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Doping-Skandal Österreicher negativ getestet

Die Urinproben der österreichischen Biathleten und Langläufer haben keinen positiven Doping-Befund ergeben. Dennoch bleiben eine Reihe von Fragen offen.

Die Dopingproben der zehn österreichischen Biathleten und Langläufer bei den Olympischen Winterspielen in Turin sind negativ, doch das bedeutet nicht das Ende des Doping-Skandals. Obwohl das Internationale Olympische Komitee (IOC) bekannt gab, dass keine verbotenen Mittel bei den parallel zu einer Doping-Razzia veranlassten Kontrollen gefunden wurden, müssen Athleten und Trainer des Olympia-Teams der Österreicher noch mit harten Sanktionen rechnen. Bei der Polizei-Aktion sollen Apparaturen und verdächtige Materialen sichergestellt worden sein, die auf eine verbotene Doping-Methoden wie Bluttransfusionen hinweisen könnten.

"Wir nehmen die Affäre sehr ernst. Eine IOC-Disziplinarkommission wird so schnell wie möglich eingesetzt und sich ein vollständiges Bild von dem Fall machen", sagte IOC-Sprecherin Giselle Davies. Das IOC wich wegen des großen öffentlichen Interesses erstmals von der Regel ab, nur positive Doping-Fälle bekannt zu geben. "Wir haben nicht gesagt, dass es ein Doping-Fall ist. Doch es gibt gute Gründe, dass es einen Verstoß gegen die Doping-Regeln gegeben hat", sagte Arne Ljungqvist, Vorsitzender der medizinischen Kommission des IOC. Bisher seien nur Urin-Proben, nicht aber Bluttests bei den Athleten vorgenommen worden. Dies sei nun Sache des Ski-Weltverbandes (FIS).

"Die Tests sind nur ein Teil des Ganzen"

Bei den Untersuchungen der Kommission sollen laut Davies die Ermittlungsergebnisse der italienischen Behörden sowie die Aussagen von Athleten, Trainern und Funktionären herangezogen werden. "Die Tests sind nur ein Teil des Ganzen", sagte auch IOC-Vizepräsident Thomas Bach, der voraussichtlich die IOC-Aufklärung leiten wird. "Der Bericht der Staatsanwaltschaft liegt aber noch nicht vor", so Davies. Mit Entscheidungen über Strafen ist deshalb vor dem Schlusstag der Turin-Spiele nicht mehr zu rechnen.

Das Österreichische Olympische Komitee (ÖOC) reagierte mit Erleichterung auf die negativen Test-Resultate. "Wir haben einen Beweis gegeben, dass wir ein sauberes Haus haben", sagte ÖOC- Präsident Leo Wallner. Nicht überrascht war Peter Schröcksnadel, Präsident des Österreichischen Ski-Verbandes (ÖSV), vom IOC-Bescheid: "Ich habe dieses Ergebnis erwartet. So kann man den Sport manipulieren. Das darf man nicht tun."

Allerdings wurde der Doping-Verdacht gegen österreichische Athleten und Trainer durch den italienischen Staatsanwalt Ciro Santoriello weiter erhärte. In einem Interview mit der französischen Sportzeitung "L’Equipe" sprach er von einem "seltsamen Verhalten" von Sportlern bei der Razzia in Quartieren der Österreicher am vergangenen Samstag. Nach der Polizeiaktion waren die Biathleten Wolfgang Perner und Wolfgang Rottmann sowie der Trainer Emil Hoch aus Italien geflohen.

Merkwürdig sei, dass "95 Prozent der Langläufer Asthmatiker sind und in großen Mengen Salbutamol zu sich nehmen", berichtet Santoriello. Ebenso sonderbar sei gewesen, dass Athleten sofort zur Wasserflasche gegriffen hätten, als die Polizei ihr Zimmer betrat. "Sie haben in einem Zug ein bis eineinhalb Liter ausgetrunken", sagte er und fügte an: "Dieses Verhalten zeugt von keiner großen Gelassenheit und verspricht nichts Gutes." Santoriello erwartet, dass das Verfahren gegen die beschuldigten Personen in "vier bis fünf Monaten" beginnen könne.

Markus Gandler und Klaus Leistner vernommen

Von der Staatsanwaltschaft wurden am Freitag der Sportdirektor für Biathlon und Langlauf sowie der Geschäftsführer des ÖSV, Markus Gandler und Klaus Leistner, vernommen. Gandler verteidigte auch vor dem Hintergrund der negativen Doping-Tests seine Läufer und wies Spekulationen über Geräte für Bluttransfusionen energisch zurück: "Nach meiner Überzeugung gibt es derartige Maschinen überhaupt nicht." Deshalb fordere er eine Rehabilitation seiner Sportler.

Im Zuge der Ermittlungen gegen den Ex-Langlauftrainer Walter Mayer, den Auslöser des Skandals von Turins, wollen die italienischen Behörden nun auch dessen Bankkonten überprüfen. Damit hoffen sie festzustellen, wer die Kosten für den Aufenthalt des seit der "Blutbeutel-Affäre" von 2002 von Olympia verbannten Mayers bezahlt hat. Der inzwischen fristlos vom ÖSV entlassene Coach beharrte darauf, dass er als Privatperson bei den Winterspielen gewesen sei.

Spitzenfunktionäre wussten wo Mayer war

Entgegen anders lautenden Angaben wussten die ÖOC- und ÖSV-Spitzenfunktionäre jedoch vom Olympia-Aufenthalt Mayers. "Ich persönlich habe beim ÖOC angefragt, ob er kommen kann. Und mir wurde gesagt, er kann kommen, weil er ein feiner Mensch ist", so Gandler. Mayer sei sogar die Einkleidung wie die des ganzen Olympia-Teams angeboten worden. Selbst bei dem Erwerb von Eintrittskarten sei man ihm von Seiten des ÖOC behilflich gewesen.

Der Rechtsanwalt des Trainers drohte IOC-Präsident Jacques Rogge eine Klage an, falls er seine Aussage, Mayer sei ein Organisator des Dopings, nicht zurücknehme. Dieser Vorwurf sei nicht bewiesen und "eine Herabwürdigung", erklärte Jurist Herwig Hasslacher dem österreichischen ORF-Radio Kärnten.

Andreas Schirmer/DPA DPA
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