Die ägyptische Mumie Schepenese in der Stiftsbibliothek St. Gallen
Schweiz

Mumie Schepenese bleibt in St. Gallen

Nach intensiven Gesprächen und historischen Abklärungen kommt der Administrationsrat des Katholischen Konfessionsteils St. Gallen zum Schluss: Die Mumie Schepenese soll in der Stiftsbibliothek verbleiben. In einer St. Galler Erklärung für Schepenese wurde im vergangenen November die Rückführung der Mumie und ihrer Särge nach Ägypten gefordert.

Sarah Stutte

In einer Medienmitteilung des Katholischen Konfessionsteils St. Gallen wird festgehalten, dass der Administrationsrat und die Stiftsbibliothek «die vergangenen Monate genutzt haben, um Fragen rund um eine mögliche Rückführung der Mumie Schepenese zu prüfen».

Eine solche war im vergangenen November in einer «St. Galler Erklärung für Schepenese» gefordert worden. Die Folge, so heisst es in der Mitteilung, «waren ein Medienwirbel, politische Vorstösse im Kanton sowie in der Stadt St. Gallen und ein offener Brief, der von gut 200 Personen aus Ägypten unterzeichnet worden war».

Die Mumie Schepenese und ihre Sakrophage – in der St. Galler Stiftsbibliothek.
Die Mumie Schepenese und ihre Sakrophage – in der St. Galler Stiftsbibliothek.

Warum hat sich der Administrationsrat nun gegen eine Rückführung entschieden? «Nach unseren gemeinsamen vertieften Abklärungen, die einerseits historischer Natur waren, also die Abklärung der Herkunft betrafen, aber auch rechtlicher, kulturpolitischer und musealer, sind wir zu diesem Schluss gekommen», sagt Raphael Kühne, Präsident des Administrationsrats des Katholischen Konfessionsteils St. Gallen.

Kulturgut in würdigem Ambiente

In ihrer Erklärung hält die Behörde fest, dass «die Auswertung aller noch erhaltenen Quellen zur Geschichte von Schepenese und ihren Särgen zeigt, dass bei der aktuellen Situation weder in rechtlicher Hinsicht noch im Hinblick auf die aktuelle Ausstellungspraxis jener Handlungsbedarf besteht, der in der St. Galler Erklärung für Schepenese vorgetragen wurde. Es handelt sich um ein vor langer Zeit legal in die Schweiz gelangtes Kulturgut, das wissenschaftlich sehr gut aufgearbeitet ist und in einem würdigen Ambiente gezeigt wird.»

Solidarität mit Schepenese: Aktion in St. Gallen.
Solidarität mit Schepenese: Aktion in St. Gallen.

Festgehalten wird in der Mitteilung auch, dass in der Stiftsbibliothek weniger die Exposition von Objekten im Vordergrund stehe, sondern vielmehr deren Einbettung in einen Kontext von Zeit, Kultur und Wissen. Im Weltkulturerbe Stiftsbezirk St. Gallen sei so ein neuer, wertschätzender Sinnzusammenhang für die Mumie und ihre Särge entstanden.

Ägypten mit seiner Kultur verfüge mit der Mumie in der Stiftsbibliothek über ein Fenster mit Strahlkraft mitten im Herzen Europas. Und umgekehrt sei der UNESCO-Kulturstandort St. Gallen stolz darauf, ein aussagekräftiges Zeugnis der jahrtausendealten ägyptischen Kultur präsentieren zu dürfen.

Administrationsrat will im Dialog bleiben

Zuvor kam es am 3. März dieses Jahres zu einem Treffen von Kühne und Stiftsbibliothekar Cornel Dora mit dem ägyptischen Botschafter Wael Gad und der First Secretary der ägyptischen Botschaft, Amira Elkaramani. Moderiert wurde die Besprechung von der stellvertretenden Leiterin der Fachstelle Internationaler Kulturgütertransfer des Bundes in Bern.

«Wir sind dabei so verblieben, dass wir Wael Gaed zu einem Besuch nach St. Gallen in den Barocksaal eingeladen haben, um ihm die Schepenese und ihre Särge zu zeigen», erklärt Raphael Kühne. Er ergänzt: «Im Voraus haben wir ihm schon weiterführende Informationen zukommen lassen, die wir dafür auf Englisch übersetzt haben.»

Wann wird dieser Besuch stattfinden wird, weiss Kühne noch nicht. «Mit unserer Antwort an die ägyptische Botschaft haben wir die Besuchseinladung nochmals bekräftigt.»

Die Karre für die Schepenese-Mumie Richtung Ägypten stand schon bereit – daneben eine Priesterin.
Die Karre für die Schepenese-Mumie Richtung Ägypten stand schon bereit – daneben eine Priesterin.

Zudem hat der Administrationsrat der Stiftsbibliothek den Auftrag gegeben, weitere Zusammenarbeitsfelder mit ägyptischen Museen und Bibliotheken, «beispielsweise der Bibliothek des ägyptischen Katharinenklosters im Sinai zu prüfen», sagt Raphael Kühne.

Dabei gehe es auch um Fragen dazu, ob die Mumie künftig eingewickelt ausgestellt oder zumindest mit einer Schrifttafel auf ihren Hintergrund verwiesen werde, wie es der Ägyptologe Jan Assmann in einem Interview auf kath.ch forderte.

«Die Stiftsbibliothek ist gebeten, die Ausstellungspraxis und Kontextualisierung nochmals grundsätzlich zu prüfen. Der heutige Ausstellungsort ist museologisch nicht falsch. Aber man kann immer prüfen, ob noch Verbesserungen gemacht werden können», so Raphael Kühne.


Die ägyptische Mumie Schepenese in der Stiftsbibliothek St. Gallen | © Regula Pfeifer
20. Juni 2023 | 16:22
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