Tour de France: Der Kampf um das Gelbe Trikot

Die Tour de France ist das bekannteste Radrennen der Welt. Vorbei an den schönsten Flecken Frankreichs führt sie einmal quer durchs Land – vom rauen Norden bis in den warmen Süden. Dabei überwinden die Fahrer massive Gipfel der Alpen und der Pyrenäen bis die Tour klassischerweise mit der Zieleinfahrt auf dem Champs-Élysées im Zentrum von Paris endet. TOUR gibt Ihnen einen Überblick über die Frankreich-Rundfahrt und versorgt Sie mit den wichtigsten News und Ergebnissen zur Tour de France.

Tour de France: Das bedeutendste Straßenrennen der Welt

Die Tour de France in ParisFoto: Getty VeloDie Tour de France in Paris

Die Tour de France ist das bekannteste Radrennen der Welt und zählt mit den Olympischen Spielen und den Fußball Weltmeisterschaften zu den größten Sportereignissen überhaupt. Gemeinsam mit der Giro d’Italia und der Vuelta a España bildet sie die Grand Tours – die bedeutendsten Straßenradrennen unserer Zeit.

Bereits seit über 100 Jahren, genauer gesagt seit 1903, findet die Tour de France alljährlich im Juli statt. Die Fahrer durchqueren bei der Grande Boucle (französisch für Große Schleife) auf wechselnden Strecken ganz Frankreich – machen aber auch Abstecher in benachbarte Länder wie Belgien, Spanien oder die Schweiz. Nicht selten findet auch der Start der Tour im nahen Ausland statt, wie bisher in Großbritannien, Monaco oder 2023 im Baskenland.

Jedes Jahr nehmen 21 bis 22 Profiteams an der Tour de France Teil, die lange aus neun, seit einiger Zeit aber nur noch aus acht Fahrern bestehen. Die 18 UCI World Tour Teams (die besten professionellen Teams im Straßenradsport) haben nach dem Reglement des Internationalen Radsport-Verbands (UCI) immer das Recht zur Teilnahme an der Tour, während der Veranstalter für die übrigen Startplätze weitere sogenannte Pro-Continental-Teams einlädt. Dabei handelt es sich überwiegend um einheimische Mannschaften aus Frankreich.

Generell kommen die meisten Mannschaften aus Frankreich, Spanien und Italien, aber auch Straßenradsport-Teams aus Belgien, Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz treten bei der Frankreich-Rundfahrt an. Die Nation des Teams hat dabei nichts mit der Nationalität der einzelnen Radprofis zu tun - anders als beispielsweise bei der Fußball-Weltmeisterschaft. So stammen einige Fahrer zum Beispiel aus Südamerika, Australien oder Japan.

Die Strecke: Klettern und Sprinten im Hexagon

Die Tour de France besticht durch abwechslungsreiche Etappen zwischen den flachen Ebenen der Normandie, den massiven Gipfeln der Alpen und der anspruchsvollen Topografie an der Cote d’Azur. Während der Tour durchquert das Fahrerfeld mehr als ein Drittel der französischen Departements und auch Gegenden im angrenzenden Ausland. Dabei bewältigen die 22 Teams im französischen Hexagon um die 3500 Kilometer in 23 Tagen und 21 Etappen. Die einzelnen Teilstücke unterscheiden sich in Flachetappen, hügeligen Abschnitten und Bergetappen mit verschiedenen Bergankünften sowie Zeitfahren.

Der genaue Routenverlauf der Frankreich-Rundfahrt ändert sich jedes Jahr – selbst die Richtung wechselt: Absolvieren die Fahrer die Tour aus südwestlicher Richtung und gegen den Uhrzeigersinn, so überqueren sie erst die Pyrenäen und dann die Alpen. Im darauffolgenden Jahr fahren sie oft genau anders herum, erst in den Osten und im Uhrzeigersinn in den Süden.

Auf den schweren Bergetappen in den Alpen und in den Pyrenäen entscheidet sich meist der Gesamtsieg bei der Tour de France.Foto: Getty VeloAuf den schweren Bergetappen in den Alpen und in den Pyrenäen entscheidet sich meist der Gesamtsieg bei der Tour de France.

Le Grand Depart: Der Beginn der Landesrundfahrt

Der Auftakt der Tour wird traditionellerweise als Le Grand Depart (französisch für die große Abfahrt) bezeichnet. Während die Rundfahrt vor allem in den ersten Jahrzehnten auch unter der Woche startete, ist der Beginn der Tour nun meistens auf den ersten Samstag im Juli datiert.

