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Apolo Anton Ohno (links), hier bei Olympia 2006 in Turin mit dem Chinesen Li Jia Jun und dem Kanadier Francois-Louis Tremblay, ist im Short Track ein Superstar.

Foto: APA/Gay

Wien - Muss das eine Arbeit gewesen sein. An der Bande der Eishockeyfläche in der Schultz-Halle in Wien-Kagran stehen blaue Matten, rundherum, an etlichen Stellen zwei Matten hintereinander. Die Matten sind Pflicht, weil Short Track nicht Eishockey und auch kein Kinderspiel ist. Beim Short Track geht's zur Sache. 50 km/h werden erzielt, die Kurvenradien sind eng, wer wegrutscht, der oder die schlittert ungebremst auf dem Eis dahin. Bis er oder sie auf 0 km/h gebremst wird - lieber durch eine Matte als eine Bande.

Ein Heimsieg in Kagran

Frage: An wem ist der Vienna Cup im Short Track nicht vorbeigelaufen? Dabei handelte es sich um eine WM-Generalprobe, die da am Wochenende in der Schultz-Halle abgewickelt wurde. Unten auf dem Eis tummelten sich beinah mehr Menschen als oben auf den Rängen. Übrigens gab es einen Lokalmatador, und er feierte sogar einen Heimsieg. André Pulec, 22 Jahre alt und aus Wien, gewann zum Vienna-Cup-Abschluss die 3000 Meter, zuvor hatte er zwei zweite Plätze (1000, 1500) und einen dritten Platz (500) erreicht.

Die Veranstaltung, wenn auch fast ohne Zuseher, dafür mit Sportlern aus zwölf Nationen, war organisatorisch ein Erfolg. Manfred Zojer als Chef des Eisschnelllaufverbands (ÖESV) sieht "der WM mit Freude entgegen". Anfang März wird in Kagran ein WM-Rekordfeld von 200 Aktiven aus 35 Nationen erwartet. In Asien und in Nordamerika ist Short Track überaus populär, dort sind bei Großereignissen die Hallen und die Zeitungen voll.

Der US-Amerikaner Apolo Anton Ohno ist ein Superstar des Sports, der Australier Steven Bradbury ein anderer. Ohno ist mehrmaliger, Bradbury ein wahrhaft einmaliger Olympiasieger. Ihre Storys sind eng miteinander verknüpft. Bei Olympia 2002 in Salt Lake City waren alle Läufer, darunter der führende Ohno, in der Zielkurve des 1000-m-Finales gestürzt, alle bis auf den abgeschlagenen Bradbury, der unvermutet als Erster die Ziellinie kreuzte. Mit gleichem Massel war Bradbury schon ins Finale aufgestiegen, nun redet ganz Australien bei unerwarteten Ereignissen von einem "Bradbury".

Vier bis acht Läufer sind in einem Short-Track-Rennen am Start, zwei, manchmal drei steigen in die nächste Runde auf. "Oft geht es beinhart zur Sache", sagt André Pulec. Nicht weniger als fünf Schiedsrichter, drei innerhalb und zwei außerhalb des 111,12 Meter langen Kreisumfangs, überwachen das Geschehen. Sie können disqualifizieren oder einen besonders benachteiligten Läufer zusätzlich aufsteigen lassen. Nur im Finale geht das nicht mehr, das war Bradburys besonderes Glück in Salt Lake City.

Pulec, man sieht das schon an seinen Resultaten, hat gute Kondition. Je länger die Rennen, umso größer seine Chance. Bei der WM werden insgesamt fünf Titel vergeben, jene über die vier Einzelstrecken und ein Vierkampftitel. An den 3000 Metern am Schlusstag nehmen nur noch die Besten teil. Pulec hofft auf die 1500 Meter. "Mein Ziel ist ein Finalplatz", sagt er. Das klingt nicht zu niedrig gegriffen für einen, der noch bei keinem Großevent im Vorderfeld ankam, bei der WM 2006 "nur reinschnupperte".

Marek Stanuch, der früher Emese Hunyady coachte und nun ÖESV-Sportkoordinator ist, hat erreicht, dass Pulec oft mit den starken Ungarn trainiert. Diesem war als Eisschnellläufer am Eisring Süd die Bahn abhanden gekommen, da fand er Gefallen am Short Track. "Man ist weniger einsam, und die Action ist viel größer."

Das Zentrum Weiz

Am Wochenende beginnt in Salt Lake City der Weltcup, neben Pulec nimmt auch Veronika Windisch teil. Sie ist Österreichs größte Hoffnung, trainierte zuletzt drei Monate lang in Calgary, ließ den Vienna Cup aus. Windisch kommt aus Weiz, dort haben die Steirer ein feines Short-Track-Zentrum etabliert. Insgesamt 18 Vereine mit etwa hundert Short Trackern verteilen sich auf sechs Bundesländer, nur in Kärnten, Vorarlberg und Oberösterreich tut sich wenig.

Auf Salt Lake City folgen fünf weitere Weltcups, in denen sich Windisch und Pulec den WM-Schliff holen sollen. Anfang März wird in Kagran jedenfalls einiges los sein. Auf dem Eis sowieso und vielleicht auch im Publikum. (Fritz Neumann; DER STANDARD Printausgabe 14. Oktober 2009)