Portrait

«Keinen ersten Satz ohne den letzten»

Vor ge­nau zwan­zig Jah­ren ist «Small World» er­schie­nen, sein ers­ter Ro­man. Seit­her hat Su­ter neun wei­te­re Ro­ma­ne ge­schrie­ben und vier Kri­mi­nal­ge­schich­ten um den Hoch­stap­ler All­men, der sich auf die Wie­der­be­schaf­fung ge­stoh­le­ner Kunst spezialisiert.

Wie bei all un­se­ren frü­he­ren Tref­fen spricht Su­ter über­legt und ru­hig, die Zeit spielt für ihn kei­ne Rol­le. Er hat die wun­der­ba­re Ga­be, im­mer ganz im Mo­ment zu sein. Su­ter ist ein gu­ter Zu­hö­rer, was da­zu füh­ren kann, dass man zu lan­ge von sich selbst er­zählt, bis man den Rol­len­wech­sel bemerkt.

Zwi­schen­durch re­den wir über die Bü­cher im Re­gal. Mal blät­tern wir lan­ge durch ei­nen Band mit sei­nen schö­nen Fo­to­gra­fien, die auf Rei­sen mit sei­ner Frau Mar­grith und sei­ner Toch­ter Ana ent­stan­den. Aber auch die über dem Schreib­tisch be­fes­tig­ten Zet­tel mit Zi­ta­ten von Benn und Höl­der­lin be­flü­geln das Ge­spräch. Und was hat es mit dem gros­sen Schwarz-Weiss-Bild ei­nes äl­te­ren Herrn auf sich, ne­ben dem Schreib­tisch? Sein Va­ter vielleicht?

Die Sa­che klärt sich auf, als es be­reits dun­kelt. Ich fra­ge Su­ter nach sei­nen Vor­bil­dern. Er ant­wor­tet, Vor­bil­der ha­be er ei­gent­lich nicht, aber Fi­gu­ren, die ihn fas­zi­nie­ren, schon. Er zeigt auf be­sag­te Fo­to­gra­fie. Ab­ge­bil­det ist Emil He­get­sch­wei­ler, ein Schwei­zer Volks­schau­spie­ler. Er war Mit­be­grün­der des Ca­ba­ret Cor­ni­chon und spiel­te in vie­len Fil­men von Kurt Früh. Be­geg­net ist er ihm nie, als He­get­sch­wei­ler starb, war Su­ter noch ein Kind. Aber er hat in der Film­ko­pier­an­stalt, wo sein Va­ter tech­ni­scher Di­rek­tor war, im­mer wie­der Frag­men­te von Fil­men ge­se­hen, in de­nen He­gi spiel­te. Das Fo­to ha­be er aus dem Fun­dus des Ca­ba­ret Cor­ni­chon ge­kauft. Es sei ei­ne Art Jugenderinnerung.

Wir du­zen uns seit län­ge­rer Zeit, für die­ses Ge­spräch in die Höf­lich­keits­form zu wech­seln, das wä­re ge­küns­telt gewesen.

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Was weckte in dir den Wunsch, Schriftsteller zu werden?

Das Schrei­ben. Als ich sech­zehn war und die kind­li­che­ren Be­rufs­wün­sche wie Clown oder Ur­wald­dok­tor auf­gab, wuss­te ich, dass das Schrei­ben mein Be­ruf wer­den soll­te. Aber mit et­wa neun­zehn merk­te ich, dass ich von der Schrift­stel­le­rei nicht wür­de le­ben kön­nen. Das war ein Pro­blem, denn ich woll­te all das, was ein jun­ger Mann eben will: aus­zie­hen von zu Hau­se, selbst­stän­dig sein, mit ei­ner Frau zu­sam­men­le­ben. Na­tür­lich zah­len ei­nem das die El­tern nicht, je­den­falls mei­ne nicht. Al­so muss­te ich ei­nen Weg fin­den, um Geld zu verdienen.

Können wir nochmals zurück rudern: Was warst du denn für ein Kind? Ein Vielleser? Welche Rolle spielten Bücher in deinem Elternhaus?

Ich glau­be schon, dass man mich als Le­se­rat­te be­zeich­nen konn­te. Je­den falls las ich oft im Kel­ler auf der Ap­fel­hur­de – ver­steht man das heu­te noch? Das Ge­stell, auf dem man die Äp­fel la­gert? Da ha­be ich Karl May ge­le­sen, weil mein Va­ter er­zähl­te, dass das in sei­ner Kind­heit ver­bo­ten war. In mei­ner Kind­heit war das Le­sen von Karl May al­les an­de­re als ver­bo­ten, aber es er­höh­te die Span­nung, so zu tun, als ob. Ich ha­be auch nachts un­ter der Bett­de­cke ge­le­sen. Mit ei­ner Ta­schen­lam­pe aus dem Zwei­ten Welt­krieg, die ei­nen Dy­na­mo be­sass, den man von Hand be­trei­ben muss­te. Mei­ne Gross­tan­te Mar­ti hat­te sie mir geschenkt.

Welches Buch hat dich als Kind beeindruckt?

Wie ge­sagt: Karl May. Ich glau­be, ich ha­be al­les von ihm ge­le­sen, inklusive«Weihnacht!» und «Ich». Auch «Die schöns­ten Sa­gen des klas­si­schen Al­ter­tums» ha­be ich ver­schlun­gen. Und«Biggels», die Se­rie über den Teen­ager­pi­lo­ten. Und na­tür­lich «Nils Holgersson».

Du sagst, du woll­test un­ab­hän­gig sein, Geld ver­die­nen. Wie bist du dann bei der Wer­bung gelandet?

Ich hat­te ei­ne eng­li­sche Ma­tur. Wir sind nach dem ers­ten Gy­mi nach Frei­burg um­ge­zo­gen, wo ich im Col­lè­ge Saint- Mi­chel ei­ne sehr hu­ma­nis­ti­sche Aus­bil­dung fast oh­ne Na­tur­wis­sen­schaf­ten ge­noss, was mir sehr entgegenkam

Nur als wir vier Jah­re spä­ter er­neut um­zo­gen, dies­mal nach Ba­sel, lan­de­te ich wie­der in ei­nem neu­en Schul­sys­tem und zwi­schen al­len Stüh­len und Bän­ken. Ich ver­such­te es für ei­ne Wei­le in der Mi­ner­va, bis ich her­aus­fand, dass man sich für sei­ne O- und A‑Levels die Prü­fungs­fä­cher aus­su­chen kann, wenn man den eng­li­schen Schul­zweig wählt. Ich ha­be dann ei­nen strikt na­tur­wis­sen­schafts­frei­en GCE-Ab­schluss ge­macht, den kei­ne Schwei­zer Uni ak­zep­tier­te. Ich durf­te mich nur als Hö­rer ein­schrei­ben und hät­te nach ei­nem Jahr ei­ne Prü­fung ma­chen müs­sen. Was ich nie ge­tan ha­be. Aber ich woll­te un­be­dingt im «Ko­li­bri» schrei­ben, der Stu­den­ten­zeit­schrift der Uni Ba­sel. Als ich mich auf der Re­dak­ti­on mel­de­te, sag­ten sie, ich sei zu jung da­für. Ich sol­le doch für sie An­zei­gen ak­qui­rie­ren. Das ha­be ich dann auch ge­tan, ich schrieb für das Heft Wer­be­brie­fe. Dann hat mal ein La­den­in­ha­ber – ich weiss lei­der nicht mehr, wel­cher – ge­ant­wor­tet, er wol­le zwar nicht im «Ko­li­bri» in­se­rie­ren, aber das sei der bes­te Wer­be­brief, den er je er­hal­ten ha­be. Ich sol­le doch Wer­be­tex­ter werden.

