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Sportlerleid Der Schmerz, dein Freund und Helfer

Läuferknie, Wadenzwicken, Ziehen in der Achillessehne: Die Wehwehchen beim Sport sind nervig - aber wichtig. Denn ohne sie würden wir unseren Körper ständig überlasten. Achim-Achilles.de erklärt, wie man Schmerzen besser versteht.
Schmerz in der Schulter (Grafik): Warnsignale des Körpers

Schmerz in der Schulter (Grafik): Warnsignale des Körpers

Foto: Corbis

Die Wade zwickt, das Knie tut weh - fast jeder Sportler leidet irgendwann einmal unter Schmerzen. Ist das nur unser kreatives Gehirn, das nach Ausreden sucht, um das Training vernachlässigen zu dürfen? Oder ist die Sache ernst?

Schmerzen sind immer ein alarmierendes Zeichen: "Sie haben nichts mit dem inneren Schweinehund zu tun, sondern sind ein Warnsignal, die betroffene Körperregion zu schonen", sagt Ingo Froböse, Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln. "Der Körper besitzt Rezeptoren, die unermüdlich überprüfen, ob im Organismus alles richtig funktioniert: Sie messen die Körpertemperatur, den mechanischen Druck und analysieren biochemische Veränderungen."

Das bedeutet: Bekommen die Zellen nicht genügend Sauerstoff, schlägt der Körper Alarm. Verharrt man zu lange in einer Position, beispielsweise sitzend vor dem Computer, bekommt man Nackenschmerzen. Schmerzen sind wichtig, denn sie schützen uns vor Verletzungen.

Woher kommen Schmerzen bei Sportlern?

Unter Sportlern heißt es oft: Nur wer Schmerzen hat, trainiert richtig. Viele nehmen dagegen lieber Schmerzmittel als einen Tag zu pausieren. Doch so betäubt man Schmerzen nur, die Ursache löst man damit nicht: "Wenn man nach dem Sport Schmerzen verspürt, sind das meistens Überlastungen der Sehnen, Bänder oder Gelenke" sagt Froböse. "Der Grund: Die Strukturen im Körper verändern sich unterschiedlich schnell: Ein Muskel wächst in drei Wochen, Knochen und Knorpel dagegen brauchen sechs Monate. Durch dieses Ungleichgewicht entstehen Überspannungen in Muskeln und Faszien. Der Körper schaltet einen Schmerz als Warnsignal, der dem Sportler sagt: 'Pass auf, mach lieber eine Pause, bevor du dich verletzt.'"

Warum empfindet man Schmerzen unterschiedlich stark?

Schmerzen entstehen im Gehirn und werden von jedem anders wahrgenommen. Zum einen reagieren wir je nach Körperstelle unterschiedlich stark. "Gesicht, Mund und Hände sind beispielsweise viel empfindlicher als der Oberkörper", sagt Froböse. Zum anderen ist das Schmerzempfinden sehr subjektiv. Jeder Mensch leidet unterschiedlich. Manche können Schmerzen besser verdrängen als andere und sind deshalb leidensfähiger. Es geht es aber nicht darum: Wie viel Schmerz kann ich aushalten? Sondern: Was kann ich gegen die Schmerzen tun?

Wie können wir Schmerzen verstehen?

"Der Schmerz ist dein Freund und nicht dein Feind", sagt Schmerztherapeut Roland Liebscher-Bracht . "Je mehr sich der Körper gefährdet fühlt, umso größer sind die Schmerzen. Wer nicht darauf hört und weiter in den Schmerz hineintrainiert, macht alles nur schlimmer." Wer nach dem Sport unter Muskelverspannungen oder Sehnenreizungen leidet, sollte also genau hinterfragen: War die Belastung angemessen oder nicht? Schmerzen, die 18 bis 24 Stunden nach der Belastung auftreten, seien ein sicheres Indiz für Muskelkater, so Froböse. Entgegen der landläufigen Meinung ist Muskelkater also kein Zeichen für effektives Training, sondern für Überlastung: "Das Gewebe ist zerstört und muss wieder aufgebaut werden", sagt Froböse. Der Körper braucht Zeit, um zu regenerieren.

Kälte oder Wärme: Wie kann man akute Schmerzen behandeln?

Ein Patentrezept gegen Schmerzen gibt es nicht. Aber man kann Schmerzen kurzzeitig ausschalten, zum Beispiel mit Kälte. "Ein Fußballer, der auf dem Platz gefoult wird, bekommt von seinen Ärzten ein Kältespray verabreicht. Kälte betäubt den Schmerz und der Fußballer kann weiterspielen", sagt Froböse.

Um Schmerzen langfristig auszuschalten, reicht die Kältetherapie aber nicht aus. Bindegewebs-Massage  und Dehnübungen helfen gegen Spannungszustände in Muskeln und Faszien. "Es ist wichtig, dass die Durchblutung angeregt wird", sagt Froböse. Bei Verspannungen im Rücken, Nacken und Schulterbereich sei Wärme besonders gut, so der Professor. Denn sie öffne die Gefäße und entspanne die Muskeln.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei chronischen Schmerzen?

Ist der Schmerz schon chronisch, gibt es verschiedene Therapien wie Osteopathie oder die Triggerpunkt-Massage. Das Problem bei diesen Therapien: "Die Schmerzen werden vorübergehend gelindert, doch die Ursache wird nicht gelöst", sagt Froböse. Eine funktionierende Therapie müsse also auch immer präventiv sein. Dazu gehört es, ein Körpergefühl zu entwickeln, um einschätzen zu können: Wie viel Training verträgt mein Körper? Letzten Endes gibt es unzählige Therapieformen, aber die Formel für ein schmerzfreies Training geht ganz einfach: Man darf sich und seinen Körper nicht überlasten.

Von Julia Schweineberger