Gefühl befriedigen könnten. Weinbrenner war zur Zeit der französischen Revo- lution dreiundzwanzig Jahre alt. Es ist die Zeit des Beginns seiner Reisen, um einen unbefriedigten Geist mit neuen Kenntnissen zu sättigen. Nach ei nigen Be- rufsreisen in die Schweiz reiste er z uerst nach Wien, 10 wo er in der Akademie einige Kurse besuchte und sich sonst von gotischen und ein igen barocken Bauten der Stadt begeistern li eß. Nach einem dreiviertel Jahr in Wien reiste er weiter nach Dresden, wo er schon nach acht Tagen feststellte, daß der Unterricht an der dor- tigen Akademie zwar "vorzüglich in den Anfangs- gründen des Zeichnens, der Perspektive usw. be- stand", jedoch daß hier für ihn wenig zu gewinnen sei. Er faßte also den Beschluß, sich wieder auf den Weg zu machen, diesmal nach Berlin. Auch in Berlin besuchte er nur Vorlesungen über Ästhetik und Baumaterialen und gestaltete im übrigen sein Studium frei. Es scheint, daß er, der später als Lehrer durch die Gründung einer eigenen Schule in Karlsruhe (aus der auch die Frid ericiana hervorgegan- gen ist) so wirksam wurde, den eigentlichen program- mierten Akademieunterricht scheute. Ja , er war, wie man aus seinen "Denkwürdigkeiten" oft Spü rt, stolz, ein Autodidakt gewesen zu sein , der in se iner Zeit in welcher sich die modernen Gesellschaftsformen und ideologischen R ichtungen entwickelten, ein offener Geist blieb und gerade diesen Zeitgeist in seinem Werk einzusch ließen vermochte. Diese Beziehung zu den Strömungen seiner Ära un- terstreicht er deutlich in der E inleitung seiner Selbst- biographie, wenn er meint, daß "ein anderer mit glei- chem Trieb und gleicher Liebe für die Kunst" durch andere Umstände vielleicht "geschwinder zum Ziele" gelangen kann. All erdings sch ließt er gleich mit dem Satz "Allein welcher Mensch ist Herr se ines Ge- sch icks, das mit seinem Zeita lter und mit seinen Um- gebungen meist so innig zusammenhängt?" 6 Diese Frage des Zeitalters und seiner Umgebung, haupt- säch li ch auf die Baukunst bezogen, soll im weiteren besprochen werden. 2) Ebenda, S. 17 ') Ebcnda, S. 19 4) Ebenda, S. 20 5) Ebenda, $. 13 6) Ebenda, S. 13 I l - • _L . ____ _ ___ -__ .Ja-... • • • • • • J :t: Il ." .•.• ~ .. •. Weinbrenner lernt noch in Karlsruhe bei Andrea I. Fr. Weinbre nner, Entwurf zu einem Stadtpalai s. Privatbesitz Pozzo und Johann H einrich Lambert und auch durch das Studium der fünf Säulenordnungen nach V ignola, im spätbarocken Sin ne entwerfen. Der früheste bis jetzt publ izierte Entwurf vo n Weinbrenner (Abb. 1) weist di e typische spätba rocke Anordnung eines Palais wohl nach fra nzösischer Manier auf, mit gleicher Be- hand lung in der Höhe des mittleren Traktes und der Seitentrakte und einem vorgeschobenen Eingangsauf- bau mit einer ion ischen Ko lonade im ersten Stock. I I Diese Architektur hat mit dem späteren Werk Weinbrenne rs wenig z u tun. Sie zeigt jedoch, daß er schon in Karlsruhe, auch entgegen seiner Behaup- tung, er hätte hi er nicht die Möglichkeit ge habt, ri ch- tig zu studieren, z u reifen Ergebnissen in der dama li- gen konventionellen Entwurfsart gekommen war. Wohl meint er damit, daß seine Heimatstadt ihm nicht eine Lehre der Bauformen geben konnte, we lche dem fortschrittlichen Zeitgeist seiner Ära entsprach. Dies wo llte er in Paris finden. Er ließ sich aber dann überreden, nach Wien zu fahre n. Jedoch muß mit großer Sicherheit angenommen werden, daß er wäh- rend seiner Wiener Zeit auch we iterhin im spätbarok- ken Stil , wie es dort üb li ch war, entwarf. Z ug leich muß er aber mit den schon im Aufbruch befindlichen Strömungen des Klassizismus, in dem er seinen Weg find en soll te, ve rtraut geworden sein. Dadurch scheint sein Unbehagen über die a ll gemeine Stud ien möglich- keiten erklärbar, we lches viell eicht schon in Wien vor- hand en war und in Dresden bei ihm vo ll zum Aus- druck kommt. Es ist auch bezeichnend dafür, daß auf se inen eigenen Vorschlag hin se in M itreisender und er Dresden nach ei nigen Tagen ve rließen, um nach Ber- lin zu fahren, wo nach seinen Worten "damals so viel gebaut" wurde. 7 Es ist heute nicht leicht festzustellen, wie Wein- brenner zum Klass izismus kam. Es ist jedoch wa hr- schein li ch, daß se ine Begegnung mit dieser neuen Kunstrichtu ng in Wien erfolgte. So wäre sein Drang, nach Berlin zu kommen, auch erklärlich . In Berlin wurde damals wie in fast a ll en großen deutschen Städten viel geba ut. All e in diese Tatsache erklärt noch nicht den Entsch lu ß, se in Studi um in W ien und Dres- den abzu brechen, um dorthin zu kommen. In dieser Tat scheint es ni cht die Menge der gebauten Sub- stanz, sondern die Art, in der man baute, und die a ll - gemeine Geisteshaltu ng, die in dieser Stadt seit der Ze it Friedrichs des Großen herrschte, gewesen zu sein, di e ihn zu diesem Entschluß gefüh rt hat; also nicht allein das großstädtische, sondern das im Auf- 12 bruch befindliche klassizistische Berlin. Hier hörte er vor a llem Vorl esungen übe r Ästhetik und über Bau- materialien. E r vermied aber wiederum ein geregeltes Studium. Außerdem suchte er die gesellschaftliche Be- ziehung zu den damals in Berlin wirkenden Architek- ten, vor all em zu Gene Ili aber auch z u Langhans. In der Zwischenzeit entwarf er, und er muß hier mit den zwe i klass iz istischen Sti len vertraut geworden sein, die sein Lebenswerk bestimmten: näml ich mit dem Klassizismus, der in direkter Beziehung zum Werk des barocken Baumeisters und Theoretikers Andrea Palladio stand und demjenigen, der seine Vorbilder durch eine erneute unmittelbare Auseinandersetzung mit den antiken Bauten suchte und danach strebte, ihn neuen gese ll schaftli chen Erfordernissen anzupassen. Der Klassizismus als kulturell e Bewegung bedeutet sicherlich einen der Höhepunkte deutscher Geistesge- schichte. Diese Tatsache ist keinesfall s ei n Z ufallser- gebnis. Sie steht in engem Zusammenhang mit dem Wesen des damals aufsteigenden deutschen Bürger- tums, das nach mehr Rechten und Freiheiten strebte . Dabei wurde zum einen im kleinen Maßstab die Struktur der mittelalterlichen Bürge rstadt als Vorbild angesehen, zum ande ren in größerem Maßstab die rö- mische Republik un d vo r a llem die athen ische Demo- kratie gesellschaftli ch und kultu rell als Ideal betrach- tet. In der Architektur hatte man in der Zwischenzeit außer dem Werk von Pall adio das Werk von Piranesi über die römische und das Werk von Le Roy über die griechische Antike gehabt, welche für die Entwick- lung der neuen Formsprache vo n größerer Bedeutung gewesen sind. G leichze itig jedoch bahnten sich in der Architektur neue Ideen an. Durch die letzteren wurde die Regelmäßigkeit der Form und die Einfachheit der Baukörper zu einem neuen Architekturzi el erhoben. Dabei wurden das Quadrat, der Kubus, der Kreis und der Zylinder als primäre architektonische Grundfor- ' ) Ebend., S. 38 men angesehen. Eine Erneuerung in der Architektur sollte nur durch das Z urückgreifen an di esen Grund- fo rmen erfolgen. Mit di ese r letz ten Richtung kommt W einbrenner auch in Berlin z um ersten M al in Berührung. Es wa- ren demnach drei neue Grundlage n des Entwerfens, die im Rahmen des Klass izismus von der einen oder de r anderen Schule propagiert wurden, also die er- neute Auseinand ersetzung mit der römischen oder der griechischen Antike, di e Ideo logie über den Wert der einfachen Grundformen, selbstve rständli ch in Anleh- nu ng an P lato, und der Palladi anismus. Bei der Betrachtung der Versuche Weinbrenners, mit den zwei erstge nannten Entwurfsgrundlagen zu arbe iten, ist es notwendi g, auf einen Berli ne r Bau Be- zug zu nehmen . N och unter Fri edrich dem Großen hat der Franzose Le Geay di e H edwigskirche in An- lehnung an das Pantheon gebaut und hi er eine rö mi- sche Rundtempelform für einen chri stli chen Sakr al- 2. Fr. Weinbrenner, Entwurf zu einer protestantischen Kirche 3 . Fr. Weinbrenner, Entwurf zu einer protestanti schen Kirche. Slg. In sti- tut für Baugeschichte, U niversität Karlsruhe bau verwendet .' In Z usammenhang mit di esem Bau entstanden von Weinbrenner in Berlin Entw ürfe zu ei- ner protes tantischen Kirche , di e auch das Pantheon al s Vorbild nahmen (Abb. 2 und 3). Allerdings ist es nicht mehr allein das Spiel zw ischen der Zylind er- masse der H albkugelüberd achung, und der Vorhalle, welches bei di esem Projekt z um Ausdruck kommt, sond ern auch der Versuch des Architekten, dem römi - schen Rundbau durch die Anbringung der dorischen Säulen form in der Fassade einen griechischen Ge ist 8) Übe r Le Geay und seinen Werken vgJ. J. Harris, Le Geay: Piranesi :lnd International Neo-Classicism im Rame 1740- 1750. In Essays presented to R. Wittkower Landon 1969, S. 189 H. Auch J. M. Pc- rouse cle Montclos: Etienne- l ouis Boul1ee, Paris 1969, S. 39 ff; S. Si- IlOS : Entwurfsgrundbgen im Werk Frieclrich Weinbrenners, Ja llfbuch der Sta:nlichcn Kunstsammlungen in Baden Württcmbe rg, Bd V III, 1971 , S. 200 und Abb . 5 13 zu geben. Gerade die Beziehung der dorischen Vor- hall e zum übrigen Baukörper scheint bei den zwei Va- rianten entscheidend für die kompositionelle Ausein - andersetzu ng Weinbrenners gewesen zu sein. Von der niedrigen klein en Vorha ll e des einen Entwurfes, die etwas verloren vor den mass igen übrigen Baukörpern dasteht, der übrigens vo n einer chinesischen Laterne gekörnt ist, geht er in se iner zweiten Variante genau zum Gegente il über. So entwirft er eine große dori- sche, achtsäu li ge Vorhall e, welche die gesamte Breite des Grundrisses einnimmt 9 Hinter dieser Vorhalle erscheint nur ein Teil des Kuppe ltambours, der sich über dem inneren Kreis des Grundrisses erhebt. In diesem Projekt verschmelzen sich also zwe i Ideen: die Verherrlichung des einfachen Baukörpers , die an ei- nem Bau römischen Ursprungs erkannt wird , und die dorische Form, die als Symbol des Griechischen, Tek- tonischen, Einfachen und Wahren angesehen w urcl e. Bezeichnend für die Stilrichtung, die er hier ver- folgt, ist auch di e Rolle, welche die dorischen Säulen im al lgemeinen zu diese r Ze it gespielt haben. Die Aus- einandersetzung um den dorischen Stil war nämlich damals eines der größten theoretischen Themen der Ze it. Jede progress ive Architekturplanung konnte schwer ohne sie auskommen, also ohne dieses Zei- chen einer hum anistischen Geisteshaltung.!O Der 00- rismus, d. h. der klassiz istische St il , der sich durch die Verwendung der dorischen Säule auszeichnete, wird Weinbrenner für die nächsten Jahre ständig beschäfti- gen. Es ist ein eigentümlicher Dorismus, der sich zum Teil mit sehr gedrungenen Säu lenproportionen aus- drückt, welche allerdings damals auch sonst übli ch waren und der eigentlich ni cht viel mit der griechi- schen Arch itektur zu tun hat. In diesem Sinn hat also auch Weinbrenner versucht, die dorische Ordnung in se ine Bauten einzubeziehen. So verwendet er die dorische Säule bei se inem Ent- wurf zu einem Grabmal (Abb. 4), das woh l eines se i- ner besten Beispiele einer Architektur, die den einfa- chen Baukörper verherrlich t, darstellt. Auch bei einem 14 fo lgenden Entwurf für ein "Denkmal auf die Schlacht bei Rossbach" (Abb. 5) wird die dorische Säu le be- nutzt. Das Denkmal ist all erd ings in einer römischen Gesamtp lanungsidee konzipiert und weist eine mitt- lere Gedenksäule in Anlehnung an römische Vorbil- der, jedoch mit stark gedrungenen Proportionen, auf. Dieses Projekt wird in Rom gezeichnet und demon- striert schon die inneren Kämpfe, di e er bei den Aus- einandersetzungen zwischen den römischen Formen und denjenigen , die er als griechisch ansah, durch- machte. Es zeigt auch, wie er dann im weiteren han- deln und römische Planungsideen mi t stark abstra- hierten griech ischen E inze lformen zu verbinden su- chen wird. Weinbrenner entschloß sich 1792 , nachdem er schon in die klassizistischen Ideen der damaligen Ze it ein- gedrungen war, die römische Antike selber zu stud ie- ren. Ihm sollte das unmittelbare Studium der alten Bauten zur weiteren Vertiefung in der antiken Form- sprache verhelfen. Dazu hatte ihm auch GeneIli wärmstens geraten. Insgesamt blieb er dann fünf Jahre in Rom , ei ne Zeit, die für ihn sehr ergiebig war, in der er sein freies Studium fortsetzte und zugleich seine Tätigkeit a ls Lehrer anfing. Nebenher verkehrte er auch hier mit manchen Künstlern, er musi zierte und zeichnete vor a ll em. 9) Es muß hier erneut auf die Tatsache hingewiese n werden, daß beim Wettbewerb für den Karlsruhcr Marktplatz die Stadtkirche sowohl von Pedeui (1789) als auch von Salins de Montfort und Antoine (1790) im Zentra lbau form konzipiert war. V gl. dazu Sinos a. a. O. S. 215, Anm. 9 10) Über die dorische Form im Klassizismus vgl. N. Pcvsncr: Thc Doric Revival; Written in colbboration witb S. Lang ; In N. Pevsner: Studies in An, Architccturc :tnd Design, London 1969, Val. I, S. 197 ff: auch K. Bauch: Das BrandenburgerTor, ßerlin 1968. Zwei weitere Varian- ten zu diesem Entwurf konnte W. Schi rrner, anläßlich einer Fr. Wein- brenner-Ausstellung, dem Publikum präsentieren. Vgl. Ausstellungs- ka.talog Fr. Weinbrenner, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, 1977/78. 4. Fr. Weinbrenner, Entwurf zu e inem Grabmal 5. Fr. Weinbrenne r, Entwurf für ein Denkmal auf die Schlacht bei Rossbacb, oder Sieges- denkmal, Entwurf fü r Le ipz ig 1813. St.utl i- ehe Kunsthalle Karlsruhe V III , 28 12 15 Seine Geistesha ltung zur Anti ke, d ie wir schon an se inen Berlin er Projekten beobachten konnten, w ird bei zwei sei ner dort entstande nen Zeichnungen deu t- lich sichtbar (Abb. 6 und 7). Er zeichnet einerse its in einer malerischen Auffassung de n Tempelrest des Mars U ltor des Augus tusforums, so wie er in dem da- maligen Stadtbild erha lten war, andererseits präsen- tiert er in einer fast achsialen Ansicht die frei in der Landschaft stehenden griechi schen Ruinen des soge- nannten Cerestempels von Paestum. Da er eine voll- ständige römische Tempelfront in Rom z um Zeichnen nicht finden konnte, wurde er dazu gebracht, an den nach e in er ga nz anderen archi tekton ischen Kon ze p- tion entworfenen, griechischen Tempeln, den A us- druck der Achsia lität z u suchen . Aus der Achse we icht er nur wen ig ab, um die hintere Säulen front ze ichnen zu können. Sonst aber scheint Weinbrenner für den dorischen Tempel, der für eine freie Stellu ng in der Landschaft a ls se lbständ iger Baukasten konz ipiert war und der z u se iner Umgeb un g keine achsiale Bezie- hun g z u besitzen braucht, kein Verständ nis gehabt zu haben. Es sind römische Entwurfsprin zipien, d ie er hier sucht, auch bei ei nem Bau, der sonst griechisch- dorische Ei nze lformen aufwe ist. So blieb Weinbre n- ne r in se iner Architekturtheorie, die sich hier in Rom zu kristall isie ren began n, auch wei terhin ein Römer. Dabei hande lte es sich um ei ne universa le Arch itek- turtheorie , die später a ll es e inschließen wird , was e in aufgek lärte r Ge ist dieser Zeit in einer derartigen Theorie umfassen konnte. Wir wissen, daß sich Weinbre nner in Rom mit dem [dealplan ei ner Stad t beschäftigteIl Dieser Plan ist bi s heute nicht gefunden worden. Allein aber die Tat- sache, daß er sich ni cht nur mit der Problematik der e inze lnen Bautypen und Bauformen auseinander- setzte, \vie manche sei ner Zeitgenossen es taten, son- dern g leich in seinen frühen Jahren das Problem der neue n Stadtform anpackte, de utet auf die Breite sei- ner Gedankenwelt. So ist se in spä teres W irken, das immer unter e iner Gesamtstadtkonzeption gesta nden 16 hat, auch ei n E rgeb nis diese r frühen Ause inanderset- zu ngen. Er gehörte z u den ersten deutschen Baumeistern und wo hl zu den bedeutendsten, d ie erkannt haben, daß eine neue Archi tekturtheorie n icht mehr von de r einze lnen Baubetrachtung, sondern im Ra hmen der ne uen sozia len und pol itischen Gegebe nheiten , von einer klaren Vorste llung des gesamten Stadtorgan is- mus ausgehen mu ß. Innerhalb ei ner solchen Stadtkon - zeption so llten sich dann sowohl d ie ei nze lnen Bau- typen, a ls auch ihre entsprechenden Bauformen fest- setzen und gesta lten lasse n. In diesem Sinn muß man an nehmen, daß se ine in Rom entstandenen Entwürfe entweder direkt a ls ei nze lne Baute n zu se iner Ideal- stadtplanung entworfen wurden, oder von den all ge- me inen Prinzipien , die er dort festste ll te, abgeleitet sind. Ei nes der P rob leme, das ihn bei di eser Stadtp la- nung beschäftigte, ist die Form ei nes Stadtabschlusses gewesen. Weinbrenner li eß sich, wie aus se inen Ze ich- nungen hervo rgeht, vo n den Stadtto ren des antiken Ro m und ih ren mass igen Baukörperzusammensetzun- gen , welche d ie antike Stadt markierten, stark beein- drucken. Das T or an der Via App ia ko mmt viell eicht se inen Versuchen, mit einfac hen Baukörpern ähnli che Werke von größerer Monu menta lität zu schaffen, am nächsten. " M it einem solchen Ge ist ist se in Entwurf 11) Vgl. Weinbrenner, Denkwürdigkeiten :1..3.0. S. 77 12) Vgl. dazu die Zeichnung von Weinbrenner zu dem Tor an der Via Appia in den "Denkwürdigkeiten" a. a. 0., Abb. XVII; auch die Zeich~ nung der Port:t Pinciana, ebenda, Abb. VI und der Pona San Paolo, ebenda , Abb. XVI 6. Fr. Weinbrenner, Zeichnung des Tempel- restes des Mars Ultor, im Augustlls- forum Rom. Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe 7. Fr. Weinbrenner, Zeichnung der Ruine des sog. Ceres tempels von Pacstum. Kupferstichkabinen der Staatlichen Kunstha lle Karlsruhe 17 zu einem Stadttor konzipiert (Abb. 8). Die Massigkeit der An lage wird hier mit der Sachlichke it der dori- schen Ordnung in einer Weise kombiniert, die zwar im Grundriß der Anordnung der Propyläen von Athen fo lgt, insgesamt aber eine neue Schöpfung ist. Die zwe i schlichten, zweistöckigen Nebenbauten, welche di e Straße flankieren, werden durch niedrige Säulenhallen mit dem Haupttorbau verbunden. Damit wird ein geschlossener Platz am Eingang der Stadt, a ls Bindeg lied zwischen dem davor liegenden Stadtbe- reich und der hinter dem Tor sich öffnenden frei en Landschaft, gesta ltet. Von dieser Raumkonzeption ei- nes Stadte ingangs w ird er später während se iner Karlsruher Tätigkeit Gebrauch machen, vor a ll em in der Anlage am Ettlinger Tor am Ende der Schloß- straße; natürli ch mit ganz anderen gestalterischen Mitteln, welche den Erfordernissen diese r unbcfestig- ten Stadt entsprachen . 18 8. Fr. Weinbrenner, Entwurf zu ein em Stadttor Bei den einzelnen Bauten, di e er in se iner römi - schen Ze it entwarf, werden vo n ihm anhand antiker Vorbilder, einige Raumideen gründ lich untersucht, die in enger Beziehung mit der Konstruktionsweise der Antike und Spätantike stehen. Eine römische Bau- form, die ihn und seine Zeitgenossen fasz inierte, war außer dem schon gezeigten, mit einer Kuppel über- deckten Zentralbau, der längliche, mit einer Tonne überwölbte Raum. Piranesi zeichnete ganz demon- strativ in einem Stich, in dem er verschiedene Ele- mente der römischen Baukunst zusammenfaßte einen Tei l einer Tonne, die hier di e Funktion eines Tores übernimmt und von zwei Tempelbauten flankiert wird (Abb. 9). D amit wird schon die verm utete Bedeutung der Tonnenkonstruktion für die römische Baukunst dokumentiert, we lche di e Entwürfe mancher Klassizi - sten prägte. So, wie der Franzose Boulee in se inem Entwurf für die Nationalbibliothek in Pari s plante , 9. G. B. Piranes i, Entwurf zu e inem Stadteingang 19 schlug auch Weinbre nner in zwei Entwürfen, für je- weil s einen längsgerichteten Raum, eine einheitli che Tonnenwölbung vo r (Abb. 10 und 11 ). Es mu ß hier bemerkt werden, daß der Klass izismus das Kreu zge- wölbe ni cht als di e beste Ü berdeckungs möglichkeit ei- nes längsge richteten Raumes betrachtete; für seine Raumko nzeption wa r die W iederholung einzelner Baugli eder im D eckenbereich, wie es z. B. in einer ro- manischen Kirche der Fall ist, unerwünscht. D er schli chte Raum sollte auch einen schlichten klar defi- 20 10. Fr. We inbrenner, Rekonstruktion des Bades des Hippias nierbaren Abschluß nach oben erhalten und dies konnte bei einer mass iven Überdachung be im Rund- bau nur durch eine Kuppel, und beim rechtecki gen Raum durch eine Tonnenkonstru ktio n zustande ge- bracht we rden. Die Entwürfe zu der Rekonstruktion des Bades des Hippias und zu einer Fürstengruft sind typische Beispiele dieser H altung, die als Ideal eine aus einfachen Grundformen aufgebaute Archi tektur hat. 11 . Fr W . . embrenner E ,ntwurf . zu einer Fü rstengruft Aber auch d ie Bauformen der antiken und früh - christlichen Basilika, also des mit einem hö lzernen Dachstuhl überdeckten Großraums mit inneren 5äu- lenreihen und überhöhtem Mittelschiff muß ihm be- sonders imponiert haben. In seinem Entwurf zu einem Ballhaus übern ahm er diese Bauform und schuf ein 22 12. Fr. Weinbrenner, Entwurf zu einem Ballhaus, Vord eransicht und Querschnitt, Slg . Institut für Baugeschichte, U niversität K.1rl sruhe durchaus revolutionäres Projekt, welches in etwa die Funktion einer heutigen 5tadthalle übernehmen so llte (Abb. 12 und 13). Damit zeigte er auch se ine Gedan- ken auf über die neuen Bauaufgaben, die eine Bürger- stadt braucht und über die Erforderlichkeit eines 50- zialzentrums der neueren Stadt, viele Jahrze hnte vor Ij 11 ]J II iiTii manchen anderen Archi tekten und Planem. D er große bas ili kale Hauptraum wird von zwei Q uerbau- ten fl ankiert; d ie Form der anti ken M arktbas ili ka, d ie als Vorbi ld z um frühchris tlichen Sakralbau diente, wi rd erneut als Bauform für einen profa nen und so- zialen Zweck benutzt. , 63 13. Fr. Weinbrenner, Entwurf zu e inem Batlhaus, Seitenansicht und Längsschnitt, Slg.lnstitut für B.lugesch iclnc, Universität Karlsruhc 1 23 I II ~ .. - . - . • ,- . , "" '1.,' , - 0 • I ~ • • • I • -- 0 I - • I, - ~- . ., • I .. ',' • • I Ij, 1 ~ " I! • I - 0 ~ '" , CD Gl • <J ~ I ;,.. , , • , J Auch die Projekte zu einer Reitschule sind von die- ser basilikalen Anordnung beeinflußt (Abb, 14 und 15) , Was dabei entsteht, ist eine Scheune von großen Dimensionen, die dorische Säulen bei den Eingängen aufzeigt und sonst von einer Sachlichkeit geprägt ist, die noch im zweiten Projekt vom herumgezogenen Ornamentband und den klaren Gegensätzen der Fen- sterformen betont wird Y 24 " , / . , ' ) . .( .::~ ... 14. Fr. Weinbrenner, Entwurf z u einer Reitschule -... . , " • •• " - , • • • 15. Fr. Weinbrenner, Entwurf zu einer Rei tsch ule, Philadelphia, Inventar All 13) Die Neuentdeckung einer ganz.en Serie von Weinbrennerzeichnungen in der Universität von Pennsylvania ist ein wenvoller Verdienst von Prof. Kl. Lankheit. Vgl. dazu Kl. Lankheit, Fr. Weinbrenner - Bei- träge zu seinem Werk, Fridericiana, Heft 19, S. 5 ff [6. Fr. Weinb renn er, Entwurf z u ein em Rathaus In einer Reihe von Zeichnungen zu einem Ratha us- projekt behielt er zwar bei der äuße ren Gesta ltung der einzelnen Baukörper dieselbe schlichte H altung, in seiner Innengestaltu ng jedoch präsentierte er einen anderen Gedanken, der ihn bei der antiken Architek- tur faszinierte, nämlich den von Säulen umschlosse- nen Raum (Abb. 16). Was wir hier vo r uns haben ist ein gedeckte r Peristylhof, der sich nach allen Richtun- gen öffnet, nach vorne und hinten ins Freie, 'nach rechts und links z u jewe il s zwei Treppenhäusern, die von oben belichtet we rden. Dieser Gedanke der offe- ne n Halle spiegelt seine damalige Auffassung zur Funktion eines Rathauses wide r, das offen, ohne jede Schranke fü r die Stadtbürger sein müßte . Diese Halle sollte in unmitte lbarer Beziehung z um umliegenden Freiraum stehen, ei ne Erweiterung des Marktes bilden und in antikem Geist die deutsche mittelalterliche Tradition ausdrücken. Auch dieses Projekt hat bis jetzt ni ch t se inen gebü hrenden Pl atz in der Fach litera- tur gefunden. Es ist wo hl das erste Rathausprojekt der Neuzeit, das die herrschenden Idealen der Freiheit und Gleichheit a ll er Bürger als G rundlage der Gesta l- tung hatte. Bezeichnenderweise wird di eser Raum, der als Ein- gangshall e eines representativen Bauwerkes vo n dem Bürgersteig des Marktp latzes ni cht einmal durch eine Stufe differenziert war, von dem damaligen Leiter des Karlsruher Bauamtes Jeremias M üller auch als "Pro- menade" zit iert, eine Benennung die durchaus vo n Weinbrenner stammen konnte. J. Müller kritisiert sonst stark den Entwurf, bezieht sich dabei haupt- sächlich auf die Proportionen und meint, ohne die wirklich neuen Gedanken des Projektes z u verstehen, es scheine ihm bei diesem Vorschlag " man befleißige sich, recht widernatürliche Sachen vor schöne zu hal- ten" . Nach Müller verteidigt Weinbrenner "d iese Bau- 25 art auf das äuße rste und verwirft hingege n die ehema- lige Architektur derer Baumeister, d ie sich so viel M ühe gegeben" . E r meint da nn w eiter: "Wann abe r der junge Weinbrenn er in mancherl ey Betracht auf ei- ge ne Sätze sich zu g rün de n scheinet, ... so sollte man fast g lauben, daß di ese Abweichung e inen Bezug auf den babylo ni schen Thurmbau und die Ve rwirrung der Sp rache haben kö nnte n." 14 Für heu te sind die ästhetischen Ei nwä nde Mül le rs in te ressant in Bezug auf di e R eakti o n, di e di ese r E nt- wurf hervo rri ef, z ug lei ch jedoch durch den Beweis, den sie uns übe rli eferten, daß man das eigentli ch Neue in der Gesa mtplanu ng n icht verstande n hat oder nicht akzeptieren wol lte . Man kri tisierte und kämpfte we ite r um di e ein ze lne Fo rm und den Stil. Immerhin wa r auch diesbez üg li ch de r Markgra f ni cht vo n den stili stischen E in wä nde n M üll ers überzeugt und Wein - brenner wurde n, aus de m Fond für Ku nst und Wis- senschaft zweihundert Lo uidors a ls U nterstützu ng für se in we iteres Studium in Ro m, angew iesen. 15 D ie Idee des P e risty l hofes in seiner ursprüng li chen Fo rm, a lso des von Säu len umgebenden H ofes, be- schäftigte ihn auch, wie e in Entw urf z u einem Schlachtha us ze igt (Ab b. 17). Es si nd immer dorische Säul en, die den H of um geben und es ist di e Darste l- lu ng der hi e r a rbe itende n Menschen, w ie wir bei a n- deren Projekten schon gesehen haben, d ie den Wi ll en Weinbrenne rs, de n menschlichen Maßstab beiz ube- ha lte n, bezeugt. So ist die A uffassun g, di e an di ese n Beispie len z um Ausdru ck ko mmt, ni cht nur revolutio- när im Sinne etwa von Bo ul ee, de r scho n vor ihm di e Leh re der e infachen Baukörper propagie rte, sie ist es auch in Bez ug au f den hi e r zugrunde liegenden Maß- stab. Weinb re nner ze igt sich bei sein en Entwürfen, d ie n icht eine n d irekten militärischen C ha rakte r bes it- ze n,16 als H umani st, der d ie Bed ürfn isse des neuen Stad tmenschen be rü cksicht igte und dabei versuchte, in der Nähe des menschlichen Maßstabes zu blei ben. Somit ist se ine Id ea la rchi tektu r weder eine Architek- tur für Ü berme nschen noch fü r eine Me nschenmasse 26 bes timmt, sondern sie ist vo m W illen eines Archi te k- ten geprägt, de r de m ei nzelnen Menschen näher ko m- men wo llte, ind em er für ihn maßsta bsgerecht ent- warf. D er geschlosse ne Hof, ob mi t oder ohne Säul en- um gang, als Zentrum eines Bauwe rkes, w ird auch in seinem E ntwurf z u ei nem Zeug haus do kum enti ert (Abb. 18). D er in de r Baukörperbehand lung in Ve r- wandtschaft zu se ine m Stad ttorprojekt stehend e Ent- w urf läßt uns al s letz tes rö misches Beispiel di e Vo r- liebe Weinbrenners erkennen , den o ffenen Raum bau - lich z u fasse n und a ls M itte lpun kt von Anlagen, di e dafür gee ig net waren, z u gesta lten. Diese Suche nach eine r Bez ieh un g zwischen de r bebauten und de r freien Fl äche bleibt auch in se inem spätere n W erk in Karls- ruh e, vor a ll em in den Platzbild un ge n, do minant fü r seine Gesta ltungstheo ri e. 1797 kehrte Weinbrenner in se ine H eimat zurück und w urde Bauinspekto r im Bad ischen Dienst. G leich darauf schrieb er a n e inen V ette r " ich muß nun scho n für e inmal, hi er mein H eil pro bie ren und in H offnun g leben, daß ich mit der Zei t mein G lück verbesse rn kann ." 17 Was er dan n auch tat. H ier in Ka rl sruh e w ar die Synagoge sein erste r Monumentalbau, de r noch stark unter dem E influß se iner in Ro m gewo n- ne nen Architekturtheorie stand . Sie ist auch woh l die einz ige vo n ihm geba ute Anlage, d ie e r im sogenann - te n Revolu t io nsstil erri chtet hat. Das an der Ecke 1'4) Vgl. A. Valdenairc, Fr. Weinbrenncf, Karl sruhe 19 19, $. 26 ff l~) Ebenda, S. 31 16) Es ist richtig, daß ein militärischer Monumentalismus hauptsächlich bei den Entwürfen We inbrenners, welche n:tch der Funktion des ge- planten Objektes einen militärischen Charakter besitz.en , vorhanden ,st 17) Vgl. Valdenaire a.a.O. 5. 6 1 17. Fr. Weinbrenner, Entwurf zu einem Schlachlhaus 18. Fr. Weinbrenner, Entwurf zu einem Zeughaus 27 Kronen- und Kaise rstraße entstandene Bauwerk w ies einen mittleren E ingangstrakt mit zwe i Türmen, die ein gotisierendes Portal fl ankierten, auf (Abb. 19 und 20) 1 8 Dabei wo ll te er natürlich den fremdartigen , orienta li schen C harakter des Baues dokumentieren, wobei die verjüngenden Tü rme ägyptisierende Pylo- nen und der mittl ere Torteil arabeske Formen nach- ahmen so llten. Hinter diesem Torbau befand sich in altbiblischer lind christli cher Weise ein Säulenhof mit niedrigen dorischen Säulen, di e er so ge rne bei seinen En twürfe n in Rom verwendet hatte. Erst hinter die- sem Hof kommt der eigentliche Sakra lraum, der mit seinem Giebel den offenen Raum beherrscht und im Inneren mit e iner höl zernen T onne überdeckt war. 28 • I 11 I I 19. Fr. Weinbren ner, Die Synagoge von Karlsruhe , Hauptansicht, Phila- delphia , Inventar A 12 1 20. Fr. Weinbrenner, Die Synagoge von Karlsruhe, Vorhof Wenn uns die zu den bisher gezeigten Projekten Weinbrenners fremdartig wirkende Fassade auffä llt, so muß festgehalten werden, daß mit diesem Bau das einz ige Mal die Architekturformen verwirklicht wor- den waren, die er so lange bei seinem Studium in Rom ges ucht hat. Ansonsten ist auch die Fassade in der Ge- samtkomposition nicht so orientalisch, wie sie auf den ersten Blick erscheint , Sie ist auch vo n den italieni- schen Stadttoren inspiriert, wie eine Zeichnung Wein- brenners vo m Augustusbogen vo n Perugia, welcher im Mittelalter z u einem Stadttor umgebaut worden war, zeigt. 19 Die dort vorhandene Anordnung der einzelnen Baukörper mit den verjüngenden Türmen, wurde mit einigen Abweichungen später sowohl bei der Synagoge, als auch bei einem Entwurf zur katho- li schen Kirche von Karlsruhe benutz t 20 In den folgenden Jahren entfernt sich Weinbrenner von diesem Architekturstil , der allerdings in seinem Karlsruher Plan für den Marktp latz bei den EinzeI- bauten und in seinem Projekt zu der Umgesta ltung der Langen Straße nachklingt. M it diesen Beispielen kommen wir jedoch vor allem z u einer zwe iten Phase im Leben Weinbrenners, die genauso interessant wie seine erSte ist. Für das Verständnis seines Wirkens in dieser Phase si nd von primärer Bedeutung se ine städtebauli chen Projekte und Ausführungen, Außer den Erweiterungsp länen von Gernsbach, Pforzheim, Lahrund Badenweiler, die hier nicht besprochen we r- den" , hat sich sein stadtp lanerisches Wirken natür- lich auf seine Heimatstadt konzentri ert, Hier war seine erste Aufgabe die Neugestaltung des Marktplat- zes und der Aufbau der Schloßstraße, Die Gesch ichte dieser Planung wird hier nicht im einzelnen geschi l- dert, W ir müssen nur festhalten, daß Wei nbrenner mit schon vorhandenen Planungen arbeiten mußte, d ie er auch wohl mitverwendet hat. 22 18) Zu dem Entwurf der Karlsruher Synagoge vgl. auch KI. Lankheit, a.a.0.5.8 l'.l) Vgl. D enkwürdigkeiten a.a .O. Abb. XXV W) Vgl. dazu Valdenaire a.a.O. Abb . 218, S. 243 ll) Eine breitere U ntersuchung des städtebaulichen Wirkens Weinbren- ners wäre sehr wichtig und wünschenswert 22) Vgl. dazu Valdenaire 3..a.O. S. 83 ff 29 Nach de m Plan Weinbrenners sollte vo m Ettlinge r T or aus, a lso vo m Südeingang der Stadt her, eine "V ia Triumph alis" entstehen, di e einen ersten Schwe r- punkt im Rondellplatz haben sollte , um dann im ei- gentli chen M arktpl atz ihren Höhepunkt zu erreichen (Abb. 2 1). Dies so ll te in der Platzfläche zwischen dem Rathaus und der evangelischen Stadtkirche erfolgen, also im mo numental sten Platzbereich , auf welchem nach der Vorstellung des Architekten auch der H olz- und V iehma rkt gehalten we rden konnte (Abb. 22). Diese räumliche Staffelung zum bürgerli chen Zen- trum der Stadt hin wurde auch von der nörd lichen Richtung aus, durch die Anordnung eines zweiten Platzes, de r einstöckige, niedrige Bauten d ie "Bo uti- quen für Handwerker und Fabrikanten" entha lten soll te, gewährleistet. D er unmitte lbar an der Lange n Straße sich ö ffnende M a rkthof sollte für den Wochenm arkt di enen und lehnt sich, wie Weinbren- ner selber schreibt, a n die Form des antiken M arktes an, di e er in D eutschl and w ieder ins Leben rufen wollte. Es ist wichtig zu erkennen, w ie er versuchte mit der länglichen Fläche, d ie er zur Verfü gung hatte, klei- nere, dem menschli chen M aßstab gerechte Räume zu gesta lten. D abei so llte der rep räsentative Bereich vom Ka ufbereich zu unterscheiden sein , daß kei ne abso- lute Trennu ng der beiden zu erkennen wäre . Die ganze Anlage der Schloßstraße, die in den H aupt- li nien schon umrissen war, wurde durch di e Planung Weinbrenne rs mit der Gestaltung des Ettlinger T ores gegen Süden und des M a rkthofs gegen Norden abge- faßt. So konnte durch di e Anordnung einer fun ktio nal bestimmten Folge vo n Räumen von beiden Richtun- gen aus ein e Steige rung des Ausdruckes gegen das neue bü rge rli che Stadtzentr um hin gewährleistet we r- den. Weinbrenner entwarf also ni cht einen beli ebigen Platz nach reinen fo rm alen Gesichtspun kte n. Er ent- warf das Zentru m eine r Bürgerstadt, nachdem er die Fun ktio n ei nes solchen Zentrums genau analysiert 30 2 1. Fr. We inbrenner, Entwurf fü r den Aufbau der Schloßstraße VOll Karlsruhe, Badisches Gcncra!landcsarchiv Karlsruhe (Baupläne Karls- ruhe Nr. 106) und sich mit den lokalen Gegebenheiten auseinander- gesetzt hatte. Als Ausd ruck eines solchen bürgerlichen Stadtzentrums ist der Karlsruher Marktplatz eines der bedeutendsten historischen Bauprojekte des europä- ischen Klassizismus. Leider ist das Projekt in dieser Form nie ausgefü hrt worden und die Gesta ltung des Marktplatzes blieb bis heute ein Kompromiß. Er wurde eher eine breite Straße als ein gegli edertes Fo- rum im Maßstab einer kleinen Bürgerstadt. 22. Fr. Weinbrenner, Entwurf für die Neugestaltung des Marktplatzes von Karlsruhe Staatliche Kunsthalle Karlsruhe P. K. J. 483/5 Im Gegensatz zu diese r, an der Sch loßstraße kon zi- pierten Abfolge von kleineren Räumen stell te sich Weinbrenner bei ei nem anderen Plan die Ost-West- Achse der Stadt, also die Lange Straße, in einheitli- 32 ~HII~"~f----~~L---~~~--~~~--~.~~~ •• ----~. ____ -AMU"U 1 11 = 'JI - 23. Fr. Weinbrenner, Entwurf für die Umgestaltung der Langen Straße 24. Fr. Weinbrenner, Entwurf für die Umgestaltung der Langen Straße, Querschnitt eher Bebauungsform vor (Abb. 23 und 24). M it die- sem Projekt suchte er eine Lösung zur Gestaltung ei- ner Hauptverkehrsstraße, also einer "Fest- und Kom- merzialstraße" 2J), wie er sie nennt) in einer einheitli- chen Form zu finden. Hier wollte er keine Abfolge vo n Raumeindrücken schaffen, sondern die lange Perspektive betonen. Im übrigen überstieg die an rö- mischen Konstruktionen erinnernde Arkadenfassade die damaligen finanziellen Mögli chke iten der Stadt. Auch ist dieser Entwurf das einzige Karlsruher Pro- jekt Weinbrenners, in dem die Suche nach der Groß- form so deutlich wird. Eine Großform, die dem Ent- wurf eine Monoton ie und einen fast militärischen Charakter gibt. Die Form wird hier zum Selbstzweck und steht nicht mehr in Beziehung zum menschlichen Maßstab. Die an den verschiedenen, schon vorhande- nen Häusern vorgeblendete dreistöckige Fassade weist blinde Fenster auf, und verb irgt ansonsten hauptsächlich zweistöckige, ja viell eicht einstöckige Bauten. Dieses Projekt erregte in manchen Zeiten großes Interesse. Dabei ist es eines der einfallsärmsten Weinbrenners gewesen, das seiner übrigen Gestal- tungstheorie ziemlich ferne lag. Dieser Vorschlag ist demnach eher in Verbindung mit einer Verzweiflung, nicht zu einem einheitlicheren Stadtbild mit Hilfe von Baugnaden und Vorschriften kommen zu können,'· zu verstehen. Auch kann man hier den Einfluß von äußeren Umständen nicht ohne Grund annehme n. Um das wirkliche Wirken Weinbrenners als Stadpla- ner zu würdigen, muß jedoch vor allem sein Entwurf zur Vergrößerung von Karlsruhe, der wahrscheinlich 1815 entstand, betrachtet werden (Abb. 25). Es han- delt sich um den sogenannten "Tull aplan", der jedoch in Wirklichkeit Weinbrenners Werk ist." Dieser Plan gehört zu den bedeutendsten Leistungen des Baumei- sters, und ist zugleich eine der vo ll endetsten Ko- zenptionen einer klass izistischen Stadt im eu ropä- ischen Raum. Weinbrenner geht davon aus, daß sich Karlsruhe flächen mäßig in der Zukunft sehr stark ver- größern wird und schlug eine Neustadt vor. Diese , h ' K .. :~. 1 , .. ~ J ! I .