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Tödliche Verwechslung beim Bärlauchsammeln

Hochgiftige Herbstzeitlose-Blätter (rechts) als Doppelgänger des Bärlauch (links): Schon wenige Stängel führen zu einem qualvollen Vergiftungstod. Hochgiftige Herbstzeitlose-Blätter (rechts) als Doppelgänger des Bärlauch (links): Schon wenige Stängel führen zu einem qualvollen Vergiftungstod.
Hochgiftige Herbstzeitlose-Blätter (rechts) als Doppelgänger des Bärlauch (links): Schon wenige Stängel führen zu einem qualvollen Vergiftungstod.
Quelle: pa
Experten schlagen Alarm: Tausende Sammler schwärmen derzeit aus, um das beliebte Bärlauch mit dem besonderen Würzaroma zu pflücken. Dabei droht eine Vergiftungsfalle. Denn das grüne Kraut sieht der hochgiftigen Herbstzeitlosen täuschend ähnlich. Einen Toten und sechs Vergiftete gab es allein in München.

Das grüne Kraut sollte dem Frühlingssalat die besondere Würze geben. Einem 70-jährigen Rentner aus Neufahrn bei München brachte es am vergangenen Wochenende einen qualvollen Vergiftungstod. Der Mann hatte beim Bärlauch-Sammeln versehentlich auch einige Blätter der hochgiftigen Herbstzeitlosen mitgepflückt. Wer nur eine Handvoll dieser Stängel verzehrt, schwebt in Lebensgefahr. Die Ehefrau des Rentners überlebte, weil sie nur wenig von dem Salat gegessen hatte.


Grund genug für Experten, jetzt bundesweit Bärlauch-Alarm zu schlagen. Die vielen Tausend Sammler, die jedes Frühjahr ausschwärmen um das beliebte Wildkraut mit dem intensiven Knoblaucharoma zu pflücken, sollten sich des Verwechslungsrisikos stets bewusst sein, warnt Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), eindringlich. Beide Pflanzen wachsen vor allem an Waldrändern gern dicht beieinander und sehen sich sehr ähnlich. Die lanzenförmigen Bärlauch-Blätter sind auch von denen des giftigen Maiglöckchens nur schwer zu unterscheiden. Diese Pflanze sprießt allerdings erst im Mai aus dem Boden.

„Selbst die alten Hasen unter den Sammlern sollten höllisch aufpassen, das ist wie beim Pilzesammeln“, betont Heidrun Schubert, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Bayern. Die Gefahr, beim Pflücken daneben zu greifen und einen giftigen „Doppelgänger“ zu erwischen, sei groß, mahnt Hensel zur Vorsicht. Besonders in den Monaten April und Mai häuften sich in ganz Europa die Vergiftungsfälle. Gesundheitlich besonders schlimme Folgen kann der Genuss von Herbstzeitlosen haben. Wenn der selbstgepflückte Bärlauch merkwürdig bitter schmeckt und etwa eine Stunde nach dem Essen ein Brennen und Kratzen in Mund und Rachen auftritt, sollte man sofort die Giftnotrufzentrale anrufen oder in die nächste Klinik fahren.


Erbrechen nach nur einem Blatt

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Allein in München wurden in der vergangenen Woche fünf Bärlauch-Liebhaber eingeliefert, die Colchizin, das Gift der Herbstzeitlosen, im Körper hatten, wie Thomas Zilker, Leiter der Abteilung für Toxikologie am Klinikum rechts der Isar berichtet. Schon ein Blatt der giftigen Pflanze löse Bauchweh, Übelkeit, Durchfall und Erbrechen aus. Zehn Blätter seien definitiv tödlich. Folgen von Maiglöckchen-Genuss können Herzrhythmusstörungen und Übelkeit sein. Außerdem gibt es bei Vergiftungen durch Maiglöckchen-Verzehr ein Gegengift, bei Herbstzeitlosen nicht.


Wie ist Bärlauch erkennbar? Auf den bloßen Augenschein sollte sich ein Sammler auf gar keinen Fall verlassen - auch wenn die Waldknoblauchblätter normalerweise einzeln aus der Erde sprießen, während die der der Herbstzeitlosen dem gleichen Stängel entspringen und Maiglöckchen in Zweiergruppen gebündelt wachsen. Die einzige Möglichkeit, die verschiedenen Pflanzen auseinanderzuhalten, wäre der Geruchstest.


Dabei reicht es, ein Stückchen Blatt zwischen den Fingern zu zerreiben und daran zu riechen, wie Schubert erklärt. Entfaltet sich der typische Knoblauchduft des Küchenkrauts, liegt der Sammler in der Regel richtig. Die Doppelgänger-Gewächse haben beide nicht dieses Aroma.


Doch selbst diese Geruchsprobe hat ihre Tücken, wie das BfR betont. Haftet der Lauchgeruch nach einer Weile an Fingern und Händen, wird ein Erschnuppern von giftigen Herbstzeitlosen mit der Zeit unmöglich. Die Nase wird in die Irre geführt. „Bärlauch-Sammler sollten deshalb die Pflanze mit all ihren Merkmalen gut kennen“, rät das Berliner Institut.

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Ernährungsexpertin Schubert empfiehlt zudem: Niemals vom Waldrand pflücken, sondern mitten in ein wildes Bärlauch-“Feld“ hineingehen. Dort sei die Wahrscheinlichkeit geringer, dass Herbstzeitlosen dazwischen wachsen. Bärlauch gedeiht vor allem in feuchten Laub- und Auenwäldern.


Das beste Rezept gegen Vergiftungsgefahr ist nach Ansicht aller Experten, das Ernten auf eigene Faust aufzugeben. Angesichts der tödlichen Gefahr rate er dringend dazu, auf das Bärlauch-Sammeln zu verzichten, betont Toxikologe Zilker. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte lieber aus kontrolliertem Anbau vom Gemüsehändler kaufen statt selbst pflücken, so der Tipp Hensels, oder das Kraut im Garten selbst anbauen.

AP/oc

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