Psychosomatische Schmerzen

Psychosomatische Schmerzen: Wenn die Seele überlastet ist

Wie ist es möglich, dass körperliche Schmerzen durch die Psyche hervorgerufen werden? Und was können von psychosomatischen Schmerzen Betroffene tun? Lesen Sie mehr darüber in diesem Artikel.

Was sind psychosomatische Schmerzen?

Psychische und emotionale Belastungen wie Stress, Angst, Depressionen oder traumatische Erfahrungen können körperliche Beschwerden hervorrufen. Diese Symptome können in verschiedenen Bereichen des Körpers auftreten, wie beispielsweise in Form von Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Nacken- und Rückenschmerzen sowie Gelenkschmerzen. Wichtig zu beachten ist, dass auch psychosomatische Schmerzen real sind und die Betroffenen stark belasten können. (1) (2)

Fachleute im englischsprachigen Raum haben eine sehr pragmatische Definition für Schmerzen: „Pain is whatever the patient says it is”, übersetzt: „Schmerz ist, was Patient:innen als solchen beschreiben.“ (3)

Die offizielle Definition der Weltschmerzorganisation (International Association for the Study of Pain, IASP) klingt etwas förmlicher: Schmerzen sind „ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer tatsächlichen oder möglichen Gewebeschädigung verbunden sein kann oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird”. (4) Der zweite Teil dieses Satzes umfasst psychosomatische Schmerzen: Die Schmerzen fühlen sich genauso an wie die, die etwa nach einer Verletzung oder Entzündung entstehen. Die Ursachen liegen aber hier in einem psychisch belastenden Ereignis.

Wenn Sie unter psychosomatischen Schmerzen leiden, finden Sie sich nicht mit Vorurteilen ab, Sie würden übertreiben oder sich Ihre Beschwerden nur einbilden. Psychosomatische Schmerzen können ebenso einschränken wie jeder andere Schmerz auch. Schmerz ist also, was Sie als solchen beschreiben.

Digitale Schmerztherapie

Wie entstehen psychosomatische Schmerzen?

Aus dem Griechischen übersetzt steht das Wort Psyche für die Seele, das Wort Soma für den Körper. (5)

Körper, Geist und Psyche befinden sich im Wechselspiel – ein Netzwerk, das in ständiger Verbindung steht. (6) Gerät in einem der Bereiche etwas durcheinander, kann dies andere Bereiche aus der Balance bringen. (7) Diese Zusammenhänge wirken sich auch auf Erkrankungen aus. Rheuma zum Beispiel verläuft schubförmig und ist mit starken Schmerzen verbunden. Auslöser für einen rheumatischen Schub ist unter anderem Stress – also eine psychische Belastung. Rheuma ist somit eine körperliche Erkrankung, die aber nicht von der Psyche unabhängig verläuft. (8) Ebenso können körperliche Beschwerden psychische Erkrankungen auslösen. Eine chronische Schmerzerkrankung beispielsweise erhöht das Risiko, an einer Depression zu erkranken.

So werden aus psychischem Druck körperliche Beschwerden

Schmerzen sind zunächst eine nützliche Funktion des Organismus und spielen eine wichtige Rolle: Sie können ein Warnsignal des Körpers sein: Wenn wir in einen Dorn getreten sind oder eine Ohrenentzündung haben, signalisiert der Körper Schmerzen, damit wir merken, dass etwas nicht in Ordnung ist, und etwas dagegen unternehmen.

Schmerzen können aber auch Folge seelischen Kummers sein. Viele kennen zum Beispiel Kopfschmerz bei Stress und Anspannung oder Bauchweh bei Problemen. (9) In diesen Fällen spricht man von psychosomatischen Schmerzen: körperlichen (somatischen) Beschwerden, die durch die Psyche ausgelöst werden. (5)

Diese Schmerzen können Reaktion auf ein einzelnes Ereignis sein – Angst vor einer Prüfungssituation oder einem unangenehmen Termin am kommenden Tag – oder durch dauerhafte Belastungen ausgelöst werden, beispielsweise Veränderungen in der Familie. Tritt eine seelische Belastung immer wieder auf, wie häufiger Streit oder Prüfungsangst, oder hält an, wie bei ständigem Stress am Arbeitsplatz, können die Schmerzen chronisch werden.

