Super League
Schweizer Fussball-Klubs wären ohne Finanzspritzen ihrer Mäzene pleite – doch warum ist das so?

Ohne jährliche Finanzspritzen ihrer Aktionäre stünden die meisten Schweizer Fussballklubs vor dem Ruin. Das ist im Ausland anders. Eine Ursachenforschung.

François Schmid-Bechtel
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Gegen die Grossen haben die Schweizer Vereine keine Chance mehr. Das zeigte sich letztlich auch beim Spiel von Schweizer Meister YB gegen Juventus Turin.

Gegen die Grossen haben die Schweizer Vereine keine Chance mehr. Das zeigte sich letztlich auch beim Spiel von Schweizer Meister YB gegen Juventus Turin.

KEY

Ein wunderschöner Zoo. Doch es gibt nur Schnecken und Regenwürmer zu bestaunen. Vielleicht mal eine Ziege, oder ein Huhn. Aber keine Elefanten, keine Löwen, keine Tiger.

Es ist ein besonders düsteres Bild, das ein international renommierter Spielerberater vom Schweizer Klub-Fussball zeichnet.

Im letzten Jahrtausend war das anders. Karl-Heinz Rummenigge soll 1987 auch aus finanziellen Gründen von Inter Mailand zu Servette gewechselt haben. Heute ist es völlig unvorstellbar, dass ein Europameister, der Captain der deutschen Nationalelf, in der Schweiz Fussball spielt. Den Durchschnittslohn in der Super League schätzt ein Insider auf 15'000 Franken pro Monat. Vor 30 Jahren indes soll selbst der FC Wettingen exorbitante Gehälter bezahlt haben. Dan Corneliusson habe jährlich gegen 800'000 Franken verdient, verrät ein ehemaliger Mitspieler des schwedischen Stürmers.

Die Nachbarländer haben die Schweiz abgehängt

Die Nachbarländer – Österreich ausgenommen – haben die Schweiz längst abgehängt. Den Grund finden viele in der Einwohnerzahl und damit im kleinen TV-Markt. Dieser wirft inklusive Vermarktungsrechte 50 Millionen Franken pro Jahr ab. Etwa gleich viel, wie der Bundesligist SC Freiburg einnimmt. Ganz zu schweigen von der boomenden Premier League, wo selbst ein Absteiger mehr als das Doppelte kassiert.

Schweizer Klubs beliefern nur noch Grossvereine

Die Folgen für die Schweizer Klubs: Bestenfalls sind sie noch Zulieferer der Grossen. Selber Spieler für viel Geld zu verpflichten, können sich nur noch die Young Boys und der FC Basel leisten. Alle anderen Klubs wühlen auf dem Schnäppchen-Tisch der vertragslosen Spieler. Und sind trotzdem ständig klamm. Respektive: Einzig die Zuschüsse der Aktionäre garantieren ihr Überleben. «Deshalb sollte man im Zusammenhang mit dem Schweizer Fussball nicht von Investoren reden», sagt Luzerns Präsident Philipp Studhalter. «Ein Investor rechnet zumindest damit, seine Investitionen zurückzuerhalten – was sehr selten der Fall ist. Es ist deshalb eher angebracht, von Mäzenen zu reden.»

Schweizerisch-indische Zusammenarbeit: Peter Martin Von Bueren, (CFO) FC Basel, Rohit Ramesh, Co-owner-Chennai City FC, Bernhard Burgener (President) FC Basel, Roland Heri (CEO) FC Basel, R Krishnakumar Co-owner Chennai City FC.

Schweizerisch-indische Zusammenarbeit: Peter Martin Von Bueren, (CFO) FC Basel, Rohit Ramesh, Co-owner-Chennai City FC, Bernhard Burgener (President) FC Basel, Roland Heri (CEO) FC Basel, R Krishnakumar Co-owner Chennai City FC.

Jakob Weber

Immerhin ist der Schweizer Fussball heute sauberer. Keine Schwarz- und Schmiergelder, keine verdeckten Zahlungen, keine Steuertricks. Dafür zeitgemässe Unternehmensformen, bedingt auch durch ein strenges Lizenzverfahren.

