Lüttich-Bastogne-Lüttich - die FavoritenPogacar vs. van der Poel - Duell der Rad-Giganten

Thomas Goldmann

 · 20.04.2024

Favoriten für Lüttich-Bastogne-Lüttich: Richard Carapaz
Foto: picture alliance / Roth / CV
Bei Lüttich-Bastogne-Lüttich 2024 wird das Aufeinandertreffen von Tadej Pogacar und Mathieu van der Poel mit Spannung erwartet. Aber nicht nur diese beiden Ausnahmekönner haben Siegchancen. TOUR blickt auf die Favoriten und schätzt ihre Chancen ein.

Lüttich-Bastogne-Lüttich 2024: Das Wichtigste in Kürze

Die TOUR-Favoriten nach Sternen*

* Richard Carapaz, Ben Healy, Tiesj Benoot, Aleksandr Vlasov, Egan Bernal, Alexey Lutsenko

** Mattias Skjelmose, Maxim van Gils, Dylan Teuns, Kevin Vauquelin

*** Mathieu van der Poel, Santiago Buitrago, Stephen Williams

**** Thomas Pidcock

***** Tadej Pogacar


* Je mehr Sterne ein Fahrer erhält, desto höher ist er einzuschätzen


Lüttich-Bastogne-Lüttich 2024: Siegesmaschine Tadej Pogacar am Start

Tadej Pogacar ist der Mann, den es bei Lüttich-Bastogne-Lüttich zu schlagen giltFoto: Getty Images/David RamosTadej Pogacar ist der Mann, den es bei Lüttich-Bastogne-Lüttich zu schlagen gilt

Titelverteidiger Remco Evenepoel, der auch 2022 gewann, steht dieses Jahr nach seinem Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt nicht am Start bei Lüttich-Bastogne-Lüttich. Somit fällt das mit Spannung erwartete Duell mit Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) erneut aus - wie im Vorjahr. Damals war es Pogacar, der zu Beginn des Rennens stürzte und sich einen Kahnbeinbruch zuzog. Diese Jahr geht der zweifache Tour-de-France-Sieger aber wieder topfit an den Start und ist der Top-Favorit bei Lüttich-Bastogne-Lüttich.

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Vieles spricht für einen zweiten Triumph des Slowenen nach 2021. Die Dominanz von Pogacar bei den Rennen, bei denen er 2024 antrat, liest sich beeindruckend: Sieg bei Strade Bianche, Rang drei bei Mailand-San Remo, Gesamtsieg und vier Etappensiege bei der Katalonien-Rundfahrt. Pogacar ist bereit, um in seinem letzten Rennen vor dem Giro d’Italia nochmal ein fettes Ausrufezeichen zu setzen und das Unterfangen Double Giro-Tour mit Rückenwind anzugehen.

Kann Mathieu van der Poel Lüttich-Bastogne-Lüttich gewinnen?

König des Kopfsteinpflasters: Mathieu van der PoelFoto: Getty Images/Bernard PaponKönig des Kopfsteinpflasters: Mathieu van der Poel

Auf dem Papier ist Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck) der große Gegenspieler von Pogacar. Der bislang überragende Fahrer des Frühjahrs peilt nach den Erfolgen bei Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix auch den Sieg bei Lüttich-Bastogne-Lüttich an. Sollte ihm das gelingen, würde dem Niederländer nur noch die Lombardei-Rundfahrt in seiner Sammlung der Radsport-Monumente fehlen. Doch hier müssen wir etwas Wasser in den Wein schütten und van der Poels Chancen realistisch einschätzen. Es spricht mehr gegen einen Sieg des Weltmeisters am Sonntag als dafür.

Tadej Pogacar und Mathieu van der Poel trafen bereits bei Mailand-San Remo aufeinanderFoto: Getty Images/Fabio FerrariTadej Pogacar und Mathieu van der Poel trafen bereits bei Mailand-San Remo aufeinander

Der 29-Jährige mag die Pflasterklassiker lieber als die Ardennen - aus gutem Grund: Lüttich-Bastogne-Lüttich kommt den Bergfahrern, zu denen van der Poel nicht zählt, ob der Charakteristik seiner Anstiege mehr als die Flandern-Rundfahrt beispielsweise entgegen. Rein von der körperlichen Statur geht van der Poel bereits mit einem Handicap ins Rennen gegen Pogacar. Der Weltmeister hat 75 Kilogramm auf den Rippen. Das sind neun mehr als der Slowene. Zwar wurde van der Poel bei seiner einzigen Teilnahme 2020 Sechster, konnte aber im Finale nicht mit den Allerbesten mithalten. Ein weiteres Argument, das gegen den Niederländer spricht, ist sein Auftritt beim Amstel Gold Race. Dort konnte er keine Akzente setzen und fuhr weitestgehend anonym auf Platz 22. Es sieht so aus, als wäre die Form nicht mehr auf ihrem Zenit, wie noch bei Paris-Roubaix. Deshalb geben wir van der Poel nur drei Sterne.