~ 25 . . Fr. Weinbrenner, Entwurf zur Vergrößerung von Karl sru he, Badi- sches Gener.lllandesarchiv Karlsruhe, Ap. H. Nr. 51, 55 so llte zwar manche der zentralen Einrichtungen der alten Stadt weiter benutzen , im übrigen jedoch einen ziemlich selbständigen Organismus bilden. Durch die 23) Darunter muß man sich wohl eine Paradestraße vorstellen 24) Vgl. Valdenaire a. :1.0. S. 78 ff 25) Vgl. dazu auch die grundlegende Arbeit von A. Tschirra. Der soge- nannte TuBa-Plan zur Vergrößerung der Stadt Karl sruhe. In: Werke und Wege . Eine Festschrift für Dr. Ebcrhard Knittel zu 60. Geburts- tag, Karlsruhe 1959 S. 31 ff Anlage de r K ri egsstaße , d ie in 40 m Breite gepla nt war, wurde der neue Bereich vom alten getrennt. D rei senkrechte Straßen achsen z ur Kri egsstraße, also d ie Karl straße, di e Schloßstraße und di e Fasanenstraße, ve rbind en den neuen mit dem alten Stadteil. Das Ra- dial system der a lten Stadt wird im neu en Bereich auf- gegeben. Statt dessen entsteht ein System vo n Diago- nal stra ßen, di e einerse its am Ettlinger Tor und and e- rerseits an einem Pl atz, der etwa an der Ste ll e des heutigen H auptbahnho fes li egt, münden. M it Zen- trum das Ettlinger Tor, w ird eine halb kreisfö rmige Straße um diese neue Stadt he rumgeschlagen, d ie zu - gleich di e äuße rste G renze der Stad t bildet. Somi t ent- steht ei ne Umgehungsstraße, die mehr d ie Rolle einer Stadtgrenze übern immt und sonSt als Pro menadenal- lee d ient. In der neue n Stad tkonzeption übernim mt also an Stell e der Verteidi gungs mauer eine breite Al- lee di e Ro ll e der Stad tbegrenz ung. Die Idee de r Übe rl app un g eines Rechtecks ode r Q uadratschemas der Straßenführung mit ein em D ia- go nalschema, das di e schnell e di ago nale Verb indun g der einze lnen Stadtte ile miteinander ermög li cht, wird im Städtebau des Klassiz ismus wie fr üher in der Gar- tengesta ltung des Barocks oft verwendet. Wei nbren- ner plante hier sehr großzügig. Er war ja auch sonst der Meinung, daß man ei ne Stadt hauptsächlich durch die Anlage einer Neustadt vergrößern so llte. Damit mei nte er woh l, daß be i einer Stadtvergrößerung nicht kleinere Erweiterungen, sondern ein zum größten Teil se lbständ iger Stadtorgan ismus vorgesehen wer- den so ll te, der zwar mit der Al tstadt in engem Zusam- menhang stehen muß, sonSt jedoch den neuen Erfor- dernissen der Ze it zu entsprechen hat. So tren nte er einerse its d urch d ie Kriegsstraße deutli ch d ie alte vo n de r ne uen Stadt, andere rse its aber setzte er de n ne uen Marktp latz an das Ettlinge r Tor, also an die Naht- ste ll e. D ieser ne ue Mar-ktplatz hat jedoch, was seine D i- mensionen bet ri fft, nicllts meh r mit dem alten, auch vo n ihm entworfenen, z u tun. Er hat eine Größe von 34 460 X 230 m, enthält ke ine repräse ntativen Baute n und beko mmt einen besonderen Akzent vor all em durch die Anlage ein es mittl eren H afenbeckens. In den übrigen Neustadtbereichen sind auch keine Kir- chen und M onumentalbau te n vo rgesehen. Es we rd en ledi g li ch als Erweiterung des alten Geschäftszentrums di e H andelseinrichtunge n des Marktes vo rgesehen, eines Marktes der einer fl o ri erenden Bürge rschaft ent- sprechen sollte. Ansonsten soll te der bebaute Tei l aus Wo hnhäusern, Werkstätten und einige n Kasern en be- stehen. Für eine Bürgerschaft, d ie außer dem Marktplatz ihre zentralen Ei nrichtu ngen in der Altstadt fi nden ko nnte oder sollte, wo llte Wein brenner noch wese nt- liche E rh o lungsmögl ichkeite n planen. In dieser Bezie- hung ging er bei seinem Entwurf sehr großzügig vor, Siche rlich d urch den barocken Gartenbau und seine lta lienreise angeregt, plante er an den Kreuz ungs- pun kten der D iagon alstraßen im O sten und im We- sten, zwei rund e Plätze von 165 m Durchmesser. Der östliche sollte als Naumachie und Badeplatz, der westl iche als Platz für englische Reiter, Seiltänzer und als Amphitheater dienen. Zwischen diesen runden P lätzen wird eine langgestreckte Fläche als Zirkus an- ge legt, der in An lehnung an die Piazza Navo na Roms, allerdings bedeutend größer al s di eser, kon zi- piert ist. Mit einer Länge von 950 m und einer Breite vo n 65 m behielt er nur die Pl atzbre ite des römischen Vorb ildes bei und schl ug einen sehr langgestreckten Sport- und Promenad eraum vor, der weniger den C harakter ei nes Platzes hat. Durch d ie Führung des Alb- und Murgkanals durch das ne ue Stadtgebiet wird auße rdem diesem Stadteil noch ein weite rer Akzent gegeben und d ie Bi ld ung der Naum achie im ös tli chen Ru ndp latz und des Ha- fe nbeckens am neuen Mar ktplatz erm ögli cht. Im er- sten P lanungsko nzept werden noch dazu die äußeren Kre issegmente als Erholu ngsflächen freigehal ten. Die zwei Hau ptachse n der Stadt, die K ri egsstraße und die Ettlinger-Straße, enden an ihren Schn ittp unkten mit 1~~ • • ,1 r :' ., /"'~r .,,/ .. 11 111&111 ~dl'I'I..:&.-1 LI_'~I""' I ! I. Y."llll"'!'y'&" 111111111 ~ 'lriilllnIIIIUIIIIIIIIIIIIIIIIIIIlIIIIIIIIIUJIIIIII .,. .". , I • ,- - - ----<" -- -- I"" der äußeren halbkreisförmigen Straße an drei größe- ren Plätze n, welche wiede rum die neuen E ingänge für den Gesa mtbereich bilden. Außer dem natürl ichen Element des Wasse rs wird Grün als Baumbepflanzung in den großen All een und P lätze n, im gesamten Stadt- bereich durchzoge n. Diesem Erweiterun gsp lan liegt ein Großmaßstab zugru nde und , wie Arn old Tschira einmal schrieb, dachte Wei nbrenne r dabei "i n den Kategorien und Zeiträumen die das kommende Zeitalter fordere" .'6 Wen n er in der Altstadt entwarf, behielt er, wie wir am Beispiel des Marktplatzes gesehen haben, de n klei- 26. Fr. Weinbrenner, Modellbebau ungen für die Stadtcrwcitcrung von Karlsruhc, Badisches Generallandcsarchiv K:l.rl sruh c (Baupläne Karls ruhc Nr. 523) 26) Ebenda, S. 42 35 nen Maßstab der dem damal igen kleinen Karlsru he entsprach , bei. Erst außerh alb dieses Bereiches machte er den Sprung zu einer großzügigen Planung, die ei- ner neuen Großstadt des 19. Jahrhunderts entspre- chen so llte. Auch in dieser Bez iehung al so, der klaren Trennung in der Behandlung der alten Bausubstan z und der neuen Erweiterung, ist seine Planung als vo r- bildl ich a nz usehen. Für diese Stadterweiterung entwarf Weinbrenner drei Modellbebauungen (Abb. 26). Im Plan stellt der unterste Vorschlag nach seiner Legende "für die vor- zügli chste Stadtgegend und Hauptstraßen ve rschie- dene zwe i-, drei-, vier- und fünfstöckige Modellge- bäude für reiche Particuli eres" dar. Es ist e in Vor- schl ag, der für den gep la nten Z irkus vo rgesehen war, also dem länglichen Raum, welchem di e Piazza Na- vona als Vorbi ld di ente. D er Karlruher Z irkus so llte vo n einem Arkadengeschoß umgeben sein, das die einze lnen selbständige n Bauten für die reichen Bürger mitei nander ve rb and. Somit werden zwar auf dem vornehmsten Platz der Stadt se lbständige Großbauten erri chtet, durch ihre Verbindung jedoch im unteren Geschoß wird auf eine geschlossene Gesta ltung des P latzes Rücksicht genommen. In demse lben Plan , mit dem in der M itte geze igten Entw urf schlug er für di e mittlere Stadtgegend ve r- schi edene zwe i- und dreistöckige Modellgebäude für die " mittl ere Bürge rklasse" vor. Die hier gezeigten seitliche n Bauten si nd wo hl al s Miethäuse r gedacht und in der Form ganz schli cht gehalten. Die mittl eren dagegen, di e einen runden Platz umschli eßen, so llten eine gewisse Monumentalität au fzeigen. V ie ll e icht deutet der in der Achse li egende Obelisk auf eine Be- bauun g jense its des Ettli nge r Tores hin. D er obere Bebauungsvo rschlag zeigt dann "für die entferntere Stadtgegend ve rsch iedene ei n- und zwe i- stöck ige Modellgebäude für Handwerke r und Fabri- kante n". Es ist di e Bebauung, d ie für di e äuße ren, südlichen Diagonalen der Neustadt vorgese hen war, an denen er in unmittelbarer Bez iehung zur freien 36 Landschaft und in enger Verbindung mit dem Wohn- bau das Handwe rk an legte. D as für das gesamte 19. Jahrhundert Bedeutende in di esem Plan ist, so glaube ich, schon sichtbar. Wein- brenner plante nicht nur vo n ei ner reinen ästhetischen Grundlage ausgehend, er zeichnete nicht g roße Stra- ßenfüh rungen und monumental e Pl ätze, nur um for- mal gesehen eine monumentale Großstad t zu schaf- fen. Was wir an seinem römischen Idealstad tentwurf vermuteten, a lso eine Planung von der Soz ialstruktu r einer neuen Stadt ausgehend, wird hier an einem rea- len Projekt demonstri ert. Dabei wollte er bereits ni cht nur den soz ialen Gegeben heiten der damaligen Bevö l- keru ng von Karlsruh e, sondern ei ner Bevölkerung mit einer schon weiterentwickelte n Struktur, also ei ner Großstadt Karlsru he, gerecht werden. G leichze itig ist es einer der ersten Projekte, das die Prob lematik der neuen Stadt zu umfassen versuchte, und es blieb des- halb richtungsweisend. Wen n wir jetzt versuchen, die einze lnen Bauten des Baumeisters z u betrachten, so ist es notwe ndig, g leich am Anfa ng festz uhalten, daß die Mehrzah l vo n ihnen in einer anderen Weise erri chtet sind als sei ne bisher geze igten Projekte. Bei seinem Versuch, der deut- schen Arch itektur neue Gestaltungsformen zu geben, verli eß Weinbren ner nach dem Bau der Synagoge sei - nen Revolutionsstil und ke hrte z u einer Archi tektur- ri chtung zurück, di e er wohl in Berlin ke nnen ge lern t hat, näm li ch den Pal adi an ismus. D ieser fand in Berlin schon z ur Ze it Fried ri chs des Großen vo r allem durch eng li schen Einfluß eine schnell e Verbreitung. D ie Formsprache Pall adios sc hi en ihm für den Aufbau ei- ner kl ass iz isti schen deutschen Stadt besser realisierb ar zu se in. Wieso er sein e Kunstrichtung änderte, läßt sich viell eicht damit erklären, daß er rechtzeitig er- ka nnt hat, ein traditio nell erer Klass izismus wä re für eine sich in einem Evo lutio nsprozeß zur Bürgerstadt hin befind liche Stad t passender. Diese Formen hätten auch besser das neue Bürgertum, das noch immer im baroc ken Geist sei ne Vorbi ld er suchte, repräSe ntieren können. So gesehen bildet se in Palladianismus ideen- mäßig ein Zwischengli ed zwischen den barocken Für- stenbauten und dem Ausdruck seiner Idealgesell- schaft, den er in Rom ges ucht hat. Jedoch auc h als Palladianist blieb Weinbrenner ein Baumeister mit großer Ausstrahlung, welche vor a llem durch sein theoretisches Werk von den skandinavi- schen bis zu den balkanischen Ländern bemerkbar wird. Die Architekturelemente Palladios, die für die Fassadenbildung und die Gesamtkomposition von be- sonderer Bedeutung für die Klass izisten vo r Wein- brenner waren, so ll ten hier kurz erwähnt werden. Es si nd vor allem dre i Leistu ngen vo n Pall adio, die einen Einfluß auf die klassizistische Architektur ausübten. Als erSte derartige Leistung wäre die Einbez iehung der antiken Tempelfront in den profanen und sakra- len Bauten zu nennen und dabei hauptsächlich die Übereinandersetzu ng zwe ier Tempelfronten bei einer d reiteiligen Fassadenbildung, wie sie Palladio bei se i- nen Venez ianischen K irchen San G iorgio Magiore und II Redentore anwendete (Abb. 27) 27 Als nächstes wä re dann d ie Komb ination eines halbrunden Fen- ste rs mit einem Giebe l z u nennen, so daß der erstere in den Giebel dringt und eine betonte Dreigliederung der Fassade schafft, wie Palladio es in der Vi lla 27. Andrea Palladio, Kirche II Redentore in Venedig v) Vgl. dazu R. Wittkowe r, Grundlagen der Architektur im Zeitalter des Humanismus, München 1969, S. 74 ff 37 Foscari baute (Abb. 28). Ein anderer Pa lladianischer Gedanke, der großes Interesse erregte, wa r die Idee der Z usammensetz ung mehrerer rechteckiger Ele- mente um eine runde Bauform z u einem zentralen Gesamtbau, welche er in der V ill a Rotond a verwi rk- licht hat. Vor a ll em aber war Palladios Konzeption ei- ner eurythmischen und symetrischen Anordnung von mehreren se lbständigen Baukörpern zu einem Ge- samtgeb il de, vo n großem Einfluß. Nach dieser Kon- zeption kö nnte ein vollendetes a rchitekton isches Er- gebnis d urch ei ne Z usammenfügung vo n einze lnen, selbständigen Elementen zustande kommen, die sich jedoch zu einer Einheit integrieren müssen und bei welcher aber eine Grad uierung der ei nze lnen Formen gewährleistet werden so ll te. W ie dies z u erreichen wäre, ze igt er in sei nem Entwurf für die V illa Pisani (Abb. 29). Hier wird ein mittl erer H auptbau von zwei Nebenbauten fl ankiert, die etwas nied ri ger gehalten und mi t ihm d urch noch ni edrigere und z urückge- setzte Baukörper verbu nden sind. 38 28. Andrea Palladio, Villa Foscari in Gambarare di Mira Das letztere Entwu rfsp rin z ip hat vor a ll em den englischen Palladiani smus stark beeinflu ßt und das engli sche Zeich nungswerk vo n Colen Cambell ,,vitru- vius Brita nicus" enthält eine Reihe vo n E ntwürfe n, die in An lehnu ng an di e Vi ll a P isa ni kon zipiert sind. Die- ses Werk hat einen sehr großen E influß auf die dama- lige eu ropä ische Architektur ausgeüb t und es ist anzu- nehmen, daß es Wein brenner scho n in Berli n studiert und darin auch andere Vorbilder zu diesem Entwurf- sprinzip gefunden hat. In di ese r Bez iehung wird hi er auf die Gestaltung des Platzes von Covent Garden in London durch Inigo Jones hi ngewiesen, be i der die P lanu ngs idee Weinb renners z ur evangelischen Stadt- kirche schon vorhanden ist (Abb . 30) 28 Obwohl also Weinb renner die Bauten Pall adios nicht gekannt hat, wurde er von dessen Archi tekturprinz ipien durch das theo reti sche Werk und durch die Werke der engli- schen Palladianisten inform iert und in seinem späte- re n Werk davon stark beei nflu ßt. .I>.I>.~ - I - I - I" *~L~ • ~ "'30""'~ .~ 29. Andrea Palladio, Entwurf zu der Vi lla Pisan i 30. Inigo Jones, Entwurf für die Gestaltung des Platzes von Covent G:u- den in Landon (nach ,.Vitruvius Britan icus" Bd. 11 , Taf. 21/22) 21) Siehe auch Si nos, a. a. O . S. 202 ff 39 1 --- 40 31. Fr. Weinbrenner, Das EulingerTor, Süd ansicht 32. Fr. Weinbrenner, Das Eltlinge r Tor, Norda nsicht, Rechts das Haus von Weinbrenne r -----:: ·_._----- So baute er zwar das Ettlinger Tor in Anlehnung an die Propyläen der Akropol is von Athen mit dorischen Säulen. Er verwendete a ll erd ings dabei das palladiani- sche Prinzip der Überlappu ng der zwei Tempelfron- ten, um die zwe i niedrigen Nebenbauten an das Tor anzuschließen (Abb. 31 und 32). Um einen d irekten Anschluß dieser Nebenbauten an das Tor und die pal- ladianische Fassadengliederung zu erreichen, mußte er jedoch di e zwe i seitli chen Interkolumnien schließen und Pilaster anstarr Säul en setzen. . . - 33. Fr. Weinbrenner. Das H aus des Generals von Beck an der Schloß- straße in Karlsruhe Die gleiche Fassadengliederung findet auch in se i- nem Hausbau Verwendung. So wird die Fassade des Hauses des Generals von Beck an der Schloßstraße, in drei Teile gegl iedert und zeigt diese typische palladia- nische Manier der Überl appung zweier Giebel (Abb. 33). 4 1 34. Fr. Weinbrenner, Die Münze in Karlsruhe Bei der Münze lind beim Stephanienbad finden wir dann das zwe ite palladianische Motiv, näm lich die Durchdringung des Giebels mit einem mittl eren Teil, der einen segmentfärmigen Absch luß in dem Giebel- feld besitzt (Abb. 34). Dasselbe geschieht in seiner Fassade zum T heater von Leipzig und am Keg- lerheim , dem ehemaligen Promenadenhaus (Ab b. 35). 42 35. Fr. Weinbrenner, Das ehemalige Promenadenhaus in Karlsruhe Was sei ne Baukärperb ildung ange ht, zeichnete er eine ganze Reihe von Variationen in Anlehnung an die Vi ll a Rotonda und bau te ei ni ge davo n. Das Bei- spiel des Palais der Markgräfin Friedrich, das an der Ste ll e des heutigen Bundesgerichtshofes sta nd, de- monstri ert, wie er den zentralen Gedanken des palla- diani schen Modells gerne verließ, um eine Betonung der einen Achse zu erreichen (Abb. 36). Die zwei an - gefertigten Projekte behalten nicht mehr die quadrati- sche Anordnung, sondern bekommen einen rechtecki- gen Umriß. Überhaupt verließ Weinbrenner in seiner Karlsruher Ze it das Ideal der Zentral ität zugunsten ei- ner Wertd ifferenzierung der zwei Hauptachsen. •• • • • • rii,.··· • Tii' I- I-...J 1-...1 -I ... ;::Ir.. L • • . ..... • • ~. . . ~ • • • • • .,. - · ..:fP'" • :,H:: t t 1 t 1 1 L .Ja J. .L • •• • Ja.J. J.. J • • • • • • , 36. Fr. Wein brenner, Entwurf für den Palais der Markgräfin Fricdricb in Karlsruhe, Sig . Institut für Baugeschichte Universität Karl sruhe Diese Tendenz wird in seinem ausgeführten P lan der kathol ischen Kirche sichtbar, wo zwar der mitt- lere Zentralbau noch stark an seine Berliner Versuche zu einer protestantischen Kirchenplanung erinnert. Dieser ist jedoch hier von Nebenbauten umgeben, die durch Mauern oder Säulengänge, nach bester pa ll a- dian ischer Manier, mit ihm verbunden sind (Abb. 37) . 44 37. Fr. Weinbrenner, Die katho li sche Kirche in Karl sruh e Slg. Institut für Baugeschichte, Universität Karlsruhe - t .~~ ...... ~,,/r,I,, / .. .,. , 1:' rr/'~ !( ......... _ ..... , • D ie Planung zu r evange lischen Stadtkirche in ih- rem Anfangsstad ium we ist sowohl Elemente seiner re- vol utionären Stilrichtung, als auch das palladianische Schema der Zusammensetzung eines Ganzen aus ver- schiedenen, se lbständ igen Bauteil en auf (Abb. 38). D ie einzelnen Formen sind zwar noch mit seinen rö- mischen Projekten eng ve rbunden. Was wir jedoch 38. Fr. Wei nbrenner, Entwurf zu der evangelischen Stadtkirche Karls- ruhe, Badisches Generallandesarchiv Ka rlsruhe (Baupläne Karlsruhc Nr. 106) vo r uns haben, ist die Kompos itio n eines se lbständi - gen, mittleren Sakralraumes, der von Neben bauten flan kiert w ird, welche wiederum mi t ihm d urch nied- rige Trakte verbunden sind . D er Kirchenbau zeigt noch die schlichten Fo rmen, die ihn in Ro m begeiste rt habe n und die bei den Nebentrakten auch z u finde n sind . 46 39. Fr. We inbrenner, Ausfüh rungsentwurf z.u der evangelischen Stadtkir- che in Karls ruhe, Zeichnung von Dyckcrhoff (1808) Slad tarchiv Karl sruhe (Plansammlung XV, Nr. 1245) Beim endgültigen Entwurf wird di e Dominanz des sakralen Bautei ls über di e Nebenbauten geste igert (Abb. 39) . Eine röm ische Tempelfront vo ll ster Prä- gu ng beherrscht das Ganze. Ihr Gegensatz zu den sonst schlicht gehaltenen Eckbauten, die keine G iebel- front mehr aufweisen, wird nur durch ihre, gegenüber der Behandlung im ersten Projekt, erhöhte Massig- keit, gemindert. Die ni edrig gehaltenen Mauern, weI- che die einze lnen Bauteile verbinden, betonen noch stärker den selbständigen Charakter der einzelnen Bauglieder, die, woh l bemerkt, auch ganz verschie- dene Funktionen enth alten. Es ist die voll endete Ein- ze lform, di e di esen Bau zu einem Meisterwerk Wein- brenners macht. Auch bei dem als Emporenkirche konz ipierten Innenraum klingt dieselbe reife Form- sprache an, und es muß hier betont werden, daß der Verlust dieser Innenraumgestaltung nicht nur für Ka rlsruhe ein großer Verlust war (Abb. 40). 40. Fr. Weinbrenner, Die evangelische $[adlkirche in Karlsruhe, Innen- raum gegen Osten 47 / Bei seinem Rathausprojekt kann man eine ähnliche Entwicklung seiner Baugedanken festste llen. Auch hier ve rbinden sich in se inem erSten Entwurf zwei Stilrichtungen, ei nerseits die Verherrlichung des schlichten und einfachen Baukörpers und der dori- schen Ordnung, andererseits das palladianische Prin- zip der Zusammensetzung von Bauteilen zu einem Ganzen, ja sogar der Übe rl appung zweier Giebelfron- ten miteinander (Abb. 4 1). In der Folge ze igt uns eine andere Variante zum Rathaus de n Ve rsuch, eine größere Monumentalität unter Verwendu ng des palladianischen Entwurfspri n- zi ps, zu erreichen. Der mittlere Trakt wi rd größer und weist ein über drei Stockwerke reichendes Portal, 48 41. Fr. Weinbrenner, Rathaus Karlsruhe (Entwurf von 1797) Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe (Baupläne Karlsruhe Ne 106) mit einer ionischen Ordnung, auf. Auch d ie Eckbau- ten werden mit Pilastern gegl iedert und d ie Zwisch- entrakte zeigen einen zweistöckigen Aufbau, der die Einheitlichkeit des Ganzen steigert (Abb. 42). Bei die- sem Plan, der die Kombination eines Rat- und Stän- dehauses vorsah, soll te das große mittlere Portal dem Vorbau der Stadtkirche gesta lterisch entsprechen. Bei den Seitentrakten blieben die Giebe lfronten vorhan- den . Dazu half auch der schon nach dem erSten Plan fertiggestellte N ordflügel. Auch di ese Planung ge- langte nicht zur Ausfüh rung und Wein brenner plante in der Folge, in Anlehnung an d ie Form eines Stadtpa- lais, eine An lage, die aus einem dreistöckigen Haupt- bau bestand, an dem zwei niedrige Seitenflügel ange- 42. Fr. Weinbrenner, Rathaus Karlsruhe (Entwurf 18 (8) Slg. Institut für Baugeschichte, Universität Karlsruhe 49 I 50 .. , "' 43, Fr. Weinbrenner, Rathaus Karlsruhc (Entwurf 182 1) Sig. Institut für Baugeschichte, Univcrsittit Karlsruhe schlossen waren und der einen mittleren Risalit besaß, bei welchem die Großord nung erst im ersten Geschoß anfing (Abb. 43). Das palladianische Grundschema wurde zugunsten einer barocken Gestaltung aufgege- ben. Die niedrigen Seitentrakte waren nur durch die Tatsache, daß der nörd liche scho n gebaut war, in die Planung einbezogen. Der Turm steht jetzt über dem Ratsaal in Anlehnung an die Villa Rotonda." Durch das Vorste ll en eines Alternativvorschlags versuchte Weinbrenner in der Folge auf sein zweites Projekt zu rückzukommen . Dabei wurden das palla- dian ische und das konventionelle barocke Entwurfs- · r . 44 . Fr. Weinbrenner, Alternativvorschläge zum Rathaus von Karl sruhe ( 1821) 51g. Institut für Baugesch ic hte Universität Karl sru hc schema nebeneinander geste ll t (Abb. 44). Schon hier wird sichtbar, wie nach diesem langen Zögern das Endprod ukt eine Kompromißlösung geworden ist. Man entschloß sich dann, für den mittleren Teil auf die dritte Lösung, mit der Loggia über dem ersten Stock, zurückzugreifen, die Zwischentrakte dreistök- kig au fzubauen und die Ectrakte zu Eckrisa liten mit ~ Die Anwendung der Formen eines Stadtpalais in diesem Projekt von 182 1, steht in enger Verb indung mit dem Bau des Markgräflichen Pa ~ lais, welches 1803 entworfen wu rde und zu seiner vollcndctslcn Schöpfung gezählt werden muß ; 52 45. Fr. Weinb renner, Rathaus Karlsruhe, Zeichnung von Mccs (1828) Sig. Instit ut für Baugeschichte, Unive rsität K:uls ruhe Giebelfronten umzugestalten (Abb. 45). Die Eu- rythmie, die ursprünglich durch die klare Differenzie- rung zwischen den beiden Nebentrakten und dem do- minierenden mittleren Bauteil zustande kommen so llte, wurde zugunsten einer traditionelleren Auffas- sung aufgegeben. Das Rathaus, dem Weinbrenner in se inen römischen Entwürfen den Ausdruck der neuen Gesellschaftsform geben wollte, bekam sch ließlich in etwa die Form eines barocken Palais, wobei man fest- stellen muß, daß auch diese restaurative Architektur Weinbrenners manchen se iner Zeitgenossen sicherlich nicht restau rativ genug erschien. Zwei andere Bauten Weinbrenners, die eine überre- gionale Bedeutung haben, sind das Ständehaus und das sogenannte Museum gewesen. Beide, als Aus- druck der neuen bürgerlichen Macht konzipiert, sind leider nicht mehr erhalten. Beim Ständehaus nahm Weinbrenner wiederum einen Bau Palladios als Vor- bild, näm lich das Teatro Olympico von Vicenza. Die- ses hatte auch dem Franzosen Gisors für die Gestal- tung des Repräsentantenhauses in Palais Bourbon in Paris gedient und Weinbrenner kannte es vielleicht aus eigener Sicht J O Im Gegensatz zu diesen beiden Bauten gestaltete Weinbrenner allerdings einen viel höheren Säulenumgang (Abb. 46), welcher den Raum dann prägte. Auch zeigte er bei der Behandlung der einzelnen Bauglieder se ine Meisterschaft in den deko- rativen Detail s. Beim Museum wiederum, das die Funktion eines Klubhauses für die Bürgerschaft hatte, verwendete er die runde Bauform, um das Eckpro- 46. Fr. Weinbrenner, Das Ständehaus in K:ulsruhe, Inn enraum blem, welche das Grundstück stellte, zu lösen. Im In- neren gelang es ihm durch die zweistöckige Anord- nung des Hauptsaales und die zwei N ischen, die er jenseits der Längsachse baute, einen Großraum mit ei- ner Dreikonchenan lage z u schaffen, der wohl zu den schönsten und imposantesten der Stadt gehörte. 30) Vgl. E. Kaufmann, Architecture in lhe Agc of Reason, Ncw York 1968, S. 206 und Abb . 217. Daß Weinhrenner nach Paris reiste, muß noch ausführlich bewiesen werden Der Bau des Theaters, der Bäder, des Ständehau- ses, des Museums und der Rathauses demonstrierte si- cherli ch nicht nur den Wi ll en der Bürgerschaft, den neuen städtischen Erfordernissen gerecht zu werden. G leichzeitig wird die enge Beziehung und Zusam- menarbeit zwischen den Bauherren - in dem Fall dem Großherzog und der Bürgerschaft - und eines Stad- planers und Arc hitekten von Format sichtbar. Wein- brenner war nicht ein Baumeister, der an sei ne Pro- jekte aussch li eß li ch durch die Anregung von ande ren heranging. Durch die Gesamtstadtkonzeption, die er hatte , konnte er dem Auftraggeber helfen, seine Wün- sche z u erkennen und entsprechend zu handeln. Man- che Städte, auch viel größere in Europa, haben zu die- ser Zeit einen großen Ausbau erha lten. Nicht a ll e sind jedoch a n ihre neuen Bauproblerne in einer so lchen vo llständigen Weise vorgegangen. In dieser Hinsicht mußte also die W irkung Weinbrenners sehr groß ge- wesen se in. Er wollte der Stadt ein neues Leben geben, er wo llte den Bedürfnissen seiner Mitbürger, entweder durch die Errichtung von sozialen Einrichtungen oder durch die Verbesserung der Wohnbedi ngungen ge- recht werden. Seine geplanten und gebaute n Einze I- oder Mietshäuser, die in diesem Zusammen hang ni cht besprochen werden und von denen nur noch wenige erhalten sind , ze ugen von seinem Willen, der alten deutschen Wohntrad ition gerecht zu bleiben. Gleich- zeitig aber wollte er ihnen durch ein neues universales Gewand formell den Ausdruck des neuen europä- ischen Bürgerhauses geben. Wenn im zwe iten Teil dieser Weinbrenner-Betrach- tung ein größeres Gewicht auf seine stadtplaneri sche Konzeption ge legt wurde, so geschah das , wei l seine Bedeutung als Städteplaner im 19. Jahrhundert ent- scheidend ist. Wenn wir auch festgestellt haben, daß se ine Wirkung für die Stadt Karlsruhe groß war, dann müssen wir noch hinzufügen, daß dieses Wirken eine Ausstrah lung hatte , welche noch nicht entsprechend erkannt worden ist. Sein theoretisches Werk hat seine 54 Vorstellung über die einzelnen Bauten in der Nach- folgezeit e inem breiten Publikum bekannt gemacht. Seine stadtp lanerischen Konzeptionen jedoch haben für die Gesch ichte des 19. Jahrhunderts eine noch größere Bedeutung, da Weinbrenner einer der ersten Baumeiste r war, der die Impulse der Neuzeit erfaß te und versucht hat, sie baulich auszudrücken. Als ent- werfender Arch itekt kämpfte er lange mit der Form- sprache, wie auch manche se in er Ze itgenosse n es ta- ten. Er lernte barock z u entwerfen , begeisterte sich dann für den revo lutionären Klassizismus und wurde später der bedeutendste Vertreter des deutschen Pal - Iadianismus. Der strenge Rationali smus der französischen Schule war ihm fremd . Dies erscheint am besten in seinem theoretischen Werk das er verfaßt hat," wenn er se ine Gegensätze zu den einflußreichsten fran zösischen Theoretikern der Zeit, Durand , aus- drückt. Beide verherrlichten den einfachen Baukör- per. Durand ging in se iner Theorie vo m Gedanken aus, bei der Z usammenstellung vo n Bauten sei der di - vidierende Vorgang einer Grundform oder die Addi- tion gleicher Einheiten anzuwenden (Abb. 47). Er schlug seinen Studenten vor, sie so llten üben, das Quadrat z u teil en, um das Entwerfen zu erlernen." 3!) Fr. Wei nbrenner, Architektonisches Lehrbuch , 18 10-1 825 32) J. N. L Durand, Precis des Lecons d'Architecture , Zweite Auflage, Paris 18 17,zweiterTeil,S.91 '"'''''',·",0,,,,,,,, ''''''' Ii:::@a ~ ::::i:~ . . r~!: : : ; :l'~ Tlf1tB:!! J I'~ Jqtgg • • • * • \mlHlllIIllJlf'UJ" .. < •• } , ~ ? - ...... ~_tf.f':f:flr.fj ~ ~ MEMFll , .. .. ~ " .' ~--w . . I ,.J~'" t 1,..JJ,.Jj· .' ." rI"",a=,..a" "",~ttUn 47. J. N. L. Durand, Baukörperzusammensetzung (Nach "Prccis" 2. Auf- lage 18 14, Te;! 11 , 1'1.20). 55 48. Fr. Weinbrenner, Baukörper-Zusammensetzung (N:\ch "Architektoni- sches Leh rbuch" 3. Teil, 2. H eft, TL X) 56 Weinbrenner ging ganz andere Wege. Bei ih m ist die Z usammenfügung un gleicher Elemente in einer sym- metrischen und eurythmischen Weise das wichtigste, und er empfahl se inen Schülern, in einer solchen Art die Baukörperzusammensetzungen zu üben, um die Mannigfaltigkeit der Formen frühzeitig zu erkennen (Abb . 48).)] 11) Fr. Weinbrenner, Architektonisches Lehrbuch, dritter Teil, viertes Heft, S. 60 -j , , - -- J;.r. , , , , , o .';.i tii , ~Ii' , li , ~ !+ I~ ,-I -i I iJ I , ~ Auch das von Durand propagierte Rastersystem, das von den kl aren französischen R atio nali sten bei je- dem Bau stur durchgehalten werden mußte, wa r für W einbrenner ni cht in dieser extremen Ko nsequenz akzeptabel. So ä nderte er bei seinen Vorschlägen se in Rasternetz je nach der Funktion der einze lnen Rä ume (Abb. 49). Bei einer entsprechenden Zeichnu ng vo n ihm sind in Figur 6 die Rasterquadrate im mi ttleren T eil g rö ßer als in den Seitenflügeln , und in Figur 7 di e Felder, auf we lchen die Hauptachsen des Baus fa ll en, verbreitert. Er schrieb dazu: "Es w ürde in manchen Fäll en auch selbst fehlerhaft se in , wenn ein Baumei- ster diese Vorschriften überall streng befo lge n woll te, es wäre denn , daß er etwa di e Q uad rate nach dem Stand e und der Beschäftigung der Bewohner eines H auses größer oder kl einer, je nachd em es d ie Zweckmäßigkeit und der Anstand erfo rd ert, in einem sachgemäße n Ve rh ältni s annehme . . . " .'4 49. Fr. Weinbrenner, Rasterentwürfe (Nach "Arch itektoni sches Lehr- buch" 3. Teil , 4. Heft, Tf. XL) ") Ebcnda, S. 60 ff D as künstlerische E lement des Gestalters drückt sich hier a ll erd ings gleichzeitig aus, eines Gestalters der die Strenge des Rationalismus anerkannte, jedoch dadurch seine Gestal tungsfreiheit ni cht unterdrücken ließ. Seine D etai ls, wie z. B. a n dem Geländer einer Treppe des Markgräfl ichen Palais (Abb. 50), bei wei- chem die Ve rwe nd ung von re in geometrischen For- 58 50. Fr. Weinbrenner, Markgrjflichcs Palais Karlsruhe, Treppengeländer men zu sehen sind , aber auch die Beispie le, wo er For- men aus der Natur nachahmt, ze ugen von seiner Vor- liebe zum Gestalten, plastische Gebi lde z u schaffen und eine schlichte Dekoration im Bau einzufügen, die nach seiner Auffassung unbedingt zur Architektur ge- hören. Er sprach nicht von reiner N utzarchitektur. W ie wir gesehen haben, erkannte er das N utzbare an, ja, er war sogar ein Verkämpfer der funktionalen An- ordnung der Bauwerke. Sein Bestreben war es aber, Kunstwerke zu schaffen, da für ihn Architektur nur Kunst sein kann. Dieser Kunstbegriff der Architektur ist eng mit jeder Neuschöpfung verbunden und wird auch bei seinen Gestaltungen nicht gestört, wenn er trad itionelle, klassische Elemente verwendete. Wenn auch einige Teile bei solchen Gesta ltungen durch andere Vorbi lder inspiriert, ja sogar kop iert sind , wie z . B. di e Greifen über einem Kami n mit Spie- ge l im Markgräflichen Palais, so war sein Bestreben, eine neue Gesamtform zu entwickeln , in der er sein Feinheitsgefühl ausdrücken konnte (Abb. 51). So war es diesem Baumeister, der in einer Person den GestaI- 51. Fr. Weinbrenner, Markgräfliches Palais Karlsruhc, Kamin mit Spiegel ter, den soliden Handwerker und den aufgeklärten Planer vereinigte, in weit größerem Rahmen, als man bis jetzt annahm, vergö nnt, durch seine Architektur- theorie, seine klare Stadtkonzeption und sei ne Bauten eine große Ausstrahlung zu erreichen, und in man- cher Hinsicht richtungsweisend für di e Baukunst des 19. Jahrhunderts zu wirken. Dies beruht auch auf der Tatsache, daß er einer der ersten Architekten der Neuzeit war, der die Problematik der neuen Welt er- kannte und als Baumeister versucht hat, zu dieser Problematik eine dem Menschen gerechte und umfas- sende Anwort zu geben. Wulf Schinner Die Architekten des 19. Jahrhunderts - von der Schule Weinbrenners bis zu Hermann Billing- 61 Die Architekten des 19. Jahrhunderts - von der Schule Wein brenners bis zu Hermann Billing - Ein Versuch, über die Architektur des 19. Jahrhun- derts in Karlsruhe zusammenfassend in knapper Form zu handeln, müßte mißlingen, denn da s 19. Jahrhun- dert als eine Ze it einigermaßen gleichmäßiger Vor- gänge gibt es ja nicht, und alle wesentlichen Fragen der Architektur des 19. Jahrhunderts anzusprechen , einer Architektur, die mit den großen wirtschaftlich en und politischen Änderungen im Laufe des Jahrhun- derts immer wieder vor neue Anforderungen gestellt war, anderen Zwecken dienen, anderen Gedanken Ausdruck verleihen mußte, ist ein umfangreiches Unternehmen. Der Einbruch um 1830, die unruhigen endvierz iger Jahre, die Zeit der Reichsbildung und die Jahrhundertwende mit dem Aufbruch der Jugend und Rückbesinnung zugleich spiege ln sich deutlich auch in der Architektur Karlsruhes. Dies alles hier im einzel- nen auseinanderzusetzen, ist eben unmöglich. Aber es soll der Versuch unternommen werden, an einigen Beispielen darzulegen, was Friedrich Weinbrenner seine Schüler zu lehren trachtete und wie er es tat; was einze lne Schüler aus diesen Lehren machten und wie sie auch weit über die Grenzen dieser Stadt hin- aus wirkten ; wie folgende Generationen des 19. Jahr- hunderts mit dem Vermächtnis Weinbrenners umgin- gen, mit der durch ihn geprägten Karlsruher Stadt- mitte, mit seinen Überlegungen zur planmäßigen Vergrößerung der Stadt. Im Jahre 1797 kehrte Friedrich Weinbrenner nach fünf jährigem Studienaufenthalt in Italien nach Karls- ruhe zurück 1 (Abb. 1) . Mit tiefen Eindrücken und mit seinen, mit endlosem Fleiß erarbeiteten Studienmate- rialien trat er als Bauinspektor in die Dienste des Markgrafen Karl-Friedri ch. Den 31-jährigen stellte die Arbeit aber nicht zufri eden , er versuchte sein Glück in Straßburg und folgte schließlich im März des Jahres 1800 einer Einladung des Prinzen August vo n England nach Hannover. Trotz eines wohl außer- ordentli ch interessanten Angebotes, in hannoversche Dienste zu treten, entschied er sich für die Rückkehr nach Karlsruhe . Aber in H annover wußte man sich 1. Friedrich Weinbrenner, Radierung von earl Sandha:1s (Stadtarchiv, Plan- u. Bildersammlung IlI , 1693) I) Vgl. Friedrich Weinbrenncf, Denkwürdigkeiten, hrsg. von Arthur von Schneider, Karl sruhe 1958, S. 174; Arthur Va ld cnaire, Friedrich Wein- brenner, Karlsruhe 1919,3. Auf!. Karlsruhe 1976, S. 58f. 63 die Fähigke iten des 34-jährigen dennoch zunutze zu machen: ein junger Arch itekt soll te auf Kosten der Regierung bei Weinbren ner in Ka rl sruhe se ine weitere Ausb il dung erhalten. Wei nbren ner selbst hat wohl die Wa hl unter den jungen Ze ichnern des H ofbaumei- ste rs getroffen: sie fi el au f Georg Moller aus dem hannoverschen Diepholz, der als Stipend iat nach Karlsruhe zog. Er und Christoph Arnold aus Straß- burg gehörten zu Weinbrenners ersten Schülern in Karlsruhe. Schon in Lausanne und Rom hat Weinbrenner er- sten Unterricht erte ilt, und er selbst hat in se inen Lehrjahren manchesmal den Mangel an systemati- schem Unterricht bek lagt. Mit der Rückkehr nach Karlsruhe im Jahre 1800 widmete sich Weinbren ner dann sog leich dem Aufba u seiner privaten Arch itek- turschu le. Man lernte in kleinem Kreise (Abb. 2). W ie sehr es Weinbrenner dräng te, sein Wissen und seine Fähigke iten weiterzugeben, wie unglücklich er war über die Verhältnisse im badischen Bauwesen, das zei- gen se ine eigenen Worte : "Ist man vielleicht in kei- nem Fach so weit, a ls wie im Fache der Bauku nst zu- rück, denn al les, was nu r Maß und C irkel se inem Ge- brauch nach kennt, g laubt sich nach diesen bey uns eingerissenen Mißbräuchen schon berechtigt zu seyn, Eingri ffe in diesem K unstfache zu thun und selbst ein Eingeweihter z u seyn, wen n er auch nur in anspruchs- loser Angabe etwas für Kunst und Wissenschaft ge- than zu haben glaubt. Welche Folgen und Nachteile solche An maßungen dem Staate sind , mögen die seit mehr als einem Jahrhundert in dem architekton ischen Fache erze ugten Prod ukte und die hierauf zwecklos verwe ndete Summen angeben. Ohne hierüber eine weitere Schilderun g vo n der Unvollkommenheit unse- rer Stadt- und Landgebäude z u geben, so darf man nur im all gemeinen auf die so unvo llkommene und kunstlose Bearbeitung unserer Gebäude hindeuten und man wird sehen, daß all es, was das letzte 18. Jahrhundert und zuvo r für die Baukunst hervorge- bracht hat, auch keine Spur von Fortschritten und 64 '" -,~ .. , ............ . ~1.1·;« v~~ 2. Weinbrenner mit Schülern (Inst. f. Baugeschichte Karlsruhc, Wbr. Sch. 11 58) C ultur dieses so bedeutenden Faches ze igt. Um nun bei dieser bevorstehenden Bauorganisation zugunsten des Staates und zur C ultur der Baukunst nach einem gemeinschaftlichen Z iele z u wirken und von dem jet- zigen Standpunkte unserer Kenntn isse auszugehen, wäre es zu wünschen, daß vor a ll em di e im ganzen Großhe rzogtum angestellten Baumeister ihrem Gehalt nach, also placiert und gehörig versetzt und verte ilt werden, daß ei n jeder auf seine ihm passende Stelle komme, wo er mit se inen Kenntnissen zu dem Haupt- zwecke des Ganzen wirken und tätig se in könnte; so möchte, nach meinem unm aßgeblichen Dafürhalten, das hi esige Bauamt, als das Centrum für Cu ltur und Zweck seiner gehörigen Sphäre nach angesehen, vo r allem mit solchen Subjekten versehen werden, daß sich von hier aus die Hauptstrahlen jener Erwartun- gen verb reiten und daß das üb rige Baupersonal für Land- und Stadtgebäude, für d ie 2 noch untergeord- nete Bauämter in Mannheim und Freiburg von hier aus du rch junge tätige und wissenschaftliche Männer, welche ein vo llkommenes Studium der Baukunst von Anfang bis zu der Praktik eines Geschäftsmannes durchgangen haben, z u besetzen sey" '. Sowoh l Ergeiz als auch der W ill e zu planmäßiger Neuordnung des Bauwesens sprechen aus diesen Worten, aber auch ein ge höriges Maß an Ungerech- tigkeit gegen über den Leistunge n seines Vorgängers als Leiter des Badischen Bauwesens Johann Jeremias Mü ll er und seiner Ze itgenossen, di e sich um das Bau- wese n bemühten. All erd ings: Weinbrenner sann auf gründ li che Ausbildung a ller Verantwortlichen. Z u seinen Schülern, von denen wir etwa 100 na- mentlich kennen, gehö rten neben den beiden schon gena nnten Chri stoph Arnold (Schüler 1800) und Ge- org Moller (Schüler 1802-07) etwa Friedrich Arno ld (Sch üler 1802-08), Heinrich Hübsch (Schüler 1815 bis 21), Alexis de Chateauneuf (Schüler um 1820), Jo- seph Berckmüller (Schüler 1817-22), Friedrich Theo- dor Fischer, Friedrich E iseniohr (Schüler 1824( ?)