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Krieg in der Ukraine: Kontrollbehörde findet Belege für den Einsatz von Chemiewaffen in der Ukraine «unzureichend» +++ Mutmassliches Komplott gegen Selenski vereitelt

NZZ-Redaktion 8 min
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Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Kontrollbehörde OPCW hat keine ausreichenden Beweise für den Einsatz von Chemiewaffen im Kriegsgebiet Ukraine gefunden. Das teilt die Organisation am Dienstag mit. Russland und die Ukraine hatten sich gegenseitig beschuldigt, Chemiewaffen einzusetzen.
  • Ukrainische Sicherheitsbehörden wollen laut eigenen Angaben russische Anschlagspläne gegen Präsident Wolodimir Selenski und andere Politiker aufgedeckt haben. Zwei Offiziere, die im Personenschutz Selenskis tätig waren, wurden verhaftet.
  • Russland hat eine Militärübung angekündigt, bei der auch der Einsatz von taktischen Atomwaffen geprobt werden soll. Das Manöver sei von Präsident Wladimir Putin angeordnet worden, teilte das Verteidigungsministerium mit.

Live-Ticker

Dienstag, 7. 5.

15.12 Uhr: Kontrollbehörde findet die Belege für den Einsatz von Chemiewaffen in der Ukraine «unzureichend»

Die Kontrollbehörde für Chemiewaffen OPCW sieht keine ausreichenden Beweise für einen Einsatz von Chemiewaffen im Kriegsgebiet in der Ukraine. Russland und die Ukraine hatten sich dessen gegenseitig beschuldigt. Beide Staaten hätten der Behörde dazu Informationen übermittelt, teilte die OPCW in Den Haag mit. Doch diese Anschuldigungen seien «unzureichend begründet». Die Lage im Kriegsgebiet in der Ukraine bleibe aber schwierig. Die OPCW sei äusserst beunruhigend über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen.

In der vergangenen Woche hatten die USA mitgeteilt, dass Russland chemische Stoffe als Waffe in der Ukraine eingesetzt habe. Russland hatte dem widersprochen.

Sowohl Russland als auch die Ukraine haben die Chemiewaffenkonvention unterzeichnet und sich daher verpflichtet, alle Waffenbestände zu vernichten und keine chemischen Stoffe als Waffen einzusetzen.

14.10 Uhr: Mutmassliches Komplott gegen Selenski vereitelt

Ukrainische Sicherheitsbehörden wollen laut eigenen Angaben russische Anschlagspläne gegen Präsident Wolodimir Selenski und andere Politiker aufgedeckt haben. Der ukrainische Geheimdienst SBU teilte mit, zwei Offiziere der für Personenschutz zuständigen ukrainischen Staatsschutzabteilung seien in diesem Zusammenhang festgenommen worden. Sie sollen gegen Geld dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB Informationen verschafft haben und hätten selbst an dem Anschlag teilnehmen sollen.

«Eine Aufgabe des FSB-Netzwerks war es, Attentäter unter den Militärs zu finden, die nahe am Personenschutz des Präsidenten sind, damit sie das Staatsoberhaupt als Geisel nehmen und dann töten könnten», hiess es in der Mitteilung des SBU in Kiew. Die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine bestätigte die Ermittlungen und die Festnahmen. Unabhängige Bestätigungen für den Vorgang ausserhalb der ukrainischen Sicherheitsbehörden gab es aber nicht.

Bekannt ist, dass Russland mit dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 Spezialkommandos nach Kiew entsandte, die Selenski ergreifen oder töten sollten. Das gelang nicht.

07.29 Uhr: Russland droht Grossbritannien wegen Waffenhilfe für Kiew

Mit einer Atomübung und der Einbestellung von Diplomaten hat Russlands Führung auf US-Waffenlieferungen und Äusserungen europäischer Spitzenpolitiker zur Unterstützung für die Ukraine reagiert. Aus Moskau erging zudem eine Drohung an die Adresse Grossbritanniens.

