König Kamil hat den Grand Slam geschafft

Sport / 07.01.2018 • 21:01 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Nach der erfolgreichen Titelverteidigung bei der Vierschanzentournee wurde Kamil Stoch zum Sportler des Jahres in Polen gewählt.gepa
Nach der erfolgreichen Titelverteidigung bei der Vierschanzentournee wurde Kamil Stoch zum Sportler des Jahres in Polen gewählt.gepa

Stoch krönt mit viertem Tagessieg Triumph bei Vierschanzentournee.

Bischofshofen Als Kamil Stoch mit seinem vierten Tagessieg bei der 66. Vierschanzentournee in Bischofshofen im exklusivsten Klub der Skisprung-Welt gelandet war, verließ Sven Hannawald unerlaubt seinen Arbeitsplatz. Der TV-Kommentator stürmte aus seiner Kabine in den Auslauf, riss Stochs linken Arm in die Höhe und klopfte dem Polen immer wieder auf den Helm. „Jetzt sind wir zu zweit“, betonte der mittlerweile 43-jährige Deutsche und wirkte überhaupt nicht traurig über den lang befürchteten Verlust seines historischen Alleinstellungsmerkmals.

16 Jahre lang hatte Hannawald bei jeder Vierschanzentournee um seinen Rekord gezittert, wollte unbedingt der einzige Skispringer mit Siegen bei allen vier Tourneespringen in einem Winter bleiben. Nun hat das Bibbern ein Ende, und Hannawald bewies Größe. „Das war von einem anderen Stern. Lieber Kamil, bislang musste ich in diesem Klub immer mit mir selbst reden. Jetzt können wir zwei uns unterhalten“, sagte der Eurosport-Experte mit einem Augenzwinkern.

Auszeichnungen ohne Ende

Stoch wirkte in der Stunde seines Triumphes ein wenig überfordert. Sein erster Dank ging an Frau Ewa, die ihn zeitgleich in Warschauvertrat, wo Polens Sportler des Jahres 2017 gekürt wurde. Wenige Stunden später hieß auch dort der Sieger Kamil Stoch. Vor einem gewissen Robert Lewandowski, seines Zeichens Torjäger von Bayern München, der Polens Fußball-Nationalmannschaft zuletzt mit 16 Toren fast im Alleingang zur WM geschossen hatte.

Kein Wunder also, dass auch Polens Premierminister zu den ersten Gratulanten gehörte. „Heute bilden wir alle das Gefolge eines Königs. Kamil!“, twitterte Mateusz Morawiecki. Die polnische Presse überschlug sich vor Begeisterung. „Oh Kamil, du bist in die Geschichte eingegangen“, schrieb die Tageszeitung Fakt, die Gazeta Wyborcza titelte: „Kamil räumt alles ab!“. Der viermalige Weltmeister Adam Malysz, inzwischen Sportdirektor des polnischen Teams, verneigte sich: „Kamil ist der einzige komplette Springer. Nicht nur in Polen, sondern in der ganzen Welt.“

Für Schuster der beste Sprung

Der gebürtige Kleinwalsertaler und DSV-Bundestrainer Werner Schuster streute dem neuen Weltcup-Spitzenreiter ebenfalls Rosen: „Wenn einer es verdient hat, den Rekord von Hannawald zu egalisieren, dann Kamil Stoch. Er ist seit Jahren ein toller Botschafter, ist auch abseits der Schanze ein netter Kerl.“ Das vielleicht größte Kompliment machte Schuster dem Polen fast beiläufig. „Sein Probedurchgang in Bischofshofen – ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nie einen besseren Skisprung gesehen. Das war Wahnsinn.“

Und Stoch? Der 30-Jährige hat inzwischen vier der fünf großen Trophäen der Skisprung-Welt gewonnen: Er wurde Weltmeister 2013 und Olympiasieger 2014, gewann nun erneut die Tournee und 2014 den Gesamtweltcup. Fehlt nur noch Gold bei einer Skiflug-WM (18. bis 21. Jänner) in Oberstdorf. Triumphiert der Überfliger aus Zakopane auch dort, stößt er in einen weiteren exklusiven Klub vor, in dem ein Mann seit Jahren alleine ist: Alle fünf Trophäen hat nur der Finne Matti Nykänen in seiner Vitrine stehen.

Kamil Stoch jedenfalls hat noch lange nicht genug. „Klar, ich bin stolz auf das, was ich bis jetzt geschafft habe. Aber es gibt immer etwas, das ich noch besser machen kann. Zum Glück kommen in diesem Winter ja noch ein paar Großereignisse“, sagte Stoch und lächelte. Es klang fast wie eine Kampfansage in Richtung Olympische Spielen in Pyeongchang, wo Stoch Titelverteidiger auf der Groß- und Kleinschanze ist.

„Wenn es einer verdient hat, den Rekord von Hannawald zu egalisieren, dann Kamil.“

Nach der erfolgreichen Titelverteidigung bei der Vierschanzentournee wurde Kamil Stoch zum Sportler des Jahres in Polen gewählt.gepa
Nach der erfolgreichen Titelverteidigung bei der Vierschanzentournee wurde Kamil Stoch zum Sportler des Jahres in Polen gewählt.gepa

Skispringen

66. Vierschanzentournee 2017/18

4. und letzte Station in Bischofshofen

1. Kamil Stoch (POL) 275,6 Punkte (132,5 m/137,0 m)

2. Anders Fannemel (NOR) 272,4 (130,0/139,0)

3. Andreas Wellinger (GER) 270,5 (129,0/139,5)

4. Stefan Kraft (AUT) 268,6 (130,5/135,5)

5. Robert Johansson (NOR) 268,2 (127,0/140,0)

6. Andreas Stjernen (NOR) 267,2 (129,5/138,5)

7. Junshiro Kobayashi (JPN) 255,4 (126,5/134,5)

8. Peter Prevc (SLO) 253,8 (127,5/131,5)

9. Dawid Kubacki (POL) 253,3 (132,0/127,5)

10. Markus Eisenbichler (GER) 244,5 (126,5/129,0)

11. Michael Hayböck (AUT) 244,1 (124,5/130,5)

21. Manuel Poppinger (AUT) 221,4 (121,0/125,0)

24. Manuel Fettner (AUT) 220,4 (120,5/124,0)

Nicht für den 2. Durchgang qualifiziert: 31. Clemens Aigner 103,6 Punkte/119,0 m, 33. Gregor Schlierenzauer 102,5/118,0, 42. Markus Schiffner 85,5/109,5, 44. Clemens Leitner 85,2/110,5, 45. Elias Tollinger 84,9/110,0, 47. Daniel Huber (alle AUT) 66,6/102,0

Enstand in der Gesamtwertung

1. Kamil Stoch (POL)  1108,8 Punkte

2. Andreas Wellinger (GER)  1039,2

3. Anders Fannemel (NOR)  1021,3

4. Junshiro Kobayashi (JPN)  1021,1

5. Robert Johansson (NOR)  1009,4

6. Dawid Kubacki (POL)  1003,0

7. Markus Eisenbichler (GER)  993,8

8. Daniel Andre Tande (NOR)  992,3

9. Johann Andre Forfang (NOR)  977,4

10. Jernej Damjan (SLO)  974,1

11. Karl Geiger (GER) 970,2

12. Stefan Hula (POL) 957,0

14. Michael Hayböck (Aut) 948,1

20. Stefan Kraft (Aut) 859,1

26. Gregor Schlierenzauer (Aut) 702,2

31. Manuel Fettner (Aut) 500,4

33. Clemens Aigner (Aut) 419,0