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Literatur Martin Suter

Bezieht der Bestsellerkönig Stütze vom Staat?

Ist Martin Suter ein „Abzocker“? Das behauptet die Schweizer Boulevardzeitung „Blick“ Ist Martin Suter ein „Abzocker“? Das behauptet die Schweizer Boulevardzeitung „Blick“
Ist Martin Suter ein „Abzocker“? Das behauptet die Schweizer Boulevardzeitung „Blick“
Quelle: Sven Simon/picture alliance
Das Schweizer Boulevardblatt „Blick“ will einen Skandal entdeckt haben: Angeblich soll Martin Suter staatliche Zuschüsse bezogen haben. Oder steckt hinter der Sache noch etwas ganz anderes: Revanche?

Der Boulevard pflegt gern Ressentiments, darauf kann man immer bauen. Der Schweizer Boulevard attackiert besonders gern Leute, die Geld bekommen, das sie vermeintlich nicht verdienen – weil sie ganz unten sind (Stichwort „Sozialbetrüger“) oder auch ganz oben (Stichwort „Abzocker“), jedenfalls nicht so brave „Bünzli“ wie die Leser.

Das Boulevardblatt „Blick“ aus dem Hause Ringier hat sich jetzt Martin Suter vorgenommen, den Auflagenkönig der Schweizer Literatur, dessen neuer Roman „Montecristo“ gerade erschienen ist. Suter, schimpft der „Blick“, sei vielfacher Millionär und werde trotzdem mit Steuergeldern unterstützt.

„Staatshilfe für Starautor“ lautete die stabreimend skandalisierende Schlagzeile. 140.000 Franken seien in den vergangenen Jahren an Suter geflossen, wohingegen weniger erfolgreiche Autoren leer ausgingen. Der Faktencheck zeigt indessen: Mit den genannten Geldern wurden vor allem Übersetzungen gefördert, etwa ins Griechische, Bulgarische, Ungarische, Serbische – also in Ländern, in denen keine riesigen Auflagen und schon gar keine entsprechenden Gewinne zu erwarten sind.

Ganz normale Zuschüsse

Ohne Zuschüsse kämen diese Übersetzungen gar nicht zustande, weil sich die dortigen Verlage zu Recht kein Geschäft ausrechnen. Übersetzungsförderung gehört zu den sinnvollen Tätigkeiten staatlicher Kulturförderung, gerade in kleinen Staaten. Weder Martin Suter noch sein Verlag Diogenes haben davon profitiert. Direktes Staatsgeld ist ein einziges Mal an Suter geflossen: das waren 5000 Franken, für Schweizer Literaturförderverhältnisse ein Kleckerbetrag, für Suters Erstling „Small World“; da war er ein Debütant, von Weltruhm und Riesenauflagen noch nichts zu ahnen.

Die Generalattacke des „Blick“, Literaturförderung gehe an Bestsellerautoren und nicht an die „Kleinen“, trifft ebenso ins Leere. Denn genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn man den staatlichen, kantonalen und kommunalen Gießkannen etwas vorwerfen kann, ist es die großzügige Förderung auch des Mittelmaßes. Wenn einer zu viel Erfolg beim Publikum hat, macht ihn das bei Kulturfunktionären eher verdächtig.

Massenblatt versus Auflagenkönig

Wenn ein Boulevardblatt so heftig auf einen Erfolgsmenschen eindrischt, einen, der eigentlich ihr Liebling sein müsste – ein Schweizer Autor mit Starqualitäten! mit Glamour! mit Weltläufigkeit! –, dann steckt etwas dahinter. Hier darf man vermuten: Revanche.

Dazu muss man wissen: Martin Suter ist vor sechs Jahren gegen den „Blick“ vorgegangen, als der nach dem tragischen Unfalltod seines dreijährigen Sohnes dessen Bild unerlaubt gedruckt hat. „Grabplünderung“ nannte Suter das damals. Der Presserat stimmte ihm zu. Seither herrscht Eiszeit zwischen dem Auflagenkönig und dem Massenblatt. Nach diesem Revanchefoul wird sie noch lange andauern.

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