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Wissenschaft Radioastronomie

Die Erde dreht sich immer langsamer

Quelle: Nasa/75160/NASA Spacephotos
Erdentage sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren: Unser Planet rotiert immer langsamer, mit der Folge, dass die Tageslänge sich verlängert. Forscher gehen davon aus, dass sich die Drehung der Erde derzeit täglich um drei bis vier Zentimeter verlangsamt.

Der Nahezu-24-Stunden-Rhythmus einer Erddrehung passt nicht mehr zu der technischen Atomzeit der Normungsexperten. „Schuldige“ für die verlangsamte Erdrotation gibt es viele. So halten die Gezeiten die irdische Uhr auf, indem sich das Wasser der Ozeane bei Ebbe und Flut an der Erde reibt und ihre Rotation nach und nach abbremst.

Wie groß diese Abweichungen sind, das will ein internationales Wissenschaftlerteam nun herausfinden. Das Messprinzip: Die Position von weit entfernten Sternen und deren Positionsveränderung im Verlauf eines Zeitraums von Wochen werden mittels Teleskopen vermessen. Unterstützt wird es dabei vom sogenannten Korrelator, einem menschengroßen Rechner, der die gewonnenen Daten sammelt und auswertet.

Aus drei Gegenden dieser Welt treffen die Messdaten beim Korrelator ein: aus dem bayerischen Wettzell, aus der norwegischen Arktis und aus Japan. Dort stehen Radioteleskope, mit deren Hilfe die Erddrehung jetzt erstmals exakt vermessen wird. „Wir brauchen Orte, die weit auseinanderliegen, denn diese geben uns die Auflösung, mit der wir präzise messen können“, erklärt Walter Alef vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.

Je weiter also die Beobachtungspunkte auseinander liegen, desto genauer können die Wissenschaftler arbeiten. „Wir simulieren so ein einziges, riesiges Teleskop, das so groß ist wie der Abstand zwischen den einzelnen Teleskopen und damit halb so groß wie die Erde“, so der Astronom.

Die Bonner Geodäten lassen Radioteleskope für sich arbeiten, die zeitgleich eine Stunde pro Woche den Sternenhimmel vermessen. Diese Daten werden dann über einen längeren Zeitraum verglichen. So können Informationen über die Drehung der Erde in dieser einen Beobachtungsstunde gewonnen und auf einen ganzen Tag hochgerechnet werden. „Diese Teleskope können so genau auf den Himmel zielen, dass wir eine Position am Himmel präzise messen und so auch die Position der Erde exakt bestimmen können“, erklärt Walter Alef. Verändert sich der Beobachtungsausschnitt des Himmels von Woche zu Woche, können die Vermesser so Rückschlüsse auf die Grade oder Zentimeter schließen, die sich die Erde im entsprechenden Zeitraum weniger schnell gedreht hat.

„Diese Beobachtung ist immer genau eine Stunde an jedem Montag“, so der Geodät Arno Müskens über den Beobachtungszyklus. Die Teleskope sind dann auf ferne Radioquellen gerichtet, „die so weit entfernt sind, dass wir sie mit dem bloßen Auge nicht mehr sehen können“, so der Bonner Geowissenschaftler. Da sie aber konstant leuchten, dienen sie als Referenzpunkte, woraus sich die Erddrehung zurückrechnen lässt.

Die Erdzeit läuft der physikalischen Atomzeit hinterher, die durch die Schwingungsfrequenz von Cäsium-Atomen definiert wird. Um beide Zeiten zusammenzubringen, gibt es seit 1956 die UTC, eine Art Weltstandardzeit. Sie bestimmt offiziell, auf welchem Punkt der Erde es wann wie spät ist. Um sie mit der astronomischen Zeit in Einklang zu halten, muss jedoch alle paar Jahre eine Schaltsekunde eingefügt werden.

Für Ansprüche des modernen Hightech-Lebens ist dies jedoch zu ungenau. „Wir wollen täglich die Rotation der Erde bestimmen“, so Arno Müskens. Das Tägliche sei sehr wichtig, weil die Wissenschaft inzwischen auf hochpräzise Messdaten angewiesen sei, zum Beispiel für das GPS-Navigationssystem. Eine minimale Abweichung würde hier zu falschen Berechnungen des jeweiligen Aufenthaltsortes führen.

Geodäten und Astronomen schätzen, dass sich die Drehung der Erde derzeit täglich um drei bis vier Zentimeter verlangsamt, was ungefähr einer Millisekunde pro Tag entspricht. Präzise Angaben sollen nun auf Jahre hinaus die Messungen der weltweit vernetzten Radioteleskope ermöglichen.

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