Nach Aussagen des britischen Aussenministers David Cameron, wonach die Ukraine das Recht dazu habe, sich zu verteidigen und von seinem Land gelieferte Raketen für Angriffe auf russisches Gebiet zu nutzen, reagierte Moskau mit Drohungen: Der dortige Botschafter Grossbritanniens wurde einbestellt und bekam eine Protestnote übergeben, wie das russische Aussenministerium mitteilte. Demnach wurde er «gewarnt, dass eine Antwort auf ukrainische Schläge mit britischen Waffen auf russisches Territorium sich gegen alle Militärobjekte und -technik Grossbritanniens sowohl auf dem Gebiet der Ukraine als auch ausserhalb richten kann».

Montag, 6. Mai

14.46 Uhr: Russland verschärft Regelungen über «ausländische Agenten»

Russland hat seine viel kritisierte Regelung über sogenannte ausländische Agenten noch weiter verschärft. Das Parlament in Moskau billigte am laut einem Agenturbericht eine Gesetzesänderung, die als «ausländischen Agenten» eingestuften Personen das passive Wahlrecht entzieht. Betroffene können sich damit künftig weder bei Wahlen auf nationaler noch auf regionaler und kommunaler Ebene als Kandidaten registrieren lassen. Zudem dürfen «ausländische Agenten» nicht mehr als Wahlbeobachter tätig sein.

In Russland sind zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, kritische Medien sowie Einzelpersonen als «ausländische Agenten» gebrandmarkt. Die Einstufung geht für die Betroffenen oft mit grossen beruflichen Nachteilen bis hin zu Risiken für ihre Sicherheit einher. Sie gilt deshalb als Mittel politischer Repression, um Kritiker mundtot zu machen. Insbesondere seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor mehr als zwei Jahren geht Russlands Staatsapparat hart gegen Andersdenkende vor.

13.44 Uhr: Von der Leyen will Lieferung von Dual-Use-Gütern an Russland eindämmen

Die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen hat nach einem Gespräch mit den Präsidenten Chinas und Frankreichs entschlosseneres Handeln gegen Lieferungen militärisch nutzbarer Güter nach Russland gefordert. «Es müssen mehr Anstrengungen unternommen werden, um die Lieferung von Dual-Use-Gütern an Russland einzudämmen, die ihren Weg auf das Schlachtfeld finden», sagte von der Leyen in Paris, wo sie mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zusammengetroffen war. Angesichts der existenziellen Bedrohung des Krieges sowohl für die Ukraine als auch für Europa spiele das Thema in den Beziehungen der Europäischen Union mit China eine Rolle.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (l.) und die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen (r.) währendes des Besuchs von Chinas Staatschef Xi Jinping (Mitte).

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (l.) und die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen (r.) währendes des Besuchs von Chinas Staatschef Xi Jinping (Mitte).

Kiran Ridley / Getty Images Europe

Dual-Use-Güter sind Güter, die zu zivilen und auch militärischen Zwecken verwendet werden können. Immer wieder werden Vorwürfe gegen chinesische Firmen laut, solche Güter nach Russland zu liefern. Die USA etwa haben deshalb bereits chinesische Unternehmen mit Sanktionen belegt.

Von der Leyen sagte auch: «Wir zählen darauf, dass China all seinen Einfluss auf Russland nutzt, um Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden.» Man teile ein Interesse an Frieden und Sicherheit. Xi habe eine wichtige Rolle dabei gespielt, Russlands nukleare Drohungen zu deeskalieren. Sie sei zuversichtlich, dass Xi dies auch weiterhin tun werde.