Thomas Pidcock nach Amstel Gold Race heiß auf nächsten Sieg

Siegreich beim Amstel Gold Race: Thomas PidcockFoto: picture alliance / ANP / Vincent JanninkSiegreich beim Amstel Gold Race: Thomas Pidcock

Höher gerankt haben wir dagegen Thomas Pidcock (Ineos Grenadiers). Der Brite wurde 2023 Zweiter hinter Evenepoel in Lüttich und gewann vor einer Woche das Amstel Gold Race. Beim Fleche Wallonne unter der Woche stieg der 24-Jährige wie viele andere Favoriten bei hundsmiserblem Wetter vorzeitig aus. Seiner guten Form dürfte das keinen Abbruch getan haben. Im Paket mit seinen Fähigkeiten, die wie für Lüttich-Bastogne-Lüttich gemacht sind, dürfte Pidcock der erste Herausforderer von Pogacar sein.

Hinter Pidcock fuhr letztes Jahr Santiago Buitrago (Bahrain-Victorious) auf den dritten Rang bei Lüttich-Bastogne-Lüttich. Der 24-jährige kolumbianische Kletterspezialist fühlt sich wohl in den Ardennen, was er mit Rang fünf beim Fleche Wallonne am Mittwoch nochmal unterstrichen hat und er ist ein enorm zäher Rennfahrer, was ihn zu einem Dreisternekandidaten für Sonntag macht.

Israel-Premier Tech mit zwei Optionen

Stephen Williams setzte sich an der Mur de Huy durchFoto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Geert Vanden WijngaertStephen Williams setzte sich an der Mur de Huy durch

Natürlich müssen wir auch den Fleche-Sieger nennen, wenn es um die Favoriten für Lüttich-Bastogne-Lüttich geht: Stephen Williams (Israel-Premier Tech). Der Brite hatte im Januar bereits die Tour Down Under gewonnen und siegte am Mittwoch überraschend an der Mur de Huy. Die Doyenne ist für den 27-Jährigen Neuland. Nach seinem Auftritt unter der Woche sollten ihn aber alle auf der Rechnung haben. Und Israel-Premier Tech hat noch ein zweites Ass im Ärmel: Dylan Teuns.

Mit dem Belgier wurde bereits beim Fleche Wallonne gerechnet, den er 2022 gewann. Doch Regen und Kälte setzten auch ihm stark zu. Rang sechs 2022 ist seine bislang beste Platzierung in Lüttich, als Zweiter beim Brabantse Pijl vor anderthalb Wochen hat der 32-Jährige gezeigt, dass er gut in Form ist.



Mattias Skjelmose, Maxim van Gils und Kevin Vauquelin

Mattias Skjelmose fuhr bei der Baskenland-Rundfahrt im Gelben TrikotFoto: Getty Images/Tim de WaeleMattias Skjelmose fuhr bei der Baskenland-Rundfahrt im Gelben Trikot

Ähnlich gut drauf war Mattias Skjelmose (Lidl-Trek), der Dritter bei der Baskenland-Rundfahrt wurde und im letzten Jahr Lüttich als Neunter erreichte. Allerdings sorgte der 23-jährige Däne unter der Woche beim Fleche Wallonne mit schockierenden Bildern für Schlagzeilen. Ihm war so kalt, dass er von einem Betreuer weggetragen werden musste. Laut Teamangaben hat sich Skjelmose “nur” unterkühlt. Wie sich das auf seine Leistung am Sonntag auswirkt, bleibt abzuwarten. Ein Jahr älter als Skjelmose ist Maxim van Gils (Lotto-Dstny). 2023 fuhr der Belgier mit 23 Jahren auf den 11. Platz in Lüttich und wird in diesem Jahr in die Top 10 drängen. Die Form ist gut, wie van Gils mit Rang drei beim Fleche Wallonne gezeigt hat.

Als letzten Zweisternekandidaten führen wir Kevin Vauquelin (Arkea-B&B Hotels) auf unserer Liste. Der 22-Jährige fliegt etwas unter dem Radar - zu unrecht. Schließlich schrammte er am Mittwoch nur hauchdünn am Sieg beim Fleche Wallonne vorbei. Vauquelin startete seinen Sprint etwas zu spät und schaffte es nicht mehr ganz, Williams noch abzufangen. In Lüttich feiert er seine Premiere. Zuzutrauen ist ihm einiges.

