Omloop het Nieuwsblad 2024Die Favoriten - Visma | Lease a Bike mit vier Trumpfkarten

Sebastian Lindner

 · 23.02.2024

Die Favoriten auf den Sieg beim Omloop het Nieuwsblad 2024: Biniam Girmay (Intermarche - Wanty)
Foto: DPA Picture Alliance
Mit dem Omloop het Nieuwsblad wird die Saison der Frühjahrsklassiker eröffnet. TOUR blickt auf die Favoriten für den Auftakt in Belgien.

Omloop het Nieuwsblad 2024 - das Wichtigste in Kürze

38 Kilometer vor dem Ziel hatte sich Dylan van Baarle (Jumbo-Visma) 2023 mit drei Mitstreitern abgesetzt, die er bis zur Mauer von Geraardsbergen allesamt abgeschüttelt hatte. Der Rest war eine Solofahrt des Niederländers. Wird das Rennen 2024 erneut so früh entschieden? Wir haben einige Kandidaten herausgepickt und machen den Favoriten-Check. Desto mehr Sterne ein Fahrer bekommt, desto höher ist er einzuschätzen.

Die TOUR-Favoriten nach Sternen

* Alberto Bettiol, Jasper Philipsen, Oier Lazkano, Kasper Asgreen, Biniam Girmay

** Thomas Pidcock, Jasper Stuyven, Julian Alaphilippe, Dylan van Baarle

*** Tim Wellens, Christophe Laporte, Arnaud De Lie

**** Matej Mohoric, Jan Tratnik,

***** Wout van Aert



Mageres Jahr 2023 Ansporn für van Aert

Es ist schon eine Weile her, dass Wout van Aert (Visma | Lease a Bike) ein wichtiges Rennen gewonnen hat. Zählt man den E3 Preis aus dem letzten Jahr - immerhin auch World Tour - nicht dazu, muss schon das Jahr 2022 herhalten. Da waren es unter anderem drei Etappensiege bei der Tour de France. Und der Omloop het Nieuwsblad. Mit insgesamt nur fünf Siegen verlief 2023 für den erfolgsverwöhnten Belgier alles andere als nach Plan.

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Umso größer ist sein Ansporn, in dieser Saison in die Erfolgsspur zurückzukehren. Sein verhältnismäßig kurzer Cross-Winter ist ein Zeichen, dass der Fokus in diesem Jahr wieder komplett auf der Straße liegt. Nach frühem Defekt-Pech bei der Clasica Jaen Paraiso Interior (1.Pro) konnte er bei der Algarve-Rundfahrt (2.Pro) bereits seinen ersten Saisonsieg feiern. Auch in Portugal lief noch nicht alles perfekt, doch Wille und Erfahrung sollten beim 29-Jährigen einiges ausgleichen können.

Laporte, van Baarle, Tratnik: Visma kann aus dem Vollen schöpfen

Was für van Aert persönlich vielleicht nicht ganz optimal ist, für sein Team hingegen schon: Visma hat drei, wenn nicht gar vier weitere potenzielle Siegkandidaten am Start. Da ist zum Beispiel Vorjahressieger Dylan van Baarle. Wie 2023 dürfte er auch in diesem Jahr nicht das heißeste Eisen sein. Doch damals nutze er seine Chance, attackierte früh und zog bis zum Ende durch. Noch hat er keine Rennkilometer in den Beinen, was tendenziell für eine ähnliche Taktik sprechen könnte.

Das gleiche gilt für Christophe Laporte. 2023 Sieger bei Gent-Wevelgem (1.UWT) und Quer durch Flandern (1.UWT), schaffte er den Durchbruch und mauserte sich zum Klassikerspezialisten. Fehlende Wettkampfhärte und fehlende Vergleiche zum Leistungsstand mit der Konkurrenz sprechen auch beim Franzosen im Zweifel für einen frühen Vorstoß, damit im Zweifel noch etwas repariert werden kann.

Diesen Job könnte beim Omloop auch Jan Tratnik übernehmen. Der Slowene, so scheint es, ist in diesem Frühjahr in der Form seines Lebens. Und das im Herbst seiner Karriere. Der 34-Jährige, bei Visma bisher eigentlich nur als Helfer aufgefallen, wurde Zweiter der Murcia-Rundfahrt (1.1), Dritter bei der Clasica Jaen und auch bei der Algarve-Rundfahrt - vor seinen Kapitänen van Aert und Sepp Kuss. Tratnik ist heiß wie belgisches Frittenfett und hat bereits kampfeslustig angekündigt, vor niemandem Angst zu haben.

Wellens reif für den Sieg, De Lie hofft auf Sprint

Mindestens ein Auge muss er aber genau wie seine Visma-Kollegen auf Matej Mohoric (Bahrain-Victorious) werfen. Tratniks Landsmann konnte in dieser Saison bereits bei der Volta Comunitat Valenciana (2.Pro) einen Tagessieg feiern und ist auf profiliertem Gelände eigentlich immer zu beachten. Vor allem dann, wenn große Cleverness gefragt ist. Auf Kopfsteinpflaster konnte Mohoric zwar noch nicht gewinnen, diverse Top-10-Ergebnisse hat aber auch er schon in Flandern eingefahren.