Und du hast den Rat beherzigt.

Ehr­lich ge­sagt, wuss­te ich nicht, was das ei­gent­lich ist, ein Tex­ter. Aber ich fand her­aus, dass es aus­ge­rech­net in Ba­sel ei­ne Agentntur gab, die gros­ses Ge­wicht auf Tex­te legte.

Und das war nicht irgendeine. GGK gehörte zu den führenden Werbeagenturen Europas.

Ein Cou­sin von mir war Gra­fi­ker. Er kann­te Karl Gerst­ner, den am Neu­jahrs­tag ver­stor­be­nen Mit­grün­der der Agen­tur. Der schick­te mich zu Mar­kus Kut­ter, der für die Tex­te zu­stän­dig war. Ich sass al­so im Vor­zim­mer von Kut­ter, als ein bul­li­ger, kahl ge­scho­re­ner Typ her­aus­kam. Spä­ter er­fuhr ich, dass das Wer­ner Lü­di war, der Sa­xo­fo­nist und Wer­be­tex­ter. Da­nach kam ich an die Rei­he. Kut­ter sag­te, der Mann, der eben sein Bü­ro ver­las­sen ha­be, sei schon über dreis­sig und ka­pie­re erst jetzt lang­sam, wor­um es ge­he beim Tex­ten. Ich da­ge­gen mit mei­nen 19 Jah­ren sei ein­deu­tig zu jung. Al­so schick­te er mich in die Me­dia­ab­tei­lung der GGK. Man gab mir ei­nen Job als Mediaassistent.

Was musstest du da tun?

Me­dia­plä­ne, An­zei­gen­sei­ten und Pla­kat­stel­len bu­chen. Spä­ter wur­de ich Wer­be­as­sis­ten­ten­lehr­ling. Da­nach mach­te ich die Re­kru­ten­schu­le, und spä­ter wur­de ich Ju­ni­or AE. AE hiess Ac­count Exe­cu­ti­ve, das wa­ren die Kun­den­be­ra­ter, die von den Krea­ti­ven im­mer et­was von oben her­ab be­han­delt wur­den. Ei­ne Zeit lang war ich der As­sis­tent von Her­mann Stritt­mat­ter, der noch heu­te un­ter dem Na­men GGK Wer­bung macht. Ir­gend­wann be­kam ich mei­nen ers­ten ei­ge­nen Ac­count – so nennt man in der Wer­ber­spra­che den Kun­den. Das war ein jün­ge­rer Mann, der ei­ne Werk­zeug­mar­ke kre­ieren woll­te mit Werk­zeug, das er ir­gend­wo im Os­ten her­stel­len liess. Theo­phil Butz war der jun­ge Art Di­rec­tor, der die Iden­ti­ty ge­stal­te­te, ziem­lich schön, wenn ich mich rich­tig er­in­ne­re. Aber aus der Sa­che wur­de nichts. Nach ei­nem ers­ten Tref­fen mit dem Kun­den lud mich Mar­kus Kut­ter in die Hum­mer­bar zu mei­nem ers­ten Cü­pli ein. Da ha­be ich zu ihm ge­sagt: «Herr Dok­tor, ich glau­be, das ist ein Hochstapler.»

Hattest du recht?

Ja, aber wel­cher Fünf­zig­jäh­ri­ge ver­traut schon der Men­schen­kennt­nis ei­nes Ein­und­zwan­zig­jäh­ri­gen? Aber es stell­te sich her­aus, dass der Kun­de nicht zah­len konn­te. Mit der Zeit ha­be ich bei an­de­ren Ac­counts mit­ge­ar­bei­tet und be­gon­nen, heim­lich mit­zu­tex­ten. Und ein­mal zeig­te ich die­se Ver­su­che Ro­bert Stal­der, dem Crea­ti­ve Di­rec­tor und mei­nem spä­te­ren Part­ner. Der sag­te: Ab jetzt bist du Tex­ter. 1971 er­öff­ne­te GGK ei­ne Agen­tur in Wien, und ich wur­de ihr Crea­ti­ve Di­rec­tor. Ich war 23. Ei­ne Art Kin­der­star der Werbung.

Wie muss man sich die damalige Zeit in der Werbebranche vorstellen? Wie in der Serie «Mad Men»?

Es war schon recht ähn­lich. Wir fin­gen spät an und hör­ten spät auf und ver­such­ten, die ver­pass­te Le­bens­qua­li­tät am Abend nach­zu­ho­len. Wir ver­dien­ten gut, wa­ren aber im­mer knapp. Wir fühl­ten uns als Künst­ler,  und die meis­ten von uns wa­ren si­cher, dass wir uns le­dig­lich auf ei­ner Zwi­schen­sta­ti­on be­fan­den. Es war kein ge­sun­des Le­ben, aber es hat Spass ge­macht. Wie das meis­te Ungesunde.

Hat das auf Dauer nicht an deinem Selbstvertrauen genagt, immer nur Gebrauchstexte zu liefern? Ist das nicht frustrierend, tagelang an einem Spruch für Jägermeister rumstudieren zu müssen?

Mei­ne Stär­ke da­mals war, dass ich nicht ta­ge­lang brauch­te für ei­nen Jä­ger­meis­ter­spruch. Als frei­er Tex­ter, be­vor ich nach Wien ging, fuhr ich je­weils für ei­nen Tag nach Düs­sel­dorf, wo die GGK die Kam­pa­gne mach­te: Spät­abends in den Schlaf­wa­gen, mor­gens um acht als Ers­ter in der Agen­tur, ich ha­be die be­reit­lie­gen­den Bild­su­jets ent­ge­gen­ge­nom­men, den gan­zen Tag Sprü­che ge­tex­tet, dreis­sig, vier­zig Su­jets, sie ge­gen Abend dem ge­nia­len CD Wolf Ro­gos­ky prä­sen­tiert und an gu­ten Ta­gen fünf­zehn bis zwan­zig ab­ge­nom­men be­kom­men. Zu 500 Mark das Stück. Dann bin ich mit den Kol­le­gen es­sen und trin­ken ge­gan­gen, ha­be spät den Schlaf­wa­gen ge­nom­men und war am frü­hen Mor­gen zu­rück in Basel.

Wie lange hast du diesen Job insgesamt gemacht?

