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Supervulkan in NeapelDroht Italien die Mega-Katastrophe?

Die Katastrophe sei in Neapel «jederzeit möglich», behauptet der Tessiner Film über den «Supervulkan» Phlegräische Felder.

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Es kommt selten vor, dass ein Schweizer Fernsehdokumentarfilm in der italienischen Öffentlichkeit Aufregung und Proteste heraufbeschwört. Die französische Filmemacherin Clara Losi hat dies mit einem 40-minütigen, für das Tessiner Fernsehen realisierten Beitrag geschafft.

Im Tessin wurde er bereits vor zwei Wochen ausgestrahlt, die Reaktion in Italien hat also etwas zeitverzögert eingesetzt. Dafür umso heftiger. Zeitungen schreiben von einer «Schweizer Schock-Reportage», vier süditalienische Bürgermeister – unter ihnen der neapolitanische – haben gemeinsam eine Protestnote aufgesetzt; es empören sich auch Vertreter von Tourismus- und Hotelverbänden («ein effekthascherischer Film») sowie Wissenschaftler des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie.

Worum geht es? Losis Film trägt den Titel «Neapel: Der Supervulkan, der Europa bedroht» Gemeint sind die Phlegräischen Felder, ein Gebiet mit hoher vulkanischer Aktivität in der Nähe Neapels. Wie der französische Vulkanologe Patrick Allard im Film erklärt, ist nach Ausbrüchen vor rund 12’000 und 40’000 Jahren ein gigantischer unterirdischer Krater entstanden, dessen Magmakammern sich seither wieder füllen.

Der unsichtbare Vulkan

Im Film ist deshalb von einem «unsichtbaren Vulkan» die Rede. Der italienische Name «Campi Flegrei» kommt aus dem Griechischen und bedeutet «brennende Felder». In ihrem Einzugsgebiet – und in jenem des Vesuvs – leben über 3 Millionen Menschen. «Das ist die grösste Herausforderung für den Zivilschutz in Europa», sagt Allard. 

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Neben Allard kommen im Tessiner Dokumentarfilm mehrere renommierte Fachleute zu Wort: die Geografin Amy Donovan von der Universität Cambridge, der Leiter des Vesuv-Observatoriums, der Direktor der Fakultät für Physik und Geologie der Universität Perugia und andere.

Eigentlich sagen sie nichts, was nicht schon bekannt und unter Expertinnen und Experten unbestritten wäre, aber ihre Formulierungen sowie die Erklärungen der Off-Sprecherin klingen oft unheilvoll. «Es geschieht etwas.» – «Unter den Füssen von Millionen Menschen sind zwei magmatische Kammern in Aufruhr.» – «Nach 40’000 Jahren scheint der Vulkan wieder zu erwachen, die Katastrophe könnte sich jeden Moment ereignen.» Das Ganze wird immer wieder unterlegt durch Musik wie aus einem Thriller oder einem Horrorfilm.

Blick aus dem Weltall: In der Gefahrenzone leben Millionen Menschen.

Gestützt werden solche Befunde etwa dadurch, dass die Zahl der kleinen Erdbeben in Neapel in jüngster Zeit stark zugenommen hat. Ausserdem geht der Film ausführlich auf ein Phänomen namens Bradyseismos ein: eine Art Erdbeben in Zeitlupe, bei dem sich Teile der Erdoberfläche an bestimmten Stellen heben und an anderen senken.

In den 1980er-Jahren mussten deswegen in der westlich von Neapel gelegenen Stadt Pozzuoli Zehntausende Menschen evakuiert werden. Seit 2015 nehmen die Bewegungen stark zu. In der Tessiner Doku zeigen heutige Einwohner die Risse und Spalten, die deswegen an ihren Häusern entstehen. «Wir stehen am Anfang von etwas», kommentiert der Vulkanologe Patrick Allard.

Was würde geschehen, wenn sich in den Phlegräischen Feldern der grosse Ausbruch ereignete? Zum Katastrophenfilm wird die Tessiner Dokumentation, indem sie genau dieses Szenario durch hyperrealistische Computeranimationen darstellt: Neapel, wie es von gewaltigen schwarzen Staubwolken verschlungen wird, einstürzende Häuser, Paläste und Kirchen, die Piazza del Plebiscito ein einziges Trümmerfeld, die Basilica San Francesco di Paola geht in Flammen auf.

Eine Gefahr für halb Europa

Dazu Schilderungen, wie 400 Grad heisse Gaswolken mit einer Geschwindigkeit von 300 Kilometern pro Stunde «alles zerstören würden, was sich ihnen in den Weg stellt». Eine unkalkulierbare Zahl von Toten. Rauchwolken, die bis in die Stratosphäre hochschössen und die Sonne laut der Cambridge-Geografin Amy Donovan für Jahre über halb Europa verdunkeln könnten. Flugzeuge, die am Boden bleiben. Verheerende Auswirkungen auf Klima, Landwirtschaft und die globale Ökonomie.

Zwar wird im Film auch erwähnt, dass die vulkanischen Aktivitäten in den Phlegräischen Feldern mit modernsten Mitteln überwacht werden und es Evakuierungspläne gibt. Donovan sagt auch den Satz: «Die Wahrscheinlichkeit, dass in naher Zukunft etwas passiert, ist gering.» Die Dokumentation lässt das Schreckensszenario dennoch anschauliche Realität werden und angesehene Expertinnen und Experten dessen verheerende Auswirkungen schildern. So entsteht ein Apokalypsenfilm mit wissenschaftlichem Anspruch und faktenbasiertem Lustgrusel-Effekt.

Die Campi Flegrei in Pozzuoli bei Neapel: Eine Gefahr für ganz Europa?

Neapolitanische Hoteliers beklagen nun in italienischen Medien eine andere Katastrophe, nämlich die «verheerenden Auswirkungen» des Tessiner Dokumentarfilms auf den Fremdenverkehr. «Wir erhalten ständig Anrufe von besorgten Touristen.» Die Hotelmanager fordern deshalb die Region Kampanien zu einer Imagekampagne auf, um den «negativen Effekt der Schweizer Dokumentation auszugleichen.» Und die erwähnten vier Bürgermeister halten «mit Entschiedenheit» fest: «Dieses sensationslüsterne Machwerk hat nichts mit uns zu tun.»

«Das hat nichts mit uns zu tun», behaupten vier süditalienische Bürgermeister.

Auch Experten des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV) kritisieren den Film in italienischen Medien als unwissenschaftlich und alarmistisch. Allerdings tritt in der Tessiner Dokumentation auch Mauro Di Vito auf, der Direktor des Vesuv-Observatoriums, das dem INGV angegliedert ist. Unter anderem sagt er: «Schon ein geringeres Ereignis als der grosse Ausbruch könnte gewaltigen Schaden anrichten.»