Limmattal
Schweizer Rotfuchs: Sein Pelz landet meist im Abfall

Rotfüchse zu erlegen oder die überfahrenen Tiere in die Kadaversammelstelle zu werfen gehört zur Arbeit des Jägers Franz Bugmann. Dabei gelangen nur wenig Felle bis zum Kürschner.

Anja Mosbeck
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An Fellmärkten werden die Rotfüchse von den Jägern an Fellhändler verkauft.

An Fellmärkten werden die Rotfüchse von den Jägern an Fellhändler verkauft.

Keystone

Jäger Franz Bugmann durchstreift seit 37 Jahren den Schlieremer Wald. Wenn die Fuchsjagd im Juni eröffnet wird, schiesst auch er ab und zu einen Rotfuchs. «Die Fuchsjagd hat Tradition und gehört zum Jägersein dazu», so Bugmann. Dem erlegten Fuchs zieht er den Balg ab, wie das Fuchsfell im Jägerjargon bezeichnet wird, kehrt diesen um, spannt ihn und lässt ihn an der frischen Luft trocknen.

Füchse nach der Jagd zu zerlegen, sei aber eher unüblich. Ein Fell abzuziehen bedeute Aufwand, dazu seien längst nicht alle Jäger bereit. Knapp eine Stunde Arbeit werde nur mit zirka 15 Franken vom Fellhändler entlöhnt. Ausserdem sei eine Übertragung des kleinen Fuchsbandwurms auf den Menschen möglich.

Ein Gesetz, wie viele Rotfüchse ein Jäger erlegen darf, gibt es nicht. Von den rund 30'000 bis 40'000 in der Schweiz geschossenen Tieren pro Jahr, gelangen nur wenig Balge vom Jäger, über den Fellhändler und Gerber, bis zum Kürschner, der den Pelz zu Kleidungsstücken oder Decken verarbeitet.

Aus Wertschätzung zum Tier

Thomas Aus der Au, Kürschnermeister und Mediensprecher des Schweizerischen Pelzfachverbandes Swissfur, verarbeitet 150 bis 200 Rotfüchse jährlich. «Wenn diese Tiere schon bejagt werden, sollten sie nicht sinnlos in der Müllentsorgung landen», sagt er.

Aus der Au weiss, dass das Haarprofil des Rotfuchses sowie die Zeichnung der Fellfarbe ausgeprägt sind. Wegen der Haarlänge und Verteilung sei das Fell aufwendiger zu verarbeiten. Als Kürschnermeister ist dies für ihn jedoch keine Herausforderung mehr.

Das Rotfuchsfell sei geeignet für alle Arten von Pelzbekleidung. Er verarbeitet die Felle vom Accessoire, Kapuzenrand, Kragen, Mütze bis zum Gilet oder Jacke, Pelz pur oder in Kombination mit Leder oder Textilem. Sie können auch für Innenfutter geschoren oder gefärbt werden, wobei die natürliche Struktur je nach Farbe teilweise erhalten bleibt.

Da jedes Fell ein wenig anders ist, brauche es Fachleute. «Man kann es nicht wie Textilien zerschneiden», sagt er. In der Textilindustrie seien einfacher zu bearbeitende Felle gefragt.

Rotfuchs fördert Pelztrend

Dazu kommt, dass die Jahreszeit bestimmt, ob ein Fell für die Weiterverarbeitung zu gebrauchen ist oder nicht, weiss Jäger Bugmann. «Nach dem ersten Frost wird der Balg erst richtig schön», sagt er. Darum jage man am besten im November, Dezember und Anfang Januar.

Bugmann erklärt, wie dies gemacht wird: Der Jäger legt sich in der Nacht auf die Lauer. Er platziert Wildinnereien an einem geeigneten Platz und sucht sich ein Versteck oder einen Hochsitz. Dort wartet und beobachtet er, wie Bugmann erklärt. Eine Fuchsjagd braucht Zeit und ist nicht immer erfolgreich. Das sei aber nicht schlimm. «Ich bin nicht einer, der drauflosschiesst», sagt er. Die Jagd sei ein ehrenvoller Akt.

Nadja Brodmann, Zoologin und Mitglied der Geschäftsleitung des Zürcher Tierschutzes, wäre es am liebsten, wenn sie gar keine Pelze mehr auf der Strasse oder in Modehäusern sehen würde. Im Vergleich zur Menge an Pelzen, die jährlich von Zuchtfarmen importiert werden, sei die Pelzmenge an Rotfüchsen zwar verschwindend klein. Trotzdem bedeute jede Fellverarbeitung zu einem Kleidungsstück, dass das Tragen von Pelz in der Gesellschaft präsent bleibt. «Jegliche Art der Pelzproduktion unterstützt diesen Trend», so Brodmann. Ausserdem sei das Argument, Pelz wärme im Winter am besten, lächerlich. «Wir haben heute so tolle Materialien, dass sich jeder eine gut wärmende Jacke kaufen kann und nicht zum Pelz greifen muss.»

Trotz Kritik am Pelztrend befürwortet Brodmann prinzipiell, totgefahrene Füchse zu verwerten, statt das ganze Tier wegzuwerfen. Dass Rotfüchse auf der Jagd sterben müssen, kritisiert sie hingegen stark. «Die meisten Jäger rechtfertigen die Jagd damit, dass sie die Bestände regulieren müssten – das stimmt so nicht», sagt sie. Brodmann stellt sich auf den Standpunkt, wolle man die Zahl der Füchse nachhaltig auf einem tieferen Niveau halten, müsste man den Jagddruck auf Füchse massiv erhöhen und gezielt Jungtiere und fortpflanzungsfähige Weibchen abschiessen. Alles andere kurble die Vermehrungsrate nur weiter an, weil Unterschlüpfe und Nahrungsquellen für andere Füchse frei werden.

Abfall richtig entsorgen

Laut Brodmann wäre es vor allem in der Stadt sinnvoll, den Abfall richtig zu entsorgen, anstatt die Tiere auch dort zu jagen. Das heisst: «Keine Abfallsäcke über Nacht am Strassenrand stehen lassen, sondern erst am Morgen vor der Abfuhr nach draussen stellen oder in die Mülltonne geben. Und keine Essensreste auf den Kompost – sonst haben die Füchse ein gefundenes Fressen», sagt sie. Dass sich Füchse immer mehr in Stadtgebieten ausbreiten, sei das Verschulden des Menschen.

Bugmann sieht das etwas anders. Als Jäger habe er die Aufgabe, den Fuchsbestand möglichst klein zu halten. Somit würden auch weniger Füchse ihr Territorium vom Wald in die Stadt verlegen. Die meisten Füchse, denen er begegnet, landen in der Kadaversammelstelle – überfahren von Autos oder dem Zug.

Diese Felle seien nicht mehr zu gebrauchen. Auf der Fuchsjagd im Wald erlege er nur drei bis vier Rotfüchse pro Jahr. Der Bestand in ländlicheren Gegenden ist höher, weil es mehr Platz für Fuchsbauten hat. Die Jagd gestaltet sich einfacher und ermöglicht dem Jäger, mehr Tiere zu erlegen. Die Felle weiter zu verwerten mache Sinn, findet Bugmann.

Nur selten bringt er einen Balg seiner jährlich drei bis vier erlegten Füchse in die Gerberei, damit dieser zu einem haltbaren Fell verarbeitet wird. Dieses behält Bugmann als Erinnerung an eine spannende Jagd.