Start und Ziel der Frankreich-Rundfahrt lagen bis in die 50er Jahre fast immer in Paris. Seitdem wird der Le Grand Depart auch in anderen Gegenden Frankreichs und im Ausland ausgetragen, wohingegen die Hauptstadt weiterhin das Ziel der Tour markiert.

In den Jahren 1967 bis 2012 startete das Radrennen meistens noch mit einem Prolog – einem Zeitfahren, welches dazu diente, dem Publikum die Fahrer vorzustellen. Dies ist nun nicht mehr die Regel, denn meistens starten die Fahrer die Tour de France mit einer regulären Etappe über etwa 180 Kilometer.

Abwechslungsreiche Etappen: Höhepunkte in den Alpen

Für viele Zuschauer sind die Bergetappen die spannendsten Abschnitte der Tour - vor allem, weil sie am härtesten umkämpft sind. Dabei können sich die Kletterer in Frankreich gleich an mehreren Gebirgen beweisen: Die Tour führt je nach Ausgabe durch die Vogesen, die Alpen, das Zentralmassiv und die Pyrenäen.

Die besonders anspruchsvollen Anstiege der Landesrundfahrt werden dabei präferiert auf das zweite und dritte Wochenende der Tour sowie auf den Französischen Nationalfeiertag am 14. Juli gelegt. So erhoffen sich die Veranstalter eine besonders hohe Zuschauerzahl, auch an der Strecke. Zu den bekanntesten Anstiegen der Tour de France, die sich die Fahrer hochschlängeln, zählen zum Beispiel die beiden Gebirgspässe Col du Galibier und Col du Tourmalet oder der Mont Ventoux.

Bei den Kletterprüfungen in den Alpen und Pyrenäen überwinden die Fahrer oftmals mehr als 3000-4000 Höhenmeter in nur einer Etappe. Steigungen zwischen 8 und 15 Prozent sind da ganz normal, manchmal haben die Sportler bei kurzen Rennabschnitten sogar mit bis zu 20 Prozent Steigung zu kämpfen.

Generell ist die Tour de France mit vielen Herausforderungen gespickt: So müssen die Fahrer in manchen Jahren fast 20 Kilometer Kopfsteinpflaster bewältigen. Aufgrund des für die dünnen Reifen der Rennräder herausfordernden Untergrunds ist das vor allem für die Zuschauer ein echtes Spektakel!

Aber auch die gewöhnlichen Flachetappen können die Fahrer ganz schön fordern: In der Küstenregion Frankreichs kann es zu sogenannten Windkantenpassagen kommen, die oftmals über den Etappensieg entscheiden. Bei diesen Abschnitten kommt es zu einem starken Seitenwind, den viele Teams mit einer Windkantenformation für sich nutzen wollen.

Dabei versuchen sich die Fahrer seitlich versetzt im Windschatten zu ihrem Vordermann zu positionieren, sodass eine diagonale Fahrerreihe auf der Straße entsteht. Durch den Platzmangel und mit der richtigen Taktik hat die Kopfgruppe so die Möglichkeit, konkurrierende Teams, die aus der Gruppe fallen, mürbe zu machen, damit diese den Anschluss verlieren.

Bei Windkantenpassagen auf den vermeintlich einfachen Flachetappen hat schon so mancher Tour de France-Favorit wertvolle Zeit in der Gesamtwertung verloren.Foto: Getty VeloBei Windkantenpassagen auf den vermeintlich einfachen Flachetappen hat schon so mancher Tour de France-Favorit wertvolle Zeit in der Gesamtwertung verloren.

Die Schlussetappe: Traditionelle Zieleinfahrt auf der französischen Prachtstraße

Seit 1967 findet die Schlussetappe der Tour de France immer an einem Sonntag statt. Im Straßenradsport ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass der Führende der Gesamtwertung auf der Schlussetappe nicht mehr attackiert wird, um ihm so einen ruhmreichen Empfang in Paris zu ermöglichen. Die letzte Etappe trägt daher auch den Namen Tour d'Honneur (französisch für Tour der Ehre). Jedoch hielten sich in der Vergangenheit nicht alle Fahrer an diesen Ehrenkodex, sodass es auch auf der Pariser Prachtstraße zu Kopf-an-Kopf-Rennen kam.

Tour de France 2023: Die 110. Auflage des Radsport-Klassikers

Der Grand Depart der 110. Auflage findet 2023 in Bilbao statt und beginnt am Samstag mit einer Massenstartetappe.

