Maya Pedersen-Bieri die Schnellste

In St. Moritz ist der Skeleton-Fahrerin Maya Pedersen-Bieri eine starke Reaktion auf ihren Auftritt in Königssee gelungen. Sie gewann das dritte von bisher sechs Weltcup-Rennen dieser Saison und wurde wie tags zuvor Gregor Stähli gleichenorts Europameisterin.

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ako. St. Moritz, 20. Januar

Zweimal ertönte am Freitag nach dem Frauenrennen im Skeleton an der Bobbahn von St. Moritz die Schweizer Nationalhymne. Das machte den Speaker euphorisch - und so verhiess er der Olympiastadt Turin im nächsten Monat die Ankunft Skeleton fahrender Schönheiten («Torino, le belle ragazze arrivano»). Nun, über Geschmack lässt sich streiten. Nicht aber über die einen Monat vor der Olympia-Entscheidung stärkste Athletin. Die Schweizerin Maya Pedersen-Bieri fuhr in beiden Durchgängen Bestzeit und distanzierte die Kanadierin Mellisa Hollingsworth-Richards um 39 Hundertstelsekunden. Dabei schlug Pedersen-Bieri zwei Fliegen auf einen Streich. Sie gewann auch die im gleichen Rennen ausgetragene Europameisterschaft, die Bronzemedaille ging an die Teamkollegin Tanja Morel, die Sechste im Weltcup. Mit der EM-Wertung lässt sich allerdings nur schlecht die Werbetrommel für die in Salt Lake City nach 54-jähriger Absenz wieder ins Olympiaprogramm aufgenommene Sportart rühren. Das Klassement umfasst acht Fahrerinnen aus drei Ländern.

Eindrückliche Reaktion

Nach dem dritten Sieg in der sechsten Weltcup- Prüfung dieses Winters liegt Pedersen-Bieri vor dem letzten Rennen in Altenberg 30 Punkte hinter Hollingsworth-Richards. Den Rückstand handelte sich die in Oyer bei Lillehammer wohnhafte Bernerin mit dem achten Rang in Königssee ein. In St. Moritz nun liess sie postwendend eine eindrückliche Reaktion folgen. «Nach dem guten Training wäre ich über alles andere als den Sieg enttäuscht gewesen», sagte Pedersen-Bieri, die sich neben der Bahn gewöhnlich nicht aus der Reserve locken lässt. Und so peilt sie in Turin nicht explizit eine Medaille, sondern zwei sehr gute Läufe an. Was in ihrer jetzigen Verfassung aber deckungsgleich sein müsste.

Im Gegensatz zu Gregor Stähli, der anderen Schweizer Medaillenhoffnung im Skeleton, wird sie nächste Woche in Altenberg an den Start gehen, den Fokus jedoch schon auf den «eckigen» Olympia-Run von Cesana gerichtet haben. Die beiden Bahnen weisen eine ähnliche Charakteristik auf, verlangen im Gegensatz zu einer Gleiterstrecke wie in St. Moritz von den Fahrern mehr Körpereinsatz und extremeres Steuern. Stähli hat reagiert und absolvierte die drei letzten Rennen auf einem um sieben Zentimeter kürzeren, besser drehenden «Olympiaschlitten». Auch Pedersen- Bieri liess sich im Hinblick auf Turin etwas Besonderes einfallen. Ihr Ehemann Snorre Pedersen, seit fünf Jahren ihr Bahntrainer, entwickelte besser drehende Spezialkufen. Diese haben immerhin bereits dazu geführt, dass bei der Olympiafünften von Salt Lake City die anfängliche Abneigung gegen die Bahn von Cesana verflogen ist. Die Trainingswoche Ende November war nach ihrem Gusto verlaufen.

Darf «Dopingsünder» Lund noch starten?

Offener als bei den Frauen präsentiert sich die Ausgangslage im Männer-Wettbewerb. Hier hat sich diese Saison eine breite Spitze gebildet - Stähli sagt, an den Olympischen Spielen sei für ihn zwischen Rang 1 und 10 alles möglich. Neben Stähli und dem Kanadier Jeff Pain, am Donnerstag in St. Moritz der überlegene Sieger, werden vor allem die mannschaftlich starken Amerikaner zu beachten sein. Allerdings herrscht rund ums US-Team ein ziemliches Chaos. Der Erfolgscoach Tim Nardiello wurde Anfang Januar wegen angeblicher sexueller Belästigung von Athletinnen suspendiert, durch Zach Lund aber rasch aus den Negativschlagzeilen verdrängt. Der zu jenem Zeitpunkt im Weltcup führende Lund war in einer Dopingprobe hängen geblieben. Aus medizinischen Gründen verwendet er seit Jahren ein Haarwuchsmittel, das die verbotene Substanz Finasterid enthält. Bis anhin war das kein Problem, weil der amerikanische Verband die Antidoping- Weltagentur Wada über Lunds Bedürfnis orientierte. Nicht so jedoch diese Saison. Der Amerikaner wurde durch den internationalen Verband für Bob und Skeleton gesperrt, gibt sich aber noch nicht geschlagen. In Königssee sammelte er bei seinen Konkurrenten mit bescheidenem Erfolg Unterschriften für eine Begnadigung. Vom amerikanischen Verband wurde Lund vorerst für die Olympischen Spiele nominiert, mit Chris Soule steht aber bereits ein Ersatzmann bereit. In St. Moritz belegte dieser immerhin Rang 4.