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Nach Wahl von Präsident Lula Abholzung von Amazonas-Regenwald angeblich um fast ein Drittel zurückgegangen

In Brasilien vermeldet eine staatliche Beobachtungsstelle erste Erfolge im Kampf gegen illegale Abholzung im Regenwald unter Präsident Lula. Satellitendaten legen allerdings einen anderen Schluss nahe.
Truck mit Baumstämmen aus dem brasilianischen Regenwald

Truck mit Baumstämmen aus dem brasilianischen Regenwald

Foto: ingimage / IMAGO

Die Abholzung im brasilianischen Amazonas-Regenwald ist seit dem erneuten Amtsantritt von Präsident Inácio Lula da Silva um fast ein Drittel zurückgegangen, wie das staatliche Beobachtungsprogramm Deter am Mittwoch bekannt gab. Demnach wurden zwischen Januar und Mai 1986 Quadratkilometer Regenwald zerstört. Das ist demnach ein Rückgang von 31 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, in dem 2867 Quadratkilometer zerstört worden waren.

Lula ist erst seit Januar im Amt. Er will nach eigenen Aussagen die illegale Abholzung von Wäldern bis 2030 beenden. Unter seinem Vorgänger, dem rechtsextremen Jair Bolsonaro, hatte die Zerstörung des Waldes neue Rekorde erreicht.

Niedergebrannter Restwald in der Region Lábrea

Niedergebrannter Restwald in der Region Lábrea

Foto: MICHAEL DANTAS / AFP

Ob die schnelle Erfolgsmeldung vom Rückgang der Abholzung wirklich stichhaltig ist, ist jedoch fraglich. Erst im März zeigten die Daten der Weltraumforschungsagentur Inpe, dass im Februar 322 Quadratkilometer entwaldet wurden, das sind 62 Prozent mehr als im Februar 2022. Im Januar hingegen war der Kahlschlag unterdurchschnittlich, sodass der Jahresbeginn 2023 insgesamt noch eine vergleichsweise gute Bilanz aufwies. Inpe-Wissenschaftler erklären die monatlichen Schwankungen auch mit der Wolkendecke: Im Januar sei die Entwaldung auf Satellitenbildern verdeckt worden, nur damit sie im Februar enthüllt wurde.

Experten und Umweltbeamte warnten, dass es Jahre dauern könnte, umzusteuern, nachdem Bolsonaro Mittel und Personal bei wichtigen Behörden gekürzt hat. Bisher gibt es nur begrenzte Daten, um zu prüfen, ob Lulas Naturschutzpolitik funktioniert.

Anlässlich des Weltumwelttages hatte Lula am Montag einen umfassenden Schutzplan für den Amazonas vorgestellt. Er sieht unter anderem die sofortige Beschlagnahmung der Hälfte aller illegal genutzten Flächen innerhalb von Schutzgebieten sowie die Ausweisung von drei Millionen Hektar zusätzlicher Schutzgebiete bis 2027 vor. Lulas Programm knüpft an ein bereits 2004 während seiner ersten Präsidentschaft ins Leben gerufenes Projekt an, das Bolsonaro jedoch ausgesetzt hatte.

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Brasilien habe eine »große Bedeutung für das klimatische Gleichgewicht der Erde«, sagte Lula bei der Vorstellung des Plans. Die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes zu verhindern bedeute auch, »dabei zu helfen, die globale Erwärmung zu reduzieren«.

Vergangene Woche hatte Lulas Regierung jedoch hinsichtlich ihrer Pläne im brasilianischen Parlament einen herben Rückschlag hinnehmen müssen. Die Abgeordneten des Unterhauses stimmten für ein Gesetz, das die Zuständigkeit für die Zuteilung neuer indigener Schutzgebiete zurück an das Justizministerium geben würde. Das Umweltministerium würde damit die Aufsicht über die Registrierung ländlicher Flächennutzung verlieren – ein entscheidendes Werkzeug im Kampf gegen illegale Abholzung. Der Senat muss dem Gesetz noch zustimmen.

Der Amazonas-Regenwald erstreckt sich über neun Länder, größtenteils liegt er in Brasilien. Er ist einer der wenigen verbliebenen großen Urwälder der Welt und beherbergt mehr Pflanzen- und Tierarten als jeder andere Ort der Erde. Zudem ist er mit seinen Milliarden Bäumen ein wichtiger Kohlenstoffspeicher.

sug/afp