Wahlen AG 2019
Thierry Burkart verpasst das absolute Mehr – die Aargauer Ständeratswahl im Überblick

Wer wird für den Kanton Aargau in den Ständerat gewählt? Die Frage muss am 24. November geklärt werden – im 1. Wahlgang erreicht niemand das absolute Mehr. Auch Thierry Burkart (FDP) nicht.

Mathias Küng
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Thierry Burkart freut sich über sein Resultat – die Entscheidung fällt im zweiten Wahlgang am 24. November.
Rita und Hansjörg Knecht freuen sich über sein Resultat.
Cédric Wermuth muss sich mit Platz 3 zufrieden geben. Es folgen die Resultate.
Thierry Burkart (FDP) erhält 82'515 Stimmen, mehr als alle anderen.
Hansjörg Knecht (SVP) kommt auf 72'574 Stimmen.
Cédric Wermuth (SP) belegt Platz 3 mit 55'274 Stimmen.
Badens Stadträtin Ruth Müri ist die Grünen-Kandidatin und holt 40'560 Stimmen. Das ist Platz 4.
Platz 5: Marianne Binder-Keller (CVP) kommt auf 36'700 Stimmen.
Platz 6: Beat Flach (GLP), 23'158 Stimmen.
Platz 7: Maya Bally (BDP), 21'706 Stimmen.
Platz 8: Roland Frauchiger (EVP), 9'784 Stimmen.
Platz9: Jean-Pierre Leutwyler, Freie Wähler AG, 5'786 Stimmen.
Platz 10: Pius Lischer, Neue Bundesverfassung, 5590 Stimmen.

PATRICK B. KRAEMER

Es kommt nicht oft vor, dass in einem Kanton gleichzeitig beide Ständeratssitze neu zu vergeben sind. Weil das diesmal in unserem Kanton so ist, waren gestern besonders viele Medienscheinwerfer auf den Aargau gerichtet. Jetzt wissen wir: Die Entscheidung ist vertagt, sie fällt erst am 25. November im zweiten Wahlgang. Dass es dazu kommt, war zu erwarten. Viele rechneten aber damit, dass es FDP-Senkrechstarter Thierry Burkart – der erst eine Legislatur im Nationalrat ist – schon im ersten Wahlgang schafft.

Er versucht, den «traditionellen» FDP-Ständeratssitz zu verteidigen. Burkart holte gestern wie erwartet das beste Ergebnis, ihm fehlten aber rund 6000 Stimmen für die Wahl. Ein Blick auf den ganzen Kanton zeigt, dass er in sieben Bezirken am besten abschnitt, darunter in den städtisch geprägten Bezirken Aarau und Baden. In «seiner» Stadt Baden allerdings – das dürfte ihn sehr fuchsen – obsiegte Cédric Wermuth. Burkart holte in den kleineren Städten Mellingen, Bremgarten und Brugg am meisten Stimmen.

Der Zweitplatzierte, Nationalrat Hansjörg Knecht (SVP), schlug Burkart dafür in den vier Bezirken Kulm, Laufenburg, Rheinfelden und – natürlich – in seinem Heimatbezirk Zurzach. Knecht versucht, für die SVP den vor acht Jahren an die SP verlorenen Ständeratssitz für seine Partei zurückzuerobern.

Gleichwohl besteht für die beiden Ostaargauer Burkart und Knecht eine gute Ausgangslage für den zweiten Wahlgang. Beobachter fragen sich, ob sie beziehungsweise ihre Parteien beide empfehlen werden, ob sie ein «Päckli» machen. Beide äussern sich allerdings nicht zu dieser Frage. Sollten sie reüssieren, hätte der Aargau aus ihrer Sicht wieder eine ungeteilte Standesstimme.