Reglement und Klassements: Was gibt es bei der Tour de France zu gewinnen?

Bei der Tour de France geht es nicht nur ums Gelbe Trikot: Auch das Grüne, Weiße und Gepunktete Trikot sind heiß begehrt. Die Wertungen hierfür gibt der Internationale Radsport-Verband (UCI) vor. Führt zum Beispiel ein Fahrer gleich mehrere Wertungen an, rückt der Zweitplatzierte nach und trägt das Trikot stellvertretend. Welches Trikot der Führende trägt, richtet sich nach folgender Priorisierung: Gelb vor Grün vor Gepunktet vor Weiß.

Nicht jeder der knapp 180 Fahrer, die die Tour mit dem Grand Depart beginnen, kommen auch in Paris ins Ziel. Einige Radsportler scheiden verletzungs- oder krankheitsbedingt aus, während andere disqualifiziert werden oder aus dem Zeitlimit fallen. Das heißt, die Fahrer müssen in einem gewissen Abstand hinter dem Sieger ins Ziel gelangen, sonst ist für sie die Tour de France vorbei. Diese Karenzzeit richtet sich dabei nach der Schwierigkeit der jeweiligen Etappe und nach der Zeit des Etappensiegers.

Der Gesamtführende der Tour de France trägt das Gelbe Trikot, der beste Nachwuchsprofi wird mit dem Weißen Trikot ausgezeichnet.Foto: Getty VeloDer Gesamtführende der Tour de France trägt das Gelbe Trikot, der beste Nachwuchsprofi wird mit dem Weißen Trikot ausgezeichnet.

Gelbes Trikot (Maillot Jaune)

Das Gelbe Trikot wird von demjenigen getragen, der die Gesamtwertung anführt - oder genauer gesagt, die geringste benötigte Gesamtfahrzeit hat. Diese ergibt sich aus den addierten Zeiten der einzelnen Etappen. Hierbei werden auch die Zeitbonifikationen berücksichtigt, die die Top 3 einer Etappe und der Bonuswertungen erhalten.

Es kann durchaus vorkommen, dass ein Athlet ohne Etappensieg die Tour gewinnt – wie beispielsweise Chris Froome im Jahr 2017. Die gelbe Farbe des Trikots geht auf die Sportzeitung L’Auto zurück, die die Tour 1903 gründete. Sie druckt Ihre Zeitung auf gelben Seiten ab – das Trikot ist also eine Anlehnung an die Entstehungsgeschichte.

Grünes Trikot (Maillot Vert)

Das Grüne Trikot wird vom besten Punktesammler getragen. Punkte für diese Wertung erhalten die 15 Fahrer, die als erstes die Ziellinie einer Etappe überqueren oder eine Sprintwertung für sich entscheiden können. Je flacher einer Etappe ist, desto höher fällt die jeweilige Wertung aus. Bei gleicher Punktzahl entscheidet die Anzahl der Etappensiege und gewonnenen Zwischensprints über den Träger des Grünen Trikots.

Gepunktetes Trikot (Maillot à Pois)

Das Bergtrikot ist ein weißes Trikot mit roten Punkten, welches der Führende in der Bergwertung erhält. Es gibt fünf verschiedene Kategorien, in die die Berge der Tour de France nach ihrer Steigung und Länge eingeteilt werden. Je schwieriger und zehrender der Antritt ist, desto mehr Wertungspunkte erhalten die ersten 10 bis 15 Fahrer beim Überqueren der Pässe und Bergankünfte. Die schwersten Anstiege werden als HC (hors categorie) eingestuft, danach folgen 1., 2., 3. und 4. Kategorie

Weißes Trikot (Maillot Blanc)

Das Weiße Trikot wird an den besten Nachwuchsprofi vergeben. Wie beim Gelben Trikot zählt hier die Gesamtfahrzeit aller Fahrer unter 25 Jahren.

Darüber hinaus gibt es noch die Mannschaftswertung sowie die Gelbe und Rote Startnummer, mit denen die Sportler und Teams ausgezeichnet werden. Diese Ehrungen erhalten die Fahrer des besten Teams beziehungsweise der angriffslustigste Fahrer.

Tour de France: Wer sind die vergangenen Sieger?

Seit Beginn der Frankreich-Rundfahrt konnten vier Radsportler jeweils fünf Mal die Gesamtwertung gewinnen: Der Franzose Jacques Anquetil (1957, 1961-1964), der Belgier Eddy Merckx (1969-1972, 1974), der Franzose Bernard Hinault (1978, 1979, 1981, 1982, 1985) und der Spanier Miguel Indurain (1991-1995). Der Brite Chris Froome, der noch immer aktiv den Radsport betreibt, fuhr 2013 und in den Jahren 2015 bis 2017 mit dem Gelben Trikot ins Pariser Ziel.

