WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Geld
  3. Donald Trump: USA macht in elf Monaten eine Billion neue Schulden

Geld US-Haushaltsdefizit

„Chance vertan, Mr. President“ – Trumps gefährliche Schuldenspirale

Finanz-Redakteur
Haushaltsdefizit übersteigt die Eine-Billion-Dollar-Grenze

Erstmals seit sieben Jahren hat das Haushaltsdefizit der USA wieder die Grenze von einer Billion Dollar überschritten. Dabei hatte Präsident Trump vor Beginn seiner Amtszeit noch eine ganz andere Ankündigung gemacht.

Quelle: WELT/Sebastian Struwe

Autoplay
Der US-Schuldenberg wächst so schnell wie selten zuvor, und der US-Präsident macht keinerlei Anstalten zu sparen. Stattdessen soll die Notenbank durch Zinssenkungen an den Symptomen herumdoktern – ein gefährliches Spiel.

Er werde den Schuldenberg des US-Staates komplett abbauen, wenn er erst Präsident sei, sagte Donald Trump in einem Interview mit der „Washington Post“ im April 2016. Acht Jahre würde er dazu brauchen, also zwei Amtszeiten. Damals summierten sich die US-Schulden auf 19,5 Billionen Dollar und Trump befand sich noch im Wahlkampf.

Inzwischen ist seine erste Amtszeit schon zu zwei Dritteln vorüber, die Schulden betragen mehr als 22 Billionen Dollar und von einem Abbau ist keine Rede mehr. Im Gegenteil: Der US-Schuldenberg wächst immer schneller. Immer mehr zeichnet sich ab, dass die USA ihm überhaupt nur noch Herr werden können, wenn die Zinsen wieder sinken und auf ewig niedrig bleiben. Und das hat Auswirkungen auf das weltweite Zinsniveau, auch bei uns.

Allein in den ersten elf Monaten des laufenden US-Fiskaljahres, das am 30. September endet, betrug das Haushaltsdefizit des Bundes nach Angaben des Finanzministeriums über eine Billion Dollar. Es liegt damit 19 Prozent höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Quelle: Infografik WELT

Wesentlicher Grund waren höhere Ausgaben der Regierung, sie stiegen um sieben Prozent, die Mittel fürs Militär legten sogar um neun Prozent zu, ebenso wie die Kosten für die Gesundheitsversorgung Medicare. Belastend wirken aber vor allem die Steuersenkungen für Unternehmen, die Trump 2017 durchsetzte. Diese haben sich bislang nicht selbst finanziert, wie das von seinen Unterstützern immer wieder propagiert wurde.

Die zusätzlichen Einnahmen aufgrund des stärkeren Wachstums können die Ausfälle nicht ausgleichen, im laufenden Fiskaljahr wuchsen die Gesamteinnahmen nur um drei Prozent und damit sogar weniger als die Wirtschaftsleistung, die nominal, also vor Abzug der Inflation, um mehr als vier Prozent zulegte.

Dadurch beträgt das aktuelle Haushaltsdefizit 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – weit mehr als beispielsweise jene Obergrenze von drei Prozent, die sich die Euro-Zone gegeben hat und die in den vergangenen Jahren, seit die Wirtschaft in Europa wieder boomt, von allen Euro-Zonen-Mitgliedern eingehalten oder nur knapp überschritten wird.

Quelle: Infografik WELT

Unter Präsident Trump reißt der US-Haushalt diese Grenze jedoch durchgängig – und das trotz einer boomenden Wirtschaft. „Die Jahre des hohen Wirtschaftswachstums wurden nicht etwa genutzt, um den Schuldenstand zu reduzieren“, sagt Ivan Mlinaric, Geschäftsführer von Quant Capital Management. Stattdessen verschulde sich der US-Staat immer stärker. Für besonders problematisch hält er die Tatsache, dass jeder neue Dollar an Schulden die Wirtschaftsleistung um weniger als einen Dollar erhöht. „Das ist volkswirtschaftlich ineffizient und ein Problem für die Zukunft.“

Quelle: Infografik WELT

Noch dramatischer wird dies dadurch, dass es keinerlei Aussicht auf einen Kurswechsel gibt. Als das Defizit zuletzt die Grenze von einer Billion Dollar durchbrochen hatte, 2012 im Gefolge der Finanzkrise, hatten sich die Parteien im Kongress auf Ausgabenkürzungen und das Auslaufenlassen von Steuererleichterungen geeinigt. Anschließend verbesserte sich die Haushaltslage schnell und drastisch. Davon ist derzeit nicht mal die Rede.