Wermuth holte in den Städten die besten Resultate

Wie aufgrund der vor einigen Wochen publizierten AZ-Umfrage zu erwarten war, erreichte Cédric Wermuth (SP, eigentlich ein Ostaargauer, der jetzt in Zofingen wohnt) den dritten Rang, allerdings schon mit etwas Abstand. Er konnte in keinem Bezirk eine Mehrheit erringen. Ein genauerer Blick in die Tabellen zeigt aber, dass Wermuth der «städtische Kandidat» ist. Nebst Baden holte er nämlich auch in der Kantonshauptstadt Aarau, in Lenzburg, Rheinfelden und Zofingen am meisten Stimmen.

Gegenüber der AZ-Umfrage konnte die ebenfalls aus dem Ostaargau stammende grüne Grossrätin Ruth Müri deutlich Terrain gutmachen. Sie ist auf dem vierten Platz die bestplatzierte Frau. Sie hat bei den Auslandschweizern die höchste Akzeptanz (gefolgt von Cédric Wermuth). In «ihrer» Stadt Baden erreichte sie hinter Wermuth und Burkart den dritten Rang. SP und Grüne wollen unbedingt verhindern, dass zwei rechtsbürgerliche Ständeräte den Aargau vertreten.

So werden sie entscheiden müssen, ob sie sich auf eine Bündelung der Kräfte einigen sollen, um die Chancen einer linken Kandidatur zu erhöhen. Dann stellt sich – auch unter dem Aspekt, ob wiederum eine Frau den Aargau im Ständerat vertreten soll, die Frage: Wermuth oder Müri?

Schaffen es jetzt SVP und FDP oder verteidigt die SP ihren Sitz?

In der von der AZ Ende September publizierten Exklusivumfrage war auch gefragt worden, wen die Leute wählen würden, falls im zweiten Wahlgang nebst Wermuth die Bürgerlichen Burkart und Knecht oder gar Burkart, Knecht und Binder nochmals antreten würden. In beiden Szenarien landete Wermuth auf Rang drei hinter Burkart und Knecht. Laut Umfrage holt der klar links positionierte Nationalrat bei Wählerinnen und Wählern von SVP, FDP und CVP kaum Stimmen.

Allerdings ist noch unklar, wer alles im November nochmals antreten wird, ob es auch Vertreter kleinerer bürgerlicher bzw. Mitteparteien (die sich teilweise noch bedeckt halten), wieder wissen wollen oder nicht.

Grossrätin Marianne Binder (aus Baden), die in der Umfrage noch hauchdünn vor Grossrätin Ruth Müri gelegen hatte, wurde von ihr überholt. Sie konnte gestern aber als Parteipräsidentin die Rückeroberung eines zweiten CVP-Sitzes feiern, der an sie geht. Der fünfte Platz Binders entspricht gleichwohl etwa dem Nationalratsergebnis. Obwohl sich die CVP hier erstmals seit langem wieder verbessert hat, wurde sie von den in der grossen Klimadebatte vorwärtsstürmenden Grünen fast eingeholt.

Kandidaturen aus kleineren Parteien chancenlos

Unsere Grafik zeigt zwischen Marianne Binder und Beat Flach (GLP/Auenstein) bereits einen grossen Abstand. Dass Flach vor Grossrätin Maya Bally (BDP) liegt, dürfte mit seiner hohen Bekanntheit als Nationalrat und dem GLP-Steigflug zusammenhängen. Eine Enttäuschung ist der siebte Platz gewiss für Maya Bally aus Hendschiken.

Bei den Regierungsratswahlen 2016 (als Franziska Roth gewählt wurde) erreichte sie nämlich noch den hervorragenden dritten Platz. Ihr Pech ist, dass sich ihre Partei massiv im Sinkflug befindet. Chancenlos waren auch Grossrat Roland Frauchiger (EVP/Thalheim) und Jean-Pierre Leutwyler (freie Wähler Aargau/Baden) mit 5786 Stimmen. Den Schluss macht der «ewige» Kandidat Pius Lischer (Oberrüti) mit 1663 Stimmen.