Der US-Amerikaner Lance Armstrong entschied die Tour sogar sieben Mal für sich. Allerdings wurden ihm alle Tour de France-Siege 2012 aberkannt, weil er wegen Dopings für die Rennen nachträglich disqualifiziert wurde. Die Titel wurden nicht neu vergeben.

Die meisten Etappensiege verbuchen der Belgier Eddy Merckx und der Brite Mark Cavendish für sich. Insgesamt 34 Mal konnten beide die Ziellinie einer Etappe als erstes überqueren. Ob Cavendish nach seiner Aufholjagd noch an Merckx vorbeizieht, wird sich in dieser Saison zeigen.

Die Sieger der Tour de France der letzten zehn Jahre

  • 2022 Jonas Vingegaard (Dänemark)
  • 2021 Tadej Pogacar (Slowenien)
  • 2020 Tadej Pogacar (Slowenien)
  • 2019 Egan Bernal (Kolumbien)
  • 2018 Geraint Thomas (Großbritannien)
  • 2017 Christopher Froome (Großbritannien)
  • 2016 Christopher Froome (Großbritannien)
  • 2015 Christopher Froome (Großbritannien)
  • 2014 Vincenzo Nibali (Italien)
  • 2013 Christopher Froome (Großbritannien)
  • 2012 Bradley Wiggins (Großbritannien)

Die Entstehungsgeschichte der Frankreich-Rundfahrt

Die Tour de France wurde 1903 von der Sportzeitung L’Auto als erstes Etappenrennen im Radsport ins Leben gerufen. Die Zeitung verfolgte dabei das Ziel, ihre Auflagen zu steigern – besonders im Hinblick auf die Zahlen ihres Konkurrenzblatts Le Velo, von dem sich die L’Auto 1900 abgespaltet hatte. Und das Ganze zeigte Erfolg: Le Vélo erschien im 1904 das letzte Mal.

Henri Desgrange war bis zu seinem Tod 1940 der Chefredakteur der L’Auto und damit auch der Tour-Direktor. Er führte auch 1919 das Gelbe Trikot und 1933 die Bergwertung ein. Nachdem L’Auto nach der Befreiung Frankreichs im Jahr 1944 verboten wurde, erschien zwei Jahre später der Nachfolgetitel L’Equipe, die noch heute zu den meistgelesenen Tageszeitungen Frankreichs zählt.

Seit 1992 ist die Amaury Sport Organisation (ASO) der Veranstalter der Tour de France. Seit 2011 gehört die Tour de France zur UCI World Tour, die vom Weltradsportverband veranstaltete Serie bedeutender Eintages- und Etappenrennen. Sie ist der Nachfolger der UCI Pro Tour.

60 Fahrer nahmen an der ersten Tour de France teil, die am 1. Juli 1903 begann. Die Frankreich-Rundfahrt startete in Montgeron bei Paris und führte insgesamt über sechs Etappen. 2428 Kilometer legten die Fahrer beim Rennen insgesamt zurück, dessen Ziellinie der Franzose Maurice Garin als Erster überquerte. Das Preisgeld für den Sieg der ersten Tour betrug 6075 Francs (heute umgerechnet 926,13 Euro).

Seitdem wird die Tour jedes Jahr im Juli ausgetragen. Lediglich während des Ersten und Zweiten Weltkrieges, also in den Jahren 1915 bis 1918 und 1940 bis 1946, gab es keine Tour. Auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie verlief die Frankreich-Rundfahrt anders: 2020 fand sie nicht im Juli, sondern im August und September statt. Um das Infektionsrisiko während der Tour im Spätsommer so gering wie möglich zu halten, wurden die teilnehmenden Teams zudem in sogenannte “Blasen” separiert, die sich nur im Rennen begegnen durften. Zusätzlich gab es eine virtuelle Rundfahrt mit einer gesonderten Wertung, die aus sechs Etappen bestand.

Mit einigen Unterbrechungen fand von 1984 bis 2009 auch eine Tour de France für Frauen statt - die Grande Boucle Feminine. Seit 2014 veranstaltet die ASO La Course by Le Tour de France, ein Radrennen für Frauen, welches meistens als Rundstreckenrennen stattfand. Für 2023 ist die zweite Auflage der Tour de France Femmes geplant. Sie umfasst acht Etappen.

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