Es ist in aller Offenheit nicht mehr als eine Theorie. Aber sie dürfte zu diskutieren geben.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) St.Gallen-Appenzell hat sich - laut eigener Mitteilung knapp - für Benedikt Würth (CVP) als nächsten St.Galler Ständerat ausgesprochen. Betont wurde dabei vor allem seine politische Vernetzung in Bern, die St.Gallen zum Vorteil gereichen könnte.

Die FDP ist darüber wenig erbaut. Denn immerhin: Würth ist als ein Regierungsrat ein Vertreter der Verwaltung. Und mit Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP) als selbständiger Anwältin stünde eine Vertreterin der KMU-Welt zur Wahl. Eine Welt, die der IHK näher sein müsste.

Christoph Graf, Geschäftsführer der kantonalen FDP, wundert sich in seinem privaten Facebook-Account über die Entscheidung, Er schreibt: «Da hat die IHK St.Gallen-Appenzell die Auswahl zwischen einer selbstständigen Kleinunternehmerin und einem Regierungsvertreter und sie entscheidet sich für letzteren. Hängt das vielleicht damit zusammen, dass besagter Regierungsvertreter im Verwaltungsrat der St.Galler Kantonalbank AG sitzt, deren CEO die IHK St.Gallen-Appenzell präsidiert? Böse Zungen könnten das behaupten.»

Damit greift er einen Punkt auf, der schon bei der Wahl von Roland Ledergerber, CEO der Kantonalbank, zum IHK-Präsidenten ein Thema war. Gibt es einen Interessenskonflikt zwischen den Ämtern? Nein, hiess es damals. Nun kommt das Thema wieder aufs Tapet. Denn der IHK-Präsident ist natürlich vom Wohlwollen des Verwaltungsrats seiner Bank abhängig. Und in diesem Gremium sitzt Ständeratskandidat Würth.

Benedikt Würth, der kantonale Finanzdirektor, ist von Amtes wegen im Verwaltungsrat der St.Galler Kantonalbank. Daraus kann man ihm keinen Vorwurf machen. Allerdings ist der Aussenwelt die Dynamik in diesem Verwaltungsrat nicht bekannt. Der Verdacht, dass die Kantonalbank-Verbindungen in der IHK zum Resultat beigetragen haben, ist nicht völlig abwegig.

Immerhin: Laut der IHK fiel der Entscheid zugunsten von Würth knapp, offenbar wurde ernsthaft über eine Unterstützung der FDP-Kandidatin diskutiert. Was genau hinter den Kulissen ablief, bleibt wohl auch dort.