Ohne Medien keine Demokratie

BERNECK. Als Barbara Burtscher noch nicht den Ruf einer Hochstaplerin hatte, war sie als Referentin für den rdv-Neujahrsapéro vorgesehen. Anstelle des gefallenen Medienstars trat nun aber der Soziologe Kurt Imhof auf. Er sprach über «Klatsch und Skandal» - und plädierte für Qualitätsjournalismus.

Gert Bruderer
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Kurt Imhof in seinem Element: Am rdv-Neujahrsapéro sprach er über die Skandalisierung durch Medien, wofür der «Fall» Barbara Burtscher (Mitte) ein gutes Beispiel ist. (Bilder: Gert Bruderer/Archiv)

Kurt Imhof in seinem Element: Am rdv-Neujahrsapéro sprach er über die Skandalisierung durch Medien, wofür der «Fall» Barbara Burtscher (Mitte) ein gutes Beispiel ist. (Bilder: Gert Bruderer/Archiv)

Wer erinnert sich nicht an die Frau aus dem Toggenburg, die für die Nasa als erste Frau hätte zum Mars fliegen sollen. Doch was die Medien landauf, landab in Aussicht stellten, geriet zum - Skandal. «Medien produzieren nicht nur Prominente, sondern zerstören sie auch, beides schafft Aufmerksamkeit», konstatierte Kurt Imhof.

«Ich bin noch nicht aufgeflogen»

René Wuffli, Geschäftsführer der Rheintaler Druckerei und Verlag AG (rdv), hatte den Referenten, der vielen von Fernsehdiskussionen bekannt sein dürfte, humorvoll vorgestellt und gescherzt: «Bei Prof. Dr. Kurt Imhof haben wir nach der Erfahrung mit Barbara Burtscher nachgeprüft, ob er auch wirklich ein Professor ist.» Dieser konterte: «Ich freue mich, heute bei Ihnen zu sein, - als Verlegenheitslösung; ich bin noch nicht aufgeflogen.»

Die sanfte Gewalt des Arguments

Das gestrige Neujahrsapéro-Referat im Bernecker Ochsen passte auch darum perfekt, weil «Rheintalische Volkszeitung» und «Rheintaler» nun ja zusammengehören und Kurt Imhof sich als Verfechter von Qualitätsjournalismus ins Zeug legte. Diesen brauche es, denn «die sanfte Gewalt des besseren Arguments soll sich durchsetzen können». Ohne die Medien, meinte Imhof, lasse sich keine moderne Demokratie betreiben.

Dem Rheintal wünschte er «gute Recherchen» - auf dass die Region täglich erhellt werde durch Recherchierjournalismus, was die Ausübung der Bürgerrechte begünstige. So wenig Imhof von Gratiszeitungen, von der Gratiskultur hält, so dezidiert spricht er sich für die Förderung eines Qualitätsjournalismus auch mit finanziellen Mitteln aus. Wenn der Markt den Journalismus nicht mehr trage, könne eine Unterstützung mit Gebührengeldern helfen. «Die Demokratie darf uns nicht gleichgültig sein.» In diesem Zusammenhang ist die Zusicherung René Wufflis zu sehen, die von der Rheintal Verlag AG herausgegebenen Blätter «Rheintaler» und «Rheintalische Volkszeitung» seien offen für «alle politischen Schattierungen».

Prächtig unterhalten

Mit seinem Vortrag über «Klatsch und Skandal» unterhielt der Soziologe seine rund 260 Zuhörerinnen und Zuhörer prächtig. Er beschrieb, woraus Klatsch besteht, wie aus Klatsch ein Skandal wird und dass Klatsch eine wichtige soziale Funktion innehat: «Wir machen vieles nicht, weil wir nicht Objekte des Klatsches sein wollen»; das heisst, Klatsch fördert die soziale Ordnung, trägt dazu bei, dass wir uns zivilisiert verhalten.

Kachelmann, Kopp, Clinton

Mit der Skandalisierung durch Medien gehe eine Sieg-Niederlage-Dynamik einher, an der alle Medien mitzustricken versuchten, meinte Imhof. Als Beispiele nannte er Jörg Kachelmann oder verschiedene Figuren der Zeitgeschichte (wie Elisabeth Kopp, Bill Clinton), die ganz oder fast über eine Lüge gestolpert sind. Während die Lüge im Öffentlichen nicht sein dürfe, seien wir im Privaten manchmal zu einer Notlüge gezwungen, um höflich zu bleiben, sagte Imhof.

Solide Grundlage für Verlag

Die Rheintaler Druckerei und Verlag AG bedankte sich mit der Einladung zum traditionellen Neujahrsapéro bei Drucksachen- und Inseratekunden, Geschäftspartnern sowie Vertreterinnen und Vertretern von Behörden, Politik und Kultur für die gute Zusammenarbeit im Jahr 2010.

Besonders herzlich willkommen geheissen wurden die anwesenden Verwaltungsräte der Altstätter Druck und Medien AG (rva), deren «Rheintalische Volkszeitung» seit Jahresbeginn zusammen mit dem «Rheintaler» in der neuen Rheintal Verlag AG zusammengefasst ist. Christoph Rohner, Verwaltungsratspräsident sowohl der rdv als auch der neuen Rheintal Verlag AG, drückte seine «grosse Freude» darüber aus, dass die Zusammenführung der beiden Lokalzeitungen unter ein gemeinsames Dach gelungen sei und sich somit eine solide wirtschaftliche Grundlage für den langfristigen Fortbestand eines eigenständigen Rheintaler Verlagshauses habe schaffen lassen. Besondere Erwähnung fand die rdv-Führungscrew, die seit zwei Jahrzehnten erfolgreich wirkt: René Wuffli hat sein Jubiläum eben erst gefeiert (Zeitung vom Dienstag), Finanzchef Bruno Cavelti ist unwesentlich länger dabei, Druckerei-Chef Hari Fessler unwesentlich kürzer. Zum Schluss wandte sich Christoph Rohner mit einer rhetorischen Frage an Kunden und Partner: «Wo wären wir ohne Sie!»