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Getreidequalität

Dinkel oder Weizen – was ist das bessere Getreide?

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Dr. Olaf Zinke, agrarheute
am Samstag, 24.06.2023 - 05:30 (1 Kommentar)

Dinkel fristet im Vergleich zum Weizen ein Nischendasein. Er wird vor allem in der Biolandwirtschaft angebaut. Viele Verbraucher halten Dinkel jedoch für ein „Superfood“, mit besseren Inhaltsstoffen und hoher Verträglichkeit. Aber stimmt das auch?

Biogetreide.

Dinkel ist eine Unterart des Weizens und gehört zu den sogenannten Urgetreiden. Im Anbau ist Dinkel anspruchsloser als Weizen. Er kommt weniger Nährstoffen aus als Weizen, und eignet sich deshalb auch gut für den Bioanbau. Allerdings fällt der Ertrag bei Dinkel geringer aus, Dinkel erreicht im besten Fall 70 Prozent des Ertrags von Weizen.

Hoher Ertrag, Standfestigkeit und Resistenz gegen Krankheiten: Beim Anbau und der Züchtung von Dinkel hatten diese Kriterien bislang Vorrang. Doch diese Prioritätensetzung missachtet die Anforderungen der Bäcker. Das war jedenfalls ein Ergebnis des bislang größten Dinkeltests aller Zeiten mit 160 Dinkelsorten, von der Universität Hohenheim.

Auf diese Weise halten sich jedoch auch Dinkel-Sorten mit schlechter Backqualität im Markt, sagen die Wissenschaftler. Im Rahmen des Dinkelversuchs entwickelten die Forscher deshalb mehrere Schnelltests, mit denen Müller und Bäcker die Backqualität schon beim Dinkeleinkauf beurteilen können.

Qualitätsunterschiede – was sagt der Preis?

Dinkel.

Zwischen 150 verschiedenen Weizensorten können deutsche Landwirte zur Aussaat auswählen. Nur knapp ein Zehntel so viele Dinkelsorten stehen zur Verfügung. Trotz der kleinen Anzahl schwanken die Backeigenschaften jedoch sehr stark zwischen den Sorten.

„Das ist auch logisch“, sagt Dr. Friedrich Longin von der Landessaatzuchtanstalt an der Universität Hohenheim: „Beim Dinkel gibt es genauso große Unterschiede in der Qualität wie beim Weizen - man hat sie aber bisher kaum beachtet. Man kann also noch viel Potenzial ausschöpfen.“

Nimmt man indessen die Preise als Gradmesser für die Qualität, so schneidet der Weizen deutlich besser ab als Dinkel. So lagen die Dinkelpreise im Biolandbau, nach den Erhebungen der AMI, im Mai 2023 bei 379 Euro je Tonne. Zum gleichen Termin wurde Bio-Brotweizen mit 506 Euro gehandelt und Futterweizen mit 371 Euro je Tonne.

Backqualität als Kriterium – oft vernachlässigt

Ein Ergebnis, dass die Wissenschaftler überrascht hat: Bei der Backqualität klaffen die Eigenschaften von Dinkel weit auseinander: „Von sehr schlechten bis sehr guten Backeigenschaften war alles dabei – und zwar bei alten Traditionssorten ebenso wie bei modernen Züchtungen“, sagt Longin zu den Versuchsergebnissen.

Bis dahin lagen zu den meisten Dinkelsorten lediglich Erkenntnisse zum Ertrag und zur Krankheitsresistenz vor. Doch dank der Untersuchung sind nun auch die Backqualitäten der einzelnen Sorten bekannt. Somit ließen sich Backeigenschaften gezielt mit den Anbaueigenschaften kombinieren – für bessere Backeigenschaften bei gleichbleibend hohem Ertrag und weniger Anbaurisiko.

Einen Grund dafür, dass manche Dinkelsorten trotz schlechter Backeigenschaften immer noch angebaut werden, vermutet Longin darin, dass Landwirte bei der Auswahl der angebauten Sorte auf andere Eigenschaften achten als Müller und Bäcker.

Anbauort hat großen Einfluss auf Proteine

Weizen und Dinkel unterscheiden sich deutlich in der Eiweißzusammensetzung im Mehl. Auch zwischen den einzelnen Sorten innerhalb dieser Arten gibt es große Unterschiede: Der Gehalt potenziell allergener Proteine kann sogar um Faktor 20 schwanken. Der Anbauort spielt dabei eine große Rolle.

Das ließe sich nutzen: Proteine, die vor allem von der Sorte abhängen, könnten auch zielgerichtet beeinflusst werden – für bessere Backqualität, aber auch bessere Verträglichkeit. „Am meisten hat uns der große Umwelteinfluss überrascht“, sagt Longin. „Für rund die Hälfte aller gebildeten Proteine ist der Anbauort prägend. Das bedeutet aber auch, dass man diese Proteine nicht zielgerichtet beeinflussen kann.“

Anderseits waren zwei Drittel der Proteine, deren Bildung von der Umwelt unabhängig war, nur in einigen Sorten vorhanden. Hinzu kommt: Dass Dinkel insgesamt gesünder sein soll als Weizen, kann der Longin ebenfalls nicht bestätigen, sagt er gegenüber dem SWR.

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