-26) und Ernst Adolph Oehl von Hattersheim (Schüler 1804). Aber auch Johann Heinrich Voß lernte bei ihm, der Sohn des Dichters und Übersetzers der ho- merischen Epen. Wie überhaupt ein ganzer Teil der Schü ler aus dem Bekanntenkreise Weinbrenners stammte, andere brachte er von Reisen mit oder sie wurden von weither z u ihm gesandt: aus H amburg und Berlin, aus Coburg und Gotha, aus Hannover und Darmstadt, aber auch aus Base l, Bern, Z üri ch und Paris. Vom Ansehen der Wein bren nersehen Schule, von dem Lehrgegenstand und vo n der Lehrmethode ver- mitte lt uns eine Beschreibung Theodor H artlebens aus dem Jah re 1815 ei n deutliches Bild: "Man könnte diese schon seit me hreren Jahren bestehende Privatan- stalt des Herrn Oberbaudirektors Weinbrenner mit Recht eine Akadem ie der Baukunst nennen. N icht nur solche, welche sich dem Studium derselben zuerst widmen wo ll en, sondern auch wirklich praktische Baumeister aus den entferntesten Staaten Deutsch- lands besuchen diese Lehranstalt, um sich noch in die höheren Mysterien einzuweihen. Die Baukunst wird da ganz wissenschaftlich , theoretisch und praktisch behandelt. Von dem historischen T eil e derse lben wird zu dem dogmatischen übergegangen. Einem solchen Lehrer, w ie Herrn Oberbaudirektor Weinbrenner, kann es nicht genügen, daß der BaukünstIer genaue Kenntnis der Materialien erhalte und sie z u verbi nden verstehe. Seine Methode ist vie lmehr so, daß von den Anfangsgründen des geometrischen Zeichnens, der Optik und Perspektive zu der Lehre von der Holz- und Steinkonstruktion, von di eser z u der Theorie der Säulen und Verzierungen, und end lich zu den übrigen D etails der Gebäude und ihrer gänzlichen Ausfüh - rung übergegangen wird . Nach einem solchen Plane, von welchem die bisherige mechanische Bildung des Baumeisters weit entfernt war, gibt der Direktor se i- ner merkwürdigen Anstalt das rege Leben, in we i- chem der wahre BaukünstIer einzig seine Vo ll endun g erwarten kann. Unter seiner T eilnahme prüft die Ver- sammlung hoffnungsvoller BaukünstIer die aufgeste ll- ten Muster, entwirft Pläne, teilt sich wechse lse itig die Beobachtungen und Zweifel mit, vergleicht di e ver- schiedenen Epochen des Baustiles und trägt die Resul- tate der neuesten Literatur vor. Um sich mit dem Gei- ste des Lehrers vertraut z u machen, liefern insbeson- dere die Zeichnungen vo n Karlsruhes architektoni- schen Epochen, mit we lchen die Arbeitszimmer des Bureaus dekoriert si nd, hinreichende Ge legenheit. Fremde, we lche diese Ansta lt besuchen, möchte woh l diese Übersicht von Karlsruhes stufenwe isen Fort- schritten gewiß ebensosehr als die Beobachtung se iner Lehrmethode interess ieren " '. Eine ganze Reihe von Ü bungs blätte rn der Schüler ist erhalten, und wir können uns ein recht gutes Bild 2) Aus einem Sch reiben Weinbrenners vom 24. 3.1808, zit. nach Valde - naire, :1.:1.0., S. 308. }) Zit. nach Valdenaire, 3..:1 .0., S . 310. 65 --- '" ) . Übungsbl. tl , ur Darstellenden Geometrie von loseph Berckm üller (InSt. f. Baugcschichte Kadsruhe, Berckm. 94) 66 .' , 1 \' \ I :: ., _' "L I .. -1.... .. ! n I: , ,; ,;", , ' .... _l...... . ~ .. ,,">.,~ ... ".-4_ { n ,. r :1 . , , , , , , . • W.lJJ .. , . von ihrem Studienplan machen: Der Unterricht, der sich bis zu vier Jahren hinzog, erstreckte sich z u- nächst auf G rundl agen wie Einfaches Ze ichnen, Dar- stellende Geometrie (Abb. 3) un d Bauformenlehre; dann kam die Baukonstruktionslehre hin zu (Abb. 4), die sowohl den Holz- als auch den Massivba u um- faßte. Hier wird nun das in der Bauformenlehre er- lernte in die Übu ngen zur Baukonstruktion übertra- ge n (Abb. 5). '';;/,111' . ~/.:.'I , I •. J:., / • -" . '" ............ ' .... .... t . ...i i:.1i ... - - . _., , A. , );.;, -' _.- 4. Übungsblatt z.ur Baukonstruktionslehre von l oseph Berckmüller ( Inst. f. Baugeschichte Ka rlsruhe, Berckm. 72) 5. übungsblatt zur Bauformen- und Baukonstruktionslehre von Joseph Berckmüller (I nst. f. Baugeschichte Karlsruhe, Berckm . 56) s , . -" ,.!I"rdtly,,' f:oll)~lfl (', ,r/""Ii D as Entwe rfen von Gebäuden beginnt dann mit dem Kopieren von Blättern des Meisters und mit der Darstellung der vo n ihm errichteten Bauten, Abb il - dung 6 zeigt eine Schülerkopie zum Haus des Staats- rates Wohn lich, das in den Ja hren 1799- 1800 nach den Plänen Wei nbrenners a ls erstes Gebäude am Ron- dellplatz gegenüber dem späteren Markgräflichen Palais erri chtet wurde: Proportionslehre, Licht und Schatten, Andeuten von Baumateria l in einfacher 68 6. Ka rlsruhe, Haus des St:t:nsrates Wohnl ich von Friedrich Wein bren- ner, Schülerkopie (In st. f. Baugeschichte Karlsruhc, Wbr. 5ch. I 5) Weise, Das Blatt ist bezeichnet als "Fordere Ansicht gegen de m Rundell bei dem Markräfligen Balley", Als Beispiel von Entwurfsübungen eines fortge- sch rittenen Schülers können hier zwe i Blätter dienen vo n Ernst Adolph Oeh l von H attershe im, der vo n 7. Vertikalschnitt durch ein Casino-Gebäude in Karlsruhe von F. Wein- brenner, Zeichnung von Ernst Adolph Oehl von H anersheim (Inst. f. Baugeschichte K:ulsruhe, Wbr. Scll. I 43) 1804 bis 1806 in Karlsruhe weilte'. Ein Vertikal- schnitt durch das Casino-Gebäude (nach einem Ent- wurf für Karlsruhe von Wei nbrenner) mit Durchfahrt zum H of und zwe igeschossigem Saal in den oberen Etagen zeigt eine für Weinbrenner typische Dachaus- bildung: Das ni ed rigere Dach über dem Saal ziert in I der H öhe der Traufe des Hauptdaches ein Dreiecks- giebel (Abb. 7). Bis ins D etail ist die Dekoration des Saales durchgearbeitet, die durch einen geschoßhohen Engel-Girlandenfries bestimmt w ird. Das verb lichene Blatt läßt die kräftigen Farben erahnen, die diesen Raum einmal schmü cken so llten . 4) Oehl (gcb. um 1787) Schülcr Weinbrcnners 1804, ging 1810 nach Rom, 1836 wurdc er Bez irksbaumeister in Konstanz., 1844 Baurat. ~ V gl. Oclenheinz, Architekt vor hundert Jahrcn, in: Deutsche Bauzei- tung 56.Jg . 1922, S. 283ff. 70 8. H errschaftliches Land haus, Zeichnung von Ernst Adolph Oehl von Hauers- heim (Inst. f. Baugeschichte Karl sruhe, WbL Se I, . 1 37) S) Vgl. Valdenaire. a.:1.0., Abb. 33 ll. 34. ' ) H ell mu l De lius, Vitruv und der Deutsche Klass izismus - C. F. Schi nkel und F. Weinbrenner, in : Architectu ra, Jb. f. d. Geschichte der Baukunst, Bd. 1 Ber!in 1933, 56 H. ') Christoph Arno ld ( 1779- 1844) , Schü- ler Weinbrenners 1800, Professo r in Karlsruh e 1804, Reise nach Frankreich und IU.l ie n 1805- 1808, Bauinspe ktor in Freiburg 1819, seit 1835 in Heidelberg. - Vgl. Adolf Schmid, ChristOph Arnold (1779- 1844), in: Bad ische Heim:lt 1/ 1980, 5. 10 1 ff. S) Friedrich Arnold (1786- 1854), Schüler Weinbrenners 1802- 1808, Lehrer an der Architekto ni schen Zeichenschule in Karlsruhc 1807, Professor in Freiburg 18 11 , Mil itärbaudirektOr in Karlsruhe 18 15. Ein anderes Blatt zeigt eine herrschaftliche Vi ll a (Abb. 8). Auf den ersten Bl ick erkennen wir das große Vorbild zu diesem Entwurf, die V illa Rotonda bei V i- cenza von And rea Palladio. Wenig abgewandelt be- sitzt unser Bau nur eine Portikus auf der Eingangs- seite gegenüber vier gleich ausgebildeten Fassaden bei Pall ad io. Auch der ganze Baukörper ist hier vielg lied- riger komponiert, umgeben von einem engl ischen Garten in dem eine doppelte All ee auf ei nen kleinen Bau, vielleicht einen Freu ndschaftstempel hinführt. Die Arbe it vo n Oehl geht auf eine Studie Weinbren- ners zurück, die dieser woh l schon in seiner römi- schen Zeit als Entwurf für ein fürstliches Landhaus gefe rtigt hat S Es nimmt nach der intensiven Ausein- andersetz ung Weinbrenners mit dem Werk Pa lladios nicht wunder, daß auch di e Schüler mit dessen Bauge- danken gründ lich vertraut gemacht werden: In den Arbeiten Palladios liegt für Weinbren ner die Mögli ch- keit, mit dem architektonischen Vermächtni s der An- tike in gewissen Grenzen frei umzugehen. Palladio liefert für ihn eine mit manieristischen Gedanken auf- gebaute Interpretation der von Vitruv formulierten Gesetzmäßigkeiten antiker Architektur. In einer Ge- genü berstellung der Werke der Arch itekten Karl Friedrich Schin kel und Friedrich Weinbrenner kommt Hellrnu t Delius gar zu de m Schlu ß, daß Wein brenner derjenige se i, "der von den Arch itekten des Klass izis- mus di e Antike und damit den Vitruv in ih rem ganzen Wesen erkannt und erfaßt hat"6 Auf we lchen Boden sind nun diese Lehren Wein- brenners ge fall en? Die ältere n seiner Schüler arbeiten ganz im Sinne des Meisters: Christoph und Friedrich Arnold in Fre iburg und Karlsruhe und Georg Moller in Darmstadt. Die jüngeren aber gehen, jedenfalls mag das auf den ersten Blick so scheinen, schnell und gründ li ch eigene Wege: Heinrich Hübsch in Karls- ruhe und im weiteren Umkreis, Alexis de C hateau- neuf in Hamburg und Berckmüller, Fischer und Ei- sen lohr, di e wieder vo rnehmlich im Badischen arbei - ten. < . . off> f'/l' ~ __ .r7Y1 K' ' . ....\.. { , . \ ' , 9. Karl sruhe, Wohnhaus Stephanicnslraße 14 von Friedrich Arnold (Auf- nahme 19 10 von W. Kratt) Christoph Arnold geht im Sinne der Weinbrenner- sehen Neuordnung des badischen Bauwese ns als Bau- inspektor nach Freiburg? Friedrich Arnold wird zu- nächst Lehrer an der "Architektonischen Zeichen- schu le" in Karlsruhe bei C hristian Heinrich Fahsolt, einer Ansta lt, die Weinbrenner ebenfa ll s neu z u ge- stalten suchte; dann geht er nach Fre iburg, um schl ieß lich 1815 nach Karlsruhe zurückzukehren 8. Von ihm kennen wir ein ige Wohnha usbauten: In der Steph anienstraße Nr. 14 steh t das ehemali ge Haus von Munck, das zwar nicht als Modellhaus im Wei n- brennersehen Sinne erri chtet w urde, sehr woh l aber in seinem Geiste (Abb. 9). Aus einer Gegenüberste llung 71 10. Kar!sruhe, Wohnhäuser in der Markgrafens traße (Aufnahme um 1910) 11. Karls ruhc, ehern. Mi!itärkrankenhaus von Friedrich Arnold (Auf- nahme W. Schnuchel 1976) 72 mit Modellhäusern der Weinbrennerzeit in der Mark- grafenstraße (Abb. 10), mit ihren unterschiedlich pro- portionierten Fenstern in den drei Geschossen, einem das Erdgeschoß von den Obergeschossen trennenden schmalen Gurt und dem kräftigen Konsolgesims unter dem Dach können wir di e enge Verwandtschaft der beiden Bauten und ihrer Baumeister erkennen. Aber auch noch das erst in den Jahren 1844 / 45 von Friedrich Arnold errichtete Militärkrankenhaus ist deutlich von Weinbrenners Architekturvorstellungen geprägt (Abb. 11) : Ü ber einem Sockelgeschoß sind die beiden oberen Geschosse durch Nischenbildungen zwischen fl achen Lisenen zusammengefaßt; die schlanken Fenster der Beletage sind durch hori zontale Verdachungen weiter gehöht 9. Der dritte der Genannten, Georg Moller, konnte nach Beendigung seiner Studien in Weinbrenners Bauschule nicht nach Hannover zurückkehren (Abb. 12) 10 Als nach seiner zweij ährigen Studienreise durch Italien hannoversche Lande immer noch von Franzosen bese tzt wa ren und er, wie er sagte, al s H annoveraner keine Lust hatte, einem fremden H errn zu dienen, entschied er sich, ein Angebot des hess i- sehen Großherzogs Ludwig I. anzunehmen, und ging im Jahre 1810 al s H ofb aumeister nach Darmstadt. W ie einst Weinbrenner bei seinen früh en Studien zu einer protestantischen Stadtkirche und später dann zur katholischen Stadtkirche St. Stephan, so stand auch Moller noch 1820 beim Entwurf zu r Ludwigs- kirche in Darmstadt das große römische Vorbild, das Pantheon, vor Augen. Gemischt mit dem Gedanken- gut einer Gruppe junger französ ischer Architekten, der sog. Revolutionsarchitekten Eti enne Louis Boul- lee und Claude Nicolas Ledoux, bildete er seinen Bau aus Zylinder und Kugel, geschmückt mit einer 6-säu- 9) das ehern. M i!itärkranke nhaus an der Kriegsstraße beherbergt heu te das Versorgungsamt und die Versorg ungsanstalt des Bundes und der Länder. 10) Zu Georg Moller ( 1784-1852) vgl. Marie Frälich und Hans-Günther Sperlieh, Georg Moller, Darmstadt 1959 . 12. Georg Moller, Zeichnung von August Lucas 1829 (nach Frölich/Sperlich, Mollce, S. 13) ligen jonischen Portikus (Abb. 13), und wie seinerzeit Weinbrenner entwarf auch Mo ller Varianten, unter denen ein Plan z ur Ausführung bestimmt werde n konnte (Abb. 14). Die Prägung durch Friedrich Weinbrenner be- stimmte im ganzen die klass izistische Darmstädter Neustadt, das Werk Georg Mollers. Wie Weinbren- ner aber beschäftigte sich auch Moller intensiv mit der Baukunst des M ittelalters : Gemeinsam mit dem Kar!s- ruher Baumeister Jakob Kar! V ierordt arbeitete er be- reits im H erbst des Jahres 1811 an Bauaufnahme und Rekonstruktionsp länen des damals unvo ll endeten Do- mes in Köln. Es ist nur natürlich, daß diese Beschäfti - gung in späteren Jahren in Mollers Bauten entspre- chenden N iedersch lag gefunden hat. Als Friedrich Wei nbrenner am 1. März 1826 starb, verginge n nur we nige Monate bis seinen ersten zu An- sehen ge langten Schüler Georg Moller in Darmstadt der Ruf des bad ischen Großherzogs Ludwig erreichte, Weinbrenners Nachfolge in Kar!sruhe anzutreten. Moller lehnte ab; er entsch ied sich, sein eigenes Werk in Darmstadt fortzuführen. Wenige Wochen nach Mollers Absage wurde Heinrich Hübsch nach Karls- 13 . Darmstadt, Ludwigskirche, Entwurfszeichnung von Ceorg Moller, ab J 820 (nach Frölich/Sperlich, Moller, S. 167) 14 . DarmSladt, Ludwigskirchc, Emwurfszeichnung von Cco rg Moller, ab 1820 (nach Frölich/Sperlich, Moller, S. 168) 73 15. Heinrich Hübsch, ßlci~ sti ftzeichnu ng von earl Sandhas 1837 (PriVJ.lbe~ sitz) ruhe berufen (Abb. 15) 1'. Nach anfänglichen Studien der Philosophie und Mathematik in Heidelberg, war er zwischen 18 15 und 1821 bei Weinbrenner in Karls- ruhe tätig. R eisen führten ihn nach Itali en, Griechen- land und Konstantinopel. Als ihn im Frühjahr 1824 in Rom der Ruf erre ichte, als Leh rer an der Bauschu le des Städel'schen Kunstinstitutes in Frankfurt tätig zu werden, bat er den Großherzog von Baden um Ge- nehmigung dieser Tätigkeit, bi s ihm eine Anstellung im Vaterl ande gewährt werden könne. Er wollte sich die Rückkehr nach Karlsruhe offenhalten. Indes wol- len wir annehmen, daß er z unächst nicht ungern lie- ber nach Frankfurt ging als nach Karlsruhe: Wir kön- nen das zum Beispiel aus einem Brief entnehmen, mit dem er um 1820 eine Arbeit an den älteren Freund Geo rg Moller nach Darmstadt sandte: "Ich bin sehr begierig, was Sie von der Arbeit meiner Hände und meines Kopfes halten werden ; und freue mich daher sehr auf ei nen baldigen Besuch, den ich Ihnen abstat- ten will. Unserem gemeinschaftlichen Lehrer (Wein- brenner) wage ich kein Exemplar z u schicken; denn er würde es am E nde gar als Beleidigung nehmen. Er wird ohnehin genug über die ketzerischen Ans ichten, 74 welche ich entwickle, losz iehen. Sie hoffe ich da- durch, daß ich meine wohl auch vo n den Ihrigen ab- weichende Ansichten so geradeaus hindrucken ließ , ni cht zu beleidigen" 12 In Karlsruhe konnten die kritischen Vorstellungen des jungen Mannes nicht unbekannt sein. Daß der Großherzog nach der Absage Mollers Hübsch den- noch zur Fortführung des Werkes Friedri ch Wein- brenners aus Frankfurt nach Karl sruhe holte, zeugt vo n seinem Willen, nur hervorragende Künstler das Bauwesen führen z u lassen, und von der Einsicht in ein sich wandelndes Verständni s vom Bauen. Kaum hatte der Baurat se inen Dienst angetreten, da legte er sein architektonisches Bekenntnis gedruckt der Fachöffentlichkeit vor: "In welchem Style so llen wir bauen" überschreibt er eine Sendsch rift an die 1828 in Augsburg zu einer "Säcular-Feier" für Albrecht Dürer versammelten Künstler " . Schon frü- her hatte dieses Thema zu einze lnen Auseinanderset- zu ngen geführt, etwa mit Alo is Hirt, e inem der füh- renden Köpfe der Berliner Akademie. "Euch insbe- sondere", schreibt er jetzt nach Augsburg, "d ie Ihr bei der Befreiung der Malerei und Bildhauerei von den Fesseln der Antike mitgewirkt habt, kann diese Schrift nicht unwillkommen sein, indem sie dasselbe mit der Architectur beabsichtigt" 14 Blicken wi r noch einmal zurück: Nach ersten Lehr- jahren in Ka rl sruhe zog die Stadt Rom und dort ins- besondere die frühchri stliche Architektur den jungen Baukandidaten in ihren Bann. Eine Gruppe dort wei- lender Nazarener Maler gehörte zu seinen Freunden. Auf einer Reise nach Köln, das Rom am Rhein, wie er es nannte, studierte er die mittelalterliche Architektu r; 11) Zu Heinrich Hübsch (1 795- 1863) vgl. Arthur Valdenai re, H einrich Hübsch, Eine Studie zur Baukunst der Rom antik, Karlsruhe 1926.- Joach im Gö ri cke, Die Kirchenbauten des Architekten H einrich Hübsch, Studien zu r Bauforschung 8, hrsg. von der Koldewey- Gesell- schaft, Karlsruhe 1974. 12) Zit. nach Frölich/Sperl ich, a . .1.O., S. 32 . IJ) H e inrich Hübsch, In welchem Style sollen wir bauen? Karlsruhe 1828. 14) ebenda, Vorwort . besonders di e K irche Sr. Maria im Capito l besuchte er immer wieder. Nebe n d ie Ause inandersetzu ng mit der Arc hitektur der Antike wa r für ihn also lä ngst die mit den Bauten des M itte lalte rs getreten. Jetz t, 1828 steht für ihn fest: "Die Malerei und die Bildhauere i haben in der neueren Zeit längst d ie todte Nachahmung der Antike ve rl assen. Die Arch itectur a ll ei \l ist noch nicht mündig geworden, sie fä hrt fort, den antiken Styl nachzuahmen. U nd ob man gleich so ziemli ch a llgemein die U nzu länglichkeit desse lben für die heuti gen Bedürfn isse eins ieht und mit den neueren in diesem Style aufgeführten Gebäude unzufrieden ist, so beharren dennoch die Architekten bei nahe a ll - ge mein darauf. Ein großer T hei l derse lben lebt w irk- lich in dem G lauben, da ß di e schönen Formen in der Architectu r etwas Absolutes seien, was für a lle Zeiten und U mstände unverändert ble iben könne, und daß einzig und allein der antike Styl dieselben in ihrem vo ll komme nen Idea le darstel le. Viele A rchi tecten, welche sehr wo hl d ie U nz ulänglichkeit des antiken Styles für d ie heutige Anwendung einsehen, beharren, da sie nun einmal me hrere Gebä ude da rin au fgeführt haben, dennoch aus unred li cher Eitelkeit dara uf, und affectiren g leich falschen Propheten eine Insp irati on der Schö nheit, wo mi t sie vorzugswe ise beglückt wor- den seien, und wovo n man weite r keine Rechenschaft geben könne" I'. Dann zeigt Hübsch se inen Weg auf : "Wer in der Architectur die Seite der Verzierung z uerst betrach- tet, und sich etwa fragt, waru m ihm an einem Capitäle d ieses Laubwerk besser gefä llt, a ls jenes, der wird le ich t an der Möglichkeit siche rer Prinzipien verzwe i- feln. We r aber di e U ntersuchun g mit der Se ite des Be- dürfnisses beginnt, der wird eine sehr sichere Basis finden" . "Sieht man di e Sache practischer an, so bekommt man wieder M uth", meint er und schli eßt nach aus- fü hrlichen Dar legu ngen der Vorzüge und Nachteil e der ve rschi edenen Stile , d. h. der damals sich tbaren Mögl ichkeiten, das Äußere der Architektur zu ord- nen, mit der Feststell un g, "daß sich mitte1st des grie- chischen Styls di e A ufga be der Architectu r für die heutigen Bedürfnisse und das nördli che Cl ima un- mög li ch auflösen läßt, und daß a lle bi sherigen Vers u- che weder den erste ren ri chti g nachahmten, noch di e letz teren befri edigend lösten" ... "H iernach ist d ie Haupteigenschaft, welche den neuen Sty l vo n dem griechischen unterscheidet: Statt der.Hori zonta l- Uberdeckun g im Stei nbau Gewö lb-U berd eckun g, oder statt der antiken Säul enstellu ng mit horizonta- lem Gebä lk ei ne Bogenste llung" ... "Es wird jeder so- gleich erkennen, daß der neue Styl am meisten Ähn - lichkeit mit dem Rundbogen-Style erha lten muß - ja daß er im Wesentli chen der Rundbogen-Sty l ist, so wie dieser geworden wäre, wenn er sich oh ne a lle nachteilige Rückerinneru ng an den antiken Styl ganz frei und unbefangen hätte entw icke ln kön nen" 16 A uf der Suche nach überze ugenden Lösungen für neue große Bauaufgaben stand Heinrich Hübsch aber keineswegs allein. Eben z u jene r Zeit bemühten sich auch "Klassiz isten" um neue Wege in der Architektur. Noch in den Jahren 1822-28 baut z. B. Friedrich Schinkel, einer der offenbar von Hübsch angespro- chenen, in Berlin se in M useum im Lustgarte n gegen- über dem Schloß. Ab 1827 aber entstanden seine Ent- w ürfe für eine Kaufhalle, eine Bibliothek und für di e Bauakademie. W ie sieht nun die A rchitektur vo n Heinrich Hübsch aus? In den Jahren 1829-1 835 entsta nd das Gebäude für die wenige Jahre z uvor gegründete Poly- technische Schule (Abb. 16). Genau das hatte e r ge- fordert: für unser Klima den Mauerwerksbau, Rund- bogenfenster und wen ig architekton ischen Schmuck. 30 Jahre später wird das Bauwerk von Friedri ch Theodor Fischer, e inem der letzten Weinbrenner- Schüler, nach Osten hin erwei tert: eben einen M it- te lrisal it mit dem neuen Hauptporta l t ritt spiege lbi ld- lich noch einmal di e Fassade vo n Hübsch (Abb. 17). 15) eben da, S. I. 16) ebenda, 5. 2, 3, 27 . 75 --_-:..... _. 76 16. Karlsruhe, Polytcclmische Schule von Hcin~ rich Hübsch (Bad. Generalbndersarchiv, Bauplane Karlsruhc 547) 17. Karlsruhc, Polytechnische Schule nach der Erweite ru ng du rch Fricdrich Theodor Fi- scher im Jahre 1864 18. Kar!sruhc, Kunslh allc , Entwurfszeichnung von Heinri ch Hübsch (Bad. Generallandes- archiv, Baupl:tne Karlsruhe 502) 19. Karlsruhe, KunSlhalle, der ausgefühne Bau von Heinrich Hübsch ( Inst. f. Baugeschichte Karlsruhe, Hübsch 125) Ab 1836 beschäftigte Hübsch dann der Neubau der Kunstha ll e. Nicht nu r, daß bei der Ges taltung des Mittelrisalites in einer Entwurfszeichnung die erneute Ause inandersetzung mit der Antike sichtbar wird (Abb. 18), er entschied sich bei der Wahl der Fenster- form zwischen einfachen Rundbogenfens tern und ei- ner Form, die vo n dem in Wei nbrenners Schule o ft zi- tierten Andrea Palladio entwickelt worden war, für das Pall adio-Motiv (Abb. 19). Pilaster g li edern den Bau. U nd so schwingt hier und dann später noch stä r- ker bei der 1853- 57 erbauten Orangerie und beim kriegszerstörten alten Theater - ein großer Verl ust für Karlsruhe - viel Römisches mit. Berufen sah sich Hübsch aber eigen tli ch z um Kir- chenbau, den er als "H öhere Architektur" deutlich vo n der "Utilitätsarchitektur" trennte. Etwa 40 Kir- 77 ehen hat er geplant und gebaut, die meisten in badi - schen Landen. Sr. Cyriakus draußen in Bulach ist we ithin bekannt. Als besonderes Glück empfand er es, daß er im Jahre 1853 vom Bayerischen König Ludwig den Au ftrag erhielt, den im pfälzischen Erbfolgekrieg schwer beschädigten und im 18. Jah rhundert nur not- dürftig hergerichteten Kaiserdom in Speyer vo ll kom- men wiederaufzubauen (Abb. 20) . 78 20. Dom zu Spcyer, Westbau von Franz tgnaz Michae l Neumann, [772 ff., Kolorierte Bleistiftzeichnung 1840 (H ist. Museum Speyer) 21. Dom zu Speyer, Westhall von Heinrich Hübsch 1853 ff. (nach Meyer- Schwartau, Dom zu Spcyer, Bcrlin 1893, Taf. 8) Zuvor, noch während der N azarener Ma ler Johan- nes Schraudolph den Dom mit der unvol lkommenen Vorhalle von Franz Ignaz Ne uman n ausmalte, ge- stand Hübsch, von Ludwig um ein Gutachten gebe- I ten: "Ja, ich stand sogar schon einmal im Begriffe, meine Vorschläge geradezu an Se. Maj . den König Ludwig zu ri chten, doch wollte ich mich z u Lebzeiten meines Freundes (Friedrich von) Gärtner nicht zu- drängen" 17 Ein Bauwerk des Mittelalters, Grabstätte vo n acht deutschen Kaisern und Kön igen, das in Vor- ahnung kommender Reichse inigung nationale Bedeu- tung erhielt, vo ll en den z u dürfen, wa r für Hübsch d ie Erfüllung seiner Lebensarbe it. Dabei ve rtrat er de n Standpunkt, daß "der Speyerer Ka ise r- Dom noch viel mehr von all gemein deutscher Bedeutung ist, als der Cölner-Dom, z u dessen Vo ll endung schon so viele Ge ldbeträge aus all en Gegenden Deutschlands zu- sammengekommen sind", Das Programm von Hübsch spiegelt sich deutli ch in dem voll endeten Bau wieder (Abb. 21 ) : Es so ll "das Neumannsche U ntergeschoß der Vorhall e im Ganzen bleiben, nur in romani schem Stile verbesse rt werden, die Westfront Mittel schiffhöh e und einen Giebe l, da- bei opu lente roman ische Stilforme·n erhalten, die Neumannsche Concha bleiben, die Glockenkuppe l im Achteck umma ntelt und die Seitentürme auf di e alten Untermauern in deren Dimensionen und in den alten romani schen Formen gebaut werden" 18. Aus tiefer religiöser Überzeugung und als leiden- schaftli cher Architekt schuf Hübsch di esen Westbau , der z ugleich ein Beispiel früher Denkmalpflege w urde : Den Dom als Kulturdenkmal erhalten, " in ro- manischem Stil e verbessern", so wie das die mittler- we ile erhebliche Kenntnis der Archi tektur des M ittel- alters z uli eß . - Vermerkt sei an dieser Stelle noch, daß auch Heinrich Hübsch als Archi tekturschriftste l- ler tätig war: Se in großes Werk "Die altchri stli chen Kirchen" (und damit waren die Bauten des frühen Mittelalters gemeint, von Alt-St. Peter in Rom bis eben nach Speyer) erschien in Teil en seit 1855 '9 Aber ni cht nur Hübsch füh lte sich von der Archi - tektur des Mittelalters besonders angezogen. Von Mo ller und Schin kel hörten wir das schon; auch Friedrich Weinbrenner begegnete den großen Bauten seiner weiteren Heimat mit E hrfurcht und Bewund e- rung. Er, den Hübsch einen Klass izisten, unwillig sich 17) Zit. nach A. V.lldenairc, H einrich Hübsch, Karlsruhe 1926, 51 f. - vgl . Verf., Eine Skizze für eine Weslfass3.de des Domes zu Speycr, in: Mit. Hist. Ver. d. Pfalz 67, 1969, 375 H. lS) Zit. nach A. Schwanzenberger, Der Dom zu Speyer, Neustadt a.d. H. 1903, Bd. 2, S. 32l. 19) Heinrich Hübsch, Die Altchristlichen Ki rchen nach den ßaudenkma~ len und älteren Besch reibungen, Carlsruhe 1858 H. 7 , --~.,(";or ": 10> - '. " t- '. ! L~ ___ - .,' . . ",' , , , . , ' I 22. Karlsruh c, Stadt erweiterung von F. Weinb renner, sog. 'f'u lla·Plan, 18 15 (Stadtarc hiv Karls ruh e, Plan- und Bilderslg. XVI, 120) 80 mit anderen Architekture n als der der Antike ausein- anderzusetzen, schi lt, äußert sich im Anblick des Do- mes zu Speyer: "Das möchte ich gebaut haben, und sonst gar ni chts". Und in seinen Memoiren, den "Denkwürdigkeiten" hält er sich zugute, das Seine dazu beigetragen z u haben, daß das Straßburger Münster nicht nach einem "abscheu li chen P lane" "verdorben und verunsta ltet" in einen Tempel der Vernunft verwandel t wurde 20. Weinbrenners architekton ische Leistungen sahen sich in jenen Jahrzehnten harter Kritik ausgesetzt, nicht nur von Hübsch. Daß seine Bauten aber immer Teil einer städtebaulichen Gesamtkonzeption wa ren, das haben seine Kritiker wo hl nicht gesehen. So möchte ich auch se inen gro ßen Städteerweiterungs- plan von 1815 eher als barocken, denn als klass izisti- schen Gedanken ansprechen (Abb. 22). Als architek- tonische Mittel z ur Umsetzu ng se iner Ideen standen ihm aber nur die des Barock, oder besse r: des gerei- ni gte n Barock, wie er ihn vers tand , zu Gebote, und es ware n auch für di e folgende Archi tekte ngene ration keine anderen Mittel in Sicht. Was wunde r, daß der St:ldterweiterungsp lan in Vergessen heit ge ri et. D abei hatte Weinbrenner in ihm auch d ie Ausdehn ungs rich- tung der Stadt deu tli ch vora usgesehen: nach Süden. An di e Nahtstelle zwischen der alten und neuen Stadt Weinbrenne rs aber legte sich in den vierziger Jahren ein trennendes Band: die Eisenbahn (Abb. 23). Für die Arch itektur sind d iese Jahre nun auch in an- derer Hinsicht von Bedeutung: E ine sich ändernde Arbeitswelt, die Ereignisse vo n 1848, sich änd ernd e politische Ordnungsstrukturen , Zusam men hänge, die hier ni cht im einze lnen erö rtert werd en müssen. Sie führen in der Architektur zu eine r neuen Renaissance, d ie mit fortschreitender Zeit mehr und meh r barocke Züge erhält. 20) Weinbrenner, Denkwürd ig keiten, K:ulsruh e 1958, 173. - Vgl. Klaus Lankheit, Der T empel der Vernun ft , Base l u. Stuttgart, 2. Aufl. 1973, S. 37 L, A nm. 37; ders., Friedrich We inbrenner und der Denkmalskult um 1800, Basel u. Stuttgan 1979, S. 19. 23. Karlsruhc, Stadtplan von 1849 82 24. friedrich Eisen iohr, Zeichnung von C. Oe- uGrier 1847 (Staat!. Kunsthalle Karlsruhe) 25. 26. Blick auf Freiburg, Zeichnung von Fricdrich Eiseniohr (Inst. f. Baugesch ichtc Karlsruhe, Slg. Eiseniohr 181) Ansich t von Baden- Baden, Zeichnung von Fricdrich Eisenioh r (Inst. f. Baugeschichte Karl sruhc, Sig. Eisen iohr 181) 27. Karl sruhe. Alter Bahnhof von Friedrich Ei- senlohr. ab 1842 (nach Karlsruhe im Jahre 1870, Karlsruhe 1872, S. 62) Zunächst aber so llen noch einige Worte z ur M itte des Jahrhunderts gesagt we rden : Für jene große Bau - aufgabe, für die Hochbauten der Badischen Staatsei- senbahnen, wurde Friedrich Eiseniohr gewonnen, ei - ner der letzten Schüler Weinbrenners (Abb. 24). Daß er in seinen Lehrjahren nach Rom reiste, war se lbst- verständ li ch. Mehr noch als se ine dort gefertigten Ze ichnungen ze igen uns se ine Skizzen, die er auf Rei- sen rheinauf, rhein ab an jedem Ort zu Papier brachte, ei nen empfindsamen, ja sensiblen Künstl er (Abb. 25 und 26). Er baute nur ein iges, das nicht für die Eisenbahn bestimmt war: Zwei Kirche n in Baden-Baden und Of- fenb urg, das Kurhaus in Badenweiler und we niges mehr. In Karlsruhe ist uns ei n kleines Bauwerk erhal- ten geb li eben, das deutlich se inem Empfinden Aus- druck ve rleiht: Die Kapelle au f dem Alten Friedhof an der Kapell enstraße. Seine arch itekton ischen Vorstellungen drücken sich in seinen Bauten aus, se ien sie aus Quadern, Backstei- nen oder Holz ausgeführt, " indem überall sichtbares Material und unverhüllte wirkliche Konstruktion und eine darauf sich gründende Formenbildung, also keine Scheinfo rm, sondern Wahrheit erstrebt ist" 21: Wir glauben Worte aus dem frühen 20. Ja hrhundert zu hören. Daß sich Eiseniohr um 1850 bei se inen Bauten auch an den auf Reisen ski zzierten großen gotischen Kir- chen orientierte , scheint uns nach seinen Worten fast selbstve rständ lich. So vernehmen wir di ese Welt und die von ihm erstrebte Wahrheit, di e " Materi alge rech- tigkeit" auch in se inem bedeutendsten Bauwerk: Dort, wo sich heute der Neubau des Badischen Staatstheaters erhebt, stand ei nst der H auptbahnhof Karlsruhes (Abb. 27) . Ein langgest reckter, zierlich ge- gliederter N utzbau, die Ecken im Si nne se ines Lehrers betont, a ls sichtbares Wahrzeichen ei n schlan ker 21) Friedrich EisenIohr (1805- 1854), Lehrjahre in Freiburg bei ehr. Ar- nold ( 1821-1 824) und Karlsruhe (1824- 1826), Italienreise 1826- 1828, Lehrer am Polytcchnikum in Karlsruhe ab 1832 und des- sen Direktor ab 1853. - Zit. nach: Friedrich Eiscnlohr, Ausgcfülmc oder zur Ausführung bestimmte Entwürfe von Gebäuden verschiede- ner Gattung, Carlsruhc 1852, Vorwort. , -. ". , ' I , , : ~ . :' . , , .. :j " '. I · . I thL " " , , " I \ .. ' 84 r J. J 1 ' ,: . ~ ~. , :! .I ~ 0\1 -....:. .. • -' \ Glockenturm (Abb, 28) , Die Bahnsteighall en kon - strui ert mit Bindern aus hölzernen Druck- und schmiedeeisernen Z ugstäben (Abb. 29), Wenn wir an dieser Ste ll e nocheinmal kurz zurück- denken, dann w ird uns klar, wie weit sich die beiden Schüler von der Architektur des Lehrers entfernt ha- ben. Aber es gibt auch Gemeinsames : Der W ill e, eine eigene, aus Bed ürfni ssen und konstru ktiven Mögl ich- keiten entwickelte Architektur z u schaffe n, be- herrschte ja nicht nur Hübsch lind Eise ni ohr. Alich Weinbrenner schuf auf di eser Gru ndlage se ine neue Architektur, die sich sehr wo hl un d erhebli ch von der anderer "Klassizisten" untersche idet. Weit über die Mitte des 19, Jahrhunderts hinaus wirkte ein anderer Schüler aus Weinbrenners letzten Arbeitsjah ren: Joseph Berckmü ll er. Wir wissen ni cht a ll zuv iel vo n diesem Architekten, denn bisher hat noch niemand gründ li ch über se in Werk gearbeitet. Nach se inen Lehrjahren in Ka rl sru he zog er se lbstver- ständlich nach Itali en und ze ichnete dort a ll es, was ihm vo r d ie Feder kam: Den Vestatempel (Abb, 30) und die g ro ßen Renaissancepa läste in Rom, d ie Tem- pel in Pästum und die ausgegrabenen Bauten von Pompeji genauso wie di e großen frü hchri stl ichen K ir- chen. Hunderte von Skizzen sind uns erhalten (Ab b. 3 1), Im J ahre 1829 legte er dann die Staatsprü- fun g ab, und aus di ese r Zeit ist uns eine Arbeit erha l- ten (Abb, 32 und 33): E in K irchenbau, dessen Schiff und C hor vo n mittel a lte rli cher Architektur geprägt ist, so wie H ei nrich Hübsch sie verstand, In den Glok- kentürmen aber und noch mehr in der Innenausstat- tung des Chores finden wir den Lehrer Weinbrenner 28 . Karlsruhe, alter Bahnho f, Entwurfsze ichnung vo n Fried rich Eiseniohr (Inst. f. Baugeschi chte Karl sruhe , 51g. Eisen iohr 2) 29. Karl sruhc, alter Bahnhof, Einsteighalle, Entwurfszeichnung von Fri ed rich EisenIoh r (l nst. f. Baugeschi chte Karlsruhe, 51g. Eisen- lohc3) 30. Rom, Vesta-T empel, Bauaufnahme von Jo- seph Berckmüllcr 1827 ( Inst. f. Bauge- schichte Karl sruhc, Bcrckmil ll cr 370) 3 1. Blick auf Genua, Reiseskizze von Joscph Berckm illier (InSl. f. Baugcschichte Karls- ru he, Berckmül le r Nr. 227) ~ .. .- 85 .. • \l".x.xJQcjl(O ' • • HU.A' ..... 86 wieder: Schwere Vorhänge und eine za rte Girlanden- dekoration gehören noch ganz in die zwa nz iger Jahre . In der Folgezeit erfahren wir ni chts vo n Berckmü l- ler, er arbeitete in verschiedenen Fabrikunternehmen und trat dann gegen die Mitte des Jahrhunderts in den Staatsdienst. Abe r erst Ende der sechziger Jahre erschien er mit größeren Bauten in der Öffentlichkeit: Eine Reihe von Wohn- und Geschäftshäusern ent- stand am Friedrichsplatz (Abb. 34; das Gebäude der Badischen Bank ist heute letzter Zeuge di eser An- lage). Gegenüber entstand dann der Neubau für die vereinigten Großherzoglichen Samml ungen, heute Museum am Friedrichsplatz (Abb. 35). Während die Bauten auf der Nordseite des Platzes ganz die For- mensprache der italienischen Renaissance sprechen, zeigt das Sammlungsgebäude mit kräftigem Sockel ge- schoß, Piano nobil e und Mezzanin, Se iten- und Mit- telrisalit, nun barocke Züge. Die Architektur dieser Bauwerke finden wir wieder in den zahllosen Wohnbauten, Bürgerhäusern unserer schnell wachsenden Stadt. Bereits in den sechziger Jahren entstanden die erSten Bauten im Süden, im Augartenviertel und in der Weststadt. Als sich dann die Stadt auch symbolisch durch das N iederlegen des Ettlinger Tores im Jahre 1872 nach Süden öffnete , bildete die Bahnlinie ei ne trennende Sch ranke, die erst durch die Verlegung des Bahnhofes weiter nach Sü- den in unserem Jahrhundert beseitigt we rd en konnte. 32 . u. 33 . Entwurf für eine C\'. Kirche, Studienarbeil von joseph Berck- müller (In st. f. Baugeschichte Karlsruhc, ßerckmüller Nr. 619, 61S) 34. Karlsruhc, Fricdrichsbau von joseph Breck- müller um 1870 (Photo W. Schnuchel 1976) 35. Karls ruhe, Sammlungsgebäude am Fried- richsplatz von joseph Berckmüllcr um 1870 (nach Karlsruhe um 1870. Karlsruhe 1872, S.85) ~- -----------_.- R7 36. Joseph Durm, Ölgemälde von Leopo ld Durm 1914 , Ausschnitt (Fakultät f. Ar- chitektur der Un iversit!ü Karlsruhe) Im Ka iserreich ve ränderte sich das Bild Karls ruh es grü nd li ch: 1879 stirbt Berckmüller als letzte r Wei n: brennerschüler, eine neue Generation vo n Architekten bestimmt die Szene. Mit der blühenden Wirtschaft kommt Ge ld in di e Stadt. Das bürgerliche Leben nimmt mehr und mehr barocke Züge an und damit auch die Architektu r. Joseph Durm ist einer der Na- men , di e wir nun immer wieder hören (Abb. 36). Galt seine Liebe der "Baukunst der Renaissa nce in Ita lie n", di e er in ei nem umfa ngre ichen Werk beh and elte 22 , mit zah lre ichen eigenen Zeichnu ngen illustri ert, so beschäftigte ih n doch die gesamte historische Archi- tektu r. Gemei nsam mit anderen Fachkollegen gab er das Handbuch der Architektur heraus, das mit se inen mehr als 30 Bänden auch heute noch ein unentbehrli - ches Standardwerk ist. Neben dem Band über die Re- naissance in Ital ien steuerte Durm selbst auch dieje ni - ge n über die Baukunst der Griechen und der Römer bei. Die erSten öffentli chen Bauten von Durm, das städtische V iero rdtbad aus dem Jahre 1873 (Abb . 37) und die Kape ll e auf dem neuen Fried hof an der Haid- und-Neustraße aus den Jahren 1874- 76 (Abb. 38), sind getragen vo n de n Gedanken der großen Wein- brennerschüler Hübsch und Eiseniohr und vo n der 88 ._ -- 1· ..... -- . Vf --- --';. T :,1' f",· ..)...I....J ... , 37 . Karlsruh e, Vicrordtbad, Ansiclmz.e ichnung der Eingan gsrotunde, 10- se ph Durm 1873 (Stadtarchiv Karl sruhc, Plan- und Bilderslg . XV, 1074) 22) j oseph Durm , D ie Baukunst der Renaissance in It alien, Hdb. d. Areh. T l. 2 Bd. 5, 2. Aufl. Le ipz.ig 19 14 . 11"" 111 ' 11 1' fn"ithul' 111 rilrt ~l'lIh l < \" .. ,..1., ,1'<"1"_,:"·",, r",..fI .. "tuolt,." " .. <lli ..... ·r,r .. h'1 .. ""'1 ... , t" ., (0 l'-....... LI. 38. Karlsruhe, Friedhofskapel le, En twu rf von Joseph Durm 1874- 1876 (Ze itschrift für Bauwesen 1880, Atlas Tafel 4) 89 italien ischen Renai ssance zuglei ch. Aber die gleichze i- tigen Wohn- und Geschäftsbauten in der Stadt, etwa das Haus an der Ecke Douglas-/Kaiserstraße, orien- tieren sich ganz an Italienischem (Abb. 39). Schon der Entwurf für die Festhall e aus dem J ahre 1875 zeigt eine bewegte Fassade (Abb. 40), und we nn wir uns di e Dekoration der Innenräume ansehen (Abb. 41 und 42), dann ist hier schon eher Barockes 90 r , , r ' . . " ~ y ,. 