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SVP wittert bei Freysinger-Abwahl eine Verschwörung

Wer zog die Fäden für seinen Abgang? Der abgewählte Oskar Freysinger (SVP, r.) neben Christophe Darbellay (CVP) am 5. März in Sitten. Foto: Olivier Maire (Keystone)

Oskar Freysinger ist abgetaucht. Für Journalisten war er auch am Tag nach seiner Abwahl nicht erreichbar. In seinem Departement liess er sich hingegen blicken. Er versammelte seine engsten Mitarbeiter zu einer Sitzung. Offiziell endet Freysingers Staatsratsmandat Ende April. Nach vier Regierungsjahren geht er dann in Pension. Gemäss der Walliser Staatskanzlei steht ihm eine ­lebenslange Altersrente von jährlich 80'000 Franken zu.

Dass sich Freysinger abschirmt und sich selbst am Sonntag in der Sittener ­Innenstadt nicht blicken liess, kann Grégory Longean, Vorstandsmitglied der Walliser SVP, nachvollziehen. «Wäre er am Sonntag als Abgewählter in Sittens Gassen aufgetaucht, hätte das gewirkt, als würde er zum Schafott schreiten. Diesen Gefallen wollte er seinen Gegnern nicht machen», so Longean. Freysinger sei «alles andere als am Boden zerstört», berichtet SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor. Am Sonntagabend habe er «heiter und befreit» gewirkt.

Die Walliser SVP war auch gestern daran, Freysingers Abwahl einzuordnen. Aus Parteikreisen heisst es, Freysinger sei «gezielt zerstört» worden. Zwei Personen macht man dafür verantwortlich: den designierten Staatsrat Christophe Darbellay (CVP) und Alt-Bundesrat Pascal Couchepin (FDP). Beide leben in Martigny. Sie sollen ihre historisch verfeindeten Parteien geeint zur Hinwirkung auf Freysingers Abwahl gedrängt haben. Auf Darbellay fällt der Verdacht, weil er 2007 als damaliger CVP-Präsident eine der treibenden Kräfte bei der Abwahl von Christoph Blocher aus dem Bundesrat war. Couchepin war als Blochers Bundesratskollege einer von dessen Hauptkontrahenten.

«Diese Vermutung ist paranoid»

Couchepin reagierte gelassen auf den Vorwurf. Natürlich treffe er Darbellay in Martigny regelmässig – «zufällig», wie er betonte. Sie seien sich einig gewesen, dass Freysinger im Staatsrat am falschen Platz ist. Mit einem Komplott habe dies aber nichts zu tun, die Vermutung sei «paranoid». Darbellay, der in Debatten für Freysingers Abwahl geworben hatte, war gestern nicht erreichbar. An seiner Stelle sagte der Unterwalliser CVP-Präsident Serge Métrailler: «Für die CVP-Strategie bin alleine ich und weder Darbellay noch Couchepin verantwortlich.» Weder habe er empfohlen, FDP-Kandidat Frédéric Favre zu wählen noch Freysinger abzuwählen. Dieser habe seine Abwahl selbst provoziert, so Métrailler.

Video: Reaktion auf Freysingers Abwahl:

Die Nicht-Wiederwahl von Freysinger beschäftigt auch die SVP Schweiz. Man werde die Gründe analysieren, sagt Generalsekretär Gabriel Lüchinger. «Wir müssen uns selbstkritisch fragen, was falsch gelaufen ist.» Freysingers Wahl in die Walliser Regierung sei zwar ein Ausnahmeereignis gewesen, sagt Lüchinger. Exekutivmitglieder sind in der Regel solid eingemittet, auch jene von der SVP. Trotzdem habe die Abwahl die Partei überrascht. Freysinger erzielte vor vier Jahren das beste Resultat, nun stürzte er jäh ab. Seine Wahlkampfstrategie mit dem CVP-Sprengkandidaten sei offenbar nicht aufgegangen, sagt Lüchinger. Grundsätzlich müsse sich die SVP fragen, welche Lehren sie aus dem Vorfall ziehe. Ob man daraus schliessen könne, dass die Bevölkerung eine gemässigtere Politik wünscht, kommentiert Lüchinger nicht.

Bilder: Wallis will Freysinger nicht mehr im Regierungsrat:

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Das Erfolgstrio: Die CVP-Kandidaten Jacques Melly (l.), Christophe Darbellay (M.) und Roberto Schmidt erhielten beim ersten Wahlgang am meisten Stimmen.
Betrug bei den Staatsratswahlen im Februar: Plakate der Walliser Kandidaten in Martigny. (14. Februar)
Die Walliser- und die Schweizer Fahne vor dem Parlamentsgebäude in Sion. (27. März 2017)

Da Freysinger einer von drei Vizepräsidenten der SVP Schweiz ist, befasst sich die Partei auch aus organisatorischen Gründen mit seiner Abwahl. Am nächsten Freitag, am Tag vor der Delegiertenversammlung, trifft sich der Parteileitungsausschuss bestehend aus Parteipräsident Albert Rösti, Strategiechef Christoph Blocher, Kommunikationschef Walter Frey, Fraktionschef Adrian Amstutz, Finanzchef Thomas Matter und den drei Vizepräsidenten Céline Amaudruz, Thomas Aeschi (beide Mitglieder des Nationalrats) und Oskar Freysinger. Ob Freysinger an der Sitzung teilnimmt, ist unsicher. «Er hat sich jedenfalls nicht abgemeldet», sagt Lüchinger. Auch die Walliser Wahlen werden ein Thema sein sowie die Frage, wie es weitergeht, wenn einer der drei Vizepräsidenten ohne Amt dasteht.

Freysinger ist für zwei Jahre gewählt worden, er könnte also noch bis Mitte 2018 Vizepräsident der SVP Schweiz bleiben. Doch das dürfte kaum im Interesse der Partei sein.

Der 56-jährige Freysinger war 2012 in die nationale Parteileitung geholt worden, nachdem er den Führungsstil der Parteispitze und insbesondere von Christoph Blocher jahrelang als zu zentralistisch kritisiert hatte. Er war dort Vertreter der Westschweiz, später der Kantone. Die SVP erleidet mit Freysingers Nicht-Wiederwahl auch eine herbe Niederlage in ihrem Bestreben, in der Romandie präsenter zu werden. Nachdem Claude-Alain Voiblet als Westschweizer Vertreter in der Parteispitze letztes Jahr aus der Parteileitung geworfen wurde, gibt es zwar seit Anfang 2017 wieder einen Verantwortlichen für die Romandie. Er arbeitet aber im Hintergrund im Parteisekretariat.