Neuendorf
Weil Steuergelder fehlen, wird Kritik an der Migros laut

Weil die Steuererträge bei den juristischen Personen massiv eingebrochen sind, muss die Einwohnergemeinde Neuendorf die Steuern um 5 Prozentpunke auf 105 Prozent erhöhen. Kritik muss sich die Migros Verteilbetrieb Neuendorf AG gefallen lassen.

Erwin von Arb
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Die Migros Verteilbetrieb Neuendorf AG zahlt gemessen an ihrer Grösse wenig Steuern, finden einige Neuendörfer.

Die Migros Verteilbetrieb Neuendorf AG zahlt gemessen an ihrer Grösse wenig Steuern, finden einige Neuendörfer.

ZVG

«Die sieben fetten Jahre sind wohl vorbei, nun kommen auf die Einwohnergemeinde im Bezug auf die Finanzen wieder schwieriger Zeiten zu», meinte Gemeindepräsident Rolf Kissling bei der Begrüssung der 78 zur Budgetgemeindeversammlung erschienenen Stimmberechtigten. Trotz rigoroser Sparmassnahmen in sämtlichen Bereichen betrage das Defizit im Budget 2015 ohne die vom Gemeinderat beantragte Steuererhöhung um 5 Prozentpunkte noch immer 639 693 Franken. Als Grund für die finanziell angespannte Lage nannte Kissling massive Steuerausfälle bei den juristischen Personen. Weil kurzfristig keine Besserung der Situation zu erwarten sei, müsse der Steuerfuss von aktuell 100 auf neu 105 Prozent angehoben werden. Damit könne das Defizit im Voranschlag zumindest auf 359 193 Franken reduziert werden und das derzeit rund 4 Mio. Franken betragende Eigenkapital müsse nicht unnötig verpulvert werden, so Kissling.

Migros zahlt weniger als 1971

Verschiedene Votanten aus der Versammlung wollten bei der Beratung dieses Geschäfts wissen, ob auch die Migros Verteilbetrieb Neuendorf AG (MVN) für dem massiven Rückgang der Steuererträge bei den juristischen Personen verantwortlich sei. Kissling erwähnte, dass die MVN der Gemeinde 1971 jährlich Steuern in der Höhe von 250 000 Franken zugesichert habe, was heute hochgerechnet etwa 2,5 Mio. Franken entsprechen würde. Aktuell zahle die MVN aber nicht einmal die erwähnten 250 000 Franken, bemerkte Kissling darauf angesprochen.

Allerdings könnten der MVN-Führung wohl keine Vorwürfe gemacht werden. «Steuerrechtlich ist sicher alles im grünen Bereich und die Entscheide werden vom Migros Genossenschaftsbund gefällt», so Kissling. Rückläufig seien die Steuereinnahmen bei den juristischen Personen aber auch wegen aus Neuendorf wegziehenden Firmen.

Gemeinde strebt Deal mit MVN an

In der Versammlung machte sich in der Folge Unmut darüber breit, dass die MVN derzeit rund 200 Mio. Franken in den Standort Neuendorf investiere und dafür im Gegenzug immer weniger Steuern bezahle. Die Lasten, wie etwa den Lastwagenverkehr, welche die Gemeinde im Interesse des schweizweit wichtigsten Migros-Verteilzentrums trage, seien damit nicht abgegolten, wurde mehrfach erwähnt. Jährlich müssten mindestens 1 Mio. Franken in die Gemeindekasse fliessen, um dieser Belastung gerecht zu werden, so der Tenor.

Gemeindepräsident Rolf Kissling bemerkte dazu, dass dies die Grössenordnung sei, die anvisiert werde bei den noch zu führenden Verhandlungen mit der MVN. «Der Kanton hat uns ermutigt, einen solchen Deal anzustreben», meinte Kissling mit dem Verweis, dass es solche Vereinbarungen bereits mit Härkinger Grossunternehmen gebe. Unabhängig davon müsse aber am Sparkurs weiter festgehalten werden.

Der Erhöhung des Steuerfusses um 5 Prozentpunkte auf neu 105 Prozent wurde schliesslich mit Grossem Mehr bei zwei Enthaltungen zugestimmt.

Mit zwei Enthaltungen genehmigt wurde auch das Budget 2015, welches bei Ausgaben von 10,706 Mio. Franken ein Defizit von 359 193 Franken vorsieht.

Gutgeheissen wurden ferner folgende Investitionskredite für das kommende Jahr: 110 500 Franken: diverse Sanierungsarbeiten Dorfhalle; 89 000 Franken: Sanierung Flachdach Primarschulhaus; 70 000 Franken; Anschaffung Funkmodule Wasserablesung (Spezialfinanzierung Wasser); 600 000 Franken: Erschliessung Wohnüberbauung Banacker durch die Elektra.

Bestattungsreglement genehmigt

Ohne nennenswerte Opposition wurde auch die Reglementsänderung des Bestattungs- und Friedhofreglements mit zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen genehmigt. Dieses sieht die Schaffung eines separaten Grabfeldes mit Grabsäulen für verstorbene Menschen vor, deren Angehörige kein Kreuz wollen. Damit kann der Einheitsfriedhof als solcher erhalten werden. Im November 2012 war dieses Geschäft vom Souverän noch zurückgewiesen worden.

Nur informativen Charakter hatte das von Linus von Arx vorgestellte Budget 2015 der ausgegliederten Elektra Neuendorf. Dieses sieht beim Stromgeschäft bei einem Aufwand von 2,548 Mio. Franken ein Defizit von 61 962 Franken vor. Beim Netz ist bei Kosten von 1,736 Mio. Franken ein Ertragsüberschuss von 30 489 Franken budgetiert. Die von der Elektra beantragte Konzessionsgebühr von 0,3 Rp./kWh wurde von der Versammlung einstimmig verabschiedet.