Tour de Ski: Dario Cologna erweist sich als Meister des Schonprogramms

Dario Cologna liegt nach dem Start der Tour de Ski nur im 15. Gesamtrang. Doch der Cheftrainer redet ihn stark, und zwar mit einer kühnen These.

Elmar Wagner, Lenzerheide
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Schafft die Qualifikation für die Viertelfinals in den Sprint-Rennen in Lenzerheide nicht: der Bündner Dario Cologna.

Schafft die Qualifikation für die Viertelfinals in den Sprint-Rennen in Lenzerheide nicht: der Bündner Dario Cologna.

Urs Flüeler / Keystone

So trügerisch kann die Momentaufnahme im Schweizer Langlauf sein. Als die Tour de Ski vor zwei Jahren letztmals in Lenzerheide startete, herrschte nichts als Euphorie. Dario Cologna siegte erstmals seit langer Zeit wieder, gleich an zwei Tagen nacheinander. Und Laurien van der Graaff entschied die Sprint-Prüfung zu ihren Gunsten; der letzte Weltcup-Sieg einer Schweizerin lag da dreissig Jahre zurück.

Am Wochenende ist die Realität zurückgekehrt, und sie ist ernüchternd: Das beste Schweizer Resultat ist der sechste Rang Colognas im 15-km-Skatingrennen vom Samstag.

«Klassisch noch stärker»

Dennoch blickte Cologna in Lenzerheide so richtig fröhlich auf den weiteren Verlauf der Tour de Ski. Das hat mit seinen neuen Prioritäten in einem solchen Etappenrennen zu tun; er praktiziert unterdessen eine Art nachhaltiges Langlaufen. Und das geht so: In den Sprints nicht ans Limit gehen, um die Gefahr eines Reizhustens zu minimieren und so besser erholt in die nächsten Rennen zu steigen. Cologna kämpft seit rund zehn Jahren gegen den lästigen Husten, trotz verschiedenen Anpassungen hat er ihn noch immer nicht im Griff. Zuletzt, nach den Rennen in Davos, wurde er tagelang von Reizhusten geplagt.

Also entschied er sich, die Sprints an der Tour sehr defensiv zu laufen, auf dass sich sein Schonprogramm später aufs Schönste entfalte. Und so bestritt er am Sonntag erstmals überhaupt einen Weltcup-Wettkampf ohne höchste Intensität – er wurde nur 46., es reichte ihm bei weitem nicht für die Finalqualifikation. Danach sagte der vierfache Tour-de-Ski-Sieger, er spüre, dass die Form sehr gut sei.

Das zeigte sich schon im Massenstart-Rennen vom Samstag, als Cologna bei der entscheidenden Attacke des Russen Sergei Ustjugow zur Stelle war. Hätte zu jenem Zeitpunkt auch das Material gestimmt, wäre mehr als der sechste Rang dringelegen. Cologna war im Ziel entsprechend verstimmt, sagte, er habe nur den Kopf schütteln können, als in der Schlussabfahrt gleich mehrere Norweger an ihm vorbeigezogen seien.

Der Cheftrainer Ivan Hudac wollte tags darauf nicht von einem Materialproblem sprechen. Die Unterschiede zu anderen Nationen seien, wenn schon, nur punktuell spürbar. Gleichzeitig schürte er die Erwartungen bezüglich Cologna: «Persönlich bin ich überzeugt, dass Dario klassisch noch stärker läuft als im Skating», sagte er. Das ist eine überraschende Behauptung, hatte sich Cologna doch zuletzt im klassischen Laufstil zurückgehalten. Nachdem es ihn zu Saisonbeginn in der linken Wade gezwickt hatte, verzichtete er gar auf die vier folgenden Rennen.

Erst nach Davos wagte er wieder das eine oder andere intensive Klassisch-Training, und da die Wade hielt, war Cologna vor dem Tour-Start verhalten positiv gestimmt. Der Cheftrainer kann seine kühne These faktisch unterfüttern: Am 23. November hatte Cologna in Gällivare ein Fis-Rennen über 15 km Klassisch gewonnen, 17 Sekunden vor dem Schweden Jens Burman. Dieser klassierte sich eine Woche später beim ersten Weltcup-Rennen über dieselbe Distanz und in demselben Stil im 15. Rang – was für Cologna eine (theoretische) Platzierung mitten in der Weltelite ergeben hätte.

Nun, am Neujahrstag kann Cologna zeigen, was die Theorie in der Realität hergibt – dannzumal steht in Toblach ein Verfolgungsrennen im klassischen Stil auf dem Programm. Tags zuvor wird er selbenorts die Etappe über 15 km Skating (Einzelstart) absolvieren, und was er in dieser Art von Rennen leisten kann, zeigte er vor zwei Wochen als Dritter in Davos.

Roman Furger bester Schweizer

Cologna liegt nach den ersten beiden Teilstücken im 15. Rang des Tour-de-Ski-Klassements. Was auf den ersten Blick nicht berauschend aussieht, hat durchaus Potenzial. Einzig der Kronfavorit Johannes Klaebo hat mit 76 Sekunden schon einen substanziellen Vorsprung auf Cologna, dank dem zweiten Platz vom Samstag und dem Sieg am Sonntag. Da aber die mitfavorisierten Russen Alexander Bolschunow und Sergei Ustjugow am Sonntag den Einzug in den Sprintfinal nicht schafften, liegen sie nur rund 40 Sekunden vor dem Schweizer.

Interessanterweise reiste Cologna nicht als bester Schweizer aus Lenzerheide ab. Roman Furger wuchs gleich an beiden Tagen über sich hinaus; die zwei Top-15-Plätze ergeben für ihn den 13. Gesamtrang. Der Urner ist seit gut einem Monat Vater, und das beflügelt ihn offenbar – wie sehr, konnte man im Sprint-Halbfinal sehen, als er in voller Fahrt elegant über einen vor ihm gestürzten Konkurrenten sprang.