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  4. Burka-Verkaufsverbot in Marokko – Was dahinter steckt

Ausland Burka-Verkaufsverbot

Marokkos kluger Schachzug gegen Vollverschleierung

Marokko verbannt offenbar Burkas binnen 48 Stunden

Marokko geht gegen die Ganzkörperverschleierung vor. Nach Medienangaben hat das Innenministerium in Rabat den Verkauf, die Produktion und die Einfuhr von Burkas und Nikabs verboten. Grund seien Sicherheitsbedenken.

Quelle: Die Welt

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Frankreich und Belgien haben es bereits getan. Deutschland überlegt noch. Nun scheint ausgerechnet der islamische Staat Marokko der Vollverschleierung den Kampf anzusagen – auf sehr clevere Weise.

Es kam überraschend, ganz ohne Ankündigung und großen Trommelwirbel. Auf den ersten Blick wirkte die kurz gehaltene Verordnung so normal wie jede andere neue Regelung der Behörden. Aber die Verkäufer und Schneider auf den Märkten Marokkos dürften gestaunt haben, als ihnen das Papier mit Unterschrift und Stempel des Innenministeriums unter die Nase gehalten wurde. Denn von nun an sind die Produktion von und der Handel mit der Burka, der Vollverschleierung, landesweit verboten. Darunter fällt auch der Nikab, bei dem die Augen frei bleiben.

Ein offizielles Statement seitens der Regierung gibt es nicht. Aber die marokkanische Webseite Le360, die bekannt für gute Kontakte ist, zitierte einen hohen Beamten aus dem Innenministerium: „Wir haben den Import, die Herstellung und das Marketing dieser Kleidungsstücke in allen Städten Marokkos verboten.“ Damit soll verhindert werden, dass Kriminelle weiter die Vollverschleierung als Tarnung für Verbrechen benutzten. Was sofort wie ein Vorwand klingt, ist ein kluger Schachzug. De facto wurde kein Verbot des Tragens der Burka ausgesprochen. Aber natürlich läuft die neue Verordnung darauf hinaus. Burka und Nikab entsprechen der Kleiderordnung von erzkonservativen Muslimen, aber auch von Extremisten wie den Mitgliedern der Terrorgruppen al-Qaida und Islamischer Staat (IS).

Das Verbot der Burka hat in Frankreich, Belgien und den Niederlanden endlose Debatten ausgelöst. Auch in Deutschland, wo bisher nur darüber nachgedacht wird. Und nun kommt ausgerechnet ein muslimisches Land wie Marokko, das mit einer Handbewegung, ohne großes Aufheben gegen diese antiquierte weibliche Bekleidung vorgeht.

Einfacher, mutiger Schritt gegen Extremisten

Die neue Verordnung ist ein einfacher, aber gleichzeitig mutiger Schritt, sollten sich die damit verbunden Maßnahmen tatsächlich bestätigen. Das Königreich an der Nordspitze Afrikas setzt damit wieder einmal ein Zeichen für einen moderaten Islam. Seit Jahren versucht Marokko, den Diskurs über den politischen Islam zu entradikalisieren. Imame werden geschult, Bildung auch in ländlichen Gegenden vermittelt und Vertreter des Staats, allen voran König Mohammed VI., werden nicht müde, immer wieder eine entschiedene Grenze zwischen Religion und Gewalt zu ziehen. In dieser Form ist das kaum in anderen arabischen Ländern anzutreffen.

Auch der Nikab-Verkauf ist in Marokko nun verboten
Auch der Nikab-Verkauf ist in Marokko nun verboten
Quelle: picture alliance / dpa

Aber es gibt auch Kritik an der neuen Verordnung – aus der Richtung der Radikalen. „Unakzeptabel“ nannte sie Hammad al-Kabbadsch, ein Prediger, der wegen seiner extremistischen Verbindungen nicht als Kandidat an den Parlamentswahlen teilnehmen durfte. Er beschwerte sich über „Marokkos Freiheit und Menschenrechte“, die „das Tragen eines westlichen Badeanzugs am Strand als unantastbares Recht“ ansähen. Konservative wie Kabbadsch würden am liebsten Bikinis von marokkanischen Stränden verbannen und haben das auch schon mehrfach, jedoch vergeblich, versucht.

Ein anderer bekannter Imam, Hassan al-Kettani, schlug in eine ähnliche Kerbe. Die Burka sei zwar ein „Import aus Afghanistan“, aber das Verbot käme einer „rassistischen Unterscheidung“ gleich. Denn „Frauen könnten moderne Kleidung aus dem Westen tragen, aber die aus dem Osten wird verbannt“.

Für die Mehrheit der Marokkaner werden diese Einwände nicht vom Belang sein. Burka und Nikab sieht man selten auf den Straßen. Vielfach werden die vollverschleierten Frauen, die gewöhnlich auch noch Handschuhe tragen, müde belächelt. „Was soll das?“, hört man von Cafébesuchern oder Taxifahrern. „Mit Islam hat das nichts zu tun.“ Einige sprechen sogar belustigt von Ninjas – also jenen schwarz verkleideten Kämpfern aus Kinofilmen. „Meine Frau trägt Kopftuch“, ergänzt ein Kellner. „Das ist genug. Und entspricht marokkanischer Tradition.“

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