Duo von EF Education EasyPost rechnet sich Chancen aus

Kommen wir noch zu den Kandidaten mit einem Stern. Da haben wir zunächst ein Duo von EF Education EasyPost: Richard Carapaz und Ben Healy. Das Formbarometer von Carapaz, seines Zeichens Sieger des Giro d’Italia 2019, zeigte mit Rang 13 beim Fleche Wallonne zuletzt nach oben. Für ein Top-Ergebnis bei Lüttich-Bastogne-Lüttich bringt der leichtfüßige Kletterer aus Ecuador alle Voraussetzungen mit. Die Frage ist, ob er diese auch mal wieder auf die Straße bringt.

Ben Healy ist bekannt für seine offensive FahrweiseFoto: picture alliance / Roth / CV / RothBen Healy ist bekannt für seine offensive Fahrweise

Sein Teamkollege Healy war letztes Jahr bereits Vierter bei der Doyenne. Mit 23 Jahren steckt der Ire noch mitten in der Entwicklung. Um ihm mehr als einen Stern zu geben, fehlen in dieser Saison bislang die Ergebnisse.

Bora-Hansgrohe ohne Primoz Roglic und Maximilian Schachmann

Aleksandr Vlasov soll für Bora-Hansgrohe ein Top-Ergebnis bei Lüttich-Bastogne-Lüttich einfahrenFoto: picture alliance / Roth / CVAleksandr Vlasov soll für Bora-Hansgrohe ein Top-Ergebnis bei Lüttich-Bastogne-Lüttich einfahren

Für Bora-Hansgrohe dürfte in Abwesenheit von Primoz Roglic und auch Maximilian Schachmann Aleksandr Vlasov die beste Option sein. Der Russe fuhr zwar den Fleche Wallonne am Mittwoch nicht zu Ende, hat aber bei der Lombardei-Rundfahrt in den letzten Jahren mit Platz drei und vier bereits gezeigt, dass er als Rundfahrer auch bei schweren Klassikern vorne mitmischen kann.

Visma | Lease a Bike schickt Tiesj Benoot ins Rennen. Der Belgier ist ein solider Fahrer für die Klassiker - zweimal Siebter bei Lüttich-Bastogne-Lüttich. Um ganz nach oben auszuschwingen, wird sich der 30-Jährige eine unkonventionelle Taktik für den Sonntag zurechtlegen müssen.

Egan Bernal startet bei Lüttich-Bastogne-Lüttich

Egan Bernal fuhr bei der Katalonien-Rundfahrt zuletzt auf den dritten GesamtrangFoto: Getty Images/David RamosEgan Bernal fuhr bei der Katalonien-Rundfahrt zuletzt auf den dritten Gesamtrang

Etwas unkonventionell erscheint auch der Start von Egan Bernal bei Lüttich-Bastogne-Lüttich 2024. So ist der Kolumbianer doch vor allem als Rundfahrtenspezialist bekannt. Der Tour-de-France-Sieger von 2019 fährt die Doyenne zum ersten Mal. Was kann er leisten? Es lohnt ähnlich wie bei Vlasov ein Blick zur Lombardei-Rundfahrt. Die ist Bernal als einziges Monument bislang dreimal gefahren und stand 2019 als Dritter auf dem Podium. Das könnte ein Fingerzeig sein. Nach seinem starken Auftritt zuletzt bei der Katalonien-Rundfahrt (Dritter Gesamtrang) ist der 27-Jährige auf dem besten Wege zurück zu alter Stärke und in Lüttich für eine Überraschung gut.



Geheimtipp Alexey Lutsenko

Ärgerte in den Abruzzen UAE Team Emirates: Alexey LutsenkoFoto: picture alliance / ZUMAPRESS.com / Massimo PaoloneÄrgerte in den Abruzzen UAE Team Emirates: Alexey Lutsenko

Unser letzter Kandidat im TOUR-Favoritencheck - und damit ein Geheimtipp - ist Alexey Lutsenko (Astana Qazaqstan Team). Der 31-jährige Kasache war zwar bei sechs Starts in Lüttich nie besser als Rang 89, ist aber exzellent in Form und er kann es mit der Mannschaft von Pogacar aufnehmen. Beim Giro d’Abruzzo führte Lutsenko bei der Bergankunft am Prati di Tivo das gesamte UAE Team Emirates regelrecht an der Nase herum und setzte sich alleine gegen Pavel Sivakov, Adam Yates und Diego Ulissi durch. Klar, Pogacar ist eine andere Liga, unterschätzen sollte er Lutsenko aber nicht am Sonntag.

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