Als Free­lan­cer, al­so als frei­er Tex­ter und Kon­zepter, ha­be ich viel­leicht fünf oder sechs Jah­re ge­ar­bei­tet. Als An­ge­stell­ter wa­ren es wohl et­wa acht. Da nach hat­te ich zu­erst mit Ro­bert Stal­der wäh­rend vier, fünf Jah­ren ei­ne klei­ne Agen­tur, Stal­der & Su­ter, die ich spä­ter et­wa drei Jah­re al­lein führ­te und dann mit an­de­ren, viel grös­se­ren Agen­tu­ren ver­ein­te. Ei­ne Zeit lang war ich Mit­in­ha­ber ei­ner gros­sen Agen­tur mit dem sper­ri­gen Na­men Aebi, Su­ter, Gis­ler, Studer/ BBDO. Sie war ein Flop und das En­de mei­ner Wer­be­kar­rie­re. Lass mich rech­nen, was nicht mei­ne Stär­ke ist: Ich wür­de sa­gen, ich ha­be von mei­nen bald fünf­zig Be­rufs­jah­ren et­wa neun­zehn Wer­bung ge­macht, im­mer wie­der mit Un­ter­brü­chen. Der ers­te gros­se Un­ter bruch kam be­reits nach ei­nem gu­ten Jahr als CD in Wien. Ich kauf­te ei­nen al­ten Land­ro­ver, rüs­te­te ihn zum Wohn-mo­bil um und ging auf Afrikareise.

Allein?

Nein, mit mei­ner da­ma­li­gen Frau, der Künst­le­rin Vi­vi­an Su­ter, und – in ei­nem zwei­ten Land­ro­ver – ei­nem be­freun­de­ten Paar, dem Ma­ler und Schrift­stel­ler Jean Wil­li und sei­ner frü­he­ren Le­bens­ge­fähr­tin. Aber mit ih­nen gab es be­reits in Tu­nis Streit, und wir trenn­ten uns.

Weshalb?

Ich weiss nicht mehr. We­gen ir­gend­ei­ner Lap­pa­lie. Es war ziem­lich kin­disch. Sie fuh­ren ein, zwei Ta­ge vor uns in die glei­che Rich­tung los, und wir bil­de­ten uns ein, manch­mal im Sand der Sa­ha­ra ih­re Rei­fen­spu­ren zu se­hen. Spä­ter, als wir uns in der Schweiz wie­der ver­söhn­ten, er­fuh­ren wir, dass wir bis Ka­no im Nor­den Ni­ge­ri­as die glei­che Rou­te hat­ten. Von dort aus fuh­ren sie zur Ost­küs­te, und wir sta­chen in den Sü­den, durch­quer­ten die Zen­tral­afri­ka­ni­sche Re­pu­blik, mie­den Idi Amins Ugan­da, fuh­ren durch den Dschun­gel von Zai­re und Ru­an­da über Tan­sa­nia nach Ke­nia. Dort ver­kauf­ten wir den Land­ro­ver und reis­ten mit Ruck­sack wei­ter. Dann in ei­nem Pas­sa­gier­frach­ter über den In­di­schen Oze­an bis Bom­bay und von dort bis Sri Lan­ka, wo wir et­wa zwei Mo­na­te blie­ben. Da­nach ging es mit der Ae­ro­flot über Te­he­ran und Mos­kau zu­rück nach Zü­rich, das war da­mals die güns­tigs­te Va­ri­an­te, so­gar mit ei­nem von der Ae­ro­flot be­zahl­ten Ho­tel­auf­ent­halt in Mos­kau. Die gan­ze Rei­se dau­er­te ein knap­pes Jahr.

Wie ging es danach weiter? Welche Pläne hattest du?

Ich war 26 Jah­re alt, woll­te im­mer noch Schrift­stel­ler wer­den und war to­tal ab­ge­brannt. Ich jobb­te als Free­lan­cer und be­kam aus hei­te­rem Him­mel von Mar­kus Kut­ter das An­ge­bot, Crea­ti­ve Di­rec­tor der GGK – es gab sie da­mals nur in Ba­sel, Düs­sel­dorf und Wien – zu wer­den. Das war ich dann et­wa ein Jahr, bis ich in ei­ne frü­he Mid­life-Cri­sis ge­riet und mich bei «Geo» be­warb, der Zeit­schrift, die da­mals ge­ra­de vor der Grün­dung stand. Ich dach­te: Das ist gut, viel rei­sen und dar­über schrei­ben – ich will Rei­se­jour­na­list wer­den. Ich schick­te dem Chef­re­dak­tor ein paar Text­pro­ben, das war ein le­gen­dä­rer Jour­na­list na­mens Rolf Win­ter. Er lud mich zu ei­nem Ge­spräch ein.

Was für Texte hast du Winter geschickt? Werbetexte?

Nein, es wa­ren fik­ti­ve Brie­fe, ich sag­te, ich hät­te sie auf mei­ner Afri­ka­rei­se geschrieben.

Du hast gemogelt bei deiner Bewerbung?

Nun ja, aber nur mit der Chro­no­lo­gie. Was in den Brie­fen stand, war au­then­tisch, nur ha­be ich sie nicht wäh­rend, son­dern erst nach der Rei­se und zu die­sem Zweck ge­schrie­ben. Ich ha­be sie an ver­schie­de­ne Leu­te adres­siert und auch ge­schickt. Ich weiss nicht mehr, wem – nur dass mein Freund Hans­jörg Schnei­der, der Schrift­stel­ler, ei­ner der Adres­sa­ten war. Auf je­den Fall fand Win­ter, ich kön­ne «gut mit Spra­che um­ge­hen», und schick­te mich auf ei­ne Rei­se zu den Cow­boys in Wyo­ming, Mon­ta­na und Te­xas. «Geo»hatte da­mals die Schub­la­den vol­ler Fo­to­re­por­ta­gen, die die Bild­re­dak­ti­on in Auf­trag ge­ge­ben oder zu­sam­men­ge­kauft hat­te, und man such­te Leu­te, die den Be­richt da­zu schrieben.

Dann hast du deinen lukrativen Job einfach gekündigt, um ein neues Leben zu beginnen?

Ich muss­te noch für drei Mo­na­te mei­nen Ver­trag als Crea­ti­ve Di­rec­tor er­fül­len und nutz­te die Zeit, um Reit­un­ter­richt zu neh­men. Ich fand ei­nen Leh­rer, dem ich sag­te: «In drei Mo­na­ten muss ich rei­ten kön­nen, schaf­fen wir das?» Je­den Mor­gen vor der Ar­beit nahm ich ei­ne Reit­stun­de auf ei­nem Spring­pferd mit eng­li­schem Sat­tel, so ernst nahm ich mei­nen neu­en Be­ruf. Nach drei Mo­na­ten konn­te ich leid­lich rei­ten und auch über klei­ne Hin­der­nis­se sprin­gen. Aber bei den Cow­boys stell­te sich her­aus, dass das Rei­ten in ei­nem Wes­tern­sat­tel auf ei­nem Quar­ter Hor­se viel ein­fa­cher ist. Ich konn­te es al­so ver­hält­nis­mäs­sig gut. Die Cow­boys ak­zep­tier­ten mich jedenfalls.

Du hast mit denen Kälber eingefangen und am Lagerfeuer gesessen?