11.21 Uhr: Stromausfälle nach russischen Angriffen in der Nordostukraine

Nach russischen Luftangriffen ist es im nordostukrainischen Gebiet Sumi zu Stromausfällen gekommen. Laut Behördenangaben sind über 400 000 Haushalte in drei Landkreisen sowie der Gebietshauptstadt Sumi betroffen gewesen. Das russische Militär griff das Gebiet laut den Angaben mit 13 Kampfdrohnen iranischen Typs an. Obwohl 12 davon abgefangen worden sein sollen, wurden laut dem Netzbetreiber Ukrenerho Energieanlagen beschädigt. In mehr als 1300 Ortschaften fiel vorübergehend der Strom aus. Mittlerweile sei der grösste Teil jedoch wieder mit Elektroenergie versorgt.

9.52 Uhr: Russland kündigt Militärübung mit Atomwaffen an

Russland hat eine Militärübung angekündigt, bei der auch der Einsatz von taktischen Atomwaffen geprobt werden soll. Das Manöver sei von Präsident Wladimir Putin angeordnet worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Es soll die Bereitschaft der nichtstrategischen Nuklearstreitkräfte zur Durchführung von Kampfeinsätzen testen. Taktische Atomwaffen sind für den Einsatz in einem Kampfgebiet konzipiert, strategische Atomwaffen können hingegen mit Interkontinentalraketen weit entfernte Ziele treffen.

Russland verfügt über das grösste Atomwaffenarsenal der Welt. Die Übung ziele darauf ab, die territoriale Integrität und Souveränität Russlands «als Reaktion auf provokative Äusserungen und Drohungen bestimmter westlicher Offizieller gegen die Russische Föderation» zu sichern, so das Ministerium.

9.04 Uhr: Sechs Tote und 35 Verletzte bei ukrainischem Drohnenangriff

In der russischen Grenzregion Belgorod sind laut Behördenangaben sechs Personen durch einen ukrainischen Drohnenangriff getötet worden. Unweit des Dorfes Berjosowka hätten die Ukrainer drei Fahrzeuge beschossen – darunter zwei Busse mit Arbeitern, schrieb der Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram. Weitere 35 Personen seien verletzt worden, unter ihnen zwei Kinder. Gladkow veröffentlichte auch ein Foto, das einen stark beschädigten Bus zeigt. Er nannte zunächst keine weiteren Details zu den Arbeitern oder zu dem Unternehmen, für das sie tätig sind.

Infolge des seit mehr als zwei Jahren andauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stehen immer wieder auch russische Grenzregionen unter Beschuss. Angriffe mit vielen Toten sind dabei jedoch recht selten. Insgesamt stehen die Zahl der Opfer und Schäden in keinem Verhältnis zu den verheerenden Kriegsfolgen in der Ukraine.

5.42 Uhr: 103 Kampfhandlungen und 100 Luftangriffe am orthodoxen Ostersonntag

In der Ukraine werden die heftigen Kämpfe fortgesetzt. Der Generalstab in Kiew meldet 103 Kampfhandlungen am Sonntag. Brennpunkt sei das Gebiet westlich von Bachmut und Awdijiwka in der Ostukraine gewesen, in dem die ukrainischen Verteidiger 56 russische Angriffe zurückgeschlagen hätten. Zudem habe es 100 russische Luftangriffe sowohl auf ukrainische Stellungen als auch auf zivile Wohngebiete gegeben. «Infolge dieser terroristischen Angriffe hat es leider Opfer unter der Zivilbevölkerung gegeben», heisst es in dem Bericht des Generalstabs. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

4.38 Uhr: Eine Tote und mindestens 24 Verletzte bei Angriffen auf Charkiw und Umgebung

Laut Angaben örtlicher Behörden sind bei den russischen Angriffen auf Charkiw und Umgebung am orthodoxen Osterfest mindestens 24 Personen verletzt worden. Eine unter Trümmern begrabene 88-jährige Frau starb. Der nationale ukrainische Sender Suspilne berichtet zudem über Stromausfälle nach Drohnenangriffen auf die benachbarte Region Sumi. Laut der Militärbehörde in der Region Donezk wurden zwei Personen in der Kleinstadt Pokrowsk durch Granatbeschuss getötet. Zwei weitere Personen seien in Tschasiw Jar in der Nähe von Bachmut verletzt worden.