Ein weiterer Aspirant für ein Solo ist Tim Wellens (UAE Team Emirates). Der Belgier ist vor der letzten Saison ins Pogacar-Team gewechselt, um dort die Klassikerfraktion anzuführen. Das funktionierte im ersten Jahr, gemessen an Ergebnissen, nur bedingt. Doch eigentlich ist der 32-Jährige reif für einen großen Sieg. Die Form bisher stimmt ebenfalls. Dritter bei der Murcia-Rundfahrt, Vierter bei der Clasica Jaen, Fünfter im Zeitfahren der Ruta del Sol (2.Pro). Was in Andalusien noch möglich gewesen wäre, bleibt ungeklärt. Denn abgesehen vom fünf Kilometer langen Kampf gegen die Uhr wurden alle anderen vier Etappen abgesagt, da aufgrund von massiven Bauernprotesten in der Region nicht genügend Sicherheitskräfte zur Verfügung standen, um das Rennen zu begleiten.

Während alle bisher genannten tendenziell lieber auf eine Entscheidung als Solist hoffen, zählt Arnaud De Lie (Lotto-Dstny) zur Fraktion derer, die sich lieber einen Sprint einer großen Gruppe wünschen würden. So gewann der junge Belgier im letzten Jahr die Entscheidung aus einer großen Gruppe heraus - allerdings war vorher schon Solist van Baarle über den Zielstrich gefahren. De Lie hat zuletzt immer häufiger gezeigt, dass er auch die eine oder andere Erhebung im Profil meistern kann, bei der Clasica de Almeria (1.Pro) wurde er Zweiter. Kommt es zum Sprint, ist der 21-Jährige erster Anwärter.

Philipsen und Girmay nur mit Außenseiterchancen


Noch vor Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck), der beim Omloop het Nieuwsblad in diesem Jahr seinen Saisoneinstand feiert. Der beste Sprinter der abgelaufenen Saison hat spätestens bei Paris-Roubaix (1.UWT) 2023 als Zweiter bewiesen, dass ihm Kopfsteinpflaster keine allzu großen Sorgen bereitet, nur wenige Tage zuvor bei Quer durch Flandern als Vierter, dass es auch der eine oder andere kurze, steile Anstieg sein darf. Ob das allerdings gleich am ersten Renntag möglich ist, scheint eher unwahrscheinlich.

Außenseiterchancen könnte auch Biniam Girmay (Intermarche-Wanty) haben. Der Eritreer, 2022 Sieger bei Gent-Wevelgem, kann an guten Tagen ebenfalls mit Pflaster und kurzen Anstiegen umgehen. Das die Form nicht ganz schlecht ist, bewies er zu Saisonauftakt in Australien. Mit der Rolle als Außenseiter werden auch Alberto Bettiol (EF Education EasyPost), Kasper Asgreen (Soudal - Quick Step) und Oier Lazkano (Movistar) leben können. Gerade der verwegene Spanier, der erst kürzlich mit einem 100-Kilometer-Ausreißversuch die Clasica Jaen gewann (und im Vorjahr bei Quer durch Flandern auf ähnliche Weise Zweiter wurde), hat Form bewiesen, dürfte mittlerweile aber nicht mehr unterschätzt und deswegen an der kurzen Leine gehalten werden.

Pidcock, Stuyven und Alaphilippe mit Fragezeichen

Und dann sind da noch Thomas Pidcock (Ineos Grenadiers), Jasper Stuyven (Lidl-Trek) und Julian Alaphilippe (Soudal - Quick Step). Auf die Kapitäne der drei großen Teams ist grundsätzlich immer zu achten. Pidcock kann Klassiker, zeigte an der Algarve auch eine ordentliche Form. Für ganz vorne dürfte es aber schwer werden. Allrounder Stuyven, der den Omloop 2020 gewinnen konnte, fuhr sich in Portugal zweimal in die Top 10 des Tages und hat in Flandern eine gute Mannschaft an seiner Seite. Der 31 Jahre alte Routinier ist allerdings seit Mailand-San Remo 2021 sieglos.

Bei Alaphilippe dürfte die größte Frage sein, wie er auf den Zoff mit Teamchef Patrick Lefevere reagiert, der ihn und seine Lebengefährtin Marion Rousse massiv kritisiert hatte. Mit ordentlich Wut im Bauch ist dem ehemaligen Weltmeister alles zuzutrauen. Reagiert er mit Resignation, steigt er vielleicht nach 50 Kilometern aus. Eine ordentliche Form konnte Alaphilippe zu Saisonbeginn in Australien jedenfalls nachweisen.

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