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Griff in die PortokasseWie Milliardär Peter Spuhler die Schweizer Bobfahrer unterstützt

Schlitten statt Züge: Das Unternehmen Stadler Rail unterstützt seit diesem Winter die Schweizer Bobfahrerinnen und Bobfahrer.

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Es war fünf vor zwölf. Und dann gewannen die Schweizer Bobfahrer ihr wichtigstes Rennen, ehe die Saison begonnen hatte. Mit Zug-Hersteller Stadler Rail fand Swiss Sliding im Herbst doch noch einen Hauptsponsor. Dessen Patron Peter Spuhler habe dem Verband den Winter gerettet, sagt Präsident Sepp Kubli.

Monatelang hatten die Verantwortlichen vergebens nach einem neuen Partner gesucht, geschätzte 300’000 Franken drohten wegzufallen, was für die hiesige Szene nicht das Ende bedeutet hätte, aber mit dem Aufbrauchen der letzten Reserven einhergegangen wäre. Sogar hinter der derzeit laufenden Heim-WM in St. Moritz standen gewisse Fragezeichen.

Nun also ist Spuhler an Bord, der milliardenschwere Ex-SVP-Nationalrat, welcher die Bobschule absolvierte und schon im Monobob von St. Moritz nach Celerina hinuntergesaust ist. Christian Meili, als Pilot zweimal an Olympischen Spielen dabei, stellte den Kontakt zum Thurgauer her. Ausufernd ist dessen finanzielles Engagement dem Vernehmen nach nicht, er dürfte ähnlich viel beisteuern wie der vorangehende Hauptsponsor. Vielmehr soll vom Netzwerk des Unternehmers profitiert werden, via Spuhler könnten weitere Firmen an Bord geholt werden, hält Kubli fest.

Vorerst nur für eine Saison

Spuhler hält sich im Hintergrund, mit Oliver Streuli sitzt ein Vertrauensmann von ihm im Vorstand von Swiss Sliding. Im «Blick» sagte Spuhler, Bob sei neben dem Skifahren die klassische Schweizer Wintersportart. «Wirtschaftlich war die Lage angespannt. Jetzt müssen wir helfen, diese Sportart im Hinblick auf die nächsten Olympischen Spiele nach vorne zu bringen. Bob soll wieder ein Medaillengarant werden.»

Titel und Podestplätze, dafür standen die Bobfahrer jahrzehntelang. 31 Olympiamedaillen und 33 WM-Titel haben die Schweizer gewonnen, an den letzten sechs Grossanlässen vor St. Moritz aber gingen sie leer aus. Weil es an adäquaten Piloten mangelte, fand 2019 gar ein Weltcuprennen ohne helvetische Beteiligung statt. Garantiert waren nicht mehr Erfolge, sondern nurmehr Stunk unter den Athleten sowie das Sesselrücken im Verband.

Gibt die Richtung vor: «Hauptsponsor» Peter Spuhler hofft, dass die Schweizer Bobfahrer an Grossanlässen wieder Medaillengaranten werden.

Nun aber herrscht Aufbruchstimmung, Michael Vogt und Sandro Michel holten am Sonntag im kleinen Schlitten WM-Bronze, an der EM eine Woche zuvor hatte es für die Schweiz gar drei Medaillen gegeben. Solche Ergebnisse werden den Verbleib in der Leistungsstufe 1 von Swiss Olympic und die daraus folgende Zahlung von wohl zwei Millionen Franken garantieren – und womöglich Spuhler von einer Verlängerung seines Engagements überzeugen.

Vorerst für diese Saison läuft der Vertrag. Kubli nennt den Geldgeber ein Zugpferd, «auch dank ihm werden wir wieder stärker wahrgenommen». Als Ausdruck der Verbundenheit besichtigten die Schweizer Bobteams vor den Rennen in Park City den US-Standort von Stadler Rail im 50 Kilometer entfernten Salt Lake City.

Bob – ein Abfallprodukt?

Bobfahren ist nun mal teuer – und wie. Der Berner Clemens Bracher (1 Weltcupsieg) budgetierte mit 260’000 Franken pro Saison, nach Olympia 2018 in Pyeongchang hörte er auf und klagte, mangels Geld mit ungünstigem Material gestartet zu sein. Es soll Anschieber geben, die für ein Taggeld von rund 100 Franken von Eiskanal zu Eiskanal reisen, «zu wenig zum Leben, zu viel, um zu sterben», sagte einst der Italiener Simone Bertazzo, 2007 Gewinner von WM-Bronze.

Mindestens eine Viertelmillion Franken pro Winter benötigt auch Francesco Friedrich, der Dauersieger der vergangenen Jahre mit 71 Erfolgen im Weltcup. 4-mal Olympiagold und 13 WM-Titel hat er gewonnen, in Peking war er Deutschlands Fahnenträger an der Eröffnungsfeier. Und doch sagte er im Interview mit der «Welt am Sonntag», ihm werde kein Cent nachgeworfen. «Ich bin seit 17 Jahren Bobfahrer, in dieser Zeit gab es einen Sponsor, der auf mich zukam. Einer in 17 Jahren!»

Komplizierte Geldsuche: Selbst Rekordsieger Francesco Friedrich kämpft um die Finanzierung einer Weltcupsaison.

Noch im Dezember hatte Friedrich sein Budget für diesen Winter nicht beisammen, er hält Vorträge, um Geld zu verdienen und sein Team dadurch bekannter zu machen. Preisgeld gibt es im Eiskanal keines zu verdienen, und so sagte der Deutsche, der Bobsport werde immer mehr zum Abfallprodukt anderer Sportarten. «Wer in seiner ursprünglichen Disziplin nicht mehr weiterkommt, versucht es bei uns, zumeist als Anschieber. Doch selbst auf diesem Weg kommen immer weniger.»

Wie ausgedünnt die Szene ist, verdeutlichen die Weltcuprennen in Übersee. Im kanadischen Whistler standen acht Frauen- und zehn Männerteams am Start, Top-10-Ränge gab es zum Nulltarif. Vorab die Reise- und Logistikkosten schreckten viele Equipen ab. Die Schweizer waren dabei, bei den Männern mit drei statt wie vorgesehen mit zwei Schlitten. Die Kosten fürs dritte Team übernahm Peter Spuhler. Mit einer Extrazahlung.