Die Cow­boys frag­ten erst, ob ich ei­nen klei­nen Last­wa­gen fah­ren kön­ne. Denn die Käl­ber wur­den ge­ra­de von ih­ren Müt­tern ge­trennt, wea­ning nennt man das. Dann wer­den die Jung­tie­re zu ei­nen an­de­ren Cor­ral ge­fah­ren. Und das war mein Job. Käl­ber­chauf­feur so­zu­sa­gen. Erst nach ein paar Ta­gen lies­sen sie mich auf ein Pferd. Sie zeig­ten mir, wie man sich im Sat­tel nach hin­ten leh­nen und die Bei­ne stre­cken muss, da­mit man beim Brem­sen nicht übers Pferd nach vorn weg­fliegt. Die Tie­re ha­ben ein fie­ses Zaum­zeug. Wenn man nur ein biss­chen zieht, wird ih­nen ein Ei­sen in den Gau­men ge­drückt. Dar­um stop­pen die so ab­rupt, von hun­dert auf null in ei­ner Se­kun­de so­zu­sa­gen. Je­den­falls als ich zum ers­ten Mal aus­ritt mit den Cow­boys, um Kü­he zu­sam­men­zu­trei­ben sag­te ei­ner zu mir: You are a mo­ther­fuck­ing cock­suck­ing son of a bitch of a good ri­der. Ein Schmeich­ler halt.

Das brauchen wir jetzt nicht zu übersetzen. Wenn du dich selbst beschreiben müsstest in der damaligen Zeit, so als ob dieser«Geo»Reporter eine Figur wäre in deinem nächsten Roman, wie könnte so ein Satz über diesen jungen Suter lauten?

«Er tat al­les, als wür­de er sich stän­dig da­bei be­ob­ach­ten und den­ken: Hier rei­tet der gros­se Rei­se­re­por­ter auf sei­nem Pferd durch die Prä­rie.» Oder: «Hier sitzt der gros­se Rei­se­re­por­ter im Licht der Nacht­tisch­lam­pe und füllt sein No­tiz­buch mit den Er­leb­nis­sen des Tages.

Bei «Geo» bliebst du dann doch nicht lange. Weshalb?

Ich war ja kein Mit­glied der Re­dak­ti­on, nur frei­er Mit­ar­bei­ter. Nach den Cow­boys war ich für «Geo» noch am Mis­sis­sip­pi, in Ni­ge­ria, auf dem Berg Athos und in Sri Lan­ka. Die­se letz­te Re­por­ta­ge war dem neu­en Chef­re­dak­tor, Her­mann Schrei­ber, zu po­li­tisch – ich war auf den Kon­flikt zwi­schen Sin­gha­le­sen und Ta­mi­len ge­stos­sen und hat­te ihn ne­ben den folk­lo­ris­ti­schen und äs­the­ti­schen Aspek­ten the­ma­ti­siert. Ich wei­ger­te mich, die Re­por­ta­ge um­zu­schrei­ben und das The­ma aus­zu­klam­mern, und das führ­te zu ei­ner ge­wis­sen Ver­stim­mung zwi­schen dem Ma­ga­zin und mir. Erst ei­ni­ge Jah­re spä­ter schrieb ich wie­der für «Geo». Re­por­ta­gen, die ich von zu Hau­se aus re­cher­chie­ren konn­te. Über die Wal­li­ser Schwarz­na­sen­scha­fe oder die Eh­rin­ger Kampf­kü­he. Kam da­zu, dass ich von die­sem Be­ruf nicht le­ben konn­te. Ich er­hielt zwar ein Ho­no­rar von 8000 Mark pro Re­por­ta­ge, aber mir fehl­te die Rou­ti­ne, ge­nug Ge­schich­ten pro Jahr zu schrei­ben. Ich brauch­te mehr als ei­nen Mo­nat zur Re­cher­che und sass dann vor mei­nem Berg von Ma­te­ri­al, Do­ku­men­ten, In­ter­views und No­ti­zen und wuss­te nicht, wo ich an­fan­gen soll­te. So kam es auch vor, dass ich auf ei­ne Re­por­ta­ge ging, be­vor ich die letz­te ab­ge­lie­fert hat­te, was die Sa­che nicht ein­fa­cher mach­te. Aus­ser­dem glich in ge­wis­sen Fäl­len, wenn ich mit Star­fo­to­gra­fen rei­sen muss­te, mei­ne Rol­le we­ni­ger der des Schrei­bers als des Se­kre­tärs des Fo­to­gra­fen, der ein Viel­fa­ches mei­nes Ho­no­rars einstrich.

Darum wolltest du doch nicht  mehr Reisereporter sein?

Ja, aus all die­sen Grün­den war es wohl doch nicht mein Ding. Ich war ein Kurz­streck­ler und nicht ge­wohnt, auf Mit­tel­stre­cke zu lau­fen, die mir da­mals als Lang­stre­cke vor­kam. Ich ha­be ge­schrie­ben, wie ich ge­lernt hat­te, Wer­be­tex­te zu schrei­ben. Man sag­te uns: Denkt dar­an, dass nie­mand le­sen will, was ihr da schreibt. Al­so gebt euch be­son­ders viel Mü­he aus Re­spekt de­nen ge­gen­über, die es trotz­dem tun. Schreibt so, dass man es gern liest, und be­lohnt die, die es bis zum Schluss le­sen, mit ei­ner an­stän­di­gen Poin­te. Ich schrieb al­so mei­ne dreis­sig Sei­ten Re­por­ta­ge wie frü­her mei­ne dreis­sig Zei­len Wer­be­tex­te, was na­tür­lich ewig dau­er­te und fi­nan­zi­ell nicht auf­ge­hen konn­te. Ich hat­te zwar ei­ne bil­li­ge Woh­nung und leb­te wäh­rend der Rei­sen auf Spe­sen, aber ich be­sass aus mei­ner Zeit in der Wer­bung auch die­sen Hang zu ei­nem ge­wis­sen Lu­xus. Ich be­gann wie­der, für Wer­be­kam­pa­gnen einzuspringen.

Und dann hast du dich wieder fest anstellen lassen?

Ro­bert Stal­der der kur­ze Zeit als Selbst­stän­di­ger ge­ar­bei­tet hat­te, kam als Ge­schäfts­füh­rer zu­rück zur GGK, und ich folg­te ihm als Crea­ti­ve Di­rec­tor. Das war ei­ne ver­rück­te Zeit. Wir wa­ren sehr er­folg­reich und drauf und dran, die gröss­te Agen­tur des Lan­des zu wer­den, als die In­ha­ber­schaft be­schloss, auch in Zü­rich ei­ne Agen­tur zu er­öff­nen und den gröss­ten Teil des Swis­sair Ac­counts dort­hin zu zü­geln. Dar­auf grün­de­ten Stal­der und ich et­was ver­schnupft ei­ne ei­ge­ne klei­ne Agen­tur, Stal­der & Su­ter, bei der ein paar der bes­ten Leu­te der GGK ar­bei­te­ten. Sie war krea­tiv sehr er folg­reich, aber wirt­schaft­lich nicht so. Wir wa­ren bei­de kei­ne gu­ten Ma­na­ger. Nach ein paar Jah­ren ging Ro­bert Stal­der zu­rück zur GGK nach Düs­sel­dorf, ich ver­such­te un­ser Glück mit ei­ner zwei­ten Nie­der­las­sung in Zü­rich, dann kam die be­reits er­wähn­te Fu­si­on, den Rest ha­be ich schon erzählt.

Gibt es eine Kampagne, auf die du heute noch stolz bist? Oder anders gefragt: Was war deine beste Arbeit als Werber?

