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Regelmäßiger Sex mit dem richtigen Partner ist gesund

So sieht das Sexleben der Deutschen aus

Wie alt sind die Deutschen beim „ersten Mal“? Mit wem und wie haben sie am liebsten Sex? All das wurde für die Studie „Wir wir Deutschen ticken“ abgefragt – mit zum Teil erstaunlichen Ergebnissen.

Quelle: WELT

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Sex ist ein wichtiger Faktor für ein langes, gesundes Leben. Ideal ist dabei Geschlechtsverkehr zweimal pro Woche – unabhängig vom Alter.

An den Zimmertüren des Hebrew Home in Riverdale, New York, klopft das Pflegepersonal und wartet. In diesem Seniorenheim wird Privatsphäre groß geschrieben. Denn hier geht das normale Leben, das die Bewohner vor dem Einzug in das geriatrische Zentrum geführt haben, weiter. Dazu gehört eben auch Sex.

„Irgendwann kommt man in ein Alter, in dem sich alles nur noch um die Gesundheit dreht. Alles ist medizinisch angehaucht“, sagt Robin Dessel, Sozialarbeiterin im Hebrew Home. Zärtlichkeit und Sex werden dann meist ausgeklammert. Spätestens im Altersheim ist „es“ normalerweise ein Tabuthema.

Sex verlängert das Leben

Hier nicht. Das Heim hat seit 1995 eine Richtlinie für sexuelle Kontakte – sie sind willkommen und werden vom Personal nicht gestört, solange beide Partner einvernehmlich handeln. Denn Sex tut gut, egal in welchem Alter. „Die Wahrheit ist“, sagt Dessel, „Sex verbessert die Lebensqualität – ein sehr wichtiger Faktor für ein langes und zufriedenes Leben“.

Die Wissenschaft gibt Dessel Recht: Schon länger ist klar, dass Sexualität eine wichtiger Faktor für ein langes gesundes Leben ist.

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Bereits vor 30 Jahren fanden schwedische Forscher heraus, dass sexuell aktive Männer länger leben. Sie untersuchten 166 Männer und 226 Frauen im Alter von 70 Jahren aus der schwedischen Stadt Göteborg. Fünf Jahre später prüften die Wissenschaftler, wer von den Teilnehmern noch am Leben war. Bei Männern, die ihre Sexualität im Alter nicht mehr auslebten, lag das Sterblichkeitsrisiko höher.

Bei Frauen stellten sie damals keinen Zusammenhang fest, aber auch bei ihnen hat Sex einen wesentlichen Einfluss auf die Lebenserwartung. Denn ein aktives und besonders ein befriedigendes Sexualleben hängt stark mit der allgemeinen Gesundheit zusammen.

Erektionsstörungen sind ein Anzeichen für Herz- Kreislauferkrankungen

Wer krank ist, hat meist keine Lust auf Sex. Wer lustlos ist, ist womöglich krank. Amerikanische Ärzte raten im Leitfaden des zweiten Princeton Consensus sogar dazu, dass Männer, bei denen die Ursache der Störung nicht bekannt ist, auf Herzleiden hin zu untersuchen.

Die Beziehung zwischen Gesundheit und Sexualität ist so stark, dass die Frage nach dem Huhn oder dem Ei schwer zu beantworten ist: Was war zuerst da, die Lustlosigkeit, oder die Krankheit? Oder etwa die Lust vor der Gesundheit?

Im Jahr 1997 veröffentlichten die britischen Wissenschaftler im Team des Epidemiologen George Davey Smith von der University Bristol eine überraschende Antwort im British Medical Journal. Sie hatten den Zustand des Herz-Kreislauf-Systems von 918 Männern im Alter zwischen 45 und 59 Jahren aus Caerphilly, einem 31.000-Einwohner Ort nördlich von Cardiff in Wales, untersucht.

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Die Forscher fragten die Männer auch nach ihrem Sexualleben. Zehn Jahre nach dem ersten Check waren 150 der Männer verstorben, davon 67 an Herzleiden und 83 an anderen Todesursachen. Unter den Toten waren überproportional viele Männer, die zu Lebzeiten weniger als zwei Orgasmen in der Woche erlebt hatten. Dagegen war das Sterberisiko jener, die zwei oder mehr Höhepunkte in der Woche verbuchen könnte um die Hälfte geringer. Sex könnte also ein Merkmal für Gesundheit sein, aber auch zu Gesundheit führen.

Emmanuelle Jannini, Sexualforscher und Endokrinologe an der Università L’Aquila erforscht das Zusammenspiel. Für ihn ist Sex der beste Weg, sich fit zu halten: Die Herzfrequenz und der Blutdruck sind im Durchschnitt beim Sex etwa so hoch wie bei einem strammen Spaziergang, wie ihn viele Ärzte zur Gesundheitsvorsorge für das Herz- Kreislauf-System empfehlen.

Neben der körperlichen Ertüchtigung passiert im Bett aber noch etwas, was Jannini als „psychoneuroendokrinologischen Prozess“ beschreibt – ein komplizierter Ausdruck für die Herstellung des chemischen Cocktails der Liebe im Körper.

Testosteron wirkt als Antidepressivum

Leidenschaftlicher Sex verursacht ein Neuronenfeuer im Kopf, unter anderem im Hypothalamus und in der Hypophyse. Diese Gehirnregionen regen über bestimmte Vorstufen die Produktion des Sexualhormons Testosteron an. Dieses Hormon, das beim Mann in den Hoden und bei der Frau in kleineren Mengen in den Eierstöcken und der Nebennierenrinde hergestellt wird, ist ein wahres Wundermittel für Körper und Geist. Das Schöne an dem Sexualhormon ist, dass es sein Gleichgewicht beim gesunden Menschen von selbst findet.

Es funktioniert wie bei einer Diät: Wer nichts isst, wird anfangs Hunger leiden. Doch nach einiger Zeit gewöhnt sich der Körper an die Nahrungsverweigerung – das Hungergefühl nimmt ab. Beim Sex funktioniert das ähnlich. Wer keinen hat, produziert weniger Testosteron und hat auch weniger Lust. Der Testosteronspiegel pendelt sich an der unteren Grenze ein.

Das ist ein sinnvoller Mechanismus der Natur, insbesondere dann, wenn gerade kein Partner vorhanden ist. Wer wieder regelmäßig Sex hat, erhöht auch seine Lust, weiterhin regelmäßig Sex zu haben. Männer, die zu wenig Testosteron haben, leiden verstärkt an Depressionen. Regt man die Testosteronproduktion an, geht es ihnen meist wieder besser.

Ähnliche Effekte, so Jannini, wurden auch bei Frauen nach der Entfernung der Eierstöcke beobachtet. Testosteron wirkt also als Antidepressivum. Ein niedriger Testosteronspiegel bei Männern gilt auch als Risikofaktor für Prostatakrebs, die dritthäufigste Krebserkrankung bei Männern nach Lungen- und Darmkrebs.

Ein erfülltes Sexualleben kann vor Krebs schützen

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Bei Frauen scheint ein anderes Hormon eine wichtige Rolle bei der Krebsprävention zu spielen. Oxytocin durchströmt nach dem Orgasmus, aber auch während des Stillens eines Babys den Körper. Das „Kuschelhormon“ soll helfen, Brustkrebs vorzubeugen. Bei Frauen, die ihre Kinder gestillt haben, ist das Brustkrebsrisiko um bis zu 40 Prozent geringer.

Studien zeigten auch, dass kinderlose Frauen mit einem erfüllten Sexualleben ein geringeres Risiko haben, an Brustkrebs zu erkranken. Die heilenden Hormone fließen am besten, so Jannini, wenn man eine leidenschaftliche Bindung zu dem Partner spürt. Dann spielt der Kopf beim Sex mit und die Produktion der Sexualhormone wird stark angeregt.