0 .. .. J 39. Karlsruhe, H aus Kaisers traße 158 von Joseph Ollrm, um 1875 (nach Joseph Ollrm, Sammlung ausgeführter Bauten, C:nlsruhc 1876, Taf. 22) 40 . Karlsruhe, Festhalle, Entwurfszeichnung der Eingangspartie von joseph Ollfm 1875 (Stadtarchiv Karlsruhc, Plan- und Bilderslg. XV, 414) 4 1. Karlsruhe, Festhalle, Entwurfszeichnung zur In nendekora ti on der Längswand von Joscph Durrn 1875 (Stadtarchiv Karl sruhe, Plan- u. Bilderslg. XV, 424) ; u zu spüren, als etwa in der gleichzeitigen Innenraum- skizze des eben genannten Joseph Berckmüller (Abb. 43). Vollends aber öffnete sich dieser Vertreter einer neuen Renaissance barocken Gedanken beim Bau des Erbgroßherzoglichen Palais in den Jahren 1893-97 (Abb. 44). Seiner hohen Dächer im Kriege beraubt, ist das Bauwerk heute Sitz des Bundesge- richtshofes. 42. Karlsruhe, Festhalle, Enrwurfszcichnung zur Innendekoration der Stirn wand von Joseph Durm 1875 (Stadtarchiv Karlsruhc, Plan- u. Bildecslg. XV, 423) 43. Karlsruhc, Sammlungsgebäude, Entwurf zu einer Raumdekoration von joseph Bcrckmüller 1874 (Inst. f. Baugeschichte Karlsruhc, Berckmüller Nr. 8 10) 44 . Karlsruhe, Erbgroßherzogliches Palais, Entwurf für die Eingangs- front von ]oseph Durm 1890 (Sta:lt!. Hochbauamt Karl sruhe) In d irekte Berührung mit dem Werk Friedrich Weinbrenners ist Durm aber am Marktp latz gekom- men (Abb. 45) : In der südöstlichen Ecke errichtete er ein mehrgeschossiges Bauwerk (heute Sitz eines Poli- zeireviers), das mit gerundetem Turm den sich veren - genden Straßenraum der Achse kräftig betonen so llte . Durm stellte sich vor, daß auch gegenüber einmal ein entsprechender Bau entstehen müßte . Es galt für ihn , den Marktplatz, das Zentrum der Stadt, zu stärken, 92 45. Karlsruhe. Marktplatz (Photo Bildstell e der Stadt Karlsruhe) 46. u. 47 Karlsruhc, Rathaus, 2 Konkurren zemwürfc zur Fa ss adenumge- staltung 1897 (Stadtarchiv Karlsruhe, Plan- u. Bilderslg. XV, 845 u. 849) da rings um und vor a ll en D ingen in der Kaiserstraße große 4- und 5-geschossige Bauten die kleineren Häuser verdrängte n. Ob sich Durm bewußt war, daß er mit seinem Bau auch di e mit Bedacht von Wein- brenner gesetzten Akzente auf der Achse vom Schloß zum Ettlinger Tor versch ieben würde : wir mächten das bezweifeln . Aber nicht nur Durm machte sich Gedanken um eine Aufwertu ng des Marktplatzes. Die Stadt se lbst gi ng daran, ihr Rathaus gründ li ch instand z usetzen: Seit 188 5 nahm man Ausbesserungen und Umbauten vor, im Inneren, aber auch an den Fassaden. Der Rat- hausturm wurde endlich 1897 wieder hergeri chtet und in jenem J ahr fand dann auch ein große r Fassaden- wettbewerb statt: es g ing um die farbliche Neugesta l- tung des Rathauses. Unter den eingereichten Entwür- fen entsch ied sich das P reisgericht für die Arbeiten der bei den Akademieprofesso ren Kar! Eyth und Kar! 93 Gage!. Zwei Beispiele so ll en ze igen, worum es allen Bearbeitern gemeinsam ging (Abb. 46 und 47): Nicht nur den richtigen Fa rbto n oder die richtige Pa lette ga lt es zu finden , sie mühten sich, das Rathaus durch lebend igen, farben frohen Schmuck aufzuwerten. Da- bei stand ihnen in erster Linie d ie Kunst der Renais- sance Pate. Aber wir entdecken auch schon manche freie Formensprache, Zeichen des Jugendstil es. Eine Generation versucht, das überkommende Erbe neu zu deuten, ne u zu formu lieren, es verändernd z u erha l- ten. Ein Beispiel für die neue 4- und mehrgeschossige Bebauung auf der Kaiserstraße mag das um die Jahr- hundertwende entstandene Ka ufha us Tietz an der Ecke Ritterstraße sei n (Abb. 48). Zwei Schweizer Ar- chitekten, Robert Curjel und Kar! Maser, die in den Jahren von 1888 bis 1915 in Karlsruhe gemeinsam ein Büro unterhielten , haben es errichtet. Als Quaderbau, in Achsen lind Geschosse gleichmäßig gegli edert, ge- 94 hört se in architekton ischer Schmuck der neuen Ze it, dem Jugendstil an. Der Baukörper abe r erweist trotz seiner Größe mit seiner gerundeten Eckausbildung dem gegenüberli egenden Weinbrennersehen M useum seine Reverenz. Beide Bauten sind heute nicht mehr erha lten, aber beide leben in ihren Nachfo lgern fort: Der Weinbrennerbau brannte 19 18 ab und die Archi- tekten Pfeifer und Großmann errichteten hi er in den Jahren 1923-24 einen Neubau für die Rheinische C red itbank (heute Deutsche Bank); das Kaufhaus hat nach se iner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg eine neue Gestalt bekommen. E in anderer Architekt der Jahrhundertwende war Herrmann Bill ing (Abb. 49). Als Sohn eines Karlsru- her Baumeisters besuchte er d ie Kunstakadem ie, stu- dierte dann an der Techn ischen Hochschu le bei Jo- seph D urm und Otto Warth und ging schl ießlich zu weiterer Ausbildung in das Meisteratelier der bedeu - tenden Berliner Architekten von Kayser und Groß- 48. Karlsruh e, Kaufhaus Tietz., vo n Robert Cur- jel und Kar1 Moser (Photo W. Kratt 191 0) 49. Hermann ßilling, Ölgemälde von A. Schmidt 1898, Ausschnitt (lnst. f. Baugeschichte Karlsruhe) 50. Musikraum auf der Weltausstellung in St. Louis 1904, perspektivische Ansicht von Hermann Billing (Architekturslg. der TU München) heim. In seiner Freizeit beteiligte er sich an Wettbe- werben, und nachdem er in der Konkurrenz um eine neue Weserbrücke in Bremen den I. Preis und den Auftrag zur Ausführung der künstlerischen Gestal- tung erhielt, machte er sich selbständig. Neben Planung und Bau von Villen und Woh nh äu- sern (etwa in der Baischstraße) beteiligte er sich im - mer wieder an Wettbewerben: Für se inen Entwurf zur Ausgestaltung des Musikraumes auf der Weltausstel- lung in St. Louis 1904 errang er den ersten Preis (Abb. 50). Und beim Wettbewerb für ein Empfangsge- bäude des neuen Karlsruher Bahnhofes (der nach lan- ger Auseinandersetzung zwischen Stadt und Bahn von seinem Standort am Ettl inger Tor an seinen heutigen Platz verlegt wurde, wodurch der Weg für ein Zu- sammenwachsen der neuen Stadttei le mit der alten Stadtmitte frei war - eine glückli che Entscheidung für Karlsruhe -) wird Billings Entwurf ebenfalls preisgekrönt (Abb. 51 oben), trotz harter Konkur- renz, unter ihr der später in Berlin so bed eutende Ar- 95 5 1. 96 -- / , , " " . _ .~ 1' ~ -7-:;'-~~. - '" ~-.~ .. "~--,,"-,, .... --- 0\ ',' b l h f K k rrenz-Entwürfe H ermann Bil ling Karlsruhe, Haupt. a ln 0, on u S'II' (A k f) (nach Deutsche mit Vittali ( I. Pre is) und Hermann ] Ing n au Konkurrenzen Bd. 18 H eft 9, 1905, 5.13) ,. , ), '\ \ , I chitekt Bruno Taut n Ausgeführt wird der Bahnhofs- bau später dann von August Stürzenacker. In K iel baute Billing das neue Rathaus, in Mann- heim die Kunsthall e. Neben der Hofapotheke an der WaidstraßelEcke Kaiserstraße war in Karlsruhe eines se iner schönsten Gebäude das Wohn- und Geschäfts- haus am Kaiserp latz (Abb. 53). Nach schweren Kriegsschäden ist es uns als Torso erhalten. Zwei gleichgroße aber nicht g leichgestaltete Flügel geben in ihrer M itte den Durchgang zur Baischstraße frei . Konkave Wandausbi ldu ngen, bewegte Li ni en, ovale Fenster und ein vo n seinem Architekten erfundenes Ornament bringen die Spannung in die Fassade. 52 . Karlsruhe, Hauptbahnhof-Wettbewerb 1905, ln,.nenperspektive der Halle von Hcrrnann Billing (Architekturslg. der TU München) 53 . Karlsruhe, Kopfbauten der Baischstraße, perspektivische Ansicht von Hermann Bil!ing um 1900 (Architekturslg. derTU München) 23 Zum Bahnhofswettbewerb vgl. Deutsche Konkurrenzen, Bd. 18, Heft 9, 1905. 97 Mit Bill ing gemeinsam tätig war zeitweil ig ein Ar- chitekt ganz anderer, eigener Prägung : Adam Johann Zippel ius (Abb. 54). Nach sei nem Studium verl ieß er als Zwanzigjähriger Karlsru he und ging mit einem Stipendium des bayerischen Königs in den Süden. Zu- nächst finden wir ihn in Italien, dann in Griechenland und sch ließlich auf den g roßen deutschen archäo logi- schen Ausgrabungen in Pergamon und Priene. Das Vermessen der ausgegrabenen Ruinen und Zeichnen von Architekturdetai ls gehörte dort zu seinen Aufga- ben. Er versuchte sich ein Bi ld zu machen von einer nach dem hippodamischen System gebauten hellenisti- schen Stadt (Abb. 55). Daß w ir seine Eindrücke aus Griechen land und Kleinas ien in seinen Karlsruher Bauten wiederfinden, ist nur zu verständ li ch. In der Gartenstraße Nr. 44 entstanden in den Jahren 1909- 10 zwei einfache mehrgeschoss ige Wohnbau- ten mit liebenswerten Details (Abb. 56 und 57): Ihren Eingang beg leiten zwei gedrungene dorische Säulen, die Balkons werden von jonischen Säulen und Kary- 98 54. Hans Zippelius. Ölgemälde um 1905 (Priv:l.lbesitz.) atiden getragen, die Ge länder sind mit bronzenen Schilden geziert. Hält die Antike wieder Einzug in der Architektur Karlsruhes? Herrmann Billing, den wir immer wieder in Kon- kurrenz mit den Schweizer Arch itekten Curjel und Moser antreffen, sei es bei der Christus-Kirche am Mühlburger Tor oder bei der An lage des neuen Fest- platzes, er öffnete sich bald nach der Jahrhundert- we nde klassizistischen Archi tekturgedanken. Schon beim Bau der Mannheimer Kunstha ll e im Jahre 1907 begegnen uns Symmetrien, Gl iederungen und Ord- nungsgedanken jener Zeit. Die Kunsthall e in Baden- Baden aber zeigt 1913 sei ne Hinwendung zur antiken Architektur, ohne daß dieses einer Erläuterung bedarf (Abb. 58). In denselben Jahren begannen die ersten Architekten, sich mit dem Werk Weinbrenners syste- matisch auseinanderzusetzen. Der von seine n Schü- lern in Frage gestellte, dessen Architektur die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts als "nüchtern, phantasie- los und kümmerlich" empfand ", gewann wieder 55 . Priene, Rekonstru ktionszeichnung von Hans Zippelius 1908 (Deutsches Archäologisches Institut Istanbul) 2") Alfred Woltmann, in: Bad. Biographien, 2. T. , Karlsruhe 1907.- Leopold Oclenheinz, Alt-Karlsruhe und Friedrich Weinbrenner, in: ZS f. Bauwesen 1913 , S. 567f. 99 100 56. u. 57. Karlsruhe, Haus in der Gartenstraße vo n H ans Zippel ius 1909- 1910 (Photo nach 1910: 56, Photo W. Schnuchel 1976: 57) Freunde : O ska r Seneca und Leo pold O elenheinz wid- men sich seinem Werk's Arthu r Va ldenaire ve rfaßte eine Doktorarbeit über di e Bau kunst Wei nbrenners und legte sie seinen Lehrern an der Technischen Hochschule, Adolf vo n Oechelhaeuser und H ermann Bi lli ng, vor '"' So schl ießt sich der Kreis. Es waren in Ka rl sruh e Arch itekten tätig, d ie aus unterschiedlichen Q uell en schöpften, d ie gewal tigen E infl üssen ausgesetzt waren, deren W irke n als Archi- tekten, Lehrer und Architekturschriftstell er weit über d ie Grenzen di eser Stad t hinausreichte . Dies all es spiegelt sich in der Ka rl sruher Architektur des 19. Ja hrhunderts wieder, einer Architektur, von der der bedeutende Kunsthi sto riker Corn elius Gurlitt bere its an der We nde z u unserem Jahrhundert hoffte, daß sie nicht als mü ßige Spielerei, sondern als Ergebnis vo n ernster Arbeit tüchtige r Meister angesehen werd e 27 . 58. Baden-Baden, Kun sthalle vo n Hermann Bil- ling 19 13 (nach Martin , Hermalln Billing, Berlin 1930 , Taf. 2 unten) 26) Aus dieser Disse rtation ist dann di e Weinbrenner- Monographie Va ld e- naires hervorgegangen. 27) Eine erste g ründliche Auseinandersetzung mit der Architektur des 19. Jah rh undertS finden wi r be i Cornel iu s Gu rlitt, Die deutsche Kunst des 19. Jah rh underts, 2. Auf!. Bcrli n 1900. Dr.Joachim Göricke Klassizismus-Tradition und Neue Sachlichkeit in der Architektur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Karlsruhe Klassizismus-Tradition und Neue Sachlichkeit in der Architektur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Karlsruhe Im Frühj ahr 1922 schri eb di e amerikanische Zeitung "Chi kago T ribune" einen Wettbewerb aus zur Erl an- gung vo n Entwürfe n für ein neues Verwaltungsge- bäude. Ausdrückli ch ve rl angte der Ausschreibungstext fü r den Neubau höchste architektonische Eleganz und U nverwechselbarke it, es wa r beabsichtigt "the most beautiful and distinctiv office building in the world " zu erri chten. Aus der großen Anza hl eingegangener Entwürfe von teilweise prominenten Architekten sei hi er der Entwurf von Ad olf Loos vo rgeführt. U ngewöhnlich ist dieser P lan aus zwei Gründen : Einmal stell t er im Gesamtschaffen des damals 52j ährigen eine einmali ge Überb eto nung des Fo rmprin zips dar, z um anderen aber scheint Loos nu r in einer bestimmten Form E le- ganz und U nverwechse lbarkeit gesehen zu haben. "Alle diese untrad itionell en Formen we rden nur a ll z u- rasch vo n neuen widerlegt und der Besitzer wird bald gewahr, daß se in H aus unmodern ist, weil diese For- men wechseln wie d ie der D amenhü te" . E r wählte di e trad itionsrei chste Form: Eine dorische Säule, rein nachgeb ildet, steht auf einem Unterbau, dessen Portal wiederum durch zwei eingeste ll te dorische Säulen be- tont wird (Abb. 1). N icht nu r in Wettbewerbsentwürfen regte sich zu Beginn unseres Jahrhu nd erts wieder antiker Geist. Eine Anzahl hi er vorgestell ter Bauten aus di ese r Stadt mag das unterstreichen. All en gemeinsam ist - trotZ unterschied lichste r Bedeutung - das antike V orbild und der Zeitp unkt der Entstehung, di e Jahre zwischen 19 13 und 1925. Denken w ir an die wichtigen Bauten H ermann Bil- lings oder Friedri ch R atzeIs etwa, die ja nur wenige Jahre zuvo r entstanden sind, an Curjel und Mosers Lutherkirche oder an das Bankhaus Veit L. H o mbur- ger, so wird ein bemerkenswerter Wandel erkennbar: N icht mehr das "freie" Ornament, di e angedeutete aber eigenständige Nachahmung, ni cht mehr die "ma- lerische" Gruppierung, schon gar nicht die "akade- misch-wissenschaftli che" Kopie historischer Stile, wie 1. A. Loos, Wettbewerb ,.Chicago Tribune«, 1923 (Nach A. Leos, Das Werk des Architekten, Hsg . v.H . Ku lka, W ien 193 1) 1 , sie noch ZU Josef Durms Zeiten üblich war, bestim- men jetz t das Bild der Entwürfe. Kl a re dorische For- men, ruhige Baugruppen , sparsame Verwendung de- korati ve r E lemente sind die charakteristischen Merk- male a ll er hi er gezeigten Objekte. Es wuchs offen- sichtli ch die Erkenntn is, daß Ornament, wo es aus- wechselbar wurde, auch entbeh rli ch se in konnte. Ich komme noch einmal auf Adolf Loos z urück, der bereits 1908 mit einem Vortrag die Fachko ll egen brüskiert hatte . "Ornament und Verbrechen" war der Titel einer polemisch gehaltenen Ansprache, die den Grundsatz der Zweckmäßigkeit allen forma len Über- legu nge n vo ranstellte. Zweck und Material und die ha rmoni sche Verbindung beider bilden di e GrundeIe- mente sei ner Entwu rfstheorie . Die "Evolution der Mensch heit (ist) g le ichbedeutend ... mit dem Ver- schwinden des Ornaments aus dem Gebrauchsgegen- stand e", und "wenn ein Gebrauchsgegenstand in er- ster Linie nach ästhetischen Gesichtspunkten geschaf- fen wi rd, ist er ein Ornament, mag es noch so g latt se in", wa r das Faz it se in er Überlegungen. Loos wa r ei ner der ersten Verkünder einer orna- mentfreien und materialbetonten Architekturauffas- sung. Sei ne Appelle und ein gewisser g le ichze itiger Übe rdruß an der Opulenz der eklektizistischen Stil- auffass ung bereiteten den Boden für di e neue Ein- schätz ung klassiz istischer Bauformen. Neo-Klass izis- mUS ist a lso - zu nächst ganz vo rdergründig betrach- tet - eine Gegenbewegung, die in den klaren und ge- o rdn eten Formen der Antike Ruhe suchte. Dies hieße aber die neue Kunstform ei nz uordnen in vo rangegan- ge ne "Stil "-Epochen; es ist jedoch ein Wandel im Ve rhältnis zur Form z u beobachten. Diese wird nicht mehr a ls etwas Absolutes betrachtet. Klass izismus im id ee ll en Sinne wird Entwurfsgrundlage. Von mög- licl, st frühen - dorischen - Formen ausgehend, strebt der Neo-Klassiz ismus unter fortschre itender El iminie- rung des Formgedankens ei nem Entwurfsprinzip ZU, dem schli eßlich - wie darzustelle n se in wird - die Architektur des Bau hauses, h ier a ls Neue Sach li chkeit 106 bezeichnet, entsprang. Das Prinzip der symmetrischen und eu rh ythmischen G liederung, d ie Betonung ma- thematisch-räuml icher Grundfiguren, Scharfkantig- keit und Transparenz fü hrten, unter zunehmender Substitution des Ornamentes und der Dekoration durch das Material, z ur modernen Arch itektur. Auch das alte Motiv klassizisti sch-antiker Bau- und Denk- weise erfährt in jenen Jahren nach dem Ersten Welt- krieg eine neue wichtige Dimension: D ie Unterord- nung des E inzelobjektes unter e ine Gesamtkonzep- tion. K lar hat Walter Gropius im Kata log zur Eröff- nung der Dammerstock-Siedlung darauf hingewiesen, daß "zugunsten der höheren einheit ... die architek- tonische aufgabe des e inze lnen . .. in der harmoni- schen verbindung ... ni cht also in der erfindung indi- vi du eller motive" z u li egen habe . Über Klassiz ismus-Tradition und Ne ue Sachlich- keit sprechen zu wo ll en, setzt natürlich eine gewisse Erläuterung der Begriffsinhalte voraus. Was ve rstehen wi r heute unter Klass iz ismus? Was unter "Neuer Sach li chkeit" ? Es ist hier ni cht angebracht di e Begriffe ausgiebig zu erläutern. Z ur Klassizismus-Definition hat Siegfried Giedion - um klare Formul ie run gen sonst ni ch t verlegen - noch 1922 ratlos von "schwan- kendem Umfang" und "verworrenem Begriff" gespro- chen. Johann Joachim Wincke lmann hatte 1764 "di e- jenige Harmonie" gepriesen, "die unseren Geist ent- z ücket", sie "besteht nicht in unendli ch gebrochenen, gekettelten und gesch leiften Tönen, sondern in einfa- chen und lang anha ltenden Z ügen". Ed le Ei nfalt und stille Größe als Symbol der griechischen Kunst. Heute empfinden wir den K lass iz ismus als ein außero rd ent- li ch komplexes Thema. Es ist ja ni cht ei ne W iederbe- legung der Antike sch lechthin , die den Klassizismus charakteri siert, ebensowenig wie für die Renaissance eine a ll ge meine Wiederbelegung römischer Architek- turformen maßgeblich wa r. Vielmehr - und damit si nd insbesondere die Verhältnisse hier in Baden ge- meint - ist der K lass iz ism us durch seine Ve rquickung mit der Entwicklun g des bürgerlichen Elements, dem Entstehen einer neuen Klasse, bestimmt. "Eine innere Ve rwandtschaft füh rte de n Klassizismus und di e bür- gerliche Bewegung zusammen", hatte Franz Schnabel in seiner "Deutschen Gesch ichte im 19. Jahrhundert" bemerkt, und weiter fe stgestellt, daß die "Herrschaft des Formgesetzes - insofern sie nicht schöpferische Kräfte entwickeln kan n, sondern nur gegebene Mittel ordnen will- ... der Festigkeit des Bürgertums ent- sprach". Damit tritt z um künstl eri schen E lement der Wiederbelebung und Interpretation antiker Formen das po liti sche Moment ei ner sich formierenden Ge- se ll schaftssch icht. Das neu entstehende Bürgertum sah in den Formen des ka ise rze itli chen Rom ein ad- äquates Vorbi ld: Se lbstbewußtsein , Mitverantwor- tung, Unterwerfung unter ei ne Raison, aber keine Subordination. Hinzu tritt als Zeitströmung - im be- wußten Gegensatz zur ursp rungsgleichen Romantik - das Bedürfnis nach Überschaubarkeit und Ord- nung. Es ist dies eine frappierende Duplizität zu der eingangs gesch ilderten Situation um 19 10, als deren Resultat neo-klassizistische Bestrebungen sichtbar wurden. Nur fehlte vor dem Ersten Weltkrieg d ie tra- gende Kraft einer aufstrebenden Gese llschaftsschicht, die als Auftraggeber Selbstdarste llung suchte und die historisch wichtige Beziehung sah. Sie haben hier an dieser Ste ll e über die Entwurfs- prinzipien Friedrich Weinbrenners sprechen gehört. Seine architektonische Auffass ung hat in beisp ielhaf- ter Weise den politischen und den künstl erischen Aspekt des Klassizismus in sich ve reinigt: D er vie lfac h zitierte Karl sruher Marktp latz ist eben nicht nur ein Denkmal klassizistischer Architektur, sondern ebenso ein Denkmal bürgerlicher Emanzipation, das die 18 18 gegebene Verfassung in gleicher Weise widerspiegelt, wie es die wiederentdeckte antike Form manifestiert. Es ist nu r ein schmaler Streifen des breiten Bandes "Klassizismus", der hier beleuchtet werden kann. Kla- rer sind die Bed ingungen für den Begriff "Neue Sach- lichkeit", der - als der Malerei angehörig - hier viel- leicht ni cht ganz korrekt verwendet wird. Bereits in den 30er Jahren hat Emi l Kaufmann die wichtigen Z usammen hänge zwischen den Revolutionsa rchi tek - ten - Claude Nicola Ledoux als Beispiel - und den Bauten der 20er Jahre unseres Jahrhunderts herge- stellt, eben jener Architektur, die hier mit "Ne uer . Sach li chkeit" bezeichnet wird. Kaufman n hat eindeu- tig ausgesprochen, worin sich d ie - so se ine Bezeich- nung - autonome Architektur ausspricht: Mit Le- doux beg innt der "Primat des vom Zweck ausgehen- den Planes". Walter Gropius sp rach Später von der Form, die der Funktion zu fo lgen habe. Das Würfe l- haus, die Blockfügung und das Pavi ll onsystem als Ausdruck der "autonomen" Architektu r sind jedoch auch Symptome Weinbrenner'scher Arch itektur. Se in Rathaus-Entwurf für Karlsruhe vo n 1818 oder ve r- schiedene römische Entwürfe der 1790er Jahre mögen hier als Beispiel dienen (Abb. 2, 3, 4). Es ist oft z itiert worden, daß F. Gi lly, dessen Arbei- ten Weinbrenner wä hrend se ines Berl iner Aufentha l- tes woh l kennengelernt hatte, ei ne Vermittlerro lle ge- spielt haben mag. Gil lys Theaterentwurf folgt ga nz der "geschichtslos theoreti schen" (K. Bauch) Archi- tektur der sogenannten Revo lutionsa rchitekten. Weinbrenners Klassiz ismus und die Architektur der Neuen Sachli chkeit haben also eine gemeinsame Ba- sis. Das architektonische Resultat, ich ziti ere noch einm al Emi l Ka ufmann, kommt "weniger den Wün- schen und dem Willen des schaffenden Menschen (entgegen), desto mehr dem eigentlichen Wesen der Arch itektur". leh erinnere in di esem Zusammen hang an den Eindruck, den die - streng nach kubischen Gesichtspunkten gefertigten - Entwürfe Weinbren- ners 1795 auf Wilhelm Jerem ias Mül ler machten; "wi- dernatürli ch", "drü ckend", "d üster und fin ste r", hatte dieser letzte Vertreter des Ka rl sruher Zopfsti les die Entwürfe des jungen Weinbren ner gefunden, "für Leute , di e zur Melancholie geneigt si nd". In Verbindung mit den Gedanken Ka ufmanns, di e hier nur grob skizziert werden können, erl aube ich mir den Hinweis auf einen Fragenkomplex, der uns 107 2. F. Weinbrenner, Entwurf zu einem Arsenal, Rom, 1795 (Kunsthalle Karlsruhe P. K. J. 483/9) 108 3. F. Weinbrenner, Entwurf zu einem Sladttor, Rom, 1714 (Kunslhalle Karlsruhe P. K. J. 483/8) 4. F. Weinbrenner, Entwurf zu e inem Rathaus, Rom, um 1794 (Kunsdlalle Karlsruhe VIII 2811 - 1) heute fast gleich heftig beschäftigt wie vo r 70 Jahren: das Prob lem der Denkmalpflege. Der Beg riff "auto- no me Architektur" schli eßt den konsequenten Bruch mit hi sto ri schen Baufo rm en ein. Ledoux's Entwürfe ze igen das. Auch di e Gotik war ein konsequenter Bruch mit überli efe rten Bauformen. Resultat dieser- hier rein spekulati v vo rgetragene n - Überlegungen ist, daß moderne Arch itektur Selbständigke it erSt dann erl angt, we nn sie konsequent modernste Er- ke nntni sse und Bedürfnisse - Zweck und Material- zu bewältigen bzw. zu befriedigen we iß. Autonome Architekturen hatten ni e Schwierigkeiten, sich neben hi sto ri scher Substanz z u behaupten: Kein Mensch empfind et es als störend, wen n ein gotischer C ho r eine romanische Kirche abschli eßt. Die Probleme im Nebe neinander von historischer und neuer Archi tek- tur si nd desha lb in erster Linie Probleme der " moder- nen" Arch itektur, dere n Mangel a n Autonomie, könnte man folgern, zu der weitverbreiteten U nfä hig- keit geführt hat, historischer Bausubstanz etwas Ei- ge nständiges an die Sei te z u ste llen. N icht das vielbe- klagte E nde einer Konti nuität - das ga r nicht stattge- funden hat - ist e in Grund für die Feh lentwickl ung unserer ze itgenössischen Arch itektur, vielmeh r fehlt der konsequente Bruch mit den historistischen Bau- auffass un gen, di e konsequente Abwendung vom 19. Jahrhund ert. Diese Gedanken sind nicht neu . Auf andere n Wege n ist Georg Gottfried Dehio bereits 1905 z u einem ähn- lichen Schluß gelangt: In se iner Straßb urger Rede zur Feier des GeburtStages Kaiser W ilhe1ms 11. am 27. Ja- nua r g laubte er erst dann wieder ein prob lem loses Ne- benein and er von ze itgenöss ischer Architektur und Baudenkmal prophezeien z u können , we nn "wieder eine klare baukünstl erische Überze ugun g" vo rhanden sei, also ei ne ze itgemäße Architektur. Gottfri ed Sem per hatte vo n dieser ne uen Architek- tur scho n in den 60er Jahre n gefo rd ert, daß sie "die Anforderun gen der Gegenwa rt" nicht nach histo ri- schen Stil en modeln so ll e, "sondern , wie es natürli- 11 0 eher scheint, di e Lösung der Aufgabe aus ihren Prä- missen, wie sie die Gegenwa rt gi bt, frei heraus zu ent- wickeln". Mangelnde "Autono mie" der modern en Architek- tur, aber auch mange lnd e E insichten der modernen Denkm alpflege haben o ft z u angepaßten, innerli ch unwahren Architekturen gefü hrt. Viell e icht zu Un- recht hat sich di e D enkmalp fl ege bereits "alib istisch" nennen lassen müssen, wen n sie kl einerem Übel zu- stimmte, um g rößerem vorz ubeugen. Was fe hlt, ist e in neues kla res Prinz ip das der modernen Archi tektu r in ihren konseq uentesten und besten Vertretern ein Mit- spracherecht im Sinne der Kaufmann'schen Auto no- mie ein rä umt.Die letzte g rundsätzl iche Arbe it über de n Themenkreis ist reichlich 70 Jahre al t; sie Stammt von Alois Riegl und erschien 1908. Es ist dort kla r ausgesprochen, daß für das 19. Jh. als Postulate für die Denkmalsbehandlung Sti lursprü nglichkeit - hi- storischer Wert - un d Stil ei nheit - de m Ne uheits- wert entsprechend - ge lten, Postulate, nach denen auch heute noch we itge hend renoviert un d restauri ert wird. Solange wir in dieser Weise we iter verfa hren- ich zitiere Karl Korn zum Denkmalschutzja hr 1975 - ve rlieren die Denkmäler ihre "Aura, das heißt ih re Geschich tsmächtigke it" und sin ke n als "Fotoattrap- pen oder Touri stenattraktionen" ... zu "Dekoratio ns- stücken" herab. D ie notwendige Entwick lung des Ge- schichtsbewußtse ins kann nur stattfind en, we nn wir endli ch von der Stilu rsprüng li chkeit und Stil e inheit abrücken. Es muß nicht die älteste Methode der Denkmalpflege angewendet werden, di e Joh n Ruskin 1877 beschrieben hat : "Bewahrt ein altes Denkmal mit ängstli cher Sorgfa lt um jeden Pre is vor Zerfa ll ", "StütZt es mit Balken , wo es sich neigt, kümmert euch nicht um die U nanseh li chkeit so lcher Stützen: Besser eine Krücke, als ein verlorenes G lied". Sie so ll te je- doch ni cht aus den Augen ve rloren werden. In Baden starb 1826 mit Friedri ch Wei nbrenner de r Hauprvertreter der kl assizisti schen Stilauffassung. Die begabte ren Schüler des Meisters - Moller zunächst 5. F. Ostendorf. Haus Weberstraße Karlsruhe 1912113 (Aufnahme Verf.) 6. F. Osten dorf, Staatsschuldenverwaltung Karlsruhe, 19121 13 (Auf+ nahme Verf.) ausgenommen - unterlagen der romantischen Ge- schichtsbetrachtung, die in der mittelal terli chen Hi- storie auch Anregungen für das Schaffen des Archi- tekten fanden. Zu ein er gemei nschaftlichen Aussage kam es unter de n Weinbrenner-Schülern ni cht mehr. D er freiwilli- ge n Disziplin einer selbstgewählten Ordnung, w ie sie di e Lehre Wei nbrenners gekenn ze ichnet hat, stand eine zunehmende Individuali sierung gegenüber. Abe r bereits kurz nach der Jahrhundertmitte we r- den wieder "antike" Sti mmen laut. Gottfried Semper ist eine r der ersten, der im "d ivinatorischen Künstler- sinn" das wichtigste Mittel sieht, der "scha rf sichten- den und scharfs inn ig spürenden" Archäo logie paro li zu bieten . E r bekan nte unumwunden, daß "a lle Wie- dergeburten der antiken Ku nst sofo rt Neues und ni e- mals ga nz so Schlechtes .. . z u Wege brachten". Zwa r ist se ine eigene Arch itektur ni cht im gleichen Maße kompro mißlos wie seine Schriften ; er bevorzugt ein an di e Renaissance angelehntes Bild der Antike. W ichtig für a ll e Ar chitekturen jener Ze it ist aber se ine Feststellung, daß nur "di e wahrhaft künstl erische H and" jene Baukunst der Wiedergeburt ausführen kann , hingegen "aber durch Pfuscherei ... sofort (di e) tri vialste Formengemeinheit" entsteht. Wir we r- den Gelegenheit haben, d ie Richtigkeit d ieses Satzes bei der Beobachtung angewendeter a ntiker Formen bestätigt zu fin de n. Sem pers Äußerungen hatten weitreichende W ir- kung. In Ka rl sruhe war es z uerst Fri edri ch Ostendorf, der den ze itlosen Wert der antiken Form für so wich- tig erachtete, da ß er ihn für se in e Bauten und seine theoretischen Arbeiten als Richtschnur nahm (Abb. 5, 6) . Ostend orf, Jahrgang 187 1, 1907 nach Karl sruh e berufen, Schül er vo n Carl Schäfer, zuvo r Professo r für M itte lalte rli che Baukunst in Danz ig, hat hi er in d iese r Stadt offenbar einen entscheidend en geistige n Wandel durchgemacht. "Auch wir (können) eine neue Kunst haben", schri eb Ostendo rf im 1. Band se iner "Sechs Bücher 112 vom Bauen", und "brauchen doch deshalb keine neuen Formen. Solche ,modernen ' Formen gewaltsam erschaffen z u wollen, ist e ine Vermessen heit". Vie l- mehr müsse die Baugeschichte abgetastet we rden nach der "Verkörperun g der einheitli chen archi tekto- nischen Idee" , und die se i nur in der Antike, der Re- naissance, besonders abe r auch im späten Rokoko und Biedermeier z u suchen. Die künstl erische Hinter- lassenschaft jener Epochen "nehmen wi r ... behutsam au f und führen sie in unsere Tage hinein .... W ir wer- den sie langsam im Laufe der Zeit ändern. Aber einst- wei len und bis wir fest im Sattel sitzen, eignen wir sie uns an". Aus d iesen Sätzen sp ri cht Ostendorfs Lehrer Ca rl Schäfe r, der ein g leiches mit Stil en des Mittelal- ters, insbesondere der Gotik, ve rsuchen wo ll te: ... "ob und wie lange es bei d iese r Art (der Nachah- mung) bleiben oder ob sich der ,neue Stil' daraus ent- w ickeln werde" so Schäfer, se i " in Gottes Hand" ge- ste il t. Es gab zahlrei che Warner vor einer W iederbe le- bung antiker und and erer Sti larten. Prob leme der D enkmalpflege in diesen Jahren hatten entscheidende Rückwirkungen auf di e Arch itektur. Der feinsinnige Hermann Muthesius nannte es "ein gefährliches Be- ginnen, sich mit dieser schon einmal ve rdauten Kost z ufrieden zu geben" . U nd Cornelius G urlitt hatte be- re its an der Schwell e zum neuen Jah rhund ert fe stge- stell t, daß man "nicht in ihrem Geiste" schafft - dem der Altvorderen näml ich - "wenn man in ihren For- men arbeitet, sondern (nur) wenn man ebenso selb- ständig dem Z iele zuschreitet, wie sie es einst tate n". Aber Ostendorf hatte im Ze itgeist eine n starken Ve rbündeten: Der Überdruß an reich geg li ede rten, aber vielfac h unpraktischen Baugru ppen hatte zuge- nommen, ei nfache und geschl ossene Baukö rper er- schienen günstiger.·Hinzu kam, daß se ine Theo ri en immer von der Vorste Ilbarkeit - und damit N achvoll- z iehba rkeit - eines Entwurfgedanke ns ausg inge n. Nach se iner Auffassung mußte der Bau in se inen Ein- zelelementen erst im Kopf des Arc hitekten fert ig durchdacht erscheinen, ehe die ze ichne rische Darstel- lung zu erfolgen habe. Ei ne Methode, von der er z u- recht behaupten konnte, daß ihr "Aufwand an geisti- ger Arbe it" natürlich sehr viel größer als üblich sei. Dieses Entwurfsprinzip begreifen wir besser, we nn wir Ostendorfs Bezugsperson - Friedrich Weinbren- ner - befragen: "Das Kunstschöne beruht auf einer Idee" hatte diese r im II!. Teil se ines "Architektoni- sehen Lehrbuches" festgeste llt, "und darum muß der ächte und rechte Künstler neben dem Talent für tech - nische Ausfü hrung jene geniale Kraft besitzen, welche frei im Reiche der Formen wa ltet und sie hervorzu- bringen und zu beleben weiß". In ganz ähn licher Weise hat Ostendorf das künstlerische Prinzip seiner Architekturtheorie zu erl äutern versucht: "Wenn nun der Kunstgenuß auf dem Nachdenken eines künstleri- schen Gedankens beruht, so muß das architektonische Kunstwerk also aus ei nem Gedanken entstanden sein". Das Bauwerk, so Corn el ius Gurlitt über Osten- dorfs Theorie des Entwerfens, "erscheint ... als eine mit Baumaterialien z ur Erscheinung gebrachte künst- lerische Idee". Der Arch itekt legt nur nieder, was in seinem Geiste bereits vorhanden ist. Was Friedrich Weinbrenne r als freies Walten im Reiche der Formen - bekannter Formen natürlich - bezeichnet hat, ist auch für Ostendorf selbstverständlich . Daher seine unerschütterli che Vorstellung, mit herkömmlichen, vorzugsweise antik entlehnten Formen, auch eine neue Architektur bewältigen zu können. Unterzieht man di e hi er gezeigten Beispiele einer ge- naueren Betrachtung, so lassen sich zwei Ström ungen des Neoklass iz ismus feststellen: Die eine Richtung, zu der auch Ostendorf gehörte, knüpfte an allge- mei ne klassi zistische Traditionen an, suchte in erster Linie die klare Übersicht und Ordnung. Walter Sak- kur, ein um den Nach laß des ju ng im Kriege gefa lle- nen Ostendorf außerorde ntli ch verdienter Mann, hat dieses Entwurfsprinzip übernommen. In seiner lupen- reinen dorischen Arch itektur für das ab 1921 entstan- dene Bauingenieurgebäude an der hi esigen Techni- sehen Hochschule spiegelt sich jedoch auch - ähnli ch wie bei A. Zippelius - das archäologische Interesse wider (Abb. 7). -- 7. W. Sackur, Bau ingenieurgebäude der TH Ka rlsruhc, 192 t (Aufnahme Veef.) 113 Eugen Becks Gewerbeschu le von 191 1 stellte, ne- ben den Bauten Ostendorf, ein erstes Beispiel des neuen antik orientierten Entw urfsgeistes für Karls- ruhe dar (Abb. 8, 9). Se lbst C urjel und Moser, die we- nige Jahre zuvor mit dem Bankhaus V. L. Homburger den Jugendstil in Karl sruhe ei ngeführt hatten, sch los- sen sich mit ihrer Festplatzbebauung den neuen Klas- sizismustendenzen an (Abb. 10, 11). Wichtig ist hi er der städtebauliche Akzent, der mit diese r, als Agora ve rstandener Ra hm ung, ve rsucht wird. 11 4 8. E. Beck, Gewe rbeschule K:trlsruhc, 19 11 (Au fnahme Verf.) 9. E. Beck, Gewerbeschule Karlsruhe, 191 1 (Detail) (Aufn:lhmc Vcrf.) 10. Cu rje! und Moser, Ausstellungsha lle Karlsruhe, 1915 (Aufnahme VecL) 11. Curjel und Mose r, Ausstellungsha lle Karlsruhe, 19 15, Detail (A uf- nah me Vcrf.) 1 I< 12. Pfei ffer und Großmann, ehem. Rheinische Creditbank Karl sruhe, 1928 (Aufnahme Verf.) I ). Pfeiffer und Großmann, ehem. Rheinische Creditbank (Aufnahme Verf.) 116 1926 errichtete das Architekturbüro Pfeiffer und Großmann an der Stelle des von Wein brenner errich- teten Gebäudes der "Museumsgesellschaft", das in den 20er Jahren abbrannte, einen Ne ubau (Abb. 12, 13). Kann man hier auch unterstellen, daß die histori - sche Verpfli chtu ng vo n Bedeutung war, so läßt sich dieser Neubau doch nur in die Reihe der interpretie- renden , aber nicht weiterwe isenden Bauten ste llen. Diese r ersten Gruppe steht eine zweite gegenüber, die, wie bereits angedeutet wurde, durch di e Ne ube- wertung des Materials auf Kosten der Form wichtige Geschmacksverlagerungen auslöste. Schon Adolf Loos hatte das Material- allerdings mehr aus tech- nisch gestalterischen Gründen denn als Formersatz - außerordentlich stark bewertet. Eine Anzah l fü r ihn typischer Materialien sind Granit, Skyros-Marmor, Onyx vo n Ain Sn ara, Mahagon i, Satinholz, Spiegelei- ehe, Kirschholz usw. Auch Ludwig Mies va n der Rohe könnte geradezu für einen Materialfanatiker ge lten. Äußerste Einfachheit des Grund ri sses und klarsten Aufbau verbindet er mit Bronze, Chrom und Halbedelstein. Hier unterstreicht keine Dekoration mehr die Gestalt eines Baues, sondern das Material spricht für sich, bekommt Eigenwert. Der kühle Glanz des Stofflichen, verbunden mit der außeror- dentlichen Disz iplin einer durchdachten Maßord- nung, ist von Zeitgenossen nicht unwidersprochen ge- blieben . Erich Mendelsohn sprach 1950, nach einem Besuch bei Mies, von "preußischer Strenge", die aller- dings "ohne den Charme Schinkels" sei, ein "klarer Himmel ohne Sonne und tot wie Julius Cäsar". Wich- tig für unse re Betrachtungen ist das von dieser zwei- ten Gruppe von Arch itekten erkannte Prinzip einer abgewandelten klassizistischen Bauauffassung, die sich nicht mehr an der absoluten Form, sondern am 14 . H. R. AJker, Radiumsolbad Heidelberg, 1924 (Aufnahme Verf.) geistigen Ordnungsprinzip der Antike orientierte. Ein wichtiger Vertreter dieser zweiten, wesentli- chen Richtung im südwestdeutschen Ra um ist H er- mann Reinhard Alker. Über eine anfängliche Befan- genheit in Formen der italienischen Frührenaissance fand Alker in den 20er Jahren eigenständig zur Arch i- tektur der Neuen Sachlichkeit. 1885 geboren, hatte er sich, nach Studium in Karlsruhe und Rom, bauge- schichtli chen Problemen zugewandt, und unter dem Einfluß dieser Studien nach den Bauten Michelange- los ganz eigenwillige Architekturformen entwickelt. Sein 1924 errichtete Radiumsolbad in H eidelberg ist ein erstes Zeugnis dieser Auseinandersetzung mit der Architektur der Renaissance (Abb. 14, 15) . Die Groß- ordnung, die er dem Eingang zuordnet, die Kassetie- I 7 rung der Vorha llendecke und die angedeutete Attika sind Reflexionen zu Michelangelos Kapito lbebauung. Statt des reichen Programms, wie es die Renaissance benutzte, ist in kl arer U msetzung des Prinzipes das Material (Putz und Zementguß) und die Proportion getreten. 11 8 15. H. R. Alker, Radiumsolbad Heiddberg, 1924 (Detail, Aufnahme Verf.) 16. H. R. Alker, H ochschu lstadion Karlsruhe, ab 1926 (Aufnahme Vcrf.) Mit seinem Stadionbau in Karlsruhe hat Alker 1926 den entscheidenden Durchbruch zu r mod ernen Archi- tektur vollzogen (Abb. 16, 17). Klar spri cht das Prin- zip von Eurhythmie und Symmetrie aus diesem Bau. Die Reihung des zwischen die Treppenhäuser ge- spannten Verbindungsganges mit seinen Z ugstützen 119 17. H. R. Alker, Hochschulstadion Karlsruhe, ab 1926 (Aufnahm. Verf.) 120 drückt nicht nur antike Wertschätz ung aus, sondern dokumentiert auch di e folgeri chtige Substitution der Dekoration durch Material , Konstruktion und Pro- portion . N och kl arer ist Alkers größte Bauaufgabe in Karlsruhe ausgefallen, di e Bebauung des Q uartiers Ebertstraße/Schwarzwaldstraße/Schnetz lerstraßel Klosestraße, um 1930 entstanden (Abb. 18, 19) . Hier wird vo ll ends - im Sinne des Bauhauses - der Woh- nungsbau als ein techni sch und gestalteri sch auf der Höhe der Zeit befindli ches Werk betrac htet, an dem - vom Gebrauchswert ausgehend - Z ierrat und D e- koration überflü ssig sind. Die M aschine als universel- ler Produ zent all er Gebrauchs- und Bedarfsg üter kann - das liegt in ihrer Ex istenz begründet - keine individuell e Ausnahme gestatten: Deshalb gleiche D etails für gleiche Funktionen, industriell e Produkte für alle Ausstattungsgegenstände. 