So startet die Super League

1. Runde (19. – 21. Juli)

- Sion – Basel

- St. Gallen – Luzern

- Thun – Neuchâtel Xamax

- Young Boys – Servette

- Zürich – Lugano

2. Runde (27./28. Juli)

- Basel – St. Gallen

- Servette – Sion

- Lugano – Thun

- Luzern – Zürich

- Neuchâtel Xamax – Young Boys

3. Runde (3./4. August)

- Sion – Zürich

- Thun – Basel

- Neuchâtel Xamax – St. Gallen

- Servette – Luzern

- Young Boys – Lugano

«Aber», so ein früherer Klub-Präsident. «wir treten an Ort. Die Liga bewirkt kaum etwas, der Verband erst recht nicht. Das Grundübel liegt darin, dass die Amateure im Schweizer Fussball mehr Macht haben als die Profis. Wenn ein Profiklub einen Beitrag für ein Leistungszentrum bekommt, gibt’s den grossen Aufschrei der Amateure à la: Ihr werft den Reichen das Geld hinterher. Dabei fallen die Kosten für ein Leistungszentrum mehr als zehnmal höher aus als das, was der Verband bezahlt. Und von einer professionellen Ausbildung profitieren schliesslich alle.»

Weniger Geld für die erste Mannschaft

Dabei sind die Klub-Budgets nicht tiefer als früher – ganz im Gegenteil. Aber die Unternehmen sind enorm gewachsen – aus Vereinen wurden Aktiengesellschaften. Heute beschränkt sich die Arbeit eines Fussball-Klubs nicht einzig auf die Organisation der Spiele. Nein, die Stadien sollen vermarktet, die Logen möglichst stark ausgelastet sein. Viele leisten sich eine moderne Infrastruktur, eine professionelle Nachwuchsausbildung, sogar eigene Kommunikations-Kanäle. Das kostet. Für das Flaggschiff, die erste Mannschaft, bleibt häufig weniger als früher.

Jene St. Galler Mannschaft, die im Jahr 2000 im Espenmoos Schweizer Meister geworden ist, war teurer als die heutige, die vor mehr Zuschauern in der modernen AFG-Arena kickt. Obwohl der Umsatz heute um mindestens 10 Millionen höher ist als vor 19 Jahren.

Welcher Klub hat die Millionen seiner Geldgeber am besten investiert? Die neue Saison, die heute startet, wird es zeigen – auch ob sich die Investition in den Videoschiedsrichter gelohnt hat.

Welcher Klub hat die Millionen seiner Geldgeber am besten investiert? Die neue Saison, die heute startet, wird es zeigen – auch ob sich die Investition in den Videoschiedsrichter gelohnt hat.

Illustration: Patric Sandri

Das Sprungbrett zu den Traumklubs

Noch ist die Super-League ein Sprungbrett nach Europa. Aber wie lange noch? Den beiden Top-Klubs der Schweiz, die Young Boys und der FC Basel, bleiben zwei Geschäftsfelder, ihr strukturelles Defizit zu decken: Prämien aus dem Europacup und Transfererlöse. Dem Rest der Liga bleibt nur das Transfergeschäft – was selten genug abwirft. Weshalb vor allem die vermögenden Klub-Besitzer gefordert sind.

Absteiger GC beispielsweise reduziert sein Budget massiv von über 20 Millionen auf 13,6 Millionen. Trotzdem rechnet man mit einem strukturellen Defizit von gegen 7 Millionen, welches die beiden Besitzer Peter Stüber und Stephan Anliker begleichen werden.

Wie gross die Anhängigkeit von vermögenden Besitzern selbst bei YB ist, zeigt der letztjährige Geschäftsbericht. Trotz 30 Millionen aus der erstmaligen Champions-League-Teilnahme resultierte ein Gewinn von 17 Millionen Franken. Aber die vielen Jahre des ewigen «veryoungboysen» kosteten mehr als 50 Millionen Franken, wie der verstorbene Andy Rihs im September 2016 verlauten liess.

Zurück zu den mittleren und kleineren Fussball-Unternehmen der Schweiz. Welche Sorgen plagen sie? Welche Perspektiven haben sie? Wir haben uns umgehört.

FC St. Gallen: Sparen, sparen, sparen

8000 Saisonkarten hat der Klub in der letzten Saison verkauft, 12'692 Zuschauer kommen im Schnitt in den kybunpark – das entspricht dem drittgrössten Wert in der Super League. Trotzdem sagt Präsident Matthias Hüppi: «Es ist ein permanenter Kampf um finanzielle Mittel.»

St. Gallens Marco Aratore im Kampf um den Ball gegen GC Spieler Emil Bergstroem.

