Ysop – das heilige Kraut

Als Bienenweide und Schmetterlingsmagnet kehrt der Ysop (Hyssopus officinalis) wieder in manche Gärten zurück. Das Wissen rund um diese alte Würz- und Heilpflanze aus der Familie der Lippenblütler ist jedoch weitgehend verschüttet. Gerade in Corona-Zeiten kann es nicht schaden, ein wenig mehr Kenntnisse über ein solch besonderes Kraut zu haben. Immerhin gilt der Ysop als hilfreich bei Atemwegskrankheiten und Lungenkrankheiten.

Mit heiligen Weihen

Herbe sacrée, heiliges Kraut, nennen Franzosen neben dem Garten-Salbei (Salvia officinalis) und dem Echten Eisenkraut (Verbena officinalis) den Ysop, der bei uns auch Volksnamen wie Kirchen-Hyssop oder Kloster-Ysop trägt. Ysop leitet sich wahrscheinlich vom Hebräischen êsôw oder ezob bzw. vom Arabischen azzof ab, was heiliges Kraut bedeutet. Der im Mittelmeerraum heimische und in Deutschland teils verwildert anzutreffende Halbstrauch hat jedoch nichts mit dem biblischen Ysop zu tun, der als Reinigungs- und Sühnepflanze beschrieben wird. Der Ysopstängel, der dem sterbenden Jesus am Kreuz mit einem in Essig getränkten Schwamm gereicht wurde (Joh 19,29), war wohl eher der eng verwandte Origanum syriacum, der Syrische Ysop. Letzterer war wohl auch mehr ein rituell verwendetes Kultkraut als eine Heilpflanze. In den heiligen Reigen der Kräuter stieg der wahre Ysop durch die Kräuterweisen des Mittelalters auf. Oder etwa doch, weil man ihn ähnlich wie das Bibelblatt (Tanacetum balsamita) in Gebet- und Liederbuch legte, um dank des Geruchs wach zu bleiben.

Hustenstiller, Lungenheiler, Launeheber

Im Mittelalter wurde der Ysop hauptsächlich gegen Heiserkeit, Husten, Asthma und Lungenleiden eingesetzt. Im „Vade-Mecum: Ein vollständiges Kunst-, Hülffs- und Handbuch für alle Stände“ von 1839 ist eine Weisheit der Schule von Salerno aufgeschrieben: „Hyssopus purgans herba est è pectore phlegma…“ – vom Schleim befreit der Ysop uns die Brust, soll sein die Lunge frei, koch Honig dir dabei. Hildegard von Bingen sowie viele weitere Heilkundige empfehlen den Ysop gegen Husten und Kurzatmigkeit, aber auch gegen Traurigkeit. Heute wird Ysop ähnlich wie Salbei gegen Bronchialkatarrh, Asthma und zur Regulierung der Schweißsekretion empfohlen, allerdings fehlen wissenschaftliche Nachweise. Mit seinen besonderen Potpourri an ätherischen Ölen wirkt Ysop anregend, aufmunternd und konzentrationsfördernd, meinen Aromatherapeuten.

Ysop anwenden

In der Küche lässt sich Ysop ähnlich wie Rosmarin, Thymian, Salbei oder Bohnenkraut nutzen. Blätter wie Blüten schmecken würzig-balsamisch, kampferartig mit einem elegant bitteren Touch. Er passt zu hellem Fleisch wie zu Gemüse, in Eintöpfe und Kartoffelgerichte. In kleinen Portionen veredelt er Pfirsiche und Aprikosen auf eine ganz besondere Art und Weise. Berühmtheit hat die Hühnersuppe mit Ysop nach Hildegard von Bingen erlangt, von der Firma Sonnentor als „Schutzengel- oder Gute-Laune-Suppe“ vermarktet. Mit schmeckt er besonders gut in einem Joghurt-Dipp zu Hühnchen und zu gebratenem Gemüse: griechischen Joghurt mit Zitronensaft, Salz, Pfeffer und fein gehacktem Ysop verrühren.
Heilkundlich spielt vor allem der Ysop-Honig eine große Rolle, daneben auch ein Sirup, bei dem Datteln, Feigen, Rosinen mit Wasser und Sirup eingekocht werden. Ich greife zu einem Oxymel, also einem Ansatz aus 1 Teil Apfelessig, 3 Teilen Honig und Ysop (Mengenverhältnis rund ein Viertel zum Gesamtansatz). Täglich ein Löffel eingenommen oder in der Küche verarbeitet (z.B. im Salatdressing) kann dem Immunsystem gut helfen.

Ein Nachsatz

Ysop hat wegen seiner Inhaltsstoffe eine sehr gute Wirkung gegen Viren, eventuell auch gegen Corona-Viren. Vor allem das ätherische Öl wirkt ungewöhnlich stark antiviral und auch bakterizid, birgt jedoch auch Risiken, denn es kann nervenschädigend und wehenauslösend wirken. Für Kinder, Schwangere und Stillende ungeeignet!

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