Skispringerin Carina Vogt wusste gar nicht, wie ihr geschah. Schon wieder so ein unglaublicher Tag, schon wieder so eine überwältigende Überraschung – und schon wieder hatte sie sich einen Gold-Traum erfüllt. Vogt harrte im Auslauf der Schanze in Falun/Schweden aus und schüttelte den Kopf, als ihre Teamkolleginnen auf sie zurannten und gratulierten.
Ein Jahr nach ihrem Sensationssieg bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi hat die 23-Jährige aus Degenfeld auch den Weltmeistertitel gewonnen. Favoriten waren wie bei ihrem Coup in Russland andere gewesen, doch die besten Nerven am wichtigsten Tag in der Saison hat einfach die Deutsche.
"Es ist unglaublich, dass es zum Saison-Höhepunkt wieder geklappt hat. Ich bin etwas gefasster als in Sotschi, freue mich aber riesig", sagte die zurückhaltende Athletin.
Damit holte Vogt nur zwei Stunden nach Kombinierer Johannes Rydzek die zweite WM-Goldmedaille für die deutsche Mannschaft in Falun. Nach dem ersten Durchgang hatte sie noch hinter der großen Favoritin Daniela Iraschko-Stolz aus Österreich gelegen.
Vogts zweiter Sprung auf 92 Meter war dann beachtlich, aber nicht furchteinflößend für Iraschko-Stolz, mit 31 Jahren so etwas wie die Grande Dame des Skispringens. Nicht nur das Alter unterscheidet die beiden Frauen. "Sie erzählt gerne, ich bin eher still", sagt Vogt über ihre große Gegenspielerin im Kampf um WM-Gold.
Doch die Weltcup-Spitzenreiterin hielt dem Druck nicht stand und fiel nach einem Satz auf 89 Meter noch hinter die Japanerin Yuki Ito zurück. Vogt hatte es wieder geschafft. "Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass ich den Rückstand noch aufhole", sagte sie.
Cool, nervenstark, unbeeindruckt von der Konkurrenz und der Relevanz des Wettkampfes – das zeichnet sie aus. Bundestrainer Andreas Bauer war nach der Gala-Vorstellung beeindruckt. "Das ist ein traumhafter Tag für uns. Es freut mich sehr für sie. Carina ist mental so stark. Das hat den Ausschlag gegeben", sagte er.
Dabei hatte die Olympiasiegerin alles andere als eine perfekte Saisonvorbereitung verkraften müssen. Nach einer Knieoperation im Frühling war sie lange gehandicapt gewesen und hatte erst Anfang Oktober wieder in vollem Umfang trainieren können. "Wir mussten sie im Sommer mehrfach aus den Trainingslagern nach Hause schicken, weil das Knie geschmerzt hat. Da sah es nicht so gut aus", sagt Bauer.
Am Sonntag kann die 23-Jährige schon ihren nächsten WM-Titel holen. Dann zählt sie mit der deutschen Mixed-Mannschaft zu den Topfavoriten auf Gold.