St. Gallens Marco Aratore im Kampf um den Ball gegen GC Spieler Emil Bergstroem.

KEY

Erstaunlich. Denn das Unternehmen setzte 27 Millionen um. Doch für die erste Mannschaft fallen bloss 7,6 Millionen ab. «Unser Ziel ist es schon, mehr Geld für den Sport zu generieren. Aber wir wollen auch das strukturelle Defizit von 2,5 Millionen auf Null runter zu bringen», sagt Hüppi. Um Kosten zu sparen, wurde unter anderem das Nachwuchs-Budget von 5 auf 3,5 Millionen reduziert. «Die Zeiten, als man einfach Geld gekriegt und sich hinterher mal knapp dafür bedankt hat, sind zum Glück vorbei», sagt Hüppi.

Es ist ein permanenter Kampf um finanzielle Mittel.

(Quelle: Matthias Hüppi, Präsident FC St. Gallen)

Die 10 Aktionäre, die bewusst aus dem Hintergrund operieren, setzen der operativen Führung um den früheren TV-Moderator klare Grenzen. Sonderefforts wie eine Ablösesumme für einen Spieler seien zwar nicht ausgeschlossen. «Aber dafür brauchen wir sehr gute Argumente», sagt Hüppi. Grundsätzlich gilt: St. Gallen verpflichtet fast ausschliesslich Spieler, die ablösefrei sind.

Matthias Hüppi, ehemaliger Sportjournalist bei SRF, ist neuer Präsident vom FC St. Gallen.

Matthias Hüppi, ehemaliger Sportjournalist bei SRF, ist neuer Präsident vom FC St. Gallen.

Alex Spichale

In der abgelaufenen Saison musste Hüppi Kritik einstecken, weil mit Vincent Sierro und Majeed Ashimeru zwei Leihspieler für Furore sorgten. Nichts gegen den Furor. Aber: Leihspieler sind im Unterschied zu eigenen Nachwuchsspieler keine Assets. Ziehen sie weiter, verdient der FC St. Gallen keinen Franken, weil er keine Rechte an den Spielern besitzt. Hüppi:

Wir bauen auf die kommende Saison fünf Nachwuchsspieler in die erste Mannschaft ein. Und mit Axel Bakayoko haben wir nur noch einen Leihspieler im Kader, wobei wir in seinem Fall sogar eine Kaufoption mit Inter Mailand ausgehandelt haben.

Nur: Ob es je zum Kauf kommen wird, hängt von der Entwicklung der finanziellen Möglichkeiten ab.

Hüppi sieht zwar, wie sich «die grossen Klubs des Kontinents vom Planeten entfernen». Und doch gibt es Berührungspunkte mit den «Ausserirdischen».

Beispielsweise am 30. Juli, wenn die St. Galler gegen Dortmund testen. Oder, wenn die italienische Nationalmannschaft in St. Gallen ein Testspiel absolviert. «Wir investieren bewusst in eine Top-Infrastruktur, was sich auszahlt und Teil unseres Businessmodels ist», sagt Hüppi. „Denn dank der Kooperation mit Bad Ragaz, wo grossen Teams eine erstklassige Infrastruktur geboten wird, gelingt es uns, attraktive und für uns lukrative Spiele im kybunpark zu organisieren.“

FC Luzern: Schluss mit Karneval

Der FC Luzern wird aufgrund seines Potentials, seiner Strahlkraft, der Grösse des Unternehmens und seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten mit dem FC St. Gallen verglichen. Auch hier resultiert ein strukturelles Defizit. Präsident Philipp Studhalter spricht von vier Millionen. Und auch hier strebt man danach, dieses Defizit durch Spielertransfers und Europacup-Prämien auszugleichen. Bis dato ist das Wunschdenken.

Luzerns Idriz Voca, Frankfurt's Dekan Joveljic und Luzerns Lucas Alves.

Luzerns Idriz Voca, Frankfurt's Dekan Joveljic und Luzerns Lucas Alves.

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Im Unterschied zum FC St. Gallen sind den Luzernern zuletzt aber zwei Millionen-Deals gelungen. Letzten Sommer verkauften sie Torhüter Jonas Omlin (Basel) für schätzungsweise 2,5, diesen Sommer Ruben Vargas (Augsburg) für 3 Millionen Franken. Studhalter sagt: «Unser Ziel ist es, in der Super League möglichst weit vorne platziert zu sein, unsere Spieler zu entwickeln und wenn möglich und es Sinn ergibt, ins Ausland zu verkaufen.»