Trump geht stattdessen einen anderen Weg: Er drängt die Notenbank (Fed) immer direkter und offensiver zu Zinssenkungen. Denn tatsächlich sind die Zinskosten des Bundes gegenüber dem Vorjahr ebenfalls um neun Prozent gestiegen. Dies liegt daran, dass die Notenbank das Band für den Leitzins zwischen Dezember 2015 und Dezember 2018 von 0 bis 0,25 auf 2,25 bis 2,5 Prozent erhöhte. Dies schlägt nunmehr auf die Zinskosten durch.

Zinssenkung ergibt wirtschaftlich keinen Sinn

Anzeige

In einem ersten Schritt hatte die Fed Ende Juli auf Trumps Trommelfeuer reagiert und den Leitzins um einen Viertelprozentpunkt gesenkt. Doch der US-Präsident will mehr. Erst vor wenigen Tagen bezeichnete er die Verantwortlichen in der Notenbank als „Dummköpfe“ und forderte weitere, drastische Zinssenkungen. „Die Fed sollte den Zins auf null oder noch tiefer senken, und dann sollten wir beginnen, unsere Schulden zu refinanzieren“, schrieb Trump auf Twitter.

Allerdings ergibt eine Zinssenkung wirtschaftlich keinen Sinn – die Konjunktur brummt nach wie vor. Zudem ist die Verschuldung der Konsumenten zuletzt wieder deutlich gestiegen, und auch am Hypothekenmarkt – einst Auslöser der Finanzkrise – steigt die Schuldenlast wieder deutlich. Sollten die Zinsen noch tiefer sinken, dürfte sich das noch beschleunigen. Wohin das führen kann, zeigte die Finanzkrise.

Dennoch gehen die meisten Beobachter davon aus, dass die Fed Trumps Forderungen nachkommen wird, wenn auch widerwillig. „In Anbetracht einer sich allmählich abschwächenden US-Konjunktur dürfte die Fed zur September-Ratssitzung die Zinszügel ein weiteres Mal lockern“, sagt Christian Reicherter, Zinsexperte bei der DZ Bank. Für das kommende Jahr rechnet er mit drei weiteren Schritten. „Mit Rücksicht auf die US-Präsidentschaftswahlen im Herbst dürfte die Fed die Mehrzahl der Zinssenkungen noch im ersten Halbjahr 2020 vornehmen.“

Das wiederum zwingt die anderen Notenbanken auf der Welt, die Zinsen ebenfalls bei null zu belassen oder sogar noch weiter zu senken – sonst geraten ihre Währungen unter Aufwertungsdruck. Auch die Europäische Zentralbank könnte daher mit noch tieferen Zinsen reagieren.

In den USA dürfte andererseits dieser Trend zu immer tieferen Zinsen zwar den US-Haushalt tatsächlich etwas entlasten. Das grundsätzliche Problem wird dadurch jedoch nicht gelöst – und dieses liegt eben nicht in den Zinsen. Es liegt am fehlenden Willen bei Trump, zu sparen und den Haushalt zu sanieren.

Mlinaric empfiehlt dem US-Präsidenten daher mal nach Berlin zu blicken. Dort könne er etwas „über die schwarze Null lernen und über die Tugenden der oft zitierten schwäbischen Hausfrau, die in guten Zeiten zur Seite legt, um für schlechte Zeiten gewappnet zu sein“. Doch entgegen seiner großen Ankündigungen im Wahlkampf tut er nichts dergleichen. „Chance vertan, Mr. President“, findet Mlinaric.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema