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Ein reines Verlustgeschäft: Finger weg von Ronaldo: Warum sich Mega-Transfers für Fußball-Clubs nie lohnen
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Paul Pogba / Cristiano Ronaldo
Icon Sport via Getty Images Cristiano Ronaldo (l.) und Paul Pogba - die beiden derzeit teuersten Spieler der Welt
  • FOCUS-online-Autor (München)

Kein Fußballverein der Welt kann einen 100-Millionen-Transfer jemals refinanzieren. Trikots, Merchandising und Werbung spülen den Vereinen weit weniger Geld in die Kasse, als die Club-Bosse annehmen. So gibt es für Ablösesummen und Gehälter eine natürliche Grenze.

  • Das meiste Geld spielen Trikotverkäufe wieder ein
  • Sponsoringeinnahmen steigen kaum durch Superstars

Als Cristiano Ronaldo 2009 für 94 Millionen Euro von Manchester United zu Real Madrid wechselte, musste sich der spanische Verein viel Kritik anhören.

Die Ablösesumme, damals mehr als 20 Millionen Euro über dem vorherigen Transferrekord, überraschte Fans und Fachleute. Wie könne man nur so viel Geld für einen Spieler ausgeben?

Ronaldos Trikotverkäufe sind "ein großes Gerücht"

Nur eine Saison später verkündete Vereinspräsident Florentino Perez stolz, Ronaldo habe seine Ablösesumme allein durch Trikotverkäufe wieder eingespielt.

1,2 Millionen Shirts mit seinem Namen seien über die Theke gegangen, mehr als 100 Millionen Euro habe dies eingebracht.

"Das halte ich für ein großes Gerücht", sagt Tobias Haupt. Der Wirtschaftsprofessor ist beim Ismaninger Institut für Fußballmanagement zuständig für die Bereiche Marketing und Kapitalisierung von Spitzensportlern.

Aus Gesprächen mit vielen Brancheninsidern weiß Haupt, dass im besten Falle 20 Euro von jedem verkauften Trikot beim Verein hängen bleiben - und das auch nur, wenn es im vereinseigenen Fanshop verkauft wurde.

Sechs bis sieben Euro pro Trikot

Bei Trikotverkäufen über andere Vertriebswege bleiben dagegen nur sechs bis sieben Prozent Marge für den Verein hängen. Bei einem Trikotpreis von 100 Euro wären das also etwa sechs bis sieben Euro.

Selbst im günstigsten Falle hätte Real Madrid nach dieser Rechnung also in einer Saison maximal 24 Millionen Euro mit Ronaldo-Trikots verdienen können. Realistisch ist laut Haupt eher die Hälfte.

Hinzu kommt: Auch ein günstigerer Spieler als Ronaldo hätte eine gewisse Anzahl an Trikots verkauft. Das relativiert den Marketing-Vorteil eines Ronaldo zusätzlich.

Christoph Sackmann / FOCUS Online

Beispielrechnung für Paul Pogba

Wie schwer solche Mega-Transfers zu finanzieren sind, zeigt Wirtschaftsprofessor Haupt am Beispiel von Paul Pogba. Der Franzose stellte vergangenen Sommer einen neuen Transferrekord auf.

Geschätzte 105 Millionen Euro überwies Manchester United für den heute 24-Jährigen an Juventus nach Turin.

Da Pogba für fünf Jahre bis 2021 in England unterschrieb, lässt sich die Ablösesumme auf diesen Zeitraum aufteilen. Pro Saison muss ManUnited 21 Millionen Euro wieder einspielen. Dazu kommt Pogbas Gehalt, das inklusive Prämien bei schätzungsweise 18 Millionen Euro im Jahr liegt. Macht jährliche Gesamtkosten von 39 Millionen Euro.

Manchester erzielt die meisten Einnahmen in Verbindung mit Pogba durch den Verkauf seiner Trikots. Legt man die oben genannten Margen zugrunde, kommen bei rund einer Million verkaufter Trikots im Jahr etwa zehn Millionen Euro in die Kasse.

Eine weitere Einnahmequelle für den Verein sind die Bildrechte am Spieler. Die kann Manchester zum Beispiel für Werbung von Sponsoren oder ähnlichem einsetzen. Haupt schätzt das Potenzial von Pogbas Bildrechten auf neun Millionen Euro pro Jahr.

Unklar ist, wie viel der Superstar an den Verein abgibt. Gerüchteweise hat sich ManUnited 80 Prozent der Bildrechte gesichert.

"Wenn das stimmt, wäre es ziemlich ungeschickt von Pogba, sich auf einen solchen Deal einzulassen", sagt Haupt. Schließlich könne er sich in Zeiten von Facebook und Instagram selbst vermarkten und viel mehr Geld einnehmen.