18. H. R. Alker, Wohnbebauung Ebenstraße Karls ruhe, um 1930 (Ze ich~ nung Alke r, Postkarte) 19. H. R. Alker, Wohnbebauung Ebertstraße Karlsruhe, um 1930 (Auf- nahme Verf.) 121 Am 29. September 1929 wurde die Ausstellung "Die Gebrauchswohnung" in Karlsruhe-Dammer- stock eröffn et. Walter Gropius hatte di e künstleri sche Oberleitung übernommen. Konsequent wurde nun die moderne Bautechnik in den Dienst einer einheitlichen Bauid ee gestellt. Die Einheitlichkeit der Erscheinung, ein wichtiges Moment von Klass izität überhaupt, wurde durch den freiwilligen Beschluß aller teilneh- menden Architekten erreicht, gleiche Fenstermaße, weißen Anstrich und flach es Dach zu verwenden (Abb. 20, 21, 22). Zwar kann man davon ausgehen, daß die bereits 20 Jahre zuvor entstandenen Gartenstädte - Hellerau bei Dresden und im näheren Bereich Rüppurr - das Prob lem des Wohnens auf kleinstem Raum zu er- schwinglichen Bedingungen erschöpfend behandelt hatten. Eine der grundsätzlichen Erkenntnisse war die Wiederentdeckung des Gartens, nicht allein des N utzgartens, sondern als Erweiterung des häuslichen Lebensbereiches. Als Resultat ihrer Überlegungen hat- ten deshalb die Gartenstadtplaner - zu denen bereits hier in Rüppurr Ostendorf, in Hellerau Riemerschmid und Tessenow gehört hatten - das Wohnzimmer an der Rückseite des Hauses, zum Garten hin orientiert. Damit war eine wesentli che Wandlung der alten, re- präsentativ gedachten Anordnung erreicht. Die soge- nannte Gute Stube wurde von der Straße zum Garten hin verlegt und verband nun Zweckmäßigkeit mit ei- ner bis dahin ungewohnten Intimität. Bautechnisch waren die Gartenstädte jedoch immer konventionell errichtet worden. Es ist das besondere Verdienst des Bauhauses, die neu gewonnenen Wohn- formen der Gartenstädte - soweit sie das Einfami- li en-Reihenhaus betrafen - nun auch mit neuzeitli- chen Materialien darzustellen. Stahl, Beton und große Glasflächen beze ichnen äußerlich diese neue Bauauf- fa ss ung, die mit zeitgemäßen Mitteln darstellte, was funktion al bereits zwei Jahrzehnte zuvor festgestellt worden wa r. Damit tritt jene Übereinstimmung von Funktion und Form ein, die charakteristisch ist für 122 20. Dammerstock-Siedlung Karlsruhe , 1929, Lageplan (Katalog d. Aus- stellung) 2 t . Dammerstock-S iedlung KarIsruhe, 1929 Duo Haesler, W1ischerei- gebäude (Aufnahme VerL) 123 22. DammerstOck-Siedlung Kar1s ruhe, 1929, W . Gropius, Wohnhau s (Aufnahme Verf.) eine selbständige - autonome - Architektur. Die Entwicklung des Bauhauses ist jäh unterbro- chen wo rden durch die poli tischen Verhältnisse im Dritten Re ich. D as lag nicht, wenn es auch so da rge- ste llt wurde, am Flachdach, an "Klei n-Arabien". Es waren di e Mani feste des Bauhauses, di e sei t 19 19 re- gelmäßig ersch ienen. Wer, wie Waltel' Gropi us, "den gestaltenden Geist des Aufbaus ... im Volke w ieder blühen" lasse n wo llte, darin die "wahre Aufgabe des sozial istischen Staates" sah, gleichzeitig aber in "Ka- pita lismus und Machtpo litik" retard ierende Momente der schöpferischen Entwick lung erkannt haben wo llte, konnte nicht damit rechnen, nach 1933 noch unterstützt zu we rden. 124 Besondere Beachtung verdient der Städ tebau im nähe- ren Bereich unter den Ges ichtspunkten des Neo-Klas- SIZismus. Die bere its zitierte Gartenstadtbewegung.war zu stark mit den Prob lemen des Wohnen beschäftigt, als daß sie auch hier grundsätz liche Lösu ngen hätte fin- den I· önnen. O stendorf hat dennoch d ie Gartenstadt Rüppurr als regelmäßige Anlage in ihren wesentl ichen Teilen angeregt und damit starken Bezug genommen auf die Tradition der Stadt. Das fl ache, prob lemlose Gelände hat diese Entwicklung gestattet. In H ell erau - das zwei fellos anregend gewirkt hatte - fol gten di e Architekten Riemerschmid und Tessenow stärker den Model iierungen des T errai ns. Glanzp unkte neo-klas- siz isti scher Archi tektur sind dort d ie Bauten H einrich Tessenows, der di e "Schule für kü nstl erischen Tanz" sowohl im Grundriß der An lage als auch im Detai l in ein außerordentl ich straffes, ganz antik orientiertes Schema zwängte. In Karlsruhe ist die T radition der Radialstadt an den verschiedensten Punkte n immer wieder sichtbar geworden. Wie Arnold Tschira am Beispiel des ersten Stadterweiterungsplanes von Fried- rich Weinbrenner klarl egen konnte, wa ren di e Gren- zen derartige r Erweiterungen jedoch eng gesteckt (Abb. 23). Weinbrenner selbst hatte das erkannt und strebte, unter Bei behaltung und Abrund ung des Sy- stems, einer Ordnung zu, die das Strahlenschema der Gründungsstadt nur noch nebensächli ch übernahm. Sein Plan für Kehl vo n 1814 unterstreicht das. Die Entw icklung der Stadt Karlsruhe verlangte regelmä- ßige Qu artiere, die sich mit dem artifi z iell en System des Strahlengrundrisses jedoch nicht erreichen ließen. Es se ien hier zwe i Platzbebauungen vorgeste ll t, die se inerzeit außerordentlich diskuti ert wurden , und die ein Bild geben vom Stand der Auseinandersetzung mit dem Klassiz ismus einerseits und der Baugeschichte der Stadt andererse its. Nach der Verlegung des H auptbahnhofes an die süd liche Peripherie der Stadt ergab sich di e Notwen- digkeit, sowohl den Platz vor dem Ettlinger Tor als 23. F. Weinbrenner. Stadte rweite rungsplan für Karlsru he, 1815 (nach A. Tschira in Festschrift Knittel 1959) 24. W. V ittali, Bahnhofsplatz-Bebau ung Karlsruhc, 19 13 / 15 (Au fnahme V"f.) 126 auch den Bahnhofsvorplatz, der nicht Bestandteil des Wettbewerbes um das neue BahnhofsgebäuCle war, um- bzw. neu zu gestalten . Wilhelm Vittali hat 1913 bis 1915 den Bahnhofsplatz nach verkehrstechnischen Gesichtspunkten in neo-klassizistischen Formen und unter Wahrung der Verbindung zum Stadtgarten ent- worfen (Abb. 24). Interessanter ist die Neugliederung des Ettlinger-Tor-Platzes . Bereits 19 12 hatte ein Wettbewerb stattgefunden, der keine befried igende Lösung ergab. Der im Ersten Weltkrieg gefallene Hans Schmidt schlug 1913 einen Halbkreis als Platzform vo r, der durch zwei Radialstraßen und das Kreuz der Kriegs- und Ettl inger Straße gebi ldet werden so llte . Dieses Konzept entsprach we itgehend dem oben z itierten Stadterweiterungsplan Weinbrenners von 1815. 1917 trat W. Langstein in der Deutschen Bauzei- tung mit einem Vorschlag an die Öffentlichkeit, der in gewissem Sinne dem eingangs geschi lderten Vorha- ben Adolf Loos' für die Chikago Tribune an die Seite zu stellen ist: unter dem Kürzel W. L. schlug er vor, Weinbrenners 1871 abgebrochenes Ettlinger Tor aus soliderem Material an fast der gleichen Stell e wieder zu errichten. Durch verkehrstechnische Veränderun- gen käme das Tor auf einer Inse l zu stehen, um die herum Automobi lverkehr und durch die hindurch die Straßenbahn hätte fahren so ll en. Für Fritz Hirsch wa r die Veröffentli chung des Bei- trages eine passende Gelegenheit, einen bereits 1916 geplanten Entwurf vorzustell en (Abb. 25, 26). Hirsch nahm die Idee von Schmidt auf - es ist schließlich bei dieser Platz form geb lieben - verwandte aber die To- ridee von Langstein. Seine Torneuschöpfung, die er zunächst als ein Denkmal für Fried ri ch Weinbrenner, später für die Gefallenen des Krieges deklarierte, war in den Dimensionen den veränderten Verkehrsver- hältnissen angepaßt. Als Standort wäh lte er die Kreu- zung Baumeister-/Ettiinger Straße. Das Tor stünde damit etwa 150 m hinter der Kriegsstraße und würde mit seiner Bebauung eine "arkadenumsäumte Fest- 25 . F. Hirsch, Ettlingertorplatz Karlsruhc, 191 6, Perspektive (Deutsche Bauzeitung, 51 Jg., 191 7) 26. F. Hirsch, Enlingeno rplatz. Karlsruhe, 19 16, Ansichten (Deutsche Bau z.e itung, 5 1. Jg., 19 17) 128 r-- - - --- -----' -------------~, straße" bilden, die als Fortsetzung der via triumphalis mit einer "Denkmälerreihe des badischen Fürstenhau- ses" geschmückt, ein Bindegli ed zwischen der alten und der neuen Stadt darste ll en könnte. Hirsch lehnte sich damit eng an Planungen an, die Weinbrenner 1815 für die südliche Stadterweiterung vorgeschlagen hatte. In Hermann Billings Oberpostdirektion - erst 1935-1939 errichtet - lebt als Torso die Idee Hirschs· fort (Abb. 27). Die Ko lonnaden saumen heute aller- dings keine Feststraße, sondern stehen recht verloren in einem Gebiet, das durch veränderte Zielvorstellun- gen vom ursprüngli chen Gedanken nichts mehr er- kennen läßt. Fast gleichzeitig mit den Entwürfen zum Bahnhofs- vorplatz und dem Ettlinger-Tor-Platz entstand um 27. H. Billing, übe . rpostdlrektion K I ar sruhe, 1935/39 (Auf h na me Verf.) 1910, von H. Sexauer geplant und entworfen, der 28. H . Sex.uer, Haydnpblz Karlsruhe, 1910 (A ufnah me Ver!.) Haydnplatz (Abb. 28). Auch hier gehen drei Straßen strah lenförmig von einem Platz aus, wobei als ax ialer Bezug die ehemalige Kadettenanstalt, die heutige Oberfi nanzdirektion, gewählt wurde. Mit einer ähn li- chen Gebäudegestaltung hatte Sexauer am Wettbe- werb zur Bebauung des Bahnhofsvorplatzes teilge- nommen. Die Beziehung zur Architektur des Karlsru- her Schlosses tritt in diesem Wettbewerbsentwurf noch deutlicher zutage, als am ausgefü hrten Objekt Haydnplatz. Eine gewisse Ratlosigkeit scheint sich im immer wieder benutzten Schema der strahlenförmig ausein- and er laufenden Straßenzüge bemerkbar zu machen. Es sind Rückgriffe, die durch die Stadtform wohl ge- rechtfertigt sind. Aber es fehlt die Auseinandersetzung mit den Problemen des Wohnens in der Stadt allge- mei n. "Das Interesse der Architekten und der Öffent- 130 lichkeit ga lt nur den repräsentativen P roblemen des Städtebaus" hat Arn old Tschira 1963 fes tgestellt. Es ist auch hi er dem Bauhaus - der Neuen Sach- lichkeit - vorbehalten geblieben, einen ersten Schritt zur Lösung di ese r Probleme z u tun. Was 1929 in der Dammerstock-Siedlung entstand, ist das logische Re- sul tat vo n Überlegungen, die sich mit der gleichmäßi- gen Besonnung, der T rennung von Fahr- und Fu ß- gängerverkehr, der optimalen Schaffung von Lebens- raum beschäftigt hatten. D er so entstandene Sied- lungsgrund riß wirkt durch seinen schematischen C ha- rakter zunächst befremdend. Otto Ernst Schwe izer ist mit se iner Bandstadt von 193 1 noch einen Schritt wei- tergegange n und hat die Verbi ndung von Wohnen und Arbeiten in zumutbarer Entfe rnung auf idea le Weise zu lösen versucht (Abb. 29) . Der Ze il enbau, wie ihn di e Dammerstock-Siedlung in unserem Raum eingeführt hat, verdichtet sich bei Schweizer z u Trab- N I I 11 I1 t s I' .. I 1 o 1 2km 29. O. E. Schweizer, Entwurf einer Bandsll.dt, 1931 (nach Q . E. Schwei- zer, D ie Architektonische Großform, Karlsru he 1957) 131 B 08 !* CJCJ DD DDOD DOClD 0000 o o o o • ~~ \-\H DDDC l DDCJD ClDc::.cJ D CJCJCJ anten, die einer Industrieachse zugeordnet sind. Er 30. C. N. Ledoux, Entwurf z.ur Sa linenstadt C haux, 1774 hebt damit ganz bewußt auf einen Idealplan ab und rückt so in die Reihe jener Architekten und Planer, die im wahrhaft klassischen Sinn die Großordnung als Vorausbedingung für mögliche Lösungen im Detail sehen. N icht anders ist die Auffassung Weinbrenners auf diesem Gebiet zu sehen: Erst durch geplante Überschau barke it und Ordnung wird jener Rahmen geschaffen, der für die W irkung des Einze lbaues so 132 wichtig ist. Betrachten wir den Plan Ledoux's zur Sa- linenstadt Chaux von 1774, so fällt die grundsätzliche Übereinstimmung in der Betrachtung des Problems Wohnen und Arbeiten auf (Abb. 30). In beiden Ent- würfen - band artig bei Schweizer, konzentrisch bei Ledoux - wird das Bemühen deutlich auf anderen als bis dahin üblichen Wegen zu einer Lösung zu gelan- gen. Schweizers Bemühungen "um eine auf das Ganze gerichtete Ordnung", die das "beziehungslose Neben- 31. O. E. Schweizer, Stadion Nümberg, 1927/28 (nach O. E. Schweizer, Die Architeklonische Großfonn, Karlsruhe 1957) einander der verschiedenartigsten Formen" zu verhin- dern trachtete und der Vorschlag eines neuen "Ord- nungsprinzipes" gipfeln im "Räumlichen", denn , so Schweizer, erst der "gegliederte Raum vermag das Gebaute, das Gewachsene und die Welt der Technik" zu einer Einheit zusammenzufügen. Die "architektonische Großform", um die es Schweizer ging, hat er nur in Details verwirklichen können. Seine Stadtionbauten in Nürnberg und Wien 133 1927/28 und 1929-31 können als Beispiele gelten für den ausgesprochenen Sinn Schweizers, Natur und Technik harmonisch miteinander im klassischen Sinne zu verbinden (Abb. 31, 32). Durch EgoD Eiermann wurden noch einmal klassi- zistische Entwurfsgedanken verwirklicht. 1947 nach Karlsruhe berufen, ist es ihm allerdings trotz mehr als 20jährigcr Tätigkeit nicht vergönnt gewesen, hier in dieser Stadt mjt einer repräsentativen Bauaufgabe be- 134 32. O. E. Schwc=izer. Suuon Wic=n. 1929 (nach O. E. Sclrwc=iu:I". Die Ar- chitektonischc= GroßJonn, Karlsruhc= 1957) traut zu werden. Einzig das unvollkommene und ver- ändert ausgeführte Versuchskraftwerk und die - un- zugänglichen - Gebäude für die DEA-Scholven, ge- ben Zeugnis von seiner Arbeit (Abb. 33, 34). Eier- mann hat neben Schweizer als Architekt die nächste Verwandtschah zu einzelnen Entwurfsgedanken Weinbrenners .• Das Sichtbarmachen der Ordnung ist vom Städtebau bis in das kleinste Bauwerk das Cha- rakteristikum", beschrieb er im Dezember 1961 zur 33. E. &nnann, VttSUchskral""erkderTH KorIsruhe, 195215-4 (zusam- men mit R. Hilgeo:) (Aufnahme Vuf.> Einweihung des Neckermann-Versandhauses in Frankfurt/M. die Tätigkeit des Architekten. Dieser Ordnung des Ganzen entspringt sein Begriff von Dis- ziplin: Zweck und Aufgabe muß der Architekt auf nachvollziehbare Weise mit modernsten Mineln und Materialien erkennen und lösen. Darin folgte er Lud- wig Mies, der glaubte, .daß Baukunst wenig oder nichts zu tun hat mit der Erfindung interessanter For- men noch mit persönlichen Neigungen". Vielmehr- und damit erreicht Egon Eiermann jenen Autonomie- anspruch, den ich eingangs zitierte - ist die Berufung auf die wissenschaftlichen und technischen Entwick- lungen unserer Zeit und ihre konsequente Anwen- dung die eigentliche Voraussetzung für eine moderne Baukunst. 136 34. E. Eiermann, Oberrheinische Mineralö lwerke (ehern. DEA~Scholven) Karlsruhe, 1961 /63 (zusammen mit R. Hilgers) (Aufnahme H. Neu- cndorf, Baden-Baden) Literaturhinwe ise A. Loos, Das Werk des Architekten, Hsg. H . Kulka, Wien 193 1 W. Gropius, Katalog der Dammcrstock-Au sstcllung Karls ru hc 1929 S. Giedion, Spätbarocker und Romanti scher Klassizismus, München 1922 F. Schnabe l, Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert, Die G rundl agen de r neu eren Geschichte, H erde r-Bücherei 20 11202, Freihufg 1964 E. Kaufmann, Die Stadt des Architekten Ledoux ; Zur Erkenntnis der Autonome n Architektur, in: Kunstwissenschaftliehe Forschungen 11 , 1933 K. Bauch, Das Branden burgerTor, Köln 1966 G. G. Dehio, DenkmalschuLZ und Denkmalpflege im X IX. Jahrhu ndert, Straßburg 1905 G. Semper, Der Sti l etc. München 18782 A. Riegl, Der moderne Denkmalskultus, se in Wesen, seine Entstehung, Gesammelte Aufsätze, Hsg. K. M. Swoboda, Augsburg/Wien 1929 K. Korn , Denkma lschutz ohne Geschichte? Frankfurter All gemeine Zei- tung,Nr. 11 , 14.1. 1975 F. Ostendorf, Sechs Bücher vom Bauen, Erste r Band, Berlin 19 18) C. Schäfer, Von Deutscher Kunst, Gesammeltc Aufsätzc, Hsg. H . A. Schäfer, Berlin 1910 C. Gurlitt, Die Deutsche Kunst des Neunzehnten Jahrhu nderts, Bcrlin 1907) F. Weinbrenner, Architektonisches Lehrbuch, Ill. Theil , I. H eft : Übe r Form und Schönhcit, Stuttgan J 81 0 A. Tschira, Der sogenannte Tulla-Plan zur Vergröße rung dc r Stad t Karls- ruhc, Festschrift für E. Knittel, Karlsruhe 1959 A. Tschira, Die Kunst des Abendlandes, Hsg. K. Martin, Teil 11 , Ka rls- ruhe 1963 O . E. Schweizer, Die Architektonische Großfo rm, Karlsruhc 1957 L. Mies van de r Rohe, Die Kunst der Struktur, H sg. W. Blascn, Zürich und Stuugart 1965 E. MendeIsahn, Briefe eines Architekten, München 196 1 OttokarUhl »Denkwürdigkeiten« - Aktualitäten zUr Rezeption von Friedrich Weinbrenner »Denkwürdigkeiten« - Aktualitäten>:-) zur Rezeption von Friedrich Weinbrenner .) Erweiterte Fassung Diese Überlegungen wurden angeregt durch die Be- schäftigung mit Friedrich Wein brenner. Die vorlie- genden Skizzen könnten den Ausgangspunkt für eine demokratisierte Ästhetik bilden. Es so ll das hier ge- sagte aber nicht den Versuch darstellen, Weinbrenner posthum zu interpretieren und seine Autorität für die Stützung der eigenen Überlegungen zu gebrauchen. Daß die Weiterentwicklung, Vermittlung und Demo- kratisierung von Ästhetik eine der entscheidenden Aufgaben des Arch itekten ist, dies so llte uns im Sinne von Weinbrenner bewußt sein. Die Ästhetik wird für immer mehr Menschen immer mehr Bedeutung erlan- gen! Klassizistische Lösungen des Formproblems be- schäftigen uns auch heute . Die Merkmale des Klassi- zismus stehen in der Auseinandersetzung mit den Ra- tionalisten erneut zur Diskussion . Die historische Ge- nese dieser formalen Lösungsversuche soll im folgen- den exemplarisch beleuchtet werden. Gerade deshalb scheint es zweckmäßig, keine Bil- der zu zeigen, um kein falsches Bild zu vermitteln : Es geht nicht so sehr um die jeweils konkrete Ausprä- gung des Klassizismus, sondern um das durchgängige, dahinterstehende formale und ideologische Konzept. Ich ersuche Sie, in der folgenden Auseinandersetzung mit Arch itektur mit mir zwei Thesen zu überlegen: These 1: Je größer das Ausmaß des Legitimationsdefizits .kunst- und gese llschaftsbestimmenden Eliten war, desto eher ist eine Häufung klassizistischer Merkmale in der Architektur zu beobachten. These 2: Die formale Unsicherheit der Architekten äußert sich im architekturgeschichtlich wiederholt fest- stellbaren Versuch, ästhetische Vielfalt einerseits und ästhetische Unbestimmtheit andererseits durch einen scheinbar objektiv begründeten For- menkanon (und damit verbundenen Rhetorik- vorschriften) zu korrigieren. Im übrigen erlaube ich mir, die wesentlichen Meinun- gen zu diesem Problem durch die Autoren selbst Ih - nen zur Kenntnis zu bringen. Die diesbezüglichen Überlegungen stehen vielfach am Anfang, etwaige Verkürzungen in der Argumentation bitte ich auch der Komplexität des Themas und der Kürze der Ze it zuzuschreiben. In erster Annäherung an die Thematik sollen uns nun jene Probleme beschäftigen, die zur Entstehung des Klassizismus geführt haben . Im Anschluß daran gilt es, das wiederholte Auftreten ästhetischer Merk- male des Klassizismus am Beispiel der Revolutionsar- chitektur darzustellen, die ja woh l kaum eine Archi- tektur der Revolution war als vielmehr eine Architek- tur, die die Revolution im Sti l betrieben hat, wenn gleich sie eine ästhetische Produktion in revolutionä- ren Zeiten darstellt. Die Ästhetik des Historismus greift ebenfalls auf klassizistische Merkmale zurück, wobei die Ästhetik in diesem Fall eine eklektizistische ist, mit Formenkanon und Rhetorikvorschriften aus der Geschichte des klassizistischen Bauens überhaupt komponiert. Die Kontrastierung zum Historismus entsteht in der Addition von Gebrauchswerten und Gebrauchsformen und hat als Funktionalismus zu- nächst wesentliche Bedeutung, hat allerdings in der Folge als enthumanisierte Form bis heute die soge- nannten Sachzwänge vor die Menschlichkeit des Bau- ens, aus welchen Kriterien auch immer (ästhetische oder ökonomische), gestellt. In Abgrenzung zur äs- thetischen Avantgarde entsteht im Rahmen der sowjet- russischen Kulturkonzeption der frühen zwanziger Jahre eine Renaissance der Antike, die in der Literatur vielfach als kleinbürgerliche Maskierung und unauf- gearbeitete spätFeudale Krise der neuen sowjetischen Gesellschaft interpretiert worden ist. Ohne in den Pa- rallelism us landläufiger Ku lturkritik verfall en zu wol- len, läßt sich die Monumentalität der faschistischen Arch itektur und ihre Funktion als Ersatz traditioneller . Legitimationen ebenfalls als kleinbürgerliches Bedürf- nis interpretieren . Daß heute im Konzept der Ratio- nalisten die Dominanz sogenannter reU; formaler Werke im Sinne einer eigenen Formendisziplin mit immanenter Logik beobachtbar ist, soll uns auf dem Hintergrund der historischen, im folgenden zu analy- sierenden Verwendung klassizistiscber Merkmale ei- nige denk- und merkwürdige lnterpretationsbilfen lie- fern. Die Fragwürdigkeit allgemein gültiger Rbetorik- vorschriften wird besonders deutljch, wenn man die ästhetischen Produktionen von klassizistischen Merk- malen am Bild des Architekten mißt, wie es von Han- nes Meyer formuliert wurde, de,r den Archjtekten als Koinzidenz von Organisator, Wissenschaftler und Künstler interpretiert. Im Anschluß an die jeweiligen Darstellungen soU scbließlich der Versuch einer Einordnung der ästbeti- sehen Produktion klassizistischer Merkmale in die hi- storische Entwicklung der künstlerischen Produktion im alJgemein.en ve.rsucht werden. Die Einordnung ,des Klassizismus in den Prozeß zunehmender Autonomi- sierung von ästhetischer Produktion soll auf dem Hin- tergrund der Entwicklung einer gesellschaftlichen Ar- beitsteilung und den damit sich wandelnden Bedin- gungen ästhetischer Produktion sowie der Zuordnung dieser zu Gruppen- bzw. GeseUschaftsinteressen dar- gestellt werden. 142 Zur Entstehung des Klassizismus Die Entstehung des Klassizismus fällt in die Zeit des beginnenden Emanzipationsversuches der bildenden Künstler, ein Emanzipationsversuch, der sich in seiner historischen Perspektive in der Polarität zwischen der Befreiung von den bisherigen Rahmenbedingungen einerseits und der Autonomisierung als beginnende Entfremdung andere.rseits beschreiben läßt. Die Emanzipation der Künstler von ihrer Position als Handwerker bedeutete also einen Aufstieg zur In- telligenz, zu freier und eigenm äch tiger geistiger Ar- beit, wenngleich dieser Aufstieg - gefördert von Hu- manisten - mit der mißverständlichen Einschätzung der Funktion bildender Künstler in der Antike begon- nen hat. Die nunmehrige Funktion bildender Künstler ist in der Ambivalenz zwischen dem sprichwörtLichen Hofkünstler und Propagandisten des Ancien regime einerseits und in seiner Funktion als Wortführer bür- gerlicher Emanzipation andererseits zu sehen. Die beiden Wurzeln der nunmehrigen Tradition künstlerischer Produktion sind zunächst im alten Rom und in der Folge in der griechischen Antike ge- sehen worden, während Architekten wie Palladio sich in der römischen Tradition und der Bedeutung des Privaten verstehen, ist etwa am Beispiel der Revolu- tionsarchitektur die griechische Antike und deren Präferenz öffentlicher Bauten zu erkennen. Darüber hinaus zeigt sich bereits in den Anfängen des Klassi- zismus die Widersprüchlichkeit der damaligen Gesell- schaft, die sich zwar auf demokratische Legitima- tionsstrukturen beruft, dennoch aber eine Gesellschaft von Sklavenhaltern gewesen ist. " Die KünstLerschaft stellt sich, indem sie sich von Kir- che und Zunft emanzipiert, unter ihre geistige Vor- mundschaft. Der Preis, den sie jijr ihre Unabhiingigkeit von den alten Autoritäten und ihren sozialenAIi/stieg, /Ur Beifoll und Ruhm zu zahlen hat, ist die A nerken- nung der Humanisten als Kunstrichter. Sie schneidet bei dem Handel nicht schlecht ab; denn wenn die nellen Protektoren der Künste auch nicht immer die besten Kri- tiker ,md Kenner sind, so sanktionieren sie docb den Ab- fall der Künstlerschaft vom Handwerk und ihren Auf- stieg zur Intelligenz als dem Stand freier und eigenmäch- tiger geistiger Arbeiter. Man erklärte das Einstehen der Humanisten flr sie mit dem von der ganzen Renaissance geteilten Mißverständnis, in den literarischen und den künstlerischen Denknuilern des klassischen Altertums eine unteilbare Einheit zu erblicken und den bi.l.denden Kunstler der Antike, der flr seine Zeitgenossen nie et- was anderes als ein Banause war, so zu beurteilen, als ob er am Ansehen des gottbegnadeten Dichters Teil gehabt hätte . ..• .Diese bewarb sich um die Freundschaft der Huma- nisten, nicht um ihre bereits errungene wirtschaftliche Unabhängigkeit zu sichern, sondern um sie zu rechtferti- gen ...• .Aus dieser Interessengemeinschaft erwuchs jener Ein- heitsbegri./f der Kunst, der seit der Renaissance landläu- fig geworden ist, vorher aber durchaus unbekannt war ... • • Die beiden nachklassischen Stile, Der Manierismus und der Barock, gehen fost gleichzeitig aus der Krise der Renaissance hervor, obwohl die manieristische Tendenz die barocke bald verdrängt, um von den zwanziger Jah- ren bis zum Ende des Cinquecento die Entwicklung zu behemchen und dann erst vom Hochbarock endgültig abgelöst zu werden. Die Krisenstimmung, die die Kunst des Jahrhunderts immer wieder bedroht, und die Opposi- tion, die sich gegen die Hochrenaissance geltend macht, haben ihren Ursprung in dem Gefohl der Unzulänglich- keit, das man gegenüber dem gehobenen, vermeintlich überzeitlichen und übermenschlichen Stil der Klassik empfindet, und dem Gefoh4 daß seine allzu korrekten, harmon.ischen und scheinbar ungefährdeten Formen in dieser Zeit des Umscbwungs nicht nur ungenügend, son- dern geradezu verlogen geworden sind. In Wirklichkeit bestehen während des ganzen Jahrhunderts alle drei Stile, die Renaissance, der Manierismus und der Barock, nebeneinander, und keiner hört auf, bis zum Ende der Krisenzeit wertvolle, ja großartige Werke hervorzubrin- gen, so daß man. die Entwicklung mit gewissem Recht als eine stilgeschichtliche Auseinandersetzung zwischen der unhaltbar gewordenen Synthese der klassischen Kunst und den beiden sie auflösenden, allerdings auch untereinander gegensätzlichen Richtungen des spirituali- stischen Manierismus und des sensualistischen Barock bezeichnen konnte. Tatsächlich handelt es sich hier aber eher um soziologische als stilistische Gegensätze. Die kunstimrnanente und rein formale Erklärung des Vor- gangs dringt nicht tiefgenug. Der Ausgleich, den der Fruhbarock zwischen den antagonistischen Tendenzen in denjrUhen Dezennien des Jahrhunderts auf Grund des spontanen Gefohls und der expressiven Form herzu- stellen sucht, ist ohne Bestand . . .• .Die höfische Repräsentation, so wie sie namentlich in Versailles verfolgt wird, paßt den ursprünglichen Charakter des Barock ihren besonderen Zwecken an. in- dem sie einerseits seinen inhärenten Emotionalismus in eine pompöse Theatralik verwandelt, andererseits seinen latenten Klassizismus, der schon durch die teilweise Rückkehr zu den Stilprinzipien der Renaissance nach dem Verfall des Manierismus gefördert wurde, zu einem starren Formrigorismus entwickelt und zum Ausdruck eines unbedingten, die ganze Gesellschaft behemchen- den Autoritätsprinzips macht . ..• .Der Durchbruch zum Barock erfolgt auch schließlich am augenschein.lichsten unter ihrem Druck, eine der ge- genreformatorischen Propaganda entsprechende, religiös eindrucksvolle Kunst ins Leben zu rufen. Mit der Erfollung dieser Aufgabe und einer ähnlich aktivistisch politischen Rolle, der Apologie und der Ide- alisierung des Absolutismus, verändert sich die gesell- schaftliche Funktion des Künstlers von Gnmd aus. Es beginnt sein unermeßlicher, bei aller persönlichen Be- deutungslosigkeit bis dahin beispielloser propagandisti- scher Einfluß, ohne welchen die Sozialgeschichte der nächsten zwei Jahrhunderte einfoch unverständlich wäre. Auch mit dem Ende der Aufklärung und der Re- volution und dem Beginn der Romantik hört dieser Ein - fluß nicht au/; er ist zumeist nur unterirdisch und un- sichtbar . .. « '" "Bald steht er im Dienste einer kirchlichen und höfi- schen Prunkentfoltung, der antireformatorischen und an- tidemokratischen Propaganda, bald wird er zum Wort- flihrer des bürgerlichen Realismus und Rationalismus, zum Fürsprecher der Unmittelbarkeit und Innerlichkeit eines unpriitentiösen, in bescheidenem Rahmen sich ab- spielenden Lebens . . . . " "Doch obwohl das Amt des Hojkünstlertums eine von alters her bekannte Einrichtung ist, gewinnt der Begriff des "Hojkünstlers" erst hier, in Versailles, den Sinn, den man damit z/t verbinden pflegt, und die Bedeutung, die da}Ur im Abendland während des ancien regime maßge- bend bleibt. Neu ist die Steigenmg des unpersönlichen Charakters der Hojk/mst, das Zurücktreten des privaten Elements in allem lind die Z/tnJckhaltung im Verkehr aller mit allen . ... " 1 Die Architekten des Klassizismus berufen sich auf Palladio, der mit seinem Quattro Libri bis in unsere Tage Autorisierung im Formalen bedeutet. "Die römische Baukunst, als das kri1/tigste Muster der kräftig klassiz istischen, hatte selber, von Etntrien und der Roma quadrata her, diesen geomantisch-geometri- schen, kosmometrischen Anschluß in sich. Er war in }(gypten, dann BabyIon am entschiedensten durchge- führt, aber er formte unterhalb dieser Gipfelfort, die . imitatio m/mdi« wurde, wie immer säkularisiert, a/tCh ein römisch bildender, bindender Gla/tbensartikel. Selbst Vitnlv, der der Roma quadrata der Urzeit so fern steht, fimdiert noch die drei Fordenmgen, die er an einen voll- kommenen Bau stellte, diefirmitas, utilitas, venustas, letzthin astronomisch, das ist, kosmomorph. Das ganze neunte Buch seiner Schrift de architectura, dieser in der Renaissance so weithi .. rezipierten, handelt bei aller Nüchternheit mit Bede/ttun.g von Astronomie und Astro- logie, von den Mondphasen, von dem Tierkreis und de .. sieben Planeten, vom Einfluß der Gestirnkonstellation auf die Erde .. .. "2 .Die Bedeutung der" Quattro Libri" liegt in der Ver- bindung zweier polarer Aspekte der damaligen Architek- turliteratur: Einerseits wurden die Architekturtraktate 144 als humanistische Literawr betrachtet, die nicht fiir den ausübenden Baumeister gedacht waren, so .. dernfiir Ge- lehrte, welche sich mit der Architektztr als Kulturerschei- mmg auseinandersetzen wollten. So halt sich Alberti in der Gliederung seines Werkes an sein Vorbild Vitruv und im Stil an die Literatur. Andererseits sind die Trak- tate von Serlio ,md Vignola als Anleit/mgen fiir die Pra- xis gedacht, in denen der knapp gehaltene Text ZIIr Be- tonung der Abbildung dient. Palladio verbindet die Ide- ale des Huma .. ism/tS mit der Praxis, indem er seine Bei- spiele nicht zur Imitation vorstellt, sondern als Erläute- mngen von Prinzipien, wie ma .. a .. tike Regeln zur Lö- Hmg von cinque-centesken Problemen anwenden kan ... Demzufolge sind seine Texte auch kurz, aber immer in einer dem Humanisten nahen Sprache gehalten . .. "3 Benevolo zeigt die Entwicklu ng vom Klassizismus und der Revolutionsarch itektur bis hin zu den kon- struktiv praktischen Programmen der Ingenieure auf. "Die Zeit von 1760 bis J 830, die fiir die Wirtschafts- historiker die Zeit der industriellen Revolution ist, ent- spricht in den Handbüchern}Ur Kunstgeschichte dem Klassizismus. Die wechselweise Bezieh/mg dieser beiden Erscheinungen bedarfeiner na"heren Erklämng. Mit Recht wird festgestellt, daß sich während dieser Zeit die Löslös/mg der reinen Architektur von den Problemen der Baupraxis anbahnt; letztere gehen i .. die Hände ei- ner besonderen PersonengnIppe, nämlich der Ingenieure, über, während sich die Architekten in eine Welt abstrak- ter Formen flüchten, nachdem sie den Kontakt mit den konkreten Bedürfnissen der Gesellschaft verloren haben. Beide Erscheinungen verlaufen also parallel, ohne Be- nthnlngspunkte, ja, sie entfernen sich nach /md nach I) Hauser, A., Sozio log ie der Kunst, Mü nchen 1974, S. 303-309 ~ Bloch, E.} Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt 1959, ßd. 2, S. 853 1) Kubel ik, M., I Quattr·o Libri deli Arch itcuura. in Andrea Palladio, K:1l31og der Au sstellung, Akademie der Bildenden Kü nne. Wien 1975, S. 11 voneinander lind es tritt ein Zustand ein, den Giedion definiert als "Bruch zwischen Wissenschaft und Technik einerseits und der Kunst andrerseits, will heißen, zwi- schen der A rchitekwr und der Bautechnik schlecht- hin. .. . ce "Für beide Wege wird der Anspn.ch auf Alleingültig- keit der antiken Formenwelt zur Diskussion gestellt; die Beibehaltung der klassischen Formen, der Ordnungen usw. muß au/andere Weise motiviert werden;/olgende Argumente lassen sich anfiihren: Entweder greift man auf die angeblich ewigen Gesetze des Schönen zurück, die gleichsam als Rechtjertigungsprinzip in der Kunst fimgieren (nebenbei gesagt, auf dieses Prinz ip wird nur dann zurückgegrijfen, wenn die öffentliche Meinung den iiberlieferten Zustand bereits in Zeife! stellt), oder man beruft sich au/inhaltliche Gründe; so etwa wird betont, die Kunst habe dem Men schen. die Bürgertugenden ein- zuprägen, und der Gebrauch der antiken Formen rufe die edlen Beispiele der griechischen und römischen Ge- schichte ins Gedächtnis zurück. Oder aber man erklärt ganz ein/ach, Mode und Gewohnheit machten das Fort- bestehen der klassischen Formenwelt eben zu einer Tat- sache .. . " "Die A nhiinger der beiden ersten Anschauungen bil- den eine kultivierte, streitbare Minderheit, die dem Klassizismus einen eindeutigen kulturellen Wert zuer- kennt; nennen wir ihn den ideologischen Klassizismus. Für die anderen hingegen, das heißl,fi'r die große Mehr- heit der Architekten, ist der Klassizismus lediglich eine Konvention, der keine besondere Bedeutung beigemes- sen w ird, die es jedoch ermöglicht, die formalen Pro- bleme als ein für allemal gelöst zu betrachten und, den An/ordertlngen der technischen Kultur der Zeit entspre- chend, die distributiven und konstruktiven praktischen Aufgaben mit analytischen Methoden zu bewiiltigen; diese Form des Klassizismus kann man die empirische nennen ... " " Während des ganzen 19. Jahrhunderts erklären die Ingenieure mit Eijfel immer wieder, daß "die authenti- schen Gesetze der Kraft stets mit den geheimen Gesetzen der Harmonie übereinstimmen ~ Die Ursprünge dieser Haltung sind in den Ingenieurschulen zu suchen, in de- nen damals und spiiter der größte Teil der Architekten ausgebildet wurde. In der Ecole Polytechnique in Paris hält die Vorlesungen über Architektur j. L. N. Durand, ein Schiiler von Boullee und Augenzeuge der doktrinii- ren Kämpfe der Revolutionszeit . . . "4 JI) Benevolo, L , Geschichte der ArchitckLUr des 19. und 20. Jahrhun- . dens, München 1964, S. 63- 68 145 Neuklassizismus und die Revolution im Stil (Revolutionsarchitekrur) .ParaLlel zum Geniekult Diderots und des Sturms und Drangs löst sich eine Generation Architekten vom Klas- sizismus, der die Antike durch Vitmv und seine Nach- folger hindurch als ein Problem von Siiulenordnungen interpretiert hat. Man nimmt sich die Freiheit, auf an- dere Muster zurückzugreifen, sie miteinander zu kombi- nieren. Diese Freiheit im Umgang mit z itierbaren Stilla- gen war in den philosophisch-sentimentalen Parks vo r- gebildet, wo griechische, gotische, römische und chinesi- sche Imitationen koexistierten. Lequeu, der selbst solche fabriques entworfon hat, fohrte dies Schalten mit der Vergangenheit zu einem bizarren, zeitweise krankhaften Eklektizismus weiter. BoulLees Rousseauismus läßt ihn in seinen Entwürfon eine stimmungshafte Entsprechung von Bauwerk und Natur anstreben. Ledou:;:, in Mauper- tuis wohl selbst als Gartengestalter tiitig, erweitert dies Komponieren aus verschiedenen Bauweisen zu einer se- riellen Kombinatorik. Die Bauten for Chaux, die Pro- pyläen und die Stadthäuser lassen sich als immerfreiere, mit vereinfochten Elementen arbeitende Experimente deuten, die auf neue, vielfach noch gar nicht eingetretene Bedürfnisse mobil und abwechslungsreich reagieren wol- len. Der Begriff Revolutionsarchitektttr vereint also sehr verschiedene Temperamente. BoulLee und Ledoux wa- ren, konträre Naturen. Nicht nur, daß der eine in erster Linie Theoretiker Imd Lehrer, der andere vor allem Praktiker ist. Boullee entwirft auch bewußt überdimen- sioniert, während Ledoltx sich durchaus im Rahmen da- maliger großer Aufgaben hält . • Den gelegentlichen Ein- druck des Kolossalen erzeugt hier wesentlich der Sti~ nicht die absolute Größenordnung. Was Ledoux' radi- kale Entwürfo der Ausfohrung entfremdet, ist primär die Verselbständigung der formalen Erfindungskraft" (J. Langner). Sie zeigt sich imfreien Umfang mit For- men Palladios und in der Reduktion der Säule, deren or· ganische Wurzel damit getilgt wird, auf die Rundstütze. Dieser Vorgang mutet heute logisch an. Gemessen am hierarchisierten Baudenken des Klassizismus bedeutete er einen Umsturz. Von Vitruv ausgehend, hatten die Ar- 146 chitekturtheoretiker seit der Renaissance den einzelnen Bauteilen und -typen Würdebereiche zugeteilt. Die Ab- folge der sogenannten Säulenordmmgen - dorisch, .tos- kanisch ~ jonisch und korinthisch - entsprach beispiels- weise gesellschaftlichen Rängen. Elemente wie Giebe~ Portikus, Risalit waren Herrschaftszeichen und blieben repriisentativen Bauten vorbehalten. Die einzelnen Hausarten - Gesinde/lügel, Villen, Palais und Schlösser - drückten ein sozial gestuftes, ablesbar in Stein ver- ewigtes System aus, dem auch die topographische Lage und Erhöhung der verschiedenen Komplexe entsprach. Ledoux hat dies überkommene Präftrenzdenken großen- teils außer Kraft gesetzt. Die Repetier- und Auswech- selbarkeit von Architekturelementen, welche die Vieltei- ligkeit seiner Entwürfo vielfach erst ermöglicht, bedeutet einen wichtigen Einschnitt. Formaler und die Gesell- schaft repräsentierender Aspekt der Baltteile sind von nun an getrennt. Daraus ergeben sich zwei Konsequen- zen. Zum einen TÜckt eine formal vereinfochte, ja schließlich ganz aus der Nutzung ableitbare Architektur in den Bereich des Möglichen, die allerdings erst ein Jahrhundert später, und aus anderen Vorraussetzungen verwirklicht wird. Zum anderen steht es dem eklekti- schen 19. Jahrhundert frei, sich aus dem traditionellen Architekturarsenal Bauteile zur Unterstützung eines frisch angemaßten, auf Finanz, Kommerz oder Indwtrie fußenden Repräsentations-, bzw. Herrschafisbedürfnisses auszuwählen . .. . "5 .Der Neuklassizismus ist sehr bewußt aus dem Klassi- zismus hervorgegangen. Ein Schriftsteller und Theoreti- ker hilft uns, das zu verstehen: Abbe Marc-Antoine Lau- gier (1713 -1769), dessen Essai sur l'Architecture (Paris, 1753 und 1760) große Aufmerksamkeit erregte. In kla- rem, einpriigsamem Stil sucht Laugier die "offensichtli- chen Grundlagen" wiederzufinden, welche die Vomr- 5) Melken, G., Utopien aur dem Papier, in Revolutionsarchitcktur, Katalog der Ausstellung, Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 1970, S.9- 12,hierS. l1 f teile im Laufe der Jahrhunderte verfolscht haben. Alles muß von der ursprünglichen Hütte, von der Vitruv sprich~ abgeleitet werden: vier Pfosten und ein Dach mit zwei Schrägen. Der griechische Tempel kommt da- her, jede gute Architektur soll dessen eingedenk sein. Laugier leitet davon ab, was erlaubt .