Für die Swis­sair gab es ein paar Kam­pa­gnen, die ganz gut wa­ren, viel ge­hol­fen ha­ben sie, wie man heu­te weiss, al­ler­dings nicht. Aber das gilt be­kannt­lich für die meis­te Wer­bung. Auch für Em­men­ta­ler ha­ben wir bei Stal­der & Su­ter ein paar Kam­pa­gnen ge­macht, die mir heu­te noch ge­fal­len. Ei­ne war ei­ne rei­ne Text­kam­pa­gne, die spä­ter von der Schweiz-Num­mer der Li­te­ra­tur­zeit­schrift «Ra­be» ab­ge­druckt wur­de. An­de­re wa­ren Pla­kat­kam­pa­gnen – mehr Par­odien von Wer­bung oder bei­na­he de­ren Ab­schaf­fung. Ei­ne hiess «Äs­se statt stür­me», ei­ne «Falsch/Richtig».

Hat die Arbeit in der Werbung dir am Ende das finanzielle Polster verschafft, auf dem du dein Leben als Schriftsteller beginnen konntest?

Schön wärs ge­we­sen. Aber die Agen­tur ASGS/BBDO, an der ich be­tei­ligt war, muss­te zwei­mal das Ak­ti­en­ka­pi­tal mas­siv er­hö­hen. Ich ha­be bei­de Ma­le nicht mit­ge­macht, weil ich ers­tens das Geld nicht hat­te und zwei­tens nicht an de­ren Zu­kunft glaub­te. Mein An­teil be­trug zum Schluss 0,25 Pro­zent. Als wir uns 1991 aus der Schweiz ab­mel­de­ten, muss­te ich mei­ne Pen­si­ons­kas­se auf­lö­sen, um mei­ne Steu­er­schul­den zu be­zah­len. Es war ein Wink des Schick­sals. So wur­de ich end­lich das, was ich schon im­mer wer­den woll­te: Schriftsteller.

Du hast sofort eine sehr erfolg reiche Kolumne geschrieben.

Die «Busi­ness Class»-Kolumne in der da­ma­li­gen «Welt­wo­che» war mei­ne Ret­tung. Zu­sam­men mit «Rich­tig le­ben mit Ge­ri Wei­bel» für das «NZZ Fo­lio» ver­dien­te ich ge­nug, um mich end­lich haupt­be­ruf­lich auf das Ro­man­schrei­ben kon­zen­trie­ren zu kön­nen. Der Plan war, in un­ser Fe­ri­en­haus in der Zi­ta­del le von Ibi­za zu zie­hen und es ein Jahr lang zu ver­su­chen. Mar­grith Nay, die ich 1975 ken­nen­ge­lernt und vier­zehn Jah­re spä­ter ge­hei­ra­tet ha­be, un­ter­stütz­te mich dar­in. Sie war Mo­de­de­si­gne­rin und be­sass in Ba­sel ei­ne Bou­tique, in der sie ih­re ei­ge­ne Kol­lek­ti­on mit dem La­bel O.N.L.Y. ver­kauf­te. Sie kam mit ih­rem da­ma­li­gen Com­pa­gnon über­ein, dass er für ein Jahr das Ge­schäft führ­te und sie von Ibi­za aus an der Kol­lek­ti­on ar­bei­te­te. Erst als der Win­ter kam, merk­ten wir, wie kalt und schlecht ge­heizt un­ser Haus in Ibi­za war.

Hast du dich in das kalte Haus zurückgezogen und nur noch an einem Roman gearbeitet?

Nein, so klar war der Schnitt nicht. Als Free­lan­cer ha­be ich im­mer noch ein we­nig Wer­bung ge­macht. Für die Mi­gros, die­se Spots mit dem Hünd­chen Max, so Sa­chen halt. Dann ha­be ich noch ab und an für das Fern­se­hen ge­ar­bei­tet, ei­nen «Tat­ort» ge­schrie­ben und für SRF und ZDF ei­nen Teil der Se­rie «Die Di­rek­to­rin». Ich schrieb auch Dreh­bü­cher für Da­ni­el Schmid. Und ich blieb noch ei­ne Zeit lang Prä­si­dent das Art Di­rec­tors Club, ob­wohl ich schon auf­ge­hört hat­te. Ich be­kam da­für noch ein be­schei­de­nes Honorar.

War «Business Class» eigentlich deine Idee?

Beat Cur­ti, der da­ma­li­ge Be­sit­zer der «Welt­wo­che», gab den An­stoss. Beat sag­te Jürg Ramspeck, dem da­ma­li­gen Chef­re­dak­tor, er sol­le mich fra­gen, ob ich im Wirt­schafts­teil ei­ne Ko­lum­ne schrei­ben wol­le. Ich sag­te zu­erst Nein. Wor­auf Jürg, ein schlau­er Ver­hand­ler, mich über­re­de­te, es doch mal drei Mo­na­te lang zu ver­su­chen. Ich  schrieb zwei Pro­be­tex­te, der ers­te han­del­te von ei­nem tech­ni­schen Aus­druck aus der Fi­nanz­welt, dir­ty floa­ting. Der an de­re Text war ein Glücks­fall. Da­mals, das war 1992, fand ge­ra­de ei­ne Um welt­kon­fe­renz der Ver­ein­ten Na­tio­nen in Rio de Ja­nei­ro statt, die für vie­le als Wen­de in der Um­welt­po­li­tik galt. Al­so be­schrieb ich in dem Text ei­ne VR-Sit­zung, an der je­der be­reits ein biss­chen al­ter­na­tiv ge­klei­det er­schien. Und in der Pau­se leck­ten al­le den Alu­de­ckel des Jo­ghurts schön sau­ber fürs Re­cy­cling. Jürg fand bei­de Tex­te gut. Mei­ne Frau Mar­grith sag­te aber, der ers­te Text sei nichts wert. Je­der kön­ne um ei­nen Be­griff rum­ei­ern. Da­mit war klar, wie ich wei­ter­ma­chen woll­te. Ich war schon beim ers­ten Ver­such auf ei­ne Form ge­stos­sen, klei­ne Dr­amu­let­te aus der Businessclass.

1997 erschien «Small World», ich kenne niemanden, der das Buch damals nicht gelesen hat. Wie kamst du auf den Stoff? Und wie kam das Manuskript zu Diogenes?

Mein Va­ter war ein paar Jah­re zu­vor in ei­nem fort­ge­schrit­te­nen Sta­di­um der Alz­hei­mer­krank­heit ge­stor­ben. Er ver­lor zu­neh­mend den Be­zug zur Ge­gen­wart und drang im­mer tie­fer in sei­ne Ver­gan­gen­heit zu­rück. Auf der Su­che nach ei­ner Ge­schich­te frag­te ich mich ei­nes Ta­ges: Was wä­re, wenn er in der Ver­gan­gen­heit auf ein Ge­heim­nis ge­stos­sen wä­re, das er in der Ge­gen­wart nie­man­dem mit­tei­len könnte?

Es hat mit deinem ersten Roman dann gleich geklappt.

