Biathlon: "Das werden die Lena-Festspiele"

Ein Heimspiel zum Abschied: Nach der WM beendet Biathlon-Königin Magdalena Neuner ihre Karriere. Hier erklärt Fritz Fischer, warum er sie versteht – und, was die Wallgauerin ausmacht
| Interview: Matthias Kerber
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Ein Heimspiel zum Abschied: Nach der WM beendet Biathlon-Königin Magdalena Neuner ihre Karriere. Hier erklärt Fritz Fischer, warum er sie versteht – und, was die Wallgauerin ausmacht.

Fritz Fischer, der 55-Jährige war Biathlon-Olympiasieger 1992 und ist Trainer der deutschen Männer.

AZ: Herr Fischer, das heimelige Ruhpolding steht dank der Biathlon-WM im Fokus der Sportöffentlichkeit...

FRITZ FISCHER: Ja, wir sind jetzt für zwei Wochen der Nabel der Welt. Ich liebe die Gegend hier, das ganze hat ein Charisma, das findest so schnell nirgends anders. Ich kann nur jedem empfehlen, mal nach Ruhpolding zu kommen. Der Sport ist das eine, aber diese Herzlichkeit, diese Natürlichkeit, das gibt’s eben nur in Bayern.

Superstar Magdalena Neuner will hier letztmals auftrumpfen und dann mit nur 25 Jahren ihre einzigartige Karriere beenden. Haben Sie, der ehemalige Ausnahme-Biathlet, Verständnis dafür, dass Sie es schon sein lassen will?

Ja, ich bewundere sie sogar dafür. Die Lena hat der Öffentlichkeit alles gegeben, was man ihr geben kann. Sie war Weltmeisterin, Olympiasiegerin. Ich finde es grandios, dass sie jetzt sagt: Die Öffentlichkeit hat genug von mir gehabt, ich will wieder Privatperson sein. Sie lebt uns damit vor, was viele immer predigen, aber eigentlich gar nicht meinen: Nämlich, dass der Erfolg nicht alles ist. Das Leben hat so viel mehr Facetten als nur zu gewinnen. Was habe ich denn erreicht, wenn ich der erfolgreichste Sportler bin, aber dafür als Mensch verkümmert bin? Es gibt so viele, die ihre Karriere fortgesetzt haben, als es schon längst vorbei war – die Lena macht das Gegenteil.

Sie ist ja auch eine Person, die eigentlich die Öffentlichkeit scheut.

Sie will wieder nur noch die Lena sein – nicht mehr die Gold-Lena. Sie will auch mal Mutter sein, all das ist ihr wichtiger als der Erfolg. In unserer Gesellschaft geht es doch oft nur um schneller, höher, weiter. Da zählst nur was, wenn du siegst. Aber das ist nicht alles. Die Größe zu haben anzuerkennen, dass an einem Tag jemand anders besser war, ist genauso wichtig.

Neuner mit ihrem Strahlelächeln gilt für viele fast als die Schwiegertochter der Nation.

Sie ist so natürlich, so nett, dass ich das verstehe. Aber da soll sich keiner Hoffnung machen, sie ist in besten Händen bei ihrem Freund, dem Seppi. Die beiden passen perfekt zusammen. Da gibt es nichts Gekünsteltes. Ich kenne beide schon lange. Der Seppi ist ein alter Eishackler. Ich habe ihm schon gesagt, wenn du mir das Schlittschuhfahren beibringst, lerne ich dir das Langlaufen. Noch haben wir keine rechte Zeit dafür gehabt.

Was trauen Sie Neuner bei dieser WM zu?

Ich glaube, in jeder Disziplin, in der sie startet, wird der Sieg nur über sie gehen. Das werden die Lena-Festspiele, ihre endgültige Krönung. Das, was für den Boris Becker Wimbledon war, nämlich sein zweites Wohnzimmer, das wird Ruhpolding für die Lena werden.

Wird es je wieder eine Athletin wie Neuner geben?

Das wird schwer. Es wird auch immer schwer, den Sport auf diesem hohen Niveau zu halten. Alle Erfolge der Gegenwart können schnell zum Fluch für die Zukunft werden. Das wird dann zur Hypothek für die nächsten Generationen. Erfolg will Erfolg. Aber viele vergessen, wie viel Arbeit dahinter steht, Lena ist ja kein Star, weil sie strahlend lächelt, sondern weil sie sich – zu allen großartigen Anlagen – auch immer gequält hat. Aber das will ja keiner mehr, lieber mit irgendeiner Castingshow zum schnellen Erfolg als hart dafür arbeiten.

Sie selber haben bei der WM 1985 in Ruhpolding Bronze geholt, kann der Druck einer Heim-WM einen auch erschlagen?


Sicher kann er das, aber ich habe den Jungs und Mädels einfach gesagt: Genießt es: Das darf für euch keine Last sein. Was gibt es Größeres als bei der WM im eigenen Land starten zu dürfen? Ich krieg’ immer noch Gänsehaut, wenn ich an 1985 denke. Man siegt ja nicht nur für sich, sondern für eine ganze Nation. Da oben auf dem Stockerl zu stehen, die Hymne zu hören – das ist einfach was Besonderes, davon hat als Kind jeder geträumt. Und jetzt kann dieser Traum wahr werden.

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