Es war eine Mammutaufgabe, der sich die weltbesten und ausdauerndsten Trailläufer bei den Weltmeisterschaften stellten, als am Freitagmorgen um 6.30 Uhr der Startschuss fiel. Eine junge Deutsche zeigte dabei das Rennen ihres Lebens, führte gar etliche Kilometer überraschend das Feld an.
Als Katharina Hartmuth dann nach 86,9 Kilometern über das Kreuzjoch, den Hoadl und die Nordkette auf den Zielteppich am Landestheater-Vorplatz Innsbruck lief, hatte sie 6500 Höhenmeter in den Beinen und ein Lächeln auf den Lippen. Jubelnd und mit der deutschen Fahne in den Händen lief sie die letzten Meter Richtung Ziel und überquerte die Linie mit einem Luftsprung, als sei das alles ein Klacks gewesen. Adrenalin und Euphorie machten es möglich, denn die 27-Jährige gewann bei den Weltmeisterschaften sensationell Silber im Long Trail.
„Was für ein Tag. Ein hartes Rennen. Eine unglaubliche Atmosphäre“, schrieb sie später bei Strava. Ihre Endzeit: 11:29:14 Stunden. Nur die Französin Marion Delespierre, die nach knapp neun Stunden an Hartmuth vorbeigezogen war, war am Ende schneller (11:22:31 Stunden). In Manon Bohard Cailler war eine weitere Französin zu der Deutschen aufgelaufen, Hartmuth aber hielt dagegen und konnte sich später wieder absetzen. Den letzten Kilometer im Flachen lief sie schließlich nach mehr als elf Stunden in 4:41 Minuten.
Insgesamt bestand die Strecke, die für die 135 Frauen und 176 Männer identisch war, aus 72 Prozent Trail, 16 Prozent Asphalt und 12 Prozent Forstwegen. Nicht nur Hartmuth, die vom Sportklettern kommt und 2016 bei ihrem ersten Laufwettbewerb teilnahm, begeisterte aus dem deutschen Team: Rosanna Buchauer überzeugte als Fünfte, Ida-Sophie Hegemann landete auf Rang 15. In der Teamwertung bedeutete dies Silber hinter Frankreich. Schon beim Vertical am Mittwoch hatten die deutschen Frauen (Laura Hottenrott, Domenika Mayer, Hanna Gröber) mit Platz zwei in der Teamwertung überzeugt, nun folgten am Freitag die nächste Mannschafts- und die erste Einzelmedaille.
„Die ersten sechs Stunden waren schrecklich“
Einen weniger guten Tag erwischte beim Long Trail der deutsche Hoffnungsträger Hannes Namberger. Der 34-Jährige hatte einen Top-Ten-Platz angepeilt, galt sogar als Mitfavorit auf das Podium. Doch es lief einfach nicht. „Ich war sehr gut vorbereitet“, sagte er nach dem Rennen in einem Instagram-Video. „Aber die ersten sechs Stunden liefen schrecklich, ich hatte keine Energie.“
Nambergers Rückstand geriet zu groß, um im letzten Drittel von jenseits der Top 20 noch weit nach vorn zu laufen, aber er kämpfte - zu Platz 14 reichte es noch (10:33:47 Stunden). Der Sieg ging an den 23 Jahre alten Franzosen Benjamin Roubiol (9:52:59) vor dem Italiener Andreas Reiterer und dem Slowaken Peter Frano. Namberger konnte im Ziel dennoch lächeln. „Ich bin stolz“, sagte er, „dass ich die Ziellinie erreicht habe, nachdem ich durch die Hölle und zurück gegangen bin.“
Mountain Classic: Filimon Abraham läuft zu Bronze
Und dann gab es sie doch noch: die Einzelmedaille für die deutschen Männer. Am Samstag, dem letzten Tag der Weltmeisterschaften, stand der sogenannte Mountain Classic in Innsbruck auf dem Programm, kurz gesagt: hoch und wieder runter. Die WM-Strecke bestand aus einer gut sieben Kilometer langen Runde mit mehr als 370 Höhenmetern, die zweimal absolviert werden musste. Zu den Favoriten zählten die Deutschen nicht - aber einer wuchs über sich hinaus: Filimon Abraham.
Der 30-Jährige hatte erst im März auf der Straße für Furore gesorgt: Beim Marathon in Barcelona lief er die zweitschnellste Zeit, die jemals ein Deutscher über diese Strecke geschafft hatte. 2:08:22 Stunden bedeuteten Rang zehn, zudem liegt die Zeit nur zwölf Sekunden hinter der internationalen Norm für die Olympischen Spiele 2024. Paris, das ist sein großes Ziel. Jetzt aber sorgte Abraham erst einmal in Innsbruck for Furore: Hinter Leonard Chemutai aus Uganda (56:14 Minuten) und Ombogo Kiriago Philemon aus Kenia (+8 Sekunden) feierte er WM-Bronze (+13). Julius Ott wurde starker Elfter. Bei den Frauen überzeugte Domenika Mayer als beste Deutsche auf Rang fünf.