Akzeptanz für psychosomatische Schmerzen dank moderner Technik

Mittlerweile ist es der Forschung gelungen, Schmerzen im Gehirn mithilfe moderner Technik sichtbar zu machen – auch Schmerzen, für die keine körperliche Ursache gefunden wurde. (8) Diese bildgebenden Verfahren können die Akzeptanz psychosomatischer Schmerzen steigern. Sie fällt teilweise geringer aus als offensichtliche Erkrankungen, bei denen man den Auslöser für die Schmerzen sehen kann, wie eine Gürtelrose oder der im Röntgenbild sichtlich gebrochene Finger. (4)

Psychosomatische Schmerzen behandeln

Für die Therapie von psychosomatischen Schmerzen bedeutet das Zusammenspiel von Körper und Psyche, dass der gesamte Organismus betrachtet und in die Behandlung einbezogen werden muss. Eine multimodale Schmerztherapie besteht neben der möglichen Einnahme von Schmerzmitteln auch aus dem Erlernen von Schmerzbewältigungstherapien, aus Psychotherapie und Schulungen über die eigene Erkrankung sowie individuell angepasster Bewegungstherapie. (7)

Wichtig ist gerade bei dieser Form der Schmerzen eine Kommunikation zwischen Ärzt:innen und Patient:innen auf Augenhöhe. Denn durch Aufklärung zur Erkrankung und zu den Therapieoptionen werden die Patient:innen in die Lage versetzt, ihre Behandlung mündig mitzugestalten.

Auch Digitale Gesundheitsanwendungen, die sofort zugänglich sind und eigenständig angewendet werden, können eine Behandlungsoption sein. Die Kosten dieser sogenannten DiGA werden nach Verordnung durch Ärzt:innen von den Krankenkassen übernommen. Sie haben auch die Möglichkeit, direkt bei Ihrer Krankenkasse dazu nachzufragen. Der Online-Kurs von Selfapy bietet Unterstützung bei Rückenschmerzen und chronischen Schmerzen mit psychischen und somatischen Faktoren, ist flexibel durchführbar und kostenfrei auf Rezept erhältlich.

 

Quellen:
(1) Bach, M., Simhandl, C. Chronischer Schmerz - eine psychosomatische Sichtweise. Manuelle Medizin. 2020. 58 (1), 27-33. ISO 690.
(2) Egle, U. T., Zentgraf, B. Psychosomatische Schmerztherapie: Grundlagen, Diagnostik, Therapie und Begutachtung. Kohlhammer Verlag. 2020.
(3) Thomas R. Tölle et al. (Hrsg.). Das Handbuch gegen den Schmerz. ZS Verlag, 2019. S.15.
(4) International Association for the Study of Pain. Online unter: https://www.iasp-pain.org/publications/iasp-news/iasp-announces-revised-definition-of-pain/. Zuletzt abgerufen am 08.05.2023.
(5) Liebscher & Bracht. Psychosomatische Schmerzen. Online unter: https://www.liebscher-bracht.com/schmerzlexikon/tipps/psychosomatische-schmerzen/. Zuletzt abgerufen am 08.05.2023.
(6) Alexander Kugelstadt. Dann ist das wohl psychosomatisch! Mosaik, 2020. S. 17, S. 23.
(7) AWMF Leitlinie Funktionelle Körperbeschwerden. Online unter https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/051-001. Zuletzt abgerufen am 07.11.2022.
(8) Deutsche Rheuma-Liga/Christoph Baerwald. Einfluss von geringem und schwerem Stress auf eine Rheumaerkrankung. Online unter https://www.rheuma-liga.de/hilfebereich/stress. Zuletzt abgerufen am 07.11.2022.
(9) Bayerischer Erziehungsratgeber. Psychosomatische Störungen. Online unter https://www.baer.bayern.de/gesundheit-ernaehrung-hygiene/krankheiten-beeintraechtigungen/psychosomatische-stoerungen/. Zuletzt abgerufen am 07.11.2022.