Dass Sex schon im alten Rom an jeder Ecke erhältlich war, belegen die zahlreichen einschlägigen Graffiti und Zeichnungen, die in Pompeji ans Licht gekommen sind. Das Spektrum reicht von schlüpfrigen Kunstwerken in Privathäusern bis zu Werbeslogans für Prostituierte mit eindeutigen Darstellungen im öffentlichen Raum. Ein erst vor wenigen Monaten entdecktes Fresko mit der höchst naturalistischen Darstellung von Leda und dem Schwan zeigt, dass auch in besseren Kreisen stimulierende Bilder zum Interieur gehörten.
Aus der gleichen Villa in der Region V an der Via Vesuvio stammt auch der Neufund, der jetzt vom wissenschaftlichen Leiter in Pompeji, Massimo Osanna, präsentiert wurde. Es handelt sich um ein Fresko, das in leuchtenden Farben den Narziss darstellt, den Schönling der griechischen Mythologie, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebte. Die Besitzer des Anwesens hatten offenbar ein Faible für das Thema Lebensfreude, Schönheit und Eitelkeit, deutete der Wissenschaftler die Entdeckung in einer Nische des Atriums, des zentralen Raumes des Hauses.
Obwohl das neu entdeckte Fresko ähnlich realistisch ausgeführt ist wie das in einem Nebenraum befindliche Bild von Leda und dem Schwan dürfte es allerdings nicht allein der erotischen Erbauung gedient haben. Antike Autoren haben die moralische Botschaft des Mythos eindrucksvoll beschrieben. Danach entstammte Narkissos der unglückseligen Verbindung des Flussgottes Kephissos und der Wassernymphe Leiriope, denn der Gott hatte die Nymphe mit Gewalt genommen.
Daraufhin wurde dem Knaben prophezeit, dass ihm nur dann ein langes Leben gegeben sei, wenn er sich nicht selbst erkennen, also nach dem Gegenteil der Aufforderung streben würde: Erkenne dich selbst. Mit diesem Postulat empfing das berühmte Orakel von Delphi bekanntlich die Ratsuchenden.
Narziss war so sehr von seiner eigenen Schönheit berauscht, dass er sowohl schmachtende Mädchen als auch Jungen brüsk zurückwies. Als einer von diesen daraufhin Selbstmord beging, hatten die Götter ein Einsehen und straften Narziss mit leidenschaftlicher Selbstliebe, für die sich daher der Begriff Narzissmus eingebürgert hat.
Narziss schaute ins Wasser, sah sein Spiegelbild und verliebte sich prompt darin. Da diese Liebe aber unerwidert blieb, verzweifelte er darüber und starb. „Ach, du Knabe, geliebt umsonst“, lässt der römische Dichter Ovid ihn das Leben aushauchen.
Der griechische Reiseschriftsteller Pausanias drückte es prosaischer aus und gab der Geschichte auch einen anderen Dreh: Eines Tages setzte sich Narziss an den See, um sich seines Spiegelbildes zu erfreuen, woraufhin durch göttliche Fügung ein Blatt ins Wasser fiel und so durch die erzeugten Wellen sein Spiegelbild trübte. Schockiert von der vermeintlichen Erkenntnis, er sei hässlich, starb er. Nach seinem Tode wurde er in eine Narzisse verwandelt.
Das antike Pompeji wurde im Jahr 79 nach Christus von der Asche des Vesuvs verschüttet. In letzter Zeit sind etliche bedeutende Funde in der Ausgrabungsstätte bei Neapel gemacht worden: Neben Skeletten mehrerer Menschen wurden auch Überreste eines Pferdes gefunden. Pompeji ist eine der berühmtesten archäologischen Stätten der Welt und gehört zu den meistbesuchten Attraktionen in Italien.
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