Oskar Freysinger taucht aus der politischen Versenkung auf – er wird SVP-Wahlkampfleiter für die Westschweiz

Zwei Jahre lang zog sich der abgewählte Walliser Staatsrat aus der Öffentlichkeit zurück und schrieb unermüdlich an seinen Büchern. Nun holt ihn die Parteileitung aufs politische Parkett zurück – weil niemand so gut motivieren könne wie er.

Antonio Fumagalli, Lausanne
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Bedeutendes Polit-Comeback: Der ehemalige Nationalrat Oskar Freysinger wird Wahlkampfleiter der SVP für die Westschweiz. (Bild: Salvatore Di Nolfi / Keystone)

Bedeutendes Polit-Comeback: Der ehemalige Nationalrat Oskar Freysinger wird Wahlkampfleiter der SVP für die Westschweiz. (Bild: Salvatore Di Nolfi / Keystone)

Anfang März bittet die SVP zu einer Pressekonferenz. Die grösste Partei der Schweiz wird dabei darlegen, mit welcher Strategie sie bei den Wahlen vom Herbst ihren rekordhohen Wähleranteil zu halten gedenkt – und welches Team sie dafür in die Schlacht schickt. Auf dem Podium wird dabei auch ein Mann sitzen, den man national nur allzu gut kennt: Oskar Freysinger. Die Partei hat ihn zu ihrem Wahlkampfleiter für die Westschweiz ernannt.

Es ist eines der grösseren Polit-Comebacks der jüngeren Vergangenheit, denn der Fall des streitbaren Altnationalrats war tief. 2013 noch mit dem besten Resultat aller Kandidaten in die Walliser Regierung gewählt, musste er im Frühling 2017 die Schmach der Abwahl erleiden. Freysinger zog sich aus der Öffentlichkeit zurück, liess Interviewanfragen unbeantwortet und schrieb unermüdlich an seinen Büchern. Sein letztes Werk erschien im vergangenen August und verkauft sich gemäss eigenen Angaben «unglaublich gut».

Doch nicht nach Korsika

Und nun steigt er also wieder in die Hosen. «Diesen letzten Dienst will ich noch leisten», sagt Freysinger. Im vergangenen Sommer tönte es noch anders. Als ihn der «Walliser Bote» damals mit der Frage konfrontierte, gab er sich widersprüchlich und teilte dem Blatt mit, dass er sich «definitiv in Korsika niederlassen» wolle. Auf Youtube veröffentlichte er später ein Video, in dem er die Rückkehr in die Politik ebenfalls ausschloss.

Es war dann SVP-Präsident Albert Rösti, der ihn – mit einiger Mühe –davon überzeugen konnte, das Mandat zu übernehmen. «Keiner kann das besser als er», ist Rösti überzeugt. Freysinger bringe nicht nur jahrzehntelange Erfahrung auf dem politischen Parkett mit, er kenne auch die Romandie gut und verfüge über die nötige zeitliche Flexibilität. Vor allem aber vermöge er dank seinem rhetorischen Talent Wähler wie Kandidaten zu überzeugen. «In allen Sprachen und, wenn Unterhaltung nötig ist, sogar mit der Gitarre», sagt Rösti und spielt damit auf Freysingers Qualitäten als Liedermacher und Dichter an – die ihm wegen anzüglicher Reime allerdings auch schon den wenig ruhmreichen Übernamen «Pissoir-Poet» einbrockten.

Kandidieren mag er nicht mehr

Freysinger ist in erster Linie dafür zuständig, den Wahlkampf aus dem Hintergrund zu koordinieren. Sprich: Konzepte erarbeiten, Anlässe organisieren, Sektionen besuchen, mit Kandidaten und potenziellen Wählern sprechen. Selber wird er nicht mehr zu den Nationalratswahlen antreten, auch wenn ihn die Parteileitung gerne aufgestellt hätte. Unter dem Radar der Öffentlichkeit führt er die Koordinationsarbeit bereits seit einigen Monaten aus – zusammen mit dem nationalen Wahlkampfleiter Adrian Amstutz und den weiteren Regionalverantwortlichen Sandra Sollberger, Marco Chiesa und Marcel Dettling.

Wie seine Westschweizer Kampagne dereinst aussehen wird, will Freysinger noch nicht verraten. Man könne davon ausgehen, dass sie «Pfiff» habe und er «Know-how und Phantasie» einfliessen lasse, sagt er. Kernthema werde, wenig erstaunlich, die Souveränität der Schweiz sein. «Das ist der einzige Grund, warum ich überhaupt begonnen habe, mich politisch zu engagieren», so Freysinger. Aus finanziellen Gründen habe er das Engagement jedenfalls nicht angenommen, die Arbeit mache er ehrenamtlich und lasse sich einzig die Spesen zurückerstatten. Für die eigentliche Kampagne sei ihm von der Partei ein «substanzielles Budget» versprochen worden.

Keine Spur vom «Parmelin-Effekt»

Klar ist: An Arbeit wird es Freysinger in den kommenden Monaten nicht mangeln. Denn um die Schlagkraft der Westschweizer SVP steht es nicht zum Besten. Verschiedene Sektionen machten jüngst mit internen Querelen von sich reden, mehrere Kantonalpräsidenten quittierten den Dienst. Der frühere Romandie-Wahlkampfleiter verliess seinen Posten nach nur acht Monaten. Bei kantonalen Wahlen büsste die Partei Sitze ein und stellt nunmehr keinen einzigen Regierungsrat in der Romandie (wenn man den Berner Jura ausklammert).

Zuletzt sorgte die Neuenburger Sektion für Aufsehen, die sogar die Anmeldefrist für die Nationalratswahlen verlängern musste, weil sich weniger Kandidaten gemeldet hatten, als Plätze zur Verfügung stehen. Kurz: Der vielzitierte und von der Parteileitung erhoffte «Parmelin-Effekt» fand nie statt. Präsident Albert Rösti sieht in der Romandie denn auch weiterhin «viel brachliegendes Potenzial». Hauptziel müsse es sein, die SVP-Sympathisanten im Herbst überhaupt zum Gang an die Urne zu bewegen – und dafür sei «der grosse Motivator Oskar Freysinger eben genau der richtige Mann».

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