„Liebe schützt das Leben des Liebenden“, sagt Jannini. Wechselnde Partner verursachten zu viel Stress und das könne den positiven Effekt der Sexualhormone wieder zunichte machen. Zudem erhöhen verschiedene Partner auch das Risiko an Geschlechtskrankheiten zu erkranken. Deshalb warnen Jannini und viele andere Forscher: Nur sicherer Sex mit Kondom oder nach ärztlicher Untersuchung beider Partner, ist auch gesund.

Genauso wichtig ist auch, dass gesunder Sex einvernehmlich ist – dass beide Partner Spaß an der Sache haben. Wenn alles passt, rät Jannini mit der Leidenschaft nicht zu geizen. Mindestens zweimal in der Woche die körperliche Liebe zu genießen sei ideal, um die Hormone in Wallung zu halten.

Sex mit dem richtigen Partner macht also nicht nur Spaß, sondern ist auch gesund. Genug Grund, auch bis ins hohe Alter in der Liebe aktiv zu bleiben. Doch das ist manchen Menschen einfach nicht mehr möglich.

Das kann daran liegen, dass der Partner verstorben ist. Oder der Körper spielt einfach nicht mehr so mit wie früher.

Rund die Hälfte aller Männer über 60 Jahren haben zu einem Zeitpunkt Erektionsstörungen erlebt, das geht aus einer Studie amerikanischer Wissenschaftlern zum Princeton Consensus hervor. Auch bei Frauen treten nach der Menopause häufig Probleme auf, ausgelöst durch die veränderte Hormonausschüttung.

Verlangen nach Liebe besteht auch im Alter

In das Büro der Sozialarbeiterin Dessel kommen immer wieder Frauen aus dem Seniorenheim, die sich eine neue Liebe wünschen. Doch im Heim gibt es zu wenige Männer, die Frauen haben sie überlebt und sind nun in der Überzahl. „Das ist wirklich sehr bedauernswert“, sagt Dessel. Denn das Verlangen der Frauen nach Liebe und Zuwendung hat mit den Jahren nicht nachgelassen.

Sex im Alter ist gut – aber nicht für alle

Eine Studie der Universität Michigan hat schlechte Nachrichten für Männer über 57 Jahre: Bei ihnen steigt, bei häufigen Orgasmen, das Herzinfarktrisiko. Frauen im selben Alter tut Sex dagegen gut.

Quelle: WELT

Die Berliner Psychologin Beate Schultz-Zehden hat in einer Studie über 400 Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren nach ihren veränderten sexuellen Bedürfnissen nach der Menopause befragt. Sie fand heraus, dass bei den wenigsten die Lust auf Sex im Alter völlig verschwindet. Der Großteil von ihnen ist noch sexuell interessiert und aktiv – nur anders als in der Jugend. „Die Zärtlichkeit bekommt für viele einen höheren Stellenwert“, sagt Schultz-Zehden.

Für zwölf Prozent der befragten Frauen bedeuteten ihre goldenen Jahre eine sexuelle Befreiung: Sich nicht mehr um ungewollte Schwangerschaft und Monatshygiene kümmern zu müssen, belebte ihr Sexualleben.

Schultz-Zehden und auch Dessel vermuten, dass die Zahl der Frauen, die ihre Sexualität bis ins hohe Alter ausleben, steigen wird. Noch habe sich niemand an der Pforte des Hebrew Homes gemeldet und offen gesagt „ich will hier leben, weil ich hier Sex haben kann“, sagt Dessel.

Doch das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Denn dann werden die ersten Vertreter der Baby-Boomer ins Heim einziehen – und diese Generation hat die Sexualität schon einmal revolutioniert.

Mehr Teile aus unserer Serie "Länger leben" finden Sie auf dieser Seite .

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