Ich hat­te Dio­ge­nes da­vor schon ein­mal ein Ma­nu­skript ge­schickt, mehr ein Frag­ment von, ich glau­be, fast drei­hun­dert Sei­ten. Ich be­kam es mit ei­nem von ei­ner Prak­ti­kan­tin un­ter­schrie­be­nen Stan­dard­brief zu­rück, zu Recht, wie ich sa­gen muss. Bei «Schnee­bäl­le im Mai», wie «Small World» da­mals hiess, half mir mein Freund Pe­ter Rüedi, der wun­der­ba­re Schrei­ber und Dür­ren­matt-Bio­graf, der gu­te Be­zie­hun­gen zu Dio­ge­nes pfleg­te. Er sorg­te da­für, dass das Ma­nu­skript ge­le­sen wur­de. Kurz vor Sil­ves­ter 1996 rief mich Da­ni­el Keel in Gua­te­ma­la an und sag­te, er ha­be ge­ra­de das Ma­nu­skript ge­le­sen und wer­de sich «stark­ma­chen für das Buch». Die­ses Ver­spre­chen hat er auf ein­drück­li­che Art gehalten. 

Apropos Guatemala: Wie verschlug es euch dorthin?

Un­ser kal­ter Wohn­sitz in Ibi­za und ei­ne Ein­la­dung von Freun­den nach Gua­te­ma­la wa­ren schuld dar­an. Wir be­such­ten sie im No­vem­ber für ei­nen Mo­nat, und es ge­fiel uns so gut, dass wir nicht zö­ger­ten, als wir kurz dar­auf ein Stück Land in de­ren Nach­bar­schaft an­ge­bo­ten be­ka­men. Ich hat­te ge­ra­de ei­nen Ver­trag für ei­ne Fern­seh­se­rie er­hal­ten und be­nütz­te den als Si­cher­heit für ei­nen Bank­kre­dit. Mei­ne Frau, die aus­ser als Mo­de­de­si­gne­rin auch auf die­sem Ge­biet sehr be­gabt ist, bau­te uns ein schö­nes Haus, in dem wir da­nach je­weils den gröss­ten Teil des Jah­res ver­brach­ten und in dem ich die meis­ten mei­ner Bü­cher schrieb.

Inzwischen hast du vierzehn Romane geschrieben. Wie sehr beschäftigst du dich mit der Frage nach deinem Stil?

Das ha­be ich nur ganz frü­her ge­tan. Ich ver­zich­te­te so­gar ei­ne Wei­le auf das Le­sen, weil ich glaub­te, das be­ein­flus­se mei­nen Stil. Was für ein Quatsch! Ei­ner der Vor­tei­le, spät mit Ro­ma­ne­schrei­ben an­zu­fan­gen, ist, dass man sich sol­che Ge­dan­ken nicht mehr macht. Man schreibt, wie es kommt, so an­stän­dig man kann. Der Stil er­gibt sich dann von selbst.

Du schreibst starke Dialoge.

Das ha­be ich viel­leicht in mei­ner Ko­lum­nen­zeit ge­lernt. Ich muss­te mich mit Dia­lo­gen be­schäf­ti­gen, knapp schrei­ben. Das half mir für das Schrei­ben von Ro­ma­nen mehr als al­les, was ich in der Wer­bung oder im Jour­na­lis­mus ge­lernt ha­be. Kommt da­zu, dass ich viel Zeit mei­nes Le­bens an Wirts­haus­ti­schen ver­bracht habe.

Du kannst alle möglichen Milieus wunderbar beschreiben. Dabei habe ich nicht den Eindruck, dass du ein allzu jovialer Festbruder bist.

Heu­te nicht mehr so. Aber es gab auch an­de­re Zei­ten, das darfst du mir glauben.

Erinnerst du dich noch an deinen ersten Romanversuch?

Das war nach mei­ner Rück­kehr aus Afri­ka. Selt­sa­mer­wei­se war es ein Sci­ence-Fic­tion-Ro­man. Die Welt wird von Grei­sen re­giert. Erst mit sech­zig ist man voll­jäh­rig. Ich schrieb aber nicht viel. Vor al­lem zeich­ne­te ich Span­nungs­kur­ven. Ich in­ter­es­sier­te mich früh für die Struk­tur von Ge­schich­ten. Mit zwan­zig las ich E.T.A. Hoff­mann, sei­ne gross­ar­ti­ge Schau­er­erzäh­lung «Die Eli­xie­re des Teu­fels». Beim Le­sen fiel mir plötz­lich auf, mit wel­cher Tech­nik er Span­nung er­zeugt: Es pas­sier­te nichts, wenn man es er­war­te­te, und et­was Ent­setz­li­ches, wenn man über­haupt nicht dar­auf ge­fasst war. Hitch­cock­mäs­sig. Ich las da­mals, auch oh­ne es zu wol­len, vie­le Au­toren mit ei­nem Blick auf sol­che hand­werk­li­chen Details.

Es gibt Schriftsteller, die einen Roman damit beginnen, in ein paar Sätzen eine Situation oder Stimmung zu beschreiben. Und dann erst entscheiden sie, wie es weitergeht, welches Personal es noch braucht usw. Die Geschichte entwickelt sich dann erst im Verlaufe des Schreibens.

Das ha­be ich ein­mal ge­macht, und es kam nicht gut her­aus. Seit­her weiss ich im­mer, wie ei­ne Ge­schich­te en­det, be­vor ich sie an­fan­ge. Kei­nen ers­ten Satz oh­ne den letz­ten, ist mein Mot­to. Hand­lun­gen, wie ich sie schrei­be, müs­sen ge­scho­ben und ge­zo­gen wer­den. Wie kann ich aber zie­hen, wenn ich nicht weiss, von wo aus? Ich ha­be mal ein Zi­tat von Hans-Diet­rich Gen­scher auf­ge­schnappt, ich weiss nicht, ob es von ihm stammt, aber es trifft esgenau:

«Wer nicht weiss, wo er hin­will, der kommt auch nicht an.» Ich ha­be ei­ne Skiz­ze im Kopf und schrei­be auch auf Kar­tei­kar­ten, elek­tro­ni­sche al­ler­dings, an wel­chen Pos­ten mein Ori­en­tie­rungs­lauf vor­bei muss, um an sein Ziel zu gelangen.

Manche Schriftsteller sagen, ihre gedankliche Grundeinheit sei der Abschnitt. Andere denken in ein zelnen Sätzen weiter. Wieder an dere in Szenen. Wie ist das bei dir?

Ha­be ich mir nie über­legt. Aber mei­ne ge­dank­li­che Grund­ein­heit ist wohl die Ge­schich­te. Und die­se tei­le ich dann meist in Sze­nen auf. Und in die­se pa­cke ich dann die Rück­blen­den, die in­ne­ren Dia­lo­ge, die Schau­plät­ze, Stim­mun­gen, ein­fach al­les, was die Welt aus­macht, in der die Ge­schich­te spielt.

Das Geschichtenerzählen, das Geschichtenerfinden ist eine Qualität, die im angelsächsischen Raum immer schon höher geschätzt wurde als im deutschsprachigen. Hier punkten Schriftsteller eher mit schwebenden Gefühlsbeschreibungen und dem grossen Leiden an den vielen Möglichkeiten der Freiheit.

