Söldnerfirma Blackwater :
Eine Ansammlung zweifelhafter Charaktere

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Ein Söldner der Firma Blackwater bei der Ausbildung 2006 in Moyock (North Carolina)
Nach dem Urteil gegen vier ehemalige Mitarbeiter will sich Amerikas berüchtigte Privatarmee von den Verbechen der Vergangenheit distanzieren. Ihren Namen hat sie geändert. Doch der schlechte Ruf bleibt.

Die Reaktion der Geschäftsführung fiel knapp aus. Academi sei erleichtert, dass die Untersuchung der „Tragödie“ vom Nissur-Platz abgeschlossen und jegliches „Fehlverhalten“ nun von den Gerichten aufgezeigt worden sei. Die private amerikanische Sicherheitsfirma bemühte sich in ihrer Stellungnahme zum Schuldspruch der Geschworenen des Bundesgerichts am Mittwoch offenkundig darum, die Distanz zwischen dem Unternehmen und ihren vier ehemaligen Angestellten möglichst groß erscheinen zu lassen. Man habe sich, hieß es in der Mitteilung, weiterentwickelt seit „diesen Ereignissen“. Diese „Ereignisse“ beziehen sich auf das Massaker in Bagdad im September 2007, als die vier nun schuldiggesprochenen Söldner mehr als ein Dutzend irakische Zivilisten mit Maschinengewehrsalven töteten – angeblich in Erwartung eines Angriffs irakischer Aufständischer.

Das Unternehmen, für das die Söldner damals als Wachleute arbeiteten, hieß Blackwater. Blackwater ist der Rechtsvorgänger von Academi. Nach der Bluttat von Bagdad hatte sich Blackwater zunächst in Xe umbenannt, bis es 2011 zu Academi wurde. Das Unternehmen Academi gab nun bekannt, mit der Vorgängerfirma Blackwater nicht mehr viel zu tun zu haben: Academi befinde sich heute in anderem Besitz, verfüge über eine neue Geschäftsführung und habe überhaupt schon viel Geld für Ethikprogramme und das Training ihrer Mitarbeiter ausgegeben.

Doch das Image der Firma hat all das nicht verbessert. Amerikas wohl größte Söldnerfirma, die bis heute vor allem unter dem Namen Blackwater berüchtigt ist, hat einen katastrophalen Ruf. Während der Hochzeit der amerikanischen Militärintervention im Irak standen die von der amerikanischen Regierung finanzierten Blackwater-Söldner im Ruf, äußerst schnell zu schießen. Berüchtigt waren die von Blackwater eskortierten schwer bewaffneten Diplomatenkonvois, die durch die Straßen der irakischen Hauptstadt rasten, meist ohne Rücksicht auf Fußgänger und den übrigen Verkehr. Eine Untersuchungskommission des amerikanischen Außenministeriums berichtete von Alkoholgelagen mit weiblichen Gästen auf Hotelzimmern. Geladene Schnellfeuergewehre hätten die Söldner stets bei der Hand gehabt. Sie hätten für sich in Anspruch genommen, über dem Gesetz zu stehen. Der Chefermittler der Kommission schrieb in einer internen Notiz, ein örtlicher Blackwater-Manager habe seine Ermittlungen Wochen vor der Bluttat zu verhindern gesucht und damit gedroht, ihn töten zu lassen.

Alkoholgelage, Frauen, schussbereite Waffen

In Fachkreisen wird der enorme Personalbedarf der Söldnerfirma infolge der Terroranschläge vom 11. September 2001 als Faktor für die gravierenden Verfehlungen in den damaligen Einsätzen angeführt. Das Pentagon traf der Bedarf an Truppen für den Afghanistan-Krieg und später im Irak völlig unvorbereitet. Der Krieg gegen den Terror wäre mit Soldaten und Nationalgardisten allein nicht führbar gewesen. In die Lücke sprangen private Sicherheitsfirmen wie Blackwater, die ihrerseits binnen kurzer Zeit und für viel Geld Tausende Kämpfer unter Vertrag nehmen mussten. Darunter seien zwangsläufig „zweifelhafte Charaktere“ gewesen, so ein deutscher Söldner, der selbst im Irak von anderen Unternehmen eingesetzt wurde. Sie hätten „niemals ihren Weg in eine reguläre Armee gefunden“.

Blackwater-Mitarbeiter 2004 im Einsatz in der irakischen Stadt Najaf
Blackwater-Mitarbeiter 2004 im Einsatz in der irakischen Stadt NajafAP

Der Irak und Afghanistan wurden zum El Dorado für Menschen, die des Kicks wegen oder für viele tausend Dollar im Monat die tödliche Gefahr suchten. Da die „Contractors“, wie sich die Söldner selbst nennen, damals lange Zeit in rechtlichen Grauzonen operierten, fielen die Blackwater-Kämpfer weder unter die Militärjustiz noch unter die nationale Jurisdiktion ihres jeweiligen Operationsgebiets. Dabei engagierte Blackwater auch ehemalige Soldaten fremder Streitkräfte. Dass ehemalige Bundeswehrsoldaten bei Blackwater zur Hochzeit des Irakkriegs engagiert wurden, ist nicht bekannt. Sie galten als kaum einsetzbar, mit Blick auf die fehlende Gefechtserfahrung in den deutschen Streitkräften.

Mit der amerikanischen Regierung einigte sich Blackwater im August 2010, damals unter dem Namen Xe firmierend, auf einen Vergleich. Im Gegenzug für eine Zahlung von 42 Millionen Dollar verzichtete das Außenministerium darauf, eine Klage wegen 288 Verstößen gegen amerikanische Gesetze im Zeitraum von 2003 bis 2009 gegen die Firma zu erheben, unter anderem wegen illegaler Exporte von Rüstungsgütern. Laut eigener Darstellung ist Academi bis heute als militärischer Dienstleister weltweit für staatliche wie kommerzielle Auftraggeber aktiv und übernimmt dabei faktisch auch weiterhin militärische Operationen. Über Umsatz und Mitarbeiterstärke schweigt sich Academi aus. Zu den Einsatzgebieten zählt neben Amerika und zahlreichen Staaten zwischen Marokko und Indonesien auch Deutschland. Syrien und Irak, wo ein Einsatz gegen den „Islamischen Staat“ zumindest Gegenstand von Gedankenspielen ist, nennt Academi ebenso wenig wie die Ukraine. Informationen des Bundesnachrichtendienstes, nach denen das Unternehmen Söldner zur Ausbildung von Nationalgardisten in die Ukraine geschickt habe, wurden von der Bundesregierung im Mai zurückgewiesen – und von Academi dementiert.