<nd was verboten ist. Alles was im Hinblick auf die zmprüngliche Struktur nicht l<nerläßlich und gemäß ist, ist überflüssig, unlo- gisch und muß abgelehnt werden. "Man wird vielleicht einwenden, daß ich die Architektur auf fast nichts redu- ziere. Es ist wahr, daß ich der Architektur viel Überflüs- siges nehme, daß ich sie von einer Menge Tand befreie, der ihren gewöhnlichen Schmuck ausmachte, daß ich ihr nur ihre Natürlichkeit und Einfachheit lasse . .. . " 6 .Ist der Leser von Speers Memoiren demnach vorbe- reitet auf allfollige Ansprüche in Richtung auf Klassizis- mus, so ist er doch überrascht davon, daß Speers Ambi- tion delttlich auf die Revolutions-Architektur der Fran- zosen bezogen war. Er nennt die Namen von Etienne- Louis Boultee und von Claude-Nicolas Ledoux ein er- stes Mal in Zusammenhang mit dem gigantischen Kup- pelbau, den er neben dem Brandenburger Tor in der " Welthal~ptstadt" Berlin aufzurichten plante. Auch in seiner" Theorie~ die er 1941 im eroberten Paris einem Kreis von "Freunden" (darunter Cocteau.') vorgetragen haben will, spielt BOtdlee wieder eine R olle, und zwar nicht irgendeine, sondern geradezu diejenige des reinen Vorbildes. Diese Stelle - vom strah,efangenen Memo- irenschreiber Speer in indirekter R ede formuliert, offen- bar um die eigene innere Distanziertheit zu 1941 anzu- deuten - lautet: "Die französische Revolution habe nach dem Spiitrokoko ein neues Stilgefiihl formiert. Selbst einfache Möbel hätten schönste Proportionen ge- habt. Seinen reinsten Ausdruck habe es in den Bauent- würfen Boultees gefunden . . .. " 7 "Und wenn nun Boullee dazu übergeht, die Größe des Weltgebäudes in der Größe seiner Sakralgebäude ("Me- tropole '') spiegeln zu wollen - dann unternimmt er zwa r ein" unmögliches" Vorhaben. Doch gerade dieses utopistische Vorhaben hat seine Tradition, denn es ist nicht anderes als die uralte Idee, den Weltenbau im Sa- kralbau zu spiegeln oder abzubilden. Eine Forderung, die beispielsweise Palladio ebenso wie Plato gestützt ha- ben und die mit großer Wahrscheinlichkeit auch den Monumenten der frühen Hochkulturen (etwa der Zikku- rat in Mesopotamien, der Pyramide in jfgypten) zu- grunde liegt. Zusammenfassend: der Größen-Anspruch bei Boultee ist eindeutig kosmologisch oder genauer: astronomisch-naturwissenschaftlich begründet. Er ist eine Spiegelung der Entwicklung der modernen Natur- w issenschaften, und er hat mit politischer» Größe" gar nichts zu tun . . . " 8 .Ist dies eine theoretische Wurze~ so ergibt sich die praktische aus den Bedürfoissen des historischen Augen- blick>. 1781-88 hatte Sebastien Mercier in seinem Ta- bleau de Paris die soziale Umschichtung von Paris zur Stadt der Massen beschrieben. Dieser soziologischen, frühsozialistischen Analyse ließen sich Baua.ifgaben fii r eine kommende Gesellschaft entnehmen - Bibliothe- ken, Museen, Kaufhäuser, Zentra/friedhöfe, Siedlungen, Schlachthöfe, Fabriken ete. -, die von der Revolutions- architektur programmatisch auh,egriffen, aber erst im 19. Jahrhundert generell verwirklicht wurden. Der von Diderotformulierte Geniekult und das Ver- blassen der Religion machten die großen Männer, die den Fortschritt vorantrieben, zu neuen Heiligen. Wie den abstrakten Bürgertugenden als Garanten demokrati- scher Gemeinschaft, wurden ihnen nun Denkmäler, M 0- numente und Kenotaphen zugedacht, die sich an den großen Grabbauten der Vergangenheit, den Pyramiden, Tumuli und den Kaisergriibern Roms orientierten. Auf Philosophen und Naturwissenschaftler wurde die Un- sterblichkei~ symbolisiert im Monument, übertragen. Als Größter von ihnen galt damals Newton, der Entdecker der Gravitationsgesetze, die das Weltall regieren. Ihm 6) Lcmagny, J.-c.. Me nsc hliches Maß - Maßstab des Universums, in ebd . S. 17- 18, hier S. 17 ') Vogt, A. M ., Rcvolutionsarchitcktur und Naz i- Klassiz ismus, in cbd., S. 19- 20, hier S. t 9 . ') cbd. S. 20 147 sind die gewaltigen Denkmaler BOItitees und seiner Schüler gewidmet. Daß sie durchwegs als Kugel (I Sym- bol des Universums) konzipiert sind., macht sie zur spre- chenden Architektttr. Die Entwerfer dachten an die mo- ralische Wirkung ihrer Bauten. Sie luden sie mit emotio- nalen Qualitiiten und sprechenden Details auf Boullee schreibt :" Unsere öffentlichen Gebiiude sollten in gewis- ser Hinsicht richtige Gedichte sein. Die Bilder, die sie unseren Sinnen darbieten, müßten in unseren Seelen ih- rer Bestimmung entsprechende Gefühle auslösen. " A lIch die Tatsache, daß die Bauten von langen, erliiu- temden Kommentaren begleitet werden, bei Boullee ud Ledollx in Form von Traktaten, bei Leqllell als Bildin- schriften, weist in diese Richtung. Man will durch Archi- tektttr erziehen, überzeugen, bessern. Rhetorik artiku- liert sich in Projekten, welche die Zukunft anvisieren. BOItitee faßt ein Durchwirken der neuen Gemeinscha/t mit riesigen, eher imposanten als praktischen Gebilden ins Auge. Ledouxfixiert in seiner idealen Stadt eine Ge- sellscha/tst<topie. Der statische Charakter beider Experi- mente ist unverkennbar. Die Architekten gehen noch von der berujlich-stiindischen, allenfalls Manufakturen kennenden Sozial- und Wirtscha/tsstruktur des Dixhu- itieme aus. Das von der Aujkliirung./Teigesetzte Indivi- dztllm oder die aus Einzelnen addierte Menge bleibt ihre Maßeinheit. Die proletarischen Massen des Industriezeit- alters sind nicht gesehen, kaum erahnt. Andererseits ist diese Architektur von Dogmatik zmd diktatorischen Zügen nicht ./Tei. Das durch Bauten kom- mandierte Glück aller liißt sich auch als Giingelzmg deu- ten. BOItitees Stadion ist nichts anderes als ein giganti- scher Au/marschplatz. Seine riesigen Hallen und Siiulen- reihen, welche die Menschen zu gehorsamen Statisten, wo nicht zu Ameisen degradieren, wurden nicht zuletzt von den Architekten des Nationalsozialismus begierig auh,egrijjim. Es fiihrt eine deutliche Linie von Boullees Kenotaphen zu jenen kege/förmigen" Totenburgen ': die der NS-Staat am Ende des gewonnenen Krieges "in den weiten Ebenm Rußlands" zu errichten gedachte . ... 9 Die ökonomischen Widersprüche, die sich aus dem 148 Phänomen der industriellen Revolution erklären las- sen, finden, wenngleich se lten interpretiert, auch in der Kunstgeschichte des Klassiz ismus ihren Ausdruck, dies bedeutet etwa für die Architektur, daß die W is- senschaft und Technik sich wohl in der Bautechnik und ihrer Entwicklu ng ni ederschlägt, daß aber die Ar- chitektur als Teilbereich bi ldender Kunst und deren Autonomie von der Gese ll schaft denselben Bruch ge- genüber soz ioökonomischer Entwicklungen erkennen läßt, wie d ie Kunst schlechth in. Dies wird uns in der Interpretation des Funktionalismus und der Inge- nieurarchitektur zu beschäftigen haben. Im Neuklassi- z ismus stellte sich das Problem von Säu lenordnungen das seit Vitruv für die Kunstproduzenten virulent war und a ls Frage z itierbarer Still agen und Imitatio nen für den Genieku lt ganzer Generationen von Architekten Bedeutung hatte, doch etwas anders . Das Präferenz- denken einze lner Formzitationen tritt in den Hinter- gru nd, die Architektur wird formal weitgehend ver- einfacht, Sti l und Status müssen nicht mehr zwa ngs- läufig korrespo ndieren. Die am Gebrauchswert orien- tierte Kunstprod uktion ist formal ve rei nfacht und aus- schließlich aus der Nutzung ab leitbar. Was auf die ursprüngliche Struktur nicht schließen läßt, weil (die Hütte von Vitruv) a ls lapidares Strukturelement, ist überflüssig, ja unlogi sch und abzu lehnen . Hier drän- gen sich Parallelen zum Funktionalismus des 20. Jahr- hunderts auf, der sich auch dem Vorwurf ausgesetzt hat, "daß sich die Arch itektur auf fast ni chts redu- . " zIere. Die Arch itektur der faschistischen Repräsentations- bauten einer Welthauptstadt Berli n beruft sich auf die architektonischen Produktionen zur Zeit der franzö- sischen Revo lution und beginnt ihrerse its z u zitieren. Die Dürftigkeit der diesbezüglichen Legitimationsver- suche die, aus der fran zösichen Revolution abgele itet, und ein neues Stilgefühl suggerieren soll ten, lassen sich in Speers Memoiren nachlesen. D ie Dogmatik ') Melken, G., 3.:1.0., S. 10 und die diktatorischen Züge, welche in diesen Imi- tationen existieren, zeigen die Polarität klassi zisti- scher Formelemente im Spannungsfeld vo n demokra- tisch o rga ni sierter Willensbildung einerseits und der Machtdemonstration gegenüber rechtlosen Unbetei- ligten andererseits. Semper und die Zitation der Stillagen "Es geschieht nichts nelles in der Welt; es war alles schon einmal da! Nach den Philosophen bewegt sich die Ge- sellschaft (wenn überhallpt sie/ortschreitet) in einer Spi- rallinie; von gewissen Pllnkten gesehen, fällt der Anfang einer Periode mit ihrem Ende z lIsammen. Vor vielen tallsend Jahren wohnte der L"xt/5 in kllnstlosen Zelten, in Wallfahrtsgehöften, in Bttrgen und Lagern. Die Baltkltnst existiert noch nicht, wohl aber eine reiche Kltnstmanltfaktltr. Der Markt Itnd der Handel, altch der Raltb, versorgte die Haltshalttmg mit Lllxusartikeln, mit Teppichen, Zeltgen, Geräten, Ge/äßen Itnd Zieraten. So geschieht es noch hellte in den Zelten der Araber, so geschieht es nahezlt bei ,tns in Itnseren hochzivilisierten Zeiten, bei uns, die wir der Grenze der menschlichen Vollkommenheit nahe Zlt sein glaltben . .. " "Doch sehen w ir, was damals, bei dem Anfang des Zy- kllts, alt/die vorarchitektonischen Zeiten folgte. Der Ge- danke bemächtigte sich des dltrch instinktmäßigen Balt- trieb der Lettte entstandenen Motives Itnd behandelte es plastisch zu einer architektonischen Form der Gesell- schaft· In Agypten setzte sich zlIm Beispiel die erbgeseHene Bürgerschaft der Nomos, in deren Weichbild ein be- rühmter Wallfahrtsort langsam entstanden war, in den Besitz dieses Motives Itnd kleidete ihre nltnmehrige kon- stituierte Priestergewalt in das architektonische Gewand des ägyptischen Tempels. Ihre Herrschaft verlor nichts dadltrch, daß an die Stelle des Gottes der Ortschaft ein von ihnen abhängiger König als letzte Inkarnation des ersteren eingesetzt wltrde. In AHyrien war das Feldlager das Vorbild der Balt- kunst. Es wurde zur mauerumkrönten, terraHenhaft stei- genden Hofburg gestaltet. Die maßlose Herrscherstadt aufwärts, die Bllrg des IIntersten Vasallen abwärts wa- ren nur Erweiterungen oder Verschrumpfimgen des Vor- bildes, das im Hoflager gegeben war. Der Hausgolt als Repriisentant des dynastischen Ahnherrn hatte sein Sanktuarittm au/ dem höchsten Gipfel der letzten Terras- 1.49 senstufo; ein Symbol der höchsten irdischen Gewalt. Dort in j j'gypten wurde der Tempel hinter mächtigem Priestervorwerk gefangengehalten, hier verlor er sich in den Lüften als Knop/ des ihn beherrschenden Unter- baues. Die HeLLenen, ein Gemisch VOn Eingeborenen und Einwanderern, ererbten diese und manche andere fremde Formen, ve,webten sie mit einheimischen. Es war ein handeltreibendes, industrieLLes und kriegerisches Volk, voLL Bewegung u.nd Gegensiitze, in Stiimme geteilt, die anfangs unter dynastischer Oberhoheit standen. Nach Vertreibung der Dynasten bildeten sich Freistaaten, de- ren Formen von Gesetzgebern verschieden gestaltet wur- den. Schon lange vor diesen politischen Umwälzungen war das große Zersetzungswerk der Mischelemente, die sich bei ihnen voifanden, eingetreten. Die ionischen Dichter hatten aus der bildsamen Masse in ihrer ursprünglichen Bedeutung nicht mehr verständ- licher Sagen und Mythen eine neue heLLenische Mytholo- gie geschaffen. Wahrscheinlich wurden sie dabei von den Sagen entnommenen bildLichen DarsteLLungen auf Wa.f fln, Vasen, Teppichen, Gewändern und Geräten gelei- tet, denn öfters nehmen die Dichter au/solche Gegen- stände bei ihren Beschreibungen direkten Bezug, und auch sonst kündet sich dieser Einfluß schon durch die il- lustrative Weise ihrer Schilderungen an. So wurden durch ornamentale Benutzung aufden Werken der Industrie die zum Teil fremden, zum Teil heimischen Formen zuerst zusammengeschmolzen und zu einem dritten Neuen vorbereitet. Den dichterischen, au/ Berggipfoln opfornden Ioniern stand der tempelbauende Stamm der Dorier als Gegen- satz gegenüber. Jene schlossen sich mit ihren Traditionen an die benachbarten stammverwandten Asiaten an, diese fußten mit ihrem Sagenkreise auf ägyptischem Boden, wenn anders nicht dieser Sagenbezug von den dorischen Gesetzgebern künstlich arrangiert war. Jene wählten nach Vertreibung ihrer Dynasten die de- mokratische Regienmgs/orm, das Volk trat in die Erb- 150 schaft des orientalischen Despoten; sein WiLLe war Ge- setz. Die Dorier gründeteten oder überkamen eine mehr stabile Form der GeseLLschaft. Ihre Philosophen und Ge- setzgeber holten aus j{gypten ihre Weisheit und ihre In- stitutionen. Die erbgesessene Priesterschaft mit den von ihr gemachten Königen war ihr Vorbild. Beide arbeite- ten an dem Aufbau des HeLLenentumes, das erst in seiner VoLLendung hervortrat, als die dorische Form vom ioni- schen Geiste voLLstiindig durchdrungen war und das Volk, das Souverän und Priester Gewordene, sich selbst in seinem Gotte verherrlichte. So wurden zwei Gegensätze in einer höheren Idee zu neuer fre ier Gestaltung vereinigt, und der griechische Tempel war ein Abbild dieser Vereinigung. Der Gott dient niemandem mehr, ist sich selbst Zweck, ein Vertre- ter der eigenen VoLLkommenheit und des in ihm verherr- lichten heLLenischen Menschen. Als dies geschah, hatte griechische Weisheit, griechi- sche Wissenschaft, den konstruierenden Standpunkt er- reicht. Nicht blindlings, sondern sich ihrer selbst wohl bewußt, fand die Idee ihren Ausdruck. Und nochmals durchlief die Menschheit dieselbe Bahn! Rom erbte das Gewand des gestorbenen HeLLenismus. Was dieses vereinigt hatte, das trennte sich wieder in seine ursprünglichen Gegensätze, sobald der sie versöh- nende höhere Gedanke vöLLig tot war. Das dorische Element nahm wieder die Priesterschaft in die Hände. Die in dem gotischen Dome zu ihrem letz- ten und höchsten Ausdruck gelangte abendländische Ba- silika ist eine zweite Auflage des ägyptischen Wallfohrt- stempels. Die Kirche hat den Tempel absorbiert. Die io- nisch-asiatische Demokratie dagegen gab ihren WiLLen in die Hand des Imperators, der endlich seinen neuen Baalspalast in Konstantinopel zur Vollendung brachte. Des kaiserlichen Palastes hohes gewölbtes Atrium w ird das Urbild aLLer griechisch-katholischen Dome, sein Ta- bLinl/m birgt den Hausgott. Die beiden getrennten Gegensiitze harren einer neuen Versöhnung. Sankt Peters Dom, die byzantinische Kup- pel über der abendländischen Wallfahrtskirche, ist keine Versöhnung, sondern nur ein sprechender Ausdruck der vom Papste beherrschten Priesterschaft. Wir sind auf dem neuen Zyklus etwa dort angelangt, wo auf dem alten die Griechen vor der Zeit der ioni- schen Dichter waren. Seit vierhundert Jahren arbeitet unsere praktische Wissenschaft an der Zersetzung der al- ten Überlieferungen, wie damals der Genius und die Werktiitigkeit die halbvergessenen Traditionen verar- beitete. So fteuen wir uns denn als Künstler der nur vorerst und scheinbar den Künsten abholden Gewalt der Ver- hältnisse. Mögen die Erfindungen, die Maschinen und die Spekulanten nu·r wirken, was sie vermögen, damit der Teig bereitet werde, woraus die konstruierende Wis- senschaft, diese heilende Achilles-Lanze, die neue Form gestalten könne. Vorderhand aber muß die Architektur von ihrem Throne heruntersteigen und auf den Markt gehen, um dort zu lehren und - zu lernen . ... " 10 Funktionalismus als enthumanisierte Form Zur Kritik der funktiona listischen Architektur als an- tihumane Monofu nktional ität n immt in schä rfster Form Max Raphael Stellu ng: "Bauen oder Revolu - tion" heißt der berühmt gewordene Aufruf vo n Le Corbusier, z u dem R ap hael kritisch Ste llung nimmt: "Die These, daß ein Gebäude direkt den Bedürfoissen der Benutzer entsprechen, eine enge Anpassung an For- men der Produktion und Reproduktion bilden solle, kam der Forderung gleich, trotz der Präfobrikation von Ma- terial und Konstruktionselementenjeden Bau unmittel- bar neu zu konzipieren. Ein Kodifizieren und Tradieren von Formen durch Schulbildung wurde zusammen mit der ;fsthetik abgelehnt, die die Kanonisieru.ng bestimm- ter Formen bestätigt hatte. Aus diesem Vemtch der An- passung an jeweils neue Lebensprozesse, lind das hieß de focto an die Erfordernisse industrieller Produktion .mter kapitalistischem Verwertungsinteresse, bildete sich eine Kunst- und Traditions/eindlichkeit heraus, die gerade auch die künstlerischen Richtungen, wie neben dem Funktionalismus etwa den Futttrismus oder altch - al- lerdings unter anderen Prämissen - den Proletkult cha- rakterisierte . ... " "Denn sie sind nach deren Selbstverständnis die archi- tektonische Konstruktion (und diese gilt als Wesen der Architektur) selbst, durch diese direkt hervorgebracht. Der Bann dieser sehr viel totalitäreren Asthetik, die auf der Ideologie von der Eigengesetzlichkeit der Maschi- nenarbeit beruht, war daher sehr viel schwerer zu bre- chen. Wurde von der akademischen ;fsthetik ihre eigene Genese noch - jedenfolls partiell - durch ihre Rück- führung auf die Empfindung des Menschen mit eingeholt und wurde sie damit jedenfolls partiell durchschaubar, so schien die fimktionalistische Asthetik, die vorgab, nichts als die Praxis und das Wesen der Naturstoffi selbst zu sein, nicht mehr auf eine Instanz beziehbar, die diese in sich völlig rational scheinenden Prozesse bei der Bau- konstruktion in Gang setzte. Das wird die lange ftaglose 10) Sem per, G., Wissenschaft, Industrie lind Kunst, M.linz , 1966, S.44-47 Gültigkeit der fimktionalistischen Theorie in den kapi- talistischen Ländern veTImacht haben, die Raphael al- lerdings schon damals nicht akzeptiert hat . ... " "Künstlerische Formen sind keine Manifestationen VOn Ideen wie in den auf Hegel fußenden Asthetiken, sondern nicht reduz ierbare bzw. genetisch erklärbare Elemente ,md somit von dem, was traditionellerweise als Inhalt galt, prinzipiell nicht ,mterschieden. Sie gewinnen ihre Funktion allein in dem verselbständig- ten System der Konstruktion, nicht jedoch in einem mimetischen VerweiSlmgszusammenhang .. . . " "Hier offenbart sich wieder deutlich derfragwürdige Hintergnmdfimktionalistischer Bauweise: welches sind die Funktionen, die diese antiiisthetische Architektur ih- rem Anspruch nach so v iel genauer nachzeichnet als die traditionelle Architektur? Ihre Zweckmäßigkeit setzt vorallS, daß die menschlichen Vermögen und Bedürfnisse bereits zerlegt und isolierbar sind, wie es die gegenei" nander verselbständigten arbeitsteiligen Produktionspro- zesse und die von ihnen nochmals getrennten Reproduk- tions/ormen vorzuschreiben scheinen. Die fimktionalisti- sche Architektur tendiert somit Zl<r Monofunktionalität. Die Integration der Arbeiterklasse, die diefunktionali- stische Bauweise versprach, hatte zur Bedingung und zltm Preis, daß Architektur generell daraufverzichtet, Abbild komplexer und integraler menschlicher Funktio- nen und Bedürfnisse zu sein, die nicht selbst wieder al- lein dem Antrieb der Produktivkraftenwicklung dienen, sondern deren Ziel lind Zweck diese sein sollten. Das heißt: die Voraussetzung dieser Architektur bleibt, daß die kapitalistische Grundlage der Produktion akzeptiert wird. Raphaels Architekturtheorie läßt sich als Versuch ei- ner Synthese zwischen der kunstwissenschaftlichen, äs- thetizistischen und der fimktionalistisch-praktizistischen Theorie verstehen. Freilich hatte sich in den frühen 30er Jahren, als Raphael seine Architekturau/siitze schrieb, bereits von verschiedenen Seiten her eine Anncihenmg der Standpunkte angebahnt. Bereits Frankl hatte als eine Kategorie zur Beschreibung von Architektur ihr 152 "Zweckjorm" eingefiihrt, unter der er Architektur als "geformte Schauplätze menschlicher Handlung" begreift. Hierin ist durchaus ein Bezug zu den Beweg,mgsdia- grammen der Funktionalisten zu sehen, die diese als Grundlage eines Baus werten. Allerdings bleibt diese Er- fassung der praktischen Funktion eines Gebäudes ohne Konsequenz aufseine cisthetische Analyse, der Bestim- mung des "inneren Zwecks'; der wiederum allein an der physischen und geistigen Erscheinung des bürgerlichen Individuums orientiert bleibt. Auf der anderen Seite nähern sich die funktionalisti- schen Architekten zunehmend und auch nach ihrer Theo- rie intendiert einem neuen FornlalismllS, eine Entwick- lung, die nicht zuletzt durch die Auftragslage in den westlichen Ländern gefördert wurde. Da die großen so- zialen Bauau/iaben, die ihrer Theorie und Gesinnung gemäß gewesen wären, die Ausnahme blieben, bildeten weiterhin Entwürfo for Ein/amilienhiiuser und Villen ihre wichtigsten Auftrage, bei denen die individuelle Form, das künstlerische Experiment anstelle der rationel- len Planung wieder an Gewicht gewa/lnen. Erscheint dieser neue Asthetizismus, der sich in der anspruchsvol- len Architektur auch /lach dem Zweiten Weltkrieg hielt, eher regressiv, so versucht Raphael zukllnftweisende Momente der bürgerlichen Anscha,mngsästhetik mit dem Rationalismus des Funktionalismus zu verbinden. Dabei stützt er sich wesentlich auf die differenzierende archi- tekturtheroretische Diskussion um 1930 in der Sowjetu- nion, die die Defizite des Funktionalismus ,md Forma- lismus, aber auch eines bloßen Historismus vom Stand- punkt der Fordemng nach einer sozialistischen A rchitek- turprodllktion aus aujZuweisen suchte . ... " "Gerade die viel gepriesene Zweckrationalität dieser Architektur, die sie von historischen Bauten ,mtenchei- det, laßt sie ungeeignet sein, den Bednlfoissen des Prole- tariats zu genügen. Denn es werden, wie bereits er- wahnt, die Handlungen und Bewegungen, die diese Ar- chitektur nachzuzeichnen bemtiht ist, eben /licht von den Massen selbst bestimmt, auch nicht der Handlungsspiel- raum im privaten Bereich des Wohnhauses. Sondern sie werden bis in die Reproduktionssphiire hinein, u. a. eben mittels der ./imktionalistischen Arcbitektur, von der Mascbinerie, der Technik determiniert, die die Architek- ten zwar emphatisch bejaben, die jedocb das Proletariat in Dienst genommen hat, ohne es zu befreien . ... " "Die Proportionienmg der Fassadengliederung, z. B. Abstand und Größe der Fenster, ist, wie elwähnt, relativ unabhängig VOn der Konstruktion und Grzmdrißgestal- tung, worin Raphael die objektive Voraussetzung einer neuen Spielart des Formalismus sieht. Er kritisiert so- wohl Perrets der Konstmktion äußerliche, nicht aus ihr entwickelte klassizistiscbe Proportionen und Arcbitek- turelemente, als auch Le Corbusiers allein auJsubjekti- vem Gefiibl - das seine individuellen wie sozialen hi- storischen Voraussetzungen hat -, angeblich aber auJ absoluten Normen basierenden Maßverhältnisse. Diese lsoliemng der ästhetischen Gestaltung von der Konstruktion w ie der Gliederung des Baukörpers von der Raltmgesta/tung, und das heißt der Herstellung des Baus VOI/. den recht verstandenen Bedürfo·issen, kritisiert Raphael als Formalismus oder, verallgemeinert und der Erkenntnistheorie analog, als Idealismus. Den einzigen Unterscbied zum Formalismus der historischen A rchitek- tur sieht er darin, daß in der Junktionalistiscben Va- riante ein weiterer Substanzverlust zu verzeicbnen ist . .. " "Gleicb den Bewußtseinsinhalten, die die idealistiscbe Erkenntnistheorie mit der objektiven Realität identifi- ziert, ist ihm der Gerüstbau ein Apriori, d. b. eine scbon vor aller und gegen alle Erfabrung getroffene abstrakte Festlegung von Bedürfnissen potentieller Benutzer. Die empiriscb auJweisbaren realen Bedürfoisse biitte der Bau indessen zur artikulieren. Wäbrend die Hegeische Aus- priigung der idealistiscben Erkenntnistbeorie im Begriff der Idee nocb die dialektische Einheit von subjektivem Bewußtsein und objektiver Wirklicbkeit reflektierte, ist nach Raphael der Funktionalismus wie die logistische Erkenntnistheorie reiner Relationismus, der ein Trans- zendieren des vorgegebenen Systems nicht erlaubt und darüber hinaus indifferent gegen jegliebe Inbalte ist. Ra- pbael bezeicbnet den Funktionalismus im Unterscbied zur historiseben Architektur auch als Fonnalismus ohne Form, weil nämlieb das spezifische Moment von Form, dialektiscb auJ einen Inbalt bezogen zu sein, ignoriert wird. Er nimmt die materialistiscbe Kritik am Struktu- ralismus ansatzweise vorweg, wen er kritisiert, daß der Fltnktionalismus Architektur als ein geschlossenes System auJ der Grundlage abstraktifizierter (daher ebenfolls als idealistiscb bezeichneter) Maschinenarbeit begreift, ohne ihre Pragmatik, d. h. ihre Verbindung zu gesellschaftli- cher Tätigkeit, adäquat zu erfossen. Dies aber würde nach Raphael heißen, daß "die unabhängige Variable" eben nicht die Technik wäre, sondern "einen ganz be- stimmten, konkreten, materiellen Inhalt hiitte': und die- ser kann nach Raphaels Überzeugung in nichts anderem als den Bedülfnissen des Proletariats bestehen . ... " "Konstmktion und Baumaterial, selbst Resultat des Zusammenwirkens von Produktivkräften ,md Produk- tionsverhältnissen, sind nach Raphael nicht primärer Ausgangspunkt der A rcbitekturproduktion, sondern sie sind Mittel zur Gestaltung der Raumvorstellungen, in denen sich das Geflecht materieller und ideeller Bedürf nisse einer Gesellschaft niederschlägt. Seinem dialekti- schen Ansatz gemäß erkennt Raphael dem ideologiscben, hier insbesondere dem ästhetischen Bereich eine relative Eigenständigkeit zu, womit er sich von der mechanisti- scben Tbeorie der Funktionalisten deutlieb unterscheidet. Daber ist es nicbt verwlmderlicb, daß er diesem Faktor einen wicbtigen Stellenwert in seiner A rcbitekturtheorie einräumt. Jedoch, obwobl Raphael gmndsiitzlich aner- kennt, daß jfsthetik auJ einem Verdeutlieben von Be- d ·· ·t:.· b h "11 U1jntSsen eru t .. .. D ie Kritik am Funktionalismus ist darüber hinaus als ein Stre it um die Bewertung der einze lnen Funk- tionen darstellbar. Während die marxistische Kritik vorwiegend am Gebrauchswert wen iger orientiert ist als am "schönen Schein" einer Warenästhetik für Ar- chitektur, ist die Debatte um die ästhetischen Konse- 11) Held, J., Max Raphaels kritische Bestimmung spä tkapitalistischer und sozialistischer Archite ktur, in Raphacl, M., Für eine demokratische Architektur, Frankfurt 1976, S. 132- 157, hier $. 138- 14 5 , 1 quenzen einer U mwertung der Funktionen und einer zweckfreien si nnlichen Komponente vo n Gebrauchs- gütern noch lange nicht entschieden. Daß Architektur aber doppelt rez ipiert wird, ist spätestens seit Benja- min bekannt. Die Rezeption von Architektur vollzieht sich zum einen taktisch in der Sphäre des Gebrauches, und sie geschieht zum anderen optisch in der Sphäre der Wahrnehmung. Die teilweise beobachtbare Ver- nach lässigung der Frage der Bedürfnisse und des Ge- brauchswertes macht die marxistisch orientierte Kritik für viele Probleme des Funktionalismus gleichsam blind . Da aber Funktionen nicht aus "sachlogischen" Gründen bestimmte Gewichtungen aufweisen, son- dern die jeweiligen Gewichtungen auch Interessen- lage und gesellschaftl iche Entscheid ungen reflektie- ren, ist in d iesem Zusammenhang auf eine besonders eindeutige Interessensbindung von Ästhetik zu ver- we isen. "Form follows Function" deutet daher auch auf die Konsequenzen der Interessenartikul ation im Formalen hin. Die Artikul ation menschlicher Bedürf- nisse kann so gesehen auf die ästhetischen Ko nse- quenzen rechnen, welche bei ihrer Durchsetzung (der Bedürfnisse) zum Tragen kommen. 154 Die sowjetrussische Renaissance der Antike Raphael interpretiert die Renaissance antiker Formen in der Sowjetunion a ls spätfeudale Krise und kle in- bürgerli che Maskierung. " Was bedeuten also, vom marxistischen Standpunkt aus - diefrühen Renaissancen der Antike? Ich resü- miere ganz kurz, was ich an anderer Stelle - siehe "Proudhon, Marx, Picasso " - ausjUhrlich begründet habe. Die Renaissancen waren zunächst Zeichen der Krisen des Feudalismus unter dem Druck des aufiteigen- den Bürgertums und seinerfrühkapitalistischen Wirt- scha/tsformation; später Masken, u.nter denen das Bü r- gertum sein wahres Gesicht verbarg, um sich als Vertre- ter der ganzen Menschheit ausgeben zu können (z. B. im Klassiz ismus); und schließlich Ausdruck der Krise, der Selbstauflösung des Bürgertums (z. B. bei Picasso). Alle Renaissancen vor der Französischen R evolution hallen die Tenden z, mit Hilfe der Antike aus der phantasti- schen Vorstellung in die konkrete Wirklichkeit Z II gelan- gen. Erst der Klassizismus der Französischen Revolution drehte dieses Verhältnis Zll einer Flucht aus der bürgerli- chen Wirklichkeit in die abstrakte Vorstellung um, wiih- rend bei Picasso die entgegengesetzte Tendenz auf eine (wenn auch abstrakt mathematische) Körperlichkeit hin erkennbar ist . ... " " Wechseln also Ursache, Inhalt und Wirkungen der Renaissancen im Laufe der Jahrhunderte, so kann natür- lich erst recht die "kritische Erneuerung" der Antike in Sowjetrußland etwas ganz anderes bedeuten als die frü- heren Renaissancen der A ntike lind als die kaum ver- gangenen in Europa. Für eine einfache Analogie scbei- nen in der Tat alle Bedingungen eliminiert zu sein. Ein- mal durcb die (vorproletarische, aber erstmalige) Erset- zung des natürlichen Materials durch ein industrielles, ferner aber vor allem durch die proletarische Revolution selbst . . .. " "Man nahm das Danaergeschenk an mit der Begnin- dung, daß allein die antike ArchitekllIr sieb eine interna- tionale Situation geschaffen hat, d. b. zu allen Zeiten al- len Völkern zugiinglich gewesen ist; daß sie ltnelldlicber Umbildungenfiibig ist und solche im Laufe der Ge- schichte unter neuen sozialen und ökonomischen Bedin- gungen gefimden hat; daß die wesentlichen Merkmale der antiken Architektur Standard und Disziplin seien, die der Betonbauweise wunderbar entsprechen: .Der wiederkehrende Rhythmus der klassischen Siiulen ent- spricht sehr gut der Gleichmaßigkeit der Eisenbetongerü- ste. " Daher werde die reiche Quelle der Klassik auch die Untermch.mgen unter dem neuen soz ialen und politi- schen Regime beschleunigen .• Der neue Stil, der Sowjet- stil, muß kommen, .md er wird kommen, ob wir nun in der Vergangenheit schöpfin oder nicht. "(Fomin) . . . . " .Einseitig und falsch sind firner sämtliche Gründe, auf die man sich theoretisch stützt, um die praktische Er- reichbarkeit des Zieles zu garantieren. Es ist zuzugeben, daß die antike Kunst eine übernationale Rolle gespielt hat. Die Ursachen sind folgende: bei allen Völkern, die eine rein geistige transzendente, ins Unendliche gehende Religion oder eine zu abstrakte vage Metaphysik hatten, bestand eine fiindliche Spannung zwischen der Kunst und den sie mit dem Unterbau vermittelnden Ideologien. Die griechische Ideologie kannte in ihrer Mythologie weder eine absolute Transzendenz (nicht einmal in der Moi ra), noch wertete sie das Unendliche positiv. Daher war sie dem Wesen der Kunst direkt adäquat, und die durch sie mitbedingte griechische Kunst konnte die For- denmgen nach Konkretheit, Anschaulichkeit, Endlich- keit, mitbefriedigen helfen, die sich bei den andern Völ- kern in den Vordergrund schoben, sobald ihre transzen- dente Religion oder Metaphysik vom Unterbau her in eine Krisis getrieben war. Also immer nur in ganz be- stimmten, ökonomisch und sozial bedingten Situationen .md nicht ganz allgemein zu allen Zeiten und bei allen Völkern war die griechische Kunst zugänglich: in den Voretappen des Au/baus einer neuen Ideologie oder in den Stadien scharfer Wendungen der Entwicklung in- nerhalb einer bestehenden Ideologie. Wenn gerade für die bürgerliche Ideologie die Antike in solchen kritischen Augenblicken eine wichtige Rolle gespielt hat, so war dies möglich, weil beide sich auf einer Klassenwirtschaft aufbauten und weil die Rezeption der Antike durch das Bürgertum eine bewußte Opposition gegen die fiudale Kunst enthielt. Diese beiden Bedingungen fallen for~ so- bald es sich darum handel~ die proletarische Kunst von der bürgerlichen abzulösen. Und SO sucht auch Fomin ausdrücklich in der Antike Formen, die» unserer K.mst entsprechen ~ .. . " • Zwischen antiker und moderner (Beton-) Architek- tur aber bestehen nur die tieJirei/endsten Unterschiede. Die Antike arbeitete mit einem natürlichen, die moderne mit einem industriellen Materieal; die Antike schuf Raum, Baukörper, Konstruktion, Materialoberf/äche als Einheit, die Modeme schafft einen Dualismus von Kon- struktion, Füllung und Bewurf; in der antiken Architek- tur hängen Innenraum und Baukörper aufs engste zu- sammen, aber dieser ist for die sinnliche, jener for die vernünftige Anschauung entwickelt, und beide nicht aus praktischen Zweckenfor den Menschen, so daß sich die Gestaltung des Baukörpers relativ verselbständigen konnte; umgekehrt ist alle modeme Architektur - selbst die sakrale - vorwiegend Innenarchitektur. l)aher ent- stand der Grundfihler aller Renaissancen: Da man zum Innenbau keinen (der neuen Ideologie entsprechenden) Außenbau finden konnte, mißverstand man die griechi- sche Architektur als plastische Gestaltung des Baukörpers und klebte seine Teile (in einer historisch bestimmten Variation) vor einen völlig andersartigen Innenbau. Auch jetzt kann man keinen Baukörper finden, während man die alten Innenräume akzeptiert und will daher die alten Fehler in einer anderen Variante wiederholen, wie gleich zu zeigen sein wird. Die antike Architektur schuf der Ideologie eine Form, die sich aus der Konstruktion ergab, während die Moderne im Nützlichen bleibt und aus dem Mangel an Formgestaltung eine Tugend zu ma- chen versucht, indem sie ihn als freiwillige Abkehr vom Ornament ausgibt. Diese Polemik verschleiert nur, daß dem modemen Architekten im Beton alles das ganz un- möglich ist, was for Griechen das Wesentliche war. Der griechischen Einheit in der Mannigfaltigkeit, dem Pro- zeß der Entwicklung der Einheit in die Gegensätze des Tragens und Lastens, der Symmetrie und der Reihe etc. und ihrer Z lisammenfommg in eine Raum-, Körper- und Fonngestaltung, die mit Material und Konstruktion allfs engste zusammenhing - dieser dialektischen Ein- heit in der Mannigfaltigkeit steht die Stan- dard- Uniformit!! des Beton.baus gegenüber, welche abso- lute Gegensätze durch Bewurf verschleiert oder durch Glas entblößt." 