Aber nicht für jeden Preis. «Wir hätten Vargas nicht verkauft, wenn er nicht zu einem Ausbildungsklub gegangen wäre», sagt der Luzerns Präsident. Oder: «Wir haben keine Freude daran, dass unser 16-jähriges Talent Bradley Fink zu Dortmund wechselt.» Oder: «Ich werde nie Transfererträge budgetieren. Das würden mir die Aktionäre um die Ohren schlagen.» Oder:

Eine Million mehr in der Kasse hat keinen so grossen Einfluss auf die Tabelle.

Studhalter, von Beruf Anwalt, ist auf einem sehr guten Weg, den als Karnevalsverein verschrienen FC Luzern als tugendhaftes Fussball-Unternehmen zu stabilisieren. Hilfreich dabei, dass der schrille Hauptaktionär Bernhard Alpstaeg seit Monaten nicht mehr das Rampenlicht sucht.

Alles in Minne? Nein. Studhalter findet, die Ausbildungshoheit sollte nicht mehr beim Verband, sondern vermehrt bei den Klubs liegen. «Da es für Schweizer Klubs immer schwieriger wird, sich für den Europacup zu qualifizieren, sind die nationalen Nachwuchs-Auswahlen für unsere Talente das neue Tor nach Europa. Es liegt also im Interesse der Klubs, die bestmögliche Ausbildung zu gewährleisten.»

Und noch etwas ist Studhalter ein Dorn im Auge: Die Diskussion um einen maximal spannenden Modus, die mit der Wiedereinführung der Barrage ausgelöst wurde. 10 Millionen, rechnet er, würde der Mehraufwand bei einem Abstieg und einem angestrebten direkten Wiederaufstieg betragen. «Ein hohes Risiko für einen Schweizer Klub im Vergleich zur zusätzlichen Spannung durch die Barrage.»

FC Aarau: Der neue Vorzeigeklub?

Beim FC Aarau hat man die Erfahrung gemacht, dass die grossen Klubs aus der Super League unterdessen sogar um Ausbildungsentschädigungen feilschen. Dass der nationale Transfermarkt kaum noch existiert, ist für einen Challenge-League-Klub besonders bitter. Denn Spieler aus der zweithöchsten Liga ins Ausland zu transferieren ist beinahe unmöglich.

Vizepräsident Roger Geissberger spricht, links daneben Präsident Alfred Schmid.

Vizepräsident Roger Geissberger spricht, links daneben Präsident Alfred Schmid.

Fabio Baranzini

Aber: Der FC Aarau ist nicht mehr in der Situation, jedes Angebot anzunehmen. Auf über 1 Million Franken und zusätzlich noch der verlorene MTO-Prozess aus dem Jahr 2001 – die Verbindlichkeiten beliefen sich auf 2,8 Millionen, als Alfred Schmid 2007 das Präsidium übernahm. Seit März dieses Jahres ist alles zurückbezahlt und der Klub wies zuletzt sechs Mal in Folge einen Gewinn aus.

Vize-Präsident Roger Geissberger:

Wir haben uns zu einem Vorzeigeklub entwickelt.

Gewiss brauchte es für den Schuldenabbau auch das persönliche Engagement von Geissberger und Schmid. Aber den ordentlichen Spielbetrieb kann der FC Aarau ohne Finanzspritzen der Aktionäre bewältigen. Und das mit einem Stadion, das weder Logen noch VIP-Räume hat. Wie das? «Wir sind sehr breit abgestützt. 30 Prozent unseres Budgets sind durch Sponsorenbeiträge abgedeckt», sagt Geissberger.

FC Thun: Ärger mit dem Stadion

Apropos Stadion. Der FC Thun spielt in einer dieser modernen, charmefreien Arena. Aber glücklich ist man deswegen nicht. Markus Lüthi, der Präsident, sagt: «Im alten Lachen-Stadion hatten wir eine deutlich bessere Rendite pro Zuschauer als in der Stockhorn-Arena.» Obwohl die Mietkosten reduziert werden konnten, bezahlt Thun noch immer 900 000 Franken pro Saison.

Wir bräuchten etwa 7000 Zuschauer im Schnitt, damit unsere Heimspiele rentabel sind.

Mit 5702 liegen die Berner Oberländer deutlich unter dieser Marke.

