Die Geschichte in Kürze

  • Die Statue der Imperia wurde am 24. April 1993 enthüllt
  • Konstanzer Kunstexperten und Stadträte sollten nichts von Peter Lenks Statue erfahren
  • Wahrzeichen nimmt ironisch Stellung zum Konstanzer Konzil

Eine italienische Kurtisane kommt nach Konstanz

Wer in der Internet-Suchmaschine Google die Stichwörter „berühmte Statuen weltweit“ eingibt, dem präsentiert das weltweite Netz zahlreiche imposante Bilder. Unter den ersten Treffern der Liste ist die Konstanzer Imperia des Bildhauers Peter Lenk.

Am 24. April 1993 wurde die Imperia enthüllt. Mehrere tausend Menschen säumten bei Kaiserwetter den Hafen und blickten wie gebannt auf die zugedeckte Person, die dort Stück für Stück der Öffentlichkeit preisgegeben wurde.

Eine italienische Kurtisane, die von Honoré de Balzac in tolldreisten amorösen Geschichten zum Konzil nach Konstanz gedichtet wurde, obwohl sie nie hier war. In der einen Hand König Sigismund, in der anderen Papst Martin V., beide entblößt. Doch es hat nicht viel gefehlt, und die Imperia würde heute nicht hier stehen. Aber der Reihe nach.

Peter Lenk hatte allerdings eine Bedingung

Es war Werner Häusler, der die Idee hatte, Peter Lenk wegen einer Statue im Konstanzer Hafen anzusprechen. „Er war der Initiator der ganzen Geschichte“, erzählt der Künstler aus Bodman am Bodensee. Der inzwischen verstorbene Häusler war Vorsitzender des Fremdenverkehrsvereins.

Das ist Peter Lenk – der Schöpfer der Imperia.
Das ist Peter Lenk – der Schöpfer der Imperia. | Bild: Ulrich Fricker

Lenks Bedingung: „Häusler musste mir versprechen, dass die selbst ernannten Konstanzer Kunstexperten und Stadträte nichts davon erfahren sollten – die machen nämlich alles platt.“ Doch als irgendjemand irgendjemandem erzählt hat, dass Lenk und Häusler am Pegelturm der Hafeneinfahrt mit Zollstock gesehen wurden, brodelte es in der Gerüchteküche.

Peter Lenk mit Imperias Unterleib in seinem Atelier.
Peter Lenk mit Imperias Unterleib in seinem Atelier. | Bild: Verlag Stadler/Guido Kasper

Der Lenk-Brunnen auf der Laube wurde ja eben erst eingeweiht. Der Gemeinderat wollte Lenk nicht mehr im Städtle. Doch der gebürtige Franke tüftelte und arbeitete im Stillen. Er mietete sich im Bildhauersaal des Stuttgarter Theaters ein und schuf die Imperia. Ehefrau Bettina arbeitete mit und stand hier und da Modell, „doch es stimmt nicht, dass die Skulptur mich darstellen soll“, erzählt sie schmunzelnd.

Auch ein schöner Rücken: die Gipsform der Imperia.
Auch ein schöner Rücken: die Gipsform der Imperia. | Bild: Verlag Stadler/Peter Lenk

Horst Eickmeyers Bitte an Lenk

Der damalige Oberbürgermeister Horst Eickmeyer blickt heute jedes Mal, wenn er seinen Balkon auf der Seestraße betritt, auf die Imperia. „Sie ist zu einer Selbstverständlichkeit geworden“, sagt er und fügt lachend hinzu. „Was war das für ein Zirkus damals.“

Alt-OB Horst Eickmeyer auf seinem Balkon nebst Papst Martin V.
Alt-OB Horst Eickmeyer auf seinem Balkon nebst Papst Martin V. | Bild: Andreas Schuler

Er suchte das Gespräch mit dem Künstler. „Ich sagte ihm: Machen Sie, was Sie wollen – aber bitte stellen Sie keine nackte Frau auf“, berichtet er. „Lenk versprach es mir. Er hat sich daran gehalten – sie trägt ja einen Umhang.“

Auf dem Wasserweg wird die Imperia in den Hafen geschmuggelt

Da der Hafen im Besitz der Deutschen Bundesbahn war, hatte die Stadt kein Mitspracherecht. Dieter Bögle war Geschäftsführer des Bodenseeschiffbetriebe, die wiederum zur Bahn gehörten. Er traf sich mit Bürgermeister Ralf-Joachim Fischer und besprach, wo die Statue platziert werden könnte: „Die Stadt wollte die Mittelmole. Fremdenverkehrsverein und Händler den Pegelturm. Als Werner Häusler und ich für den Pegelturm votierten, nahm die Sache ihren Lauf.“

Dieter Bögle, einer der Wegbereiter, und eine kleine Imperia.
Dieter Bögle, einer der Wegbereiter, und eine kleine Imperia. | Bild: Andreas Schuler

Auch für ihn war Häusler der entscheidende Faktor. „Er war die treibende Kraft, der größte Dank gebührt ihm und seinen Beziehungen zu Peter Lenk.“ Dieter Bögle selbst war dann aber das Zünglein an der Waage: Der Transport der Einzelteile war nur über den Seeweg möglich. Walter Schott, damals Geschäftsführer der Stadtwerke, hätte eine Konstanzer Fähre zwar gerne dafür zur Verfügung gestellt, „doch der Gemeinderat war dagegen.

Stellprobe mit dem Bildgießer Günther Weinreuter.
Stellprobe mit dem Bildgießer Günther Weinreuter. | Bild: Verlag Stadler/Peter Lenk

Das Thema erhielt kommunalpolitische Brisanz. Leider war es undenkbar, dass ein städtischer Eigenbetrieb den Transport übernimmt“. Dieter Bögle schließlich orderte eine Fähre aus Friedrichshafen, die Bahn war Eigentümer des dortigen Fährbetriebes. In einer Nacht- und Nebelaktion wurden die Teile gebracht und gut verhüllt aufgestellt.

Peter Lenk in der Nacht, als Imperia im Hafen ankam.
Peter Lenk in der Nacht, als Imperia im Hafen ankam. | Bild: Verlag Stadler/von Stechow

„Da städtische Verantwortungsträger nachts tief schlafen, haben die das nicht bemerkt“, sagt Peter Lenk mit leicht ironischer Note. „In Konstanz wimmelt es von Möchtegern-Kunstexperten. Das konnten sie aber nicht verhindern.“

Die Kirche ist nicht gut zu sprechen auf die Imperia. Dekan Mathias Trennert-Helwig reagierte so auf eine SÜDKURIER-Nachfrage mit der Bitte um Stellungnahme: „Es gibt Dinge, zu denen ich lieber schweige. Das ist mir zu blöd.“

Ernst Redl, damals Vorsitzender des Handwerkskammer, ist und bleibt ein Gegner: „Unsere Gäste werden von einer Halbnackten begrüßt. Das ist geschmack- und stillos.“ Heute besitzt die Stadt den Hafen – und auch die Imperia.