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Wissenschaft Kohlenstoffsenken

Die erstaunliche Klima-Kraft der jungen Bäume

Ein Ahorn treibt aus Ein Ahorn treibt aus
Ein Ahorn treibt aus. Als jung galten den Forschern Wälder bis 140 Jahre
Quelle: picture alliance / imageBROKER
Wälder helfen im Kampf gegen den Klimawandel – und zwar besonders, wenn sie aus nachwachsenden Bäumen bestehen. Das zeigt eine neue Studie. Alte Bäume in Massen abzuhacken wäre trotzdem Unsinn, sagt eine Expertin.

Im Kampf gegen die Erderwärmung spielen Wälder eine wichtige Rolle. Bäume nehmen große Mengen des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre auf und verwenden den darin enthaltenen Kohlenstoff zum Wachsen. Wie viel CO2 ein Baum oder ein Wald bindet, lässt sich nicht genau sagen und hängt unter anderem von den Umweltbedingungen ab.

Laut den Zahlen des Europäischen Parlaments binden etwa die Wälder in den Mitgliedstaaten jedes Jahr Treibhausgase im Umfang von fast zehn Prozent der Emissionen. Solange ein Wald mehr CO2 bindet, als er wieder abgibt, gilt er als Kohlenstoffsenker. Dieser Prozess kann sich abschwächen, aber auch wieder zunehmen.

„Bislang dachte man, dass dies vor allem am CO2-Düngungseffekt liegt“, erklärt Almut Arneth, Professorin am Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Dieser Effekt funktioniert so: Wenn die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre zunimmt, verstärkt sich auch die Fotosynthese, der Prozess, welcher der CO2-Aufnahme zugrunde liegt. In den Blättern werden dann CO2 und Wasser zu Glucose und Sauerstoff umgewandelt und zum Wachstum verwendet.

Nachwachsende Wälder nehmen mehr CO2 auf

Als Mitglied eines internationalen Teams von Wissenschaftlern aus Großbritannien, Schweden, Australien, Deutschland und den USA hat Arneth jetzt Wälder in aller Welt miteinander verglichen und die Ergebnisse im Fachmagazin „PNAS“ veröffentlicht. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass ein anderer Faktor noch wichtiger ist als die CO2-Düngung: das Alter des Waldes. Nachwachsende Wälder auf Flächen, die vorher zum Beispiel von Ackerland oder Weideflächen bedeckt waren, nehmen mehr Kohlendioxid auf als alte Wälder. Der Alterseffekt ist für etwa 25 Prozent der weltweiten Wald-CO2-Aufnahme verantwortlich.

„Es ist bekannt, dass ein nachwachsender Wald zunächst viel CO2 in Baumbiomasse bindet und dass sich ab einem gewissen Alter des Waldes meist ein gewisses Gleichgewicht zwischen CO2-Aufnahme und -Abgabe einstellt“, sagt Arneth. „Dass der Alterseffekt weltweit aber so entscheidend ist, wussten wir bislang nicht.“

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Vor allem in den Wäldern der hohen und mittleren Breiten ist der Effekt sichtbar, auf aufgegebenem Ackerland, Flächen, die aktiv aufgeforstet werden, oder dort, wo Wald nach Bränden nachwächst. Die Klimawirkung dieser Wälder ist allerdings komplex, da gleichzeitig der sogenannte Albedo- und Wasserdampf-Effekt greift. Albedo steht für das Reflexionsvermögen von Sonnenlicht.

Helle Flächen wie Eis oder Getreidefelder werfen Sonnenlicht zurück. Dunkle Flächen wie Wälder dagegen tun das schlechter, absorbieren Strahlung und heizen sich darum eher auf – in nördlichen Breitengraden stärker als in den Tropen. Dort, sagt Arneth, sei der Effekt genau andersherum. Da es insgesamt wärmer sei, gäben die Wälder Wasserdampf ab, der wiederum kühlend wirke. Insgesamt gehen Wissenschaftler aber davon aus, dass die CO2-Speicherung im Zweifelsfall schwerer wiegt als der Albedo-Effekt – dass mehr Wald also besser ist als weniger Wald, egal wo.

„Wir brauchen alte, naturnahe Wälder“

Es ist ein kompliziertes Zusammenspiel, das Wissenschaftler noch nicht ganz überblicken. Auch die neue Studie ist erst einmal nur ein Beitrag, um den Fluss von Kohlendioxid besser zu verstehen. Eins steht aber fest: Einfach alte Wälder abzuholzen und neue anzupflanzen, wäre unsinnig. „Wir brauchen alte naturnahe Wälder“, sagt Arneth. „Erstens binden sie noch CO2 auch außerhalb des Holzes, nämlich im Humus. Zweitens sind sie wichtig für Wasserhaushalt und Artenvielfalt einer Region.“

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Fest steht leider auch: Wiederaufforstung reicht nicht, um den Klimawandel zu stoppen. Irgendwann, sagt Arneth, sei das Senkenpotenzial der Wälder erschöpft. „Und wir brauchen ja auch noch Flächen für anderes, für Städte oder Getreideanbau zum Beispiel.“ Es führe darum kein Weg daran vorbei, die Treibhausgasemissionen durch fossile Brennstoffe zu senken. Der Wald allein kann die Erderwärmung nicht stoppen.

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