Kommt dazu, dass es unglaublich schwierig ist, das Stadion vernünftig auszulasten. «Im optimalen Fall wird unser Stadion vielleicht 25 Mal pro Jahr bespielt», sagt Lüthi. «Das ist weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. So ein Stadion sollte zu 80 Prozent ausgelastet sein. Aber: Die Nebennutzung eines Stadions, beispielsweise durch Konzerte, funktioniert einzig in Bern und in Zürich. Falls wir absteigen, müssten wir den Betrieb dicht machen. Wir könnten die Kosten für das Stadion nicht mehr stemmen.»

Über Wasser hält sich der FC Thun, weil er sich als beste Adresse für den zweiten Bildungsweg etabliert hat und so Spieler, die gratis gekommen sind, für beachtliche Transfersummen weiterverkauft. Renato Steffen, Christian Fassnacht oder Marvin Spielmann sind die herausragenden Beispiele für dieses Modell.

Lüthi stört sich insbesondere an den Auflagen der Liga punkto Sicherheit, Infrastruktur und Spielbetrieb, die immer mehr Kosten verursachen. Beispielsweise der Video-Schiedsrichter (VAR), der ab kommender Saison zum Einsatz kommt. «Wir tun, als wären wir auf der Einnahme-Seite die Bundesliga. Aber das sind wir nicht. Die Schweiz musste immer eigenständige Lösungen suchen. Im Fussball tun wir aber, als gehörten wir zu den Grössten.»

FC Zürich: Hilfe aus England

Einer der Grossen ist Ancillo Canepa, Präsident und Hauptaktionär in einem. Sein FC Zürich ist strukturiert, wie Fussballklubs früher eben strukturiert waren: Der Mann mit Geld fällt die Entscheidungen. Und Canepa bezahlt viel, behaupten viele in der Szene. Seit Dezember 2006 ist er der Präsident des FC Zürich.

Ancillo Caneppa, Präsident FCZ und Heliane Caneppa, Unterrnehmerin.

Ancillo Caneppa, Präsident FCZ und Heliane Caneppa, Unterrnehmerin.

Susi Bodmer

Und seit 2012 hält er zusammen mit seiner Frau Heliane 90 Prozent der Aktien. Sprich: Das strukturelle Defizit deckt die Familie Canepa – seit Jahren. «Fluch und Segen», sagt Ancillo Canepa.

Einerseits tragen einzig meine Frau und ich die finanzielle Verantwortung. Andererseits haben wir kurze Entscheidungswege.

Wie viele Millionen die Canepas bereits eingeschossen haben, darüber schweigen sie. Vor drei Jahren rechnete die «Handelszeitung» mit 30 Millionen Franken.

Der Betrag scheint plausibel. Aber, und das muss man Canepa attestieren: Die Transferbilanz seines FCZ ist herausragend. Allein in der letzten Saison resultierte ein Transfergewinn von schätzungsweise 7,5 Millionen Franken. «Dank guter Transfers und der Teilnahme an der Europa-League-Gruppenphase können wir für die Saison 18/19 einen schwarzen Abschluss vermelden», sagt Canepa.

Weiter ist der FCZ bestrebt, die Partnerschaft mit dem englischen Premier-League-Klub Bournemouth zu intensivieren. Von einem für Schweizer Klubs wegweisenden Modell spricht ein Szenekenner.

Der Vorteil: Schweizer Klubs eröffnen sich neue Märkte, sowohl für den Einkauf wie auch für den Verkauf. Der Nachteil: Schweizer Klubs büssen etwas von ihrer Eigenständigkeit ein.

Der FCZ hätte seinen Stürmer Dwamena letzten Sommer kaum für 7 Millionen Euro an Levante – nie hat der spanische Klub mehr für einen Spieler bezahlt - verkaufen können, wenn nicht Partnerklub Bournemouth 28 Millionen Euro für den Kolumbianer Lerma (Marktwert damals 2 Millionen Euro) an Levante überwiesen hätte.

«Reiner Zufall», kommentiert Canepa die Dreiecksbeziehung. Kein Zufall ist indes, dass Bournemouth einen Fuss in der FCZ-Türe hat. Und zwar in Person des 17-jährigen Supertalents Becir Omeragic. Die Engländer bezahlen dem FCZ eine Entschädigung für die Ausbildung des Genfers. Im Gegenzug kann Bournemouth Omeragic zu einer festgeschriebenen Transfersumme jederzeit verpflichten.