Das hast jetzt du ge­sagt. Ich glau­be, der Li­te­ra­tur­be­trieb im deutsch­spra­chi­gen Raum hat sich auch et­was ent­spannt und un­ter­schei­det nicht mehr so streng nach E und U. Aber mit den Gat­tun­gen hat er im­mer noch Mü­he. Wenn ein Buch span­nend ist, ist es in Deutsch­land noch im­mer ein Kri­mi. Ich hat­te schon zwei Kri­mi­prei­se, be­vor ich mei­ne ers­ten Kri­mis, die «Allmen»-Serie, schrieb. Aber es stimmt, mir macht das Ge­schich­ten­er­fin­den und –er­zäh­len viel Spass. Mir be­deu­tet auch der hand werk­li­che Teil des Schrei­bens viel, da­zu ste­he ich. Es gibt nun mal auch hier Ge­setz­mäs­sig­kei­ten und Re­geln. Stell dir vor, man wür­de Beet­ho­ven vor­wer­fen, dass er sich beim Kom­po­nie­ren an Re­geln hielt. Ich bin auch nicht so der Freund von ato­na­ler Mu­sik und Free Jazz. Es geht in der Kunst ja we­ni­ger um die Nicht­ach­tung der Re­geln als um de­ren krea­ti­ve Anwendung.

Denkst du beim Schreiben oft an den Leser?

Klar. Ein Schrift­stel­ler, der sich als Ge­schich­ten­er­zäh­ler ver­steht, muss doch so er­zäh­len, dass man ihm gern zu­hört. Für mich ist das Ver­hält­nis zwi­schen Au­tor und Le­ser kein Mo­no­log. Es ist ein Dia­log, zu dem auch die Le­ser ih­ren Bei­trag leis­ten. Sie müs­sen ih­re Bil­der lie­fern und ich die rich­ti­gen Zau­ber­wör­ter, mit de­nen sie sie ab­ru­fen kön­nen. Die Me­ta­pher stammt vom wun­der­ba­ren Ei­chen­dorff: «Schläft ein Lied in al­len Dingen,/Die da träu­men fort und fort,/ Und die Welt hebt an zu sin­gen, /Triffst du nur das Zauberwort.»

Wie entscheidest du, in welchem Milieu ein Roman spielen soll? Jeder deiner Roman spielt in einem ganz anderen.

Es sind im­mer die Ge­schich­ten, die die Mi­lieus lie­fern. Im Fal­le von «Ele­fant» muss­te je­mand ei­nen klei­nen ro­sa Ele­fan­ten fin­den, den je­mand auf der Flucht ver­steckt hat. Mir ge­fiel die Idee, dass der Fin­der ein Trin­ker ist, der zu­erst denkt, er ha­be im Suff ei­ne Hal­lu­zi­na­ti­on. Da war ich schnell bei ei­nem Ob­dach­lo­sen, und des­halb spielt ein Teil des Ro­mans in sei­nem Mi­lieu. Und ein an­de­rer Teil im Zir­kus­mi­lieu. Auch dort fin­det man sich schnell wie­der, wenn es um Ele­fan­ten geht.

Und wie kamst du auf den rosa Minielefanten?

Auf et­was aty­pi­sche Wei­se. Vor zehn Jah­ren hat mir am Ran­de ei­nes Kon­gres­ses über Alz­hei­mer ein füh­ren­der For­scher ge­sagt, dass es gen­tech­nisch mög­lich wä­re, ei­nen win­zi­gen ro­sa­ro­ten Ele­fan­ten zu er­zeu­gen. Die­ser Satz blieb dann in mei­nem Kopf hän­gen, dar­an ha­be ich im­mer wie­der gedacht.

Wieso hast du so lange gewartet mit der Geschichte?

Als ich «Mon­te­cris­to» vor zwei Jah­ren schrieb, woll­te ich ei­gent­lich erst den «Ele­fan­ten» schrei­ben. Ich hat­te be­reits be­gon­nen, als «Mon­te­cris­to» da­zwi­schen­kam. Meist ha­be ich meh­re­re Ideen, wenn ich ei­nen Ro­man be­gin­ne, ich wä­ge die ab, ent­schei­de mich und ver­fol­ge ei­ne wei­ter. Das ha­be ich auch hier ge­tan. Aber dann kam die Idee da­zwi­schen – ich weiss nicht, wo­her – mit den zwei Hun­der­ter­no­ten mit der­sel­ben Se­ri­en­num­mer und lenk­te mich so lan­ge ab, bis ich merk­te, dass ich zu­erst die­se Ge­schich­te schrei­ben musste.

Ein Gedanke, eine Idee muss doch in deinem Kopf sein, damit dieser weiterspinnt und eine Geschichte erfindet. Beim «Elefant» war es der Satz des Professors.

Bei «Mon­te­cris­to» war es eben die Vor­stel­lung, dass je­mand zwei Bank­no­ten mit der­sel­ben Se­ri­en­num­mer fin­det. Was ei­gent­lich un­mög­lich ist. Ich woll te schon im­mer ei­ne Ge­schich­te er­zäh­len, in der ein un­ge­heu­rer Zu­fall et­was Gros­ses in Gang setzt.

Und wie spinnst du die Geschichte weiter, kannst du erklären, wie dein Kopf arbeitet?

Das Pro­ce­de­re äh­nelt sich in den meis­ten Fäl­len. Ich ha­be ein paar Vor­aus­set­zun­gen, dann über­nimmt die Ge­schich­te die Füh­rung. Bei «Der letz­te Weyn­feldt» hat­te ich die Idee von je­man­dem, der ei­ne Frau da­von ab­hält, Selbst­mord zu be­ge­hen, und da­nach von ihr für ihr Le­ben ver­ant­wort­lich ge­macht und ma­ni­pu­liert wird. Sie ver­lei­tet ihn da­zu, ei­ne gros­se Dumm­heit zu ma­chen. Das muss­te je­mand sein, der ge­sell­schaft­lich und fi­nan­zi­ell viel zu ver­lie­ren hat­te. So kam ich auf die Fi­gur des Adri­an Weyn­feldt und sein Mi­lieu. Das war bei «Der Koch» ganz ähn­lich. Ich wuss­te nur, dass ich ei­nen Ro­man schrei­ben woll­te über je­man­den, der et­was kann, das ihm Macht ver­leiht über an­de­re Men­schen, und dass die­se Macht von an­de­ren für ih­re Zwe­cke miss­braucht wird. Und wie kann man Macht aus­üben? Zum Bei­spiel mit Es­sen, das ei­ne aphro­di­si­sche Wir­kung hat und die, die es ge­nies­sen, in Si­tua­tio­nen bringt, die sie er­press­bar ma­chen. Ich woll­te, dass die Haupt­fi­gur kein Spit­zen­koch ist, son­dern ein Un­der­dog mit ei­ner ver­bor­ge­nen ge­nia­len Be­ga­bung, das war in­ter­es­san­ter. Und wenn du in die Schwei­zer Re­stau­rant­kü­chen schaust, wer macht da die nied­ri­gen Ar­bei­ten? Haupt­säch­lich Ta­mi­len. Dass es in der ta­mi­li­schen Kü­che tat­säch­lich Lie­bes­re­zep­te gibt, das war der per­fek­te Zu­fall. Des­we­gen spiel­te «Der Koch» zum Teil im ta­mi­li­schen Mi­lieu und wur­de der Bür­ger­krieg in Sri Lan­ka eben­falls ein Thema.

Du suchst die Geschichte, nicht das Thema. Also nicht Gentechnologie, wie im Falle von «Elefant», oder das Liebesleben verklemmter Zürcher Protestanten, wie in «Der letzte Weynfeld».