Sonntag, 5. Mai

16.17 Uhr: Verletzte bei russischen Angriffen auf Charkiw

Bei einem russischen Angriff auf die ostukrainische Grossstadt Charkiw sind laut ersten Berichten mindestens zehn Menschen verletzt worden. Mehrere Explosionen hätten Wohngebiete in der Stadtmitte erschüttert, teilte der regionale Militärverwalter mit. «Derzeit behandeln Ärzte zehn Personen an zwei Orten, die beschossen wurden.» Laut Berichten soll die russische Luftwaffe Gleitbomben eingesetzt haben.

Erst am Samstag waren mehrere Ortschaften in der Umgebung von Charkiw Ziel russischer Artillerieüberfälle. In der Nacht zum Sonntag wurde die Grossstadt von sogenannten Kamikazedrohnen angegriffen. Dabei seien drei Wohngebäude in Brand geraten, teilte Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram mit.

6.55 Uhr: Ukraine meldet Abwehr von russischem Drohnenangriff

Die ukrainischen Flugabwehrsysteme haben laut eigenen Angaben 23 von 24 Kampfdrohnen zerstört, die Russland auf ukrainisches Territorium abfeuerte. Dies teilte die ukrainische Luftwaffe am Sonntag über die Messaging-App Telegram mit.

4.16 Uhr: Selenski lobt nach russischen Luftangriffen eigene Flugabwehr

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat nach schweren russischen Luftangriffen trotz einer Reihe von Einschlägen die eigene Flugabwehr gelobt. «Heute hatten unsere Verteidiger des Himmels den ganzen Tag über viel Arbeit», sagte Selenski am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Beschuss habe es in Charkiw, Odessa und im Gebiet Donezk gegeben.

«Besonders hervorheben möchte ich die 110. mechanisierte Brigade für den Abschuss einer weiteren russischen Su-25 über dem Gebiet Donezk heute», sagte Selenski. Eine unabhängige Bestätigung für den Abschuss des Kampfflugzeugs gab es zunächst nicht. Selbst der ukrainische Generalstab hatte in seinem Lagebericht zuvor nur das Abfangen einer russischen Lenkwaffe vom Typ Ch-59 als Erfolg für die Flugabwehr vermeldet.

2.31 Uhr: Medien: Russisches Militär erobert weitere Ortschaft in Donezk

Russische Truppen rücken laut Medienberichten im Osten der Ukraine weiter vor. Das russische Militär habe die Siedlung Archanhelske besetzt, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur Unian am Samstag unter Berufung auf den bekannten Militär-Telegram-Kanal «Deepstate». Russische Militärblogs hatten die Eroberung bereits einige Stunden zuvor gemeldet. Offiziell gab es zunächst aus Kiew keine Reaktion zu den Berichten über den Verlust einer weiteren Ortschaft.

Archanhelske liegt etwa 15 Kilometer nördlich von Awdijiwka. Diese zur Festung ausgebaute Kleinstadt unmittelbar vor den Toren der bereits seit 2014 von prorussischen Kräften kontrollierten Industriestadt Donezk mussten die Ukrainer im Februar nach schweren Kämpfen räumen. Seither ist es Kiew nicht gelungen, die Front in dem Abschnitt zu stabilisieren. Der zunächst als neue Verteidigungslinie geplante Raum zwischen Sjewerne, Orliwka und Berditschi ist inzwischen unter russischer Kontrolle. Auch der Versuch, die Russen vor Otscheretine zu stoppen, ist gescheitert.

Ein ukrainischer Soldat der 43. Artillerie-Brigade bereitet in einem Schützengraben in der Nähe der Frontlinien in der Region Donezk Kaffee zu (4. Mai).

Ein ukrainischer Soldat der 43. Artillerie-Brigade bereitet in einem Schützengraben in der Nähe der Frontlinien in der Region Donezk Kaffee zu (4. Mai).

Valentyn Ogirenko / Reuters

Mit Agenturmaterial.