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Deutsche Langlauf-Frauen Lauerstellung in der Loipe

Die deutschen Langlauf-Frauen sind über zehn Kilometer ohne Medaille geblieben - und geben sich dennoch zufrieden. Sie wittern ihre Goldchancen in den kommenden Wettbewerben. Nur die Jüngste weinte: Miriam Gössners Olympiadebüt geriet zu einem persönlichen Debakel.
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Deutsche Langläuferinnen: "Für den Einstieg ganz gut"

Foto: Bonny Makarewicz/ dpa

Wie sieht eine Olympia-Zwölfte aus? Sie trägt eine Mütze, hat die Sonnenbrille nach oben geschoben und gibt fröhlich Interviews. "Für den Einstieg war das hier ganz gut", sagt Evi Sachenbacher-Stehle, 29. Die Abfahrten seien schwierig zu fahren gewesen und die Kurven auch. "Ich hätte gern die Top Zehn erreicht, aber so ist es auch okay."

Und was macht eine Olympia-Sechzehnte? Sie lächelt leicht und sagt, dass das hier schöne Bedingungen gewesen seien. "Der Spaß war das Wichtigste", sagt Claudia Nystad, 32, "ich bin mit der Form zufrieden." Stefanie Böhler, Platz 23, verweist auf ihre gerade auskurierte hartnäckige Erkältung und erklärt, man müsse sich ja auch realistisch einschätzen. "Mein Ergebnis liegt im Bereich dessen, was möglich war."

Zehn Kilometer sind die deutschen Frauen gerade im freien Stil gelaufen, und auf die Siegerin Charlotte Kalla aus Schweden hat die Bestplatzierte Sachenbacher im Ziel fast eine Minute Rückstand. Auf die Zweite Kristina Smigun-Vaehi (Estland) auch. Und 45 Sekunden auf Bronze (Marit Björgen, Norwegen). Das Ergebnis sagt: Wer über diese Freistil-Strecke auch nur auf eine deutsche Medaille zu hoffen wagte, hat keine Ahnung.

Und irgendwie sagt das Jochen Behle auch.

Der Langlauf-Bundestrainer steht mit einer orangefarbenen Weste in der Mixed Zone, die Gesichtszüge sind entspannt. "Wir kämpfen hier nicht um Medaillen bei den Damen", sagt Behle. Die besten Zehn seien zwar das Ziel gewesen, aber das habe man ja "nur ganz knapp" verpasst. "Wirklich", sagt Behle dann noch einmal wie zur Selbstbestätigung, "wir können zufrieden sein."

Weit Entfernt vom Mittelmaß

In Zeiten, in denen über jeden Tag ohne ein weiteres deutsches Gold gestöhnt wird, ist derlei Realismus angenehm zu beobachten. Deutschland, das mag das Ergebnis sagen, liegt nur im Mittelfeld der Langlauf-Weltelite. Aber erstens gilt das nur für den freien Stil und ist zweitens überhaupt kein Grund zur Beunruhigung. Denn von Mittelmaß ist das Team weit entfernt. Seit 1988 ist keine deutsche Frauen-Mannschaft mehr so gut in die Langlauf-Wettbewerbe von Olympischen Spielen gestartet, damals lief Simone Opitz in Calgary auf Platz zehn. Und die stärksten Disziplinen kommen noch.

Deshalb kann man Behles Selbstbescheidung auch als Ablenkungsmanöver sehen. Behle wäre nicht Behle, wenn er nicht mindestens eine Medaille anstreben würde. Vielleicht gebe es wenigstens die Möglichkeit, in Staffel und Teamsprint auf dem Podest zu landen, sagt der Bundestrainer dann noch. Vielleicht, wenigstens, und man fragt sich, ob das wirklich die deutsche Staffel gewesen ist, die vor acht Jahren in Salt Lake City Gold gewann und vor vier Jahren in Turin Silber. Mit Sachenbacher, Böhler und Künzel, die heute Nystad heißt.

Pechvogel Gössner, Wunschersatz Neuner

Silber gab es auch bei der WM 2009 in Liberec. Miriam Gössner hatte die deutsche Staffel damals komplettiert und als gerade 18-Jährige aufs Podium geführt. Gössner, die eigentlich vom Biathlon kommt, dort aber keine Chance für die Olympischen Spiele sah, wird bei den Langläuferinnen wegen ihrer Klasse gern genommen - in Whistler wurde die Jüngste und Talentierteste aber zum Pechvogel. Gössner fiel schon in der ersten Runde mit der linken Schulter auf eine Eisplatte, weil sich ihre Schuhschnallen verhakt hatten.

Magdalena Neuner

"Mir tut immer noch alles höllisch weh und auf der Strecke konnte ich nicht mehr richtig laufen", sagt Gössner nach dem Rennen. Sie ist die Einzige im Team, die nicht lächelt. Sie weint. Gössners Zeiten vor ihrem Sturz waren vielversprechend gewesen, jetzt muss sie sogar um ihren Start im Teamsprint und auch in der Staffel bangen. Ausgerechnet eine Biathletin könnte Gössner dort den Platz wegnehmen. Behle liebäugelt schon lange mit dem Einsatz von .