Ge­nau. Manch­mal in­ter­es­siert mich auch ei­ne Struk­tur oder ei­ne Gat­tung. «Der Teu­fel von Mai­land» ist so ein Bei­spiel. Ich woll­te auf mei­ne Art ei­nen Schau­er­ro­man schrei­ben mit ei­nem Se­ri­en­tä­ter, der sei­ne Zei­chen hin­ter­lässt, die im­mer auch ein Hin­weis sind auf sei­ne nächs­te Tat. Das war auch et­was satirisch.

Überarbeitest du das Geschriebene oft?

Ja, aber haupt­säch­lich wäh­rend des Schrei­bens. Es bleibt sel­ten ein Satz so ste­hen, wie ich ihn zu­erst ge­schrie­ben ha­be. Ich schrei­be lang­sam, aber lan­ge. Et­wa acht Stun­den am Tag, wenn ich an ei­nem Ro­man ar­bei­te. Ich le­se aber am nächs­ten Tag nicht das am Vor­tag Ge­schrie­be­ne durch, sonst kä­me ich nicht vom Fleck. Ei­ne ers­te Über­ar­bei­tung ma­che ich erst, wenn ich den letz­ten Satz ge­schrie­ben habe.

Wie gross ist der Anteil der Recherche an deinen Romanen?

Es kommt auf Mi­lieu und The­men an. Meis­tens pas­siert es mir, dass ich mich auf ein Ge­biet be­ge­be, von dem ich we­nig Ah­nung ha­be. Dann muss ich na­tür­lich re­cher­chie­ren. Nur Au­toren, die nur über sich schrei­ben, müs­sen nicht re­cher­chie­ren. Mir ist es wich­tig, mei­ne Ge­schich­ten in ei­ner mög­lichst wirk­li­chen Um­ge­bung an­zu­sie­deln. So wer­den die fik­ti­ven Tei­le viel glaub­wür­di­ger. Der gros­se Sto­rytel­ling-Leh­rer vie­ler Dreh­buch­au­to­ren, Ro­bert McKee, hat ge­sagt: «The rea­li­stic makes the im­pos­si­ble plau­si­ble.» Das gilt na­tür­lich auch für Ro­ma­ne, wie ich sie mag und schrei­ben möch­te. Aber mei­ne Zeit als «Geo»-Autor hat mich ge­lehrt, nicht zehn­mal so viel zu re­cher­chie­ren, wie ich für die Ge­schich­te brau­che. Sonst ste­he ich wie der Esel am Berg mei­ner Recherchen.

Wer ist dein erster Leser?

Mei­ne Frau ist mei­ne ers­te Le­se­rin. Sie ist sehr kri­tisch und da­zu sehr of­fen und kom­pe­tent, was die Stim­mung wäh­rend der Zeit, in der sie das fer­ti­ge Ma­nu­skript zu le­sen be­kommt, im­mer et­was an­ge­spannt macht. Ich könn­te es ihr auch ka­pi­tel­wei­se ge­ben, aber dann wür­de sie nicht be­ur­tei­len kön­nen, ob Span­nung und At­mo­sphä­re aufkommen.

Setzt du dir Tagesziele, eine bestimmte Anzahl Wörter zum Beispiel?

Ja, ich ha­be ein Ide­al, das ich aber, wie das bei Idea­len so ist, sel­ten er­rei­che: tau­send Wör­ter. Aber ich weiss we­nigs­tens am Abend je­weils, um wie viel ich es ver­fehlt habe.

Gab es nach «Small World» einen Roman, den du in den Papierkorb geworfen hast?

«Small World» wä­re fast ein sol­cher ge­wor­den. Mar­grith hat­te nach der Lek­tü­re ge­sagt: «Den wür­dest du nicht le­sen.» Sie kann­te mei­ne Un­ge­duld mit Bü­chern. Ich bin je­mand, der rasch aus­steigt, wenn er nicht in ein Buch rein­kommt. In dem Fall ha­be ich wirk­lich viel um­ge­schrie­ben. Die Ge­schich­te neu struk­tu­riert, gan­ze Er­zähl­strän­ge und Fi­gu­ren ent­fernt, ei­ne To­tal­re­vi­si­on. Da­nach ha­be ich ei­nen Ro­man ge­schrie­ben mit dem schö­nen Ti­tel «Die Ge­dächt­nis­la­gu­ne». Der Ro­man war un­brauch­bar. Ich wuss­te nicht, um mit Gen­scher zu spre­chen, wo ich hin­woll­te, und kam auch nicht an. Aber die Ko­lum­nen, die der Prot­ago­nist, ein ab­ge­wirt­schaf­te­ter Jour­na­list dar­in schrieb, wa­ren gar nicht mal so schlecht.

Warum schreibt jemand über haupt Romane, was bringt dir diese Tätigkeit, mal abgesehen vom Einkommen?

Frei­heit. Die Frei­heit, zu ar­bei­ten, wann und wie ich will. Die Frei­heit, Wel­ten, Men­schen, Ge­schich­ten zu er­fin­den und da­von le­ben zu können.

Es ist eine Frage, die kein Schrift steller mag. Die Leser umso mehr: Gibt es Vorbilder?

Du hast es selbst ge­sagt, ich nen­ne un­gern Na­men. Aber wenn ich doch ei­nen nen­nen müss­te, so wä­re das W. So­mer­set Maug­ham. Er schreibt über al­le mög­li­chen Men­schen, hebt aber nie den Zei­ge­fin­ger. Er ver­ur­teilt nie. Da­zu kommt sei­ne un­glaub­li­che Ele­ganz. Und das, was er über das Schrei­ben schreibt. Ich füh­le ei­ne ge­wis­se See­len­ver­wandt­schaft mit ihm, nicht we­gen der Ele­ganz, aber in an­de­ren Be­zie­hun­gen. Zum Bei­spiel geht es bei mir meist um das The­ma Schein und Sein. Bei ihm auch, wie ich im Nach­hin­ein fest­stell­te. Oder um Iden­ti­tät und Iden­ti­tä­ten. Ich fin­de schon lan­ge, dass wir vie­le ver­schie­de­ne in uns ha­ben. Vor nicht so lan­ger Zeit ent­deck­te ich in sei­nem «No­tiz­buch ei­nes Schrift­stel­lers» (Dio­ge­nes) die Aus­sa­ge: «Manch­mal bli­cke ich rat­los auf die ver­schie­de­nen Sei­ten mei­nes Cha­rak­ters. Ich er­ken­ne, dass ich aus meh­re­ren Per­so­nen be­stehe und dass die Per­son, die im Au­gen­blick die Ober­hand hat, un­wei­ger­lich ei­ner an­de­ren wei­chen wird. Aber wel­che ist mein wah­res Selbst? Al­le die­se oder keine?»

Gibt es eine Person in einem deiner Romane, mit der du dich am leichtesten identifizieren kannst?

Viel­leicht ist das der letz­te Weyn­feldt. Als ich ei­ne Fi­gur such­te für mei­ne «Allmen»-Serie, über­leg­te ich mir, mit wel­cher mei­ner Fi­gu­ren ich es am längs­ten aus­hal­ten wür­de, und kam schnell auf Adri­an Weyn­feldt. Des­halb ist der Hoch­stap­ler Jo­hann Fried­rich von All­men ei­ne Art Möch­te­gern- Weyn­feldt ge­wor­den. Ähn­lich wie ich.

FINN CANONICA ist Chef­re­dak­tor von «Das Magazin»; 

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