12 Für diesen Standpunkt bedeuten erklärtermaßen Stilelemente der Renaissance z unächst eine Krise der bestehenden Gesellschaft, eine Interpretation alle r- dings, die vo n manchen ausschließlich auf die Krise des Feudalismus beschränkt wird. Die Ambivalenz in der Interpretation von Renaissanceelementen zeigt sich aber bereits in dem Hinweis, daß man hier durch- aus von E lementen des Fortschritts sprechen könne, so etwa we nn es sich um die Emanzipation des Bür- gertums handelt. Der Ansatz, Stilelemente der Renais- sance als Masken zu beschreiben, mit deren H ilfe ein universeller Anspruch (z. B. für die gesamte Mensch- heit, für die gesamt Kunst) z um Tragen kommt, er- möglicht es, Interesse für alles hinter den Masken lie- gende manifest zu artikulieren. So wird zwar in der Beurteilung der einzelnen Renaissancen im Lauf der Geschichte durchaus differenziert vorgegangen und Beeinflussungsfaktoren, Interessen lage n und Ziele je- weils gegeneinander abgewogen, bei der Interpreta- tion der sowjet-russischen Renaissance der Antike wird von einer Vielzahl der Interpreten marxistischer Provenienz diese Differenziertheit der Argumentation a ll erd ings aufgegebe n. Die dürftigen Hinweise auf den Internatio na lism us der antiken Architektur - die im übrigen kaum überprüft wurden - können die für historisch- materialistische Ansätze kaum übersehba- ren Klassenspezifib nicht aufwiegen. So bleibt die Frage, welche Masken aus antiken Formelementen entstanden sind, we ni ger offen als jene, was sie bereits in der Entstehungsgeschichte der frühen Zwanz ige r Jahre zu ve rbergen hatte n. 156 Kleinbürgerlicher Monumentalismus als Ersatz traditioneller Legitimationen Den Neoklassizismus als Environement für die legiti- matorischen Mythen und Riten des Faschismus inter- pretiert Umberto Silva folgendermaßen: "Der Faschismus mit seiner Verachtung von Zeit und Geschichte mußte unausweichlich beim Kult der Monu- mente landen. Deren Funktion fi,r die Illusion der Zeit- losigkeit hatte schon Leopardi unterstrichen. Wenn "die Kenntnis des Ursprungs und der Geschichte der Dinge eine A rt magische Gewalt über sie verleiht", sowird die Weihung dieser Ursprünge durch etwas, das der Zeit durch seine Solidität widersteht, den Raum durch seine Größe und das menschliche Auge durch seine lmposanz herausfordert, zu einem unbedingt notwendigen Instm- ment politischer Herrschaft. Schon Cicero bemerkte anläßlich des A rchimedesmo- nztments in Syrakus (Kugel und Zyli'lder aul der Spitze einer Siiule), daß das Denkmal durch seine majestätische Schönheit auch den Feinden verehrungswürdig er- scheine. Vitruv sprach in der Widmung sein.es Buches De Architectura an AugltStus von dem doppelten Aspekt der Architektur: dem ästhetischen und dem politischen. Poli- tisch, das hieß immer soviel wie Herrschaft . . .. " "Mussolini: "Befreit den Eichenstamm von allem, was ihn hemmt. Schafft Platz, um das Theater des Marcello, ums Campidoglio, um den Pantheon. Alles, was dort in den Jahren der Dekadenz wuchs, muß verschwinden . ... , die Jahrtausendmonumente unserer Geschichte müssen aufragen in ihrer Einsamkeit. " So wurde der Zerstörung der Ballten des M iuelalters und des Seicento, die um die antiken Paläste und Ru- inen standen, freie Bahn gegeben. Natürlich ganz nach den Kriterien der quadratisch-ewigen Urban istik des Regimestils . ... " "Die interne Auseinandersetzung um guten oder schlechten Monumentalismus war sofort in vollem Gange. Ponti meinte trocken: "Malerei und Skulptur sind monumental nur durch die Werke von Malerei und 12) Raphael, M., Für eine demokratische Archilc kwr, Frankfurt 1976, S. 100-104 Skltlpt"r': RomaneIli sah sich angesichts dessen, was ge- schah, zu der Erklärung gezwungen: "Skulptur und Ma- lerei müssen monumental sein, das hat aber nichts mit Größe und Gigantik zu tun. "Auf der Gegenseite unter- strich Sironi die politische Bedeutung des Begriffs: "Mo- numentalitiit ist Symbol des Endes der Unklarheit, der Konzentration statt der Zerstreuung. Sie ist Ausdnlck des Glaubens statt des Interesses; sie möchte diesem Glauben, seiner Kraft, seiner Größe "nd seiner Macht ein Gesicht, einen sichtbaren und deutlichen Ausdruck gegen. " Dem entsprach unmittelbar etwas im "Denken" Mussolinis, der, wie Francesco Sipori erzählt, "wenn er im Gespräch mit mir die K,mst berührte, . .. stets die Worte wiederholte: "Macht es groß. Macht es groß . . . " "Eine enge Verbindung gehen Monumentalismus und RömerlUm auch in der/aschistischen Mythologie ein. piese übemimmt von der klassischen Mythologie alles Außerliche und rein Instrumentelle: Symbole und Riten, den Staatsbegriffund die Verwendung des Kults als in- strumentum regni, wie schon Cicero es gepredigt und Augustus als erster es praktiziert hatte. Eine ideale Ver- bindung, die Polybius, den Sklaven, der ein vorbehaltlo- ser Bewlmderer der römischen Herrschaft war, vereint mit Corradini, dem Wiedererwecker der vulgärsten Sei- ten des RömerlUms, das nichts mehr mit den anmutigen Villen Pompeis zu tun hat: diese galten als dekadent. "13. "Aber Hitlers wie Ml/5solinis wahres Meisterwerk war etwas anderes, spektakuläreres. Goebbels/eierte ihn 1937 so:" Sein ganzes Werk bezeugt einen künstleri- schen Geist: sein Staat ist ein Bauwerk VOn wahrhaft klassischen Maßen. Die künstlerische Gestaltung seiner Politik stellt ihn, wie es seinem Charakter und seiner Natur gebührt, an die Spitze der deutschen Künstler." 14 Die Suggestion von Zeitlosigkeit und die Bestre- bungen, Kunst außer Strei t zu ste llen, zeigen sich nir- gends deutlicher als im Versuch der Faschisten, den Monumental ismus als einzigen und allgemeingültigen Formenkanon etab lieren zu wo llen . Schon die Überle- gung C iceros, die Kunstwerke von Aggressoren seien auch ihren Feinden verehrungswürdig, weist auf den Anspruch imperialistischer Zielrichtu ng innerhalb der Kunstinterpretation hin. U nd selten wurde Vitruvs doppelter Aspekt von Architektur - der ästhetische und der politische Aspekt - so ungleichgewichtig vom politischen dominiert. Dementsprechend ist es nur fol- gerichtig, daß nicht nur die Politik ästhetisiert wird, sondern vielmehr die ästhetische Interpretation Ein- gang find et in die Sprache der politischen Debatte, in der Politiker und der K ünstler mit gleichermaßen hy- pertrophiertem Universalanspruch auftreten. Die Mo- numentalität als Maske läßt Fragen nach dem "Dahin- ter" verstummen, so ll sie verstummen lassen und erüb- rigt damit die traditionel le Pflicht zur Legitimation von Herrschaft, im besonderen freilich einer Herr- schaft von gigantomanischen Kleinbürgern. Das Sym- bol so ll hier nicht nur die Unklarheit ersetzen, das Symbol ersetzt vielmehr die Frage nach sei nem eige- nen Entstehen, ersetzt die Abfolge der Argumentation für jenen Inhalt, der durch das Symbol repräsentiert wird. Nicht die Interessen lage von Einzelnen oder Gruppen in ihren divergierenden Ausprägungen kom- men darin zur Geltung, sondern der G laube all er, die Konzentration aller so llen hier zu einer integrierten Kraft verschmolzen werden. Nicht Koalition und So- lidarität werden symbol isiert, sondern eine politische Herrschaft, die, die historischen Vereinbarungen und Entwicklungen negierend, sich auf den archaischen Eichenstamm beruft. 13) Silv:l. , u., Kunst und Ideologie des Faschismus, Frankfurt 1975, S.1 96-198 14) cbd.S. 220 1'; Zum Fonnenkanon der Rationalisten Die Dom inanz rein formaler Werte im Sinne einer ei- genen Formendisziplin mit immanenter Logik und e i- ner vermeintlich innerarchitektonischen Wirklichkeit kennzeichnet die Architektur der Rationalisten. Dazu Reichli n und Ste in mann, womit wir bei der bislang letzten Renaissance klassizistischer Merkmale ange- langt sind : "DaraltS ergibt sich die Forderung einer architektur- imman.en.ten Theorie, die diese Wirklichkeit Imtersucht, indem sie die Kategorien altSarbeitet, die geeignet sind, die Gleichartigkeit und Verschiedenartigkeit aller Werke und die in ihnen auf/indbaren poetischen Verfah- ren (die rhetorischen Figuren, deren Aktualisiel'llng, /tndsoweiter) zu erfassen. Wenn Bernhard Hoes/i " Transparenz" so beschreibt, daß sie im Raum Stellen schaffe "die zwei oder mehreren Bezugssystemen zugeordnet werden können, wobei die Zuordnung unbestimmt und die Wahl einer Zuord- nungsmöglichkeit/rei bleibt" (Kommentar zu Colin Rowe und Robert Slutzky: Transparenz), dann kenn- zeichnet er eine dieser rhetorischen Figuren, die in der modernen Kunst ihre v ielschichtigste Verwirklichung gejimden hat, die aber in der Kunstgeschichte immer wieder nachweisbar ist. Das unvermittelte Aneinander- stoßen von Teilen ("pezzi e parti ") im Entwltr/ von Aldo Rossi jiir Scandicci (1968) als Fall von Parataxe, die [njlektion im Haus in Chestnltt Hill (1962) VOn R o- bert Venturi, die verschiedenen Fonnen von Symmetrie, sie alle sind solche rhetorische Figuren. In den Fonnen.. ihrer Aktualisierzmg machen sie die Poetik der Werke alls. So wird die spiegelbildliche Symmetrie VOn Le Cor- busier systematisch in Frage gestellt: "nicht-symmetri- sches Gleichgewicht" (Klee) der Nordfassade in Garches (1925 -2 7), eine bestimmte Art VOn Chiasma im ersten Entwur/ jiir Karthago (1928), undsoweiter. Für den rhetorischen Status der Architektur ist es er- hellend, daß Rossi unter den Bezugsplmktenjiir seinen Entwur/in Mailand-Gallaratese (1970 - 1972) auch den Aquaedukt von Segovia au/ziihlt. Gerade der zeitli- che Unterschied und der Unterschied des Zweckes, die 158 den römischen Ingenieurbau und die Wohnanlage tren- nen, bestiitigen, daß es ihm um eine Analogie vOn rein formalen Waten zu tun ist. Im Aquaedukt sah Rossi die Meistenmg der großen Dimension durch eine strenge rhythmische Gliederltng. (Von besollderer Bedwwng ist in dieser Hinsicht das 1923 VOn Ginzburg verfaßte theo- retische Werk über Rhythmus in. der Architektur!) Wenn Rossi von der Analogie sagt, sie sei "eine Art, die Welt der Formen und der Dinge so unmittelbar zu verstehen, daß sie kaum anden all5gedriickt werden kann als durch andere neue Dinge" (A naloge Architek- tll/; Vorlemng in Zürich 1976), dann /ordert er alles an- dere als einen irrationalen Zugang zur Welt der For- men; er zieht vielmehr den logischen und notwendigen Schluß allS der Einsicht, daß die besondere, auch sinnli- che, Erfahrung von Raum, Fonn, Material (und das da- mit verbundene Vergnügen) auf angemessenste Weise dem Vergleich entspringt. Die Tradition des Metiers selber beweist die Wirk- samkeit und Notwendigkeit dieser A rt von architektoni- scher Erkenntnis: die Beweisjiihnmg, wie sie in den Traktaten üblich ist mit ihren verschiedensten verglei- chenden Tafeln, die ganz auf einem gegliederten, geord- neten Inventar von Varian.ten. beruhen; die traditionelle Architeklltrlehre, die sich auf die Kopie, die Nachah- m/mg, die Bauau/nahme, die Arbeit im Atelier und schließlich auch auf die Studienreise stiitzt (den Rom- aufenthalt wie den " voyage d 'orient '')'' 15 l ~ ) Rcichlin , B. und Steinmann, M., Zum Problem der inncn.lrchitcktoni - schen Wirkli chkeit, in : archithcse 19, 1976, S. 3- 11 , hier S. 6 f Der Architekt als Organisator, Wissenschaftler und Künstler Das se it dem Bauhaus g ül tige Berufsb il d des Architek- ten wurde vor 40 Jahren in kontrove rsieller A useinan- dersetzung von Bannes Meyer fo lgendermaßen for- muliert: "Architektur ist keine Baukunst mehr. Das Bauen ist eine Wissenschaft geworden. Architektur ist Bauwissen- schaft· Bauen ist keine Angelegenheit des Gefiihls, sondern des Wissens. Ballen ist daher keine Handlung ge./i'ihlsbe- dingter Komposition. Ballen ist eine Handlung iiberleg- ter Organisation. Der Architekt ist der Organisator der Bauwissenschaf ten. Der Architekt ist selber kein Wissenschaftler im strengen Sinne . .. . "16 "A rchitektur ist ein Gestaltungsprozeß des sozialen Lebens der GeseLLschaft. Architektur ist keine indiv idu- eLLe Affikthandbmg eines Künstler-Archi tekten. Ballen ist eine koLLektive Handlung . ... " "Der Architekt ist somit ein Organisator. Ein 01gani- sator der Spezialisten, aber er selbst ist kein Spezialist! ... Der Architekt ist ein Künstler, denn alle Kunst ist Ordnung, das heißt,' in eine neue Ordnung iibertragene Wirklichke it . .. " " IVir bezeichnen den Vorgang des Bauens als eine be- wußte Gestaltung der sozial-ökonomischen, der tech- nisch-konstruktiven lind der psychologisch-physiologi- schen Funktionen des geseLLschaftlichen Lebensprozesses. Wir Architekten müssen diese AuJiabe in ihrer Totalitiit meistern, d. h. in der Gesamtheit der biologischen, künst- lerischen und geschichtlichen Ansprüche . . .. " " Von altSschLaggebender Bedeutung für die Formation des Architekten ist die Mitwirkung des Publikums . . . " "Als Künstler muß er insbesondere die verschiedenen Systeme des Ordnens, die künstlerischen Ordnungen be- herrschen. Damit meine ich nicht die korinthische oder dorische Ordnung, welche er selbstverständlich architek- I1IrgeschichtLich wissen soll. Ich meine insbesondere die psychologischen Ordnungen in linearer, flächiger oder plastischer Art. Ich meine die Spannungen zwischen ver- schiedenen Materialien, ihrer Obed/iichenstruktur, Allf teilung, Masse, Gruppe, Einzelobjekt .. . kurz das Rüst- zeug einer bewußten psychologischen Gestalt.m.g . ... 17 16) Meyer, H. , On Marxist architecture, 193 I, Manuskript in deutsch, z itiert nach Schnaidt, C, Hannes Meyer, Teufen 1965, S. JO 17) ders., Education of the Arch itcCl, zitiert nach ebd ., S. 52 und S. 54 1 Q Zusammenfassende Intetpretation Ich darf beide Thesen in Erinnerung rufen: These 1: Je größer das Ausmaß des Legitimationsdefizits von kunst- und gesellschaftsbestimmenden Eliten war, desto eher ist eine Häufung klassizistischer Merkmale in der Architektur zu beobachten. These 2: Die formale Unsicherheit der Architekten äußert sich im arch itekturgeschichtlich wiederholt fest- stellbaren Versuch, ästhetische Vielfalt einerseits und ästhetische Unbestimmtheit andererseits durch einen scheinbar objektiv begründeten For- menkanon (und damit verbundenen Rhetorik- vorschriften) zu korrigieren. In der Konfrontation der Thesen mit den hier refe- rierten Analysen architektonischer Formprobleme ergeben sich für mich etwa diese Gegensatzpaare : Th eorie im Gegensatz zu Praxis Abstrakt Konkret Unruhe Ruhe Chaos Ordnung Dynamik Statik Bedürfnisse Funktionen Demokratie Fasch ismus Gegenwart Tradition Optimismus Pessimismus als Ergebnis: OFFENHEIT GESCHLOSSENHEIT Die Geschichte der Ästhetik se it der Renaissance ist nicht nur eine Geschichte der intervallhaften Wieder- kehr von klassizistischen Merkmalen, sie ist auch und sehr wesentl ich, eine Geschichte der Autonomiebe- strebung im Sinne einer Abgrenzung der künstleri- schen Produktion von der gesamtgese ll schaftlichen Produktionsweise. Daß diese Autonomisierung künst- lerischer Prod uktion auch auf diese selbst und ihre Produzenten, die Künstler, erheb li che Rückwirkun- gen beobachten läßt, soll als wesentliche Dimension kl ass izistischen Einflusses auf Kunst und Künstler im 160 fo lgenden kurz skizziert werden. Denn die hier schon dargestellte Aufwertung der Künstlerschaft als Stand eigenmächtiger und freier geistiger Arbeiter, ihr Auf- stieg zur Intelligenz und ihr Abfall vo m Handwerk, ist nicht nur eine Geschichte der Befreiung von den Fesse ln in den N iederungen handwe rkli cher Produk- tion , sondern ist auch eine Geschichte ihrer Entfrem- dung von der gesellschaftlichen Produktion und ih res Rückzuges in die Autonomie rein fo rmal erklärbarer Kompositionen von Wirklichkeit, einer Morphologie von Farben und Formen, die ihre Erklärung in sich selbst sucht. These 3: Die Entwicklung im Rahmen des Prozesses der Autonomisierung von ästhetischer Produktion besteht vornehmlich in einer Befreiung aus individueller Abhängigkeit zu institutioneller (kollektiver) Abhängigkeit. In der Renaissance entsteht der Ansatz, künstl eri- sche Potenz sei wesentlich geprägt durch den Indivi- dualismus und die Irrationalität des Produ zenten, man werde dazu geboren, denn dies sei weder lehr- noch lernbar und das künstlerische Schaffen erhält bei Giordano Bruno die Dimension der Regelhaftigkeit zwar nicht im Prozeß, aber sehr woh l im Produkt. Der Künstler könnte die Regeln seines prozessualen Schaffens nicht angeben, aber die Produkte haben eine immanente Regelhaftigkeit, die Regeln resultie- ren aus den Produkten. "Nicht die RegeLn sind der Ursprung der Dichtltng, sondern die Dichtung ist der Ursprung der RegeLn " .'8 Arnold Hauser verweist auf den Antagon ism us von Regelmäßigkeit und Regellosigkeit, Gebundenheit und Freiheit, göttlicher Objektivität und menschlicher Subjektivität, der diese Doktrin beherrscht. Dies drückt sich im besonderen in der Modifikation des Akademiegedankens aus. Die Akademien als Vehikel 18) Hau ser, A., SOl..i:llgeschidnc der Kun st und Literatur, Mün chen 1953, S.4 10ff der Emanzipation der Kunstproduzenten vom Status des Handwerkers zu dem des Intellektuellen hat sich in der Academia des Designo in Florenz von 1571 man ifestiert. Die Verpflichtungen einer Zunft und die Beschränkungen der Zunftordnung wurden durch die Freiheit der Akademien selbst im historischen Prozeß wechselnd ersetzt, meist straff organisiert und von ei- nem gut durchorganisierten Lehrer-Schüler-Verhält- nis gekennzeichnet. Im Gegensatz zu den Zünften handelte es sich weniger um Zwangsorgan isation, als vielmehr um prestigebesetzte und statusorientierte Be- anspruchung einer M itgliedschaft bei Akademien im Sinne eines Ehrentitels (wie etwa in der Vasarischen Akademie). Dies bedeutet zunächst ein erheb liches Maß an Vermehrung des Ansehens von Kunstprodu- zenten, ihrer Eigenständigkeit (gerade unter Berufung auf ihre Genialität), dies bedeutet in der Folge all er- dings eine verstärkte Einbringung in die institutionel- len Gegebenheiten der Akadem ien als Instanzen von Normsetzung und Sanktionsmöglichkeit. Schon in der Renaissance entwickelt sich die Position der Aka- demien in der Kunstpolitik, die Kunstakademien wer- den damit nicht nur zum Hort berufsorganisatori- scher Freiheit und Sozial isation, sondern zur Bera- tungsstell e und Entscheid ungs instanz in allen Kunst- fragen. Was Kunst sei, wo Kunstwerke aufgeSte ll t, wie Baupläne zu beurtei len, ob Exportl izenzen zu be- stätigen, welche Preise und Stipendien zu vertei len, wie das Ausstellungswesen zu organisieren se i, das al- les wird seit der Renaissance wesentl ich von den Aka- demien bestimmt. Wenn auch durch den Naturali s- mus des 19. Jahrhunderts das Ansehen der Akademien zu erschüttern begonnen wird, die dominante Ste i- lung der Kunstakademien in der Kunstpolitik bleibt bestehen . So wurde aus der individuellen Befreiung von Zünften und Zunftord nungen eine ko llektive Bin- dung der Kunstprod uzenten an die Institutionen der Akademien bereits in der Rena issance voll zogen. These 4: Mit zunehmender Arbeitsteilung differenzierten sich Wertung und Wertigkeit einzelner Tätig- keitskategorien und die dadurch bedingten ästhe- tischen Produktionen . Es erfolgt eine differen- tielle Zuweisung von Wertung und Wertigkeiten zu den einzelnen ästhetischen Produktionen. Im Zuge der Arbeitsteilung für d ie gesamtgesell - schafti iche Produktion ergeben sich auch für die Kunstproduktion differentielle Beurteilungsmuster, d . h. , eine unterschiedliche Bewertung einzelner Tä- tigkeiten und Aufgabenbereiche des Künstlers. Wie sich am Beispiel der Kunstproduktion des barocken Frankreich zeigen läßt, bedeuten die Bestrebungen ei- ner zunehmenden Verwertung von Kunst und Künst- ler durch den französischen Hof eine wesentliche, neue D imension im institutionellen Stellenwert der Akademien. Barock bedeutet damit die endgü ltige Di- stanzierung von der mittelalterlichen Kunsttradition, bedeutet die Errichtung vo n Nationalstaaten und die Dominanz von Zentra lgewalten, bedeutet eine Ent- machtung des Feudaladels und eine ausschl ießliche Repräsentation der dominanten Zentralgewalt durch absolutistische Herrscher. "Alle die Gesetze und Regeln der klassizistischen A5- thetik erinnern an die Paragraphen eines Strafgesetzbu- ches; es gehört die Polizeigewalt der Akademien dazu, um ihnen Geltung zu verschaffen. Der Zwang, unter dem das Kunst/eben in Frankreich steht, drückt sich am unmittelbarsten in diesen Akademien aus. Die Zusam - men/aSSltllg aller verwendbaren Krii/te, die Unterdrük- kung jeder individuellen Bestrebung, die superlativische Verherrlichung der in der Person des Königs verkörper- ten Staatsidee, das sind die A4"gaben, die ihnen gestellt werden.. Die Regierung wünscht die persönlichen Bezie- hungen der Künstler zum Publikum zu lösen und sie in eine direkte Abhängigkeit vom Staat zu bringen. Sie will sowohl dem privaten Miizenatentum als allch der Förderung von privaten Interessen und Bestrebungen durch die Künstler lind Schriftsteller ein Ende machen. Künstler und Dichter sollen von nUn an nur dem Staate 161 dienen und die Akademien sollen sie daw erziehen und an.halten. cr 19 Colbert, in einer Position, die man als die eines Mi- ni sters für bildende Kunst bezeichnen könnte, ver- wertet die Kunstproduktion als Vehikel für die Ver- herrlichung des Königsmythos und der Zentralgewalt. Ku nst und Künstl er sind unmittelbar gebunden an die Person des Königs: "Ich anvertraue ihnen das Kost- barste auf Erden, meinen Ruhm". Die Historiografen , die Geschichts - und Schlachtenmaler genießen sein persönliches Interesse, ohne daß dies auch ein Inter- esse für Ku nst geworden wäre. Dementsprechend wird auch di e Position der Akademien als staatlicher Monopolbetrieb in Sachen Kunst mit allen Benefizien für die Künstler strukturiert. Die französ ische Revolution löst durch ihre gesetz- gebende Versammlung die Privilegien der Akademie bereits 179 1 auf. Die Künstler erhalten das Recht, im Salo n, dem traditionellen Gegenstück zum Hof, aus- zuste llen und zwei Jahre später wi rd die Akademie gänzlich unterdrückt. T hese 5: Die dadu rch entstandene Hierarchi sierung ästhetischer Produktionen ordnet sich nach den Kriterien: praktische Verwertbarkeit (Kunsthandel, Entwicklung von Klientel zum Publikum durch das T ransportmedium Geld) Repräsentation (Bürgerportrait, der Künstler im Salon, bürgerliche Denkmäler) Privatisierung (Ablösung der kollektiven, z. B. höfischen Rezeption durch isoliert individuelle bürgerli che Rezeption). D ie Verwertbarkeit ästheti scher Produktion für den Kö nigsmythos als höchste Stufe ihrer gese ll- schaftlichen Hierarchis ierung wird nun abgelöst durch di e individuell e Verwertung se itens der Bo ur- goisie. Der Ku nsthandel innerhalb der Institution Kunstmarkt ist jene Adaptierung künstlerischer Dis- 162 tribution, di e den geänderten soz ioökonomischen Be- dingungen am ehesten nahe kom mt. D ie Adressaten sind nicht mehr Mäzene oder RepräSentanten der Zentra lgewalt, die Produktio n des Künstl ers erfolgt also nicht mehr für einzelne Klienten. Ein Künstler der für den Markt produziert, produziert nicht mehr gez ielt für den einzelnen Auftraggeber, sondern für ein breites, überwiegend anonymes Publikum poten- tieller Käufer. Das Ku nstwerk wird te ndenziell zu r Ware, deren Umschlagplatz der Kunstmarkt wird und deren Transportmedien das Geld ist. Der Kunstkon- sum erfo lgt privat, ni cht mehr als Ritua l der begrenz- te n höfischen Öffentlichkeit als staatlich reglementier- te r, ko ll ektiver Kunstkonsum. Das Kunstprodukt wird nach se inem Erwerb auf dem Kunstma rkt völl ig priva- tisiert, w ird in die Privatsph äre des einze lnen Bour- goise und se iner Iso lation ind ividuell ko nsumiert. Die bürgerliche Repräsentation ist im Bereich des Kunst- konsums bestrebt, die Aura - historisch geworden durch die bisherige Verwertung als Kl iente l- und Staatskunst - für d ie Repräsentation des einzelnen und seines Bürgerportraits dienstbar zu machen. Parallel dazu wird der Louvre als Museum adaptiert (1792) und die königli che Kunst der höfi schen Tei löf- fentl ichkeit für di e bürgerl iche Te il öffentlichkeit zu- gängl ich gemacht. Nach de m 9. Thermidor wurde das AutoritätSprin- zip allmählich auch im Gebiete der Kunst hergestell t und die Akademie der bildenden Künste schl ieß lich durch die IV. Sektio n des Institu ts ersetzt. N ichts ist für den undemokratischen Geist, in dem diese Reform durchgeführt w urde, bezeichnender, als daß die alte Akademie 150, die ne ue dagegen nur 22 Mitg lieder hatte. These 6: Der Klassizismus ist - ein Stilprinz ip und - ein Zuordnungsversuch ästhetischer Produktion in Ermangelung - formaler und . . - Interpretativer Innovationspotentiale. Ich bin kein Träumer "ästhetischer Pessimismen", ich ziehe eine bedürfnisorientierte Form von Archi - tektur vor. Architekten bürgerl icher Empfindungsäs- thetik sehen sich in neue Dimensionen geste llt. Die Arch itektur dieser Welt an der komplizierten Formen- genese unserer Breiten zu normieren, heißt, zu wen ig Vertrauen in die menschl iche Natu r zu haben. "Chaos ist nicht nur das älteste Geschwätz der Welt, sondern. allch das älteste Argumen.t der Unterdrückung der Armen. Der Gegensatz zu Chaos ist nicht der autori- tative Staat - der aI/li/oft gerade erst ein wirkliches Chaos macht lind maskiert - sondern die Organisation der Freiheit. "20 Ich bekenne mich zur Architektur als Wissenschaft und ich beken ne mich zur Architektur als Kunst. "Die Forderung nach Wissenschaft in der Architektur ist im wahrsten Sinne des Wortes "klassisch". Siejindet sich bereits bei dem römischen Architektur-Theoretiker Vitruv : "Deshalb muß der Architekt sowohl künstlerisch als allch wissenschaftlich ausgebildet sein; denn weder Talent ohne Wissen noch Wissenschaft olme Talent kann einen gereiften Künstler hervorbringen. "2 1 1') Hauser, A. , Soz ialgcschiclllC der Kun st und Literatu r, München 1953, 5.478 ff 10) Schumacher, J. , Die Angst vor dem Chaos, Frankfurt 1972 21) zitiert nach Feldhusen, G., Zur Si tuation der fre iberufl ichen Archi tek- tcn und ihrer Bcrufsorganisrltion, Forschungsbericht der Gesamthoch- schu le Kassel 1975, S. 46 163 03 OC002 /A
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmpZfdfLtjbY2/Karlsruher%20Beitr%C3%A4ge%20Nr1.pdf
16 Pausenbilder für die Schule mit Abstands- und Hygieneregeln Entwickelt von Andreas Herrmann und Annalena Hirth in Kooperation mit dem/der Bewegungspause trotz Abstand 2 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Vorwort Andreas Herrmann, Leiter der Kindersportschule Mittelbaden e.V. und Ideengeber dieser Handreichung, hat sich zum Ziel gesetzt, Bewegung trotz Covid-19 in Schule, Kita und zu Hause zu ermöglichen. Die nachfolgenden Ideen für vorübergehend angeleitete Bewegungspausen mit Abstands- und Hygieneregeln bieten kurzfristige Lösungen mit nachhaltiger Wirkung! Bewegung, Spiel und Sport sind unverzichtbare Bestandteile zur ganzheitlichen Bildung und Erziehung von Kindern und eröffnen ihnen den Zugang zur Welt und sich selbst. Vor dem Hintergrund einer Umwelt, die den Schülerinnen und Schülern immer weniger natürliche und alltägliche Bewegungsanlässe bietet (…), kommt der Körper- und Bewegungsbildung in einem rhythmisierten Schulalltag eine wesentliche Bedeutung zu. (vgl. Bildungsplan 2016 BW Grundschule, BSS Leitgedanken, bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/ BP2016BW/ALLG/GS/BSS/LG, letzter Zugriff 29.05.2020) Mit (Wieder-)Öffnung der Schulen werden sich die Schulleitungen damit auseinandersetzen müssen, wie Körper- und Bewegungsbildung in einem anders rhythmisierten Schulalltag stattfinden kann, in dem auf den regulären Sportunterricht aus Hygienebedingungen erst einmal verzichtet werden muss. Außerdem können die Kinder aktuell nicht einfach in die freie Bewegungspause entlassen werden und ihr Ankommen und Verlassen der Schule wird zusätzlich reguliert, was eine Einschränkung der freien Bewegungszeit und ihrer „Frei-Räume“ bedeutet, die im Schulalltag so wichtig sind. Der Weg zur Schule als „Walking Bus“ zu Fuß oder mit dem Fahrrad, in größeren Kindergruppen, ist vorerst nicht möglich. Auch sportliche Nachmittagsangebote von Schule und Vereinen stehen nur begrenzt oder gar nicht zur Verfügung. Angeleitete Bewegungspausen können das Problem der Pausengestaltung im Schulablauf vorübergehend lösen und den Kindern weiterhin Bewegung im Schulalltag ermöglichen. Ein „think-tank“ kreativer Personen (hier alphabetisch aufgeführt) hat sich zur Unterstützung dieser Idee zusammengefunden: Christian Bikowski – AOK Baden-Württemberg (Bezirksdirektion Mittlerer Oberrhein) Jana Danner – Masterstudentin am Karlsruher Institut für Technologie Lucian Henkelmann – Leiter des Kinderbewegungszentrums in Ettlingen Andreas Herrmann – Leiter der Kindersportschule Mittelbaden e.V. Annalena Hirth – Sportlehrerin an der Albert-Schweitzer-Schule Muggensturm Dr. Tatjana König – Ärztin an der Kinder- und Poliklinik für Kinderchirurgie Universitätsmedizin Mainz Lisa Lorenz – Masterstudentin am Karlsruher Institut für Technologie Ana Panic – MoMo-Team-Mitglied und Promovendin am Karlsruher Institut für Technologie apl. Prof. Dr. Swantje Scharenberg – Leiterin des Forschungszentrums für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen (FoSS) Christoph Wechsler – SVSS (Schweizer Verband für Schulsport) und Erfinder von Ausgearbeitet wurde diese Handreichung von Andreas Herrmann in Zusammenarbeit mit Annalena Hirth. Swantje Scharenberg zeichnete sich verantwortlich für die Zusammenführung der Expert*innen und die wissenschaftliche Begleitung. Bei der Entwicklung der Pausenbilder waren Lucian Henkelmann, Lisa Lorenz und Marisa Fischer vom Kinderbewegungszentrum des SSV Ettlingen beteiligt. Unterstützt bei der Entwicklung der Handreichung haben Johannes Hermann (Rektor der Albert-Schweitzer-Schule Muggensturm) und die Freiwilligen der Kindersportschule Mittelbaden e.V., Tobias Rieger und David Späth. Das farbenfrohe Logo hat Jana Danner entworfen und realisiert. Die in der Handreichung gewählte (männliche) Ausdrucksform ist geschlechtergerecht aufzufassen und dient der einfacheren Lesbarkeit. http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GS/BSS/LG http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GS/BSS/LG 3 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Ziele der 16 Pausenbilder bzw. der angeleiteten Bewegungspausen: - Die Schulleitung soll durch die hier zusammengestellten Ideen ermutigt werden, große Pausen einzuplanen und diese weiterhin als Bewegungspausen umzusetzen. - Die Pausen auf dem Schulhof oder alternativ in der Sporthalle oder in der Aula werden mit Bewegung ermöglicht. - Selbst wenn der reguläre Sportunterricht temporär nicht stattfinden darf, wird so angeleitete Bewegung in den Schulalltag integriert. - Der direkte Kontakt und die soziale Bindung der Schulkinder zu ihrer Sportlehrkraft kann die Kinder motivieren, auch zu Hause Sportaufgaben zu machen. - Die Bewegung bleibt im Tagesablauf der Kinder verankert, sowohl in Präsenzzeiten in der Schule als auch in der Zeit von Fernlernphasen. Wie wichtig die Akzeptanz und die Vorgabe der Schulleitung hierbei ist (top-down), um in der Schule eine effektive kreative Umsetzung zu erreichen (bottom-up), ist selbstverständlich. Das zeigen auch aktuelle Beispiele aus der Schweiz. Hier wurde ebenfalls offensichtlich, dass durch die soziale Bindung zum Sportlehrer die bisherige körperlich-sportliche Aktivität der Kinder und Jugendlichen auch in Fernlernsituationen sogar gesteigert werden konnte. Wie lösen wir die Abstandsregel? (Raum: Schulhof (Außengelände), Aula, Sporthalle) 1. Jedes Schulkind bekommt seine eigenen Bereiche/seinen festen Bewegungs-/Aktivitätsraum. 2. Die Organisationsformen, zu denen hier geraten wird, ermöglichen Kommunikation und Interaktion unter Respektierung der Abstandsvorgaben. 3. Die vorgestellten Ideen für Spiele und Übungen im Raum sind so ausgewählt, dass durch die Regeln und Aufgaben die Abstandsregeln durchgängig eingehalten werden. Der eigene Bewegungsraum Struktur in den (Lebens-)Raum zu bringen, ist auch für Kinder entscheidend. Deshalb ist in den meisten Beispielen für jeden Schüler ein fester Platz vorbereitet, innerhalb dessen er sich bewegen kann. Entsprechend der Flächengröße vor Ort und damit möglichem „eigenen Bewegungsraum“ sind die Pausensituationen zu strukturieren. Auf dem Schulhof können Pylonen, Kreidemarkierungen oder – wetterbeständig – Klebestreifen die „Grundstücksgrenzen“ anzeigen. Zu beachten ist hierbei, dass selbst beim äußersten Punkt des Grundstückes der minimale Abstand von 1,5m zum Nächsten gewahrt bleibt. Durch Zahlen, „Hausnummern“, unterschiedliche Farben oder Bilder kann der einzelne Bewegungsraum durch die Schüler individueller wahrgenommen und für die Pause als eigener Bewegungsraum angenommen werden. Ein weiterer Vorteil eines fest zugewiesenen Platzes mit Hilfe einer Zahl oder eines Bildes ist, dass das Finden des Bewegungsraumes schnellstmöglich stattfinden kann, ohne dass Kinder sich über einen bestimmten Platz streiten und so möglicherweise die Abstandsregeln nicht einhalten. In der Aula oder Mensa können Stühle als Grenzen genutzt werden, wobei hier die Sitzflächen jeweils zu den Durchgängen zeigen sollten. In der Sporthalle können Pylonen oder auch andere Kleinmaterialien zur Abgrenzung dienen. Wenn Klebemarkierungen die Reinigungskräfte nicht behindern, können auch diese die Abstände verdeutlichen. 4 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Organisationsformen Für die verschiedenen Pausenbilder eignen sich unterschiedliche Organisationsformen, um die Abstandsregeln zu wahren: Kreisaufstellung, Boxenaufstellung, Doppellinienaufstellung (vgl. Fotos) Um sprachlich angeleitete Bewegung zu ermöglichen, kommt der Position der Lehrkraft eine wichtige Rolle zu, damit sich alle Kinder optimal angesprochen fühlen (eigenes Hütchen im Kreis, eigene Box bei der Boxenaufstellung, Lehrkraft steht höher als Kinder z.B. auf einem kleinen Kasten). Die Lehrkraft positioniert sich angepasst an die jeweilige Aufstellungsform immer so, dass sie stets alle Kinder im Blick hat. Beispiel Kreisaufstellung: 2 Lehrperson + 14 Kinder (Klebekreuze, Kreide, Reifen…) Radius 6,5m Beispiel Boxenaufstellung: Box 3m x 2m, Abstand dazwischen 1,5m 3m 2m 1,5m 5 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Beispiel Doppellinienaufstellung: 3m Abstand der Kinder, mind. 2m zwischen den Linien, jede Spur 6m Beispiel Boxenaufstellung: mit Stühlen in der Mensa/Aula Wie lösen wir die Hygieneregel? 1. Jedes Schulkind hat seine eigenen mitgebrachten „Sportgeräte“. 2. Viele Übungen werden ohne Materialien durchgeführt. 3. Die hier vorgestellten Ideen für Spiele und Übungen im Raum sind so ausgewählt, dass durch deren Regeln und Durchführung die Hygieneregeln durchgängig eingehalten werden. 6m 2m 3m 6 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Die eigenen Sportgeräte Über einen Elternbrief der Schulleitung – Vorlage siehe Seite 8 – werden alle Beteiligten darüber informiert, dass angeleitete Bewegungspausen im Schulalltag unter Abstands- und Hygieneregeln täglich stattfinden und dafür Materialien in Form eines eigenen Sportbeutels mit in die Schule gebracht werden sollen: 1 Handtuch 1 Springseil 3 Paar Socken 1 Würfel 1 Skatblatt 1 Stift (Keinen Füller oder Kugelschreiber) Ideen der ausgewählten 16 Pausenbilder Die Ausarbeitung der Pausenbilder für angeleitete Bewegungspausen ist auf 15 Minuten körperlich- sportliche Aktivität ausgelegt und geht von einer Teilnehmerzahl bis maximal 15 Kinder aus, entsprechend der gültigen Vorgaben für eine maximale Klassenstärke. Die Auswahl der Inhalte ist insbesondere für die 3.-5. Klasse geeignet. Zusätzlich werden Variationen vorgeschlagen, wie diese auch mit jüngeren oder älteren Kindern umgesetzt werden können. Viele Übungsformen sind vom Anspruch her in der 1.-7. Klasse ohne weiteres einsetzbar und können entsprechend angepasst werden, insbesondere durch Aufgaben mit Präzisions- und/oder Zeitdruck, meist „Challenge“ genannt. Ziel sollte es sein, den Kindern wie gewohnt die Pause auf dem Schulhof zu ermöglichen oder alternativ in einer angrenzenden Turnhalle oder Aula, wenn trotz versetzter Pausenzeiten nicht genug Platz im Schulhof besteht. Außerdem stehen die Aktivierung und Bewegung der Kinder im Vordergrund, deshalb wurde auf Elemente der Entspannung verzichtet, die jeder Zeit auch vom Klassenlehrer in gewohnter Form im Klassenzimmer durchgeführt werden können. Die Pausenbilder 1-4 sind Spiel- und Übungsformen, die auf größerem Raum stattfinden und räumliche Bewegung der Kinder erlauben. Durch Regeln oder konkrete Aufgabenstellungen bleiben dabei die Abstands- und Hygieneregeln gewahrt. Die Pausenbilder 5 – 14 zeigen verschiedene Ideen für Übungen an einem fest zugewiesenen Platz (Boxen- oder Kreisaufstellung). Die Übungen stammen aus verschiedenen Bereichen, wie zum Beispiel der Koordination, den exekutiven Funktionen, konditionellen Fähigkeiten (Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit) oder der Rhythmik. Diese Inhalte bieten den Lehrkräften auch die Möglichkeit, Hausaufgaben aus den Übungen zu geben und bei nächster Gelegenheit nochmals zu wiederholen. Die Pausenbilder 15 – 16 sind Beispiele aus den zahlreichen Sammlungen über Bewegungspausen am Platz im Klassenzimmer. Diese dienen als Alternative bei schlechtem Wetter oder Belegung der Bewegungsräume durch andere Klassen (weitere Ideen hierfür gibt es in der Linksammlung am Ende). 7 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Handlungshinweise Der Sportlehrer ist die geeignete Person, um die Umsetzung der angeleiteten Bewegungspausen in der Schule zu initiieren, Vorbereitungen zu treffen und die Durchführung mit zu organisieren. Er hat ein umfangreiches Wissen bezüglich weiterer Bewegungsideen und alters-angemessener Organisationsformen, das er kreativ für eigene Pausenbilder nutzen wird. Über die körperlich- sportliche Aktivität kann er auch den direkten Kontakt zu den einzelnen Klassen halten. Für die Durchführung der Pausenbilder sollte mit der Klasse ein klares Stoppsignal vereinbart werden, zum Beispiel ein Pfiff, um jederzeit das Übungsgeschehen unterbrechen zu können und auf Missachtung der Regeln reagieren zu können. Die Reihenfolge der Pausenbilder ist nicht gezielt für eine chronologische Durchführung gedacht, sondern nach Themengebieten und Organisationsformen strukturiert. Je nachdem, welche Räumlichkeit zur Verfügung steht, kann situativ entschieden werden, welches Pausenbild umgesetzt wird. In den Einheiten werden Vorschläge für Hausaufgaben gemacht. Daher kann es Sinn ergeben, diese Hausaufgaben aus der letzten Pause einzubauen, was aber nicht explizit in jedem Pausenbild erwähnt wird. Durch versetzte Pausenzeiten kann eine Lehrperson mehrere Klassen an einem Tag anleiten, und der benötigte Platz im Pausenhof oder den alternativen Räumlichkeiten kann mehrmals am Tag genutzt werden. Beispiel: 3 Klassen machen jeweils 30 Minuten Pause, 15 Minuten wird der Pausensnack gegessen und 15 Minuten die angeleitete Bewegungspause durchgeführt. Klasse A: 10.00-10.15 Uhr angeleitete Bewegungspause + 10.15-10.30 Uhr Pausensnack Klasse B: 10.00-10.15 Uhr Pausensnack + 10.15-10.30 Uhr angeleitete Bewegungspause Klasse C: 10.15-10.30 Uhr Pausensnack + 10.30-10.45 Uhr angeleitete Bewegungspause So kann gegebenenfalls die optimale Vorstellung realisiert werden, dass jede Klasse an jedem Tag diese Bewegungspause bekommt. Die Lehrkraft kann für die Durchführung der Pausenbilder dem Projekt gerne einen ansprechenden Projektnamen geben, wie „Pop-up Bewegungspause“ oder BtA („Bewegungspause trotz Abstand“) oder den eigenen Schulnamen mitverwenden. Diese angeleiteten Bewegungspausen sollen in keiner Weise das absolut wichtige freie Spielen und Bewegen der Schüler in ihren „großen“ Bewegungspausen im Schulalltag ersetzen. Sie sollen in Zeiten, in denen dieses freie Toben nicht ohne weiteres möglich ist, eine Alternative bieten, die den Kindern möglichst viel Bewegung in den Pausen zu teil werden lässt. Sollte keine Sportfachkraft zur Verfügung stehen, sind auch andere Lehrer, unterstützt durch die erklärenden Videos, in der Lage, diese Pausenbilder umzusetzen. 