Rechnet man mit den kolportierten 80 Prozent und gelänge es ManUnited, Pogbas gesamtes Potenzial auch zu realisieren, wären das laut Haupt rund 7,2 Millionen Euro Zusatzeinnahmen pro Saison.

Weitere große Einnahmequellen gibt es für den Verein nicht. Haupt glaubt nicht, dass ein Pogba für Manchester United noch zusätzliche Sponsoringeinnahmen oder TV-Erlöse generiert.

"Die Marke eines solch renommierten Vereins ist bereits so stark, dass ein einzelner Superstar sie kaum noch steigert", argumentiert der Fachmann.

Von dieser Regel gibt es aber eine Ausnahme: "Wenn ein Verein einen Spieler aus einem bisher unerschlossenen Markt verpflichtet, kann das große Vorteile haben."

Was uns Hoffnung macht

Damit die Ablösesummen nicht aus dem wirtschaftlich vernünftigen Ruder laufen, hat die UEFA 2011 das so genannte "Financial Fair Play" (FFP) eingeführt. Demnach müssen Vereine jede Saison nachweisen, dass ihre Ausgaben in den drei Vorjahren nicht die Einnahmen überschritten haben. Fehlbeträge von bis zu 45 Millionen Euro dürfen durch private Investoren ausgeglichen werden.

Seitdem wurden zahlreiche Vereine von der UEFA sanktioniert. 2015 mussten etwa Manchester United und Paris St. Germain auf jeweils 20 Millionen Euro aus der Champions League verzichten. Auch der AS Monaco, der AS Rom, Inter Mailand und Besiktas Istanbul wurden bereits für Verstöße bestraft.

Das FFP zeigt Wirkung: Die Zahl der sanktionierten Klubs sinkt Jahr für Jahr. 2015/16 waren es nur noch vier (FC Astana, Dinamo Zagreb, Fenerbahce Istanbul und Trabzonspor). Für die vergangene Saison gibt es noch keine Zahlen.

Ein Beispiel hierfür ist die Verpflichtung von Heung-Min Son durch Bayer Leverkusen 2013. Der Südkoreaner steigerte die Bekanntheit des Vereins in seinem Heimatland Südkorea so sehr, dass Bayer den dortigen Großkonzern LG als Trikotsponsor gewann.

So ein Effekt ist bei Pogba nicht zu erwarten: Dafür spielt der Franzose noch ein paar Millionen Euro dadurch ein, dass andere Vereine in der Saisonvorbereitung Manchester United für Freundschaftsspiele bezahlen, um den Superstar in ihrem Stadion auflaufen zu sehen. Maximal vier Millionen Euro könne das pro Jahr mehr einbringen, schätzt Haupt.

Warum es trotzdem Mega-Transfers gibt

Strittig ist, welche Einnahmen ein Pogba durch seinen sportlichen Wert generiert. Manchester United gewann zum Beispiel in der ersten Saison mit dem Franzosen die Europa League, stattliche Prämien inklusive.

"Es ist aber rein spekulativ, wie weit sie in dem Wettbewerb ohne Pogba gekommen wären", sagt Haupt. Angenommen, es hätte ohne den Rekordtransfer nur für das Viertelfinale gereicht - dann hätte Pogba 5,5 Millionen Euro zusätzlich in die Vereinskasse gespült.

Unterm Strich steht in der Rechnung aber immer noch ein Verlust von 12,3 Millionen Euro - pro Jahr wohlgemerkt. Über die gesamte Vertragslaufzeit betrachtet kostet Pogba Manchester United netto also 61,5 Millionen Euro.

"Solche Mega-Transfers lassen sich durch Merchandising und Werbung kaum refinanzieren", sagt Haupt. Sicherlich auch ein Grund, warum aus dem von Uli Hoeneß im Mai angekündigten "Granaten-Transfer" von Bayern München bisher nichts geworden ist.

Außerdem zeigt das Beispiel, dass es eine Art natürliche Grenze für refinanzierbare Fußball-Transfers gibt. Haupt schätzt, dass ein Spieler im allergünstigsten Falle 30 Millionen Euro pro Jahr einbringen kann - alle Kosten darüber sind also wirtschaftlicher nicht sinnvoll.

So nüchtern wird bei solchen Wechselspielchen aber meist nicht gerechnet. "Mega-Transfers werden wegen des sportlichen Erfolgs durchgezogen, nicht des Geldes wegen", sagt Haupt.

Wer die Champions League gewinnen will, müsse eben investieren. Das verschiebt die Risk-Reward-Rechnung der Verantwortlichen in Richtung höherer Ablösesummen.

Eine Möglichkeit bestünde darin, teure Transfers dadurch zu finanzieren, dass ein Verein andere Spieler ebenso teuer verkauft.

Borussia Dortmund mache dies seit Jahren erfolgreich vor, sagt der Experte. Manchester United eher nicht: Dort stand im Jahr des Pogba-Transfers unter dem Strich ein Transfer-Minus von 51 Millionen Euro.

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