8 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Vorlage Eltern/Kinderbrief: Liebe Eltern, liebe Kinder, in der nächsten Zeit kann leider noch kein regulärer Sportunterricht, wie wir ihn alle kennen, stattfinden. Viele Bewegungsmöglichkeiten im Schulalltag sind gerade nicht möglich. Unsere Schule will dennoch Bewegungspausen anbieten! Daher braucht Ihr Kind für die nächste Zeit einen Turnbeutel mit folgenden Materialien, der die Woche über in der Schule bleibt. Dieser wird für die Durchführung von aktiven Bewegungspausen mit Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln benötigt. Bitte packt folgende Gegenstände in den Turnbeutel: 1 Handtuch 1 Springseil 3 Paar Socken 1 Würfel 1 Skatblatt 1 Stift (Keinen Füller oder Kugelschreiber) Während der angeleiteten Bewegungspausen sind die Kinder stets durch eine Lehrkraft beaufsichtigt, damit sie die Abstands- und Hygieneregeln auch einhalten. Unser Angebot ist eine wichtige Alternative, den Kindern weiterhin im Schulalltag auch körperlich- sportliche Bewegung zu ermöglichen, in Zeiten, in denen das freie Toben nicht ohne weiteres möglich ist. Helfen Sie auch zu Hause mit, den fehlenden Sportunterricht mit zusätzlichen körperlichen Aktivitäten zu kompensieren und unterstützen Sie Ihre Kinder auch bei der Umsetzung von Bewegungshausaufgaben. Vorlage des Elternbriefs als Download unter: https://kindersportschule-mittelbaden.de/projekte/bewegungspausen https://kindersportschule-mittelbaden.de/projekte/bewegungspausen 9 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 1: Abstandsspiele + Kreiswettrennen Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Abgegrenztes Feld und zwei Kreise Material der Kinder: Turnbeutel Material Lehrer: Pfeife oder Ähnliches Abstandsspiele Startposition in zwei abgesteckten Kreisen, damit alle schon Abstand haben. Bei allen Aufgaben bedeutet ein Pfiff sofortiges Versteinern aller Kinder, so kann der Lehrer eingreifen, wenn der Abstand zu klein wird oder Aufgaben gewechselt werden. Magnetspiel: „Wir sind alle Magnete und stoßen uns gegenseitig ab. Wir laufen durcheinander und halten zu allen anderen den größtmöglichen Abstand bis ich euch wieder zu eurem Hütchen im Kreis zurückrufe.“ 1. Durchgang im Gehen, 2. Durchgang im Joggen, weitere Bewegungsformen wie hüpfen oder schleichen. Laufspiel: Zwei Kinder ziehen sich gleichzeitig an und stoßen sich ab, so dass sie den Abstand halten müssen, und gehen bzw. joggen entlang des abgesteckten Feldes. Durch Hütchentore können sie immer wieder den Abstand kontrollieren, ebenso wie den Abstand zum nächsten Paar. Variation: Wie Aufgabe 2, nur Laufen die Kinder nun hintereinander auf dem abgesteckten Feld, das hintere Kind versucht, den Abstand zum vorderen Kind konstant zu halten. Kreiswettrennen Die Kinder stehen an ihrer Position in den beiden Kreisen und bilden so zwei Mannschaften. In der Mitte der Kreise steht nochmals ein Hütchen. Die beiden Mannschaften spielen gegeneinander: die Kinder laufen der Reihe nach einmal um das Hütchen in der Mitte und wieder zurück zum eigenen Platz. Sobald das Kind wieder am Platz ist (z.B. den eigenen Turnbeute berührt), läuft das nächste Kind los. Gewonnen hat die Mannschaft, bei der als erste alle einmal um das Hütchen und zurück gerannt sind. Variation: Die Kinder rufen den Namen des nächsten Kindes aus ihrer Gruppe, es darf aber nicht das Kind direkt neben dran sein. Skizze: Abstandspiele: Laufspiel Kreiswettrennen Hinweise: Nur mit Gruppen durchführen, die auch in freieren Aufgaben Regelanweisungen einhalten können. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/qX07sq7jdbI https://youtu.be/qX07sq7jdbI 10 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 2: Parcourswettlauf Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Parcours mit Startreifen Material der Kinder: Turnbeutel Material Lehrer: Hütchen, Reifen, andere Hürden oder Ähnliches Parcourswettlauf Es werden mehrere identische Laufstrecken vorbereitet für 3-4 Mannschaften mit Hindernissen und Aufgaben in der Mitte (z.B. Reifen zum Durchhüpfen, Hütchen für Slalom oder Blöcke zum Springen). Am Start und Ziel jeder Mannschaft geben Reifen/Kreidekreise o.ä. die Start- und Zielposition jedes einzelnen Kindes an mit jeweils 2m Abstand zueinander, so wird die Distanz sichergestellt. Staffel: Auf ein Startsignal läuft der erste Läufer jedes Teams durch den Parcours. Sobald er in seiner Zielposition ankommt (z.B. mit beiden Füßen darin landet), darf der Nächste aus dem Team starten. Das Team, das als erstes alle Läufer in ihren Zielpositionen hat, gewinnt. Die nächste Runde beginnt direkt von der Zielposition und die ehemalige Startposition ist das Ziel. Einzelwettrennen: Der Lehrer ruft als Startsignal eine Zahl, die für eines der Kinder in jedem Team steht, oder die Farbe eines Reifens, wenn in jeder Mannschaft jede Reifenfarbe nur einmal vorkommt. Dann laufen nur diese Kinder gegeneinander. Variationen: Hütchen: Slalom vorwärts, Slalom rückwärts, Hütchen umrunden, über Hütchen drüber hüpfen Reifen: frei durchspringen, mit einem Bein durchspringen, mit beiden Beinen geschlossen durchspringen Wendepunkt statt Zielmarkierung: Kinder laufen um eine Wendemarke und erneut wieder durch den Parcours zurück an ihre Startposition, sodass nur eine Markierung pro Kind nötig ist. Gegebenenfalls müssen dann die Startpositionen weiter auseinandergelegt werden, damit es nicht zu eng wird im Start/Zielbereich. Skizze: (Parcours für eine Mannschaft mit 4 Kindern) Startposition Zielposition Hinweise: Kinder mit ähnlicher Leistungsstärke an die gleichen Positionen in der Mannschaft verteilen. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/t1jDKKnEkYg https://youtu.be/t1jDKKnEkYg 11 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 3: Lauf-Formen + Schnick-Schnack-Schnuck Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Doppellinie Material der Kinder: Socken und Handtuch Material Lehrer: - Lauf-Formen Die Kinder bekommen eine Spur zugewiesen, die mit 2 Hütchen markiert ist. Es werden verschiedene Übungen aus dem Bereich Lauf ABC/Laufschulung durchgeführt, dabei bleiben die Kinder nur auf ihrer Spur. Übungsformen: Fußgelenkslauf, Skippings, Kniehebelauf, Fersen zum Po, Hopser-Lauf, auf der Linie Balancieren (wenn diese eingezeichnet ist), nur auf den Zehenspitzen, nur auf der Ferse, Vierfüßlergang, Raupengang, Krebsgang Schnick-Schnack-Schnuck Die Doppellinienaufstellung ist so aufgebaut, dass die zwei Linien mind. 2m Abstand zueinander haben. An den mittleren Hütchen legen die Schüler eine Socke ab und an das entfernte Hütchen ihr Handtuch, dazwischen ist wieder die Spur des Schülers. An den Socken stehend spielen die zwei Kinder gegeneinander Schnick-Schnack-Schnuck (Schere, Stein und Papier) bis es einen Sieger gibt. Der Gewinner läuft direkt zu seinem Handtuch, berührt es mit der Hand und kommt zurück, um die Socke hochzuhalten. Der Verlierer muss zuerst noch seine Socke mit der Hand berühren, dann sein Handtuch und dann die Socke hochhalten. Wer zuerst zurück bei seinem Startpunkt ist und die Socke hochhält, bekommt einen Punkt. Hinweise: Es werden Handtuch und Socke anstelle von Hütchen verwendet, damit die Hütchen nicht von mehreren Schülern am Tag angefasst werden und die Hütchen sich während des Spiels nicht verschieben. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/dtxidKi_hl4 https://youtu.be/dtxidKi_hl4 12 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 4: Zoobesuch + Zahlenlauf Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Doppellinie Material der Kinder: Turnbeutel Material Lehrer: gegebenenfalls vorgeschriebene Geschichten Zoobesuch von Familie Meyer Die Kinder stehen in der Aufstellung der Doppellinie und bekommen eine Rolle aus einer Geschichte, die im Zoo spielt: Vater Meyer, Mutter Meyer, Tochter Susi, Sohn Peter, der Dackel Waldi und die Zootiere Löwen, Elefanten und Affen (hier kann die Anzahl variiert werden, um für alle Kinder eine Rolle zu haben). Der Lehrer erzählt eine Geschichte oder liest sie vor in der diese Familie vorkommt. Fällt der Name eines Charakters, muss das Kind einmal um die zweite Markierung am Ende der eigenen Spur laufen und wieder zurück zum Startplatz kommen. Wird „die Familie Meyer“ genannt, müssen alle laufen, bei „Zoo“ alle Zootiere und bei „Tiere“ alle Zootiere und der Dackel. Zahlenlauf Die zwei Linien stellen jeweils eine Mannschaft dar. In beiden Teams werden die gleichen Zahlen an die Kinder vergeben, die an ihrem Startplatz (Hütchen mit Turnbeutel) stehen. Der Spielleiter ruft eine der Zahlen und die beiden Kinder laufen gegeneinander um ihre zweite Markierung. Wer als erstes wieder zurück ist und seinen Turnbeutel berührt, bekommt einen Punkt für sein Team. Bei der Zahl 10 müssen alle Kinder rennen. Variationen: Der Lehrer erzählt auch hier eine Geschichte, in der die Zahlen der Kinder vorkommen. Es werden der Klassenstufe angepasste Rechenaufgaben gestellt Die Kinder müssen in einer anderen Bewegungsform das Hütchen umrunden. (Hüpfen, Krebsgang…) Hinweise: Zoobesuch als Bewegungsgeschichte findet sich in verschiedenen Vorlagen im Internet. Schüler können als Hausaufgabe eine neue Geschichte mit Bewegungen schreiben. Beim Zahlenlauf mit Punktevergabe sollten die Positionen in den Teams homogen besetzt sein. Kinder werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie nicht weiter rennen als bis zu ihrem Hütchen. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/-i3FJ86TMaU https://youtu.be/-i3FJ86TMaU 13 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Linienspringen Die Kinder stehen in ihrer Box und legen ihr Seil als eine Linie in die Mitte der Box. Die Kinder bekommen nun mehrere Aufgaben, wie sie über das Seil springen sollen: Seitlich, vorwärts – rückwärts, auf einem Bein, überkreuzen und öffnen, Schersprünge usw. Eine Abfolge an Sprüngen mit Blick zum Seil: Schersprung linker Fuß vorne, Schersprung rechter Fuß vorne, beide Beine vorne, beide Beine hinter dem Seil und wieder von vorne. Steigerung oder Hausaufgabe: Arme machen eine Hampelmannbewegung Sockenkoordination Jedes Kind hat in jeder Hand einen Sockenknäuel und führt folgende Übungen aus: Einzeln hochwerfen und wieder fangen, schnell im Wechsel hochwerfen, beide Knäuel gleichzeitig hochwerfen, beide Socken gleichzeitig hochwerfen und die Arme kreuzen und wieder fangen und wieder hochwerfen und die Arme wieder öffnen. Steigerung: Es wechselt bei jedem Versuch der Arm, der beim Kreuzen oben ist. Hausaufgabe: Alles auch als Hausaufgabe möglich Challenge A : text…………………………………….. Ggf. Hausaufgaben: 10x xy……………..und Übung B Pausenbild 5: Linienspringen + Sockenkoordination Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Box Material der Kinder: Seil, 2 Paar Socken Material Lehrer: Seil, 2 Paar Socken Hinweise: Socken sind Bällen vorzuziehen, da sie beim Herunterfallen nicht so weit wegrollen, so kann jedes Kind in der eigenen Box bleiben. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/1uxMPliLlAY https://youtu.be/1uxMPliLlAY 14 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 6: Kartentapping + Sockenkoordination 2 Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Box Material der Kinder: Kartenspiel, Sockenpaare Material Lehrer: Plakat oder Tafel mit Vorgaben, Stoppuhr, Socken Karten-Tapping Die Kinder stehen in ihrer Box und nehmen aus dem Kartenspiel jeweils 3 Karten jeder Farbe (Herz, Karo, Pik und Kreuz), mischen diese und legen sie in einer U-Form entlang ihrer Boxenbegrenzung. Die Karten sollen der Reihe nach nun schnellstmöglich berührt werden. Aufgabe 1: Rote Karten – rechte Hand, schwarze Karten – Linke Hand Aufgabe 2: Rote Karten – rechter Fuß, schwarze Karten – Linker Fuß Aufgabe 3: Herz rechte Hand, Karo- rechter Fuß, Pik- linke Hand, Kreuz – linker Fuß Challenge: 30 Sekunden lang eine der Aufgaben machen und die Durchgänge zählen. Sockenkoordination 2 Die Kinder haben mehrere Sockenpaare als ein Knäuel in beiden Händen und werfen dieses hoch und fangen es wieder mit beiden Händen. Dabei gibt es folgende Aufgaben, wenn das Sockenknäuel in der Luft ist: - Klatschen - So schnell klatschen und fangen wie möglich - Über der Socke klatschen - Über der Socke und hinter dem Rücken klatschen - Nacheinander überkreuz an die Ohren greifen - Nacheinander überkreuz auf die Oberschenkel patschen - Zuerst nacheinander überkreuz auf beide Oberschenkel patschen und dann an beide Ohren greifen Hausaufgabe: Alles auch als Hausaufgabe möglich Challenge A : text…………………………………….. Ggf. Hausaufgaben: 10x xy……………..und Übung B Hinweise: Es können die Zuordnungen auf einem Plakat oder an einer Tafel angezeigt werden. Socken sind Bällen vorzuziehen, da sie beim Herunterfallen nicht so weit wegrollen, so kann jedes Kind in der eigenen Box bleiben. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/ZwHku5em66U https://youtu.be/ZwHku5em66U 15 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 7: Laufkoordination + Sockenstütz Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Box Material der Kinder: Handtuch, Sprungseil, Sockenpaar Material Lehrer: Stoppuhr, Handtuch, Sprungseil, Sockenpaar Laufkoordination Die Kinder stehen in ihrer Box, legen vor sich das zusammengerollte Handtuch und ca. 60cm weiter das Sprungseil hin, so dass sich zwei Linien ergeben. Die Kinder erhalten nun verschiedene Laufaufgaben, wie sie in die Linien hinein und wieder hinauslaufen sollen. Aufgabe 1: 2 Schritte rein und auf der anderen Seite raus und drehen und zurück Aufgabe 2: 2 Schritte Grundposition, dann 2 in der Mitte, 2 hinter dem Seil, rückwärts 2 dazwischen und 2 wieder in der Grundposition, usw. Blick bleibt nach vorne, nicht mehr umdrehen. Aufgabe 3: Blick bleibt nach vorne, überall 2 Schritte, aber im Wechsel, einmal nur in die Mitte und zurück das andere Mal in die Mitte und hinter das Seil und zurück. Challenge: In 30 Sek. so oft wie möglich eine der 3 Aufgaben durchführen und dabei zählen lassen, wie oft die Kinder an der Grundposition ankommen. Steigerung: Der Fuß, der zuerst über Handtuch und Seil geht, wechselt immer, wenn man an der Grundposition ankommt. Laufkoordination Sockenstütz Sockenstütz Die Kinder gehen in die hohe Liegestützposition (ggf. Handtuch unter den Händen) und haben ein Sockenknäuel in der Hand, das sich die Kinder auf den Rücken legen. Nun wird das Knäuel mit der anderen Hand wieder vom Rücken geholt und erneut draufgelegt. Steigerung: Die Socke wird vor dem Körper von einer Hand in die andere geworfen oder sogar unter dem gestützten Arm hindurch und dann mit der gleichen oder der anderen Hand wieder gefangen. Vereinfachung: Die Kinder sind in der Bankposition, gerade für Klasse 1 und 2 eine stabilere Position. Variation: Die Kinder transportieren die Socke im Vierfüßlergang und Krebsgang durch ihre Box. Hausaufgabe: Alles auch als Hausaufgabe möglich Challenge A : text…………………………………….. Ggf. Hausaufgaben: 10x xy……………..und Übung B Hinweise: Wird die Übung Sockenstütz auf dem Pausenhof durchgeführt, empfiehlt es sich, das Handtuch unterzulegen. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/e5AYEtlO9zk https://youtu.be/e5AYEtlO9zk 16 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 8: Seilspringen + Hand-Schulter-Ohr Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Box Material der Kinder: Springseil, Handtuch Material Lehrer: Springseil, Handtuch, Stoppuhr Seilspringvarianten Die Kinder stehen in ihrer Box mit ihrem Springseil und erhalten ihren Fähigkeiten entsprechend verschiedene Aufgaben: - Vorübung: Seil mit einer Hand schwingen und immer hüpfen, wenn das Seil den Boden berührt - Laufsprünge am Platz - Beidbeiniges Springen mit und ohne Zwischenfederung - Einbeiniges Springen - Das Seil rückwärts schwingen und springen - Alle Aufgaben nacheinander durchführen - Wechsel von Zwischenfedern und ohne bei beidbeinigem Springen Challenge: Zählen, wie viele Sprünge in 30 Sekunden geschafft werden. Hausaufgabe: Alle Aufgaben sind auch als Hausaufgabe möglich, wenn die Kinder ein weiteres Springseil Zuhause haben. Hand-Schulter-Ohr-Challenge Die Kinder breiten das Handtuch vor sich aus und gehen in die hohe Liegestützposition darüber. Nun berühren sie im Wechsel immer mit der gegenüberliegenden Hand zunächst den anderen Handrücken, dann die Schultern und die Ohren, danach legen sie sich einmal mit dem Bauch auf das Handtuch und kommen wieder hoch in die Stützposition und beginnen wieder von vorne. Variation: Fitte Kinder können statt der Bauchlage einen Liegestütz machen Challenge: Wie oft schaffen die Kinder in 30 Sekunden die Übung? Challenge A : text…………………………………….. Ggf. Hausaufgaben: 10x xy……………..und Übung B Hinweise: Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/TMxtqrW_NTc https://youtu.be/TMxtqrW_NTc 17 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 9: 4 Kartenaktion + Karten-Balance Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula/ auch Klassenzimmer Aufstellungsform: Box Material der Kinder: Skatblatt Material Lehrer: Flipchart, Skatblatt 4 Kartenaktion Die Kinder suchen aus ihrem Kartenstapel 4 Karten heraus (jeweils Pik, Karo, Herz und Kreuz) und verteilen sie in den 4 Ecken ihrer Box. Der Lehrer nennt eine Kartenfarbe, auf die die Kinder schnellstmöglich mit der Hand tippen müssen und rennen dann zurück in die Mitte der Box. Danach nennt der Lehrer 2 oder 3 Farben hintereinander, die die Kinder nacheinander mit der Hand antippen. Steigerung 1: Den verschiedenen Farben werden rechter und linker Fuß, sowie rechte und linke Hand zugeordnet (visuelle Unterstützung der Zuordnung auf Flipchart/Whiteboard) Steigerung 2: Den verschiedenen Farben werden nun zusätzlich die Zahlen 1 – 4 zugeordnet. Die Kommandos können nun auch gemischt sein z.B. Pik – 4 Steigerung 3: Die Zuordnung wird abgedeckt, und die Kinder führen die Kommandos aus dem Gedächtnis aus. Karten-Balance Die Kinder stehen in der Mitte ihrer Box und haben 12 Karten in der Hand. Sie legen die Karten nun nacheinander auf ihrem Körper ab. Zuerst auf dem Kopf, dann auf beiden Schultern, den Ellenbogen und zum Schluss auf dem Handrücken. Die übrigen Karten sind als Reserve gedacht, falls eine runterfällt, und können fallen gelassen werden, sobald alle Karten liegen. Dann werden die Karten in umgekehrter Reihenfolge wieder eingesammelt mit dem Ziel, dass keine runterfällt. Steigerung 1: Die Kinder stellen einen Fuß direkt hinter den anderen, so wird ihre Position instabiler. Nun führen sie die gleiche Aufgabe noch einmal aus. Steigerung 2: Die Kinder stehen auf einem Bein und heben das andere Bein im 90 Grad-Winkel an, so dass sie auf dem Bein zusätzlich 2 Karten ablegen können. Die Kinder beginnen mit dem Ablegen auf dem Bein und führen dann die Aufgabe wie vorher aus. Steigerung 3: Die Kinder führen die Übungen mit geschlossenen Augen durch. Vereinfachung: Karte auf dem Kopf weglassen Hausaufgabe: Die Übungen der Karten-Balance sind auch als Hausaufgabe möglich. Challenge A : text…………………………………….. Ggf. Hausaufgaben: 10x xy……………..und Übung B Hinweise: Bei Wind ist die Karten-Balance deutlich schwieriger. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/7RWCDX--BXo https://youtu.be/7RWCDX--BXo 18 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 10: Würfelworkout + Schatten und Spiegel Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Box Material der Kinder: Würfel, Stift, Handtuch Material Lehrer: Plakat oder Tafel mit 6 Aufgaben Würfelworkout Die Kinder stehen in ihrer Box und haben einen Würfel und einen Stift und erhalten vom Lehrer ein Blatt, auf dem die Zahlen 1-6 jeweils 2x oder 3x abgedruckt sind. Jede Augenzahl des Würfels steht für eine Aufgabe. Der Lehrer macht mit den Kindern alle Übungen einmal gemeinsam. Die Kinder würfeln, streichen die Zahl durch, die sie gewürfelt haben und machen die zugehörige Aufgabe. Wenn eine Zahl gewürfelt wird, die schon komplett gestrichen ist, machen sie nur die Aufgabe und würfeln weiter, bis alle Zahlen abgestrichen sind. Sieger ist, wer zuerst alle Zahlen gestrichen hat. Die Aufgaben: 1= 5 Jumping Squats (Kniebeuge und Sprung) 2= Auf einem Bein stehen (5x unter dem freien Bein und 5x unter dem Standbein klatschen im Wechsel) 3= Boxbewegungen mit Beinen (20x) 4= Plank mit 20x Trippeln (Unterarmstütz und Füße trippeln am Boden) 5= 5 Star Moves (Sternsprünge) 6= 5x Hand-Schulter-Ohr (vgl. Pausenbild 8) Schatten und Spiegel Die Kinder bekommen einen Partner in einer direkt angrenzenden Box zugewiesen. Ein Partner bewegt sich in seiner Box und macht verschiedene Bewegungen, die sein Partner in seiner Box genauso ausführt. Schatten: Die Kinder stehen mit Blick in gleicher Richtung und führen die gleiche Bewegung aus wie der Partner nebendran. Spiegel: Die Kinder schauen sich an, das zweite Kind macht dem ersten alles wie ein Spiegelbild nach. Hinweise: Bei Wind die Blätter mit dem Turnbeutel beschweren oder mit Wäscheklammer am Handtuch festmachen oder ohne Abstreichen spielen. Die Übungen können je nach Klassenstufe im Schwierigkeitsgrad oder in der Anzahl der Wiederholungen angepasst werden. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/y1bSQS8Re0I https://youtu.be/y1bSQS8Re0I 19 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 11: Kommandospiel + Schuh-Gleichgewicht Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Box Material der Kinder: Handtuch, Springseil, Socke, Turnbeutel Material Lehrer: - Kommandospiel Die Kinder stehen in der Mitte ihrer Box und hören auf die Kommandos und führen verschiedene Aufgaben (Hüpfen, klatschen, drehen, rennen, Hocke) aus, die der Lehrer ruft. Diese Aufgaben werden aber nur ausgeführt, wenn vor der Aufgabe das Wort „Kommando“ gerufen wird. Wer eine Aufgabe ausführt, die ohne „Kommando“ genannt wurde, scheidet für diesen Durchgang kurz aus. Zusätzlich liegen in den 4 Ecken verteilt die Gegenstände: Handtuch, Springseil, Socke und der restliche Turnbeutel. Bei „Kommando Handtuch“ muss das Handtuch gegriffen und hochgehalten werden. Wer zuerst den richtigen Gegenstand greift, gewinnt den Durchgang. Steigerung: Der gegenüberliegende Gegenstand muss gegriffen werden. Schuh-(Socken-)Gleichgewichtsübung Die Kinder stellen sich in ihrer Box auf ein Bein und ziehen sich zunächst einen Schuh und dann einen Socken aus. Anschließend ziehen sie beides wieder an, ohne das Bein dabei abzusetzen. Danach das Standbein wechseln. Steigerung: Die Kinder stellen sich auf ein zusammengerolltes Handtuch und/oder schließen die Augen dabei. Hausaufgabe: Alles auch als Hausaufgabe möglich Challenge A : text…………………………………….. Ggf. Hausaufgaben: 10x xy……………..und Übung B Hinweise: Schnelle Kommandos geben und eine Runde nicht zu sehr in die Länge ziehen, damit die ausgeschiedenen Kinder schnell wieder dabei sind. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/z6LOg5eHN1Q https://youtu.be/z6LOg5eHN1Q 20 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 12: Tanzelemente Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula Aufstellungsform: Box Material der Kinder: - Material Lehrer: Musik (hier das Lied „Sofia“ von Alvaro Soler) Tanzelemente Die Kinder stehen in ihrer Box, der Lehrer für alle gut sichtbar vor ihnen. (Die Kinder tanzen spiegelverkehrt.) Begonnen wird mit gemeinsamem rhythmischem Marschieren, wobei der Lehrer immer auf 8 zählt. Dann führt der Lehrer die Tanzschritte vor und macht sie dann gemeinsam mit den Kindern nach. Vorgeschlagen sind hier 6 verschiedene Tanzelemente, die fast alle mit oder ohne Zugabe der Arme getanzt werden können, so dass der Lehrer eine Differenzierungsmöglichkeit hat. Tanzelemente: Alle Tanzelemente sind auf 8 Takte ausgelegt, der Lehrer zählt laut mit 1. Step-Touch: Beine sind geschlossen, der rechte Fuß (bei den Kindern der linke Fuß) macht einen Schritt nach rechts, der linke Fuß ebenfalls, tippt aber nur auf, der linke Fuß macht einen Schritt zur Seite, der rechte Fuß tippt nur auf Steigerung: die Hände wippen mit zur Seite, zu der sich der Fuß bewegt und schnipsen dabei 2. Überkreuzen: 4 Schritte nach rechts gehen, dabei die Beine überkreuzen, wobei der letzte Schritt gehüpft wird. 4 Schritte nach links gehen mit Überkreuzen der Beine und hüpfen beim letzten Schritt. Steigerung: klatschen während des Hüpfens 3. V-Step: rechter Fuß nach rechts vorne, linker Fuß nach links vorne, rechter Fuß zurück nach hinten in die Mitte, linker Fuß zurück nach hinten neben den anderen Fuß (Füße beschreiben ein V) Steigerung: Hände werden beim Vorgehen nach oben gestreckt, beim Zurückgehen wieder nach unten) 4. Drehung: 4 Schritte nach rechts mit Drehung, 4 Schritte nach links mit Drehung Steigerung: Klatschen beim 4. bzw. 8. Schritt 5. Hüpfen: Arme in die Hüften stemmen und 8 mal in die Grätsche hüpfen, dabei die Beine abwechselnd überkreuzen. Auf 8 sind die Beine wieder in der Grundposition. 6. Vorwärts-Kick: 4 Schritte vorwärts, wobei der vierte Schritt ein Kick ist, und wieder 4 Schritte zurück Steigerung: Arme schwingen mit beim Vor- und Zurückgehen Nachdem alle Elemente „trocken“ geübt wurden, wird mit Musik getanzt. Jeder Tanzschritt wird zweimal hintereinander getanzt, so dass unsichere Kinder die Möglichkeit haben, nach anfänglichen Schwierigkeiten auch wieder mitzukommen. Variationen: Es können beliebige Lieder ausgewählt werden, die zu den Tanzschritten passen. Die Geschwindigkeit muss dann ggf. auf das jeweilige Lied angepasst werden. Es müssen nicht alle 6 Tanzelemente am Stück getanzt werden. Je nach Klassenstufe können auch nur 3 oder 4 ausgewählt werden. Hinweise: Das Lied Sofia hat 128 bpm, ein gutes Tempo, bei dem die meisten Schüler noch mitkommen. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/36ibKDS7VKA https://youtu.be/36ibKDS7VKA 21 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 5: Linienspringen + Sockenkoordination Pausenbild 13: Pferderennen + Body Percussion Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula/ auch Klassenzimmer Aufstellungsform: Kreis Material der Kinder: - Material Lehrer: - Pferderennen Die Kinder stehen hinter ihren Hütchen im Kreis. Der Lehrer erzählt eine Bewegungsgeschichte rund um ein Pferderennen und gibt verschiedene Bewegungsformen vor, die von ihrer Intensität einer körperlichen Aktivierung entsprechen sollen. Bewegungsideen: aufgeregte Pferde – scharren mit den Beinen/hüpfen von einem Bein auf das andere Pferderennen läuft – auf der Stelle laufen und mit Händen auf Oberschenkel trommeln Hindernisse – Sprünge Wassergraben – Schwimmbewegungen Kurven – nach links und rechts drehen am Platz Überholmanöver – vor das Hütchen und wieder zurück Endspurt – volles Tempo laufen am Platz Ziel – Abschlussjubel Variation: Es sind auch andere Szenarien wie Boxkampf, Löwenjagd oder Dschungelabenteuer möglich Body Percussion Die Kinder stehen hinter ihren Hütchen im Kreis. Der Lehrer macht die verschiedenen Übungen vor und zählt dabei immer auf 4. Die Kinder steigen mit ein. Jeweils 4 mal: klatschen, stampfen, schnipsen, Oberschenkel patschen, mit flacher Hand auf die Brust mehrmals hintereinander, Geschwindigkeit steigern - Lehrer macht verschiedene Varianten vor (dabei weiterhin auf 4 zählen, um den Takt anzugeben z.B. stampfen – klatschen – schnipsen – schnipsen (wenn das klappt mit Drehung → siehe Tutorial) - 4 weitere Übungen dazu nehmen und dann beide Übungen hintereinander machen z.B. stampfen – klatschen – schnipsen – schnipsen + 2 x Oberschenkel patschen – 2 x flache Hand auf Brust Steigerung: Rhythmus mit verschiedenen Geschwindigkeiten vorgeben z.B. erst nur klatschen: lang – lang – kurz - kurz – kurz – Pause – kurz – kurz – kurz – kurz – Pause – kurz – kurz dann verschiedene Varianten z.B. 2x stampfen – 3x klatschen – Pause – 4x Brust – Pause – 2x schnipsen Variation: Der Lehrer gibt einen Sprechreim vor, auf den die Schüler am Platz marschieren, der Reihe nach darf jedes Kind sich mit einem eigenen Rhythmus auf einen 8er-Takt einbringen, alle anderen marschieren weiter. z.B. „Schule ist cool hier, sie macht Spaß mit dir“ Challenge A : text…………………………………….. Ggf. Hausaufgaben: 10x xy……………..und Übung B Hinweise: Unter dem Schlagwort Bewegungsgeschichten finden sich ganz viele Beispiele im Internet. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/pVVknR8HBRQ https://youtu.be/pVVknR8HBRQ 22 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Hampelmannvariationen Die Kinder stehen alle hinter ihrem Hütchen im Kreis und bekommen folgende Aufgaben: - Grätschsprünge und Arme über dem Kopf zusammen ("Standard") - Wechselsprünge und Arme über dem Kopf zusammen - Wechselsprünge und Arme gegengleich nach vorne + hinten bewegen - Grätschsprünge und Arme gegengleich nach vorne + hinten bewegen - nur Beine: Grätschsprünge und Wechselsprünge abwechselnd, nach jedem Sprung Beine wieder schließen - die gleiche Übung und die Arme machen die Hampelmannbewegung - Arme und Beine kreuzen und öffnen, gleichzeitig - Arme und Beine kreuzen und öffnen, gegengleich Hausaufgabe: Alles auch als Hausaufgabe möglich Bewegungs-Kofferpacken Die Kinder stehen hinter ihrem Hütchen, ein Kind gibt eine Bewegung vor (Hüpfen, drehen, Armkreisen usw.) alle anderen wiederholen in der Reihenfolge, in der schon vorgemacht wurde gemeinsam die bisherigen Bewegungen, dann ist das nächste Kind an der Reihe und gibt eine weitere Bewegung vor. Variation: Es wird ein Motto (Sportart, Tiere) vorgegeben, zu dem die Bewegung passen muss, und das Kind sagt auch laut, was es gewählt hat (z.B. Frosch und hüpft oder Fußballer und führt einen Schuss aus). Pausenbild 14: Hampelmannvariationen + Bewegungs-Kofferpacken Ort: Schulhof Alternativ: Halle/Aula auch Klassenzimmer Aufstellungsform: Kreis Material der Kinder: - Material Lehrer: - Hinweise: Beim Bewegungs-Kofferpacken keine zu großen Bewegungen zulassen, damit die Kinder ihre Positionen halten können. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/bz5uI5tyRTo https://youtu.be/bz5uI5tyRTo 23 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 15: Obstsalat + Stift-Balance Ort: Klassenzimmer Alternativ: Halle/Aula auch Schulhof Aufstellungsform: am Platz Material der Kinder: Stift Material Lehrer: Stift Obstsalat Jede Bewegungsform bekommt ein Kommando – z.B. eine Obstsorte. Die Zuordnung der Kommandos kann an einer Tafel oder einem Overheadprojektor sichtbar gemacht werden. Alle Kinder stehen an ihrem Platz mit etwas Abstand zu ihrem Stuhl und gehen auf der Stelle. Sobald der Lehrer ein Kommando ruft, sollen die Kinder versuchen, die jeweilige Bewegungsform so schnell wie möglich umzusetzen. Zwischen den Kommandos wird immer wieder auf der Stelle gegangen. Kommando-Beispiele: • Erdbeere → einen Fuß kreisen • Banane → auf der Stelle hüpfen • Kokosnuss → die Hände kreisen • Birne → Bein nach vorne-hinten/rechts-links schwingen • Apfel → die Hüfte kreisen • Orange → mit den Händen den Boden berühren • Mango → Schulter kreisen • Obstsalat → Bewegungsform frei wählbar Stift-Balance Die Kinder stehen zwischen Tisch und Stuhl und legen sich einen Stift auf den Zeigefinger. Nun umrunden sie den Stuhl, setzen sich auf den Stuhl oder auf den Boden, ohne den Stift zu verlieren. Dann versuchen die Kinder sich 5x auf einem Bein stehend auf den Stuhl zu setzen und wieder aufzustehen, ohne den Stift zu verlieren. Danach wird das Bein gewechselt. Steigerung: Es kann auch auf beiden Zeigefingern jeweils ein Stift balanciert werden. Hausaufgabe: Alles auch als Hausaufgabe möglich Challenge A : text…………………………………….. Ggf. Hausaufgaben: 10x xy……………..und Übung B Hinweise: Füller oder Kugelschreiber sind zur Stift-Balance nicht geeignet. Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/tGqGTPEaTcc https://youtu.be/tGqGTPEaTcc 24 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Pausenbild 16: Zahlenspiele + Armkoordination Ort: Klassenzimmer Alternativ: Schulhof/Halle/Aula Aufstellungsform: am Platz Material der Kinder: - Material Lehrer: - Zahlenspiele: Die Kinder sitzen an ihrem Platz und sagen gemeinsam die 3er-Reihe, bei jeder Zahl aus der 3er-Reihe stehen sie auf. Steigerung: die Zahl aus der 3er-Reihe wird nicht genannt, sondern durch die Bewegung ersetzt. Vereinfachung: (für Klasse 1) es wird immer wieder nur von 1 bis 3 gezählt, bei der 1 stehen alle Kinder auf. Anschließend stehen die Kinder an ihrem Platz und bekommen einen Partner in Blicknähe zugeteilt. Sie sollen im Wechsel immer wieder auf 3 zählen. Die Zahl 1 wird dann immer durch eine Bewegung ersetzt, Partner B übernimmt beim nächsten Mal die Bewegung, wenn Partner A wieder mit „1“ dran wäre, darf er eine neue Bewegung vorgeben die „1“ ersetzt. Nach einer gewissen Zeit darf B die Bewegungen vorgeben, die die „1“ ersetzen. Steigerung: Auch die anderen Zahlen werden ersetzt, und die drei Bewegungen werden immer wieder im Wechsel durchgeführt. Armkoordination: Ampelübung Der linke Arm macht eine Fußgängerampel. Diese geht nur von Rot (Arm oben) auf Grün (Arm unten) und wieder zu Rot zurück. Der rechte Arm macht eine Autoampel von Rot auf Gelb (Arm in Schulterhöhe) auf Grün und dann wieder direkt auf Rot. Beide Ampeln schalten gleichzeitig um. Wenn es beherrscht wird, die Seiten wechseln, links Autoampel, rechts Fußgängerampel. Steigerung: Beine machen bei jedem Umschalten der Ampel einen Hampelmannsprung. Hausaufgabe: Alles auch als Hausaufgabe möglich Hinweise: Link zum erklärenden Video des Pausenbilds: https://youtu.be/il3zIYIdRIs https://youtu.be/il3zIYIdRIs 25 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Linksammlung Überblick aller Links zu den erklärenden Videos der Pausenbilder https://kindersportschule-mittelbaden.de/projekte/bewegungspausen Weitere Bewegungsideen, mit denen auch ähnliche Pausen gestaltet werden können oder wie die Kinder auch zu Hause zu weiterer Bewegung angeregt werden können, sind im Internet zu finden. Wir empfehlen die nachfolgenden Seiten: Fit durch die Corona-Pause Diese Videos enthalten Aufgaben für Grundschulkinder, die sie jederzeit Zuhause durchführen können. Die Inhalte reichen von kleinen Bewegungsaufgaben mit einfachen Alltagsgegenständen oder Springseil und Ball und zielen auf unterschiedliche konditionelle und koordinative Fähigkeiten ab. Häufig werden die Aufgaben noch mit einer „Challenge“ verbunden. https://kindersportschule-mittelbaden.de/projekte/fit_durch_die_corona-pause Bewegungsideen für zu Hause „Active at home” Auf der Homepageseite „Active at home" des Motorik-Modul Projekts sind hilfreiche Links für Bewegungsideen für zu Hause zu finden. Die Links sind in folgende Rubriken unterteilt: Digitale Sportstunde (mit regelmäßig neuen Einheiten), Bewegungsspiele (für Familien mit kleineren Kindern), Sportarten, Fitnesstraining und Spiele zur Förderung der exekutiven Funktionen. Weitere informative Links über nationale Bewegungsempfehlungen, wie man richtig sitzt oder auch zum Augentraining ergänzen die Seite. http://www.sport.kit.edu/MoMo/284.php Digitale Angebote über die AOK Seite Eine Sammlung digitaler Angebote rund um Bewegung und Gesundheit – nicht nur für Kinder, sondern für alle Zielgruppen – findet sich auf der AOK-Seite unter: https://www.aok.de/bw-gesundnah/vorsorge-und-gesundheit/digitale-angebote Fernunterricht Sport des Schweizerischen Verbandes für Sport in der Schule Der Schweizerische Verband für Sport in der Schule (SVSS) hat für seine Mitglieder eine Austauschplattform für den Fernunterricht Sport aufgeschaltet. Man findet hier nach Themen und Schulstufen aufgeteilt verschiedenste Inhalte. https://www.svss.ch/default.asp?PROJECTID=365 Die loop-it Kampagne, welche von 13 Schweizer Institutionen (unter anderem auch der SVSS) ins Leben gerufen wurde, um Kindern, Familien, Senioren, Alltagssportler und allen, die sich gerne bewegen, zu zeigen, wie einfach Sport zu Hause möglich ist. https://loop-it.ch/de/ Hinweis: Die hier aufgeführten Verweise (Links) zu Informationsangeboten auf Servern, unterliegen nicht der Kontrolle und Verantwortlichkeit der Kindersportschule Mittelbaden e.V.. Die Kindersportschule übernimmt keine Verantwortung und keine Garantie für diese Informationen. Die Links wurden mit ihrem Stand vom 29.05.2020 hier eingefügt. https://kindersportschule-mittelbaden.de/projekte/bewegungspausen https://kindersportschule-mittelbaden.de/projekte/fit_durch_die_corona-pause http://www.sport.kit.edu/MoMo/284.php https://www.aok.de/bw-gesundnah/vorsorge-und-gesundheit/digitale-angebote https://www.svss.ch/default.asp?PROJECTID=365 https://loop-it.ch/de/ 26 © Kindersportschule Mittelbaden e.V. Das Logo Schulen, die das Programm umsetzen, dürfen das Logo gerne auf ihrer Schulhomepage oder auf Elternbriefen und Veröffentlichungen nutzen. Auch für weitere kreative Ideen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung der „Bewegungspausen trotz Abstand“ stehen, ist die Nutzung offen. (z.B. gesponsorte Turnbeutel) Als Download unter https://kindersportschule-mittelbaden.de/projekte/bewegungspausen Impressum: Bewegungspausen trotz Abstand – 16 Pausenbilder in der Schule mit Abstands- und Hygieneregeln Herausgeber: Andreas Herrmann für die Kindersportschule Mittelbaden e.V. Mit Unterstützung der AOK Baden-Württemberg Autoren (auch Fotos und Videomaterial): Andreas Herrmann und Annalena Hirth in Zusammenarbeit mit Lucian Henkelmann, Lisa Lorenz und Marisa Fischer Logo: Jana Danner Wissenschaftliche Begleitung des Projekts und Beratung: (Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen) Satz: Kindersportschule Mittelbaden e.V. Muggensturm, 29.05.2020 https://kindersportschule-mittelbaden.de/projekte/bewegungspausen
https://www.karlsruhe.de/b3/gesundheit/gesundheitfoerdern/gesund_aufwachsen/bewegungspass/inhalte/bewegungspause_trotz__abstand/HF_sections/content/ZZoDrp7uTk38yu/Bewegungspausen_trotz_Abstand.pdf